1. Oktober 2010

Balsam für geschundene Fußballerseelen

Die Stadionuhr zeigte 20.43 Uhr, als Mauro Camoranesi den VfB-Kollegen Martin Harnik fest an seine Wange drückte. Schließlich hatte der österreichische Nationalspieler die Übersicht behalten: Mit einem tollen Heber war Harnik der 2:1-Siegtreffer für die Stuttgarter bei Odense BK gelungen. “Zum Glück hat der genau zwischen Torwart und Latte gepasst”, sagte der 23-Jährige – und grinste. Nach den Trauerwochen in der Bundesliga werden die Auftritte des VfB auf internationalem Parkett immer mehr zu Wellnesstagen für geschundene Fußballerseelen. Mit sechs Punkten und 5:1 Toren stehen die Stuttgarter nach zwei Spieltagen in der Europa-League-Gruppe H glänzend da. Der VfB bleibt Tabellenführer, erwartet am dritten Spieltag am 21. Oktober im eigenen Stadion den Madrider Vorortclub FC Getafe, der gestern in Bern mit 0:2 verlor.

Bei Odense BK, dem Vierten der dänischen Superliga, zeigten die Stuttgarter bei Toren von Zdravko Kuzmanovic und Martin Harnik eine beherzte Vorstellung, mussten nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch Andreas Johansson aber kurz zittern. “Es ist wichtig, dass wir nach dem 1:1 Moral gezeigt haben”, sagte Serdar Tasci auch mit Blick auf das Bundesligaheimspiel am Sonntag gegen Frankfurt.

Engagiert in den Zweikämpfen

“Ich musste neue Reizpunkte setzen”, sagte Christian Gross, der seine Elf im Vergleich zum ernüchternden 1:4 gegen Leverkusen auf vier Positionen geändert hatte. Nach seiner Oberschenkelverletzung kam der Rechtsverteidiger Stefano Celozzi zu seinem Saisondebüt; der 22-jährigen Mamadou Bah, Neuzugang vom französischen Drittligisten Racing Straßburg, absolvierte sein erstes Pflichtspiel für den VfB überhaupt. Neu in der Startelf standen zudem Cristian Molinaro und Ciprian Marica. Sie ersetzten Christian Träsch, Martin Harnik, Arthur Boka und Pawel Pogrebnjak.

Vor 600 mitgereisten Fans ging der VfB gleich engagiert in die Zweikämpfe und übernahm vor 8800 Zuschauern im nur zur Hälfte gefüllten Tre-For-Park von Odense sofort das Kommando. Zunächst verfehlten Christian Gentner und Cacau mit Distanzschüssen das BK-Tor, dann scheiterte Serdar Tasci im Anschluss an einen Eckball per Kopf am erfahrenen Dänen-Schlussmann Roy Carroll (12.).

VfB hatte das Spiel im Griff

Während Ciprian Marica im Sturmzentrum zu sehr in der Luft hing, machte ein anderer mit einem beherzten Auftritt im zentralen Mittelfeld positiv auf sich aufmerksam: Mamodou Bah spielte neben Zdravko Kuzmanovic in der Zentrale, während Christian Gentner die linke Außenbahn bearbeitete. Dabei fiel der Nationalspielers von Guinea häufig durch Übersicht und Ruhe auf.

In der 54. Minute drückte Bah nach Zuspiel von Cacau das Leder gar mit dem rechten Fuß über die Linie – doch der rumänische Schiedsrichter Alexandru Deaconu gab den Treffer wegen Abseits zu Recht nicht. Dennoch: der VfB hatte das Spiel jetzt fest im Griff. Zunächst scheiterte der emsige Mauro Camoranesi aus kurzer Distanz an Carroll, dann flog ein Schlenzer von Cacau knapp über den Querbalken. Wenig später schoss wiederum Cacau den Torhüter des Odense Boldklub aus acht Metern an – das erlösende Führungstor allerdings wollte zunächst nicht fallen.

Dänischer Vizemeister am Boden

In der 72. Minute war es dann soweit: Camoranesi spielte links hinaus zu Gentner, dessen Flanke Kuzmanovic auf Höhe des Elfmeterpunktes ins Tor köpfte – 1:0. Der VfB hatte weitere Großchancen, allen voran Martin Harnik (75.). Der dänische Vizemeister lag nun komplett am Boden, bis ihn der VfB mit einer Unachtsamkeit wieder aufrichtete: Im Anschluss an einen Einwurf kam der Ball am Fünfmeterraum zu Andreas Johansson, den Arthur Boka nicht eng genug deckte – 1:1 (77.).

Doch der Ivorer machte seinen Fehler wieder gut, erkämpfte sich im Mittelfeld den Ball gegen Odenses Leitwolf Eric Djemba-Djemba. Das Leder kam letztlich zu Martin Harnik, der mit einem überlegten Lupfer aus 20 Metern den 2:1-Endstand herstellte (86.). “Das wir guten Fußball spielen können, wissen wir. Wir müssen den frischen Schwung mit in die Bundesliga nehmen”, sagte der Siegtorschütze.

Odense

Carrol – Ruud, Håland, Troest, Sørensen – Andreasen, Traoré (90. Feldballe), Gislason (70. Kadrii), Djemba-Djemba – Johansson (80. Demba-Nyrén) – Utaka.

Stuttgart

Ulreich – Celozzi, Tasci, Delpierre, Molinaro (59. Boka) – Camoranesi, Bah, Kuzmanovic, Gentner – Marica, Cacau (73. Harnik).

Schiedsrichter

Deaconu (Rumänien).

Tore0:1 Kuzmanovic (72.), 1:1 Johansson (77.), 1:2 Harnik (86.).

(STZ online 30.9.10)

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