27. September 2017

Riegel-Hannes!

Zum Abschluss der englischen Woche und zum Wasenauftakt hatte der VfB den FC Augsburg zu Gast. Nach dem Heimsieg gegen Wolfsburg, der Trainer Jonker den Job kostete, und der ärgerlichen Niederlage am Dienstag in Mönchengladbach, reichte es gegen die bayerischen Schwaben (nur) zu einer Punkteteilung.

Das Intro für dieses Spiel bot von beiden Fanszenen jeweils eine Choreographie, während die der Augsburger im Antlitz derer in der Cannstatter Kurve nur verblassen konnte. Das Motto hieß dieses Mal „Schwabenmetropole Stuttgart“ und war schlicht in den Farben des Stuttgarter Stadtwappens gehalten. Kurze Zeit später gingen im Augsburger Block noch grüne und rote Rauchschwaden hoch, während in der Cannstatter Kurve der altbekannte Banner „Bazitrachten raus aus Stuttgart“ präsentiert wurde.

Die Aversion vieler gegen die Unsitte aufs Cannstatter Volksfest verkleidet wie im Fasching zu gehen, artete Zeitungsberichten nach am Samstag aus und mündete sogar in Handgreiflichkeiten, wenn man den Berichten Glauben schenken darf. Das ginge auch für mich zu weit, wenngleich mich dieser Kostümball schon auch extrem nervt. Nicht nur in Cannstatt kann man sich durch die Sauftouristen belästigt fühlen, auch die Bahnen sind übervölkert von vorglühendem Partyvolk in billigen Trachten, so dass der Volksfest-Höhepunkt für mich längst der Kehraus ist.

Da das Spiel wenig Spektakuläres bot, beschäftigt man sich in den Tagen danach eben mit diesen Nebensächlichkeiten. Schon als ich eine Stunde vor Spielbeginn die Mannschaftsaufstellung las, ahnte ich, dass an diesem Tag ein Feuerwerk höchstens auf den Rängen stattfinden würde. Es ist keineswegs so, dass ich mit einem Punktgewinn gegen den FC Augsburg nicht leben könnte, wenn man sich die jüngste Bilanz gegen die Fuggerstädter vor Augen führt. Sage und schreibe sieben Niederlagen am Stück standen in den letzten Aufeinandertreffen zu Buche, diese Negativserie konnte durch das Remis durchbrochen werden. Zudem ist der FC Augsburg stark in die Saison gestartet, schlug unter der Woche Leipzig zu null und ist nach der Auftaktniederlage gegen den HSV nunmehr seit fünf Spielen ungeschlagen.
Dass Hannes Wolf in Anbetracht dieser Vorzeichen sein Team nach dem Motto „Safety First“ auf- und einstellte, fand ich nachvollziehbar. Im letzten Duell auf heimischem Boden, noch unter Alexander Zorniger, setzte es im Neckarstadion im Abstiegsjahr ein desaströses 0:4, so dass für Samstag zunächst einmal Vorsicht die Mutter der Porzellankiste war.

Anders als Zorniger wollte Wolf den bayerischen Schwaben nicht ins offene Messer laufen und setzte auf ein Abwehrbollwerk, das sich gewaschen hatte. Sage und schreibe acht Defensivspezialisten, darunter vier gelernte Innenverteidiger, schickte Wolf auf den Platz. Die offensive Fahne sollten lediglich der erneut starke Donis, Brekalo und in vorderster Front Terodde hoch halten. Die leise Hoffnung hatte ich ja, dass Wolf im späteren Spielverlauf offensiv nachlegen würde, als aber in der 65. Minute auch noch der defensivere Orel Mangala für Brekalo eingewechselt wurde, fand ich mich langsam mit dem torlosen Unentschieden ab.

Manch einer wird monieren, dass eine derart defensive Aufstellung einer Heimmannschaft unwürdig und für das Publikum eine Zumutung ist, ich hatte dafür in diesem Spiel Verständnis, weil wir Aufsteiger sind und der Spatz in der Hand eben manchmal besser ist als die Taube auf dem Dach. Sieben Punkte nach sechs Spielen, keine herausragende, jedoch eine akzeptable Zwischenbilanz. Wir sind in der Liga angekommen und Hannes Wolf hat es geschafft, die Defensive im Vergleich zu den Vorjahren gehörig zu stabilisieren.

DER Turm in der Schlacht im Defensivverbund war bei seinem zweiten Einsatz für den VfB erneut Holger Badstuber. Was dieser Mann abräumt, im Spielaufbau leistet und wie er brenzlige Situationen mit einer spielerischen Leichtigkeit löst, ist phänomenal. Wenn er sein Verletzungspech ablegt und einigermaßen regelmäßig einsatzbereit ist, ist mir, was den Klassenerhalt betrifft, nicht bange.
Er verleiht unserer Defensive allein durch seine Präsenz ein Mehr an Sicherheit, wovon irgendwann auch die schwächelnde Offensive profitieren dürfte. Steigt das Vertrauen in die Hintermänner, lässt es sich auch unbeschwerter nach vorne spielen, zumal mit Ascacibar nun ein Sechser da ist, der resolut in den Zweikämpfen ist und den Rasen umpflügt wie kein zweiter in der Mannschaft.

Für den verletzten Gentner rückte Benjamin Pavard auf die Doppelsechs und nicht Burnić oder Ofori, während Kaminski mit Baumgartl und Badstuber die Dreierkette bildete. Kaminski spielte solide und rettete das Remis eine Viertelstunde vor Schluss, als er in höchster Not Finnbogason die Kugel abluchste, während Baumgartl in einigen Situationen zu fahrig agierte.

Badstuber unterband durch technisch anspruchsvolle Einlagen bedrohliche Aktionen zuhauf und erntete dafür Szenenapplaus, was Baumgartl dazu bewog, es ihm gleichzutun, was sich beinahe gerächt hätte. Er wäre gut beraten, sich die Sicherheit durch einfaches und konzentriertes Passspiel zu holen und einfach in seinem Bereich nichts anbrennen zu lassen.

Die (neuen) Außen der bei gegnerischem Ballbesitz von einer Dreier- zur Fünferkette werdenden Abwehrformation sind defensiv bisher weitestgehend ein Gewinn. Sowohl Dennis Aogo als auch Rückkehrer Andreas Beck bringen viel Ruhe und Erfahrung mit ein, sind aber mit jeweils über 30 Jahren nicht (mehr) die Flügelflitzer, die auch mal einen Mann überlaufen und bis zur gegnerischen Grundlinie vorstoßen können.

Über die Rückkehr von Andreas Beck habe ich mich nach der Bekanntgabe des Transfer zwar gefreut, auch wenn ich skeptisch wegen seines fortgeschrittenen Alters war und man von ihm aus der Türkei eben auch nicht mehr viel gehört hatte. Er ist trotz seiner Vergangenheit im Kraichgau ein sympathischer Typ geblieben, man nimmt es ihm ab, dass der VfB in all den Jahren „sein“ Verein geblieben ist. Noch mehr hätte mich diese Vereinsverbundenheit gefreut, wenn er schon zurück gekommen wäre, als er noch in der Blüte seines Schaffens war und nicht erst im Spätherbst seiner Karriere, wo auf den ersten Blick der Eindruck entsteht, es wolle einer gemütlich und daheim bei Muttern seine Karriere ausklingen lassen.

Wäre er zurückgekehrt, als es dem VfB wirklich dreckig ging, hätte er Kultstatus erlangen können, so aber wird es nur eine kurze zweite Episode mit ihm werden. Ich bin mal die Rechtsverteidiger der letzten Jahre durchgegangen, um vor Augen zu führen, was uns hätte alles erspart werden können, hätte er sich früher zum Brustring zurück besannt. Dort finden sich Namen, angefangen mit Khalid Boulahrouz (den ich allerdings sehr schätzte), über Stefano Celozzi, Philipp Degen, Gotoku Sakai, Tim Hoogland, Toni Rüdiger, Daniel Schwaab, Florian Klein, Matthias „Zimbo“ Zimmermann, Kevin Großkreutz bis hin zu Jean Zimmer. Kaum einer taugte zur Dauerlösung, so dass diese Planstelle zur Dauerbaustelle wurde. Seit Ricardo Osorio, an dem Beck seinerzeit nicht vorbei kam, ist die Position des Rechtsverteidigers, wie auch mit Abstrichen das Pendant auf der linken Seite, DIE Problemzone im VfB-Spiel. Es bleibt zu hoffen, dass Andi Beck dieses Problem wenigstens kurzfristig beheben kann.

Nach den bisherigen sechs Saisonspielen wurden die Auftritte des VfB meist gelobt, selbst als keine Punkte eingefahren wurden. Man spiele ordentlich mit, habe viel Ballbesitz und man sei in keinem Spiel wirklich chancenlos gewesen, etwas mitzunehmen. Das ist zwar alles richtig und doch kam für meinen Geschmack vom VfB zu wenig. In den verloren gegangenen Auswärtsspielen wurde man immer erst initiativ, als man zurücklag und das Kind bereits im Brunnen lag. Vor den Gegentoren war die Sicherung des eigenen Kastens oberste Maxime, das Offensivspiel wurde, bis es hinten einschlug, fast gänzlich vernachlässigt. Was bringt also Ballbesitz, wenn man damit nicht den Weg nach vorne sucht, sondern die Kugel in der eigenen Hälfte zirkulieren lässt? So war es meist eine Frage der Zeit, bis der Gegner „ernst“ macht und in Führung geht. Dem Offensivspiel, das wurde bisher nahezu in jedem Spiel deutlich, fehlen Impulse. Wenn dann noch, wie in den letzten beiden Spielen, Akolo ausfällt, der zwei unserer bisherigen drei Saisontore erzielt hat, ist unser Sturm nur ein laues Lüftchen.

Simon Terodde, so wirkt er auf mich seit seinem verschossenen Elfmeter gegen Mainz, plagt die Angst vor seinem ersten Bundesligator im zarten Alter von 29 Jahren. Er verkrampft zunehmend und wirkt immer unglücklicher in seinen Aktionen, so dass man nur hoffen kann, dass bei ihm endlich der Knoten platzt oder Daniel Ginczek schnell eine Option für die Startelf darstellt.

Was dem VfB nach dem Abgang von Maxim komplett abgeht, ist ein kreativer Mann hinter den Spitzen, der den tödlichen Pass spielen und für Überraschungsmomente sorgen kann. Hat sich der Streit mit Jan Schindelmeiser unter anderem daran entladen, dass dieser Maxim abgab, ohne einen adäquaten Ersatz präsentiert zu haben, darf man, ohne gleich als Vollidiot betitelt zu werden, die Frage an Michael Reschke richten, weshalb er dann keinen geholt hat, wo er doch so gut vernetzt zu sein scheint. Zeit hätte er noch genügend gehabt.

Nun aber ist eine kurzfristige Belebung der Offensive kaum zu erwarten, jedenfalls so lang nicht, bis Carlos Mané wieder zur Verfügung steht. Wolf wird weiter improvisieren und einen Fußball spielen lassen müssen, der ihm selbst widerstreben dürfte. Doch, als Mittel zum Zweck ist alles erlaubt, was uns von den Abstiegsplätzen fern hält.

Eigentlich will ich ja von alten Statistiken, die geschrieben wurden bevor Hannes Wolf seinen Job beim VfB antrat, nichts wissen. Nach dem Abstieg hat sich der VfB runderneuert, fast kein Spieler, der für die genannten Statistiken verantwortlich zeichnete, ist noch da. Und trotzdem ist vieles wie immer, wenngleich einiges natürlich besser geworden ist.

Wir können in Berlin, Gelsenkirchen und Mönchengladbach nicht (mehr) gewinnen und tun uns gegen den FC Augsburg extrem schwer. Dass es auch anders geht, zeigten die knappen Heimsiege gegen Mainz und Wolfsburg, unsere letzten Gegner vor dem Abstieg.

Augsburg zu Hause war in der jüngeren Vergangenheit ein Brett, so dass dieses Pünktchen am Ende als Bonuspunkt durchgehen könnte. Zudem blieben wir im Neckarstadion weiterhin ohne Gegentor, was Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben geben dürfte.

Insgesamt sehe ich uns im Soll und bin optimistisch, dass wir in Frankfurt, ein Pflaster, das uns in den letzten Jahren immer gut gelegen hat, den ersten Auswärtssieg einfahren werden.
Das bedingt ein wenig mehr Risiko nach vorne und vor allem den unbedingten Willen, das erste Tor zu schießen. Versteckt man sich wie das Kaninchen vor der Schlange und lädt die Eintracht ein, uns hinten hineinzudrängen, wäre es für mich der falsche Ansatz.

Ein Auswärtssieg würde den Punkt gegen Augsburg vergolden und uns beruhigt in die Länderspielpause gehen lassen, denn, danach wartet zu Hause der nächste dicke Brocken auf uns. Deutlich wird das nicht unbedingt beim Blick auf die Tabelle, denn, der FC ist ja bekanntlich Schlusslicht, aber, womit wir wieder bei den Serien wären, seit 1996 gewann der VfB kein Bundesligaheimspiel mehr gegen die Geißbockelf.

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18. August 2017

Mit einem blauen Auge davon gekommen

Auch eine gute Woche nach dem Rausschmiss von Jan Schindelmeiser wirkt das Beben nach. Wurde nach dem Votum für die Ausgliederung von allen Seiten propagiert, das demokratisch zustande gekommene Ergebnis akzeptieren zu wollen und sahen es die meisten ein, dass die verhärteten Fronten wieder zueinander finden müssen, spaltet die Demission Schindelmeisers die Fangemeinde erneut aufs Schärfste.

Die einen akzeptieren den Standpunkt des Vereins und kritisieren an Jan Schindelmeisers Transferpolitik vor allem, dass er es bis Anfang August immer noch nicht geschafft hatte, die Problemzone Innenverteidigung erfolgsversprechend zu verstärken und auch nicht der Eindruck erweckt wurde, die dringend benötigten Verstärkungen seien im Anflug. So, die Befürchtungen, werde es schnurstracks zurück in die 2. Liga gehen.

Die andere Seite, zu der ich mich auch zähle, übte sich hingegen in Geduld und vertraute Schindelmeiser, dass er bis zum Transferschluss schon noch eine schlagfertige Mannschaft auf die Beine stellen würde. Ich sehne mich nach Kontinuität in meinem Herzensverein und hatte die große Hoffnung, dass diese mit dem Gespann Schindelmeiser/ Wolf auf längere Zeit gegeben sein könnte. Daher liegt mir der Rausschmiss noch immer schwer im Magen.

Von außen betrachtet hat Schindelmeiser für mich keine schlechte Arbeit abgeliefert. Er hat den Umbau im Verein vorangetrieben, im Unterbau nachjustiert, er hat aus den finanziellen Möglichkeiten nach dem Abstieg das Optimum, nämlich den Aufstieg, herausgeholt und eine spannende Transferpolitik an den Tag gelegt. Mit Spielern, ob bei den Amateuren oder bei den Profis, welchen man keine kurzfristige Perspektive bieten konnte, wurde Klartext gesprochen und sich voneinander getrennt, anstatt sie jahrelang durchzuschleppen, wie es in den vergangenen Jahren beim VfB Usus war.

Natürlich lässt sich über die bisherigen Neuzugänge dieses Sommers streiten. Viele junge, bundesligaunerfahrene Akteure unterschiedlichster Nationalitäten, ein Sprachengewirr auf dem Trainingsplatz, überhaupt nicht blond und blauäugig. Doch, kann man dies Schindelmeiser zum Vorwurf machen und ist es nicht vielleicht sogar besonders kreativ, Spieler zu holen, hinter denen (noch) nicht die Top-Vereine her sind? In Anbetracht der explorierenden Ablösesummen in diesem Transfersommer und der noch immer begrenzten finanziellen Möglichkeiten der VfB Stuttgart AG, fand ich den eingeschlagenen Weg vernünftig. Letzten Endes ist es mir in dieser Phase der Konsolidierung, nach fast zehn Jahren Misswirtschaft, egal, welche Spieler uns wieder nach oben bringen. Haben wir den Anschluss mal wieder geschafft, dürfen es gerne auch deutsche Nationalspieler in unseren Reihen sein, gerne aus dem Nachwuchsleistungszentrum, doch bis dorthin ist es noch ein weiter Weg, der vor allem Geduld erfordert.
Geduld, die man in der AG offensichtlich nicht hat(te). Ob Schindelmeiser ein gutes Händchen mit seinen Einkäufen hatte und wie seine diesjährige Transferbilanz ausfällt, hätte man frühestens am 01. September, wenn das Transferfenster geschlossen ist, beurteilen können. In den beiden Trainingslagern in Grassau und in Neustift im Stubaital war ich von den Neuen sehr angetan. Was die Jungs an Schnelligkeit und auch an taktischer Intelligenz einbringen, ist schon klasse. Wie schnell sie sich an das Haifischbecken Bundesliga gewöhnen und ob sie die Liga aufmischen können, wie sie mit Rückschlägen umgehen, muss sich erst noch zeigen. Dass es ein Risiko ist, mit einer solch jungen Mannschaft ins Rennen zu gehen, steht außer Frage. Es ist auf der anderen Seite aber auch eine Chance, an der die Jungs wachsen und ihren Marktwert steigern können und könnte ein Faustpfand gegen Spielende werden, wenn die Jungs noch immer alles in Grund und Boden rennen.

Daher sehe ich die bisherige Transferbilanz lang nicht so kritisch wie die AG. Den Sportdirektor, der eine Hundertprozentquote bei seinen Transfers vorweisen kann, muss man mir erst noch zeigen. Dass bei der Verpflichtung von vielen jungen Spielern der eine oder andere durch den Rost fällt, ist, wie ich finde, völlig normal. Bislang fallen mir hier nur Onguéné und Julian Green ein, die Sommerneuzugänge sind noch nicht zu bewerten.

Schindelmeiser wurde ferner vorgeworfen, zu viele Spieler auszuleihen und dass man mit dieser Philosophie Jahr für Jahr ein neues Team aufbauen müsse. Auch hierfür hatte ich Verständnis, weil man Spieler von der Qualität eines Mané oder Brekalo sonst überhaupt nicht bekommen hätte. Solang der Trainer Freude hat, mit den Jungs zu arbeiten, sie fit für eine große Karriere zu machen und sich damit arrangiert, dass die Arbeit im nächsten Jahr von vorn beginnt, sehe ich nichts Verwerfliches daran, in einer Zeit, in der man finanziell Lichtjahre von den Großen entfernt ist.

Da die Transferbemühungen Anfang August noch bei keinem Verein gänzlich abgeschlossen sind, sah ich die bisherigen Zugänge auch nicht als das Ende der Fahnenstange, sondern war mir sicher, dass man am dringend benötigten gestandenen Innenverteidiger und einem erfahrenen Sechser dran sein würde. Daher kam für mich die Schindelmeiser-Entlassung aus dem Nichts und zur Unzeit.

Nach meinem aus der Emotion geschriebenen letzten Blog, hatte ich danach Gelegenheit, mir auch die „andere Seite“, nämlich die Sicht aus der Perspektive der AG anzuhören.

Dort ist der Tenor einhellig, dass die Entlassung Schindelmeisers alternativlos gewesen sei und dem Vernehmen nach sogar ohne Abfindungszahlung vonstattenging, weil es durchaus auch um Vertragsverstöße gegangen sein soll.

Demnach hätte sich der Streit am Transfer von Maxim entladen, für den Schindelmeiser die Vorgabe gehabt haben soll, ihn allenfalls gegen eine stattliche Ablöse ins Ausland und auf keinen Fall für vergleichsweise kleines Geld an einen Ligakonkurrenten abgeben zu dürfen.

Des Weiteren war man mit den Einkäufen nicht einverstanden, weil, das muss man wohl unter dem Vorwurf der vogelwilden Transferpolitik verstehen, lediglich Spieler geholt wurden, die gerade zufällig auf dem Markt waren und nicht für Positionen, wo der Schuh am meisten drückt. So habe man zwar ein Überangebot an Flügelflitzern, die Defensive aber wurde noch immer nicht verstärkt.

Zudem habe man Schindelmeiser vorgeworfen, sich nicht um Abgänge gekümmert zu haben, wodurch Sorgen aufkamen, den Kader zu sehr aufzublähen. Schindelmeiser sei ein schwieriger Mensch, kein Teamplayer, und habe bei den letzten Transfers die Kontrollinstanzen der AG elegant umschifft.

Er sei nur auf seinen Jugendwahn fixiert gewesen, so dass er andere Optionen überhaupt nicht geprüft und einigen Spielerberatern, ohne sie anzuhören, den Weg zur Tür gewiesen haben soll. Gerüchten zufolge sollen ihm u. a. Träsch, Didavi und Bičakčić angeboten worden sein, die Schindelmeiser von vornherein nicht haben wollte, weil sie, vor allem die Erstgenannten, den VfB schon einmal im Stich gelassen hatten.

Die Kommunikation mit den Vorstandskollegen habe nicht gestimmt, weil er den sportlichen Bereich ausschließlich für sich proklamiert und es daher auch nicht für nötig gehalten habe, überhaupt zu berichten, was er vor hatte und an wem er gerade dran wäre. Gegen den Vorwurf, Alleingänge betrieben zu haben wehrt sich Schindelmeiser vehement, kein Transfer sei ohne Zustimmung der Gremien zustande gekommen.

Da steht also Aussage gegen Aussage, die Wahrheit werden wir wohl nie erfahren, so dass weiteren Spekulationen Tür und Tor geöffnet sind. Offensichtlich war kein Vertrauen mehr vorhanden, die Chemie stimmte nicht mehr und wegen Schindelmeisers getätigter Transfers herrschte große Unzufriedenheit (was Dietrich in Öffentlichkeit jedoch dementierte).

Für mich bleiben dennoch einige Fragen offen. Ist Machtmensch Schindelmeiser am Machtmensch Dietrich gescheitert, weil dieser am längeren Hebel sitzt? Begegnete die AG-Seite gar jenen Geistern, die man mit der Ausgliederung der Profiabteilung in eine AG rief?

Im Organigramm sind auf der Vorstandsebene, auf der der Sportdirektor angesiedelt ist, nur der Marketing- und der Finanzvorstand zu finden. Genauso wenig wie der Sportdirektor dem Finanzvorstand in die Finanzierung von Bauprojekten reinredet, sollte sich der Finanzvorstand anmaßen, ob eine geplante Verpflichtung sinnvoll ist oder nicht. Trainer Hannes Wolf und Jan Schindelmeiser sollen gut zusammengearbeitet haben, sollten die beiden in Sachen Kaderzusammenstellung auf einer Linie gelegen haben, wäre doch im Grunde alles gut gewesen! Lag das Zerwürfnis am Ende „nur“ daran, dass Schindelmeiser Heim und Röttgermann links liegen ließ und sie überhaupt nicht an seinen Plänen teilhaben ließ, fehlt mir das Verständnis, dass erwachsene Männer solche Probleme nicht wie Männer aus der Welt schaffen konnten oder wollten.

Dann ging es tatsächlich um die verletzte Eitelkeit Einzelner und das Ganze zu Lasten des VfB Stuttgart.

Eine weitere Frage, die sich mir stellt, ist die, wer Gunter Barner (Stuttgarter Nachrichten) mit jenen Informationen fütterte, um Jan Schindelmeiser bereits Mitte Juli anzuzählen. Wurde das von AG-Seite mit dem Ziel lanciert, den Rauswurf im Nachhinein als plausibel und sich abzeichnend verkaufen zu können? Weshalb stehen seit geraumer Zeit anstehende Wechsel, wie beispielsweise der von Aogo, tagelang vorher in der Presse? Das war man, seit Schindelmeiser das Zepter schwang, nicht mehr gewohnt. Für mich bleibt das Gschmäckle eines abgekarteten Spiels.

Für die Werbung zur Ausgliederung hat man Schindelmeiser noch gebraucht, ohne Hannes Wolf und ihn wäre diese sicher nicht so reibungslos durchgegangen. Daher hat man ihn wohl nicht schon vorher entsorgt, obwohl es im Gebälk dem Vernehmen nach schon ordentlich knisterte.

Hat tatsächlich der Maxim-Transfer zur Eskalation geführt, wäre eine zeitnahe Entlassung danach oder sogar, um den Transfer zu verhindern davor, logisch gewesen. Doch seinerzeit, am 27.06., lief ja noch die Einspruchsfrist gegen die Ausgliederung!

Nun begründet der VfB die Entlassung damit, dass die dringendsten Baustellen im Kader auch Anfang August noch nicht abgearbeitet gewesen seien. Jürgen Klopp hat im ZDF-Interview im Vorfeld des Championsleague-Qualifikations-Spiels gegen Hoffenheim einen interessanten Ausspruch getätigt, denn, auch Liverpool sucht bislang (erfolglos) nach weiteren Verstärkungen. Er sagte, in Anbetracht der Wahnsinns-Summen die in diesem Sommer vom einen zum nächsten Verein transferiert werden: „Es gibt mehr Vereine, die Spieler suchen, als welche, die Geld brauchen“. Soviel zum Thema. Gerade gute und erfahrene Innenverteidiger sind sehr gefragt und schwierig zu bekommen, zumindest noch zum jetzigen Zeitpunkt.

Für welche Philosophie Michael Reschke steht, ist mir auch nach seiner Vorstellungs-Pressekonferenz Anfang dieser Woche noch nicht klar. Er lobte die Bayern über den grünen Klee, über den VfB sprach er weniger, außer, dass er tief beeindruckt sei, was für tolle Menschen beim VfB unterwegs seien. Die Schleimspur zog sich bis hinauf nach Vaihingen…

Sollten Badstuber und Aogo die Kategorie Transfers sein, mit denen sich Reschke zu schmücken vermag, dann gute Nacht. In Fankreisen macht schon der Begriff von der „Reschkerampe“ die Runde. Um auf diese Namen zu kommen, bedarf es nicht der Phantasie eines ausgewiesenen Fachmanns, auf diese Spieler wäre die Putzfrau wohl auch noch gekommen.

Ob sie uns weiterhelfen können, steht auf einem anderen Blatt. Bleibt Badstuber fit, ist er mit Sicherheit eine Verstärkung für die löchrige Abwehr. Aogo ist als Platzhalter für Insúa gedacht und muss beweisen, ob er es noch einmal wissen will. Auf seiner Pressekonferenz in dieser Woche machte er auf mich einen aufgeräumten, intelligenten und auch motivierten Eindruck.

Dass nicht nur junge Spieler ein Risiko darstellen, sondern auch Ex-Nationalspieler hat der VfB mit Kevin Großkreutz jüngst ja selbst erfahren. Er blieb am Ende sportlich alles schuldig, was man sich vom Weltmeister erhofft hatte und war mit seinen 28 Jahren und seiner Verletzungshistorie längst ein Auslaufmodell.

Parallelen zu Badstuber und Aogo wären rein zufällig. Erik Durm soll der Nächste in der Reihe werden, auch er ist nur zu haben, weil er zuletzt viel verletzt war und er es in Dortmund schwer haben dürfte, den Anschluss wieder zu schaffen. Dass uns bei so viel (Verletzungs-)Risiko nicht am Ende doch noch die Jungen die Kohlen aus dem Feuer holen müssen…

Das Sportliche rückte durch den Wechsel auf dem Sportdirektoren-Posten erst einmal weit in den Hintergrund. Dabei stand letztes Wochenende bereits die erste Runde im DFB-Vereinspokal an.
Uns Allesfahrern wird gleich zu Beginn der neuen Runde viel abverlangt. Binnen sechs Tagen erst Cottbus, dann Berlin. Das Spiel mit der weitesten Entfernung der Pokalrunde wurde auf Sonntag, 18.30 Uhr gelegt, fanfreundlich geht anders.

Daher blieb, wollte man nicht kurz vor der polnischen Grenze auch noch übernachten, nur die Möglichkeit mit dem PKW oder dem Bus anzureisen. Ich entschied mich für die Busfahrt mit dem RWS Berkheim, verließ das Haus um 8 Uhr morgens und war montagmorgens gegen 6 Uhr zurück. Eigentlich bin ich ja zu alt für diesen Scheiß, aber, was tut man nicht alles für seinen Herzensverein und um jedes Mal dabei sein zu können.

Die beiden jüngsten Neuzugänge standen in Cottbus nicht zur Verfügung, Badstuber gesperrt, Aogo angeschlagen. Da Ailton mit Trainingsrückstand ebenfalls nicht mit in die Lausitz gereist war und sich zu allem Überfluss Timo Baumgartl nach dem Aufwärmen aufgrund von Schwindelgefühlen abmeldete, musste Hannes Wolf kurzfristig improvisieren.

Kapitän Gentner, eigentlich für die Bank vorgesehen, rückte in die Anfangsformation und Pavard, zunächst als Linksverteidiger gedacht, in die Innenverteidigung. Für ihn spielte Dženis Burnić auf der ungewohnten Position hinten links und zahlte bei seinem ersten Pflichtspiel für den VfB reichlich Lehrgeld.

Das Spiel begann für den VfB denkbar ungünstig. Bereits in der 6. Spielminute legte eben jener Burnić unfreiwillig für den Cottbusser Viteritti vor, der zur vielumjubelten Führung der Hausherren einschoss. Gut zwanzig Minuten später foulte der als alleiniger Sechser überforderte Ofori den Ex-VfBler Mamba, woraus der sehenswerte Freistoß zum 2:0 resultierte.

Beim ersten Gegentor wirkte die Abwehr wie ein Hühnerhaufen, bei zweiten ließ man sich per Sonntagsschuss düpieren, für einige Grund genug „Zieler raus“ zu schreien. Leute, habt ihr sie noch alle? Die Entscheidung des Trainers pro Zieler gilt es zu akzeptieren, das ständige Zieler-Gebashe und der Hype um Langerak helfen keinem weiter, am wenigsten dem VfB. Ein Torwart braucht das Vertrauen des Trainers und auch des Umfelds. Wird er vehement niedergemacht, ob im Stadion oder auch auf seiner Facebook-Seite, ist das kontraproduktiv und wird ihm nicht helfen, zu alter Stärke zurückzufinden.
Ich verstehe es ohnehin nicht, welchen Narren viele VfB-Fans an Langerak gefressen haben. Er war jahrelang die Nummer zwei in Dortmund und kam an Weidenfeller, der auch nicht gerade der Über-Torwart war, nie vorbei.

Dann wechselte er zum VfB, verletzte sich direkt und stand in der Abstiegssaison fast überhaupt nicht zur Verfügung. Ihm jetzt zugute zu halten, dass er dem VfB in der 2. Liga die Treue gehalten hat, ist für mich zu hochgegriffen. Welche Alternativen hatte er denn? Der VfB verkaufte jeden, für den er einigermaßen Geld bekam, für Langerak gab‘s demnach wohl keine Interessenten, wobei der VfB das Heft des Handelns sowieso selbst in der Hand hatte, weil dem Vernehmen nach alle Verträge für die 2. Liga Gültigkeit besaßen.

In der 2. Liga hatte Langerak, wie alle anderen auch, seinen Anteil am Aufstieg, mehr aber auch nicht. Alles andere als der Aufstieg wäre peinlich gewesen, so dass für mich keiner der Aufstiegsmannschaft in den Heldenstatus erhoben wird, schon gar nicht Langerak, der zwar auf der Linie stark ist, in der Spieleröffnung und Strafraumbeherrschung aber ähnliche Defizite wie Ulreich hat. Unvergessen seine Orientierungslosigkeit gegen Hannover 96, die uns die sicher geglaubte Herbstmeisterschaft gekostet hat.

Ins Spiel biss sich der VfB zurück und kam durch den auffälligen Brekalo und ein Eigentor der Cottbusser zum schmeichelhaften Ausgleich. Auch in der Folgezeit war der VfB weder tonangebend noch dem Viertligisten spielerisch überlegen. Selbst die Kondition schien bei den Brandenburgern besser zu sein als jene vom VfB, so dass sich eher der VfB ins Elfmeterschießen rettete als das die Cottbusser taten. In dieser Lotterie schließlich hatte der VfB das bessere Ende für sich und zog überaus glücklich in die nächste Pokalrunde ein.

Abgesehen von der Leistung vom VfB genoss ich diesen langen Trip, wenn man einmal von der zähen und langwierigen Heimfahrt absieht. Endlich wieder Stadion, ein volles Haus, freundliche Gastgeber und unzählige Freunde und Bekannte getroffen. Da wir direkt vor dem Gästeeingang aus dem Bus aus- und wieder einstiegen kann ich nicht beurteilen, ob es zu irgendwelchen unschöneren Szenen rund ums Stadion oder in der Stadt gekommen ist, gehört habe ich davon nichts. Nach dem Pokalsieg 1997 gegen eben jenen FC Energie entstanden ja einige Fanfreundschaften, so dass auch kein größerer Trouble zu erwarten war. Die Ordner am und im Block waren freundlich, Vollbier gab es auch, kein Grund zu klagen also.

Erstrundenspiele im Pokal, vor allem wenn es gegen Drittligisten oder einen gefühlten Drittligisten wie Energie Cottbus geht, sind immer schwer. Die Gegner stehen bereits voll im Saft während man selbst noch nicht weiß, wo man steht und ins Ungewisse startet. Hat man dann noch kurz vor dem Spiel solche Ausfälle zu beklagen und gerät aufgrund dieser Umstellungen früh in Rückstand, wird es ungleich schwerer. Dann ist das Publikum, das nach dem bezahlten Fußball lechzt, voll da und pusht sein Team nach vorne, so dass sich deren Jungs die Lunge aus dem Leib laufen.

Angesichts dieser Umstände bewerte ich das Auftreten von Cottbus nicht über. Auch Hertha BSC, der Gegner vom Samstag, hat am Montag in Rostock keine Bäume ausgerissen. In Berlin werden hoffentlich Badstuber, Baumgartl und Aogo zur Verfügung stehen, so dass das VfB-Spiel an Stabilität gewinnen sollte. Nach vorne haben wir ohnehin unsere Waffen, vor allem Brekalo macht schon den ganzen Sommer über einen hervorragenden Eindruck, auch A. Donis konnte in Cottbus nach seiner Einwechslung Akzente setzen.

Wichtig ist, dass im Verein Ruhe und Normalität einkehrt und alle an einem Strang ziehen. Es ist in meinen Augen weder förderlich, wenn von Vereinsseite Schindelmeisers Einkäufe diskreditiert werden und den Jungs somit ein Stück ihres Selbstwertgefühls genommen wird, noch ist es hilfreich, wenn Fans einen Reschke ablehnen, bevor er richtig angekommen ist, Zieler ablehnen, weil Langerak so süß ist, Aogo ablehnen, weil er in den letzten Jahren nichts gerissen hat und Badstuber ablehnen, weil er sowieso nur verletzt ist.

Ich gehe da pragmatisch ran, da ich an den Personalentscheidungen des Vereins sowieso nichts ändern kann und jedem Neuen eine faire Chance gebe, mich zu überzeugen, auch wenn ich im Vorfeld skeptisch sein sollte.

Noch immer ist mein großer Wunsch, dass beim VfB endlich Ruhe und Kontinuität einkehren und Hannes Wolf noch lange unser Trainer sein wird. Voraussetzung dafür wäre, dass er zu Michael Reschke ein ähnlich vertrauensvolles Verhältnis aufbaut, wie er es zu Jan Schindelmeiser hatte und die Verantwortlichen in der AG wegen möglicher schlechter Resultate nicht zu schnell die Nerven verlieren.

Der Start hat es schließlich in sich. Ausschließlich undankbare Aufgaben in den ersten fünf Spielen, in denen sowohl in die eine als auch in die andere Richtung alles passieren kann. So trifft den VfB eine mittlerweile schon unfassbare Verletzungsmisere zur denkbar ungünstigsten Zeit.

Ich bin sehr gespannt, wer in Berlin morgen alles auflaufen kann und wie sich das Team schlagen wird. Danach kommt Mainz mit einem sicherlich bis in die Haarspitzen motivierten Maxim, ehe es in die Turnhalle nach Gelsenkirchen geht. Diese Spiele sollten als erste Standortbestimmung dienen und aufzeigen, wie konkurrenzfähig der VfB nach dem Wiederaufstieg tatsächlich ist. Alles andere war Vorgeplänkel, lasset die Spiele beginnen!

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6. Mai 2016

(Halb-)Finale furioso! Alle in Weiß zum Heimspiel gegen Mainz.

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , – Franky @ 12:01

Ich weiß, die Fanszene ist gespalten. Zwischen Resignation, Lethargie, Frust, Gleichgültigkeit, Hoffnung und Überzeugung schwanken die Gemüter.

Gestern hat unser Mentalitätsspieler Kevin Großkreutz einen rausgehauen und die Fanszene damit erfreut und ihr neue Hoffnung gegeben. Er wird wieder dabei sein, er tritt die Jungs in den Hintern, dass sie noch einmal alles raushauen und sich nicht ergeben wie zuletzt. Er bringt die Hoffnung zurück, die Hoffnung dass gegen Mainz eine Mannschaft auf dem Platz stehen wird, die sich zerreißen wird und dass kein Einzelner den Makel des erstmaligen Abstiegs unseres VfB seit 41 Jahren in seiner Vita stehen haben möchte.

Das Spiel morgen ist losgelöst von denen der letzten Wochen zu betrachten. Es ist DIE Chance, eine ganze Saison zu retten und die Weichen für eine bessere Zukunft zu stellen. Nach der Saison ist noch genügend Zeit, nachzukarten und getroffene und zu treffende Entscheidungen zu hinterfragen und zu kritisieren. Diese Saison muss und wird aufgearbeitet werden, sonst haben die Herren an der Mercedesstraße keine ruhige Minute mehr. Morgen zählt das alles aber nicht! Morgen geht es um den VfB und nicht um seine handelnden Personen.

Morgen muss die Hütte brennen! Morgen muss das gesamte Stadion wie eine Wand hinter dem VfB stehen, und zwar stehen, im wahrsten Sinne des Wortes und möglichst auf allen Tribünen. 90 Minuten Rambazamba, 90 Minuten alles geben für den VfB.

An uns Fans soll und darf es nicht liegen! WIR sind der 12. Mann, WIR sind der VfB! Kommt alle in weiß gegen Mainz und unterstützt die Mannschaft.

Morgen muss jeder Farbe bekennen und sich die Kehle aus dem Leib schreien. Alles, was war, ist und sich ohnehin an der Tabelle ablesen ist, zählt morgen nicht. Es steht eines von zwei Endspielen an, nach Dutt’scher Redensart Halbfinale und Finale.

Lasst uns ins Finale einziehen, alle gemeinsam, alle für den VfB, alle für den Ligaerhalt, alle für ein 40. Jahr Bundesliga am Stück.

Wir stimmen uns zur Feier des Spieltags wie immer vor dem letzten Heimspiel auf dem Stuttgarter Partyfloß chartered by OFC Leintal-Power 05 auf das Spiel ein. Ein gutes Omen! Die wichtigen Spiele, in denen es noch um etwas ging, haben wir danach stets für uns entschieden.

Also auf geht’s, schon heute Eure Stimmen und haut morgen noch mal alles raus!

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5. April 2016

Ich mach’ mir die Welt – widdewidde wie sie mir gefällt

Das ist nicht meine Devise, aber scheinbar die des VfB. Ob Spieler oder Verantwortliche, unisono erklärten sie während der Erfolgsserie zu Beginn der Rückrunde, man würde nur von Spiel zu schauen und die Tabelle interessiere sie erst am 34. Spieltag.

Ganz anders dagegen die Töne nach dem 2:2 in Darmstadt. Dieser Punkt wurde von Spielern und Verantwortlichen als Punktgewinn gefeiert, weil man doch in der Tabelle den Vorsprung auf die Abstiegszone um einen Punkt vergrößert hat. Anstatt sich darüber zu grämen, dass man eine riesengroße Chance leichtfertig verschenkt hat, den Klassenerhalt so gut wie perfekt zu machen, feiert man den Punkt beim Underdog aus Darmstadt, einem Sammelsurium von gescheiterten Fußballern, die bei den Lilien unter Ex-Kickers-Trainer Dirk Schuster gerade ihre Renaissance erleben.

Ob die Herangehensweise von Dutt und Konsorten psychologisch so geschickt ist, daran habe ich meine Zweifel. Hat nicht in der Regel derjenige den größten Erfolg, der sich hohe, aber natürlich auch realistische Ziele setzt? Könnte man nicht einfach in einer Phase, in der es fast von allein läuft, in der die Europapokalplätze genauso nah oder genauso fern sind wie die Abstiegszone, die Maxime ausgeben, oben angreifen zu wollen? Wäre es im Leistungssport nicht förderlicher sich über eine Niederlage wenigstens fürchterlich aufzuregen und nach Wiedergutmachung zu streben, anstatt diese abzuhaken, wie wenn nichts geschehen wäre, und sich zu sagen, wir haben ja noch so und so viele kommende Chancen?

Gerade für eine Truppe, wie sie der VfB seit Jahren hat und die zur schnellen Selbstzufriedenheit neigt, die nur unter größtmöglichem Druck funktioniert, wäre es ratsam, die Spannung permanent hochzuhalten, und ihr auch den Druck zu machen, den sie braucht.

Streichelt man sie aber nur und fasst sie mit Samthandschuhen an, weil ja nächstes Wochenende schon wieder die nächste Gelegenheit ansteht, es besser zu machen, dann plätschern die Spiele emotionslos daher und werden immer weniger.

Wenn man das Team ständig nur an seinem Minimalziel misst und sich die Mannschaft nach überstandenem Abstiegskampf wieder feiern lässt, als habe sie die Meisterschaft gewonnen, wird sie es sich ewig weiter in ihrer Wohlfühloase bequem machen und einen Teufel tun, einen eigenen Antrieb oder Ehrgeiz zu entwickeln.

Als Fan wäre man natürlich froh gewesen, endlich mal wieder eine sorgenfreie Saison zu erleben, keiner wäre so vermessen, von dieser Truppe einen Platz im oberen Tabellendrittel zu verlangen. Aber, die Verantwortlichen müssen schon die Spannung hochhalten und energisch dazwischen grätschen, wenn sie es mitbekommen, dass Spiel um Spiel hergeschenkt wird. Da wünschte man sich Typen wie wir sie bspw. zu Zeiten der Deutschen Meisterschaft 1992 in Gerhard Mayer-Vorfelder, Dieter Hoeneß und Christoph Daum hatten und die sich leidenschaftslose Darbietungen in dieser Fülle, wie wir sie in der Gegenwart erleben, nicht hätten bieten lassen. Man darf sich nicht allein auf der Erfolgsserie von zu Beginn der Rückrunde ausruhen, die letzten Auftritte waren bis auf wenige Ausnahmen alarmierend.
Gegen Hannover, in Mönchengladbach, in Ingolstadt, gegen Leverkusen und zuletzt in Darmstadt hat die Mannschaft schlichtweg versagt hat, der Trend geht eindeutig nach unten und es gibt nicht viel, das Hoffnung macht, dass die Truppe in den verbleibenden sechs Saisonspielen noch viele Punkte einheimsen könnte.

Da beim VfB jedoch eher die leisen Töne angeschlagen werden und es keinen gibt, der mal richtig auf den Tisch haut, wird das Positive aus dem vergangenen Wochenende herausgezogen, nämlich das, dass sich die Konkurrenz genauso dämlich angestellt hat und der Vorsprung auf Platz 16 um einen Zähler gewachsen ist. Da man die Vorentscheidung im Abstiegskampf vertagt hat, hat man sich eben umgehend auf die Fahnen geschrieben, gegen die Bayern alles raus zu hauen (wie Gentner immer so schön formuliert) und zu versuchen, da zu punkten. Darüber lache ich mich heute schon schlapp. Möglicherweise kassieren wir nicht einmal eine Klatsche und spielen gegen den Ligakrösus auch noch gut mit, null Punkte werden am Ende trotzdem stehen, auch wenn für die Bayern die Championsleague Duelle gegen Benfica Lissabon davor und danach wichtiger und auch sportlich anspruchsvoller sein werden.

Es hätte so ein schöner Tag in Darmstadt werden können. Seit der sympathische Underdog, dessen sportliche Highlights vor wenigen Jahren noch die Duelle gegen Kickers Offenbach und Hessen Kassel waren, der vor drei Jahren bereits sportlich in die Regionalliga abgestiegen und nur durch den Lizenzentzug der Offenbacher Kickers in der 3. Liga geblieben war, den Aufstieg in die Bundesliga schaffte, freute ich mich riesig auf dieses Spiel.

Die sportliche Entwicklung hat die Lilien förmlich überrollt, die Infrastruktur ist nach wie vor die eines Amateurligisten, selbst die meisten Drittligisten können modernere Arenen vorweisen. So bestand der große Reiz dieses Trips darin, dass es eine Reise in die Vergangenheit werden würde und man nach all den neuen geleckten und sich nur in der Farbe unterscheidenden Arenen endlich mal wieder einem echten Stadion die Ehre erweisen würde.

Der Gästebereich war mit 2.200 VfBlern natürlich ausverkauft und dementsprechend eng ging es auch zu. Ursprünglich wollte ich zwar früh reingehen und noch ein paar Bilder machen, wenn das Stadion noch nicht zum Zerbersten voll ist und man sich auch im Gästebereich noch bewegen kann, aber, zu viele Leute getroffen, und dadurch diesen Plan gleich wieder verworfen.

Dass ich mich auf einer Reise in die Vergangenheit befand, drückte sich auch darin aus, dass auf meiner Sitzplatzkarte weder Block, noch Reihe, noch Platz aufgedruckt war und es auch nicht beschildert war, wo sich die Sitzplätze befanden. Weder Ordner noch Polizei konnten (oder wollten) mich darüber aufklären, so dass ich, da im eingezäunten Stehplatzbereich kein Durchkommen mehr war, auf einem recht steilen Gras- bzw. Dreckhügel Position bezog und mehr schlecht als recht die kleine Darmstädter Choreo und den Einlauf fotografieren konnte. In der Halbzeit bekam ich dann mit, dass man zu den Sitzplätzen nur durch Durchqueren des Stehplatzbereichs gelangen konnte, was unmittelbar vor Spielbeginn ohnehin aussichtslos gewesen wäre.

So weit, so gut, stand ich eben zunächst bei meinen Kumpels und wandte meine Konzentration hauptsächlich dafür auf, auf dem steilen Hügel nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten, was auch gut gelang. Weniger Glück und Geschick hatte ein Busmitfahrer vom RWS, der Purzelbäume bis hinunter auf den Asphalt schlug und sich das Schlüsselbein dabei brach, gute Besserung!

Viele Erinnerungen hatte ich nicht mehr an unseren letzten Auftritt am Böllenfalltor, der in der Saison 1981/1982 in einem 3:3 mündete und wo ich als Teenager schon dabei war, lediglich daran, dass der Block bei weitem nicht so voll war, konnte ich mich noch erinnern. Gefühlt war aber tatsächlich die Zeit dort stehengeblieben, was sich nicht nur an der altbackenen Stadionuhr zeigte.

Für mich war bereits im Vorfeld alles andere als ein Sieg indiskutabel. Wenn man das weitere Programm betrachtet, war Darmstadt die auf dem Papier mit Abstand einfachste Aufgabe, so dass ich hoffte, der VfB wäre sich der Wichtigkeit der Aufgabe bewusst und würde alles daran setzen, dort den möglicherweise vorentscheidenden Dreier einzufahren.

Darmstadt konnte bislang erst einen Heimsieg verzeichnen und setzt seinen limitierten fußballerischen Mitteln unbändigen Willen und Kampfgeist entgegen, den man als Gegner annehmen muss. Dass es, ähnlich wie in Ingolstadt, ein von Nickligkeiten geprägtes Spiel werden würde und die Darmstädter versuchen würden, Freistöße herauszuholen oder auch zu schinden, wusste man ebenfalls. Von einer Truppe, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun hat, als zu trainieren und sich mit Fußball zu beschäftigen, darf auch erwartet werden, dass sie aus den Fehlern, die in Ingolstadt begangen wurden, lernt, und dem Gegner nicht noch einmal ins offene Messer läuft. Sollte man erwarten können, beim VfB ist das aber wohl zu viel verlangt. Die Herren meinen weiterhin ihren ureigenen Stiefel herunter spielen zu spielen, egal wie der Gegner heißt, und sind dabei viel zu leicht auszurechnen. Wenn Didavi keine Lust hat und/ oder ihm noch ein, zwei Gegenspieler auf die Füße gestellt werden, bleibt an Kreativpotential lediglich noch Filip Kostic übrig, der zwar auch ausrechenbar ist, durch seine Schnelligkeit und seine Klasse aber dennoch noch in der Lage ist, gefährliche Situationen heraufzubeschwören. Das VfB-Spiel wird dadurch sehr linkslastig, was für den Gegner meist nicht allzu schwer zu verteidigen ist, wenn man sich eben in erster Linie darauf beschränken kann, die linke Seite zuzustellen.

Um einem willens- und kampfstarken Gegner Herr zu werden, bedarf es Ballsicherheit in den eigenen Reihen, also keine leichtfertigen Ballverluste. Durch Ballzirkulationen an Sicherheit gewinnen und sich den Gegner nach und nach zurecht legen, so sähe wohl die optimale Strategie im Duell David gegen Goliath aus. Von einer Bundesligamannschaft mit einem mindestens drei Mal so hohen Etat, wie ihn die Darmstädter zur Verfügung haben, sollte man erwarten können dürfen, dass sich die höhere Qualität der Einzelspieler auf dem Feld auch bemerkbar macht. Dazu bedarf es aber neben fußballerischem Können Konzentration und Einsatzwillen und das vor allem auf dem Platz und nicht nur mit „der Gosch“.

Die Vorzeichen waren also klar, umso unverständlicher wie schlampig man dann in ein solches Spiel geht und wie dumm man dabei dem Gegner in die Karten spielt. Obwohl die Darmstädter unlängst einen neuen Rasen verlegen ließen, unterliefen dem VfB von Beginn an dilettantische Stockfehler, so dass die Darmstädter schnell im Spiel waren und Lunte rochen.

Bereits in der 1. Minute lud man die Darmstädter beinahe zur Führung ein und diese Fahrigkeit setzte sich im weiteren Spielverlauf fort. Als man gerade den Eindruck hatte, der VfB würde Sicherheit in sein Spiel bringen, schickte Serey Dié durch einen schlampigen und zu kurz geratenen Rückpass unfreiwillig Sandro Wagner auf die Reise, welcher Tytoń keine Chance ließ und zur Darmstädter Führung vollendete. Mal wieder waren sämtliche Vorsätze über den Haufen geworfen, mal wieder ging es zu einem frühen Zeitpunkt hauptsächlich nur um Schadensbegrenzung.

Es wurde genau jenes dreckige Spiel, das der VfB befürchtete und das sich die Darmstädter wünschten. Daran zeigt sich die mangelnde geistige Reife dieser Truppe, wenn man sich ein ums andere Mal von limitierteren Teams den Schneid abkaufen und sich ihr Spiel aufzwingen lässt. Hier machte sich das Fehlen von Kevin Großkreutz schmerzlich bemerkbar, weil er einer der wenigen im Team ist, der sich nichts gefallen lässt und vor allem ein Spiel nicht einfach so über sich ergehen lässt. Serey Dié alleine als Aggressivleader ist derzeit schlicht überfordert und wirkt übermotiviert. Bezeichnend sein Frust-Post auf Instagram nach dem Spiel.

Der VfB kam zwar zu einem Zeitpunkt, als die Darmstädter gedanklich schon in der Halbzeit waren, jeweils nach Vorarbeit von Filip Kostic, zu einem Doppelschlag und zur schmeichelhaften Pausenführung. Wer aber gedacht hatte, der VfB würde von nun an seiner Favoritenrolle gerecht werden, sah sich getäuscht.

Während ich die Pause sinnvoll nutzte und mich zu den Sitzplätzen begab, befanden sich im Pausentee der Brustringträger offensichtlich Schlaftabletten. Anders ist es nicht zu erklären, dass man sich vom Wiederanpfiff weg in die eigene Hälfte drücken ließ und auch die erste Großchance von Wagner, die Tytoń mit einem Reflex vereitelte, nicht als rechtzeitigen Warnschuss verstand. Daher fiel der Ausgleich fast schon folgerichtig. Rausch schlug einen Freistoß hoch in den Strafraum, Tytoń lief zunächst heraus, um dann in bester bzw. schlechtester Ulreich-Manier abzubrechen und zögerlich den Rückwärtseingang einzulegen. Niemeyer bedankte sich und köpfte das 2:2. Ein klarer Torwartfehler des ansonsten guten Rückhalts Tytoń, der den VfB vor allem in den Schlussminuten vor noch Schlimmerem bewahrte.
Aufgrund der zweiten Halbzeit, in der der VfB keine ernsthafte Torchance mehr herausspielen konnte, müssen wir mit dem Punkt zufrieden sein. Müssen wir das wirklich? Nein, müssen wir nicht! Es ist doch bezeichnend, dass nach Ingolstadt der zweite Trainer des absoluten Underdogs befand, seine Mannschaft habe gegen den VfB ihr bestes Saisonspiel abgeliefert. Da eine Mannschaft immer nur so gut spielt, wie es der Gegner zulässt, liegt hierin das eigentliche Problem. Der VfB ist ein gerngesehener Gast und verteilt Gastgeschenke im Überfluss.

Der VfB hat es abermals versäumt, einen Bigpoint im Abstiegskampf zu landen, weist mit 33 Punkten nach 28 Spieltagen eine erbärmliche Bilanz auf, ergötzt sich aber daran, dass es auch Mannschaften in der Bundesliga gibt, die noch schlechter sind.

Während wir stinksauer das Stadion verließen und uns auf den Weg zu den Bussen machten, flachst ein Gentner vor laufenden Kameras und freut sich wohl mehr über sein sehenswertes Tor, als dass er sich über das Remis ärgern würde. Kramny meinte, nach dem Spielverlauf müsse man zufrieden sein, was man ja auch so stehen lassen kann, während sich Dutt bei Sport im Dritten zuversichtlich zeigte, die nötigen Punkte schon noch anderweitig einzufahren.

Dass die Konkurrenz weiterhin wenig bis überhaupt nicht punktet, darauf sollte man sich besser nicht verlassen. Auch wenn ich gerade Frankfurt und Darmstadt schon die zwei Siege kaum zutraue, die notwendig wären, um den VfB ein- bzw. zu überholen, der Teufel ist ein Eichhörnchen und gerade am Saisonende, wenn sich einige Teams gedanklich bereits im Urlaub befinden, hat man schon Ergebnisse erlebt, die man nicht für möglich gehalten hätte.

Nach dem Spiel gegen die Bayern geht es nach Bayerisch-Schwaben zum FC Augsburg, der sich in den letzten Jahren zu einem echten Angstgegner entwickelt hat und unseren Diven schon wieder ein dreckiges Spiel abverlangen wird, welches uns nicht schmeckt.

Danach kommt der BVB ins Neckarstadion, gegen den uns schon im Pokalspiel die Grenzen aufgezeigt wurden. Es kann zwar sein, dass der BVB zu diesem Zeitpunkt die Vizemeisterschaft bereits gesichert hat und noch in der Europaleague vertreten ist, und deshalb Stammkräfte schont, doch, auch dann neigt der VfB dazu den BVB light zu unterschätzen anstatt die Chance beim Schopfe zu packen.

Danach wartet die Reise ins Bremer Weserstadion, aus dem der VfB schon seit der Meistersaison keinen Dreier mehr entführen konnte. Sollte man nach diesen vier Spielen nichts Zählbares eingefahren haben, könnte es sein, dass wir zwei Spieltage vor Schluss mit dem Rücken zur Wand stehen und dann beginnen, den vergebenen Matchbällen nachzutrauern.

Didavis Wechsel zum VfL Wolfsburg scheint festzustehen, was die Frage aufwirft, weshalb man den Wechsel nicht endlich offiziell bestätigt. Ihn scheinen seine Abschiedstournee und das Versteckspiel eher zu hemmen, als dass es ihm helfen würde. Wie gegen Leverkusen auch schon, war Dida auch in Darmstadt schlechtester Mann auf dem Platz und offensichtlich mit den Gedanken nicht bei der Sache.

Vermutlich machte sein Berater Karl-Heinz Förster den Wechsel bereits Ende des letzten Jahres, als er auf der VfL-Geschäftsstelle gesichtet wurde, perfekt. Zum jetzigen Zeitpunkt würde eine Unterschrift bei der VW-Betriebssportgemeinschaft aus sportlicher Sicht wohl keinen Sinn machen, wenngleich er dort natürlich das Doppelte bis Dreifache „verdienen“ dürfte, wohingegen er mit Wolfsburg genauso wenig international vertreten sein dürfte, wie mit dem VfB.

Mit Didas Abgang werden wir uns also abfinden müssen. Umso mehr ist Robin Dutt gefordert, den wenigen anderen Guten das Bleiben schmackhaft zu machen und nicht noch weitere Qualität abzugeben. Kolportiert wird ja, dass man im Sommer Ablösesummen generieren müsse, wobei in diesem Zusammenhang immer wieder der Name Filip Kostic fällt. Ich hielte es für ein fatales Zeichen, auch wenn ich es Kostic nicht einmal verdenken kann, dass er lieber heute als morgen den Abflug machen würde. Von den besseren Verdienstmöglichkeiten einmal abgesehen, muss es für einen guten Fußballer auch unerträglich sein, von so vielen Rumpelfußballern umgeben zu sein und deshalb auf ewig lediglich gegen den Abstieg zu spielen.

Daher muss Dutts Maxime eher lauten, die Guten zu halten und das Team zu verstärken, anstatt die Guten ziehen zu lassen und im Gegenzug fleißig Verträge mit Spielern zu verlängern, bei denen man eigentlich froh sein müsste, dass deren Verträge (endlich) auslaufen. Es handelt sich dabei ja auch nicht nur um Spieler, die uns „nur“ fußballerisch nicht weiter bringen, nein, sie prägten den Charakter dieser Mannschaft über Jahre und zeichnen maßgeblich dafür verantwortlich, was sich in den letzten Jahren hier abspielte.

Außer Kostic stach von den Feldspielern noch Lukas Rupp positiv heraus und auch Gentner fiel wegen seiner schwachen Nebenleute nicht entscheidend ab. Rupp dürfte der nächste sein, der Begehrlichkeiten besser gestellter Vereine weckt, und der irgendwann auch nur zu halten sein dürfte, wenn es hier vorwärts geht und wir uns nicht ewig weiter im Kreis drehen.

Ob Kramny der Richtige ist, den großen Umbruch zu vollziehen und eine neue Teamhierarchie zu schaffen, daran wird man ihn messen müssen. Möchte er längerfristig auf der Kommandobrücke stehen und nicht das gleiche Schicksal wie unzählige seiner Vorgänger erleiden, wird ihm nichts anderes übrig bleiben, als das Übel an der Wurzel zu packen und die Mannschaft grundlegend zu verändern.

Für mich als Fan ist diese Mentalität der Truppe langsam unerträglich. Was in ihr steckt, blitzt immer wieder einmal auf, was fehlt, ist Konstanz und der Biss, auch dann an die Schmerzgrenze zu gehen, wenn ihr das Wasser nicht bis zum Hals steht. Das ist ein Mentalitätsproblem, welches tief verwurzelt ist, so dass uns nichts anderes übrig bleiben dürfte, uns auch von Spielern zu trennen, um die es menschlich schade wäre. Käme es denn so weit, wäre Mitleid allerdings auch fehl am Platz, denn, Gelegenheiten sich selbst einzubringen und auf ein besseres Leistungsklima hinzuwirken, hatten die Betroffenen in den letzten fünf, sechs Jahren zur Genüge. .

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22. März 2016

Der VfB ist wieder da!

Und zwar dort, wo man nach eigenem Selbstverständnis nicht hingehört, es sich aber Saison für Saison gemütlich macht, im Abstiegskampf nämlich, wobei Kampf in den noch verbleibenden sieben Spielen am besten großgeschrieben werden sollte. Aus acht Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz wurden an einem einzigen Spieltag lausige fünf Punkte, so dass sich der VfB de facto nicht mehr viele Ausrutscher leisten darf.

Seit der von Woche zu Woche peinlicher anmutenden Heimniederlage gegen Hannover 96 befindet sich der VfB in einer, wenn auch leichten, Abwärtsspirale. Nicht nur, dass mögliche Siege leichtfertig verschenkt werden stimmt bedenklich, sondern vor allem die Art und Weise, wie die Niederlagen in Mönchengladbach und gegen Bayer zustande kamen, und auch das Auftreten über weite Strecken in Ingolstadt, wo man beinahe hoffnungslos 4:1 zurückgelegen wäre.

Man muss kein Prophet sein, um sich aus den kommenden beiden Heimspielen gegen Bayern München und Borussia Dortmund nichts auszurechnen, am besten man schickt diese Punkte schon jetzt per Post nach Nordösterreich und in den Pott und schont seine ach so strapazierten Körper für die viel wichtigeren Auswärtsspiele in Darmstadt, in Augsburg und in Bremen, wo nach dem blutleeren Auftritt gegen Bayer Leverkusen mindestens vier Punkte herausspringen müssen, um nicht erneut einem Herzschlagfinale à la Paderborn 2015 entgegenzusteuern.

Es war einer jener unerklärbaren Auftritte, für die der VfB noch immer stets „gut“ ist. Leverkusen konnte von den letzten fünf Bundesligaspielen gerade eines gewinnen und das vor Wochenfrist mit Hängen und Würgen gegen den HSV. Hinzu kam das blamable Ausscheiden in der Europa League gegen Villareal und die Posse um Trainer Roger Schmidt, der drei Spiele von der Tribüne aus verfolgen musste. Der Stuhl des Trainers wackelte schon bedenklich, lässt er doch einen ähnlichen kraftraubenden Stil spielen wie es beim VfB Alexander Zorniger tat. Auch in Leverkusen zieht das Team nur so lang mit, so lang man damit erfolgreich ist, doch wehe dem, die Mühen lohnen sich nicht, dann droht der Trainer das Team zu verlieren, vor allem wenn die Öffentlichkeit das Alibi liefert und der Trainer bereits angezählt wird. In solchen Krisenzeiten gibt es für einen Bundesligaverein keinen dankbareren Gegner als den VfB, wenn wir etwas in Perfektion können, dann Aufbaugegner!

Für eine clevere Mannschaft ist die Herangehensweise gegen einen angeschlagenen und unter der Woche beschäftigten, zudem noch stark ersatzgeschwächten Gegner, klar. Man geht raus, man geht drauf, man lässt den Gegner laufen, zwingt ihn zu Fehlern und raubt ihm von Minute zu Minute mehr die Lust am Spiel. Das bedingt, dass man nah am Mann ist und voll konzentriert die Partie angeht und wenig Fehler im eigenen Aufbauspiel macht.

Soweit die Ausrichtung einer cleveren Mannschaft, kommen wir nun zum VfB. Über die diversen Social-Media-Kanäle bekommen wir ja mit, wie überragend die Stimmung im Team derzeit zu sein scheint, alle lachen, alle machen Späßchen, alle haben sich lieb, alle genießen das Leben. Dumm nur, wenn man mitten am Sonntagnachmittag aus dieser Gute-Laune-Welt herausgerissen wird und seine Arbeit verrichten muss. Zu keiner Zeit hatte man den Eindruck, die Jungs wären sich ihrer Aufgabe, aber auch ihrer Chance bewusst. Vermutlich hat sich auch keiner die Sportschau des Vortages angeschaut, hätte man doch während dieser Zeit die Playstation ausschalten müssen. Hätten sie das getan oder zumindest einen Blick auf die Tabelle gewagt, wäre ihnen eventuell bewusst geworden, was die Stunde geschlagen hat.
Leverkusen ist zwar der Angstgegner, aus den vorherigen elf Spielen gegen die Werkself ergatterte der VfB gerade einmal drei Punkte, und doch wäre die Chance groß wie selten gewesen, Bayer zu bezwingen und gleichzeitig einen Bigpoint im Abstiegskampf zu landen. Obwohl Bayer viele Ausfälle zu beklagen hatte und daher zwei junge Startelfdebütanten aufs Feld schickte, verbietet es sich einem Team wie dem VfB, das jahrelang ausschließlich um den Klassenerhalt spielt, einen Gegner zu unterschätzen und zu denken, man schlage jemanden im Vorbeigehen. Das ging bereits gegen Hannover 96 in die Hose, wobei dort noch viel Pech im Spiel war, dieser Schuss ging nun auch gegen Leverkusen nach hinten los, das trotz der vielen Ausfälle immer noch eine nominell topbesetzte Mannschaft auf dem Platz hatte. Man ist geneigt zu fragen „was erlaube Mannschaft“? Dieses Team darf in keinem Moment auch nur einen Prozentpunkt nachlassen und denken, es gehe mit links. Das verbietet die jüngere Vergangenheit, das verbietet das eigene Leistungsvermögen und vor allem verbietet das die noch immer prekäre Tabellensituation.

Fast 55.000 Zuschauer, perfekte äußere Bedingungen, es war alles angerichtet für ein Fußballfest aus VfB-Sicht und dann das! Der VfB, bei dem Florian Klein erwartungsgemäß, den schmerzlich vermissten Kevin Großkreutz ersetzte, überließ den Leverkusener vom Anpfiff weg die Initiative und bot bei den Leverkusener Sturmläufen lediglich interessierten Begleitschutz.

Hinterher wurde beklagt, dass man nicht in die Zweikämpfe kam, Leute, dafür müsst ihr erst einmal nah an euren Männern sein und die Zweikämpfe auch suchen. Ein Spiel, das vom Anpfiff weg nicht so läuft wie erhofft, kann man auch schon mal beruhigen und zunächst durch eigene Ballzirkulationen Sicherheit gewinnen. Dieser Möglichkeit ist man allerdings beraubt, wenn wie beim VfB, schon die Hälfte der Spieler Probleme mit dem Passspiel hat und keinen Ball stoppen kann. Deshalb wurden eigene Angriffsbemühungen bereits im Keim erstickt, die erste ernsthafte VfB-Chance gab es in der 40. Minute, als der Pegel bereits längst auf die Seite der Leverkusener ausgeschlagen hatte.

Das 0:1 in der 11. Minute leitete Daniel Schwaab mit einem Schlag ins Nichts selbst ein, um dann wenig später nicht nah genug am Torschützen Julian Brandt zu sein, so dass dieser ungehindert an Tytoń einschieben konnte. Dies war bereits die dritte gute Chance für Leverkusen, der sie bis zum Pausenpfiff zwei weitere Hochkaräter folgen ließen, die Tytoń klasse vereitelte, während dem VfB lediglich der erwähnte Torschuss durch Werner gelang.

Es war bereits im Vorfeld zu befürchten, dass uns der Ausfall von Kevin Großkreutz schwer treffen würde. Auch wenn er fußballerisch nicht immer zu glänzen weiß, bringt er all jene Tugenden ein, die man eigentlich von einem Fußballer erwarten können muss. Er verkörpert Mentalität und den absoluten Siegeswillen und lässt vor allem auf gut schwäbisch kein Hugoles mit sich treiben. Der zweite Aggressiv-Leader im Team, Serey Dié, war gestern zwar engagiert wie immer, aber letztlich überfordert, weil ihm die Unterstützung seiner Teamkollegen fehlte.
Großkreutz‘ Vertreter Florian Klein knüpfte nahtlos an seine „Leistungen“ an, die ihn seinen Stammplatz kosteten. Wenn dessen Leistungsvermögen schon genügen sollte, um sich für eine Kader-Nominierung zur Euro in Frankreich zu empfehlen, dann gute Nacht Österreich.

Serey Dié war auch deshalb fast schon zu bemitleiden, weil sein Nebenmann Christian Gentner einmal mehr einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte. Sind es noch seine Achillessehnenprobleme, die ihn daran hindern, ordentlich Fußball zu spielen und vor allem Zweikämpfe zu bestreiten? Setzt man auch angeschlagen auf ihn, weil er eine Stammplatzgarantie im Vertrag stehen hat oder ist es einfach uncool, den Kapitän auch mal auf die Bank zu setzen? Es war mal wieder eines jener Spiele, in denen es einen Kapitän gebraucht hätte, der aufrüttelt, der mit gutem Beispiel voran geht, sich einfach zeigt und nicht untertaucht, sobald nichts zusammen läuft.

Das Fass zum Überlaufen brachte für mich jene Aktion gut zehn Minuten vor Schluss, als der VfB zum allerersten Mal in diesem Spiel so etwas wie Druck erzeugte und die Leverkusener langsam müde wurden.
Wohl einen Schwächeanfall erleidend blieb der Leverkusener Yurchenko nach einem Zweikampf auf Höhe der Mittellinie liegen, was unseren Kapitän dazu bewog, den Ball ins Seitenaus zu spielen und damit den vielversprechenden Angriff jäh zu unterbrechen. Somit bewarb sich unser Kapitän lieber um den Fairnesspreis, anstatt er alles dafür tun würde, dem Spiel noch eine Wende zu verleihen. Für mich absolut unverständlich! Selbstredend bin auch ich für fairen, sauberen Sport. Wer diesen in der Bundesliga meint zu finden, ist aber auf dem Holzweg und das sollte Gentner eigentlich wissen. In 99,9% der Fälle dienen solche Schauspieleinlagen dazu, auf Zeit zu spielen und den Angriffsschwung des Gegners zu unterbinden. Dass ausgerechnet unser 30-jähriger Kapitän auf das schändliche Verhalten eines Bundesliga-Greenhorns hereinfällt bedarf keiner weiteren Worte.

In solchen Situationen haben die Schiedsrichter die klare Maßgabe, das Spiel unterbrechen zu können, wenn sie den Eindruck haben, es habe sich jemand schwerer verletzt. Diese Entscheidung obliegt also dem Schiedsrichter und niemand anderem sonst, so dass sich hinterher auch keiner zu beklagen braucht, wenn weiter gespielt wird. Da Gentner an diesem Tag allenfalls durch Quer-, Rück- und Fehlpässe auffiel, könnte sein Beweggrund natürlich auch der gewesen sein, dass wir so wenigstens in Ballbesitz blieben.

Hätte Gentner den Ball nicht ins Aus gespielt, hätten wir dieses Spiel, in dem wir eindeutig die schlechtere Mannschaft waren, wohl auch nicht gewonnen, aber, es hätte die Initialzündung für eine emotionale Schlussphase werden können und das Publikum wäre nochmal richtig da gewesen.

Auch die zweite Halbzeit begann denkbar schlecht. Wer erwartet hatte, der VfB hätte sich während des Pausentees auf eine Aufholjagd eingeschworen und würde sich nun zusammenreißen, wurde enttäuscht. Das Spiel der ersten Hälfte setzte sich fort. Bereits fünf Minuten nach dem Seitenwechsel fing Wendell eine Flanke per Kopf am eigenen Strafraum ab, der Ball gelangte zum starken Julian Brandt, der nahezu unbedrängt, gut, Serey Dié setzte sich beim Abwehrversuch auf den Hosenboden, unbehelligt vom viel zu langsamen Emiliano Insúa über das komplette Feld spazierte, zum (frei stehenden) Nationalspieler Bellarabi passen konnte, welcher humorlos zum 0:2 abschloss. Damit war der Käs gegessen, der Fisch geputzt, nichts ging mehr an dem aus VfB-Sicht rabenschwarzen Sonntag-Nachmittag. Leverkusen hatte noch weitere hochkarätige Chancen, traf Pfosten und Latte und verzweifelte ansonsten am mit Abstand besten Stuttgarter Przemyslaw Tytoń.

Erster Auswechselspieler war Daniel Didavi, für den in der 54. Minute Kravets kam. Es war wohl die mit Abstand schlechteste Vorstellung unseres Spielmachers, an die ich mich, zumindest zu Hause, erinnern kann. Er war überhaupt nicht im Spiel und brachte es auf eine erbärmliche Zweikampfquote von 20%. Ob ihm die unter der Woche erneut aufkeimenden Wechselgerüchte nach Wolfsburg zugesetzt haben oder er dem noch immer in der Verlosung befindlichen potentiellen Arbeitgeber Bayer Leverkusen nicht weh tun wollte, sei dahingestellt. So hilft er uns jedenfalls nicht weiter, zu schade, dass Alexandru Maxim seine Chancen als Vertreter bislang nie nutzen konnte. Für alle Seiten wäre es wohl das Beste, Didavi würde sich endlich erklären, wohin die Reise in der nächsten Saison geht. Als VfB-Fan wüsste man gerne, woran man ist und Dida selbst müsste für die Öffentlichkeit kein falsches Spiel mehr spielen. Denn, intern wird sicherlich längst bekannt sein, wie er sich entschieden hat.

Ab der 68. Minute, als Kramny Maxim und Tashchy für Werner und Serey Dié einwechselte, setzte der VfB noch einmal alles auf eine Karte und trat offensiv zumindest etwas mehr in Erscheinung als zuvor, ohne jedoch das Tor von Bernd Leno so richtig in Gefahr bringen zu können. Der VfB stand sich weitestgehend selbst im Weg und hätte vermutlich auch noch eine Stunde länger spielen können, ohne ein Tor zu erzielen. Die Leverkusener waren über die gesamte Spieldauer hinweg die fußballerisch bessere und auch torgefährlichere Mannschaft, weshalb es an ihrem Sieg auch nichts zu deuteln gibt.

Aus einer Mannschaft, gespickt mit Totalausfällen, ist es zwar etwas unfair, mit den einen härter ins Gericht zu gehen als mit anderen. Und doch ist außer Daniel Didavi auch über Timo Werner zu sprechen. Ihm gelang gestern einmal mehr überhaupt nichts. Er wirkte auf mich unkonzentriert wie selten. Wurde er angespielt sprang ihm der Ball fünf Meter weg, so dass immer ein Gegenspieler zur Stelle war und ihm das Leder stibitzen konnte. Nach hohen Bällen sprang er zwar, Problem dabei, ihm fehlte stets das Timing, so dass es meist recht unbeholfen aussah und er unter den Bällen hindurchsprang. Ob ihn die Wechselgerüchte aus der Woche so sehr beschäftigten, wo von kolportierten 20 Millionen Ablöse ambitionierter Vereine wie Borussia Dortmund und Red Bull Leipzig die Rede war?

Dazu würde mich über einen O-Ton von Timo Werner freuen, der bislang stets betonte, der VfB sei sein Verein und er könne es sich nicht vorstellen, woanders zu spielen. Für mich gibt es dabei nur zwei Möglichkeiten: entweder die Wechselgerüchte sind Quatsch und Werner lässt sich für kein Geld der Welt weglocken, dann sollte man ihn stärken und ihn in der Zukunft in ein System einbinden, das ein wenig auf seine Stärken zugeschnitten ist. Wenn Timo Werner eines nicht ist, dann ein Mittelstürmer. Als alleinige Spitze fehlen ihm die Durchsetzungsstärke und auch der kaltschnäuzige Torabschluss. Sollte uns Kostic im Sommer tatsächlich verlassen, wäre Werner auf Linksaußen besser aufgehoben.

Hat aber bei Timo Werner ein Umdenken eingesetzt, womöglich unter anderem darin begründet, dass ihn der VfB kürzlich noch wie Sauerbier in England angeboten und auch gegen die Verbalattacken von Zorniger nicht geschützt hatte, hätte der VfB die volle Verhandlungsmacht und könnte unter Umständen allein für Timo Werner 50% dessen erlösen, was eine Ausgliederung in die Kassen spülen würde. Das wäre also eine große Chance für Robin Dutt und den Verein, Einnahmen zu generieren, wobei mir noch immer die erste Variante lieber wäre, einfach weil er ein Junge von hier ist und den Brustring im Herzen trägt.

Unsere Spieler täten gut daran, erst einmal den Klassenerhalt zu sichern und all ihre Kraft und Konzentration dem Noch-Arbeitgeber zu widmen, anstatt sich gedanklich mit mutmaßlich höheren Weihen zu beschäftigen.

Leverkusen genügte also eine durchschnittliche Leistung, um dem VfB den Garaus zu machen. Ob es der VfB in Darmstadt schafft, eine ähnliche Reaktion zu zeigen wie nach dem 0:4 in Mönchengladbach, als man drei Tage danach Hoffenheim mit 5:1 aus dem Stadion schoss, wage ich zu bezweifeln.

Dieses Mal hat man relativ wenig Zeit, diese Darbietung aufzuarbeiten, da die nächste Bundesligapause ansteht und sich viele Spieler in aller Herren Länder aufmachen, um für ihre Heimatländer aufzulaufen. So wird bis zum 2. April diese Niederlage und vor allem das Wie aus den meisten Köpfen sein. Ob gerade die Nationalspieler, die in der Pause ihre Visitenkarte in den Fußballtempeln dieser Welt abgeben, den Schalter so schnell umlegen und sich auf ein dreckiges Spiel am heruntergekommenen Böllenfalltor in Darmstadt einstellen können, darf bezweifelt werden.

Dieses Unterfangen muss ohne Georg Niedermeier angegangen werden, der sich nach einem rüden Foul seine fünfte gelbe Karte einhandelte und somit gesperrt sein wird. Wie die Innenverteidigung gegen die vor allem bei Standards brandgefährlichen Lilien aussehen wird, steht wohl noch in den Sternen. Zu schön um wahr zu sein wäre es, wenn Federico Barba bis dahin schon einsatzfähig wäre. Selbst wenn, glaube ich, wird man ihn zunächst behutsam heranführen und kein weiteres Risiko mehr mit ihm eingehen. Daher dürfte wohl eher Toni Šunjić seine nächste Bewährungschance neben Daniel Schwaab erhalten, einen Vorgeschmack auf dieses wackelige Duo gab es ja bereits in der zweiten Halbzeit in Ingolstadt.

Apropos Ingolstadt, Darmstadt dürfte ein ähnlich unangenehmer Gegner sein, gegen den eher mit einer rustikalen Spielweise als mit Hacke, Spitze, eins, zwei, drei beizukommen ist. Problem dabei ist jedoch, dass das diese Truppe nach etlichen Jahren Abstiegskampf noch immer nicht verinnerlicht hat.

Ein Gutes kann man den teils katastrophalen Vorstellungen in den letzten Wochen aber dann doch noch abgewinnen. Robin Dutt kann mit sich selbst in Klausur gehen und sich hinterfragen, ob es tatsächlich angebracht ist, Spielern, die die Gesichter des sportlichen Niedergangs der letzten fünf Jahre sind, Vertragsverlängerungen hinterherzuwerfen oder ob man nicht doch eher froh sein sollte, dass diese (endlich) auslaufen. Die 2016 und 2017 auslaufenden Verträge bieten die Chance, sich von langjährigen „Stützen“ zu trennen und dem VfB eine Frischzellenkur zu verpassen.

Man darf sich jetzt von ein paar ordentlichen Vorstellungen zu Beginn des Jahres nicht blenden lassen, sondern muss das große Ganze sehen. Den „Charakter“ dieser Truppe, und dafür zeichnen nun mal die langjährigen Angestellten maßgeblich verantwortlich, sieht man gerade jetzt wieder. Nach ein paar wenigen Siegen, nach dem Sprung in vermeintlich beruhigendere Gefilde in der Tabelle, macht man es sich wieder bequem in der Wohlfühloase und denkt, es gehe von selbst. Dieses Nachlassen könnte noch ganz fatale Folgen für den VfB haben, weil es das Restprogramm in sich hat. So gesehen ist Darmstadt schon das Schlüsselspiel, ich befürchte, danach werden nicht mehr viele Punkte eingefahren werden können. Augsburg und Bremen sind zwar auf dem Papier auch noch lösbare Aufgaben, aber, es sind Gegner, die uns nicht liegen und Orte, in denen die Trauben in den letzten Jahren für uns sehr hoch hingen.

Daher muss der Kader kurzfristig mit mehr Typen wie Kevin Großkreutz und Serey Dié verstärkt werden, die bereit sind in jedem Spiel 100% zu geben und nicht erst dann, wenn uns das Wasser bis zum Hals steht.

Ich freue mich schon heute auf Darmstadt. Endlich mal wieder ein richtig altes Stadion mit dem Flair der 1980er-Jahre und das Kontrastprogramm zu den Einheitsarenen der Neuzeit. 1982 war ich schon einmal zu einem Bundesligaspiel dort, Endstand damals 3:3, was in zwei Wochen schon zu wenig wäre. In diesem Sinne, drink positive, Auswärtssieg!

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