15. März 2010

Unnötige Niederlage auf Schalke

Wie wenn der März 2010 mit den Spielen in Bremen, Barcelona und, sofern wir Karten bekommen, auch München, nicht schon genug zu bieten hätte, wollte ich mir auch das Freitag-Abendspiel auf Schalke nicht entgehen lassen. Da es nicht jedermann möglich ist, Freitags schon um 12 Uhr Feierabend zu machen, um mit dem Bus in den Ruhrpott zu fahren, stand ich mit diesem Vorhaben relativ alleine da. Also entschloß ich mich dazu, diese Tour mit dem RWS Berkheim anzutreten. Man kennt sich ja inzwischen ein wenig und die Touren waren bisher immer recht nett. Um 12.30 Uhr ging es in Berkheim los, nach einem Einstiegsstopp in Heimsheim über die A8, die A5 und die A45 nahmen wir Kurs auf Gelsenkirchen. Wir kamen relativ gut durch, so dass wir pünklichst gegen 19 Uhr am Stadion eintrafen. Mit Polizeieskorte wurde unser Bus direkt vor den Gästeeingang der in blau erleuchteten Veltins-Arena geleitet.

Nachdem wir noch in Ruhe ein Stuttgarter Bier tranken und sich die Menschentraube vor dem Eingang ein wenig gelichtet hatte, begaben wir uns zu den Eingangskontrollen. Bei einigen Mitfahrern, die mehr aus dem Bus fielen als ausstiegen, befürchteten wir schon, sie könnten an der vorgegebenen 1,6-Promille-Grenze scheitern, was sich aber als unbegründet herausstellte. Ich bekam von niemandem mit, dass er deswegen draußen bleiben mußte. Die Einlasskontrollen waren normal und nicht übertrieben, so dass wir uns schnell auf dem Gang zum Gästeblock befanden. Ich hatte allerdings den Block unterhalb des Gästeblocks, der gemischt besetzt war mit Schalkern und VfBlern. Ich muß sagen, dass ich für mehr Geld schon wesentlich schlechtere Plätze hatte. In der Arena saß ich in Reihe 7 mit Top-Sicht auf das Spielfeld. In meiner Denke ist Fußball immer noch ein Freiluftsport, deshalb war ich schon verwundert, dass das Dach geschlossen war, obwohl es ja keine Niederschläge an diesem Freitag abend gab. So bildetete sich schon früh eine Dunstglocke unter dem geschlossenen Dach.

Die Stimmung war schon vor Anpfiff prächtig. Die Schalker wittern natürlich unter Magath Morgenluft und erhoffen sich die Meisterschaft seit 50 Jahren. Mit einem Sieg konnten sie zumindest für einen Tag die Tabellenspitze erklimmen. Und auch die gut 2.000 VfB-Fans waren guter Hoffnung, wurde doch unter Gross noch kein Auswärtsspiel verloren. Das Commando Cannstatt zelebrierte seinen 13. Geburtstag mit einer netten Fahnen- und Bannerchoreo.

Der VfB mußte das zuletzt so siegreiche Team umstellen. Für den gelbgesperrten Kapitän Matthieu Delpierre spielte erwartungsgemäß Georg Niedermeier. Kurzfristig mußte auch noch Stefano Celozzi wegen einer Erkältung passen, für ihn übernahm Christian Träsch die Rechtsverteidigerposition, für diesen wiederum rückte Kuzmanovic ins defensive Mittelfeld. Zunächst entwickelte sich ein recht langweiliges Spiel mit mehr Ballbesitz für den VfB. Schalke trat auch zu Hause erwartungsgemäß sehr defensiv an und hat ja zudem die beste Abwehr der Liga. So verpufften die zaghaften Angriffsbemühungen des VfB meist im Ansatz. Erst etwa 10 Minuten vor dem Halbzeitpfiff gab es erste gute Gelegenheiten durch Pogrebnjak und Kuzmanovic, die aber beide am guten Manuel Neuer scheiterten. Die Schalker taten reichlich wenig fürs Spiel und traten in erster Linie in Erscheinung, wenn es darum ging, den Schiedsrichter zu beeinflussen. Dass dieses ständige Reklamieren nicht schon früh mit einer gelben Karte unterbunden wurde, hatte ich nicht verstanden. Neben mir saß ein sog. Schalke-Fan, vom Dialekt her eher von der Alb ra, der mir ständig ein nerviges Schalkö ins Ohr schrie und den Schiedsrichter erst mit Hitler verglich, um dann noch hinterher zu schieben, Amerell hätte sich auch ihm vergangen. Das rundete mein Bild vom primitiven Schalker Fan natürlich erst einmal ab. Um so mehr wünschte ich mir, dass die am Ende nichts zu lachen haben. Wie wir heute wissen, kam es leider anders.

Die erste Halbzeit plätscherte also ihrem Ende entgegen und so ging es folgerichtig mit einem 0:0 in die Kabinen. Ich hatte keine Lust, mir eine Knappenkarte zuzulegen, um etwas zu trinken zu holen, so dass ich auf meinem Platz dem Anpfiff der 2. Halbzeit entgegen fieberte. Magath war wohl mit dem Auftritt seiner Schalker nicht zufrieden, so dass er mit Baumjohann und Edu gleich zwei Neue brachte. Und eben dieser Edu war es, der bereits in der 46. Minute einen katastrophalen Schnitzer von Tasci zum schmeichelhaften 1:o für Schalke nutzte. Doch Tasci steckte den Kopf nicht in den Sand und besorgte bereits 4 Minuten später per Kopf den Ausgleich. Ein sehr wichtiges Tor dachte ich noch, da es gegen die massive Abwehr der Königsblauen schwer werden würde, einem Rückstand hinterher zu laufen. Doch gerade mal weitere 5 Minuten später hatten wir erneut diese Situation. Der VfB spielte dilettantisch auf Abseits, so dass mit Westermann und Kuranyi gleich zwei Schalker frei vor Lehmann auftauchten. Der Ex-Stuttgarter Kuranyi war es schließlich der zum 2:1 vollendete. Diese Passiv-Abseitsregel geht mir so etwas auf den Geist. Im Stadion ist es schier unmöglich, zu unterscheiden, wer aktiv ist, wer passiv und wann eine neue Spielsituation entsteht. Dies ist wohl eher eine Regel für Fernsehzuschauer, die dies dann bei der fünften Zeitlupe erklärt bekommen. Ich war jedenfalls sehr angefressen.

Danach versuchte der VfB weiter Druck zu entfachen, kam auch noch zu einigen Chancen, die aber allesamt, besonders durch Timo Gebhart, versemmelt wurden. So wurde Schalke tatsächlich an diesem Abend Tabellenführer und der VfB kann sich wohl endgültig von seinen Europacup-Hoffnungen verabschieden. Mir ist das relativ egal.  Einzig lukrativ ist sowieso die Champions League, in der Europaleague wird ja frühestens ab dem Achtelfinale Geld verdient, so dass eine Teilnahme zunächst wirklich nur dem Renommee dienen würde. Dann lieber eine Saison ohne Dreifachbelastung, in der sich das Team mal wieder konsolidieren kann und Christian Gross die Möglichkeit hat, eine Mannschaft nach seinen Vorstellungen zu formen. Dies traue ich ihm als Konzepttrainer zu.

Der Jubel auf Schalke war natürlich riesig, wieder scheiße gespielt und gewonnen. Und der VfB konnte es nicht begreifen, gegen eine solche Truppe verloren zu haben. Das ist eben die Handschrift des Trainer-Gurus Magath, der es immer wieder schafft, aus durchschnittlichen Mannschaften Spitzenteams zu formen. Er kitzelt aus seinen Spielern das Optimum heraus, so auch aus den Ex-Stuttgartern Bordon und Kuranyi. Bordon stand ja bereits kurz vor dem Karriereende und erlebt gerade seinen dritten Frühling, und Kuranyi ist mit seiner Präsenz auf dem Platz mittlerweile zum absoluten Führungsspieler aufgestiegen.

Schon als ich auf meinen Platz in der Arena kam, rechnete ich mir aus, endlich mal ein Trikot ergattern zu können. Leider waren unsere Jungs über den Ausgang enttäuscht, so dass sie nur zaghaft Richtung Kurve kamen und frühzeitig wieder abdrehten. Einzig Khalid Boulahrouz kam näher und warf ein Trikot, das ich auch gefangen hatte. Hinter mir krallte sich ein sog. VfB-Fan jedoch so daran fest und wollte sich notfalls um das Trikot prügeln, so dass ich es losließ, denn der Klügere gibt ja nach. Wenigstens war es dann schon zerrissen. :-) In Hannover letzten Herbst hatte ich schon ein ähnliches Erlebnis. Mir jedenfalls ist es nicht wert, mich darum zu prügeln, aber Primitivlinge gibt es halt überall, auf Schalke trifft man sie mehr an als sonstwo, sogar auch unter VfB-Fans.

Nach dem Spiel ging es dann gleich wieder in Richtung Bus. Die Abfahrt traten wir dann mit 2 Leuten weniger an, weil diese unauffindbar waren. Wir kamen erneut gut durch, unsere Busfahrer ließen es auch gut laufen, so dass wir gegen 5 Uhr wieder in Esslingen-Berkheim ankamen. Es war schon anstrengend, zumal es ja ein normaler Arbeitstag war, an dem ich früh aufgestanden bin. Aber, am Ende des Tages, war ich doch froh, diese Tour mitgemacht zu haben, auch wenn wir die erste Auswärtsniederlage seit dem Debakel in Leverkusen einstecken mußten.

Jetzt laufen unsere Vorbereitungen auf Barcelona schon auf Hochtouren, heute noch geht es Richtung Elsaß los, von wo aus wir morgen früh nach Barcelona fliegen. Der VfB muß sich zweifellos steigern, soll dort das große Wunder geschehen. Vor allem solche haarsträubende Abwehrschnitzer sollten tunlichst unterlassen werden. Aber, Delpierre kehrt ja wieder zurück und kann seinen Wert für die Mannschaft unterstreichen. Niedermeier, der ja nach Delpierres Genesung völlig ohne Not wieder aus der Mannschaft genommen wurde, scheint durch diese Maßnahme verunsichert worden zu sein und machte auf Schalke einen sehr nervösen Eindruck. Wie sagte Christian Gross nach dem Spiel auf Schalke und im Ausblick auf Barcelona so schön: wir dürfen hinten keine Fehler machen, vorne treffen wir immer.

In diesem Sinne, Bilder folgen am Donnerstag, ein Bericht voraussichtlich am Freitag.

Allen bis dahin eine schöne Woche und viele Grüße

Franky

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