Seit Samstag, 17.21 Uhr, ist es traurige Gewissheit. Der VfB steigt zum zweiten Mal nach 1975 in die 2. Liga ab. Die Chancen auf den Klassenerhalt waren nach der Heimniederlage gegen Mainz 05 ohnehin fast auf den Nullpunkt gesunken, zudem war es fraglich, ob die Spieler diese Aufgabe mental überhaupt bewältigen könnten, nachdem einige ob des Platzsturms vor Wochenfrist doch sehr eingeschüchtert wirkten.
Wer die Vorstellungen der letzten Wochen verfolgt hatte, für den war ohnehin der Frankfurter Sieg, der auch noch für ein gutes Ende nötig gewesen wäre, um ein Vielfaches wahrscheinlicher, als dass sich unsere Truppe, erneut ohne die Kämpfernaturen Kevin Großkreutz und Serey Dié angetreten, noch einmal aufraffen und eine gewaltige Leistungssteigerung an den Tag legen würde.
Der VfB hatte sich bereits im Vorfeld aufgegeben. Unter der Woche war es den Protagonisten wichtiger, sich für die 2. Liga zu positionieren und dem VfB die Treue zu schwören, anstatt sich zunächst auf diese allerletzte Chance zu fokussieren.
Da wir in Wolfsburg ohnehin unseren letzten Punktgewinn 2006 zu verzeichnen hatten und der letzte Sieg aus dem Jahr 2005 datiert, war es äußerst unwahrscheinlich, dass wir gerade jetzt und mit diesem ehrlosen Haufen den notwendigen Sieg einfahren würden.
So fuhren wir schon mit sehr geringen Hoffnungen und früh morgens mit dem Partyzug los und wollten das Beste aus dem Tag machen. Kramny versprach Kampf bis zum letzten Tropfen, was man dieser trostlosen Truppe ohnehin nicht zutraute, so dass es uns vorbehalten war, im Partyzug bis zum letzten Tropfen Vollgas zu geben.
Wir hatten schon ziemlich früh unser Ziel erreicht und mussten uns nichts vorwerfen lassen, so dass es zwar einmal sehr bedauerlich war, im Block nur alkoholfreies Bier vorzufinden, es aber zu verschmerzen war, zumal wir uns ohnehin bis kurz vor Spielbeginn vor dem Stadion an den Bussen und am Bierstand aufhielten.
Ungewöhnlich viele VfBler fanden sich zu diesem Entscheidungsspiel in Wolfsburg ein, so dass nicht, wie sonst in Wolfsburg, die Plätze auf dem Unterrang genügten, sondern auch der Oberrang darüber komplett in VfB-Hand war.
Kaum hatten wir Platz genommen, nahmen die Wölfe auch schon Fahrt auf und hatten nach wenigen Sekunden die erste Torchance durch Max Kruse. Früh offenbarte sich, dass der VfB aus den vorigen Begegnungen nichts, aber rein gar nichts, gelernt hatte.
Der VfB betrieb Abstiegs-Ballett statt Abstiegskampf und ließ die Wolfsburger fast nach Belieben kombinieren. Folgerichtig fiel das 1:0 bereits in der 11. Minute, Gegentor Nummer 70 und ein Paradebeispiel, wie leicht den Gegnern das Toreschießen in dieser Saison gemacht wird.
Als der VfB nach einer knappen halbe Stunde im gegnerischen Strafraum die Kugel verlor, schalteten die Wölfe blitzschnell um und ließen die VfBler dabei wie Statisten aussehen. Schürrle machte mit dem 2:0 bereits früh den Deckel drauf, so dass auch noch die letzten Hoffnungen auf die Relegation im Keim erstickt waren. Kläglich wie kampf- und emotionslos der VfB sich in sein Schicksal ergab. In diesem jämmerlichen Haufen ist weder Charakter, noch Sportsgeist, noch Ehrgefühl, nicht einmal Scham vorhanden. Der VfB nahm auch in diesem letzten Spiel den Kampf nicht auf, trat nicht als Team auf, war unkonzentriert und offenbarte erneut die gleichen taktischen und individuellen Mängel, die sich wie ein roter Faden durch die letzten Spiele zogen. Es gab wohl in der Bundesligahistorie keinen emotionsloseren Absteiger als diesen VfB. Dieser „Abstiegskrimi“ war dieses Mal den Sportsendern in den Zusammenfassungen nicht einmal mehr eine Konferenz mit dem Parallelspiel Werder-Frankfurt wert, zu kampf- und chancenlos trat der VfB auf.
Eine Schande, dass dieses elendige Team offensichtlich nicht gewillt war, den Schalter noch einmal umzulegen. Kurz nach dem 2:0 hatte ich genug von diesem Dilettantismus der Brustringträger und haute meinen ersten Wut-Post in die Welt hinaus, dass diese Söldnertruppe des Brustrings nicht würdig sei, sie nicht weiter unsere Trikots beflecken, sondern sich endlich verpissen sollen. Ich verließ dann bereits vor der Pause meinen Platz auf dem Oberrang und kehrte auch nicht mehr zu diesem zurück.
Stattdessen verfolgte ich das weitere Geschehen mit einem Auge von unten und sprach mit Dutzenden Bekannten. Das allerletzte Mal Bundesliga wollte ich eigentlich genießen, bei diesen Dilettanten in kurzen Hosen aber, kommt man eher auf den Gedanken, sich eine andere Sportart auszusuchen, so erbärmlich wie sie den Brustring repräsentierten. Während wir darüber philosophierten, was nur aus unserem VfB gemacht wurde, plätscherte die Partie ihrem Ende entgegen.
Da sich bei den meisten der Abstiegsfrust spätestens nach dem Mainz-Spiel entlud, trugen es die meisten mit einer bemerkenswerten Fassung. Die meisten waren gar erleichtert, dass es endlich vorüber ist und dass man die allermeisten dieser kümmerlichen Kicker in der nächsten Saison nicht mehr ertragen muss.
Dieser Abstieg ist folgerichtig, wenn man den stetigen Abwärtstrend der letzten Jahre betrachtet und sich vor Augen führt, wie knapp Huub Stevens zuletzt zwei Mal gerade noch retten konnte. Meiner Verachtung für diese Truppe tat auch das zwischenzeitliche 2:1 durch den zum Gegner abwandernden Didavi keinen Abbruch mehr, der erstmals seit Kuzmanovic wieder einen Freistoß direkt verwandelte. Selbst die Wende hätte uns nichts mehr gebracht, in Bremen stand es zu diesem Zeitpunkt 0:0, am Ende gewann aber Werder, so dass uns allenfalls noch ein Sieg mit sieben Toren Unterschied in die Relegation hätte bringen können.
Was bin ich froh, dass uns diese für mich unnötigen Relegationsspiele erspart bleiben. Ich bin fertig mit diesem widerlichen Haufen und wollte sie ums Verrecken nicht noch einmal ertragen müssen, zumal es gegen den Club nach einer weiteren Demütigung gerochen hätte.
Die Wölfe erzielten dann noch das 3:1 und das Spiel plätscherte seinem finalen Pfiff weiter entgegen, während sich im Block die Wut über den Vorstand und dieses klägliche Team vollends entlud. Schiedsrichter Gräfe gab noch vier Minuten Bundesliga als Zugabe obendrauf, ehe endlich der Stecker gezogen war und der Verein dorthin katapultiert wurde, worauf man jahrelang konsequent hingearbeitet hat, nämlich in die 2. Liga.
Die Situation im Stadion nach dem Schlusspfiff war bizarr. Der Stadionsprecher bedankte sich bei den Zuschauern für die Unterstützung während der Saison und rief zum Run auf die Getränkestände auf, wo es Freibier geben würde, auch im Gästeblock, wie er betonte. Nur, alkoholfreies Bier nehme ich nicht mal geschenkt und von VW gleich gar nicht, wer weiß welche Manipulationen am Zapfhahn vorgenommen wurden.
Bemerkenswert war es, wie der jetzt besiegelte Abstieg von der Fanszene fast schon lethargisch zur Kenntnis genommen wurde. Keine Pöbelszenen, nicht der Ansatz eines Platzsturms und auch keine Pyrotechnik, vermutlich hat sich die zahlreich vertretene Polizei auf wesentlich mehr Arbeit im Falle eines VfB-Abstiegs eingestellt.
Man sollte meinen, der Abstieg ziehe einer Fanszene den Boden unter den Füßen weg, Tränen und Verzweiflung überall, heulende Spieler, fassungslose Offizielle. Nichts von alledem war am Samstag in Wolfsburg zu sehen. Von einigen wenigen verzweifelten jungen Mädchen einmal abgesehen, sah ich kaum jemanden bitterlich weinen. Es war keine Trauer, Wut keimte dagegen auf, Wut darüber, was einige wenige aus dem einst so stolzen VfB gemacht haben und Wut darüber, was für Rumpelfußballer und Charakterschweine sich derzeit schon VfB-Spieler schimpfen dürfen. Ein klein wenig Talent reicht heutzutage schon aus, aus Zivilversagern Millionenverdiener zu machen. Ungerecht ist die Welt!
Ich hatte lang genug Zeit, mir auszumalen, wie sich denn ein Abstieg anfühlen würde. An 1975 habe ich keine Erinnerungen, erst an den Wiederaufstieg 1977, welches meine erste Saison war, in der ich schon regelmäßig im Stadion war. Ich spürte nur Erleichterung, Erleichterung über die Gewissheit, fast schon Vorfreude auf die neue Liga und Erleichterung darüber, dass das Dahinsiechen im Tabellenkeller der Bundesliga ein Ende fand und endlich der Weg für einen radikalen Neuanfang frei ist.
Der Schulterschluss zwischen Mannschaft und Fans gelang in dieser Saison nicht mehr. Irgendwann wird eben auch jede „Zusammenhalten“-Aktion unglaubwürdig, ist jeder Hashtag ausgelutscht, irgendwann steht einzig und allein die „Mannschaft“ in der Pflicht, die Fans mitzunehmen und nicht umgekehrt. Ein jeder Arbeitnehmer wäre mit einer derartigen Berufsauffassung lang seinen Job los, nur für Profifußballer, und dabei speziell bei denen vom VfB, scheinen andere Regeln zu gelten, wenn sie nicht das tun, für das man sie eingestellt hat.
Nach dem Spiel gab es keine Szenen, wie man sie von „normalen“ Absteigern kennt, dass sich Spieler und Fans am Zaun gegenseitig trösten und Mut zusprechen, nein, die „Mannschaft“ hielt auch in dieser bitteren Stunde die Distanz und hatte auch hier nicht den Mumm, sich zu stellen. Zwar erbärmlich, aber auch nicht mehr verwunderlich, wer den Rasen schon mit vollen Hosen betritt, geht dann eben lieber rein zu Mama und weint sich aus, weil einem von den Fans inzwischen blanker Hohn, Hass, Verachtung entgegen schlägt. Aber Jungs, das ist das einzige, was ihr euch wirklich „verdient“ habt.
Kapitän Gentner, den wir, wie wir im Laufe der Woche erfahren mussten, noch zwei Jahre länger am Hals haben werden als ursprünglich befürchtet, hielt die Seinen gar als „Rädelsführer“ zurück. War ja klar, äußerten die Mimosen doch schon öfter ihr Unverständnis darüber, dass die Leute nach desaströsen Vorstellungen aufgebracht sind und ihnen nicht zujubeln.
Schon wegen der großen Kluft zwischen „Mannschaft“ und Fans täte der Verein gut daran, das Team für die neues Saison nahezu komplett auszuwechseln und mit jungen, erfolgshungrigen, aber auch gestandenen 2. Liga-Spielern in die neue Saison zu gehen.
Der Verein muss endlich wegkommen von den Lastminute-Transfers der letzten Jahre. Dutt hatte vor Jahresfrist markige Worte gefunden und seine(n) Vorgänger deutlich abgewatscht, gerade in puncto Scouting und doch hat Dutt es keinen Deut besser gemacht.
Zu einem guten Scouting gehört es eben nicht nur, über die fußballerischen Fähigkeiten eines Spielers zu befinden, sondern auch über seinen Charakter, seine Teamfähigkeit, seine Lernbereitschaft, ob er eher ein bequemer Typ oder leistungsbereit ist und wie sich sein Sozialverhalten darstellt. Diese Tugenden kann man jedoch nicht unter die Lupe nehmen, wenn man Spieler wie Šunjić oder Kravets unter Zeitdruck kurz vor Transferschluss verpflichtet. Last-Minute-Transfers sind die Folge vorheriger Untätigkeit und Panikreaktionen, weil man zuvor seine Arbeit nicht richtig gemacht hat, schon aus diesem Grund, Dutt raus!
Dass fehlender Charakter der meisten bei uns angestellten Häufchen Elend uns die Klasse gekostet hat, offenbarte sich in den letzten Wochen und Monaten schonungslos. Anstatt nach der Erfolgsserie zu Rückrundenbeginn nach Höherem zu streben, lehnt man sich lieber zurück und nimmt den Fuß vom Gaspedal.
Das Saisonziel, das spätestens nach der Demission Zornigers Nichtabstieg hieß, hatte man vermeintlich ja schon Mitte März so gut wie erreicht, also konnte man es sich wieder einmal schön bequem machen. Kramny und Dutt unterstützten dies auch noch, nahmen die Spannung heraus, indem sie bspw. großzügigen Osterurlaub gewährten und reihen sich damit nahtlos in die Riege der VfB-Totengräber ein.
(Glückliche) Punkteteilungen in Ingolstadt und Darmstadt wurden schön geredet, weil der Druck ja stets bei den anderen lag, so Dutt, Heimniederlagen gegen Leverkusen, Dortmund und Bayern als das Normalste auf der Welt abgetan und selbst nach der katastrophalen Vorstellung beim direkten Konkurrenten in Augsburg läuteten noch immer nicht die Alarmglocken. Die Vorstellungen auf dem Rasen wurden immer schlechter, Kampfgeist war keiner vorhanden und doch vertraute man stets darauf, dass im nächsten Spiel schon die Besserung einkehren würde. Nun haben wir die Quittung, wir sind 17. und es sind keine Spiele mehr!
Wenn ein Abstieg je hausgemacht war, dann dieser. Seit Jahren hat man die sportliche Konkurrenzfähigkeit außer Acht gelassen und sich stattdessen an Projekten wie dem Stadionumbau, dem Bau des Leistungsnachwuchszentrums und der geplanten Ausgliederung (die mit dem Abstieg fürs erste vom Tisch sein dürfte) ergötzt.
Dass ich je einmal einen Präsidenten Wahler in der Rangliste unserer schlechtesten Präsidenten vor Gerd E. Mäuser kategorisieren würde, hätte ich nie gedacht. Mäuser war zwar schon die Oberpfeife und hat nichts Vernünftiges auf die Reihe gebracht, aber, durch seine öffentlichen Auftritte als Elefant im Porzellanladen nahm man ihn aber immerhin regelmäßig wahr, während Wahler als „der Unsichtbare“ in die VfB-Annalen eingehen wird.
Wahler sah tatenlos zu, wie der VfB in den letzten Wochen und Monaten seinen komfortablen Vorsprung auf den Relegationsplatz verspielte und vertraute blind darauf, Dutt würde schon das Richtige tun. Er hielt es nicht einmal für nötig, auf den Tisch zu hauen und Sportdirektor und Mannschaft in die Pflicht zu nehmen. Damit handelte er äußerst vereinsschädigend und ist folgerichtig am Tag danach zurückgetreten (worden). Ein Mayer-Vorfelder war seinerzeit noch mit Herzblut dabei und schritt ein, wenn es notwendig war, aber, er hatte auch ein Gespür und war vor allem nah dran an der Mannschaft.
Robin Dutt wiederum wollte sich partout nicht eingestehen, nach Zorniger, auch bei der Ernennung Kramnys zum Cheftrainer danebengelegen zu haben und ließ die Dinge ins Verderben laufen. Dass die „Mannschaft“ tot war und es eines Impulses von außen bedurft hätte, ignorierte Dutt. Spätestens nach dem Offenbarungseid von Augsburg lag Handlungsbedarf vor. Was tat Dutt? Nichts!
Zur allgemeinen Verunsicherung trugen die ständig wechselnden Aufstellungen und nicht nachvollziehbaren Auswechslungen von Trainer Kramny bei, der mehr und mehr einen überforderten und vor allem planlosen Eindruck machte. Dutt hätte Kramny erlösen müssen, um sich nicht vorwerfen zu müssen, nicht alles versucht zu haben, den Super-GAU abzuwenden. Dutt wollte durch das Nicht-Eingestehen einer Fehlentscheidung seinen eigenen Hintern retten und fuhr damit unseren Verein sehenden Auges gegen die Wand. Schon allein das ist vereinsschädigend, seine Äußerungen nach dem Mainz-Spiel, dass seine Saisonplanung die Möglichkeit des „Worst Case“ in Betracht gezogen hätte, schlug dem Fass den Boden aus.
Wenn der SC Freiburg eine solche Philosophie lebt und mit sich und der Welt zufrieden ist, wenn man unter den Top 25 in Deutschland steht, was automatisch auch die Möglichkeit eines Abstiegs vorsieht, ist das die Sache der Südbadener und dort auch so vermittelbar.
Als Bundesliga-Tanker aber, der 39 Jahre am Stück fester Bestandteil des Fußball-Oberhauses war, verbietet es sich von selbst, in diese Richtung zu denken. Der VfB gehört in die Bundesliga, in der Vergangenheit wurde stets noch rechtzeitig die Reißleine gezogen, um diesen Super-Gau zu verhindern. Ein Abstieg hat weitreichende finanzielle Konsequenzen, so dass in den vergangenen Jahren schon reichlich Horrorszenarien gemalt wurden, wie hart uns ein Abstieg treffen würde.
Umso verwunderlicher, oder auch nicht, ist es, dass dieses Mal der Aufsichtsrat nicht eingeschritten ist. Das seit Oktober nur noch dreiköpfige Gremium umfasst zwar Wirtschafts-Granden aus der Region, jedoch seit Hansi Müllers Rücktritt niemanden mit mehr mit auch nur ein bisschen Sportkompetenz. Wie auch Präsident Wahler vertraute der Aufsichtsrat vollständig auf Dutts Kompetenz und das, obwohl vor einem Jahr großspurig angekündigt wurde, eine One-Man-Show werde es beim VfB nicht mehr geben.
Hätte man den Abstieg tatsächlich einkalkuliert gehabt, wie Robin Dutt weismachen möchte, und wäre man von den auf den Weg gebrachten Projekten zu hundert Prozent überzeugt gewesen, hätte man Alexander Zorniger gar nicht entlassen zu brauchen. Schlimmer wäre es mit ihm mit Sicherheit auch nicht gelaufen. Eher im Gegenteil. Bei der Siegesserie zu Beginn der Rückrunde profitierte Kramny noch von Zornigers Arbeit. Für mich ist er nach wie vor kein Schlechter, mit etwas mehr Geschick im Umgang mit der Presse und einem Abrücken von seiner Sturheit, wäre er einer gewesen, der jeden einzelnen Spieler weiterbringen hätte können und mit dem man die Hoffnung hätte verbinden können, sich im weiteren Saisonverlauf noch zu verbessern. Bezeichnend ist doch, dass gerade jene Spieler, die er sich öffentlich zur Brust nahm, wie Niedermeier, Didavi und Werner, zum Saisonende hin überhaupt nichts mehr auf die Kette bekamen und damit ihren maßgeblichen Anteil am Niedergang haben.
Bei Sport im Dritten positionierte sich Dutt einmal mehr klar, dass er um seinen Job kämpfen werde und sieht die Schuld weiterhin in den Strukturen, die er zu seinem Amtsantritt vorgefunden hatte. Seine Ausführungen in allen Ehren, aber, wer den VfB in seine schlimmste Krise seit über 40 Jahren hineinmanövriert hat, muss die Konsequenzen ziehen und seinen Hut nehmen.
Dutt hat im Fußballgeschäft noch überhaupt nichts vorzuweisen, außer vielleicht bei seinen Trainerstationen bei den Stuttgarter Kickers und beim SC Freiburg, so dass ich kein Vertrauen habe, dass Dutt den Karren wieder flott bekommen könnte.
Von allen Seiten werden wir wegen Dutt belächelt. Wo Dutt ist, ist unten, so der gängige Slogan in der Liga, welcher sich auch beim VfB mehr und mehr bewahrheitet. Schon vor seiner Verpflichtung war ich sehr skeptisch, vor allem, weil er bei seiner einzigen Rolle als Sportdirektor (beim DFB) kläglich versagt und schnell wieder den Schreibtisch mit dem Trainingsplatz getauscht hat. Dass man ihn dann noch vor seinem ersten Arbeitstag mit einem 4-Jahresvertrag und einem Vorstandsposten ausgestattet hat, spottet jeder Beschreibung, oder anders, ist eben der VfB. Da Dutt offensichtlich einen Teufel tun wird, selbst das Feld zu räumen, steht auch hier wieder eine Lohnfortzahlung an, die sich gewaschen hat und die uns die nächsten Jahre immer wieder einholen dürfte. Da Dutts Ruf nicht der beste ist, um es charmant auszudrücken, besteht kaum die Hoffnung, dass ihm schon bald ein neuer Verein zum Ruinieren in die Hände gelegt wird. Ich traue es Dutt nicht zu, den VfB (möglichst schnell) wieder dorthin zu bringen, wo wir hingehören, nämlich in die Bundesliga.
Der VfB muss jetzt die Chance zur totalen Neuausrichtung nutzen und darf sich nicht von Dutt mit Phrasen einlullen lassen, dass seine auf den Weg gebrachten Projekte Zeit benötigen und erst später greifen. Wie einst Bobic ist Dutt momentan dabei, den ohnehin schon riesigen Personalapparat mit eigenen Getreuen noch weiter aufzublähen. Schon allein die Tatsache, dass Dutt ernsthaft darüber nachdenkt, die Gesichter des Niedergangs der letzten Jahre in die 2. Liga mitzunehmen, disqualifiziert ihn vollständig. Gentner ist schon „passiert“, aber die Schwaabs, Niedermeiers, Harniks sollen ihren Dilettantismus bitte zukünftig woanders zur Schau tragen, die wollen wir hier nicht mehr sehen.
Bei einem „Weiter so“ würde sich die Leistungskultur im Verein nie zum Besseren wandeln. Im derzeitigen Verantwortungs-Vakuum, ohne Präsidenten, ohne Trainer und mit einem Sportdirektor kurz vor der Entlassung, ist es ohnehin hinterfragenswert, weshalb er überhaupt noch Leute einstellen und Verträge verlängern darf. Stoppt Dutt, kann man da nur sagen!
Warum man den Vertrag mit Kapitän Christian Gentner schnell noch verlängert hat, erschließt sich mir zum Beispiel nicht. Natürlich ist es als gutes Signal zu verstehen, wenn der Kapitän auch im Abstiegsfall an Bord bleibt, aber, Gentner ist eben auch eines der, wenn nicht das Gesicht des schleichenden Untergangs. Seit seiner Rückkehr aus Wolfsburg 2010 spielen wir fast permanent gegen den Abstieg, seit er die Binde 2013 von Serdar Taşçı übernommen hat, wurde es noch schlimmer, was nun im Abstieg gipfelt. Gentner hatte noch ein Jahr Vertrag, daher war es ohnehin klar, dass er uns auch in der 2. Liga erhalten bleiben würde.
Ich hoffe nur, dass man ihm dann wenigstens die Kapitänsbinde wegnimmt. Von Zorniger hatte ich es mir seinerzeit schon erhofft, dass er die Hierarchie aufreißt. Teilweise, durch den Abgang Ulreichs und die Verbannung Niedermeiers auf die Tribüne, hat er das auch getan, Gentner aber hat leider auch bei ihm meistens gespielt.
In Zukunft darf es nur noch nach Leistung gehen und so darf auch der Stammplatz von Gentner nicht in Stein gemeißelt sein. Er mag ein Spieler sein, der gut mitspielen kann, wenn es in der Mannschaft wie von selbst läuft, ein Kampfschwein aber, das als Kapitän vorangeht und mal ordentlich dazwischen grätscht, wird er nie werden. Er steht sinnbildlich für das Behäbige und die Selbstzufriedenheit in dieser Truppe.
Der Abstieg bietet dem VfB die Chance einer Frischzellenkur, mit jungen und frischen Kräften die Liga aufzumischen muss die Devise sein. In der 2. Liga sind andere Tugenden gefragt, als in der Bundesliga, eben jene, die nun auch im Abstiegskampf notwendig gewesen wären. Spucken, kratzen, beißen, kämpferische Tugenden und keine Schönspielerei.
Der VfB steigt aus dem Grund ab, weil er diese Tugenden nicht in petto hatte und diese mit dem vorhandenen Personal wohl auch nicht abrufbar waren. Deshalb wäre es fatal, den Neuaufbau mit den Gesichtern des Niedergangs anzugehen, weil sie polemisch betonen, dass sie gerne helfen würden, den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen.
Nein, weg mit Ihnen, die Sprechchöre „ihr macht uns lächerlich“, „außer Kevin könnt ihr alle gehen“ und „VfB Stuttgart, das sind WIR“ sind dabei durchaus wörtlich zu nehmen. Die wenigsten der Protagonisten möchte man in der nächsten Saison noch auf dem Wasen sehen, sie hatten lange genug Zeit, sich am Riemen zu reißen und alles für den Verein zu geben.
Bislang sind also Ginczek und Gentner fix für die 2. Liga, wobei Ginczek vermutlich erst ab Oktober/ November ins Geschehen eingreifen kann, sofern ihn nicht nochmal ein Rückschlag ereilt. Großkreutz, Langerak und Serey Dié haben dem Vernehmen nach Bereitschaft signalisiert, dem VfB auch in der 2. Liga erhalten zu bleiben, womit zumindest schon mal ein Gerippe vorhanden wäre. Öffentliche Liebeserklärungen der Genannten sind jedoch erst einmal mit Vorsicht zu genießen, da die Vereinsliebe beim Eintreffen lukrativerer Angebote, und wenn die Zahlen vom VfB auf dem Tisch liegen, auch schnell erloschen sein könnte.
Im Tor würde ich mit Langerak und Uphoff in die Saison gehen und Tytoń abgeben. Nicht weil ich ihn nicht auch für einen ordentlichen Keeper halten würde, sondern weil Langerak, wenn er denn verletzungsfrei bleibt, die klare Nummer eins sein wird und Tytoń als Ersatzkeeper zu teuer wäre.
In der Abwehr würde ich gerade mal Heise, Großkreutz und Baumgartl halten. Bei Insúa bin ich mir nicht ganz sicher. Er ist ein netter Kerl, der sich auch wohl zu fühlen scheint und sich mit dem Verein identifiziert, ist aber eben auch in vielen Situationen zu langsam und war an etlichen Gegentoren nicht ganz unbeteiligt, wie bspw. auch am 1:0 in Wolfsburg. Zudem dürfte er in Anbetracht dessen, was er leistet, für die 2. Liga zu teuer sein.
Aus dem Mittelfeld bleiben uns wohl Lukas Rupp, Serey Dié, Alexandru Maxim und Christian Gentner sowie die Youngster Ristl, Ferati und Wanitzek erhalten, während Kostic den Abflug machen dürfte. Der VfB wird auf Transfereinnahmen angewiesen sein und Kostic ist einer der wenigen dieses stümperhaften Kaders, der überhaupt Geld in die Kassen spült.
Seit der Kicker von Kostic‘ Ausstiegsklausel berichtet hatte, die so gestrickt sein soll, dass diese nur greife, wenn die Saison auf Platz 15 oder schlechter beendet würde, hatte man beim Spieler den Eindruck, er wäre überhaupt nicht gewillt, zu einer besseren Platzierung beizutragen.
Auch wieder so ein merkwürdiges Vertragskonstrukt Marke Dutt, zumal es in der Branche auch eher unüblich ist, dem Spieler zusätzlich zu einer satten Gehaltserhöhung auch eine Ausstiegsklausel in den Vertrag zu schreiben. Normalerweise läuft das eher andersherum, der Spieler erhält eine Gehaltserhöhung und die Ausstiegsklausel wird dafür gestrichen. Wieder ein Fall von „Jaaaaaa, der VfB“.
Bei Alexandru Maxim bin ich mir nicht ganz sicher, ob es sinnvoll wäre, ihn zu behalten. Er stagniert seit Jahren in seiner Entwicklung und wäre einer, der nach einer eventuell guten Europameisterschaft Geld einbringen könnte. Hier kommt es auf den neuen Trainer an, ob er in seinem System einen Spielmacher alter Prägung mit vielen Freiheiten bevorzugt oder doch eher ein Laufwunder, welches Maxim nie werden wird.
Im Sturm bleiben wohl nur Ginczek und Tashchy sicher, während Timo Werner sich auf dem Sprung nach Leipzig befinden soll. Über Werner wundern mich die Meldungen nur noch. Bis vor einem Jahr identifizierte er sich voll und ganz mit dem VfB und man konnte es sich kaum vorstellen, dass er, für welches Geld der Welt auch immer, die Farben wechseln könnte.
Ob sein Berater Karl-Heinz Förster den Wechsel derart forciert oder ob zu viel Porzellan zerschlagen wurde, weil ihn der VfB letzten Sommer wie Sauerbier in England angeboten hat, man weiß es nicht. Ich fände es schade, wenn wieder ein Eigengewächs den Verein verlassen würde, dem man es zumindest zutrauen kann, dass er in Leipzig explodiert, wenn er bessere Mitspieler um sich hat und das System besser auf ihn zugeschnitten wird.
Der Aderlass dürfte also gewaltig werden, was ich jedoch mehr als Chance denn als Risiko ansehe. Auch bei den Youngstern, die jüngst mit den Amateuren in die Regionalliga abgestiegen sind, habe ich meine Zweifel, ob sie die Reife mitbringen, am Projekt Wiederaufstieg tatkräftig mitzuhelfen.
Man hört nichts Gutes von einigen dieser Jungen. Charakterlich schwach, zufrieden, mit dem, was sie „erreicht“ haben und dass sie sich von den erfahrenen Führungsspielern nichts sagen ließen, weil sie vom Gehalt her schon in einer ganz anderen Liga spielten. Stimmt das so, wäre es natürlich ein Armutszeugnis für den VfB und es wäre nicht verwunderlich, dass auch bei den Amateuren nie ein Team auf dem Platz stand.
Für den (hoffentlich) neuen Sportdirektor dürfte es eine Mammutaufgabe werden, den Kader auszudünnen, wie es nötig ist. Verschenken möchte man gebundene Spieler ja auch nicht, wenngleich es eine undankbare Verhandlungsposition ist, wenn das Gegenüber weiß, dass man den Spieler loswerden muss. Im einen oder anderen Fall dürfte auch das nur mit Abfindungszahlungen gelingen, die wir in Stuttgart ja fast schon gewohnt sind, so viel Kaderschrott wie sich in den letzten Jahren hier getummelt hat.
Gelang es, Platz im Kader zu schaffen, muss dieser punktuell verstärkt werden, wobei man eine gesunde Mischung aus gestandenen Spielern und jungen, hungrigen Kräften finden muss, die bereit sind, den Kampf in Liga 2 aufzunehmen und die mit dem VfB etwas erreichen möchten.
Dabei sollte sich der Verein tunlichst nicht von abgehalfterten Altstars wie Kuranyi und Taşçı blenden lassen, die dem VfB im Herbst ihrer Karriere gerne helfen würden. Deren Zeit ist abgelaufen, die von Kuranyi, der in Hoffenheim nun wahrlich keine Bäume ausgerissen hat, sowieso und auch Serdar hat schon lang nicht mehr unter Beweis gestellt, dass er eine Hilfe wäre und wäre sicherlich für den VfB in der 2. Liga auch zu teuer.
Wenn man schon altgediente Kräfte zurück locken möchte, dann bitte welche, die noch voll im Saft stehen und einen Qualitätsschub brächten, wie Mario Gomez oder Sami Khedira, was jedoch (noch) unrealistisch sein dürfte.
Zunächst muss allerdings ein Trainer und hoffentlich auch ein neuer Sportdirektor gefunden werden, bevor man jetzt schon Spieler holt und Mittel bindet, und der neue Trainer dann ganz anderen Handlungsbedarf sieht.
Von den kolportierten Namen ist mir der von Markus Gisdol noch am sympathischsten. Ob er sich auf einen Abstieg einlassen und die finanziellen Verhältnisse akzeptieren würde, wo er doch in Hoffenheim aus dem Vollen schöpfen konnte, steht auf einem anderen Blatt.
Auch über Christian Gross könnte man ernsthaft nachdenken, sofern er das Schmierentheater seines Abgangs inzwischen vergessen und verziehen hat. Die handelnden Personen sind inzwischen zwar komplett andere, mehr Professionalität ist aber leider seither auch nicht eingekehrt.
Ich an des VfB’s Stelle würde ja alte Koryphäen abklappern, die zwar offiziell in Rente sind, die es nach Jahren des Nichtstuns aber womöglich wieder jucken könnte, ins große Business zurückzukehren. In dieser Situation und aufgrund der Inkompetenz im gesamten Verein, wäre Erfahrung Gold wert.
Mir war einst die Lösung Lattek/ Sammer beim BVB sympathisch, wo ein Sammer an der Seite des Altmeisters reifen und wertvolle Erfahrungen mitnehmen konnte.
Warum also nicht mal bei Ottmar Hitzfeld anrufen, den nicht nur seine VfB-Vergangenheit sondern auch die Nähe zu seiner Heimat Lörrach locken könnte. An seiner Seite könnte ich mir einen Sympathieträger wie Andi Hinkel vorstellen, der erste, wenn auch nicht glückliche, Erfahrungen im Trainergeschäft gesammelt hat und dem VfB wie kaum ein anderer verbunden ist und vor allem im Umfeld große Beliebtheit genießt. Der VfB täte gut daran, auf kompetente Sympathieträger in Mannschaft und Umfeld zu setzen, um sich in absehbarer Zeit mit seiner Kundschaft wieder zu versöhnen.
Der VfB muss bereit sein, neue Wege zu gehen und aus Fehlern der Vergangenheit endlich auch mal lernen. Zu den größten Fehlern der jüngeren Vergangenheit zählt, damals unter der Ägide Mäuser/ Bobic, das Vergraulen unserer Jugendabteilung und die daraus resultierende Flucht der Herren Albeck/ Schrof nach Leipzig. Es ist kein Zufall, dass aus dem Unterbau, trotz des wunderschönen Jugendleistungszentrums, seit deren Abgang nichts fruchtbares mehr hochgekommen ist und, im Gegenteil, nach und nach junge Spieler von RB Leipzig abgeworben wurden. In erster Linie Kimmich lässt da grüßen. Bezeichnend, dass jetzt auch noch unser beliebtes Torwart-Trainer-Urgestein Ebbo Trautner, den seinerzeit Bobic degradiert und ihm Andreas Menger vor die Nase gesetzt hat, den VfB auch noch in Richtung RB verlässt.
Dem VfB der Zukunft darf kein Weg zu unkonventionell sein. Man könnte sich durchaus die Blöße geben und sich jetzt, wo Mäuser, Bobic, Labbadia Geschichte sind, zum Ziel setzen, die Herren Schrof und/ oder Albeck zu einer Rückkehr, immerhin in die Heimat, zu bewegen. Vielleicht trifft es die beiden ja auch ins Mark, aus der Ferne zu beobachten, was aus ihrem VfB geworden ist, so dass sie vor der nächsten Vertragsverlängerung genau überlegen könnten, ob sie nicht doch lieber ihrem Herzen folgen sollten.
Als Fan darf man sich auf die 2. Liga freuen, ich tue das zumindest. Früher begann eine Bundesligasaison und alles war möglich. Der VfB war meist ein Kandidat für die UEFA-Cup-Plätze, es gab eine Handvoll Abstiegskandidaten, aber eben auch genauso viele Meisterschaftsanwärter. Heutzutage, wo die Bayern in einer einzigen Championsleague-Saison 100 Millionen Euro einnehmen und kürzlich an einem einzigen Tag 70 Millionen für zwei neue Spieler ausgeben, kann man den Bayern schon jetzt zur fünften Meisterschaft in Folge „gratulieren“.
Der BVB mit seinen ebenfalls üppigen Mitteln wird voraussichtlich wieder nett Paroli bieten können, danach aber hört es schon fast auf.
Schalke mit Gazprom im Rücken, Manager Heidel und immer ausverkauftem Haus dürfte auch weiterhin ein Kandidat für die Championsleague-Plätze sein.
Hoffenheim sollte mit den Hopp-Millionen eigentlich auch im oberen Tabellendrittel platziert sein, ebenso wie Bayer Leverkusen, das Gehälter zahlt, dass einem schwindlig wird.
Wolfsburg wird, trotz Abgas-Skandal, nach dieser verkorksten Saison die nächste Transferoffensive starten und auch „Aufsteiger“ Red Bull hat bereits verkündet, mindestens 50 Millionen Euro in neue Spieler investieren zu wollen und baggert an Spielern herum, von denen wir nicht zu träumen wagen.
Mönchengladbach ist der einzige Verein, der mit ungleichen Waffen kämpft und sich zuletzt oben (dank gutem Scouting und gutem Management) etablieren konnte. Für Gladbach ist jedoch keine Saison ein Selbstläufer, wie man zu Beginn der abgelaufenen Runde gesehen hat. Zudem haben sie auch einen Wettbewerbsnachteil, weil sie nicht die Gehälter der Konkurrenz bezahlen können und daher schlauer als die Anderen sein müssen, was sie in den letzten Jahren bemerkenswert gut hinbekommen.
Bei diesen Summen, die in den Top 6 bewegt werden und bei Gehältern schon jenseits der zehn Millionen Euro pro Jahr, während „wir“ Top-Verdienern zwischen zwei und drei Millionen Euro jährlich bezahlen können, frage ich mich als Fan schon seit einiger Zeit, ob es sich lohnt, diesen Wahnsinn auf Dauer mitzumachen. Beim VfB jammert man herum, 3,4 Millionen Euro Ablöse für den Königstransfer Sunjic in den Sand gesetzt zu haben, während andere ein Vielfaches allein an Handgeldern auf den Tisch des Hauses legen. Realistisch betrachtet und wenn man eben nicht schlauer als die Anderen ist, bleibt in der Liga nur noch Abstiegskampf und eine Einreihung auf die Plätze 8-18. Das bedeutet, selbst hätte man die Klasse ein weiteres Mal irgendwie gehalten, dass uns der nervenzehrende Abstiegskampf auf Sicht erhalten geblieben wäre und die Wahrscheinlichkeit auch deshalb groß gewesen wäre, dass es einen irgendwann einmal erwischt.
Möchte ich einer Liga angehören, in der mehr und mehr Einheitsbrei serviert wird und sich die Stadien fast nur noch in der Farbe unterscheiden? In der nur noch der schnöde Mammon regiert und die Ursprünglichkeit auf der Strecke bleibt? Wo nach Leverkusen, Wolfsburg, Hoffenheim, Ingolstadt sich nun mit Red Bull der nächste Retortenclub breit macht? Wo Emporkömmlinge wie Mainz und Augsburg uns den Rang abgelaufen haben, während Traditionsclubs ums nackte Überleben kämpfen. Wo Spiele gegen Bayern und Dortmund längst ihren sportlichen Reiz verloren haben und einer Demütigung gleich kommen?
Ich habe darauf ehrlich gesagt keinen Bock mehr und reduziere mein Fan-Dasein auch nicht auf sportlichen Erfolg. Die derzeitige Truppe lässt jegliche Identifikation mit Verein und Fans vermissen, so dass mir schon seit einiger Zeit die Stunden, die ich mit Gleichgesinnten am Rande des Fußballs verbringen kann, wichtiger als das Geschehen auf dem Platz sind.
Diesbezüglich ändert sich für mich in der 2. Liga also zunächst einmal überhaupt nichts. Im Gegenteil, es stehen fast durchweg interessante Touren auf dem Programm und, wenn es der Verein schafft in der Kürze der Zeit eine schlagfertige Truppe zusammenzustellen, stehen die Chancen auf ein paar Siege mehr ungleich besser.
Natürlich darf die Zweitklassigkeit nicht zum Dauerzustand werden und natürlich muss der VfB bestrebt sein, möglichst schon nach einem Jahr wieder zurückzukehren. Im ersten Jahr der Zweitklassigkeit sprudeln die Fernsehgelder aufgrund einer Übergangsregelung noch üppiger, auch die Sponsoren bleiben bei der Stange. Daher sind wir zunächst einmal von den finanziellen Möglichkeiten her der FC Bayern der 2. Liga und müssen etwas daraus machen, um nicht Gefahr zu laufen, eines Tages noch weiter nach unten durchgereicht zu werden.
Dafür muss sich der VfB in Rekordzeit runderneuern. Der Aufsichtsrat scheint sich aus Urlaubs- und Zeitgründen und wegen mangelnder sportlicher Kompetenz schwer damit zu tun, einen neuen Sportdirektor zu finden, zumal der Markt der arbeitslosen Sportdirektoren auch nicht gerade üppig ausgestattet zu sein scheint. So ist zu befürchten, dass es mal wieder einer wird, der nicht bei drei auf dem Baum ist. Von Jens Todt und Stefan Kuntz indes halte ich überhaupt nichts, da sie in dieser Position, ähnlich wie Robin Dutt, noch nichts Weltbewegendes vorzuweisen haben und überwiegend auf ihre bisherigen Vereine reduziert werden würden. Karl Allgöwer, der in diesem Zusammenhang auch genannt wurde, sähe ich eher als neuen Präsidenten, als Vereinsrepräsentanten, der, wenn nötig, auf den Tisch haut und stets den Finger in die Wunde legt. Für einen Sportdirektor war er zu lang raus dem Fußballgeschäft. In dieser Position könnte ich mich eher mit einem wie Jens Lehmann anfreunden, der sich selbst jedoch wohl mehr als Trainer sieht.
Auch Horst Heldt ist wieder auf dem Markt und damit automatisch im Gespräch. Bei seiner Personalie bin ich zwiegespalten. Er wäre mir zwar noch lieber als einige der anderen Kandidaten, aber, unter ihm wurden eben auch viele Gelder verbrannt, zudem lag er auf Schalke bei der Trainerwahl auch meist daneben.
Wo auch immer die Reise hingeht und welche Köpfe noch rollen werden, der VfB hat die große Chance für einen radikalen Neubeginn und sollte diese nutzen. Daher gilt es jetzt den Verein zukunftsfähig aufzustellen, alte Zöpfe abzuschneiden und mit Karacho zurückzukommen. Die Zweitklassigkeit bietet nicht nur die Chance, eine erfolgshungrige Mannschaft aufzubauen, auch der aufgeblähte Personalapparat um die Mannschaft herum könnte auf Zweitligaverhältnisse zurückgefahren werden. Uns wird immer eingebläut, wie eng der Gürtel zu schnallen ist, doch, bei sich selbst anzufangen, daran denkt der Verein nicht.
Ich frage mich öfter, womit sich diese „Mannschaft“ diesen Luxus, der ihr geboten wird, verdient hat. Weshalb lässt man diese traurigen Affen von Absteigern nach dem Spiel in Wolfsburg per Charterflug in die Heimat zurückbringen und setzt sie nicht zu uns in den Partyzug, dass sie ein jeder mal kurz her beleidigen kann und sie sich es das nächste Mal (das es selbstredend jetzt nicht mehr geben wird) genau überlegen, ob sie noch einmal so leidenschaftslos auftreten und sich aufgeben wie zuletzt?
Müssen es immer 5-Sterne-Wellnesstempel sein, wo er komplette VfB-Tross absteigt oder ist nicht gerade jetzt in der 2. Liga die Möglichkeit gegeben auch die eigenen Ansprüche herunterzufahren. Wenn ich mich recht entsinne, nächtigte Eintracht Braunschweig beim Pokalspiel im Dezember in einem Hotel der Holiday Inn Express Kette. Ich hoffe es sehr, dass diese Kategorie in der 2. Liga dann auch ihren Ansprüchen genügt und sie ihrem Leben in Saus und Braus im Unterhaus ein Ende setzen.
Warum muss ein Spaß-Trainingslager auf Mallorca her, wenn die Sportschule Ruit vor den Toren Stuttgarts liegt? Die 2. Liga schafft dem VfB die Möglichkeit, kleinere Brötchen zu backen und zurück zu einer Leistungskultur zu kommen. Die Wohlfühloase muss endlich der Vergangenheit angehören, das alte Motto „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ muss Bestandteil einer Vereinsphilosophie sein, mit der sich Otto Normal-Fan auch identifizieren kann.
Nach erreichtem Klassenerhalt hätte man ja gerne zur Saisonabschlussfahrt nach Mallorca, meinetwegen auch in ein Golf-Ressort, aufbrechen dürfen, aber nicht einmal das wäre noch zustande gekommen, hatten wir es doch mit keiner Mannschaft im eigentlichen Sinne zu tun. Nach dem letzten Spiel und der Landung in Stuttgart sind wohl alle getrennt von dannen gezogen, kein Saisonabschluss mit den (alten) Kollegen mehr, eine Tatsache, die auch Bände spricht, wie es um den Teamgeist bestimmt war.
Die 2. Liga ist auch eine Chance für die Fanszene, neu zu einander zu finden. Es wird zwar nach außen stets Einigkeit demonstriert und durch den Fanausschuss auch dieselbe Sprache nach außen transportiert, bei näherem Hinsehen aber bestehen doch tiefe Gräben.
Wenn schon, wie gegen Mainz und auch in Wolfsburg, eigene „Fans“ aufeinander losgehen, verstehe ich die Welt nicht mehr. Ich hoffe, dass sich im Unterhaus wieder die Spreu vom Weizen trennen wird und jene zuhause bleiben, die mit ihrem Frust rund um den Fußball nicht umgehen können und ein Ventil für ihre eigene Unzufriedenheit suchen.
Angst und bange kann es einem dabei schon jetzt vor den Duellen gegen den KSC werden. Ich komme aus einer Zeit, in der man in den 80ern bis weit in die 90er hinein, sich noch mit VfB-Trikot frei in Karlsruhe bewegen konnte und man keine Probleme bekam, wenn man es nicht auf Ärger abgesehen hatte.
Heutzutage, wo die Fanszenen beider Lager von spätpubertären Gruppen dominiert werden, ist man selbst als Allesfahrer schon fast am überlegen, ob man sich der Gefahr, vor allem im Wildpark, noch aussetzt.
Bereits 2009, beim letzten Aufeinandertreffen in der Bundesliga, gab es vor dem Stadion bürgerkriegsähnliche Zustände, die mit Fußball meiner Auffassung nach nichts zu tun haben. Rivalität und Frotzeleien gehören zum Fußball dazu, wenn jedoch Leib und Leben gefährdet sind, hört der Spaß auf. Leute, die Feuerwerkskörper in die Menge hineinschießen, wie 2009 geschehen, sind kriminelle Straftäter, die aus dem Verkehr gezogen gehören, sowie alle anderen, die auf normale Leute losgehen, nur weil sie einen Schal tragen, der ihnen nicht passt.
Die 2. Liga wird einige hochbrisante Duelle für uns zu bieten haben, sportlich und von den Fanszenen her interessant, aber eben auch, vor allem bei Spielen bei Dunkelheit, nicht ganz ohne. Dennoch freue ich mich riesig drauf und warte nun zunächst einmal gespannt auf die Weichenstellungen in die Zukunft, die Bekanntgabe des Sommertrainingslagers und auf das Erscheinen des Spielplans, damit man endlich wieder planen kann.
Ich wünsche allen eine schöne Sommerpause und eine erfolgreiche Europameisterschaft, für wen auch immer ihr mitfiebert. Da sich beim VfB die Meldungen in den nächsten Wochen (hoffentlich) überschlagen werden, melde ich mich natürlich zwischendurch auch noch zu Wort.
Eine neue Liga ist wie ein neues Leben oder auch WIR spielen in einer anderen Liga. Ich habe den VfB in den letzten Jahren öfter mit dem todkranken Patienten verglichen, bei dem niemand bereit ist, endlich den Stecker zu ziehen.
Nun ist es geschehen, nun ist es, wenn auch traurige, Gewissheit. Der VfB war die längste Zeit erstklassig und hat (endlich) geschafft, worauf jahrelang und ungebremst drauf zu gesteuert wurde. Machen wir das Beste draus, beten wir, dass auch der Verein das Beste draus macht und wir eines Tages tatsächlich resümieren können, dass dieser Abstieg das Beste war, was uns passieren konnte.