Neues Jahr, alte Probleme. Ging ich vor dem Spiel gegen Mainz seit langem mal wieder optimistisch aus dem Haus und ins Stadion, kehrte die Ernüchterung schneller ein, als man überhaupt in der Rückrunde angekommen war.
Die Neuzugänge, die dem VfB-Spiel Wucht verleihen sollten, die Rückkehr der meisten Rekonvaleszenten, sowie die Möglichkeit für Markus Weinzierl, das Team im Trainingslager länger beisammen zu haben, Fitnessdefizite aufzuarbeiten und Automatismen erarbeiten zu können, machte mir Hoffnung, dass wir gegen Mainz erstmals „sein“ Team sehen würden, nachdem er in der Vorrunde die Missstände lediglich verwalten musste und sich die Mannschaft fast von selbst aufstellte. Keine der Niederlagen unter Weinzierl machte ich bislang am Trainer fest, kam er doch zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt und übernahm einen völlig desolaten, kaputt trainierten und verunsicherten Haufen.
Dass die Zügel deutlich angezogen wurden erkannte man an der disziplinarischen Maßnahme, weshalb Donis nicht im Kader des Testspiels gegen Utrecht stand und dass auch Maffeo und Borna Sosa vom Bannstrahl des Trainers getroffen wurde.
Donis fiel wiederholt durch Undiszipliniertheiten auf und muss sich somit an die eigene Nase fassen, wenn er immer wieder außen vor ist. Im Mannschaftssport ist es wichtig, dass man sich an Regeln hält, Punkt! Maffeo wiederum soll im Team völlig isoliert sein, nicht einmal den Kontakt zu den spanischsprachigen Kollegen pflegen, außerdem prangert Weinzierl dessen Leistungsbereitschaft an, so dass sich noch diesen Winter die Wege mit dem bis vor kurzem teuersten Einkauf der Vereinsgeschichte trennen könnten.
Wäre noch Borna Sosa, der den Vorschusslorbeeren, die ihm vorher eilten noch nicht gerecht wurde und am Samstag gar mit falschem Schuhwerk auflief, was Weinzierl so erzürnte, dass er ihn zur Pause in der Kabine ließ. Schlamperei und Dilettantismus, wohin das Auge reicht!
Dass die Mischung im Kader und das Verhältnis zwischen sehr jung und sehr alt nicht ausgewogen genug war, zumindest bis zur Verpflichtung von Esswein und Zuber, wusste man, nun aber stellt es sich so dar, dass ein Teil des Teams aus hochveranlagten Rotzlöffeln besteht, während der andere Teil aufgrund der derzeitigen Leistungsfähigkeit nicht in die erste Elf gehören würde, dort aber steht, weil er sich in der Gruppe tadellos verhält. In dieser „Mannschaft“ stimmt es vorne und hinten nicht.
Körpersprache und der unbedingte Siegeswillen sind beim Einlaufen schon nicht zu erkennen, die aufgesetzte Island-Kopie vor den Spielen kann sich das Team sparen, wenn es ohnehin schon die Hosen gestrichen voll hat. Die Fans müssen nicht angestachelt werden, Leistung zu bringen, wenn sie irgendwo stimmt, dann da. Entscheidend ist auf dem Platz und dort stellte man nur kurz einen Unterschied zwischen dem Schalke-Spiel und dem propagierten Neubeginn fest.
Nach den übermittelten Bildern aus La Manga und den geschilderten Eindrücken der Journalisten, die vor Ort waren, war die Hoffnung da, in der Rückrunde einen anderen VfB zu erleben. Zumindest über die Außen sollte mehr gehen, Mario Gomez besser in Szene gesetzt werden und nicht zuletzt er selbst hat ja angekündigt, uns zum Klassenerhalt zu schießen. Dass das grundsätzliche Problem, nämlich dass uns ein spielstarker zentraler Mittelfeldspieler fehlt, der das Spiel lesen, schnell machen, beruhigen kann, je nach Situation und vor allem unabhängig vom Spielstand, nicht behoben wurde, könnte uns, sollte Reschke weiterhin keinen Handlungsbedarf sieht, noch teuer zu stehen kommen. Ich bleibe dabei, dass mir spontan kein Team in Europa einfällt, welches einen ähnlich lahmarschigen und uninspirierten Fußball spielt wie der VfB.
Da man einen Christian Gentner jedoch nicht hinterfragt, sich kein Trainer, der mitten in der Saison kommt, getraut, den Kapitän herauszunehmen, im Gegenteil, man wohl ernsthaft über eine Vertragsverlängerung nachdenkt, wird sich beim VfB von der Spielweise her wohl in den nächsten Jahren nicht allzu viel ändern.
Auch wenn sämtliche Statistiken des Spiels für den VfB sprechen, auch wenn der VfB am Ende dem Remis ganz nah war, war der Auftritt über weite Strecken indiskutabel.
Lediglich zu Beginn merkte man, dass Weinzierl den Seinen einen Plan mitgegeben hatte und hatte den Eindruck, jeder wisse, was die Stunde geschlagen hat und was zu tun ist. Kleinigkeiten genügen dann jedoch, das fragile Gebilde zum Einsturz zu bringen.
Nachdem die Mainzer die Anfangsnervosität abgelegt hatten und schnell und zielstrebig begannen nach vorn zu spielen, dauerte es nicht lang, bis man zurücklag und das Unheil seinen Lauf nahm. Deutliche Parallele zur Vorrunde, ein Gegentor genügt, dass Nummer 1 bis 11 auf dem Platz nur noch kopflos herum irrt und jeder nur mit sich selbst beschäftigt ist. Wir haben kein Team, in dem einer für den anderen da ist, sondern elf Einzelspieler, von denen sich zu viele hängen lassen. Das ist Einstellungssache, so dass in erster Linie die Spieler gefragt sind, sich zusammenzuraufen und aus dem Sumpf zu ziehen.
Die Abwehr ein einziger Hühnerhaufen, das Mittelfeld zu statisch und ein Sturm nicht vorhanden. Wie man sich exemplarisch beim zweiten Gegentor trotz numerischer Überzahl von einem (!) Mainzer herspielen ließ, spottete jeder Beschreibung. Ein solches Abwehrverhalten, drei Gegentore selbst gegen die Karnevalisten von Mainz 05, waren einmal mehr nicht bundesligatauglich.
Statt das Kardinalproblem des VfB im Mittelfeld zu beheben, beglückte uns der Perlentaucher letzte Woche mit dem nächsten Rekordeinkauf der Vereinshistorie. Tja, seit der Ausgliederung wird halt geklotzt statt gekleckert und vorzugsweise der zweite vor dem ersten Schritt getan.
Nicht dass ich den Kauf von Ozan Kabak an sich verurteile und den Stab über einen Spieler breche, den ich noch nie habe spielen lassen. Für mich ist aber der Zeitpunkt verkehrt und birgt die große Gefahr, den Jungen jetzt schon zu verheizen.
In Baumgartl, Badstuber, Kempf, Pavard und Aidonis haben wir doch eigentlich genügend Innenverteidiger, als dass auf dieser Position Handlungsbedarf bestünde.
Ob es da nicht vernünftiger gewesen wäre, den Jungen gleich wieder für ein halbes Jahr an Galatasaray zu verleihen, um ihm im Sommer einen von der sportlichen Situation losgelösten Start zu ermöglichen?
Für wen soll er denn spielen? Egal, wen er verdrängt, der Druck, der als Rekordeinkauf auf ihm lastet, wird immens sein. Ob er mit seinen 18 Jahren diesem standhält, erst recht, sollte er einmal spielentscheidend patzen? Wie reagiert dann derjenige, der für ihn weichen musste? Oder möchte man ihn womöglich, wie schon viele vor ihm, wochen- und monatelang behutsam aufbauen, so lang, bis er die Lust verliert und mit dem VfB abschließt, ehe er richtig angekommen ist?
Hier holt man sich für mein Empfinden neues Konfliktpotential ins Haus und macht unter Umständen ein völlig unnötiges Fass auf, gerade so, als ob wir nicht schon genügend Baustellen zu beackern hätten. Wiederum, Michael Reschke ist ja, seit er hier Dienst tut, dafür bekannt, kein Fettnäpfchen auszulassen.
Bei dieser Konstellation hoffe ich inständig, dass bei den Bayern noch vor Ende der Wechselfrist Handlungsbedarf im Defensivbereich aufkommt und Pavard sofort nach München wechselt, während bei Holger Badstuber ein Wechsel (vorerst) vom Tisch sein dürfte.
Nachdem Reschke vorgeprescht war und ihn öffentlich zum Verkauf angeboten hatte, musste er inzwischen zurückrudern, weil Badstuber und sein Berater überhaupt nicht daran denken, den VfB zu verlassen und dabei womöglich auf Geld zu verzichten.
Völlig legitim von Badstuber und eine Ohrfeige für Reschke, der sich durch seinen offenbar mit Niemandem abgestimmten Vorstoß äußerst unprofessionell und vereinsschädigend verhalten hat. Dies deshalb, weil ein solches Vorpreschen meist den Preis empfindlich drückt und man am Ende wohl ein Vertragskonstrukt wie einst bei Ibišević an der Backe haben könnte.
Mir kommt Holger Badstuber sowieso zu schlecht weg beim VfB und wird in meinen Augen auch von vielen Fans zu schlecht behandelt und aufs Übelste beleidigt. Dass er ein guter Spieler ist, ist bekannt, dass die Fehler, die er in den ersten Spielern machte, seines nicht würdig sind, sollte auch bekannt sein. Diese werden ihn am allermeisten ärgern, ihn deshalb aufs Abstellgleis zu stellen, halt ich für ungerecht, hat er doch in der letzten Saison gezeigt, wie wertvoll er für den VfB sein kann. Ich denke, da passt es zwischenmenschlich mit der Clique um Beck, Aogo, Gentner nicht, die lieber ihren Buddy Baumgartl auf dem Platz sehen als Badstuber.
Vielleicht passt es ihnen ja auch nicht, dass Badstuber mit der Wellnessoase auf dem Wasen nichts anfangen kann und hungrig und verbissen genug ist, sich mit Minimalisten-Fußball nicht zufrieden zu geben. Vielleicht ist ihnen sein Ehrgeiz zu groß, weil er nach Niederlagen schon mal ungenießbar werden kann (wie es sich für einen Sportler im Allgemeinen gehört)?! Solche Typen bräuchte es mehr beim VfB, aber, als Traditionsverein pflegt man eben auch nicht so schöne Traditionen, nämlich jene, dass seit Jahren Spieler und Verantwortliche gehen müssen, die ernsthaft vorhaben, den VfB besser zu machen.
Der Sturm indes war gegen Mainz über weite Strecken mal wieder nicht vorhanden. Mario Gomez kann einem schon leidtun. Seines Alters geschuldet erspielt er sich seine Torchancen nicht mehr wie früher selbst, sondern ist auf Flanken angewiesen, auf die man beim VfB lange warten kann. Ihm fehlt nach wie vor ein Partner, wie es Daniel Ginczek in der Rückrunde der vergangenen Saison gewesen ist, ein Bulle, der Räume für ihn schafft. Da Gomez derzeit auch nicht den frischesten Eindruck macht, sollte Weinzierl ihn mal von der Bank bringen und stattdessen González von Beginn an.
Nach seinen Toren gegen Schalke und jetzt gegen Mainz ist womöglich der Knoten bei ihm geplatzt, auch wenn die Kisten nur noch Ergebniskosmetik bedeuteten. Ob Gomez, wie Gentner, eine vermeintliche Stammplatzgarantie hat und dem Trainer die Hände gebunden sind, vermag ich nicht zu beurteilen, den Eindruck bekommen könnte man aber. Unabhängig von González als möglichem Gomez-Ersatz hoffe ich, dass Reschke bis Ende Januar noch einen Stürmer, der sofort weiterhilft, verpflichtet.
Erschreckend war am Samstag erneut, dass es lange kein Aufbäumen gab und nur am Schluss, auch durch die Einwechslung von Donis, plötzlich und aus heiterem Himmel Leben in der Bude war.
Nach den beiden Treffern traf Donis noch den Pfosten und es gab den Videobeweis, wegen eines vermeintlichen Handspiels. Klar, der eine Schiri gibt ihn vielleicht, der andere nicht, ein Grund zu lamentieren ist diese für mich richtige Entscheidung nicht.
Ich bin ohnehin kein Freund der heute praktizierten Handspielregel, wo sich ein Jeder daran ergötzt, wenn einem Spieler der Ball irgendwie, und wenn aus 5m scharf angeschossen, an die Hand springt. Als ich Fußball-Fan wurde gab es beim Handspiel ausschließlich folgende Möglichkeiten: „Angeschossen“, gab keinen Elfer, „absichtliches Handspiel“ und „Hand ging zum Ball“, dann wurde Elfer gepfiffen.
Damals herrschte weitestgehend Klarheit. Damit hätte es man belassen sollen, war die Regel doch zum einen für jeden verständlich, zum anderen auch gerecht. Ich hätte mich nicht wirklich darüber freuen können, hätte der VfB durch eine solch glückliche Fügung den unverdienten Ausgleich geschafft und die Mainzer um den verdienten Lohn gebracht. Nach dem 0:3 war für mich der Käs gegessen.
Da bin ich meinetwegen Oldschool und Gerechtigkeit wäre mir wichtiger gewesen, als ein geschenkter Punktgewinn. A propos Oldschool, VfB, die permanenten Werbemails zur Unzeit könnt Ihr Euch sparen, mich machen sie nur noch aggressiv.
Allgemein gehört die Socialmedia-Abteilung hinterfragt, einen Claim nach dem anderen raushauen und nach einem Grottenkick noch titeln „für Aufholjagd nicht belohnt“ worden zu sein. Die einzigen, die nicht belohnt wurden, sind wir Fans, zumindest jene, die bis zum Schluss bei Eiseskälte ausgeharrt haben. Dafür hätte ich mich gerne mit einem Glühwein To Go belohnen lassen.
Tabellarisch hat sich am Wochenende nicht viel geändert, außer dass es eben „nur“ noch 16 Spiele sind, in denen es den Klassenerhalt klarzumachen gilt. Geht es nach Timo Baumgartl sind es gar nur 15, hat er doch schon im Vorfeld das Bayern-Spiel als Bonus-Spiel bezeichnet.
An Stelle von Markus Weinzierl würde ich im Laufe dieser Woche die Charakterfrage stellen und mir, sofern es so viele werden, die elf Spieler herauspicken, die NICHT nur nach München fahren, um die Niederlage in erträglichen Grenzen zu halten.
Als Sportler sollte man in jeden Wettkampf, in jedes Spiel gehen mit dem Vorhaben sein Bestes zu geben und danach zu schauen, was dabei herauskommt. Mit einer derartigen Mentalität jedoch, sei es Baumgartl in Bezug auf das Bayern-Spiel oder Gentner in der Vorrunde (gegen Mainz muss man nicht gewinnen) ist es nicht verwunderlich, wie der VfB da steht und vor allem, dass, wenn das Erwartete, nämlich ein Gegentor, eintritt, alle Dämme brechen und man sang- und klanglos untergeht und sich kaum einer dagegen stemmt.
Der Wind wird spürbar rauer auf dem Cannstatter Wasen. Das „schwierige Umfeld“ brodelt, wird ungeduldig und fragt sich, ob das der Erfolg sein soll, den Dietrich und seine Schergen so großmäulig versprochen hatten. Es setzte Pfiffe ob der Darbietung und „Dietrich raus“ Rufe, nun scheinen es auch langsam die Ausgliederungsbefürworter zu begreifen, dass mehr Geld nicht gleich mehr Erfolg bedeutet. Die Mittel müssen schon auch vernünftig eingesetzt werden, und nicht dafür, alternden Ex-Größen lukrative Rentenverträge zu verschaffen.
Stöbert man in den einschlägigen Foren, stellen die Ersten schon wieder Markus Weinzierl in Frage. Dagegen wehre ich mich, auch wenn ich mit seinen Aufstellungen nicht immer einverstanden bin und vor allem es nicht verstehe, dass er sich an die größte Baustelle im Kader nicht heran wagt.
Und doch hat er es weiterhin nicht leicht mit einem (selbst)überschätzten Kader und einem Sportvorstand, der „seinen“ Trainern meint Ratschläge in Sachen Aufstellung und spielerischer Ausrichtung erteilen zu müssen. Bevor der nächste Trainer dran glauben muss, muss Reschke weg.
Dass der VfB nicht schon tiefer im Abstiegs-Schlamassel steckt, hat man einzig und allein der Unfähigkeit vom 1. FC Nürnberg und von Hannover 96 zu verdanken. Dank derer halte ich den direkten Abstieg noch immer für fast ausgeschlossen, so dass die Chancen auf den Klassenerhalt nach wie vor gut sind.
Zudem ist es auch noch verfrüht für Panikmache nach gerade einem Rückrundenspiel, wenngleich natürlich die Alarmglocken schrillen müssen und man keine Spiele mehr zum Verschenken hat.
Den Auftakt haben wir in den Sand gesetzt, jetzt gilt es, in München an sich zu glauben und seine Chance zu suchen. Dass die Bayern defensiv verwundbar sind, hat man des Öfteren im Laufe dieser Saison gesehen, warum sollte der VfB nicht jetzt damit anfangen, auch mal gegen einen Großen zu punkten. 14 Punkte sind erbärmlich, zwei Niederlagen gegen Mainz ebenso, gerade deshalb müssen die Protagonisten nach München fahren, um sich dort die verlorenen Punkte zurückzuholen.
Wenn wir dann am Sonntagabend nach Hause fahren und das Gefühl dabei haben, die Mannschaft habe alles versucht und wurde eben von den Bayern niedergerungen, könnte man darauf aufbauen. Mit Darbietungen jedoch, wie wir sie in der Saison zuhauf gesehen haben, ist jedoch das Schlimmste zu befürchten. Daher sind gerade jetzt Charakterköpfe gefragt und keine Schisser, ich hoffe, Weinzierl findet überhaupt welche!