22. Mai 2010

Neuer Hauptsponsor: Der VfB sucht die Nähe zur Region

Erwin Staudt hätte es auch ganz kurz machen können und sagen: “Der Käse ist gegessen.” In diesem Fall der Weichkäse, denn auf die Herstellung solcher Produkte versteht sich Eduardo Garcia bestens. Er ist Inhaber und Vorstand der Garmo AG mit der Premiummarke Gazi – und dieses Unternehmen wird jetzt Hauptsponsor des VfB Stuttgart.

Der Käse ist also gegessen, oder um mit Staudt zu sprechen: “Damit beschließen wir ein Kapitel, das uns in den letzten Monaten sehr beschäftigt hat.”Diesem Satz des Präsidenten gingen viele Gespräche mit vielen Firmen voraus, die bei dem auch bei den Stuttgarter Kickers engagierten Garcia endeten. Der Vertrag läuft bis 2012 mit der Option für eine weitere Saison und bringt dem VfB bis zu sechs Millionen Euro pro Jahr, abhängig von den Erfolgen der Mannschaft. Der bisherige Hauptsponsor EnBW zahlte zwar 7,5 Millionen Euro, aber der Club hat sich dennoch verbessert, weil der Energiekonzern als Partner in der zweiten Reihe mit drei Millionen Euro erhalten bleibt.

Sponsoren bringen 25 Millionen Euro

Insgesamt kassiert der VfB Stuttgart von seinen 20 Sponsoren rund 25 Millionen Euro, womit er zur Spitzengruppe in der Bundesliga gehört. In diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist das umso wichtiger – was auch das Beispiel 1. FC Kaiserslautern zeigt. Der Hauptsponsor des Aufsteigers erklärte gestern seinen Rückzug.

Das ist der Trend, doch solche Sorgen plagen den VfB nicht. Er unterscheidet sich von den meisten Konkurrenten – etwa dadurch, dass er auch die Verhandlungen mit Gazi in Eigenregie abgewickelt hat und ohnehin nach wie vor alle Rechte im eigenen Haus hält. Oder dadurch, dass er keine Provisionen an Agenturen ausschütten muss. Oder dadurch, dass er sich nicht an einen Vermarkter gebunden hat. Das gebe es nur noch ganz selten in der Bundesliga, sagt Staudt, “wir können die Einnahmen ausschließlich für unsere Zwecke nutzen.”

Da kommt Gazi gerade recht. “Das ist der erste Partner, zu dem wir zu Fuß hinlaufen können”, sagt Staudt. Möglich wird das, weil es nicht weit ist von der VfB-Geschäftsstelle in Bad Cannstatt bis zum Büro von Garcia in Stuttgart-Wangen. Was der Präsident so salopp formuliert, hat jedoch auch einen tieferen Hintergrund: die Ausrichtung des VfB. “Wir streben nicht nur die finanzielle Unterstützung an” sagt Staudt, “was wir brauchen, ist auch ein Beitrag zu unserer Vereinsphilosophie. Wir suchen die Nähe zur Region.” Und da passt ein Sponsor aus Stuttgart-Wangen eben besser als einer aus Tokio oder aus Schanghai.

Insofern ist die Kooperation mit Garcia ein Schritt auf dem Weg, dem sich der VfB verschrieben hat. Auf sportlicher Ebene bedeutet das, dass schwerpunktmäßig die eigenen Talente gefördert werden. Dabei lautet die Vorgabe jetzt, wieder mehr Spieler aus der A-Jugend des VfB zu Stammkräften bei den Profis zu machen. Die momentan Letzten, die das geschafft haben, sind Serdar Tasci und Sami Khedira – und das war vor mehr als drei Jahren. Christian Träsch rückte seitdem zwar auch auf, aber er wurde nicht in Stuttgart ausgebildet, sondern von 1860 München verpflichtet.

Nun bekommen Sven Ulreich, Sebastian Rudy, Patrick Funk und Daniel Didavi die Chance. Julian Schieber muss dagegen warten. Er wird ausgeliehen – wohl nach Nürnberg. Über diese Planspiele spricht Horst Heldt nach der Vorstellung von Gazi. Zuvor hat der Manager auch gehört, was der neue Sponsor erwartet: auf jeden Fall wieder die Qualifikation für das internationale Geschäft. “Wir wollen Europa erobern”, sagt Garcia – und meint damit sowohl sein Unternehmen als auch den VfB.

Daran wird die Mannschaft gemessen – und Heldt. Er muss das Konzept mit den jungen Leuten umsetzen und trotzdem Europa erobern, wie Garcia so schön sagt. Dabei weiß Heldt, dass die Wirtschaftssituation keine großen Sprünge auf dem Transfermarkt zulässt. Auch die Option für Cristian Molinaro hat er bei Juventus Turin noch nicht gezogen. Die Frist läuft jedoch erst am 31. Mai ab. Bis dahin wird der Manager versuchen, die Ablöse von vier Millionen Euro noch zu drücken. “Das alles ist eine Herausforderung für mich”, sagt Heldt – während Staudt und Garcia ihre Herausforderung schon bewältigt haben.

(STZ 20.5.10)

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