10. Februar 2013

Die Luft für Bruno wird dünner

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , – Franky @ 13:26

Fünfte Niederlage in Folge! So viele am Stück wie seit 1987 nicht mehr. Wie tief wollen wir noch sinken? Das Beispiel Eintracht Frankfurt, das im Winter 2010/2011 ebenfalls noch vom Europacup träumte und am Saisonende den bitteren Gang in Liga 2 antreten musste, sollte warnende Mahnung genug sein. Die Talfahrt nimmt beängstigende Züge an. Die Protagonisten auf dem Rasen erwecken den Eindruck, ihr, und damit unser aller (sportliches) Schicksal, einfach so über sich ergehen zu lassen. Es ist keiner da, der mit Leistung vorangeht und mal dazwischen haut, schlimmer noch, sind es gerade die vermeintlich erfahrenen, die dilettantische Fehler aufs Parkett legen, die eines Profis nicht würdig sind. War es gegen die Bayern Molinaro, in Düsseldorf Kvist und Tasci, so luden gestern abermals Kvist sowie Gentner und Niedermeier die keineswegs überragenden Bremer zum Tore schießen ein. Der VfB bleibt jetzt nicht nur bei 25 Punkten stehen, auch das Torverhältnis von mittlerweile 23:39 spricht Bände.

Bei Leistungen wie zuletzt dargeboten stellt man sich natürlich die Frage, was uns Hoffnung auf Besserung machen könnte. Ein Punkt ist sicherlich der, dass wir alle wissen, dass das Team es besser kann, was es oft genug schon bewiesen hat. Also stelle ich mir die Frage, wieso es die Jungs nicht auf den Platz bekommen. Was geht in den Spielern vor, die uns Tag für Tag, Woche für Woche, weismachen, sie wüssten worum es gehe, dass kein Grund bestehe, in Panik zu verfallen, um dann in schöner Regelmäßigkeit auf dem Rasen zu versagen. Die Wahrheit liegt nun mal eben auf dem Platz und diese Wahrheit, von der ich Woche für Woche Zeuge werden muss, macht mir Angst. Es ist ein rasanter Absturz zu verzeichnen, sollte Düsseldorf heute punkten sind wir Fünfzehnter, dem schleunigst entgegen gewirkt werden muss. Doch wer will bei uns das Ruder herumreißen? Ist es der richtige Weg, die Fußball-Millionäre auf dem Rasen in schöner Regelmäßigkeit aus der Schusslinie zu nehmen und zu streicheln, anstatt auch einmal Zeichen zu setzen und die Zügel anzuziehen. Hilft es einer Mannschaft, wenn ein Fredi Bobic die Niederlage an einem nicht gegebenen Elfmeter festmacht, der, wäre er denn gegeben worden, zumindest sehr glücklich gewesen wäre. Wäre es nicht sinnvoller, er würde den Finger in die Wunde legen, und einmal auf den Tisch hauen. Darauf hinweisen, dass mit diesem Angsthasenfußball (wirkungsloses Ballgeschiebe und hinten rum spielen) in der Bundesliga kein Spiel zu gewinnen ist? Dass keine Weiterentwicklung der Mannschaft zu erkennen ist, dass die Truppe nach wie vor nicht eingespielt wirkt, dass alles nur auf Zufall denn auf (Match-)Plan aufgebaut ist. Dass es eben nicht reicht, pro Spiel gerade einmal gut 20 Minuten konzentriert und zielstrebig aufzutreten.

Aufgrund dieser Umstände erschließt es sich mir nicht, dass ein Hoffnungsträger wie Maxim, der immerhin mit Vorschusslorbeeren an den Neckar gewechselt ist und als „Mario Götze Rumäniens“ gilt, noch nicht einmal im Kader stand. Dieser Junge kommt mit Spielpraxis und auch nicht aus Afrika, so dass er sich an die eisigen Temperaturen gewöhnen müsste. Aber nein, ein Training mit der Mannschaft genügt eben nicht, um es in diese uneingespielte Truppe zu schaffen. Bei uns werden Spieler allzu oft solange herangeführt und integriert, bis sie den größtmöglichen Frust schieben und uns dann auch nicht mehr weiter helfen können. Warum nicht einen unbelasteten Spieler rein werfen, findet sich doch ein guter Spieler in jeder Mannschaft zurecht. Stattdessen dürfen Woche für Woche die meist gleichen Stammkräfte, oder besser, Brunos Lieblinge, ihren Stiefel herunterspielen. Gestern war wiederholt keine Konzentration, Inspiration, Spielfreude, Kampf und Identifikation mit der Schwere der Aufgabe zu erkennen. Ich sah eher eine Laissez-Faire-Mentalität und niemanden, weder auf dem Platz noch an der Seitenlinie, der dazu taugte, das Ruder herum zu reißen. Die Luft wird dünner, für alle handelnden Personen. Da es beim VfB aussichtslos erscheint, das Übel (endlich) bei der Wurzel zu packen und den Vorstand und Aufsichtsrat in die Wüste zu schicken, müssen wir ein, zwei Stufen tiefer ansetzen, um Ursachenforschung zu betreiben. Ich finde nach wie vor, dass Fredi Bobic aufgrund des von oben verordneten Sparkurses einen guten Job macht und sich seine Transferbilanz bislang sehen lassen kann. Außerdem nehme ich ihm die hohe Identifikation mit dem Verein ab und glaube auch, dass ihm die derzeitige Talfahrt sehr an die Nieren geht. Was ich ihm aber ankreide, ist, dass er Anfang Januar völlig unnötig Druck in die Debatte um die Vertragsverlängerung von Bruno Labbadia hineingebracht hat, indem er klipp und klar sagte, diese Personalie bis Ende Januar vom Tisch haben zu wollen. Und das in einer Situation, wo noch nicht klar war, wohin die Reise gehen würde. Einem Verein kann doch eigentlich nichts Besseres passieren, als einen Trainer zu haben, der selbst absolut entspannt mit dieser Situation umgeht. Dass von beiden Seiten genau abgewogen werden muss, ob man den schwierigen Weg weiterhin gemeinsam bestreiten will, halte ich für legitim. Genauso legitim wäre es aus Vereinssicht aber auch, zu hinterfragen, ob Bruno Labbadia für den so oft propagierten Stuttgarter Weg der Richtige ist oder ob man nicht zum 1.7.2013 getrennte Wege gehen sollte, um einen Trainer zu holen, der mehr dafür steht als Bruno Labbadia, junge Spieler wirklich weiter zu bringen. Ich verstehe nicht, dass zum jetzigen Zeitpunkt der Vertrag bis 2015 verlängert wurde, wo das Gebilde VfB nach wie vor sehr fragil ist. Auch schon in der Vorrunde, die sich in der Bilanz mit 25 Punkten und dem Überwintern in drei Wettbewerben sehen lassen konnte, wirkte der VfB nicht stabil und bot keinen Fußball zum Zunge schnalzen, auch damals schon, bot der VfB Vorstellungen, die dazu taugen das Stadion leer zu spielen. Aber, die Ergebnisse stimmten unter dem Strich, wenn auch mit katastrophalen Ausschlägen nach unten.

Jetzt aber, im Januar, Februar 2013 sehen wir Fußball zum Abgewöhnen, der keine Punkte mehr bringt. Und, abermals in der Krise, tritt vonseiten des Trainers ein „Sicherheitsdenken“ zutage, das sich in den Aufstellungen niederschlägt. Bruno Labbadia wird IMMER einen vermeintlich erfahrenen Recken einem Jungspund vorziehen, weil für ihn Erfahrung das höchste Gut in einer Mannschaft ist. Ein Antonio Rüdiger, der gegen die Bayern ein ordentliches Spiel machte, ist seitdem außen vor. Ein Benedikt Röcker, der bei den Amateuren großartige Leistungen ablieferte und zu Recht zu den Profis befördert wurde, führt im Kader ein Schattendasein und wird erst seine „Chance“ erhalten, wenn Tasci, Niedermeier und Felipe gleichzeitig ausfallen. Ein Didavi, dem man bei seiner Vertragsverlängerung gläserweise Honig ums Maul geschmiert hatte, muss sich hinter einem Hajnal anstellen, der derzeit außer Erfahrung rein gar nichts zu bieten hat. Ein Raphael Holzhauser ist in dieser schwierigen Phase ebenfalls außen vor, so formschwach sich Kvist und Gentner auch präsentieren, wo er doch einer wäre, der wenigstens noch für den einen oder anderen (kreativen) Lichtblick sorgen und auch mal Bälle nach vorne spielen kann. Rani Khedira, der sicherlich große Anlagen hat, spielt (noch) überhaupt keine Rolle.

Ein für vier Monate ausgeliehener Macheda muss sich genauso erst einmal anbieten, oder besser anbiedern? Bei seinen zwei Einwechslungen hat er schon in Ansätzen gezeigt, dass er eine Verstärkung sein könnte, aber, man muss es ihn eben auch zeigen lassen. Vedad Ibisevic würde es sicherlich freuen, nicht immer nur auf sich alleine gestellt zu sein.

Dass es in der Mannschaft nicht stimmt, merkt man auf dem Platz. Wo die Gründe liegen und wer sich mit wem nicht grün ist, vermag ich als Außenstehender nicht zu beurteilen. Wenn aber das Leistungsprinzip außer Kraft gesetzt wird und der eine oder andere sich reinhängen kann, wie er will und doch nicht spielt, trägt dies sicherlich nicht zu einer besseren Stimmung bei. Hier anzusetzen liegt im Verantwortungsbereich des Trainerteams. Bruno Labbadia muss endlich zeigen, dass er Fähigkeiten als Krisenmanager hat und dem Team den Weg aus der Misere aufzeigen. Andererseits kann ein Trainer natürlich auch nichts für die leichten Fehler, die die Spieler auf dem Platz begehen. Wenn ein erfahrener Spieler wie Kvist so tölpelhaft den Ball vertändelt und somit den Untergang einleitet, gibt es eigentlich nur eines, dem Spieler eine Denkpause zu verordnen. Auch wenn von Insidern immer wieder gebetsmühlenartig betont wird, dass es das nicht gäbe, dass eine Mannschaft gegen den Trainer spielt, für mich sieht es momentan danach aus, wenn so viele Spieler auf einmal Slapstickeinlagen hinlegen, die eigentlich in den Zirkus gehören und so gut wie keiner zur Normalform findet.

Die Luft wird also dünner beim VfB. Auch und insbesondere für Bruno Labbadia. Ein Trainer, der noch nie geliebt wurde beim VfB, dem man aber die Erfolge in den vergangenen beiden Jahren anerkennt. Der Druck von außen wächst. Es macht sich derzeit eine bedenkliche Anti-Stimmung rund um den VfB breit. Von Sarkasmus bis zur Gleichgültigkeit. Dem VfB laufen die Zuschauer weg, gerade noch 40.000 Zuschauer gegen Werder Bremen sollten warnendes Beispiel genug sein, von den erwarteten 10.000 Unentwegten gegen Genk (darunter 2.500 Belgier) ganz zu schweigen. Die Leute fühlen sich nach und nach verschaukelt von der Vereinsführung, die wie eine leiernde Schallplatte von einer Übergangsaison nach der anderen referieren und einen Stuttgarter Weg erklären, den man in der Praxis nicht sieht.  Und, wohin dieser Weg führt, in eine bessere Zukunft oder in die zweite Liga wird man erst noch sehen.

Sollte nicht schnellstens die Kurve gekriegt und die Wende geschafft werden, könnte auch der Trainer-Vertrag bis 2015 das Papier nicht mehr wert sein, auf dem er gedruckt ist. Dann haben wir wieder die altbekannte Situation, einen Feuerwehrmann präsentieren zu müssen, der nicht bei drei auf dem Baum ist, Philosophie hin, Philosophie her. Fußball ist eben Tagesgeschäft, beim VfB ganz besonders. Ich hoffe nicht, dass es so weit kommt, sondern glaube nach wie vor an das Gute im Team, würde mir aber sehr den einen oder anderen Wechsel in der Startformation wünschen, der schon beim Anblick der selbigen eine Art Aufbruchsstimmung entfachen und Hoffnung machen würde. Und dies nicht nur bei einem Spiel wie am Donnerstag gegen Genk, wo ich mir vorstellen kann, dass die Europa League innerlich abgeschenkt und demnach rotiert wird, um unsere hoch beanspruchten Kicker für den Abstiegsgipfel an der Autobahnraststätte zu schonen, sondern auch in der Liga, wo es wirklich darauf ankommt.

Ich wünsche mir natürlich, dass am Donnerstag gegen Genk eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel herausspringt und der Trip nach Belgien nicht zu einer reinen Ausflugsfahrt werden möge. Abstiegskampf hin, Abstiegskampf her, der VfB hat international etwas fürs Renommee des deutschen Fußballs zu tun und nicht zuletzt die verdammte Verpflichtung den wenigen Zuschauern, die sich Donnerstags 21.05 Uhr bei vermutlich eisiger Kälte ins Neckarstadion verirren, mit Einsatz und Leistung zu danken, anstatt über die zu lamentieren, die nicht gekommen sind!

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