Nach der überragenden Aufholjagd gegen Leverkusen und dem Wissen darüber, doch noch Torgefährlichkeit und Esprit entwickeln zu können und dabei sogar auch noch Buden zu machen, ging es eine Woche später ins Frankfurter Waldstadion.
Das Waldstadion ist eines dieser Stadien, das durch die Umbauten zur WM 2006 in ein reines Fußballstadion um einiges schöner geworden ist. Dort fahre ich immer gern hin, genügend Gastronomie drum herum und kurze Wege vom Busparkplatz zum Gästebereich.
Nach einigen kleineren und größeren Scharmützeln mit den Frankfurtern in der Vergangenheit, könnte man annehmen, das Spiel würde zum Hochsicherheitsspiel erklärt und die beiden Fanlager würden strikt getrennt werden. Nichts von alledem: kaum aus dem Busparkplatz raus, schon kreuzen sich die Wege zwischen Eintrachtlern und VfBlern. Selbst der Gästebereich im Stadion ist nicht strikt von den Frankfurter Fans in unserer Kurve und denen auf der Gegengerade getrennt. Ganz zu schweigen von den Imbiss- und Getränkebuden direkt vor dem Stadioneingang, wo sich die Fans gemeinsam auf das Spiel einstimmen.
Wie jedes Mal, wenn ich auswärts fahre, sind zwar meine sämtlichen Antennen ausgefahren, Ärger hatte ich in Frankfurt aber schon lange nicht mehr. Früher gab es das eine oder andere Spiel, als Frankfurter „Fans“ den Schwaben im Wald auflauerten und man am besten zusah, dass man Land gewinnt, diese Zeiten aber sind schon lange vorbei. Genauso im Übrigen wie jene aus den 80er-Jahren, als eine intensive Fanfreundschaft mit der Eintracht gelebt und gepflegt wurde. Spätestens aber 1992, als wir der Eintracht die sicher geglaubte Meisterschale in der 86. Minute des letzten Spieltags noch entrissen haben, spätestens seit dem war es vorbei mit der Freundschafts-Herrlichkeit.
Wir lagen mit dem Bus einmal mehr super in der Zeit, so dass es noch ein paar Kaltgetränke am Bus reichte, bevor wir uns in Richtung Stadion begaben. Schnell die Einlasskontrollen passiert, wie erwartet ohne Probleme. Frankfurt ist eines der ganz wenigen Stadien, das in seiner Stadionordnung überhaupt keine Restriktion bezüglich der Fotoausrüstung aufgeführt hat, so dass hier mit keinen dummen Fragen und kritischen Blicken zu rechnen war. Da diese Prozedur so schnell vonstattenging, reichte es noch ein „Schnelles“, während immer mehr Bekannte auftauchten und man sich über das zu erwartende Spiel austauschen konnte. Tenor war, Leverkusen muss Auftrieb geben, Frankfurt ein gutes Pflaster, Veh kennt die Eintracht, also, was sollte eigentlich schief gehen?
Mein Präsident vom Fanclub machte es möglich, Oberrang, Reihe 1, Platz 1, wie von mir gewünscht. So konnte ich direkt auf unseren Block fotografieren, diesen zwar von hinten, habe aber natürlich niemanden vor mir und somit freien Blick auf Block und Spielfeld. In manch einem Stadion bin ich mit dieser Denke zwar schon hereingefallen und saß direkt hinter einer fetten zerkratzten Plexiglasscheibe, in Frankfurt wusste ich aber, dass es dort keine gibt. Platz 1 auch immer gut, zumindest, wenn die Nummern aufsteigend und nicht absteigend in den Block gehen. Meinem Präsi, der sich immerhin um die Belange von weit über 900 Mitgliedern kümmern muss, gehe ich mit diesen Extrawünschen zwar das eine oder andere Mal auf den Sack, andererseits, wenn ich mir schon eine teure Karte leiste, sollte diese auch einen Mehrwert mit sich bringen, sonst könnte ich gleich in den Stehbereich gehen.
Wie jedes Mal, wenn ich die Stufen hinaufsteige und sich vor mir das Stadioninnere mit seinen voll besetzten Tribünen entfaltet, setzt das besondere Kribbeln ein, das ein Couch-Fußballfan einfach überhaupt nicht nachempfinden kann. Besonders geil ist es dann, wenn, wie am Samstag ein zahlenmäßig beachtlicher Auswärts-Mob aufgeboten wird. Gut 4.000 Schwaben fanden den Weg nach Frankfurt. Natürlich ist die Begegnung mit der Eintracht immer auch ein Spiel, wo Leute hinfahren, die sonst eher selten auswärts anzutreffen sind. Für einen Trip in die Mainmetropole spricht die Stadt, reine Männer-Ausflügler zieht es meist in die weltberühmte Kaiserstraße – die Entfernung und dass man in Frankfurt generell gut Party machen kann, tun ihr Übriges.
Bei solchen Spielen ist die Anzahl derer dann, denen die Tour wichtiger als das Spiel ist, natürlich extrem hoch. So kann es schon mal vorkommen, dass man über die eine oder andere Alkoholleiche stolpert und Leute den Stadionsitz dazu nutzen, Schlaf nachzuholen. Das sind Begleiterscheinungen, die man so hinnehmen muss. Mir ist es eigentlich in all den Jahren noch nie passiert, dass ich von einem Spiel nichts mehr mitbekam, aber, so hat eben jeder seine eigenen Prioritäten.
Zur besten Fußball-Zeit, Samstag 15:30 Uhr, ging es hinein ins Spiel. Der VfB im Vergleich zum Leverkusen-Spiel gleich auf vier Positionen verändert. Bei Vedad Ibisevic wurde ein sich anbahnender Ermüdungsbruch im Fuß festgestellt, weshalb ihm absolutes Sportverbot auferlegt wurde. Heutzutage gibt es Verletzungen, die es zu meiner aktiven Zeit einfach noch nicht gab. Da hat man gespielt, bis eben etwas „gefatzt“ ist. Aber, sei’s drum, gute Besserung, Vedad. Er wird voraussichtlich bis Jahresende ausfallen, so dass es nun gilt diesen „schweren Verlust“ zu kompensieren. Ich bin mir relativ sicher, dass es uns gelingen wird, einen Ersatz aufzubieten, der mehr als das eine Tor zustande bringen wird, mit dem Ibisevic im Kalenderjahr 2014 „glänzte“.
Zudem steigen von nun an die Chancen, dass wir auch tatsächlich zu elft spielen. Vedad gab doch in diesem Jahr vorne nur noch den Alleinunterhalter, hat so gut wie nicht am Spiel teilgenommen und fiel nur dadurch auf, dass er die ohnehin wenigen Angriffe jäh beendete, in dem er sich entweder fallen ließ oder selbst foulte. Durch sein ständiges Lamentieren und Reklamieren ist er bei den Schiedsrichtern unten durch und immer für eine Karte oder sogar eine Tätlichkeit gut. So gesehen, denke ich, schwächt uns diese Verletzung nicht wirklich. Die einzige Frage, die sich in dem Zusammenhang stellt, ist höchstens die, wie man sich einen Ermüdungsbruch zuziehen kann, wenn man weitestgehend herumsteht. Das wiederum fällt in das Fachgebiet der Ärzte, die ihm diese Pause verordneten.
Für mich sieht es eher wie eine Schutzsperre aus, man zieht ihn eben aus dem Verkehr. Sollte an der oft kolportierten vertraglich zugesicherten Stammplatzgarantie etwas dran sein, wäre dies zumindest eine Möglichkeit, den Weg für eine andere Spielphilosophie freizumachen. Der klassische Mittelstürmer hat langsam ausgedient, bei der WM war es so zu beobachten, unser Ex-Manager aber hat noch schnell den Vertrag, zu verbesserten Konditionen versteht sich, verlängert. Das versteht außer ihm wohl keiner!
Auch Leitner musste verletzt passen, zudem blieben Werner und Rüdiger zunächst einmal auf der Bank. Stattdessen rückte Harnik an Stelle von Ibisevic in die Sturmspitze, Maxim und Kostic, die gegen Leverkusen frischen Schwung brachten, rückten ebenso ins Team wie Sakai, der noch gegen Leverkusen nach seinen Länderspielstrapazen auf der Bank Platz nehmen musste.
Die größte Überraschung aber war, dass Sercan Sararer in der Startformation stand. Jener Sararer, der vor der Saison zusammen mit Raphael Holzhauser zu den Amateuren verbannt wurde, weil Armin Veh mit einem kleineren Kreis von Spielern arbeiten wollte. Jener Sararer, der in der letzten Saison kein einziges Spiel von Beginn an bestreiten durfte kam wie Phönix aus der Asche und veranstaltete einen ordentlichen Wirbel.
Sein gutes Spiel überraschte mich nicht. Schon beim Trainingslager im Zillertal hatte ich den Eindruck, es könnte seine Saison werden. Zwar war schon damals festzustellen, dass er (noch) nicht Vehs erste Wahl war, doch, jedes Mal, wenn er eingewechselt wurde, probierte er einiges und bestach durch seine Technik und auch den Willen noch etwas im Spiel zu bewegen. Daher dachte ich eigentlich, erst recht nach der Leihe von Marco Rojas zu Fürth, dass er erster Backup für Martin Harnik auf rechts werden könnte. Ich fand es äußerst schade, dass er, zu dem Zeitpunkt als Harnik schwächelte und auf der Bank saß, schon zu den Amas degradiert war, wer weiß, vielleicht wäre schon da seine Zeit gekommen. So aber fand ich es sehr mutig von Veh, ihn zurückzuholen und ihn auf Anhieb auch ins kalte Wasser zu werfen.
Das gefällt mir an Armin Veh, es kann sich keiner sicher fühlen und auf der anderen Seite bekommt jeder eine Chance, der sich aufdrängt. So entstehen automatisch Anreize, Gas zu geben und sich nicht auf vergangenen Lorbeeren auszuruhen.
Waren die Formationen in den letzten Jahren eher als starr zu bezeichnen, überrascht uns (und die Gegner) Veh im Herbst 2014 Woche für Woche aufs Neue. Ich bin mir nach wie vor sicher, dass es Armin Veh in seiner zweiten Amtsperiode schaffen wird, dem VfB seinen Stempel aufzudrücken und er uns aus der Talsohle herausführen wird.
Wer gedacht hatte, eine emotionale Steigerung zu Leverkusen wäre nicht möglich, wurde am Samstag eines Besseren belehrt. 1:0, 1:1, 1:2, 1:3, 2:3, 3:3, 4:3, 4:4, 4:5!!!!! Ein Wahnsinn, der den knapp 50.000 in einem denkwürdigen Spiel geboten wurde. Selbst ich als vergleichsweise alter Hase kann mich an ein solches Spiel mit diesen ständigen Führungswechseln nicht erinnern. Ein Gefühlschaos sondersgleichen. Zuversicht, Ernüchterung, Jubel, Jubel, Jubel, Erleichterung, leichtes Schlucken, wieder Ernüchterung, Entsetzen, Hoffnung bis schließlich zum kollektiven Ausflippen beim Siegtreffer sowie beim Schlusspfiff. Doch, von Anfang an:
Der VfB kam sehr gut ins Spiel, überbrückte das Mittelfeld variabel, durch die permanenten Positionswechsel von Kostic, Maxim und Sararer spielte der VfB die Frankfurter schon zu Beginn schwindelig.
Schnell kam der VfB zu seinen ersten Chancen, war aber im Abschluss (noch) zu fahrig. Dann kam es, wie so oft in den letzten Jahren. Erste Ecke der Eintracht, erster Torschuss und schon lagen wir zurück. Klein verlängerte die Ecke unglücklich an den langen Pfosten, wo Seferovic erst die Latte traf und schließlich Madlung zum 1:0 abstauben konnte. Der VfB aber, gestählt von der Aufholjagd gegen Leverkusen, ließ sich nicht beirren und übernahm sofort wieder das Kommando.
Sararer und Kostic hatten gute Einschussgelegenheiten, ehe Harnik in der 34. Minute endlich den Bann brach. Etwas glücklich und mit „Bande“ von Romeu stark abseitsverdächtig angespielt, schob er die Kugel an Wiedwald vorbei in die Maschen. Ich gebe es zu, komisch sah das schon aus, da sich selbst die Schiedsrichterkoryphäen Merk und Fandel nicht einig darüber sind, ob es abseits war oder nicht, braucht man schon einmal dem Schiri keinen Vorwurf machen und wir brauchen uns ob des Tores nicht zu entschuldigen.
Der vielumjubelte Ausgleich war da, das Ergebnis auf null gestellt, was mir die vermeintliche Gelegenheit eröffnete, beruhigt die Toilette aufzusuchen. Denkste, kaum hatte ich mit der natürlichen Bierentsorgung begonnen, brandete erneut Jubel auf. Da die Akustik in einem Stadion nicht immer Rückschlüsse zulässt, auf welcher Seite das Tor gefallen war, wartete ich zunächst einmal ab, ob die Frankfurter Torhymne abgespielt werden würde, ehe ich mir sicher sein konnte, ob wir führen.
Das wäre mir aber spätestens dann klar gewesen, als ein mir nicht bekannter VfBler hereinkam und mich fast umriss vor lauter Freude, zum Glück war ich in diesem Moment schon so gut wie fertig!
Danach brachte der VfB die Führung relativ locker in die Halbzeit, so dass die Halbzeitanalyse am Bierstand zwar zufrieden ausfiel, wir uns aber alle einig waren, dass das Spiel eigentlich schon entschieden sein müsste und wir tunlichst den vermeintlichen Todesstoß mit einem 3:1 setzen müssten. Gesagt, getan! Gute fünf Minuten nach Wiederbeginn, der VfB stürmte nun in Richtung VfB-Block, erzielte Gentner mit einem tollen Schlenzer nach Doppelpass mit Maxim das 3:1. Ein wunderschönes Tor meines „speziellen Freundes“, das Ding war durch, zumal Sararer in der 56. Minute das 1:4 auf dem Fuß hatte. Der VfB zelebrierte den Fußball wie schon lang nicht mehr, was sollte da noch schief gehen.
Einiges! Eine Minute später kam Frankfurt zum Anschlusstreffer, acht Minuten später führte die Eintracht 4:3. Vor dem 3:3 wollte Veh noch auf den Halbzeitwechsel der Eintracht, als Aigner gekommen war, reagieren und Rüdiger zur Stabilisation einwechseln. Zu spät, just dieser Aigner ließ unsere „Abwehr“ wie Slalomstangen stehen und markierte das 3:3.
Da auch noch Kirschbaum patzte und Madlungs Kopfball unter seinem Körper hindurchrutschte, war das Unfassbare eingetreten. Binnen acht Minuten einen Zweitorevorsprung verspielt, wo gibt’s denn sowas?
Die Eintracht obenauf, wir VfB-Fans verstanden die Welt nicht mehr. Zum Glück stand am Samstag eine Mannschaft auf dem Platz, die das Siegergen eingeimpft hatte und sich dagegen stemmte, sich die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Nach schönem Pass von Schorsch Niedermeier in den Lauf des eingewechselten Timo Werner, vollendete dieser gekonnt zum 4:4. Auch hier sah der Torwart nach meinem dafürhalten nicht gut aus. Sei’s drum, pari, was die Torwartfehler anging. Aber auch noch das 5:4 ging auf die Kappe des Trapp-Vertreters Wiedwald, als er eine Freistoßflanke von Kostic direkt vor die Füße von Gentner abklatschte und dieser zum 4:5 abstaubte.
Doppeltorschütze Gentner, der schon beim legendären 4:4 in Dortmund das letzte Tor erzielte. Spiele, die sich zu solchen ohne taktische Zwänge entwickelt haben, scheinen ihm also besonders zu liegen.
Sechs Minuten plus Nachspielzeit mussten noch überstanden werden, um den hochverdienten Sieg auch tatsächlich feiern zu können. Die rote Karte für Seferovic nahm ich im Stadion ehrlich gesagt überhaupt nicht richtig wahr, doch auch zu zehnt wäre der Eintracht in der 91. Minute fast noch das 5:5 geglückt. Hlousek stoppte Aigner in letzter Sekunde rüde, ich denke, über einen Elfmeterpfiff hätten wir uns nicht beklagen dürfen.
Nach fünf Minuten Nachspielzeit war endlich Schluss, der VfB durfte seinen ersten Auswärtssieg seit dem November 2013 feiern. Sicherlich hochverdient, auch wenn man natürlich über die haarsträubenden Fehler in der Defensive reden muss.
Auch Kirschbaum hatte, um es milde auszudrücken, nicht seinen besten Tag. Im Gesamtpaket, von der Ausstrahlung, dem Antizipieren und deinem fußballerischen Können gefällt er mir besser als Sven Ulreich, dessen Zeit als potentieller Stammtorhüter bei uns hoffentlich vorbei ist. Als Lückenbüßer, als Backup, lasse ich mir Ulle ja noch gefallen, sich als unumstrittene Nummer 1 zu etablieren, dafür hatte er jedoch lang genug Zeit gehabt und diese Chance leider nicht genutzt. Allein eine Ikone und bei vielen Fans beliebt zu sein, genügt eben nicht. Auch die Kastanien, die er für uns schon aus dem Feuer holte, zählen heute nichts mehr. Es zählt das hier und heute und da muss man ganz klar sagen, dass Ulle schlechter und ein Nervenbündel geworden ist. Lieber habe ich einen Typen, wie es Jens Lehmann einer war, im Kasten, der zwar nicht Everybody‘s Darling war, bei dem man sich aber nie sorgen musste, zumindest in sportlicher Hinsicht nicht.
Es war klar, als Veh kam, dass er unbequeme Entscheidungen treffen muss, möchte er den Bock umstoßen. Nur durch Handauflegen kann keine Besserung eintreten, es müssen schließlich vier schlechte Jahre aufgearbeitet werden, wobei man automatisch zu den Protagonisten kommt, die nahezu die ganzen vier Jahre mitgemacht haben.
Veh macht das meiner Meinung nach gut und sollte weiter das Vertrauen des Vereins und von den Fans genießen. Wenn ich teilweise schon wieder lese, Veh hätte Ulle herausgenommen, weil er nicht mit ihm kann, platzt mir die Hutschnur. Hinterhergeschoben wird dann noch ein „hoffentlich ist Veh bald weg, damit Ulle wieder im Tor steht“. Eine solch negative Stimmungsmache schadet nur und ist nicht zielorientiert und zudem realitätsfern. Wir wollen doch alle nur das Eine, dass es dem Patienten VfB wieder besser geht. Veh hat Ulle nicht zur Nummer 2 degradiert, weil er ihn nicht leiden kann, sondern, weil er für sein Spiel einen schneller denkenden und fußballerisch besseren Torhüter benötigt.
Ob Kirschbaum auf Dauer das Zeug zur Nummer 1 hat, wird sich erweisen. Wenn nicht, muss eben der nächste ran, Vlachodimos oder ein ganz neuer Mann. Ulles Artenschutz durch den Filz Bobic/ Schwab gehört der Vergangenheit an. Veh hat erkannt, dass sich Ulle nicht weiterentwickelt hat und kaum noch Steigerungspotential besitzt, daher kann ich es mir nicht vorstellen, dass Veh zurückrudert, nur weil Kirsche womöglich auch nicht besser ist.
Am Samstag hatte ich den Eindruck, dass auch Kirsche nervlich nicht der gefestigtste ist, so dass zu befürchten ist, dass wir in ein Torwartproblem hinein schlittern, wenn er seine Nerven nicht in den Griff bekommt.
Spätestens dann aber gehört die Arbeit von Andreas Menger hinterfragt, der uns im Sommer, schon damals auf die Unsicherheit Ulreichs angesprochen, sagte, zum Zeitpunkt des Weggangs von Leno wäre Ulle der bessere Torhüter gewesen. Ich hoffe, Kirsche gewinnt uns am Samstag gegen Wolfsburg das Spiel, damit diese Diskussion beendet ist, bevor sie richtig begonnen hat.
Insgesamt machen mir die letzten beiden Auftritte mehr Mut als dass sie mir Angst einflößen würden. Der VfB hat gezeigt, dass er in der Lage ist, Tore zu schießen, an der Defensivarbeit muss eben weiter mit Hochdruck gefeilt werden.
Gut, dass der VfB offensichtlich an Carlos Zambrano dran ist, ein gestandener Verteidiger mit guter Technik, der dazwischenhaut und sich nichts gefallen lässt.
Mir würde er gefallen, ob mit oder ohne Antonio Rüdiger würde man sehen. Sollte wirklich halb Europa an ihm interessiert sein und der Preis stimmen, muss ein Verein wie der VfB verkaufen, alles andere wäre fahrlässig und den Mitgliedern nicht vermittelbar, wenn auf der Mitgliederversammlung das nächste Millionendefizit publiziert wird.
Gegen Wolfsburg dürfte Armin Veh wieder auf eine stabilere Grundordnung zurückgreifen. Leitner wird wohl wieder einsatzfähig sein, Gruezo ist auch immer eine Option. Spätestens seit Samstag aber versuche ich mir Prognosen, was die Startaufstellung angeht, zu verkneifen. Veh tüftelt sicherlich schon jetzt daran und wird Fans und Gegner wieder mit der einen oder anderen Personalie überraschen.
Langsam aber sicher trägt die Arbeit von Veh Früchte, unser Spiel wird variabler und ist auch schon wieder besser anzuschauen. Zudem scheinen Trainer und Team mehr und mehr zueinander zu finden. Durch die eine oder andere Personalentscheidung hat sich Veh bestimmt nicht nur Freunde gemacht, aber es hat ihm Respekt eingebracht.
Wenn dieser Trainer dann bei einem Halbzeitstand von 0:3 gegen den Championsleague-Teilnehmer Leverkusen die richtigen Worte findet, den am Boden liegenden Jungs Mut macht, dass hier noch etwas geht und das dann tatsächlich auch klappt, ist im Zusammenwachsen von Trainer und Team schon immens viel gewonnen. Die Mannschaft merkt, dass der Trainer einen Plan hat, die Richtung vorgibt und die Mannschaft nicht im Regen stehen lässt sondern an sie glaubt. Wenn sich dann auch Erfolgserlebnisse einstellen, wird ihm die Mannschaft bedingungslos folgen, solang er authentisch bleibt, nicht gekünstelt rüberkommt oder sich verbiegen lässt. Noch ist er relativ kurz wieder hier, zu früh also, um ihn in den Himmel zu loben und die schlechten Jahre für beendet zu erklären, aber, ich sehe uns auf einem guten Weg.
Das alles macht mir Mut, diese Saison, die allein der tabellarischen Konsolidierung gilt, gut und ohne größere Abstiegsangst zu überstehen. Mehr erwarten ohnehin nur Phantasten.
Es ist doch tatsächlich so, dass ich es schon kaum erwarten kann, bis es am Samstag weiter geht, eine Vorfreude, die es bei mir vor Heimspielen schon einige Zeit nicht mehr gegeben hat.
Natürlich bin ich nicht so blauäugig und würde erwarten, dass wir die Wolfsburger an die Wand spielen. Die Wolfsburger sind für mich heißer Championsleague-Aspirant und haben eine qualitativ herausragende Mannschaft. So bin ich mir im Klaren darüber, dass schon alles optimal laufen müsste, wollen wir gegen die Wölfe punkten. Aber, die Tendenz zeigt nach oben, klappt es am Samstag nicht, gewinnen wir eben in Bremen, wo die Trauben nicht ganz so hoch hängen dürften, und das trotz Trainerwechsel und trotz der Tatsache, dass wir in Bremen seit 2006 (unter Armin Veh!) nicht mehr gewannen.
Aber, auch das Spiel gegen die Wölfe muss erst einmal gespielt werden. Lassen sich die Fehler in der Defensive minimieren, ohne, dass die Angriffslust und –klasse vorne leidet, liegt eine Überraschung im Bereich des Möglichen. Ich freue mich drauf und hoffe, dass der Fußball der letzten drei Halbzeiten, viele Leute mobilisiert, ins Stadion zu kommen. Die Aktion, dass Gentner/ Kirschbaum im Milaneo sowie Maxim/ Werner im Fancenter Tickets verkauft haben, fand ich übrigens einen klugen Schachzug. So haben es sich Leute, die sonst womöglich ferngeblieben wären, doch überlegt, ins Stadion zu kommen. Die Mannschaft braucht jede Unterstützung, der Verein das Geld, und nicht zuletzt, auch mir als Fan macht es mehr Spaß, wenn die Hütte voll ist.
30. Oktober 2014