Das Spiel an der Autobahnraststätte war noch keine fünf Minuten aus. Jeder, der mit Herzblut dabei ist, steht noch unter dem Eindruck des späten Ausgleichs und der von Timo Werner kläglich vergebenen Siegchance, so dass man das Geschehene erst einmal sacken lassen muss. Als Fan hat man in diesem Moment nur einen Gedanken: Bier her!
Alexander Zorniger, dem viele vorwerfen, unflätige Stammtischparolen einer gewählten Ausdrucksweise vorzuziehen, würde in diesem Moment wohl gerne mit uns tauschen, ein Bierchen trinken und sich dabei auskotzen, wie wir es eben auch tun.
Stattdessen steht auf der Agenda eines Bundesligaspiels nicht etwa „Herunterfahren“ sondern ein Interview-Marathon. Sky, Sport1, SWR, die Kollegen der schreibenden Zunft. Jeder möchte, so schnell wie möglich, so authentisch wie möglich, möglichst auch so skandalös wie möglich einen O-Ton erhaschen, bei dem Zorniger, am besten noch auf hochdeutsch, zum x-ten Mal erklären soll, weshalb Spieler XY aus drei Metern das Tor nicht trifft oder der letzte Mann im eigenen Strafraum ein Luftloch schlägt.
Dass Zorniger noch kein Medienprofi ist, weiß man. Dass es den Reportern ein ums andere Mal gelingt Alex Zorniger aufs Glatteis zu führen, ist bedauerlich aber auch schon wieder sympathisch. Er lebt den Fußball und sagt, was er denkt, was auf Dauer sicherlich gesünder ist, als die Wahrheiten, die man in diesem „Saubermanngeschäft“ eigentlich nicht aussprechen sollte, in sich hineinzufressen und ständig von seinem virtuellen Spickzettel abzulesen, was man sagen darf und was nicht.
Da wir auch noch sportliche Sorgen haben, ist es zwar ärgerlich, wenn ganz Fußball-Deutschland (Dirk Schuster, Strunz uvam.) meint, über den Führungsstil von Alexander Zorniger urteilen zu müssen und dadurch Nebenkriegsschauplätze eröffnet werden, auf der anderen Seite ist es die ehrliche und direkte Art Zornigers seinem Unmut Luft zu machen.
Dass sich aber nun erneut Fredi Bobic in seiner Eigenschaft als Sport1-„Experte“ die Frechheit erlaubt, Zornigers Tauglichkeit für das Haifischbecken Bundesliga in Frage zu stellen, ist an Dummheit kaum zu überbieten. Was – erlaube – Bobic??? Steht er eigentlich noch auf der Gehaltsliste vom VfB? Falls ja, spätestens jetzt wäre es an der Zeit, ihn wegen Verunglimpfung seines Arbeitgebers fristlos zu kündigen.
Eigentlich ist es der Einzelhandelskaufmann aus dem Hallschlag gar nicht wert, sich über solche Aussagen aufzuregen und vor allem zu wundern, hat er doch die aalglatten Vertreter auf der Trainerbank bevorzugt, die morgens den Diener machen und vor allem ihren Mund halten. Stevens wurde vom Aufsichtsrat durchgedrückt, wäre es nach Bobic gegangen, wäre seine Kumpanei mit der Verpflichtung von Balakow in die nächste Runde gegangen. Nicht auszudenken, in welchen Niederungen wir uns bewegen würden, hätte man ihn damals nicht gebremst. Dutt und Zorniger sind derzeit verzweifelt dabei, den Scherbenhaufen aufzuräumen, den Bobic zu verantworten hat und jetzt stellt sich diese Person (fast hätte ich „blinde Bratwurst“ geschrieben“) hin und meint, er müsse dem VfB Ratschläge geben.
In Sinsheim zog sich Timo Werner Zornigers Unmut zu, indem er ihm Unkonzentriertheit vorwarf, wegen der er die klare Siegchance kläglich vergab. „Werner konnte das Tor nicht machen, weil er gedanklich noch mit Küsschen, Küsschen beschäftigt war“. Der Trainer steht unter Druck, der Trainer ist auf 180, dem Trainer geht vor allem die Situation nicht am Arsch vorbei sondern er leidet mit. Da ist eben in dem Moment der Ärger über die vergebene Chance größer als die Freude über Timos Ausgleichstreffer.
Es ist selbstredend nicht die feine englische Art Zornigers, seine Spieler öffentlich an den Pranger zu stellen, allerdings, bei Timo Werner hat ja schon die „Kindermädchen“-Geschichte offensichtlich gefruchtet. Nach seiner Ausbootung gegen Hertha BSC rutschte Werner flugs wieder ins Team und weiß seither sogar auch wieder, wo das Tor steht.
Zorniger hat den Spieler gekitzelt, gereizt, und Werner hat verstanden. Wir wissen alle nicht, ob Zorniger schon, bevor er mit seiner Schelte an die Öffentlichkeit geht, gebetsmühlenartig intern auf den Spieler eingeredet und nichts gefruchtet hat.
Dann ist es meiner Meinung nach schon auch ein probates Mittel, dem Spieler Beine zu machen, indem man zu unpopuläreren Maßnahmen greift.
Bei uns in Stuttgart ist doch nur deshalb der Aufschrei ob solcher „O-Töne“ so laut, weil wir es gewöhnt sind, Bobic und Labbadia lassen grüßen, die Spieler in Watte zu packen und über jede öffentliche Kritik erhaben sein zu lassen.
Dann wundert man sich aber wieder, dass keine Führungsspieler heranwachsen und sich jeder weg duckt, wenn es ungemütlich wird. Die Spieler müssen im Stadion vor 60.000 „Trainern“ ihren Mann stehen, dem Druck gewachsen sein, also, wo ist das Problem, wenn der Trainer kundtut, was er von seinen Jungs erwartet und sie mal nicht ganz so zimperlich anpackt.
Nichtbeachtung seitens des Trainers wäre doch viel schlimmer, so lang er seine Energie dafür aufwendet, den Spieler zu kritisieren und ihn nicht links liegen lässt, so lang hat er auch vor, den Spieler voranzubringen und besser zu machen. Bei Timo steht der nächste Schritt an, im letzten Jahr ist er in seiner Entwicklung stagniert, jetzt, und ich sage das im Brustton der Überzeugung Dank Zorniger, zeigt seine Formkurve wieder nach oben.
Etwas anders gelagert ist der Fall Georg Niedermeier, der zwar am Samstag auf der Bank saß, nach wie vor aber keine Rolle mehr spielt. Sollte Zorniger es letzte Woche tatsächlich so gesagt haben „komme mir aber jetzt keiner mit Georg Niedermeier“, ist diese Aussage respektlos in Anbetracht Schorschs Verdienste um den VfB. Dass er nicht mehr die allererste Geige spielt, ist sportlich nachzuvollziehen. Menschlich aber, die erneute Wahl in den Mannschaftsrat belegt das, steht der Schorsch in der teaminternen Hierarchie weit oben. Hier muss Zorniger aufpassen, dass er die Mannschaft nicht gegen sich aufbringt, dann wäre er irgendwann nicht mehr zu halten, hat es dieses Team doch immer wieder mal geschafft, einen unliebsamen Übungsleiter loszuwerden.
Zorniger ist ein Trainer, der den VfB lebt und der beim VfB seinen Traumjob vorgefunden hat. Aus seinem Umfeld ist zu erfahren, mit welcher Verbissenheit er die Probleme anpackt und wie sehr dieser Negativlauf an ihm nagt. Er ist der erste, der sich selbst hinterfragt und am liebsten alles anders machen würde, wenn es denn garantiert Punkte einbringen würde.
Hätte jemand einen Grund, wegen fehlenden Glückes hinzuschmeißen, wäre es wohl Zorniger. Er wird jedoch, hoffentlich, einen Teufel tun und den VfB ähnlich schäbig im Stich lassen, wie es vor Jahresfrist Armin Veh getan hat.
Alex Zorniger ist ein Typ wie Du und ich, volksnah und möglicherweise auch ein Stück weit zu ehrlich für dieses verlogene Bundesligageschäft. Man sollte bei ihm nicht alles, was er von sich gibt, auf die Goldwaage legen, sondern sich daran erfreuen, dass man einen echten Typen als Trainer hat, der sein Herz auf der Zunge trägt und nicht einen Weichspüler, der einen Woche für Woche mit den gleichen sinnfreien Phrasen abspeist. Natürlich hat Zorniger medial noch Luft nach oben und sollte auch einmal ein Fettnäpfchen auslassen, verbiegen lassen darf er sich aber nicht. Dann wäre er sofort unglaubwürdig, was ihm dann wohl auch noch negativ ausgelegt werden würde.
Im Moment kann er wohl machen, was er will, seine Gegner finden immer ein Haar in der Suppe. Sei es Kritik an seinen Spielern oder der Kaderzusammenstellung, wofür er sich allerdings auch schon bei der Mannschaft entschuldigt hat, sei es seine „Unerfahrenheit“ oder seine Red Bull Vergangenheit. Trifft ein Spieler aus zwei Metern das Tor nicht, spielt ein anderer einen schlampigen Pass, der zum Konter führt oder spielt der Torwart Harakiri, an allem ist Zorniger schuld.
Ich frage mich, was der VfB-Fan will. Soll es ewig so weitergehen wie in den letzten Jahren, alle paar Monate ein neuer Trainer, weiterhin ein Sammelsurium von Wunschspielern verschiedener Trainer, die nächste Abfindungszahlung an der Backe und nach drei Monaten, wenn weiterhin die Ergebnisse fehlen sollten, der Nächste bitte? Ich habe keine Lust mehr darauf, sich ständig im Kreis zu drehen und hoffe sehr, dass wir mit der Konstellation Dutt/ Zorniger die Kurve kriegen und Ruhe und Kontinuität in den Laden hineinbekommen. Für mich hat die Lösung mit Zorniger inzwischen einen gewissen Charme, er spricht unsere Sprache, kommt authentisch rüber, ist auf seine Art ein Verrückter und steht für mitreißenderen Fußball, als den, den wir in den letzten Jahren vorgesetzt bekamen.
Ich heiße auch nicht alles und jedes Interview gut, das Zorniger gibt und denke mir das eine oder andere Mal, hätte er doch dieses oder jenes Thema besser umschifft. Wie im realen Leben aber auch nehme ich die Menschen wie sie sind und hinterfrage oder kritisiere nicht jeden Wesenszug. Ich versuche damit klar zu kommen, ohne die Menschen ändern zu wollen und so nehme ich Alex Zorniger wie er ist. All das wäre ja auch überhaupt kein Thema, wenn die Ergebnisse stimmen würden.
Ich sage bei weitem nicht, dass Zorniger für uns das Nonplusultra darstellt und dass er alternativlos ist. Was mich viel mehr beschäftigt ist aber, welche Alternative wir denn hätten und vor allem, wer dann garantieren würde, dass alles besser wird!
Natürlich würde auch ich Jürgen Klopp mit Kusshand nehmen, bin aber Realist. Auch wenn er schon verkündete, ggf. auch einen „kleineren“ Verein zu übernehmen und Aufbauarbeit zu leisten, dann sicherlich nicht während einer Saison, wo er so gut wie keinen Einfluss auf die Planungen nehmen kann, abgesehen davon, dass er sich auch nicht mit einem Bruchteil des Gehalts abspeisen lassen würde, das er in Dortmund jeden Monat überwiesen bekam. Absolut unrealistisch. Ich wünsche mir schon fast, dass er in Liverpool unterschreibt, einfach deshalb, damit auch der letzte VfB-Fan einsieht, dass Kloppo reines Wunschdenken war.
Genauso wie wohl auch Lucien Favre, den ich nicht so einschätze, als dass er nach vier intensiven Jahren in Mönchengladbach ein paar Wochen später schon wieder die Vereinsfarben wechseln würde. Er, introvertiert wie er ist, muss das Geschehene sacken lassen und seinen Akku wieder aufladen.
Danach bleiben die üblichen Verdächtigungen, auf die ich nicht näher eingehen möchte. Jedenfalls verspricht keiner derer auf der Liste der arbeitslosen Fußballtrainer, dass er Zornigers Job besser machen würde. So ist übrigens auch die Mourinho-Aussage zu interpretieren, die Zorniger auch schon nachgetragen wird und die manch einer so verstanden haben möchte, Zorniger stelle sich auf eine Stufe mit Mourinho. Die Aussage sollte nur das widerspiegeln, was wir schon einige Male im Stadion erlebt haben, nämlich, dass der VfB einen klasse Fußball spielt, der Trainer also seinen Job gemacht und die Mannschaft richtig eingestellt hat, und uns dann stets individuelle Fehler um den Lob der Arbeit brachten. Auch ein Mourinho kann letzten Endes die Tore nicht selbst schießen.
Aller Anfang ist schwer, so auch der Beginn von Zornigers Bundesligatrainer-Karriere.
Gerade in der letzten Woche, als wir wieder einmal den (12.) Jahrestag des legendären 2:1 gegen die Startruppe von Manchester United feiern durften, kamen Erinnerungen an bessere Zeiten wieder hoch. Es war phantastisch, wie unter anderem Andi Hinkel, Kevin Kuranyi, Alex Hleb, Timo Wenzel und Timo Hildebrand die Fußballwelt im Sturm eroberten und als Junge Wilde Vol. 1 in die Geschichte eingingen. Felix Magath war seinerzeit Trainer dieser Rasselbande und ließ sich für diesen Jugendstil feiern. Kein Gedanke mehr daran, dass Magath die Jungen notgedrungen von der Leine lassen musste, weil kein Geld für Neuverpflichtungen da war und Jahre davor ein gewisser Ralf Rangnick hervorragende Vorarbeit geleistet hatte.
Die Jungen Wilden waren Produkt des Nachwuchskonzeptes, welches Rangnick während seiner Zeit als VfB-Trainer auf den Weg gebracht hatte. Rangnick war, ähnlich wie Zorniger jetzt, als Fußball-Professor und Fußball-Verbissener verschrien, der es sich mit seinen vermeintlichen Stars, allen voran Krassimir Balakow, schnell verscherzte. Wie Zorniger heute wurde dieser neunmalkluge Ralf Rangnick von Beginn an vom Umfeld kritisch beäugt und quasi bei „erstbester“ Gelegenheit wieder entsorgt. Auch er kam, etwas grün hinter den Ohren, daher, als habe er die Weisheit mit Löffeln gefressen und eckte ein ums andere Mal an. Wie man heute zu schätzen weiß, lag Rangnick mit vielem, das er damals anpackte und noch anpacken wollte, richtig, weshalb ich es auch Zorniger zutraue, zusammen mit Dutt den VfB zu erneuern und mittel- und langfristig zu verbessern, zumal Zorniger durch die Rangnick-Schule ging und Rangnick ihn sicher nicht geholt hätte, wenn er nicht seinem Ideal des Trainers entsprochen hätte oder dem zumindest nahe gekommen wäre.
Damals wie heute muss das Fundament im Nachwuchsbereich gelegt werden, damals wie heute wird sich der Erfolg nicht von heute auf morgen einstellen, damals wie heute erfordert es einfach Geduld und auch Vertrauen in die handelnden Personen ohne ständig jeden Handgriff und jedes Statement zu hinterfragen.
Da es seit Hansi Müllers Demission aus dem Aufsichtsrat keinen Maulwurf mehr zu geben scheint, Robin Dutt seine Transfers im stillen Kämmerlein und inkognito tätigt, drohten den Schreiberlingen schon die Geschichten auszugehen. Wie gut, dass es jetzt den Zorniger gibt, der es sich erlaubt, öffentlich den Finger in die Wunde zu legen und Spieler zu kritisieren.
Vor allem die Stuttgarter Blätter, die eigentlich das ureigene Interesse eines Stuttgarter Bundesligisten haben sollten, lassen keine Gelegenheit aus, Unruhe und Unzufriedenheit in die Mannschaft hineinzuschreiben. Dabei ist dann jedes Mittel Recht, Spieler und Trainer werden gegeneinander ausgespielt, die Berater dürfen ihren Senf noch dazu geben und wenn diesbezüglich alles ausgelutscht ist, werden halt Transfergerüchte in die Welt gesetzt. Alles wohl nur mit dem einen Ziel, Unruhe und Unzufriedenheit zu schüren. Ich erspare mir mittlerweile einen Großteil dieser Artikel, da sie dem so verpönten Boulevard-Journalismus inzwischen sehr nahe kommen.
Für die latente Unzufriedenheit und das lauter werdende Murren vieler Fans habe ich durchaus Verständnis, weil wir eben jüngst wieder einmal die rote Laterne übernommen haben. Auf der anderen Seite muss man aber halt auch berücksichtigen, was in den letzten Jahren so alles (schief) gelaufen ist. Inzwischen sehen wir, vor allem in den Heimspielen, attraktiven Fußball wie schon lange nicht mehr. Mit dieser Spielweise muss man sich, abgesehen von den Bayern, gegen keinen Gegner verstecken und kann sich in jedem Spiel eine Chance ausrechnen. Wann gab es das zuletzt, dass man samstags durchaus optimistisch ins Stadion gepilgert ist und sich auf die Spiele richtig gefreut hat?
Leider haben wir noch immer die Krankheit, dass vorne klarste Chancen en masse versiebt werden und hinten fast jede Chance des Gegners zum Gegentor führt.
Gerade im Defensivverbund scheint es gerade so zu sein, dass einer mit seiner Unsicherheit den anderen ansteckt. Konnte man vor vier Wochen noch hoffen, Timo Baumgartl würde an der Seite von Toni Sunjic zu alter Sicherheit zurückfinden, hat man nun den Eindruck, Sunjic wäre nach wenigen Wochen schon auf das Niveau seiner Kollegen heruntergezogen worden. War Insúa in den letzten Wochen noch ein Ruhepol, ließ sich dieser in Sinsheim auf das derzeitige Niveau von Flo Klein herab.
Und, dahinter irrt mit Tytoń ein Keeper im Strafraum umher, der den Beweis seiner Bundesligatauglichkeit bisher mehr als schuldig blieb. Dass Teile der Fans ihn in Sinsheim nach seinem Fehler zum 2:1 ausgepfiffen haben fand ich allerdings nicht gerade förderlich. Mildernde Umstände kann man Tytoń zu Gute halten, da das Abwehrverhalten der Mannschaft insgesamt schwach ist. Dennoch erscheint er mir inzwischen zu sehr verunsichert und trifft dadurch zu oft falsche Entscheidungen.
Auch wenn ich die Misere nicht an ihm festmache, könnte man ernsthaft darüber nachdenken gegen Ingolstadt Vlachodimos ins kalte Wasser zu schmeißen. Des Rückhalts der Fans könnte er sich schon mal sicher sein. Mit seinen 21 Jahren kann es eigentlich nur heißen, „Jetzt oder nie“. Ewig wird man ihn nicht als Nummer 3 bei Laune halten können und dann auch nie festgestellt haben, ob womöglich doch ein Leno in ihm steckt, wie viele weismachen möchten. Mich hat er bislang noch nicht so überzeugt, weil zu schmal und sehr riskant in seinem Spiel, aber, schlimmer kann’s fast nimmer werden.
Auch beim Rest der Startelf gab es Samstag so gut wie keinen Lichtblick. Harnik rückte ins Team und nicht nur das, er gab auch noch den Ersatzkapitän. Das mag so manchen verwundert haben, war er doch zuletzt außen vor und durfte lediglich wieder ran, weil Daniel Ginczek verletzt ausfiel. Harnik muss das 0:1 machen, dann läuft das Spiel wohl schon früh in unsere Richtung.
Maxim für Kostic, mit Didavi zusammen funktioniert (leider) nicht, es scheint, als würden in dieser Konstellation beide ihrer Stärken beraubt. Lukas Rupp als Vertreter von Christian Gentner konnte ebenfalls keine Eigenwerbung betreiben. Sollte Gentner weiter ausfallen, würde ich gerne einmal Carlos Gruezo an der Seite von Serey Dié sehen.
Fehler im Spielaufbau und viele einfache Unzulänglichkeiten auf beiden Seiten, so dass es nicht verwunderlich ist, dass beide Teams jeweils erst ein Spiel für sich entscheiden konnten. Das Spiel war, entsprechend der Tabellenkonstellation „Not gegen Elend“. Umso ärgerlicher, dass es der VfB nicht schaffte, die Gunst der Stunde zu nutzen und diesen schwachen Gegner aus dem Stadion zu schießen.
Wie wenn der VfB derzeit nicht schon genug Probleme hätte, schlägt nun auch noch das Verletzungspech erbarmungslos zu. Der langfristige Ausfall Langeraks hat uns bereits ins Mark getroffen und mutmaßlich den einen oder anderen Punkt gekostet. Robbie Kruse kämpft seit er hier ist, mit muskulären Problemen. Bei beiden kann man die medizinische Abteilung einmal kritisch hinterfragen, die für die Verpflichtungen grünes Licht gegeben hat. Gerade bzgl. Langerak kursiert das Gerücht, in Dortmund wundere dessen langer Ausfall Niemanden.
Kostic zog sich gegen Gladbach einen Muskelfaserriss zu, Kapitän Genter laboriert an Achillessehnenproblemen und fiel aus. Serey Dié plagte sich unter der Woche mit einer Magen-Darm-Geschichte herum, meldete sich aber einsatzbereit und ging auch in dieser Schlacht als Vorbild voran.
Das alles sind jedoch Kinkerlitzchen im Vergleich zu dem, welche Diagnose Daniel Ginczek ereilte: Bandscheibenvorfall im Halswirbelbereich, Ausfall möglichweise bis zur Winterpause. Ihm kann man nur einen guten Heilungsverlauf wünschen und dass die konservativen Behandlungsmethoden anschlagen. Ohne größere medizinische Kenntnisse kommt in mir die Befürchtung hoch, dass, sollte Ginni unters Messer müssen, eine noch viel längere Pause bis hin zum Karriereende im Raum stehen könnte.
Dass die Mannschaft unter dem Eindruck dieser Hiobsbotschaft in Sinsheim ihr bislang schlechtestes Spiel hinlegte, ist fast schon nachvollziehbar. Paradox dabei ist, dass der VfB seine vier Punkte in den schlechten Spielen holte und nach guten Leistungen stets leer ausging.
Erst durch den Dreifachwechsel ging ein Ruck durchs Team und vor allem Kliment und Ferati taten sich positiv hervor. Kliment traf per Kopf unmittelbar nach seiner Einwechslung, Ferati schlug in der Nachspielzeit eine Flanke butterweich auf den Kopf von Timo Werner und hatte somit maßgeblichen Anteil am Punktgewinn.
Es gibt sie also, die Hoffnungsschimmer. Arianit Ferati zum Beispiel, der nach misslungenem Flankenversuch von Harnik an den Ball kam und es besser machte. Diese Situation könnte fast Sinnbild einer Wachablösung sein, wenn sich Harnik nicht schon sehr bald steigert und zu alter Leistungsstärke zurück findet.
Zufrieden konnte man mit der Darbietung vom Samstag nicht sein, zu fahrig das Spiel. Da das Team es aber auch schon besser auf den Platz brachte und gegen Ingolstadt voraussichtlich Filip Kostic zurückkehren wird, kann man das Positive mitnehmen. Die Mannschaft ist nach zweimaligem Rückstand zurückgekommen und stand am Ende als moralischer Sieger da, auch wenn ich bis heute nicht so sicher bin, ob ich den Punkt als Punktgewinn oder als Punktverlust einordnen soll.
So oder so, diesen Punkt gilt es nach der Bundesligapause zu vergolden, indem gegen Ingolstadt der erste Heimsieg eingefahren wird.
Vorher aber steht zunächst einmal die Mitgliederversammlung an. Eine gute Möglichkeit für die Vereinsführung, ob sie will oder nicht, sich endlich mal wieder aus der Deckung zu wagen und darzulegen, welche Fortschritte sie erkennen und wie groß das Vertrauen in Alex Zorniger noch ist. Wenn ich mich durch die VfB-Foren klicke und Stimmungen persönlich einfange dürften die Zorniger-Befürworter und –Gegner etwa pari liegen und bei weitem nicht jeder den großen Rundumschlag herbeisehnen. Es dürfte hitzig werden!
Ich dagegen bin nach diesen mageren Wochen erst einmal reif für die Insel – für die grüne Insel, Irland is calling, Länderspieltime!
5. Oktober 2015
Zorniger gegen den Rest der Welt
Keine Kommentare »
Noch keine Kommentare
RSS Feed für Kommentare zu diesem Artikel. | TrackBack URI