6. August 2016

Der VfB vor der Mission Wiederaufstieg!

Endlich geht es wieder los! Am Montag startet der VfB das Abenteuer 2. Liga, dabei geht es gleich gegen den Magischen FC aus Hamburg-St. Pauli. Bekanntermaßen hege ich ja Sympathien für den Kiez-Club und habe viele Freunde dort. Diese Sympathien sind jedoch nur so lang vorhanden, so lang wir nicht gegeneinander antreten und auch nicht in der Liga in direkter Konkurrenz zueinander stehen. Am Montag ist St. Pauli ein Gegner wie jeder Andere, für mich zählt nur der VfB-Sieg.

Heute liegt der Abstieg in Wolfsburg genau 84 Tage zurück. Viel Zeit um die Tränen zu trocknen und den VfB neu und vor allem so aufzustellen, dass der Wiederaufstieg nicht nur machbar, sondern folgerichtig ist.

Denn, der VfB ist kein normaler Absteiger! Man ist kein normaler Absteiger, wenn man 39 Jahre am Stück Bundesliga gespielt hat und den Abstieg als einen Betriebsunfall ansieht. Wenn man der überwiegenden Mehrzahl der Konkurrenten infrastrukturell und vom Etat her um Längen überlegen ist, ist man auch kein normaler Absteiger.

Der VfB ist auch kein normaler Absteiger, weil die Mehrzahl der Fans offensichtlich keine bitteren Tränen verdrückt hat, als es traurige Gewissheit war, sondern eher Erleichterung verspürte. Ich hatte zuletzt jedenfalls mehr Angst vor einem weiteren Herumdümpeln in der Bundesliga, als vor dem Neustart in der 2. Liga.

So verknüpft sich bei vielen mit dem Abstieg die Hoffnung, dass der VfB den Reset-Knopf findet und mit jungen Kräften und frischem Wind die 2. Liga rockt und im nächsten Jahr gestärkt in die Bundesliga zurückkehren kann.

Viel wurde zurück auf null gestellt. Der überforderte Abstiegstrainer Kramny ist weg, der zunächst an seinem Stuhl klebende Sportdirektor Dutt ebenso, wie der sich an der einst geplanten Ausgliederung verzettelnde Präsident Wahler, die Gesichter des Abstiegs, deren Verträge ausgelaufen waren, auch.

Eine der wenigen Konstanten, die noch bleibt, ist Kapitän Christian Gentner, dessen Vertrag Robin Dutt kurz vor seiner Entlassung noch verlängern durfte. Meiner Meinung nach völlig unnötig, da Gentners Vertrag ohnehin noch ein Jahr gültig gewesen wäre und er sich erst einmal neu beweisen muss, ob er der richtige Mann und vor allem der richtige Kapitän ist, der den VfB zurück in die Spur bringt. Gerade er war es doch, auf den in den letzten so entscheidenden Saisonspielen kein Verlass war, der als erster untertauchte und nie Führungsstärke an den Tag legte.

Man kann ihm auf keinen Fall absprechen, dass ihm der Abstieg nicht weh tun würde. Er identifiziert sich mit dem Verein wie kaum ein anderer, aber, das allein reicht eben nicht. Identifizieren tun wir uns alle und stümpern ja auch nicht Woche für Woche auf dem Platz umher. Für mich wäre er mit seinen nunmehr 31 Jahren in der Fanbetreuung besser aufgehoben, auch wenn ich von dem aktuellen Team mit dieser Aussage keinen wegloben möchte.

So bleibt er uns also erhalten und Trainer Luhukay hat ihn in seinem Kapitänsamt bestätigt. Daher bleibt uns jetzt nichts anderes übrig, als darauf zu hoffen, dass sein Leistungsvermögen für die 2. Liga ausreicht und dass er präsenter ist, als in den letzten Jahren in der Bundesliga.

Von einem Absteiger mit den Möglichkeiten des VfB hätte ich erwartet, dass noch im Mai, also kurz nach dem Abstieg, sich Zu- und Abgänge die Klinke nur so in die Hand geben würden und spätestens zum Trainingsauftakt im Kader zumindest ein Korsett erkennbar wäre.

Das Gegenteil war der Fall. Wie Kaugummi zog sich die Sportdirektor-Suche hin, der Aufsichtsrat und die verbliebenen Sportvorstände Heim und Röttgermann vermittelten lange den Eindruck der totalen Planlosigkeit, lediglich unterbrochen von zwei Geistesblitzen, nämlich der Verpflichtung des auch für mich geeignetsten Trainerkandidaten Jos Luhukay und der des Top-Torjägers der vorigen Zweitligasaison, Simon Terodde.

Hatte man sich zwischendurch schon in Thomas Hitzlsperger und Marc Kienle etwas mehr Sportkompetenz ins Haus geholt, beschleunigte dies die Sportdirektoren-Suche offensichtlich auch nicht.

Scheinbar waren sich die Herren vom Aufsichtsrat nicht zu schade, an jeden noch so unrealistischen Kandidaten heranzutreten, ehe man einsah, dass man als Zweitligist schlechte Karten besitzt, wenn man den Manager eines Bundesligavereins oder den eines Vereins, der international vertreten ist, in einer Phase versucht loszueisen, in der ein Ehrenmann seinen aktuellen Verein nicht im Stich lässt.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Martin Schäfer stellte stets DIE große Lösung in Aussicht, weshalb auch ich mich in Geduld übte und nach dem Ausscheiden der deutschen Elf in und gegen Frankreich ernsthaft von Oliver Bierhoff träumte. Dieser war wegen seiner Nähe zu Mercedes schon häufiger beim VfB im Gespräch und gehört zudem zum Schickhardt-Klientel, so dass diese große Lösung nicht so ganz abwegig zu sein schien. Vom Typen her und dem, was er bislang im Profifußball geleistet oder auch nicht geleistet hat und dazu noch keinerlei Bezug zum VfB hat, war ich nicht unbedingt begeistert, wenngleich seine Verpflichtung dem VfB auf Anhieb eine größere Strahlkraft verliehen hätte und er durch seine Kontakte Spieler zum VfB hätte lotsen können, von denen wir derzeit nicht zu träumen wagen. Einen gewissen Charme hätte diese große Lösung also durchaus besessen.

Wohl um in der wichtigsten Zeit der Saison, nämlich der in der die Saison geplant werden sollte, nicht noch mehr Zeit zu verlieren, holte man mehr als sechs Wochen nach Dutts Entlassung Jan Schindelmeiser aus der Versenkung zurück, einen Mann also, der schon sechs Jahre lang kein Amt im Profifußball mehr bekleidete. Zunächst einmal positiv ist es schon mal, dass nach den Novizen Heldt, Bobic und Dutt jetzt einer kommt, der bereits Erfahrungen als Manager im Profifußball vorzuweisen hat. Dennoch bleiben Fragezeichen zurück, wieso es denn so lang dauerte, einen Vereinslosen vom Kommen zu überzeugen.

Da weder die VfB-Verantwortlichen noch Schindelmeiser selbst eine Erklärung über den langen Zeitablauf abgegeben haben, bleibt das Gschmäckle zurück, dass Schindelmeiser wohl eher „Plan“ E oder F war und man ihn erst kontaktierte, als man begriffen hatte, dass man doch nicht mehr die ganz große Nummer im deutschen Fußball ist.

Dennoch gehe ich an die Personalie Schindelmeiser absolut unbelastet ran und bin guter Hoffnung, dass er mit seinen Kontakten in alle Teile der Welt das eine oder andere Talent zum VfB lotsen kann und den VfB langfristig zurück in die Spur bringt.

Da dem VfB in der 2. Liga bis zu 40 Millionen Euro fehlen werden, lautete die oberste Maxime zunächst, den Kader auszudünnen und alles zu verkaufen, was Geld einbringt. Die Kaufoption des AS Rom für Antonio Rüdiger spülte neun Millionen Euro in die Kassen, Timo Werner deren zehn, Kostic etwa 14 Millionen, Lukas Rupp geschätzte sechs Millionen sowie Serey Dié noch einmal 1,5 Millionen, so dass damit und vor Steuern gerade einmal jene 40 Millionen Euro auf der Einnahmenseite stehen, die es einzusparen galt und womit demzufolge auch keine großen Einkaufstouren möglich sein dürften.

Diese Abgänge tun mir allesamt Leid. Timo Werner dürfte die Luftveränderung gut tun und dazu beitragen, dass er sich von seinem Elternhaus ein Stück weit abkapselt und selbständiger wird. Die Kindermädchen-Aussage Zornigers war ja nicht aus der Luft gegriffen, Werners Vater begleitete Timo auf Schritt und Tritt und wenn eine nicht öffentliche Trainingseinheit angesetzt war, war er im Daimler-Parkhaus anzutreffen, von wo aus er die Einheiten dennoch verfolgte.

Da der Prophet im eigenen Land nichts zählt, hatte es Timo zudem schwer beim VfB. Einer, dem der VfB am Herzen liegt, Mitglied der Abstiegsmannschaft ist und durch vergebene Großchancen bspw. gegen Hannover 96 auch noch maßgeblichen Anteil am Absturz hat, leidet besonders.

Mangels Führungsspielern fehlte ihm die Unterstützung auf und neben dem Platz und wohl auch vom Verein. Dass ihn Dutt letzten Sommer wie Sauerbier in England anbot, ist ein offenes Geheimnis, dass ihn Zorniger hart ran nahm, bekannt, dass ihn danach keiner im Verein in den Arm nahm, bedauerlich – für ihn.

Dass er aber auch bei den Fans einen schlechten Stand hatte und als Sündenbock herhalten musste, fand ich schade. Für mich genoss er als Eigengewächs mit seinen gerade einmal 20 Jahren noch Welpenschutz und ich hätte seine Entwicklung gerne weiter beim VfB verfolgt.

So geht er nun zu Red Bull, das nach Albeck, Schrof, Rangnick, Jochen Schneider und einigen anderen mehr nun auch noch unsere Torwarttrainer-Legende Ebo Trautner nach Sachsen gelockt hat. In Leipzig wissen sie ganz genau, welche Kronjuwelen sich in unserem Reservoir tummeln, Timo Baumgartl dürfte der nächste sein, nach dem Red Bull die Fühler ausstreckt.

Von Lukas Rupp bin ich sehr enttäuscht. Mit Paderborn abgestiegen, mit Stuttgart abgestiegen, jeweils weitergezogen und sich dabei, zumindest finanziell, noch verbessert. Scheiß Spielergeneration, scheiß Söldner, ihm kann ich beim besten Willen kein Glück für die Zukunft wünschen und rate ihm daher nur, sich in Stuttgart nie mehr blicken zu lassen.

Filip Kostic dagegen wollte Champions League spielen und kickt nun – beim HSV. Was sich wie ein Treppenwitz anhört, ist nun Realität. Träumten wir zeitweise von 25 Millionen Euro, die er in die klamme Kasse hätte spülen können, wäre er bspw. nach Liverpool gewechselt, müssen wir nun mit gerade einmal gut der Hälfte vorliebnehmen.

Weshalb er diesen Wechsel, gerade nach Hamburg, so vehement forcierte und Wolfsburg, die wohl mehr an Ablöse zu zahlen bereit gewesen waren, eine Absage erteilte, wird nur er wissen. Wie immer wird es dabei um das Gesamtpaket und nicht nur um die schönere Stadt gegangen sein.
Es ist davon auszugehen, dass der Hamburger Mäzen Kühne die Geldschatulle für „seinen“ Wunschspieler derart weit aufgemacht hat, dass Kostic das internationale Geschäft geflissentlich am Allerwertesten vorbei geht und ihm dafür beim Anblick seines Gehaltszettels Monat für Monat einer abgeht.

Dem HSV kann man schon mal viel Spaß mit dem Balkanesen wünschen, der sich auch dort nach zwei, drei guten Spielen wieder zu Höherem berufen fühlen wird. Sportlich gesehen ein herber Verlust für uns, wenngleich es von Anfang an unrealistisch war, dass wir mit ihm in die 2. Liga gehen würden, menschlich aber ist der dem HSV durchaus zu gönnen.

Serey Dié hingegen hatte ich, auch nach seinen eigenen Aussagen, als wichtige Korsettstange für die 2. Liga angesehen. Er wechselte jedoch zurück zum FC Basel, angeblich aus familiären Gründen. Auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass wir nicht abgestiegen wären, hätte Dié die letzten Spiele zur Verfügung gestanden, trauere ich ihm nicht besonders arg hinterher. Er hatte riesen Böcke in seinem Spiel, die zu Gegentoren führten, ist mit seinen 31 Jahren nicht mehr der Schnellste, verletzungsanfällig und stets für eine Rote Karte gut. Diese Lücke wurde durch Hosogai meiner Meinung nach gut geschlossen.

Wie Kostic zog es auch Arianit Ferati zum HSV, der ihn jedoch umgehend zu Fortuna Düsseldorf verlieh. Als ich Ferati vor zwei Jahren als 16-jährigen mit dem Profikader im Zillertal wirbeln sah, war ich begeistert und war guter Dinge, dass er das Zeug zu einer großen Karriere haben würde.

Der Aufschrei in den Foren war dementsprechend groß und der Vorwurf wurde mal wieder laut, der VfB verkaufe seine komplette Jugendabteilung, ohne den Jungs eine faire Chance oben gegeben zu haben. Das ist so jedoch nicht richtig. Talent allein reicht nicht aus, um es nach ganz oben zu schaffen. Früher verlangte man von jungen Spielern, dass sie den gestandenen die Koffer tragen und die Schuhe putzen, heute fasst man sie mit Samthandschuhen an und muss stets drauf achten, ja alle gleich zu behandeln, damit die Mimosen nicht in Depressionen verfallen.

Diese neue Denke regte mich schon bei Fußball-Professor Rangnick Ende der 90er-Jahre auf, als er seinen Dienst bei uns antrat und Balakov seine Sonderrechte so weit strich, bis dieser keine Lust mehr hatte. Sich Hochzudienen kennen die Wohlstandsjünglinge überhaupt nicht mehr, ich find’s schade, weil schon dadurch Hierarchien klar abgesteckt waren und die Jüngeren noch Respekt vor den Älteren hatten.

Jungprofis wie Ferati „verdienen“ bereits in Zeiten, in denen sie allenfalls bei den Amateuren zum Zug kommen, über 500.000 Euro im Jahr, fahren die fettesten Autos zu günstigsten Leasingkonditionen vom Nachbarn mit dem Stern und haben es dadurch natürlich auch schwer, die Bodenhaftung zu bewahren. Ein Ferati soll, wie man so hört, unheimlich arrogant und zudem stets mit großem Familienclan aufgetreten sein, so dass es für einen Verein dann eben auch mal heißen muss, lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Schon Labbadia beklagte, als er 2012 bei uns im Fanclub zu Gast war, die Familien- und Berater-Clans der jungen Spieler, die dem Verein die Pistole auf die Brust setzen und mit Weggang drohen, wenn ihr Sprössling nicht regelmäßig spielt, weil ein jeder davon überzeugt sei, einen Messi großgezogen zu haben.

Das ist ein generelles Problem mit der heranwachsenden Spielergeneration und so verwunderte es mich auch überhaupt nicht, dass die Amateure sang- und klanglos abgestiegen sind, wenn auserkorene Führungsspieler wie Vier, Grüttner und Rathgeb an dieses Jungs nicht herankommen, weil sie, auch finanziell, in ganz anderen Sphären schweben. Entweder, solche Spieler integrieren sich in eine Mannschaft und stellen ihr eigenes Ego hintenan oder sie werden als ewiges Talent in die Annalen eingehen, ein Manuel Fischer lässt grüßen.

Bei den Zugängen hingegen hat sich weit weniger getan, so dass der Kader, wie er jetzt zum Ligastart dasteht, beileibe nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Jens Grahl kam von der Autobahnraststätte Kraichgau an den Neckar. Seine Verpflichtung kann ich nicht nachvollziehen. Unmittelbar mit dieser Verkündung brachte ich sie in Zusammenhang mit einem doch noch möglichen Weggang von Mitch Langerak.

Grahl äußerte zu Hoffenheimer Zeiten Abwanderungsgedanken, weil er nicht ewig auf der Bank sitzen wollte, daher, für mich unlogisch dieser Transfer, zumal ich als Reservetorhüter lieber Uphoff gesehen hätte. Welchen Sinn es macht, in der selbsternannten Torhüterschmiede schon seit längerer Zeit auf erfahrene Reservekeeper zu setzen, verstehe ich nicht. Hätte Schalke einst hinter Rost auch auf einen erfahrenen Mann gesetzt, wäre ein Manuel Neuer wohl dort nie zum Zuge gekommen.

Für mich macht man hier eine total unnötige Baustelle auf. Grahl dürfte auf der Stuttgarter Bank nicht viel glücklicher werden, als auf der beim badischen Nachbarn, während unsere Talente aus der zweiten Reihe schnell merken werden, dass sie über die Rolle des Amateurkeepers in der Regionalliga bei uns wohl nie hinauskommen werden, so dass sie ihr Glück irgendwann woanders versuchen.

Sonst kamen noch die ehemaligen Luhukay-Schützlinge Hajime Hosogai und Tobias Werner zum VfB. Da Luhukay weiß, wie Aufstieg geht und er auch weiß, welche Typen dem VfB noch fehlen, gestehe ich ihm diese beiden Mosaiksteine gerne zu. Jos weiß, was er an ihnen hat und die Spieler wissen, was sie an ihm haben, nicht die schlechteste Konstellation für eine fruchtbare Zusammenarbeit, zumal es sich um erfahrene Spieler handelt.
Anto Grgic kam vom Schweizer Absteiger FC Zürich zum VfB. Er ist ein entwicklungsfähiges Talent mit guter Technik, einem guten Auge und einem guten Schuss. Irgendwo habe ich gelesen, in der Schweiz vergleiche man ihn mit dem jungen Xhaka, lassen wir die Kirche erst mal im Dorf und legen die Messlatte nicht zu hoch, ich verspreche mir aber schon einiges für die Zukunft von dem Jungen.

Kaminski macht in der Innenverteidigung einen soliden Eindruck und sollte im Moment, zusammen mit Timo Baumgartl, die Nase vorn haben. DER Abwehrchef, den wir seit Jahren suchen und nicht finden, scheint er mir aber auch nicht zu sein.

Jean Zimmer ist zweitligaerfahren und kann ein richtiger Giftzwerg sein und verfügt zudem über einen guten Schuss. In der Vorbereitung fand ich ihn jetzt noch nicht so stark, wie ich ihn schon in Kaiserslautern gesehen habe, er hat noch reichlich Luft nach oben.

Der Königstransfer (bisher) ist zweifelsohne Simon Terodde. Ein toller Typ, der in nahezu jedem Testspiel traf und das gewisse Etwas hat, das man sich von einem Mittelstürmer wünscht. Es ist schon verwunderlich, dass er sich trotz einiger lukrativerer Angebote für den VfB entschieden hat. Zudem ist Terodde mit seinen 28 Jahren absolut geerdet und ein offener, sympathischer Typ.

In Anbetracht der zahlreichen Ab- und überschaubaren Zugänge liegt es auf der Hand, dass die Personalplanungen längst nicht abgeschlossen sein können. Um zu diesem Schluss zu kommen, genügt bereits ein Blick auf das Mannschaftsposter und auch auf den Kader, der die Testspiele und das Trainingslager bestritt. Da waren jeweils fast genauso viele Youngster wie Spieler mit Perspektive Startelf am Start, die meisten davon wohl in erster Linie, um den Kader aufzufüllen.

Von den noch verbliebenen Absteigern stehen noch immer die möglichen Abgänge von Emiliano Insúa und auch Florian Klein im Raum. Während ein Wechsel Insúas schon allein deshalb logisch erschiene, weil er in den letzten sechs Jahren sechs Vereine hatte, scheiterte der von Florian Klein vornehmlich daran, dass er wider (eigenem) Erwarten nicht der ganz große EM-Star wurde.

Klein, der in der Vergangenheit kaum eine Gelegenheit ausließ, gegen das „verwöhnte“ Stuttgarter Publikum zu hetzen und einer ordentlichen ersten, eine katastrophale zweite Saison folgen ließ, kartete kurz vor Beginn der Euro noch einmal nach, er fühlte sich missverstanden und ungerecht behandelt.

Dass er, zusammen mit seinem mittlerweile in Hannover beschäftigten Landsmann, maßgeblichen Anteil daran hatte, dass die Saison diese Richtung einschlug, verschwieg er, wie auch die Tatsache, dass er in der Rückrunde seinen Stammplatz aus Leistungsgründen an Kevin Großkreutz verlor, was Klein, der massiv an Selbstüberschätzung leidet, partout nicht einsehen wollte.

Während Harnik reihenweise Hundertprozentige liegen ließ, war es Klein, der uns durch seinen völlig unnötigen Platzverweis in Hamburg auf die Verliererstraße brachte und danach mehr Unsicherheitsfaktor als Stabilisator war.

Als Harnik und Klein dieses Interview gaben, war Harnik wegen seines auslaufenden Vertrages ohnehin bereits weg und auch Klein fühlte sich zu Höherem berufen und dachte wohl im Traum nicht daran, noch einmal zum VfB zurückkehren zu müssen.
Zu diesem Zeitpunkt war er ja auch inmitten der Elite des europäischen Fußballs angekommen, Mitglied des österreichischen Dream-Teams und selbsternannter Geheimfavorit der Europameisterschaft.

Dumm nur, dass Österreich von den noch größeren Fußballnationen Ungarn und Island mit als erste aus dem Turnier gekegelt wurde und es einem Florian Klein plötzlich mit Schweißperlen auf der Stirn bewusst wurde, dass er doch nicht DER EM-Star, sondern nur ein kleiner Zweitligafußballer ist. Da nach den grandiosen Leistungen der Alpenrepublik die Interessenten für Klein nicht gerade Schlange standen und der Vertrag beim VfB doch noch lukrativ genug zu sein scheint, um dann eben hier zu bleiben, kehrte Klein eben, Nomen est omen, kleinlaut zurück.

Für ihn kann man nur hoffen, dass sich doch noch ein Abnehmer findet und er die Biege macht oder dass der VfB ihm, falls nicht, einen gut bezahlten Tribünenplatz in Aussicht stellt. Hinten rechts sind wir, auch ohne Klein, mit Großkreutz, Zimmer und Zimmermann ausreichend besetzt.

Sollte Insúa noch einen Verein finden und uns verlassen, bräuchten wir noch einen Linksverteidiger, der in Konkurrenz zu Heise tritt. Im defensiven Mittelfeld sind wir mager besetzt, ebenso auf den offensiven Außenbahnen und auch im Sturm, vor allem dann, sollte Terodde während Ginczeks Absenz einmal ausfallen.

Viel Arbeit also noch für Schindelmeiser und Luhukay, bis zum 31.08. einen aufstiegsfähigen Kader auf die Beine zu stellen und auch, um bis dahin nicht zu viel Boden zu verlieren, stehen doch schon drei Ligaspiele und das Pokalspiel in Homburg im August auf dem Plan.

Manch einer legt es Schindelmeiser negativ aus, weil dieser schon zum Amtsantritt warnte, dass der derzeitige Kader nicht zu Aufstiegshoffnungen berechtigt. Ich werte das eher positiv, weil er damit den Verein wachrüttelt und zum Handeln zwingt, denn, alles andere als den sofortigen Wiederaufstieg kann und darf sich der VfB nicht leisten. Luhukay und Kapitän Gentner schlagen in dieselbe Kerbe, ich hoffe, Letzterer äußert diese Vorbehalte nicht nur, um schon wieder ein Alibi zur Hand zu haben.

Egal, wer am Montag antritt, man muss von der ersten Minute spüren, dass wir nicht in diese Liga gehören. Der Rasen muss brennen, St. Pauli muss niedergerungen werden. Der VfB genießt derzeit bei den Fans einen gewaltigen Vertrauensvorschuss. Steigende Mitgliederzahlen, über 25.000 verkaufte Dauerkarten und bereits 54.000 verkaufte Tickets für das Spiel gegen die Kiezkicker.

Diese Euphorie muss der VfB aufnehmen und am Leben erhalten. Das Publikum ist heiß und bei weitem nicht so verwöhnt, wie ihm manchmal vorgeworfen wird. Es möchte lediglich eine Mannschaft sehen, die sich zerreißt, die als Team auftritt, die sich konzentriert, die Spaß an ihrem Beruf hat, dann kommt alles andere von allein und dann akzeptiert der „verwöhnte“ Fan auch eine Niederlage, wenn man spürt, dass die Truppe alles versucht hat, der Gegner an diesem Tag aber besser war. Die Voreichen stehen gut für eine neue Zeitrechnung, es liegt am Verein und seinen Angestellten diese Chance zu nutzen.

Für das St. Pauli Spiel plagen den VfB, unabhängig davon, dass der Kader bei weitem noch nicht steht, große personelle Sorgen. Kevin Großkreutz fällt weiter aus. Inzwischen räumt er ein, dass es ein großer Fehler war, gegen Mainz im vorletzten Saisonspiel noch einmal aufgelaufen zu sein. Für mich war es ebenso ein Fehler ihn in Ingolstadt bis zum Abpfiff auf dem Platz zu belassen, wie dass man Serey Dié in Darmstadt angeschlagen nicht frühzeitig herunter nahm. Wer das so entschieden hat, ob Kramny, Dutt, Dr. Best oder die Spieler selbst, weiß ich nicht.

Es liegt jedoch die Vermutung nah, dass die Verletzungen und Ausfallzeiten der beiden nicht so lang ausgefallen wären, wenn man rechtzeitig reagiert hätte. Ärgerlich, da uns deshalb gerade diese beiden Kämpfernaturen im Saisonfinale (fast) gänzlich gefehlt haben und somit kein einziger mehr auf dem Rasen stand, der sich gegen den Abstieg gewehrt hätte. Sport 1 hatte in dieser Woche gemutmaßt, Großkreutz könne noch bis zum Oktober fehlen, was dieser umgehend dementierte. Die Meldungen von gestern, dass Großkreutz „bis auf weiteres“ individuell trainiere, schüren jedoch nicht gerade Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr.

Timo Baumgartl fällt ebenso aus wie Tobias Werner. Dessen Ausfall ist natürlich der bitterste. Nicht, weil er gerade erst mit großen Hoffnungen verknüpft vom FC Augsburg gekommen ist, sondern, weil seine Frau am Tag nach der Verpflichtung eine Totgeburt ihres gemeinsamen Sohnes erlitt, und die Familie Werner somit momentan ganz andere Sorgen hat. Ihm muss man nun die Zeit einräumen, die er braucht, um gemeinsam mit seiner Frau diesen Schicksalsschlag zu verkraften. Dafür wünsche ich ihm von Herzen alles Gute.

Auch wenn wir ohnehin dünn besetzt sind und für das St. Pauli Spiel auch noch zahlreiche Ausfälle zu verkraften haben, Bange machen gilt nicht. Wir werden so oder so eine überdurchschnittliche Zweitligamannschaft auf dem Rasen haben, die imstande sein sollte, St. Pauli zu schlagen. Mit Namen wie z. B. Langerak, Zimmer, Sunjic, Kaminski, Insúa, Hosogai, Gentner, Grgic, Wanitzek (Besuschkow), Maxim, Terodde brauchen wir uns vor St. Pauli nicht zu verstecken. Bei nahezu ausverkauftem Haus wird die Hütte beben, es liegt an der Mannschaft, diesen Rückenwind aufzunehmen und St. Pauli keine Luft zum Atmen zu lassen.

Wichtig wird es sein, dass diejenigen, die spielen, die Ausfälle nicht als Alibi ansehen, sondern als ihre eigene Chance, sich in der Truppe festzuspielen. Der eine oder andere vielversprechende Youngster, der bereits in der Vorbereitung auf sich aufmerksam machte, dürfte auf der Bank Platz nehmen und vielleicht schon im ersten Spiel die große Chance erhalten, Eigenwerbung zu betreiben.

Sehr gespannt bin ich darauf, wie Alexandru Maxim diese neue Liga annehmen wird und wie er sich präsentiert. Ihm muss mehr als allen anderen eingebläut werden, dass es in der 2. Liga mit Schönspielerei allein keinen Blumentopf zu gewinnen gibt. Versucht er es dort auch mit Hacke, Spitze, eins, zwei, drei, werden ihm seine Gegenspieler auf die Socken hauen und die gegnerischen Fans begeistert johlen. Darauf muss er sich einstellen und endlich sein Heulsusen-Image ablegen.

Die 2. Liga stellt für alle Neuland dar, für die Spieler, aber auch für uns Fans. Die Anstoßzeiten sind gewöhnungsbedürftig, die Stadien zwar kleiner und trotzdem eher selten ausverkauft. So ist es für mich ein ganz neues Gefühl, fast überall problemlos außerhalb des Gästeblockes an Karten zu kommen und mich dabei zu wundern, dass es hie und da auch auf der Haupttribüne Stehplätze zu erwerben gibt. Ich freue mich darauf, auf die Liga und auch dass es endlich wieder losgeht.

Ich freue mich auch, dass die letzten Jahre passé sind und wir unbelastet und runderneuert in das Abenteuer 2. Liga starten. Dass ich die meisten Gesichter des Niedergangs nicht mehr sehen muss und dass es vermutlich einige Siege mehr zu feiern geben wird als zuletzt.

Dass der VfB hoffentlich wieder vornehmlich in der Spitzengruppe anzutreffen ist und dass wir im nächsten Sommer, genau zehn Jahre nach der Meisterschaft, möglicherweise wieder eine Meisterschaft oder zumindest den Wiederaufstieg feiern dürfen.

Dazu muss vieles zusammen passen, doch, sind wir mal ehrlich, von den Voraussetzungen her sind wir der FC Bayern der 2. Liga und haben mehr Potential und einen besseren Kader als jeder Ligakonkurrent. Diesen Vorteil müssen wir für uns nutzen, jetzt oder nie, neige ich fast zu sagen, denn, wer es im ersten Jahr nicht schafft, hat es im zweiten ungleich schwerer.

Daher ist der Wiederaufstieg Pflicht, mit etwas anderem beschäftige ich mich nicht, schon gar nicht vor dem ersten Spiel. Der Aufstieg ist alternativlos, das muss jedem Verantwortlichen und jedem Spieler eingebrannt sein, es gibt nur dieses eine Ziel, je vehementer sie dran glauben, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir schon in einem Jahr wieder Bundesliga-Touren planen.

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