22. Januar 2017

Mittendrin statt nur dabei

Auch wenn man das eigene Team mitunter verflucht und nicht mehr sehen kann, wenn die beiden letzten Spiele gegen Hannover 96 und die Würzburger Kickers sang- und klanglos verloren gehen, ist man nach ein paar Wochen Erholungspause für uns und dem Urlaub für die Spieler wieder heiß darauf, zu sehen, wie es weiter geht.

Die Hoffnung auf bessere Zeiten stirbt ja bekanntlich zuletzt, zudem war ich sehr gespannt, wie Trainer Hannes Wolf in Lagos seine erste Vorbereitung angehen werden würde.

Da die Sommertrainingslager mittlerweile sehr überlaufen sind und, vor allem wenn sie in den Sommerferien stattfinden von Familien mit kleinen Kindern und jungem Partyvolk übervölkert sind, findet man im Wintertrainingslager doch eine Atmosphäre vor, in der man „unter sich“ ist.

Hauptsächlich Allesfahrer verschiedener Fanclubs und Ultras-Gruppierungen sind dann vor Ort, eben Leute, die man kennt und mit denen man die Gelegenheit hat, sich besser kennenzulernen und gemeinsam etwas zu unternehmen.

Dass das Trainingslager außerdem auch die Möglichkeit bietet, dem kalten und grauen Deutschland eine Woche lang den Rücken zuzukehren und Sonne fürs Gemüt zu tanken, ist eine positive Begleiterscheinung, auch wenn man natürlich nicht drin steckt, welches Wetter einen denn erwarten würde.

Bereits vor zwei Jahren schlug der VfB an gleicher Stelle seine Zelte auf, damals war es für Portugal eher frisch und regnerisch. Wir hatten seinerzeit schon mal Temperaturen um die 12°, wenn dann noch Nieselregen und der typisch böige Wind am Atlantik hinzu kommen, wird es auch im Südwesten Europas ziemlich ungemütlich.

Dieses Mal freilich wurden wir von Sonne pur verwöhnt, das Thermometer kletterte nahe an die 20°-Marke und der Wind war nur an den ersten beiden Tagen etwas frisch. Als es bereits dem Ende unseres Aufenthalts zuging, erfolgte ein Temperatur-Sturz mit deutlich frischeren Temperaturen, ohne allerdings, dass der Sonnenschein nachgelassen hätte.

Der VfB buchte sich vom 13. bis zum 20. Januar ins Cascade Wellness & Lifestyle Resort ein. Wir planten unseren Aufenthalt umgehend nach Bekanntgabe des Termins, ebenfalls für eine Woche und nur um einen Tag nach vorne versetzt. Dies rührte daher, dass wir donnerstags günstig ab und bis Memmingen nach Faro reisen konnten, was uns leider das erst während des Trainingslagers vereinbarte Spiel in Huelva gegen Lausanne Sports (1:0) am Donnerstagabend kostete.

Im Vorfeld stimmten wir uns mit den Stammtrainingslagerfahrern ab, dass wir unser Domizil im 4-Sterne-Hotel Tivoli Lagos aufschlagen würden, das mitten im Zentrum von Lagos gelegen ist und einen Mietwagen bedingte, sofern man nicht vier Mal am Tag einen 45-minütigen Fußmarsch zum Trainingsgelände und zurück in Kauf nehmen oder aufs Taxi angewiesen sein wollte.

Den Mietwagen, der dank kostenlosem Upgrade ein Nissan Qashqai geworden ist, holten wir direkt am Flughafen ab und fuhren Donnerstagabend die 80 Kilometer von Faro nach Lagos. Einige Bekannte, die den gleichen Flieger ab Memmingen genommen hatten, trafen wir im Hotel wieder, so dass wir gegen 23 Uhr noch zusammen ins Adega da Marina essen gingen. Dieses Lokal gleicht eher einer Kantine denn einem Restaurant, so dass ich bereits bei unserem letzten Aufenthalt anmerkte, dort nicht mehr unbedingt hin zu wollen, doch, Donnerstagabend, 23 Uhr, hatten wir keine andere Möglichkeit mehr, so dass die Mahlzeit, Stichwort gewürzte Knochen, letztlich den Hauptzweck erfüllte, und uns so stärkte, um zum Abschluss des anstrengenden Anreisetages noch das eine oder andere Bierchen trinken zu können.

Den nächsten Tag dann hatten wir „frei“, da mit der Mannschaft erst gegen Spätnachmittag zu rechnen war. Planmäßige Ankunft des Teams war um 12 Uhr mittags in Lissabon, der noch eine gut dreistündige Busfahrt runter an die Algarve folgen sollte. Anders als noch vor zwei Jahren betrieb man nicht den Aufwand, den Mannschaftsbus gut 2.500 Kilometer voraus zu schicken, nur um die Mannschaft vom Flughafen abzuholen und wieder dorthin zu bringen. Die Wege in Lagos für das Team sind kurz, so dass der Bus noch vor zwei Jahren während des gesamten Aufenthalts eigentlich nur sinnlos herumgestanden war.

Wir nutzten unseren freien Tag ein paar kleinere Stadien entlang der Algarve abzuklappern und Bilder davon zu machen. Nahe Quarteira erinnerte ich mich an ein Schweizer Lokal in der Nähe, in dem ich während der Euro 2004, als wir unser Quartier in Quarteira aufgeschlagen hatten und per Mietwagen zwei Mal hoch nach Porto und einmal nach Lissabon zu den deutschen Spielen fuhren, das beste Cordon Bleu entlang der Algarve verköstigte.

Da beim ergoogeln der genauen Adresse Bewertungen vom Januar 2015 ins Auge stachen, stieg die Wahrscheinlichkeit, dass es das Restaurant noch gibt und auch, dass es im Winter geöffnet haben könnte. Eigentlich kamen wir zu spät dort an. Bis 15 Uhr hätte es warme Küche gegeben, das Küchenpersonal war nach Hause geschickt und doch wirkte bei der Gastwirtin meine Geschichte von 2004 und vor allem, dass ich mich noch an das gute Cordon Bleu von damals erinnern würde. So stellte sie sich selbst an den Herd, beorderte ihre greise und schwer auf den Beinen befindliche Mutter her und fing für uns das brutzeln an. Uns allen hat es sehr gemundet, so dass sich dieser Abstecher schon einmal gelohnt hat.

Den Gedanken, auch noch die Stadien in Faro in Angriff zu nehmen, verwarfen wir dann wieder. Zum einen machte das Essen träge und bremste unseren Tatendrang, zum anderen hatte es auch durchaus seinen Charme, das Team direkt nach Ankunft begrüßen zu können.

So fuhren wir also zurück und erhielten kurz vor der Ankunft am Tivoli eine SMS mit der Info, dass die Mannschaft ab 18 Uhr ihr erstes Training auf portugiesischem Boden im Estádio Municipal Fernando Cabrita in Lagos abhalten würde. Aufgrund schwerer Turbulenzen im deutschen Luftraum wegen des Wintereinbruchs war die Mannschaft verspätet gelandet. Da Hannes Wolf auf dieses erste Training Wert legte und der Trainingsplatz am Hotel kein Flutlicht besitzt, zog man kurzerhand ins Stadion um, was uns Gelegenheits-Groundhoppern natürlich sehr gelegen kam.

Das „Hallo“ war dann erst einmal groß, schließlich kennt man sich inzwischen, vor allem die Konstanten im Staff, ob Holger Laser, Günne Schäfer, Klenky, Peter Reichert oder Meuschi. Jedem mal hallo sagen. Hier wurde die Gelegenheit genutzt erste organisatorische Dinge in Erfahrung zu bringen und sich erklären zu lassen, weshalb bspw. Günther Schäfer entschied, den Mannschaftsbus zu Hause zu lassen. Das Training selbst war kurz und diente lediglich der Auflockerung der von Flug und Busfahrt geschundenen Muskulatur, für uns Fotografen waren die Lichtverhältnisse im Stadion sehr bescheiden, so dass der Smalltalk am Rande des Trainings ganz klar im Vordergrund stand.

Am nächsten Morgen dann stand das erste Training am Mannschaftshotel an. Dort trafen dann auch immer mehr (bekannte) VfBler ein, die vorwiegend von Frankfurt/ Hahn aus einschwebten, so dass sich auch da zunächst einmal eher Begrüßungsrituale und fachkundige Gespräche entwickelten, als dass man konzentriert das Training beobachten würde.

Da nicht nur die Mannschaft für die Rückrunde gewappnet sein muss sondern auch wir Fans und am Trainingsplatz erwartungsgemäß wieder kein Getränkeverkauf stattgefunden hat, führte uns unser erster Weg nach dem Training, jetzt wo wir nahezu komplett waren, zunächst einmal in den Supermarkt. Wie bei einem Flashmob fanden sich in diesem unverabredet immer mehr VfBler ein, so dass wir zeitweise den kompletten Betrieb lahm legten.

Wir, eben ganz Schwaben, hatten ein Sonderangebot über 20 Sagres-Fläschchen im Auge, von dem sich lediglich zwei Pack im Regal befanden. Da das 30er-Päckle ungefähr das Dreifache dessen kostete, machten wir Rabatz an der Kasse, dass sich schnellstmöglich jemand ins Lager bewegen und Nachschub besorgen sollte.

Nach kurzen Diskussionen wurde diesem Wunsch dann auch entsprochen, auch wenn die Wartezeit daraufhin zäh war. Währenddessen „warnten“ wir später eintreffende VfBler vor dem (teuren) Fehlkauf, so dass ein heilloses Durcheinander im Intermarché die Folge war und sämtliche Kassen blockiert waren. Nachdem alles zu unserer Zufriedenheit abgewickelt war, feierten wir eine kleine aber feine spontane Supermarkt-Parkplatz-Party, das Leben ist schön!

Danach ging es dann zu unserem ersten Fußballspiel während unseres Aufenthalts, erneut ins Estádio Municipal Fernando Cabrita zum 4.-Ligaspiel C.F. Esperança de Lagos-Futebol Clube de Ferreiras, welches 1:1 endete. Knapp 200 Zuschauer, darunter zwischen 20 und 30 VfBler sahen einen Kick auf mäßigem Niveau, der dennoch lustig war und Spaß machte. Bei Bier für einen Euro, Erdnüssen und Sonne pur lernten wir in der Kürze der Zeit sogar die Lieder der Lagos-Fanszene, welche teilweise Ohrwurmcharakter besitzen und einen bis heute nicht mehr los lassen.

Den darauf folgenden Abend, an dem erstmals alle zusammen waren und die Shaker-Bar unsicher gemacht wurde, würde ich schon heute als legendär bezeichnen. Noch habe ich keine allzu aussagekräftigen Bilder oder gar Videos davon gesehen, weiß aber, dass welche „in der Mache“ sind.

Am nächsten Morgen um 11.15 Uhr besuchten wir dann noch das 2. Liga-Spiel SC Portimonense- Sporting Lissabon B im Estádio Municipal de Portimão. Die gut 20 Kilometer lange Anfahrt sollte sich lohnen, war dort doch etwas mehr Stadionatmosphäre zu spüren als tags zuvor in Lagos. Die langen Schlangen, sowohl an den Ticketschaltern als auch später zum Einlass ins Stadion ließen nichts Gutes vermuten, waren wir doch schon recht knapp dran. So verpassten wir die Anfangsminuten dieses einseitigen Spiels, das Portimão klar mit 4:0 für sich entschied. Die Uhrzeit wäre prädestiniert gewesen, einen Frühschoppen abzuhalten, leider wurde jedoch nur alkoholfrei ausgeschenkt. Hat diese Unsitte also auch schon die zweite portugiesische Liga erreicht, mir fehl(t)en die Worte.

Nach dem Spiel hieß es die Füße in die Hand zu nehmen und sich zu sputen, wartete doch schon um 14 Uhr das Aufeinandertreffen unserer Brustringträger mit dem MSV Duisburg auf uns, dem einzigen VfB-Testspiel während unseres Aufenthalts.

Eine Trainingseinheit verpassten wir an diesem Morgen nicht, Trainer Hannes Wolf legte offensichtlich wert auf eine frische Mannschaft und echte Erkenntnisse aus diesem Test. Diese waren dann schließlich, dass sich die Truppe defensiv zu stabilisieren scheint, vorne jedoch noch die Durchschlagskraft fehlt, folgerichtig das Ergebnis: 0:0.

Hannes Wolf hat gleich zu Beginn des Trainingslagers den Mannschaftsrat selbst bestimmt, wohl auch, um einem unerwünschten und unvorhersehbaren Wahlergebnis vorzugreifen und dieses somit zu verhindern. Meiner Meinung nach fand er dabei eine gute Mischung, die zugleich Achse auf dem Platz werden soll, indem er Keeper Mitch Langerak, Abwehrchef Timo Baumgartl, Kapitän und „Mittelfeld-Regisseur“ Christian Gentner sowie Sturmtank Simon Terodde für befähigt hält, in dieser Truppe den Ton anzugeben. Charakterlich hat er bei seiner Auswahl sicherlich ins Schwarze getroffen, inwieweit sich deren Standing im Team weiter erhöht und sie die Akzeptanz des restlichen Teams haben werden, bleibt abzuwarten. Akzeptanz erwirbt man sich immer am besten dadurch, wenn es einem gelingt, mit Leistung voran zu gehen.

Am nächsten Tag stand für mich nach dem einzigen Training am Vormittag ein absolutes Highlight auf dem Programm. Seit 1983 war ich unzählige Male an der Algarve und schlug dabei vor allem in den „wilden“ 80ern mein Lager stets in Sagres auf. Sagres ist bis heute eine Oase der Ruhe und Anziehungspunkt für unzählige Hippies und Aussteiger, fernab des Massentourismus à la Praia da Rocha (bei Portimão) und Albufeira.

Mit dem Örtchen, in dem mein damaliges Stammlokal Rosa Dos Ventos leider geschlossen ist und in sich zusammen zu fallen scheint, verbinden mich unzählige schöne Erinnerungen, so dass es immer auch eine Reise in die Vergangenheit ist, an einen Ort an dem man die Seele baumeln lassen kann.

Etwa sechs Kilometer von Sagres entfernt befindet sich das Cabo de São Vicente, der südwestlichste Zipfel Europas, an dem mittlerweile in den Sommermonaten die letzte Bratwurst vor Amerika verkauft wird.

Die für die Algarve typische Felsküste, der nahe gelegene Strand von Beliche, die Wellen, die von allen Seiten an die Felsen knallen, all das macht für mich das Cabo zu einem magischen Ort, an den ich bei jedem Algarve-Aufenthalt gerne und fast zwangsläufig zurückkehre.

Vor zwei Jahren noch peitschte der Wind derart, dass wir die Autotüren kaum öffnen konnten, dieses Mal war es weitaus angenehmer bei mäßigem Wind und strahlendem Sonnenschein. Mit den anderen VfBlern verabredeten wir uns am Kap, machten schöne Erinnerungs- und Gruppenfotos und nahmen schließlich in Sagres an der Praca da Republica noch einen kleinen Imbiss ein, bevor es wieder zurück nach Lagos ging. Da am Abend kein Training angesetzt war, konnten wir diesen Nachmittag sehr gechillt verbringen und vor allem ich in Erinnerungen schwelgen.

Der Abend im einzigen Irish Pub von Lagos, der zudem nur etwa 50 Meter entfernt von unserem Hotel entfernt ist, hatte es dann auch noch in sich. Ich weiß nicht mehr, wie oft wir an diesem Abend unser letztes Bier getrunken haben, jedenfalls zogen sich diese bis fast vier Uhr morgens hin. Der Wirt, aufgrund seines Bartes selbsternannter Santa Claus von Lagos und seine hinter dem Tresen schuftende Tochter schlossen das Lokal pflichtgemäß um 2 Uhr nachts ab.

Dann bekamen wir im eigentlichen Nichtraucher-Lokal Aschenbecher hingestellt und wurden gebeten, uns ruhig zu verhalten, da die Polizeistunde bereits vorüber war und die waschechten Iren sonst Ärger bekommen könnten. So entwickelte sich ein extrem lustiges Beisammensein, bei dem man schnell die Zeit vergaß!

Am nächsten Morgen schwächelten mein Zimmergenosse und ich dann, indem wir die Aufforderung, „wer bis 9 Uhr nicht fertig ist, kann liegenbleiben“ wörtlich (wie auch sonst?!) nahmen und liegen blieben. Die anderen setzten die Stadiontour gen Faro fort, wir starteten weitaus gemütlicher in den Tag und päppelten uns mit Kaffee und Mineralwasser langsam auf. Noch ohne gefrühschoppt zu haben, wurden wir von Holger Laser für vfb-tv zum Interview gebeten, was vielleicht erklärt, dass ich sprichwörtlich einen Kloß im Hals hatte. Naja, war ja „nur“ für die VfB-Familie…

Die Tradition eines Fanabends, bei dem sich einige Spieler und Offizielle an der Bar des Mannschaftshotels blicken lassen und der VfB die Zeche (bis zu einer bestimmten Uhrzeit) für Bier, Wein und Softgetränke übernimmt, setzte sich auch dieses Mal fort. Im Gegensatz zu so manchem Sommertrainingslager, wo der komplette Trainerstab und alle Spieler diesen Pflichttermin wahrnehmen (müssen), werden bei Wintertrainingslagern in der Regel eine Handvoll Spieler abgesandt.

Die Anordnung der Spieler auf die Tische war recht ungleich um nicht zu sagen unglücklich verteilt. Saßen an einem Tisch mit fünf Fans gleich vier Spieler (Großkreutz, Özcan, Gentner, Zimmer) konnte sich bspw. mein Tisch und jener nebenan um Matthias Zimmermann „streiten“.

Mitch Langerak war einziger Matador an einem weiteren Tisch, sowie Simon Terodde an jenem vom Rest unserer Reisegruppe. Terodde muss dabei einen erstklassigen Eindruck hinterlassen haben und war selbst so interessiert an unserem Fan-Leben, dass er auch einige Fragen mitgebracht hatte. Zudem richtete er durch die Blume formuliert Erwartungen an die Fans was deren Umgang mit der Mannschaft betrifft. Besonders im Gedächtnis blieb ihm dabei seine Zeit bei Union Berlin und deren Kodex, die eigene Mannschaft niemals während des Spiels auszupfeifen, ihr den Rücken zuzukehren oder das Spiel vorzeitig zu verlassen.

Langerak interessierte mich an diesem Abend ohnehin weniger, weil ich mich mit ihm in Grassau schon ausführlich unterhalten konnte, Großkreutz und Gentner waren ohnehin von einigen umgarnt, so dass ich dann nach einiger Zeit und einigen Bier doch noch mit Matthias Zimmermann ins Gespräch einstieg.

Leider fehlte mir bei ihm eine vernünftige Basis, weil er ziemlich desinteressiert wirkte und Phrasen wie vor Fernsehkameras von sich gab. Unter der Hand war während des Camps schon wieder zu hören, dass es in der Mannschaft Grüppchen gäbe, die eher gegen- als miteinander arbeiten würden, so dass ich Zimmermann unter anderem nach dem Teamgeist und ob alle miteinander auskämen befragte, wobei er mit „alles bestens“ antwortete. Dass Spieler, bei dem, was sie sagen, vorsichtig sind und einem nicht alles aufs Brot schmieren, ist natürlich und bin ich ja auch gewohnt, dass einer dabei aber stromlinienförmig antwortet und keine Vorlagen liefert, auch zwischen den Zeilen zu lesen, langweilt mich dann schon extrem.

Berkay Özcan sprach ich dann, kurz bevor er ging, auch noch an und redete mit ihm über den Mercedes-Benz Juniorcup, bei dem er im Vorjahr noch Spieler und in diesem Jahr Zaungast war. Dabei war seine steile Karriere und auch seine Freundschaft zu Mesut Özil ein Thema. Der Junge gefiel mir, weil er schnell, authentisch und ungekünstelt antwortete und einen freundlichen Eindruck hinterließ.

Außer Kevin Großkreutz (!) verließen die anderen Spieler die Veranstaltung nach und nach, so dass wir, auch weil wir nach dem offiziellen Teil weiter bleiben durften, in sehr gute Gespräche mit Fanbetreuung, Ultras und Fanclubvertretern einstiegen und so einiges über deren jeweilige Organisation und Aktionen erfuhren. Dies unterstrich einmal mehr den Zusammenhalt in der Fanszene und dass man eher nach dem gemeinsamen Nenner als nach Konfrontation strebt. So war dies an diesem Abend für mich das eigentliche Highlight.

Der Abend wurde lang und wäre möglicherweise noch länger geworden, wenn nicht vier Vertreter einer kleineren Ultras-Gruppierung, die mir schon beim Hochhalten eines Banners über Bibiana Steinhaus gegen Heidenheim negativ aufgefallen war, nichts Besseres zu tun gehabt hatten, als in der Hotelbar eines Luxushotels niveaulose Gesänge anstimmen zu müssen und nicht einmal bemerkt haben, dass dies in jeglicher Hinsicht, nicht nur des Ambientes wegen, daneben war und keiner der anderen Anwesenden mit eingestimmt hatte.

Das war negativer Höhepunkt eines ansonsten sehr schönen Abends. Dafür dürfen wir dem VfB dankbar sein und es weiterhin nicht als selbstverständlich erachten. Deshalb ärgert es mich auch sehr, wenn einige wenige bei solchen Gelegenheiten über die Stränge schlagen und die Gefahr dadurch erhöhen, dass solche Fanabende irgendwann der Vergangenheit angehören könnten.

Freilich würde sich der Verein ein Stück weit auch ins eigene Fleisch schneiden, würde er jene bestrafen, die sich zu benehmen wissen. Als Fan hat man nämlich selten Gelegenheit so nah am Puls des Vereins zu sein und sich durchaus auch die Sorgen und Nöte der Protagonisten anzuhören und für gewisse Verhaltensmuster ein Verständnis zu entwickeln. Daher können solche Fanabende dem Verein auch nützen, vor allem wenn man sich in der Bringschuld sieht und Vertrauen neu aufbauen möchte. In lockerer Atmosphäre unter Palmen und weit weg vom sonst vorherrschenden Ligadruck lässt es sich gut aufeinander zugehen!

Quelle: vfb.de

An unserem letzten Tag standen noch zwei Trainingseinheiten an. Während der ersten lud die Fanbetreuung einige Auserwählte zu einem Gespräch nach dem zweiten Training mit dem inzwischen eingeflogenen Präsidenten Wolfgang Dietrich ein. Dieser sei interessiert an einem Gespräch mit dem anwesenden Querschnitt an Fans, was ich sofort begrüßte.

Dietrich hat sich nach seinem schlechten Wahlergebnis, schließlich war er der alleinige Präsidentschaftskandidat, auf die Fahne geschrieben, die Leute mitnehmen und bis zur nächsten Mitgliederversammlung die Zustimmung für ihn steigern zu wollen.

Wenngleich ich Dietrich nicht gewählt habe und mir dabei weniger seine Vorgeschichte als S21-Sprecher und sein Schaffen als ehemaliger Inhaber eines undurchsichtigen Firmengeflechts ein Dorn im Auge waren, als die Tatsache, dass er wieder mal einziger Kandidat des ungeliebten Aufsichtsrats war und gegen alle Widerstände durchgeboxt wurde, habe ich es mir nach seiner Wahl vorgenommen, möglichst unvoreingenommen heranzugehen und zu gegebener Zeit über seine Taten zu urteilen.

Auch wenn die Art und Weise seiner Wahl weh tat und noch immer weh tut, muss jetzt der Verein im Vordergrund stehen. Dass dieser wieder in ruhigere Fahrwasser gerät, dafür braucht es Ruhe und keine Nebenkriegsschauplätze.

Dass sich Dietrich auch noch nach seiner Wahl auf Werbetour zu befinden scheint, spricht für sich und unterstreicht, wie er kämpfen muss, um die VfB-Gemeinde zu einen und von sich zu überzeugen. Diese “Tingelei” empfinde ich jedoch als legitim und, wie man hört, sehen bereits jetzt viele in ihm einen guten Präsidenten und den Verein insgesamt mit dem neuen Vorstand gut aufgestellt. Vom Fanclub Courage Gerlingen, den er beim Auftakt seines Jubiläumsjahres (10 Jahre) beehrte, hörte ich bereits, dass er dort einige Pluspunkte sammeln konnte.

Dass sich Dietrich überhaupt die Zeit nimmt und von sich aus an einem Dialog mit den Fans interessiert ist, werte ich jedenfalls als Positivum, dass wir binnen 24 Stunden zum zweiten Mal im erlauchten Ambiente des Mannschaftshotels empfangen wurden, als nicht selbstverständlich und schönen Nebeneffekt. Für Fragen ein anderes Ressort betreffend hat Dietrich zudem Marketing-Vorstand Jochen Röttgermann mitgebracht, der ebenfalls aktiv in die Runde eingebunden war.

Dietrich machte in Sachen Ausgliederung aus seinem Herzen keine Mördergrube und erklärte, dass sie für ihn zwar unumgänglich sei, die Entscheidung darüber, so oder so, jedoch in diesem Jahr vom Tisch sein müsse und dann auch als gegeben akzeptiert werde. Er wolle zwar keine Kritik an seinen Vorgängern üben, ABER, auf gut deutsch gab es in den letzten vier, fünf Jahren nur dieses eine Thema, weshalb das Tagesgeschäft sträflich vernachlässigt wurde.

Der Vereinsführung ist es klar, dass zunächst einmal Vertrauen der Mitglieder zurückgewonnen werden muss, ehe man reelle Chancen hat, die Ausgliederung durchzubekommen. An diesem Vertrauen kann u. a. durch solche Gespräche, VfB im Dialog oder auch durch Regionalversammlungen gefeilt werden, wenngleich alles mit der sportlichen Entwicklung steht und fällt.

Mein Hinrunden-Fazit fiel fatal aus und barg die unmissverständliche Forderung nach charakterstarken Neuzugängen, vorrangig im zentralen Mittelfeld, in sich. Bislang ist eher das Gegenteil der Fall, der VfB gab Spieler wie Sunjic, Sama und Besuschkow ab und verstärkte sich lediglich mit Julian Green. Dass bisweilen auch bei Abgängen von „Verstärkungen“ geredet werden kann, begründet sich damit, wenn man unzufriedene Spieler mit Stinkstiefelpotential von der Kaderliste bekommt und dadurch schon die Stimmung im Team angehoben wird. Unzufrieden waren die Genannten allesamt, ob sie auch schlechte Stimmung verbreiteten vermag ich nicht zu beurteilen.

Aus der Unterredung mit Dietrich blieb ferner hängen, dass Hannes Wolf davon überzeugt sei, mit diesem Kader den Aufstieg zu schaffen, unabhängig davon, ob noch Neuzugänge verpflichtet werden können oder nicht.

Auf meine Frage, ob denn noch der eine oder andere neue zu erwarten sei, antwortete Dietrich dann auch vorsichtig, für mich jedoch absolut plausibel und nachvollziehbar. Der VfB sei gewillt auch nicht nur einen einzigen Euro bei Transfergeschäften zu verschwenden. Man werde nur Spieler holen, die die Mannschaft sofort weiterbringen und keine für die Bank. Bankdrücker habe man bereits genügend, die seien es gewohnt, während Neue Unzufriedenheit und Unruhe hineinbrächten.

Ferner sei es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig Spieler zu finden, die unser Team sofort verstärken, im Fall des Aufstiegs auch bundesligatauglich und gleichzeitig bereit wären, auch ein zweites Jahr zweite Bundesliga zu spielen.

Julian Green habe man nur geholt, weil ihn Marc Kienle aus seiner Zeit als Jugendleiter bei den Bayern kennt und Jürgen Klinsmann als US-Nationaltrainer, der noch immer nah am Verein ist, nur Gutes über den Jungen zu berichten gehabt habe.

Dies unterstreicht doch unser aller Forderung, künftig neben den fußballerischen Fähigkeiten vor allem auf die charakterlichen Eigenschaften zu achten und Schnellschüsse zu vermeiden. Unter dieser Prämisse kann ich mittlerweile gut ohne weitere Neuzugänge leben, bevor man sich Legionäre wie vor Jahresfrist Artem Kravets ins Haus holt, die einzig und allein an ihrem Gehaltsscheck interessiert sind und dem Gesamtgefüge eher schaden.

Zudem habe ich großes Vertrauen in die Arbeit von Hannes Wolf und traue es ihm zu, dass er aus dieser jetzt bestehenden Truppe das Bestmögliche herausholen und der Aufstieg in einer relativ schwachen 2. Liga auch ohne weitere Zukäufe ohne Wenn und Aber gelingen wird.

Ich ging mit einem guten Gefühl aus diesem Austausch und hoffe, dass sich dieses nicht als trügerisch erweist. Es ist bei weitem nicht so, dass ich nicht auch gerne noch einen namhaften Neuzugang hätte, bin aber Realist genug einzusehen, dass die Möglichkeiten auf dem Wintertransfermarkt stark beschränkt sind und zuerst die Bundesligisten zugreifen dürfen, bevor die unterklassigen Teams dran sind.

Zum Abschluss dieser Unterredung stand uns in kleinem Kreis dann noch Jochen Röttgermann Rede und Antwort und erweckte dabei ebenfalls einen lockeren und zugänglichen Eindruck.

Mein Eindruck von Wolfgang Dietrich nach dieser Runde hat sich etwas gebessert. Es scheint wirklich so zu sein, dass sich der Verein öffnet und transparenter werden möchte, wenn einem angeboten wird, jederzeit um ein persönliches Gespräch bitten zu können, was sowohl Dietrich als auch Röttgermann betraf.

Dietrich erweckte immerhin den Eindruck, sich Sorgen und Nöte von Fans und Mitgliedern anhören und sich ihrer annehmen zu wollen. Ob diese neue Offenheit nur ein Strohfeuer ist und wir Dietrich, wie viele befürchten, erst noch richtig kennen lernen werden, wird die Zukunft erweisen.

Ich für meinen Teil werde seinen weiteren Werdegang weiterhin misstrauisch und kritisch begleiten, hoffe aber, dass er die anfänglichen Zweifel zerstreuen kann und der Verein endlich zur Ruhe kommt.

Quelle: https://www.facebook.com/wolfgangdietrich

Noch aber sind meine größten Hoffnungsträger in diesem Verein Jan Schindelmeiser und Hannes Wolf, die schon jetzt, nach kurzem Wirken, einen neuen Geist hineinbrachten und weniger reden als dass sie schaffen. Es siecht schwer nach einem konsequenten Plan aus, was sie bisher bewerkstelligt haben. Der Kaderumbau ist, trotz beschränkter Möglichkeiten jetzt im Winter, in vollem Gange und wird sicherlich im Sommer sehr gravierend ausfallen. Diesen Herren sollte unser volles Vertrauen gelten, auch wenn wir, wie zum Ende der Vorrunde erlebt, vor Rückschlägen auch in Zukunft nicht gefeit sein werden. Die 2. Liga bietet die große Möglichkeit, den Verein zu konsolidieren und gleichzeitig auf ein solides Fundament zu stellen, und das im Einklang mit dem großen Ziel direkter Wiederaufstieg.

Vor allem Wolf erweckt mir den Eindruck, dass bei allem, was er tut, ein Plan dahinter steckt und er nichts dem Zufall überlässt. Trainer sind bei uns in den letzten Jahren bereits genug gescheitert, es ist an der Zeit, dass wir mal einem vertrauen und nicht gleich wieder alles schlecht reden, wenn etwas auf Anhieb nicht wie geschnürt läuft. Auch das ist ein Fazit unseres Portugal-Trips, jeder, wirklich jeder schwärmt in höchsten Tönen von Hannes Wolf, so dass auch wir Fans einen Teufel tun sollten, ihn wie viele seiner Vorgänger vom Hof zu jagen, bevor seine Mission hier nicht erfüllt ist. In einigen Zeitungsartikeln vor Weihnachten wurde bereits Kritik an Wolf laut, aus der Fanszene weniger. Es gilt auch hier zusammen zu stehen und dem Neuaufbau die nötige Zeit einzuräumen, ohne bereits jetzt wieder Köpfe zu fordern. Das sollte uns die jüngere Vergangenheit gelehrt haben, es kommt selten was noch Besseres nach!

Nach Lagos ist vor St. Pauli. Ich zähle bereits die Tage, bis es mal wieder um Punkte am Millerntor geht. Dort erwartet den VfB gleich die erste Reifeprüfung bei einem Gegner, der zum Ende der Hinrunde Morgenluft schnupperte und sich im Winter ordentlich verstärkt hat. Jedem, der nur annähernd mit Fußball etwas am Hut hat, ist es klar, dass es in St. Pauli nur über den Kampf gehen wird und man Nehmerqualitäten an den Tag legen muss. Dort kann sich zeigen, ob das Team aus dem Würzburg-Debakel seine Lehren gezogen hat, wenngleich sich die Mannschaft auch (fast) ohne Neuzugänge verändert hat. Die Neubesetzung des Mannschaftsrats gibt eine klare Hierarchie vor, Ginczek ist wieder fit und Anto Grgic scheint sich mittlerweile (endlich) ins Team gespielt und die Variationsmöglichkeiten im Mittelfeld erhöht zu haben.

Ich freue mich sehr auf kommenden Sonntag, schätze ich nicht nur die einzigartige Atmosphäre am Millerntor, sondern hege auch Sympathien für den Kiez-Club und habe einige Freunde dort.

Diese Freundschaft wird jedoch während der 90 Minuten ruhen, spielen wir in der gleichen Liga gibt es auch für mich selbstredend nur den VfB und nichts Anderes. St. Pauli wünsche ich zwar den Klassenerhalt, jedoch keine Punkte am Sonntag. Eher im Gegenteil, hat St. Pauli der gute Auftritt im Neckarstadion zu Saisonbeginn und die späte und unglückliche Niederlage im weiteren Saisonverlauf eher geschadet, hoffe ich nun auf einen desaströsen Auftritt der Kiez-Kicker mit gegenteiligem weiteren Verlauf in der Rückrunde.

Der VfB kann sich wieder großer Unterstützung sicher sein, bei keinem anderen Spiel in dieser Runde zuvor schien die Kartennot so groß gewesen zu sein, wie vor dem Aufeinandertreffen mit dem FC St. Pauli. St. Pauli ist nicht nur wegen des Stadions und der Atmosphäre ein Highlight im Fußballkalender, nein, auch die Stadt Hamburg lockt und ist jederzeit eine Reise wert.

So bemüht sich scheinbar jedermann um Karten. Viele, die jetzt noch händeringend nach Karten suchen, sind sogenannte Rosinenpicker, die diese eine Spiel auswärts machen wollen, die man sonst und zu ungünstigeren Anstoßterminen aber eher selten antrifft. Das sind dann auch jene, die die horrende Preistreiberei auf den einschlägigen Internetplattformen am Leben erhalten, indem sie für ihr einziges Auswärtsspiel bereit sind, tief in die Tasche zu greifen. Jedem dieser „Fans“ sei angeraten, überteuert erworbene Tickets dem Verein zu melden, damit dieser gegen den Verkäufer vorgehen kann. Mittlerweile wird jedes verkaufte Ticket mit der Seriennummer registriert, so dass jenen Leuten, die sich auf Kosten echter Fans eine goldene Nase verdienen möchten, der Garaus gemacht werden kann und sie von weiteren Ticketkäufen ausgeschlossen werden können. Es wäre wünschenswert, ginge der Verein konsequent gegen sie vor.

Dies ist jedoch nur ein Randthema in der noch immer vorherrschenden Euphorie. Die VfB-Gemeinde ist heiß auf den Rückrundenstart, heiß auf unser vermeintlich letztes Halbjahr in der 2. Liga. Um diese Euphorie am Leben zu erhalten, wäre ein ordentlicher Start in St. Pauli und bei den darauffolgenden zwei Heimspielen gegen Düsseldorf und Sandhausen Gold wert.

Ich bin zuversichtlich, dass Wolf seine Jungs langsam dort hat, wo er sie haben möchte und die Mannschaft nach und nach kapiert, was Wolf von ihr erwartet. Dies ist meine Erkenntnis des Trainingslagers, es kann auch ohne weitere Neuzugänge funktionieren, wenn ein Rädchen ins andere greift und Wolf die vorhandene Truppe besser gemacht hat. Unser bester Fußballlehrer seit langem ist Wolf für mich jetzt schon, hat er es geschafft, in der Winterpause aus diesem Spielermaterial eine funktionierende und ordentlich spielende Mannschaft zu formen, hat er das Zeug ein wirklich Großer zu werden. Wir werden sehen!

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5. Dezember 2016

Magisches Dreieck Vol. II

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , , , – Franky @ 21:27

Die 2. Liga und vor allem die noch immer gewöhnungsbedürftigen Spieltermine sind für uns VfBler noch immer Neuland. Auch für mich, dem als Allesfahrer und natürlich Berufstätigem oftmals die Zeit oder auch „der Kopf“ fehlt, die Geschehnisse rund um den VfB zu Papier zu bringen und die Spiele zu kommentieren. So also erst heute ein kleiner Rückblick auf das Montagspiel gegen Nürnberg sowie die Nachbetrachtung unseres Kurztrips ins Erzgebirge.

Ich muss es zugeben, vor dem Nürnberg-Spiel hatte ich schon ein wenig Bammel, dass es die zweite Heimniederlage nach Heidenheim setzen könnte. Einfach weil die Nürnberger, ähnlich wie Köln, zu Bundesligazeiten stets ein Gegner waren, mit dem wir zu Hause unsere liebe Müh und Not hatten.

Zudem haben die Nürnberger nach schlechtem Saisonstart in die Spur gefunden und mausern sich zu einem ernsthaften Aufstiegsanwärter. Sieben Spiele in Folge waren die Nürnberger ungeschlagen, während der VfB nach Dresden zuletzt immerhin vier Mal in Folge den Platz nicht als Verlierer verlassen hatte. So standen sich also zwei „Serientäter“ gegenüber und es gab mit dem Glubb im Neckarstadion ein Team seine Visitenkarte ab, das erst einmal geschlagen werden wollte.

Der VfB wurde von den zehn bis jetzt angesetzten Heimpartien als DIE Attraktion der 2. Liga fünf Mal montags zum Dienst bestellt. Dem Nürnberg-Spiel folgen noch das gegen Hannover 96 und jenes im Februar gegen Fortuna Düsseldorf, worüber die Cannstatter Kurve mittels eines Banners gegen die Ansetzungen ihren Unmut kundtat.

Mir als Stuttgarter passen die Montagsspiele zwar auch nicht, weil einfach der Vor- und Nachklang der Spiele zu kurz kommt und doch ist es mir noch lieber montags zu Hause als in der Fremde antreten und dafür Urlaub opfern zu müssen. Daher sehe ich das als Allesfahrer und in Anbetracht der Umstände, die der Abstieg eben mit sich bringt, pragmatisch und finde bisher, es hätte uns schlimmer treffen können.

Pünktlich zu diesem Heimspiel in der dunklen Jahreszeit zog auch der Winter in Bad Cannstatt ein, so dass uns ein frostiger Abend bei Temperaturen um die sechs Grad unter dem Gefrierpunkt bevorstehen sollte. Auf der einen Seite jammere ich als Liebhaber einer Freiluftsportart nicht gerne darüber, zumal ich auch schon das Spiel gegen Hoffenheim bei minus 17 Grad und jenes 1994 im Münchner Olympiastadion bei minus 16 Grad und eisigem Wind überstanden habe. Und doch merkte ich, dass ich auf diese eisige Kälte Ende November noch nicht eingestellt war und hoffte umso mehr auf ein erwärmendes Spiel.

Trainer Hannes Wolf verzichtete gegen den Club auf den von einer Gelbsperre zurückgekehrten Kevin Großkreutz, was diesem nicht sonderlich geschmeckt haben dürfte. Großkreutz bittet einerseits um Geduld, was das Erlangen seiner Topform angeht und ist doch Profi genug, um Frust zu schieben, wenn ihn der Trainer auch mal draußen lässt.

Plausibel fand ich die Erklärung Wolfs dazu, dass er Pavard den rechten Verteidiger mimen ließ, weil die Trainer hohe Bälle auf die schnellen Nürnberger Außen erwarteten und ihnen Pavard als Antwort darauf passender erschien.

Wolf verlangt seinen Spielern in Sachen Flexibilität einiges ab und geht diesbezüglich mit gutem Beispiel voran. Es scheint, alles was Wolf macht, habe Hand und Fuß und sei vor allem sehr gut durchdacht. Es steht dem VfB unter Wolf sehr gut zu Gesicht, dem jeweiligen Gegner Respekt zu zollen, indem man das eine oder andere Mal auch seine Aufstellung danach ausrichtet, „welche Themen der Gegner anzubieten hat“. Dadurch ist schließlich auch der VfB selbst dann schwerer ausrechenbar.

Gegen die Franken kehrte der VfB vom in Berlin praktizierten 3-4-3 zum 4-1-4-1 zurück, wobei Zimmermann den einzigen Sechser mimte und Gentner, Maxim, Mané und Asano die einzige Spitze Simon Terodde füttern und unterstützen sollten. Dies klappte auf Anhieb sehr gut. Der VfB und insbesondere Simon Terodde entwickeln sich mehr und mehr zu den Frühstartern der Liga. Mané auf Asano, dieser mit klasse Übersicht zu Terodde und es stand 1:0 in der 3. Minute. Da war er doch, der erste erwärmende Moment des Abends.

Auch das gefällt mir beim Wolf’schen Fußball. Meine Idealvorstellung einer unter der Woche nur trainierenden Mannschaft ist es ja seit eh und je, dass sie den Spielen entgegenfiebert und mit den Hufen scharrt, bis es endlich raus geht auf den grünen Rasen und sie alles in Grund und Boden rennen möchte.

Jahrelang war aber eher das Gegenteil der Fall. Es sah nach lästiger Pflichterfüllung aus und die ersten Halbzeiten plätscherten ohne Esprit und Höhepunkte vor sich hin.

Das ist nun anders. Man merkt der Mannschaft mittlerweile an, dass sie sich etwas vorgenommen hat, wenn sie vom Anpfiff weg nach Lösungen in der Offensive sucht und, vor allem zu Hause, sehr aktiv und initiativ ist.

Positiver Nebeneffekt dabei ist, dass im modernen Fußball das 1:0 oft der Wegweiser ist, in welche Richtung ein Spiel läuft und es somit weitaus erfolgsversprechender ist, selbst die Initiative zu übernehmen, anstatt einfach mal abzuwarten, was denn der Gegner so drauf hat.
Phasenweise spielt der VfB bereits jetzt einen tollen Fußball. Die Abwehr um Timo Baumgartl stabilisiert sich mehr und mehr, Kaminski scheint sich festzuspielen und in Mané, Asano und Terodde erwächst ein neues magisches Dreieck. Auf den defensiven Außen entwickelt sich Pavard zu einer echten Alternative für Kevin Großkreutz und der einst so wechselwillige Florian Klein steht derzeit tatsächlich auf dem Abstellgleis, während Emiliano Insúa, auch mangels echter Alternative, über fast jeden Zweifel erhaben ist.

Noch sind diese tollen Phasen zu rar gestreut, das weitere Augenmerk von Wolf wird darauf ausgerichtet sein, diese guten Phasen länger, im Optimalfall auch mal für neunzig Minuten, hinzubekommen.

Nach einer Führung neigt der VfB nach wie vor dazu, einen Gang zurück zu schalten und dem Gegner den Ball zu überlassen. Dann regiert die Devise „Safety first“, so dass die Abstände zwischen Defensive und der Offensive zu groß und der Weg zum Tor dadurch zu weit sind. In Berlin rächte sich dies, gegen den Club zum Glück nicht, weil es gelang wenigstens das 2:0 nachzulegen.

Hier sind vor allem unsere zentralen Mittelfeldspieler wie Zimmermann und Gentner gefragt, die Räume noch besser zu nutzen und ein Gespür dafür zu entwickeln, wann der Risikopass nach vorne die bessere Alternative ist, als der Rückpass zu einem Abwehrspieler.

Wolf ist aus Dortmund sicherlich ein anderes Level in diesem Bereich gewohnt, so dass man gespannt sein darf, ob es personelle Veränderungen geben wird, wenn Wolf erstmals an der Kaderzusammenstellung mitwirken darf. Spieler wie Gündogan, Sahin, Kehl, Bender, Weigl und einige andere wird sich der VfB zwar nicht leisten können, aber vielleicht solche, die das Zeug und vor allem die Spielintelligenz und Zweikampfstärke mitbrächten, zu einem solchen Kaliber entwickelt zu werden.

Mané und Asano aber entwickeln sich durch ihre Schnelligkeit und Ballfertigkeit immer mehr zu Waffen im Aufstiegskampf.

Beide sind auf Leihbasis beim VfB, Mané für zwei Jahre, Asano für ein Jahr, jedoch mit Option auf ein weiteres. Bei Mané soll sich der VfB eine Kaufoption für 15 Millionen Euro gesichert haben, was bei Asano nicht der Fall ist.

Jedoch könnten dem VfB die Folgen des Brexit in die Karten spielen, sollte „Ausländern“ der Zugang in den englischen Arbeitsmarkt weiter erschwert und Asano die „Arbeitserlaubnis“ auf der Insel verwehrt bleiben.

Die 15 Millionen Euro für Mané muten sich als Zweiligist zwar als utopisch an, jedoch, steigt man auf und möchte man sich langfristig in der Bundesliga etablieren, benötigt man eine gute Mannschaft und Spieler wie Mané, die den Unterschied ausmachen können.

Bei Mané sehe ich durchaus das Potential seines Fast-Namensvetters Leroy Sané, der für gut vierzig (!) Millionen Euro von Schalke zu Manchester City wechselte. Nicht immer ist also sparen gleich sparen. Man muss bei einem Spieler, der eine hohe Rendite verspricht, auch mal in ein kalkuliertes Risiko gehen.

Gegen Nürnberg machte sich der VfB das Leben schwer, indem durch leichtfertige Stockfehler gute Umschaltmöglichkeiten schon im Ansatz verschenkt wurden und man die Clubberer so nach der frühen Führung überhaupt ins Spiel kommen ließ.

Daraufhin zeigte der Club dann auch, dass mit ihm zu rechnen ist und der VfB hatte Glück, dass gerade in jener Phase, als die Franken dem Ausgleich mit einem Pfostentreffer bedrohlich nahe kamen, das 2:0, wiederum durch Terodde, glückte.

Mané schlug eine Flanke von rechts, Maxim schlug unfreiwillig über den Ball, doch Terodde, ganz Goalgetter, irritierte das nicht, so dass er überlegt einschieben konnte.

Terodde traf damit im fünften Ligaspiel in Folge und schraubte seine Ausbeute auf acht Treffer in diesen fünf Spielen. Damit entschied Terodde auch das Duell der Top-Torjäger klar für sich und kam durch sein zehntes Saisontor bis auf einen Treffer an Guido Burgstaller, den Führenden der Torjägerliste, heran. Die derzeitige Treffsicherheit von Terodde kommt damit auch der Rekonvaleszenz von Daniel Ginczek zu Gute, nimmt sie doch etwas vom Druck, Ginni zu früh rein werfen und ein zu hohes Risiko eingehen zu müssen.

Nach dem Seitenwechsel kontrollierte der VfB die Partie weitestgehend und verwaltete den Vorsprung, wobei man die Vorentscheidung mehrmals nur knapp verpasste. Als Nürnberg dann zur Schlussoffensive ansetzte und zehn Minuten vor dem Ende zum Anschluss kam, wurde es unnötigerweise noch einmal eng, ehe Asano in der Nachspielzeit nach feinem Zuspiel von Mané den Schlusspunkt zum 3:1 setzte.

Das WIE war mir an diesem frostigen Abend völlig egal. Das Wichtigste war, dass wir in den entscheidenden Momenten effektiv genug waren, einen ernsthaften Mitaufstiegs-Konkurrenten zu schlagen und uns vom Leibe zu halten. Ich titelte kürzlich, „der VfB ist wieder in der Spur“, was durch diesen wichtigen Sieg noch einmal unterstrichen wurde.

Gestern sollte dann einer der Leckerbissen der Saison für einen Fußball-Nostalgiker wie mich folgen. Es ging ins schöne Erzgebirge, zum FC Erzgebirge (Wismut) Aue.

Aue hat inzwischen dem SV Meppen den Rang abgelaufen, wenn es für Erstligisten um den Inbegriff für die 2. Liga geht. Vor einigen Jahren formulierte Hansi Müller seine Gedanken in der Form, dass er nicht im November bei fünf Grad nach Aue wolle, als man ihn auf einen möglichen Abstieg angesprochen hatte. Gut, ganz so kam es nicht, war es schließlich bereits Dezember und die Temperaturen entsprechend auch schon im Bereich unter null Grad.

Leider befindet sich das Erzgebirgsstadion momentan im Umbau, so dass lediglich 10.000 Zuschauer Platz finden und das halbe Stadion eine Baustelle ist. Für mich tat dies dem besonderen Flair jedoch keinen Abbruch. Er war auch unter diesen Umständen zu spüren, dieser ehrliche Fußball, der dort noch malocht wird und dessen Vereinshymne nicht von ungefähr das Steigerlied der Bergleute-Zunft ist.

Die frühen Anstoßzeiten in der 2. Liga fordern auch uns Fans einiges ab, klingelte am Sonntagmorgen, der eigentlich zum ausschlafen gedacht ist, schon um 4 Uhr der Wecker. Gegen halb sechs stiegen wir in Ditzingen-Ost in den RWS-Bus und begaben uns auf die rund 420 Kilometer lange Reise. Leere Autobahnen die ganze Fahrt über, so dass wir überraschend schnell unser Ziel erreichten und genügend Zeit verbleiben sollte, noch einige Freunde und Bekannte zu treffen.

Leider hatten wir diese Rechnung zunächst einmal ohne die sächsische Polizei gemacht. Diese passte uns auf einer Einfallstraße nach Aue, genauer gesagt im Örtchen Raum (!) ab und zwang uns zum Halt. Dann hieß es, man wolle „die“ Busse gesammelt zum Stadion eskortieren. Dumm dann natürlich für diejenigen, die beizeiten abfuhren! Da die Polizei offensichtlich keinen Plan hatte, auf wie viele Busse sie überhaupt zu warten hätte, beließ man es dabei, die Eskorte zu starten, nachdem fünf, sechs weitere Busse eingetroffen waren.

Wir wurden also zum Busparkplatz eskortiert, wo der nächste Ärger auf uns wartete, weil der Parkplatz schon recht vollgeparkt war und dabei die Wendekreise der Busse nicht bedacht wurden und unser Kutscher eine gefühlte Ewigkeit lang rangieren musste, um überhaupt in den Parkplatz hinein manövrieren zu können. Da fragt man sich manchmal wirklich, wer solche „Strategien“ ausheckt, zumal es im Umfeld des Spiels und des Stadions ruhig blieb und auch im Vorfeld keine Ausschreitungen zu befürchten waren.

So war der erste Eindruck über unsere Gastgeber kein sonderlich guter. Durch diese Aktionen hatten wir bereits wertvolle Zeit verloren und entschlossen uns, nach einem schnellen Bierchen am Bus, uns zu unserem Eingang zu begeben. Mir gelang es unter der Woche noch, unsere Karten für den Gästeblock G gegen welche auf der Gegentribüne E zu tauschen, von wo aus eine bessere Aussicht auf unsere Fankurve zu erwarten war.
Da laut Stadionordnung und Faninfos davon auszugehen war, dass es Probleme mit allen Kameras größer einer kompakten geben könnte, ließ ich „die Große“ vorsichtshalber gleich zu Hause und nahm nur die Kompaktkamera mit. Wie bereits in einigen anderen Spielen, wo ich mich eher im Heimbereich positionierte und mir nicht sicher war, wie man als Fan mit gegnerischer Fankleidung aufgenommen bzw. ob man mit dieser überhaupt hereingelassen werden würde, entschied ich mich für neutrales Outfit. So gab es am Einlass überhaupt keine Probleme, das Ordnungspersonal, mit dem ich an diesem Tag zu tun hatte, war durchweg freundlich und auch kompetent.

Drinnen bemerkte ich dann schnell, dass auch VfB-Outfit kein Problem dargestellt hätte, tummelten sich doch einige VfBler in unserem Bereich. Den auf meiner Eintrittskarte aufgedruckten Platz hätte ich zum fotografieren vergessen können, war er doch sehr nah am Zaun neben dem Pufferblock zum Gästebereich und zudem noch mit einer dicken Reif-Schicht belegt.

Da die Ordner und auch die Auer Fans sehr entspannt waren, konnte man sich im Block gut bewegen und vorne an der Bande stehen, natürlich in Bereichen, wo man niemandem die Sicht versperrte. Es gibt ja viele Stadien, in denen sofort ein Ordner zur Stelle ist, und einen anweist, seinen angestammten Platz einzunehmen, dies war in Aue zum Glück nicht der Fall.

Wie überall, wo es Vollbier gibt, testete ich auch dort gleich einmal den Bierstand, beließ es jedoch bei einem Bierchen, bevor mir bei einem weiteren der Becher an die Hand gefroren wäre. Es war bitter kalt an diesem Nachmittag.

Wolf startete mit einer Änderung im Vergleich zum Nürnberg-Spiel, Özcan durfte für Maxim ran, der überhaupt nicht im Kader war. Die offizielle Sprachregelung lautete „muskuläre Probleme“, wenn man jedoch Maxims Körpersprache in den letzten Wochen und Monaten betrachtet und sieht, dass er es auch topfit oft nicht in die erste Elf schafft, liegt die Vermutung nahe, dass er sich mit seinem Standing nicht anfreunden kann und es deshalb zu Differenzen gekommen ist. Sei’s drum, es zählen ohnehin keine Einzelschicksale, wichtig ist der Mannschaftserfolg.

Der VfB begann die Partie äußerst verhalten und ließ Aue das Spiel machen, während man selbst auf Konter lauerte. Dies ist immer eine gefährliche Herangehensweise, vor allem dann, wenn der Gegner diese Einladung annimmt und den VfB in die eigene Hälfte drückt. Aue gelang das jedoch nur bedingt. Hervorragend gelang zwar ihr Pressing, das den VfB zu zahlreichen Ballverlusten zwang, doch, sie spielten ihre Angriffe oft nicht zu Ende, schlossen überhastet ab oder der letzte Pass wurde schlampig gespielt.

Deshalb wurde die anfängliche Passivität des VfB nicht bestraft, im Gegenteil. Nach Özcan-Ecke verlängerte Pavard zu Timo Baumgartl, welcher völlig frei zum 0:1 einköpfen konnte. Es war Baumgartls allererster Treffer im 53. Pflichtspiel und in seinem 50. Liga-Spiel für den VfB. Wie sich Baumgartl in die Arme von Trainer Wolf warf, zeugt von einem guten Verhältnis zwischen Trainer und Spieler und ist wohl auch der Dank an Wolf, Baumgartl zum Abwehrchef gemacht zu haben.

In der Folgezeit verfiel der VfB in sein altes Phlegma und ließ Aue kommen. Das ging beinahe ins Auge, als Kvesic fünf Minuten nach der Führung nur die Querlatte traf. Langerak war mit den Fingerspitzen noch dran, klasse Aktion des Mannes mit der Mütze.

Auch Rizzuto ließ man kurz darauf ohne große Gegenwehr in Schussposition kommen, dieser verzog jedoch. Wieder wie aus dem Nichts erhöhte der VfB dann auf 2:0, als Asano einen langen Ball, halb mit der Brust, halb mit dem Arm, stark mitnahm und an den langen Pfosten flankte. Gentner war zur Stelle und traf unter gütiger Mithilfe von Keeper Haas zum 0:2. Danach war lange wieder nur Aue am Drücker und kam zu durchaus guten Einschussmöglichkeiten, welche ziemlich kläglich vergeben wurden. Das unterstrich, dass man zu sehr vom kurzfristig ausgefallenen Torjäger Köpke (7 Saisontore) abhängig zu sein scheint.

Kurz vor der Pause versuchte dann noch Nicky Adler mit einer plumpen Schwalbe einen Elfmeter zu schinden. Respekt an den Schiedsrichter, der sofort die gelbe Karte zeigte und auf Freistoß für den VfB deutete.

Tja, lieber Nicky Adler, wie man am Samstag am Beispiel von Timo Werner gesehen hat, verleiht zwar Red Bull Flügel, der BSG Wismut offensichtlich aber nicht.

Ein Wort noch zu Timo Werner und dem DFB in diesem Zusammenhang:

Werner sollte besser wieder auf Döner umsteigen und das Grünzeug, das ihm in Leipzig verabreicht wird, bei Seite schieben, damit er standhaft bleibt und nicht bei jedem Windstoß, wie vom Blitz getroffen, hinfällt.

Und, zum DFB, solang man stur auf einer Regel wie der der Tatsachentscheidung beharrt, die es seit gefühlten 100 Jahren gibt und die längst überholt ist, sind Lug und Betrug im Fußballgeschäft weiterhin Tür und Tor geöffnet.

Was wäre daran auszusetzen, eine Entscheidung eines Schiedsrichters öffentlich als falsch zu erklären? Dies untergräbt doch dann nicht mehr die Autorität eines Schiedsrichters, wenn es um eine Szene geht, von der Millionen von Menschen bereits wissen, dass es sich um eine Fehlentscheidung handelte. In welcher Welt leben diese Funktionäre? Für mich hätte es eindeutig eine abschreckende Wirkung, wenn Werner jetzt, meinetwegen für drei Spiele, gesperrt werden würde.

So ging es mit einem durchaus schmeichelhaften 0:2 in die Halbzeitpause, in der wir uns ob unserer mehr und mehr abfrierender Gliedmaßen bereits den Schlusspfiff und den warmen Bus herbei sehnten.

Warm sollte es dann aber doch werden, jedoch nur im Gästeblock. Mit Beginn der zweiten Halbzeit wurde gezündelt was das Zeug hielt und das Erzgebirgsstadion immer wieder für kurze Zeit eingenebelt. Der Aufschrei in den sozialen Netzwerken ist mal wieder riesig, von hirnlosen Idioten, die nur dem Verein schaden wollen, die Rede.

Ich fand es megageil anzusehen und zu fotografieren und bin absolut pro Pyro, wenn die Bengalos vernünftig gezündet werden und die Hand erst verlassen, wenn sie erloschen sind. So geschehen gestern, so auch in Homburg. Ein Problem habe ich lediglich dann, wenn Böller gezündet werden, die schwere Knalltraumata hervorrufen können, Raketen abgeschossen werden oder brennendes Material aufs Feld oder in Zuschauermengen gefeuert wird. Ein gewisses Restrisiko bleibt natürlich bestehen, aber, das hat man auch wenn man auf die Straße geht oder sich ans Steuer setzt. Meiner Erfahrung nach ist es auch eine Mär, dass, wie die Vorwürfe im Internet lauten, Pyros von Kindern im Vollsuff gezündet werden, viel mehr erfolgt der Umgang mit Pyro-Technik, zumindest in unserer Ultras-Szene, durchaus verantwortungsvoll. Aber, das bekommen Leute, die von der Couch aus urteilen, natürlich nicht mit.

Der erste Ausruf der Couch-Potatoes, die sich gestern darüber beklagten, bei Sky zeitweise nichts mehr vom Spiel gesehen zu haben, lautet, dass Pyro verboten sei und man es schon deshalb zu unterlassen habe.

Dieses Argument ist für mich an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Solchen Kandidaten empfehle ich, fahrt erst einmal auswärts, bevor ihr im Netz die Klappe aufreißt.

Weil einem auf einer Auswärtsfahrt diffuseste Verbote entgegen schlagen, die schon an Menschenrechtsverletzungen grenzen, weil sie die persönliche Freiheit in nicht unerheblichem Ausmaß einschränken, führt dies bei mir zu einem „Jetzt erst recht“ und dazu, dass ich Verbote rund um ein Fußballspiel nicht automatisch für richtig halte und sie kritiklos akzeptiere.

Ich lasse es mir nämlich ungern vorschreiben, welchen Weg ich zu nehmen habe, ob ich in Polizeibegleitung oder individuell zum Stadion gelangen möchte und ob ich aufs Klo darf oder nicht. Mit solchen „Maßnahmen“ hat man es auswärts regelmäßig zu tun, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Alkoholverbote für ganze Gebiete tun ihr übriges, auch dann sucht man nach Wegen, dieses zu umgehen.

Und dann soll allen Ernstes jemand davon abgehalten werden, Pyros zu zünden, weil das verboten ist? Würde man wieder in den Dialog treten und, Auswärts-Fans nicht regelmäßig wie Aussätzige oder Vieh behandeln, käme man vielleicht auch in Sachen „kontrollierter Einsatz von Pyro-Technik“ näher aufeinander zu, solang das „Miteinander“ aber in einer Einbahnstraße mündet und die Restriktionen gegen Fans eher noch zu- als abnehmen, wird das Versteckspiel weiter gehen und der Anreiz nicht weniger werden, trotz intensivster Kontrollen Material hineinzuschmuggeln.

Über das Argument, dass die Zündelei die Vereine Unsummen an Geld kosten würde, lache ich genauso. In einem Business, in dem es um Milliarden geht, werden Strafen im Zehntausender-Bereich aus der Portokasse bezahlt. Solang es sich ein Verein wie der VfB noch leistet in 5-Sterne-Luxus-Wellness-Ressorts und abgeschottet von der Außenwelt abzusteigen, solang Geld für Charterflieger zur Verfügung steht, solang für die Abfindungszahlungen für Trainer, Sportdirektoren und auch Spieler, die der VfB allein in den letzten drei bis vier Jahren angehäuft hat, wohl zig Jahre lang gezündelt werden könnte, so lang muss man sich wohl keine Sorgen machen, dass der VfB durch diese Strafzahlungen in seinen Grundfesten erschüttert werden könnte.

Für diese (außerplanmäßigen) Kosten sind sicherlich Rücklagen gebildet und diese werden am Ende, wenn das Urteil des DFB gesprochen ist, für gemeinnützige Zwecke gespendet. Man könnte also auch in die Richtung argumentieren, dass es vernünftiger ist, dem Gemeinwohl Gutes zu tun, als teuren Missverständnissen wie Torun, Abdellaoue und wie sie alle in der Vergangenheit hießen, mittels Abfindung den Abgang schmackhaft machen zu müssen. Erst wenn der VfB nachweislich kein Geld mehr zum Fenster hinaus wirft, kann man anfangen, über diese vergleichsweise Peanuts-Beträge zu lamentieren.

Härter würde den VfB natürlich ein Zuschauer-Teilausschluss treffen, wobei dieser, siehe Frankfurt gegen uns in der letzten Saison, auch ganz schön nach hinten los gehen kann.

Der gesundheitliche Aspekt ist sicher auch nicht bei Seite zu schieben, jedoch muss jeder, der sich ein Ticket für den Fanblock besorgt, damit rechnen, dass es auch mal rauchen könnte. Die Gegner werden darauf entgegen, nein, müssen sie nicht, das ist jedoch mehr Wunschdenken als die Realität. Dieser muss man eben auch mal ins Auge blicken, wenn es einem gerade nicht in den Kram passt.

Das Abbrennen von Pyro-Technik geschieht zudem nicht aus heiterem Himmel. Als Umstehender bekommt man mit, wenn sich etwas zusammen braut, und hat dann noch genug Zeit, in einen anderen Bereich des Blockes zu wechseln. Die Gase, die man von weitem dann noch einatmet, dürften kaum heftiger sein als die schlechte Luft in der Feinstaubhauptstadt Stuttgart.

Dass Gegner und Befürworter hier nie auf einen grünen Zweig kommen, ist mir klar, daher sind gegenseitige Bekehrungsversuche auch völlig sinnlos.
Ultras hier pauschal als besoffene und hirnlose Idioten zu betiteln, die man alle mit lebenslangem Stadionverbot belegen solle, wie ich es zu diesem Thema mehrfach gelesen habe, ist Quatsch. Wir wollen alle eine bunte und laute Fanszene, die durch derartige Couch-Hooligans sicherlich nicht am Leben erhalten werden würde. Interessant wäre es einmal, nur jene zu befragen, die in Aue dabei waren. Kritik las ich nämlich nur von solchen, die nicht vor Ort waren, wie so oft eben!

Da ich mir, bevor ich es mir anmaße, eine Partie aus meiner Sicht zu analysieren, die Spiele hinterher auf Sky noch anschaue, tangierte es mich weniger, dass ich vom Spielgeschehen in der 2. Halbzeit fast nichts mehr mitbekam. Ich war eigentlich ständig direkt hinter der Auer Trainerbank mit hervorragendem Blick auf beide Fankurven, jedoch nicht mehr aufs Spielfeld. Da sah ich gerade noch die beiden Strafräume einigermaßen ein.
Nachdem ich mittlerweile das gesamte Spiel gesehen habe, kann ich mir auch ein paar Worte zur zweiten Halbzeit erlauben. Aue kam auch in der zweiten Hälfte engagierter als der VfB aus den Katakomben der Bauruine und doch hatte Mané die erste Konterchance, als er es versäumte zu Terodde zu passen. Mané schnürte schließlich noch, nach Fürth, seinen zweiten Doppelpack, während Asano bei einer weiteren Konterchance abermals Terodde links, bzw. in dem Fall rechts, liegen ließ und verzog. Langerak verhinderte dann noch in der 87. Minute den verdienten Auer Anschlusstreffer und auch, dass mein 1:4-Tipp aufging, womit ich jedoch wohl besser leben konnte als die aufopferungsvoll kämpfenden Veilchen.
Der Sieg fiel eindeutig zu hoch aus und war lediglich der brutalen Effektivität zu verdanken, weil man vier seiner fünf Torschüsse im Kasten versenken konnte und diese Kaltschnäuzigkeit den Auern abging. Aue hatte mehr Abschlüsse und das engagiertere Spiel zu verzeichnen, am Ende aber zählen, zum Glück für den VfB, die Tore.

Spätestens nach dem 0:4 verstummte auch die Auer Anfeuerung, lediglich das Steigerlied intonierten sie, begleitet von einer netten Schalparade, noch einmal.

Bei uns auf der Gegentribüne gingen während der gesamten zweiten Halbzeit auch einige VfBler aus sich heraus und machten bei „Steht auf, wenn ihr Schwaben seid“ mit oder stimmten ein „Hier regiert der VfB“ an.

Da ich persönlich es auch nicht mag, wenn sich Gegner bei uns auf der Haupttribüne in Stuttgart so aufspielen und ich mich darüber, an einem ohnehin gebrauchten Tag, mitunter sehr aufrege, freue ich mich als Gast im Heimbereich lieber in mich hinein und provoziere nicht noch irgendwelche Reaktionen.

Bis auf ein Handgemenge von Auern untereinander bekam ich keine Anfeindungen mit. Es war eine wohltuende Atmosphäre mit netten Gastgebern. Auch nach dem Spiel, kein böses Wort, sondern eher, dass wir ja eh in die Bundesliga gehören und man sich wohl so schnell nicht wieder auf Augenhöhe begegnen würde.

Ein wenig hatte dieser Auftritt etwas von einem Pokalspiel, der Stadionsprecher feierte, dass sich „für uns (den VfB) ein Traum erfüllen würde“, im schönen Erzgebirge aufzulaufen und auch sonst hatte man den Eindruck, dass die Auer fast vor Ehrfurcht erstarrten, den großen VfB wenigstens einmal in einem Ligaspiel begrüßen zu dürfen. Da hat man als VfB im Osten auch schon ganz Anderes erlebt, „scheiß Wessis“ und so.
Ich war froh, diesen Ground, wenn auch als Baustelle und wenn auch in einem Pflichtspiel, erleben zu dürfen und wünschte den Auern dann im Gegenzug auch den Klassenerhalt, auch wenn ich in der 2. Liga mittlerweile immer mehr Vereine ins Herz schließe. ;-)

Gegen Hannover 96 wird sich der VfB steigern müssen, um nicht sein blaues Wunder zu erleben. Da aber das gute Pferd nur so hoch springt, wie es muss und es in letzter Zeit in einer vom Niveau her ziemlich schwachen 2. Liga meist auch so gereicht hat, bin ich ganz optimistisch, dass wir zu Hause zumindest nicht verlieren werden.

Mit einem Remis könnte der VfB im Zweifel wohl besser leben, als Hannover. Dennoch gilt es natürlich auch am kommenden Montag mit der Maxime anzutreten, den sechsten Heimsieg in Serie einfahren zu wollen. Hannes Wolf wird auch hier einen Matchplan (ich glaube im Zusammenhang mit dem VfB verwende ich diesen Begriff zum ersten Mal) erarbeiten und Hannover seiner Stärken zu berauben versuchen. Mit Spannung wird sicherlich die Rückkehr Martin Harniks ins Neckarstadion erwartet. In Hannover ist er auf dem Weg zurück zu alter Treffsicherheit, die ihm in Stuttgart in den letzten Jahren abging. Vielleicht genügt ja die schlechte Stuttgarter Luft, dass er wenigstens an alter Wirkungsstätte die Hundertprozentigen wie in alten Zeiten vergibt, wir werden sehen.

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23. November 2015

Wer so lustlos auftritt, hat den Fußball nie geliebt

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , , , , – Franky @ 22:36

Endlich wurde am Wochenende nach den Terroranschlägen von Paris wieder Fußball gespielt. Es war eine surreale Länderspielpause, geprägt von Angst und Drohungen neuer Anschläge. Die Anschläge in Paris waren mir näher gegangen als einige der sonstigen tagtäglichen Schreckensmeldungen, weil die hässliche Fratze des IS in Mitteleuropa angekommen war, weil ich damit liebäugelte selbst zum Länderspiel nach Paris zu fahren und weil ich Bekannte hatte, die bei dieser Horrornacht live im Stadion dabei waren. Der IS wollte offenbar gezielt die „Kreuzfahrer-Nationen“ Frankreich und Deutschland treffen und fand in diesem Freundschafts-Länderspiel die große Bühne.

Nach gründlichem Abwägen der Fürs und Widers entschloss sich der DFB es Frankreich gleich zu tun und das Prestigeduell gegen die Niederlande in Hannover am darauffolgenden Dienstag stattfinden zu lassen. Vom Grundsatz her war es richtig, möglichst schnell wieder zur Normalität zurückzukehren, auch wenn der sportliche Wert des Aufeinandertreffens diskussionswürdig gewesen wäre. Der Fan wünscht es sich, dass gerade bei Spielen gegen große Fußball-Nationen in Bestbesetzung angetreten und der „Ernstfall“ geprobt wird, ein Wunsch, dem der Bundestrainer und seine hochstrapazierten Nationalspieler leider selten bis nie nachkommen. Sechs Spieler wurden bereits im Vorfeld nach Hause geschickt, andere sollten geschont oder nur wenige Minuten eingesetzt werden. Dann aber wundert sich der DFB noch, dass er Probleme hat, das Stadion vollzubekommen, wenn der Fan zwischen 35 und 100 Euro für eine Eintrittskarte berappen soll für ein Spiel zweier Mannschaften, die in dieser Besetzung sonst nie wieder auflaufen dürften. Das ist der Hauptgrund dafür, dass ich persönlich mir solche Spiele weitestgehend schenke und eben auch nicht nach Paris gefahren bin.

Dass das Spiel in Hannover letztlich und sehr kurzfristig abgesagt wurde, war bei alldem, was man so hört, sicherlich die richtige Entscheidung, auch wenn Meldungen, nach denen bis zu fünf Bomben im Stadion und an einem Bahnhof gezündet werden sollten, nicht gesichert zu sein scheinen. Der Bundesinnenminister verschweigt die Wahrheit, „weil sie die Bürger verunsichern könnten“, so dass man bis jetzt nicht sicher weiß, ob die Bedrohung tatsächlich so real war oder ob der Staat doch „nur“ kalte Füße bekam, dieses Spiel unter Anwesenheit des halben Bundeskabinetts stattfinden zu lassen.

Diese Spielabsage und die um sich greifende Terrorangst nutzen jetzt (natürlich) die Hardliner aus, um weitere Repressionen rund um Fußballspiele zu fordern und die Einlasskontrollen zu verschärfen. In Frankreich wurden am vergangenen Wochenende Auswärtsfans ausgesperrt, einige fordern „Nacktscanner“ an den Stadioneingängen und weiter reichende Rechte für Polizisten, die so weit gehen sollen, potentielle Unruhestifter rund um Spiele schon mal vorsorglich einzusperren.

Ex-Innenminister Friedrichs findet dabei ebenso Gehör wie der Chef der Polizeigewerkschaft Wendt. Appelle von DFB und Polizei komplett auf den Einsatz von Pyrotechnik zu verzichten und den Anordnungen der Obrigkeit unbedingt Folge zu leisten folgten auf dem Fuße und wurden von großen Teilen der Stadionbesucher goutiert.

Bei all dem beschleicht mich der Eindruck, dass die aktuelle Gefährdungslage einigen in die Karten spielt und sie damit schleichend durchsetzen wollen, was bis vor kurzem noch verpönt war. Daher sollte man innerhalb der Fanszenen bestrebt sein, schnellstmöglich zur Normalität zurückzukehren und sich gegen zusätzliche Repressionen, die bei nachlassender Gefahr sicher nicht mehr zurückgenommen werden, vehement zur Wehr zu setzen.

An den Eingängen zum Neckarstadion fanden erwartungsgemäß verschärfte Leibesvisitationen statt, so dass sich der Einlass verzögerte und das Spiel 15 Minuten später begann. Nach der obligatorischen Gedenkminute für die Opfer der Terroranschläge rollte der Ball dann endlich wieder.
Der VfB, mit einem desaströsen 0:4 bei den Bayern in die Länderspielpause gegangen, hatte gegen das Schlusslicht FC Augsburg die große Chance zur Wiedergutmachung. Auch wenn man in München einem bemitleidenswerten Sparringspartner glich, ist doch eher die unmittelbare tabellarische Nachbarschaft unser Gradmesser als das Starensemble aus Nordösterreich, so dass durch die Niederlage dort im Grunde nicht viel passiert war.

Umso mehr hoffte man auf eine Reaktion der Mannschaft gegen Augsburg und den dritten Heimsieg in Folge. Diese Hoffnungen wurden allerdings frühzeitig jäh zerstört. Von der ersten Minute an sah man eine Augsburger Mannschaft, die unbedingt wollte und einen VfB, der gedanklich noch in der Länderspielpause oder bei der Gedenkminute verweilte.

Vom aggressiven Vorwärtspressing der ersten Spiele war nichts mehr zu sehen. Augsburg betrieb dieses mit Bravour und setzte unsere Abwehrspieler ständig unter Druck. Die VfBler liefen von Beginn an nur nebenher, so dass ich mich schnell im falschen Film wähnte und die schlimmsten Befürchtungen hatte. Der VfB, bei dem Vlachodimos für den wegen eines Magen-Darm-Infektes ausgefallenen Tytoń im Kasten stand, hatte zwar gleich am Anfang eine Kopfball-Chance durch Didavi, die er leichtfertig vergab und die schnell das Ende der VfB-Herrlichkeit bedeutete. Augsburg kombinierte nach Belieben und hatte in Bobadilla und Caiubi die besten Spieler auf dem Platz in seinen Reihen.

Caiubi, vor einigen Jahren mal beim VfB im Gespräch und als zu leicht befunden (!) erfreute sich an jeder Menge Platz im Mittelfeld und zog die Fäden. Seine Seitenwechsel brachten uns stets gehörig in die Bredouille, weil die Unseren nicht gedankenschnell genug waren, auf diese Spielverlagerungen zu reagieren. So klafften auf der jeweiligen Seite riesige Lücken, die den Fuggerstädtern jede Menge Platz boten. Doch nicht nur über die Seiten versprühten die Augsburger Gefahr, auch durch die Mitte ging es locker, wie das 0:1 beweist.

Zunächst verlor Klein ein Kopfball-Duell gegen Caiubi, dann vertändelte Serey Dié den Ball wegen eines technischen Fehlers und Bobadilla spielte den Pass in die Schnittstelle, so dass Esswein freie Bahn auf das Tor von Vlachodimos hatte und diesem keine Chance ließ. Als gerade einmal sechs Minuten später Baumgartl einen an und für sich harmlosen Ball unhaltbar für Vlachodimos zum 0:2 abfälschte, war das Spiel im Grunde schon gegessen.

Der VfB leistete an diesem Samstag den Offenbarungseid ab, kam nicht in die Zweikämpfe, spielte einfachste Pässe ins Nichts und bot in der „Abwehr“ Slapstick pur. Kurz, mit Bundesligafußball hatte die Vorstellung nichts zu tun. Ich bin normalerweise keiner, der schon früh resigniert und das Stadion zu einem frühen Zeitpunkt verlässt, nach dem 0:2 aber war es mir bereits zum Gehen zumute. Die Vorfreude auf dieses Spiel war innerhalb weniger Minuten komplett verflogen. Wut und Hass staute sich in einem auf, weil es unbegreiflich ist, dass ein Profi-Team sich gegen den Tabellenletzten so derart demütigen lässt und nicht einer in der Lage (oder gewillt?) ist, sich gegen die drohende Niederlage zu stemmen.
Man musste sich nur die Körpersprache der Brustringträger anschauen, um festzustellen, dass das an diesem Tag nichts mehr werden würde. Das Schlusslicht führte uns vor und war in allen Belangen überlegen. Bis auf einen Schuss von Insúa hatte der VfB in der ersten Halbzeit keine Tormöglichkeit, im Gegenteil, man fing sich gar noch das 0:3 nach einem Eckball ein.

Toni Sunjic war zu diesem Zeitpunkt bereits gegen Jan Kliment ausgetauscht. Er stand, wie auch Timo Baumgartl, völlig neben sich und steht sinnbildlich für das Dilemma und eine unglückliche Einkaufspolitik. Sunjic hatte die verlorene EM-Relegation zu verkraften und kam zudem angeschlagen von der Nationalelf zurück. Ob dies eine Erklärung für seinen indiskutablen Auftritt ist und er möglicherweise zu früh wieder eingesetzt wurde, weiß man nicht. Bei Sunjic, der in Berlin ein ordentliches Debüt gab und ein Tor erzielte, ist mittlerweile das typische VfB-Symptom zu beobachten. Je länger er da ist, desto schlechter wird er, ähnlich ergeht es derzeit auch Emiliano Insúa.

Sunjic ist nicht der Abwehrrecke, den wir gebraucht hätten. Er ist zu phlegmatisch und muss sich offensichtlich an das Tempo in der Bundesliga erst noch gewöhnen. So trägt er eher zur allgemeinen Verunsicherung bei, als dass er Timo Baumgartl helfen und führen könnte.

Timo Baumgartl ist auch nur noch ein Schatten seiner selbst. Dass er nach der Verpflichtung von Sunjic auf die linke Seite wechseln musste dürfte dabei nur eine untergeordnete Rolle spielen. Er steht bei mir mit seinen 19 Jahren noch unter Welpenschutz. Ihm würde es möglicherweise sogar helfen, wenn wir in der Innenverteidigung personell besser aufgestellt wären und er auch mal eine Pause bekäme. Gerade für die ganz jungen Spieler, die spüren, dass der VfB im Moment an die Wand gefahren wird, leiden doch am meisten unter der Situation und unter der Vorstellung als Absteiger in die VfB-Annalen einzugehen. Allein diese Schreckensvorstellung könnte ihn derart blockieren, dass die Füße nicht mehr machen, was der Kopf gern tun würde. Bei ihm bin ich guter Hoffnung, dass, wenn eine gewisse Sicherheit ins VfB-Spiel zurückkehrt, auch seine Formkurve wieder ansteigen wird.

Ob Sunjic nach dieser frühen Auswechslung erst einmal weg vom Fenster ist oder Zorniger ihm in Dortmund wieder vertrauen wird, werden wir sehen. Sollte Sunjic nicht verletzungsbedingt ausgewechselt worden sein, sondern weil er taktische Vorgaben nicht umgesetzt hat und völlig neben der Spur stand, würde es mich nicht wundern, wenn er zunächst mal außen vor wäre und in Dortmund wieder einmal Adam Hlousek sein Unwesen treiben darf. Georg Niedermeier wird mutmaßlich weiterhin keine Rolle spielen, Stephen Sama traut man den Schritt zu den Profis offensichtlich (noch) nicht zu. So oder so, in der Innenverteidigung muss im Winter gehandelt werden, alles andere wäre blauäugig. Dafür wird man Geld in die Hand nehmen müssen, das vermutlich erst vorhanden sein dürfte, wenn ein Leistungsträger in der Offensive verkauft wird.
Da fällt mir, so sehr ich ihn eigentlich mag, zunächst einmal Daniel Didavi ein. Was er in den letzten Wochen spielt ist für mich unerklärlich. Wie unmotiviert und alibimäßig er seine Freistöße in aussichtsreicher Position auch am Samstag wieder über den Kasten zirkelte, einfach nur erbärmlich.

Er scheint mit den Gedanken derzeit überall zu sein, nur nicht beim VfB. Sollte an der Einigung mit Leverkusen etwas dran sein, muss man ihn abgeben, sofern Bayer im Winter bereit ist, noch Geld auf den Tisch des Hauses zu legen. In der derzeitigen Verfassung, mit der derzeitigen Körpersprache hilft er uns nicht weiter und sollte in der Startelf durch Alexandru Maxim ersetzt werden, der durch seine Vertragsverlängerung zumindest vordergründig so etwas wie Vereinsverbundenheit demonstriert hat und entsprechend eine größere Motivation an den Tag legen könnte als derzeit Dida.

Auch Filip Kostic ist seit dem angeblichen Interesse von Schalke 04 nur noch ein Schatten seiner selbst. Kostic hat ja bereits verlauten lassen, dass er sich zu Höherem berufen fühle als mit dem VfB gegen den Abstieg zu kämpfen. Dutt hat vor der Saison verkündet, man werde keinen festbinden und jeder Spieler, der nicht gerne für den VfB auflaufe, könne dies mitteilen, dann fände man schon eine Lösung. Kostic dürfte der erste sein, der von dieser Option Gebrauch macht. Bereits seit September, unmittelbar nach Ende der Transferperiode, wirkt er extrem unmotiviert und ist von seinen Leistungen der Rückrunde meilenweit entfernt.

Unzufriedene Spieler senken die Stimmung zusätzlich und sollten lieber abgegeben werden, als dass sie Mannschaftskameraden weiter herunterziehen. Natürlich muss der Erlös stimmen und man darf sich nicht über den Tisch ziehen lassen, nur weil die aufnehmenden Vereine wissen, dass der VfB Geld braucht und den Spieler XY möglichst sofort loswerden möchte.

Ein großes Problem in der bisherigen Halbserie sind die lange Verletztenliste und der dünn besetzte Kader. Ob Kruse, Ginczek, Gentner, Rupp, Kostic oder Serey Dié, alle mussten gleich wieder voll ran, sobald sie wieder unfallfrei geradeaus laufen konnten.

So wirkt ein Serey Dié nach all seinen Wehwehchen noch immer nicht richtig fit und hatte zudem von der Länderspielpause lange und kraftraubende Flüge hinter sich, muss aber Woche für Woche ran, da er eigentlich unverzichtbar ist. In der Verfassung der letzten beiden Spiele aber hilft er uns auch nicht weiter. Sein aggressives Zweikampfverhalten war kaum zu vorhanden, eher im Gegenteil. Die Bayern waren schlicht zu schnell für ihn, so dass er dort wenigstens nicht Gefahr lief, sich seine fünfte gelbe Karte einzufangen. Gegen Augsburg jüngst, irrte auch er orientierungslos umher und versuchte so gut es ging die sich auftuende Löcher zu stopfen, war jedoch überfordert und wurde von seinen Mitspielern im Stich gelassen.

Bitter, dass er sich ausgerechnet gegen Augsburg und zu einem Zeitpunkt, als das Spiel ohnehin schon verloren war, seine fünfte gelbe Karte und damit die Sperre für das Spiel in Dortmund einhandelte.

Sein „Partner“ Christian Gentner, seines Zeichens Kapitän, war, wie schon bei der Demontage in München kaum zu sehen und war vor allem kein Kapitän, der Zeichen setzte und imstande gewesen wäre, die Truppe wachzurütteln. Eines unserer großen Probleme der letzten Jahre darf weiterhin unbeirrt im Mittelfeld seine Pirouetten ziehen.

Vom Hurrastil der ersten Spiele ist nicht mehr viel übrig geblieben. Die Aufstellungen zuletzt gleichen eher den schlimmsten Stevens-Zeiten mit sieben eher defensiv orientierten Spielern, drei (!) offensiven und eben Gentner (!?). Allein die nominelle Aufstellung gibt also noch keinen Aufschluss darüber, ob eine Mannschaft hinten dicht ist oder eben nicht. Es liegt an der Qualität, an der fußballerischen und auch an der geistigen, dass es der VfB seinen Gegnern derzeit so leicht macht, Tore gegen uns zu schießen.

Für mich war am Samstag nach dem 0:4 Schluss. Wer erwartet hatte, der VfB zeige in dem Spiel noch eine Reaktion und käme mit neuem Elan aus den Katakomben wurde bitter enttäuscht. Es kam nichts, es war eine kollektive Leistungsverweigerung der gesamten Mannschaft, für die es keine Entschuldigung gibt. Eine Frechheit was den 55.000 (!) Zuschauern bzw. denen die es mit dem VfB hielten da zugemutet wurde. Als ich bereits im Cancun war schwappte die La-Ola-Welle durchs Stadion und das „Oh, wie ist das schön“ ertönte, die eigene „Mannschaft“ wurde also verhöhnt. Wer möchte es den Unentwegten, die dieses Elend bis zum Schluss verfolgt haben, verdenken.

Ist es sonst Daniel Schwaab, der, auch als Zeichen unserer mangelnder personeller Alternativen, neuerdings wieder Woche für Woche seine limitierten Fähigkeiten zur Schau tragen darf und gegen Augsburg einmal eine indiskutable Vorstellung ablieferte, der sich genötigt sieht, das Stuttgarter Publikum zu kritisieren, übernahm diesen Part am Samstag Florian Klein.

Zunächst verweigerte die Mannschaft den Gang zu jenen in die Kurve, die sich dieses Elend bis zum Schluss angeschaut haben, um sich dann doch von Robin Dutt noch „überreden“ zu lassen, sich den Fans zu stellen. Dass dies, wie so oft, nur halbherzig und bis zum Elfmeterpunkt erfolgte, ist eine Randnotiz. Florian Klein begründete die Reaktion der „Mannschaft“ damit, dass sie verwirrt gewesen wären und sich nicht alles gefallen lassen müssten. Diese Erwähnung wäre nicht notwendig gewesen, dass die „Mannschaft“ an diesem Tag verwirrt war, davon durften sich 55.000 im Stadion schon vorher ein Bild machen.

Da ist er also wieder, der Riss zwischen Fans und „Mannschaft“ und wenn ihr mich fragt, ich habe kein Patentrezept wie dieser dauerhaft zu kitten ist. Das oft vielgescholtene und als zu anspruchsvoll verschriene Stuttgarter Publikum erwartet doch gewiss keine Wunderdinge von dieser Truppe. Was wir erwarten sind lediglich die Grundtugenden, die man von einem Profi erwarten können muss, welche da sind

- ein hohes Maß an Identifikation mit dem Verein,
- eine ordentliche Berufsauffassung,
- Leistungsbereitschaft,
- Kampfgeist,
- Konzentration,
- Teamfähigkeit,
- Laufbereitschaft,
- Spielfreude,
- Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen,
- Bereitschaft, seinen Nebenleuten zu helfen,
- Siegeswille
- und nicht zuletzt Anweisungen der Vorgesetzten Folge zu leisten.

Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir es mit überwiegend stark limitierten Berufsfußballspielern zu tun haben und erwarten nicht mehr, als dass sich jeder am Riemen reißt und uns eine sorgenfreiere Saison beschert als die letzten beiden. Keiner, außer vielleicht unser Präsident, träumt von der Europa- oder Championsleague. Nach den glanzlosen und glücklichen Arbeitssiegen gegen Ingolstadt und Darmstadt lagen wir uns in den Armen und freuten uns über drei Punkte. Wie diese zustande kamen, interessierte niemanden mehr, weil man sich bewusst war, dass diese Mannschaften unbequem zu bespielen sind und sich vor allem schon ganz andere Mannschaften an ihnen die Zähne ausgebissen haben. Wenn unsere Truppe also nur im Rahmen ihrer Möglichkeiten agiert und sich das Glück erarbeitet, hat der VfB-Fan ein feines Gespür dafür, was er von der „Mannschaft“ erwarten kann und honoriert dies entsprechend.

Am Samstag trat jedoch das große Problem zutage, dass keine dieser Grundtugenden erkennbar waren und das Publikum entsprechend verärgert war. Es war ein lethargischer, blutleerer Auftritt aller Mannschaftsteile, so dass ich mich schon ernsthaft frage, welche Reaktion ein Florian Klein denn gerne gehabt hätte. Oft genug wurden schäbige Auftritte, bei denen mir schon der Kragen platzte, von den Ultras noch mit Beifall bedacht. Irgendwann aber ist jede Geduld am Ende und der Kredit eben auch mal aufgebraucht.

Diese Vorstellung ist für mich durch nichts zu entschuldigen, so dass man daher auch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Bislang konnte man allen vorherigen Spielen, ausgenommen dem Spiel bei den Bayern, Positives abgewinnen. Gute Spiele wurden verloren, in den (wenigen) schlechten Spielen wurde gepunktet. Bis dahin war für mich alles in Ordnung.

Dieser Samstag jedoch verändert vieles. Die „Mannschaft“ zeigte einmal mehr ihr wahres Gesicht, nämlich jenes, das bisher schon etliche Trainer ihren Kopf kostete. Kollektivversagen, mangelnde Lauf- und Einsatzbereitschaft, unerklärliche Böcke und Stockfehler, garniert mit Interviews wie dem von Christian Gentner: „Wir machen nach wie vor zu viele Fehler. In den einzelnen Mannschaftsteilen wird zu wenig kommuniziert. Dementsprechend passt die Abstimmung nicht.“ Fehlervermeidung, Kommunikation, Abstimmung, Attribute, die doch ein Trainer abstellen muss. Nachtigall, ick hör dir trapsen.

Auch wenn es jeder Profi bestreiten wird, dass es das gibt, dass eine Mannschaft gegen den Trainer spielt. Für das Augsburg-Spiel fällt mir keine andere Erklärung ein, zumal wir ja gebrannte Kinder sind und die Herren Veh, Babbel, Groß, Schneider nach ähnlichen Leistungsabfällen gefeuert werden. Huub Stevens wäre es vermutlich nicht anders ergangen, wenn er denn geblieben wäre oder bleiben hätte dürfen.

Ich hoffe, dass dieser Hilferuf der „Mannschaft“ ausnahmsweise vom Präsidium ignoriert wird und nicht schon wieder ein Trainer dran glauben muss. Das Problem ist die „Mannschaft“ und dabei vor allem jene Spieler, die schon einige Jahre dabei sind und den Mannschaftsrat besetzen. Das sind doch diejenigen, die zum Schluss gefragt werden und für den Trainer den Daumen heben oder auch senken und vor allem sind es jene, die sich in ihrer Wohlfühloase bedroht fühlen, sobald da ein Übungsleiter ist, der das Leistungsklima im Verein verbessern möchte.

Von diesen Spielern, für die es teilweise wie Dutt sich charmant ausdrückte keinen Markt gibt, muss man sich so schnell wie möglich trennen. Es muss ein neues Leistungsklima geschaffen und eine neue Hierarchie entwickelt werden. Das geht nicht von heute auf morgen, den einen oder anderen schmerzhaften Rückschlag werden wir hinnehmen müssen, aber, lieber ein Ende mit Schrecken als einen Schrecken ohne Ende.

Wenn wir jetzt wieder den Trainer wechseln, drehen wir uns wohl weiter und endlos im Kreis. Ein Trainerwechsel würde den Spielern Beine machen, sie würden sich neu positionieren, das Alibi Trainer, hinter dem es sich so schön verstecken lässt, fiele weg und plötzlich klappen wieder die einfachen Dinge. Super, mentale Blockade gelöst, da könnte wohl kommen, wer will.

Doch, ist das die Lösung? Für mich nicht! Ich sähe es lieber, wenn wir uns im Winter verstärken könnten, anstatt die wenigen vorhandenen Mittel für die nächste Trainerabfindung und eine neu ausgelobte Nichtabstiegsprämie für den nächsten im Amt aufwenden müssten. Die „Mannschaft“, allen voran, die die letzten vier, fünf Jahre entscheidend mitgeprägt haben, gehört gnadenlos vom Hof gejagt. Auftritte, wie jener vom Samstag, sind eines Brustringträgers nicht würdig.

Nach einer derartigen Darbietung muss Tacheles und auch über Sanktionen geredet werden. Den trainingsfreien Montag hätte ich gestrichen, die Spieler, wie von Huub Stevens schon praktiziert, zum Ganztagesdienst gebeten. Auch Sanktionen gegen permanente Miesmacher könnten ein probates Mittel sein, ebenso wie Prämieneinfrierungen, die es zu Zeiten MV’s schon mal gegeben hatte, rechtlich aber schwierig durchzusetzen sein dürften. Der „Mannschaft“ muss nach einer solch dargebotenen Leistungsverweigerung klar werden, dass ein „Weiter so“ nicht mehr geduldet wird.

Dutt und Zorniger müssen bei den Einzelgesprächen genau hinhören und ggf. den Teampsychologen Laux zurate ziehen, wer für die Truppe ein Problem ist und wer nicht (mehr) bereit ist, sein letztes Hemd für den Verein (und damit auch für den Trainer) zu geben. Ich hoffe auf einige Veränderungen in der Startelf für Dortmund und dass Zorniger den Mut besitzt, einige Platzhirsche von zuletzt durch hungrige Reservisten und/ oder Jungs von den Amateuren zu ersetzen. In ähnlicher Besetzung wie der vom Samstag sehe ich für die restlichen Saisonspiele schwarz. Dieser Offenbarungseid gepaart mit mangelnder Selbstkritik und der Kritik am bisher so geduldigen Publikum schlägt für mich dem Fass den Boden aus.
Meine Elf für Dortmund, je nach Form- und Fitnesszustand könnte in etwa so aussehen und wäre ein Zeichen an die Arrivierten, dass es so wie am Samstag einfach nicht geht.

Tytoń – Heise, Sama, Niedermeier (?), Insúa – Rupp, Rathgeb – Ferati, Maxim -Tashchy, Werner

Mir ist selbst klar, dass man den Jungs gerade in Dortmund damit höchstwahrscheinlich keinen Gefallen tun würde, aber, an der Aufstellung kann man schon mal ablesen, auf welchen Positionen für mich derzeit Änderungsbedarf besteht.

Zorniger steht für mich weiterhin nicht zur Debatte, auch wenn es mir selbst mittlerweile und angesichts unserer prekären Tabellensituation lieber wäre, er würde das eine oder andere Mikrofon meiden. Dass er kein Fettnäpfchen auslässt und auch als Abstiegskandidat so rüberkommt, als habe er die Weisheit mit Löffeln gefressen, gibt seinen Gegnern nur unnötig Futter. Das ist zwar sein Naturell und es würde sicherlich auch gut rüber kommen, wenn wir auf einem Europapokalplatz stehen würden, so aber wirkt er größenwahnsinnig. Weniger reden, dafür aber eine Formation finden, die weniger leichte Gegentore zulässt, damit wäre allen kurzfristig geholfen.

Gerade für das Spiel in Dortmund muss er das Team stabilisieren und nicht ähnlich naiv wie in München ins offene Messer laufen lassen. Nach einem Heimsieg gegen Augsburg wäre Dortmund ein Bonus-Spiel gewesen, jetzt aber, nach diesem Debakel, ist es ein Charaktertest. Die heutige Krisensitzung hatte zum Ergebnis, dass man sich eine Wiederholung einer Leistungsverweigerung à la Augsburg nicht mehr bieten lassen und es danach (erst) Konsequenzen geben würde. Die Presse interpretiert dies als ein „Ultimatum für Zorniger“ oder „seine letzte Chance“. Wenn es tatsächlich so wäre, wäre es ein fatales Zeichen an die „Mannschaft“ und ein Freibrief den nächsten unliebsamen Trainer loswerden zu dürfen.
Ich setze lieber auf Kontinuität und sehe noch keinen Handlungsbedarf. Unter den Fans scheinen sich bisher noch die Zorniger-Befürworter und –Gegner die Waage zu halten, so dass sich der öffentliche Druck in Aktionismus zu zerfallen zum Glück noch in Grenzen hält.

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27. Oktober 2015

Typisch VfB

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , – Franky @ 12:37

Der VfB zog in einem irren Spiel mal wieder den Kürzeren, und das bereits zum siebten Mal im zehnten Spiel. So bekamen am Tag danach die Zorniger-Gegner in den einschlägigen Internet-Foren wieder Oberwasser, die es ja schon immer wussten, dass dieser Trainer nichts taugt, eine Pfeife und ohnehin nur ein Zweitligatrainer ist. Was – erlaube – Zorniger, wechselt den 18-jährigen Arianit Ferati zur Halbzeit ein um ihn gut eine halbe Stunde später wieder auszuwechseln. Die Höchststrafe für einen Fußballer und ein „altbewährtes“ Mittel, um den Jungen kaputt zu machen.

Dass man sich zum entscheidenden 4:3 auch noch auskontern lässt, schlägt dem Fass den Boden aus. Zorniger gab doch mit Sicherheit diese Marschroute aus und bewies somit eindeutig, dass er absolut fehl am Platze ist und sich wohl doch besser an der Mutlanger Dorfjugend versuchen sollte, als die Götter mit dem Brustring ins Verderben und den Verein in die Niederungen der 2. Liga zu führen. Notbremse, jetzt! So ein vielgelesener Tenor im Netz.

Aber, es gibt sie auch, die andere Seite der Medaille. Selten habe ich unsere Fangemeinde so gespalten erlebt wie derzeit. Hier die Zorniger-Gegner, die zu weiten Teilen Dutt gleich mit entsorgt haben wollen, dort die Zorniger-Befürworter, die dem Neuaufbau bereit sind die notwendige Zeit zu geben und weniger auf die Tabelle schauen als auf die Fortschritte, die zweifellos erkennbar sind.
Ich zähle mich zur zweiten Kategorie und ergötze mich schon alleine daran, dass man erkennt, dass sich im Verein etwas bewegt, dass alles auf den Prüfstand gestellt wurde und der VfB auf dem besten Weg ist, sich gerade neu zu erfinden. Was seit der Entlassung von Christian Gross im Herbst 2010 schief gelaufen ist, wohin die One-Man-Show in den vier Jahren danach geführt hat, konnte man schon in den letzten Jahren an der Tabelle ablesen. Der VfB rettete sich zwei Mal gerade so, mit Ach und Krach und bot über weite Strecken der Runden uninspirierten Katastrophenfußball, für den Stadiongänger schlicht eine Zumutung. Mehr und mehr fehlten einem im Freundeskreis die Argumente, weshalb man sich dieses Gegurke überhaupt noch antue. Rational konnte man es schon nicht mehr erklären, so beschränkte man sich eben darauf, dass die Fahrten, das Drumherum, die Leidensgenossen der Hauptgrund sind und man als Hardcore-Fan ohnehin keine Alternative hat.

Das, was sich auf dem Rasen abspielte und was die Protagonisten des Kaders, an dem sich der Einzelhandelskaufmann aus dem Hallschlag messen lassen wollte, boten, spielte nur noch eine untergeordnete Rolle. Man erwartete einfach rein gar nichts mehr und ließ das Geschehen meist emotionslos über sich ergehen.

Dann kommt zuerst der gescheiterte (Leverkusen, Bremen) Robin Dutt, der im Grunde im gesetzteren Alter noch immer nicht zu wissen scheint, was er eigentlich möchte (Sportdirektor DFB oder Trainer?). Dieser sichert sich noch weit in der letzten Saison die Dienste von Alexander Zorniger, der 2009 unter Markus Babbel auf dem Wasen noch allenfalls die dritte Geige spielte und sich durch sein Engagement beim Brausehersteller keine zusätzlichen Sympathiepunkte erwerben konnte. Ich war von diesen Entwicklungen und Personalentscheidungen, wie so viele, überhaupt nicht angetan und fiel zunächst aus allen Wolken. Dennoch habe ich immer auch das Wohl des Vereins im Sinn und kann sowieso nicht beeinflussen, in die Hände von welchem Personal die Geschicke des Vereins gelegt werden, so dass ich, wie bei jedem Neuankömmling, zunächst einmal so unvoreingenommen wie möglich an die Sache gegangen bin.

Dutt aber hat in der Rückrunde der Vorsaison durch die Verpflichtung von Serey Dié und seiner wohltuenden Ruhe im Abstiegskampf erste Pluspunkte gesammelt und mich durch seine Pressekonferenz nach Ende der letzten Saison, in der auch erklärte, weshalb gerade Alexander Zorniger bei uns wie die Faust aufs Auge passen soll, restlos überzeugt. Es wird endlich wieder mehr gearbeitet und weniger geschwätzt auf dem Wasen, was auch daran zu erkennen ist, dass die Presse seit Hansi Müllers Rausschmiss aus dem Aufsichtsrat weitestgehend im Dunkeln tappt und die allerwenigsten Gerüchte, mit denen Unruhe geschürt werden sollte, der Wahrheit entsprachen.

Dutt schaffte es Ladenhüter um Ladenhüter an den Verein zu bringen und Zorniger einen Kader zur Verfügung zu stellen mit Spielern, die fast alle ihre Chancen auf Einsatzzeiten haben werden, so dass die Gefahr nicht mehr so groß wie in der Vergangenheit ist, dass es Parallelgesellschaften im Kader geben bzw. zur Grüppchenbildung kommen wird.

Zorniger selbst kam vielen zu neunmalklug daher, es ist klar, dass ihm einmal getätigte Aussagen bei Tabellenplatz 16 um die Ohren gehauen werden. Er ist eben (noch) kein Medienprofi sondern ehrlich und geradeaus, was ja auch nicht zu den schlechtesten Eigenschaften eines Menschen zu zählen ist, ihm seine Kritiker aber dennoch vorwerfen.

Zorniger steht für einen Überfallfußball, wie ihn einst Jürgen Klopp mit dem BVB praktizierte und den dieser seiner Truppe damals auch nicht von heute auf morgen einimpfen konnte. Der BVB hatte seinerzeit sicherlich das bessere Fundament zur Verfügung, als es Zorniger beim VfB vorfand. Und dennoch musste Klopp im Kader Korrekturen vornehmen und „Altstars“ fortschicken, was auch nicht immer von der kompletten Fangemeinde goutiert wurde. Ihm gab man aber die Zeit „seinen“ BVB zu kreieren und zudem vertraute das Dortmunder Publikum dem Schaffen der Vereinsführung ohne jeden Pups ständig zu hinterfragen.

Seit Zornigers Amtsantritt erleben wir einen begeisternden Fußball wie lange nicht mehr, dass sich dieser (noch) nicht in der Tabelle niederschlägt ist zwar schade, für mich aber auch nach dem zehnten Spieltag noch kein Grund zur Panik. Wann zuletzt konnte man in jeder Phase des Spiels, gegen jeden denkbaren Gegner, den Eindruck haben, ein Tor erzielen zu können? Wann spielten wir uns zuletzt eine solche Vielzahl an Chancen heraus? Da muss man in der Historie fast zurückblättern in die Zeit des magischen Dreiecks, um auf ein ähnliches Offensivfeuerwerk zurückzublicken, wie wir es derzeit geboten bekommen. Einziger wenn auch entscheidender Unterschied zu damals: Frank Verlaat und Thomas Berthold hielten hinten den Laden zusammen, Zvonimir Soldo pflügte den Rasen im defensiven Mittelfeld um, während wir heutzutage nach hinten offen wie ein Scheunentor und die Schießbude der Liga sind.

So attraktiv das Spiel nach vorne ist, so beängstigend ist das kollektive Versagen in der Rückwärtsbewegung. In erster Linie ist dieses der mangelnden Qualität des zur Verfügung stehenden Personals geschuldet. Dennoch muss Zorniger es langsam aber sicher hinbekommen, die Balance zwischen Offensive und Defensive zu finden und der Mannschaft eintrichtern, dass der begeisternde Hurra-Fußball nach vorne keinen Erfolg bringt, wenn man sich hinten stets die Butter vom Brot nehmen lässt. Und doch war bis auf das vierte Tor, das wegen Abseits nicht hätte zählen dürfen, keines auf die offensive Spielweise zurückzuführen. Die ersten drei Gegentore fielen zu einfach, weil man entweder bei einer kurzen Ecke gepennt hatte oder sich im Strafraum durch eine einfache Körpertäuschung düpieren ließ und den Zweikampf verweigerte.

In der Abwehr muss im Winter dringend nachgebessert werden, sofern der Markt überhaupt Spieler hergibt, die uns sofort weiterhelfen würden. Es kann einfach nicht sein, dass drei Auswärtstore in Leverkusen nicht wenigstens zu einem Punktgewinn reichen. Der Ausfall von Serey Dié und von Christian Gentner spielte lange keine große Rolle, hinten hinaus, als man am Auseinanderfallen war, hätte zumindest ein Serey Dié gut getan, der aufgrund seiner gelb-roten Karte gegen Ingolstadt gesperrt war.

Neben der Konstante Insúa ließe sich die Viererkette wohl beliebig umformieren und die Positionen könnte man auswürfeln. Würde man Klein, Šunjić, Baumgartl durch Hlousek, Niedermeier, Schwaab austauschen, verbessern würden wir uns vermutlich nicht, verschlechtern aber auch nicht. Der sich so lang hinziehende Rüdiger-Transfer hat uns viel Zeit und Robin Dutt vor allem Planungssicherheit gekostet, so dass das für mich ein wesentlicher Faktor ist, dass wir personell so schlecht bestückt in die Saison gehen mussten. Das wollen viele zwar nicht hören, Dutt wird vorgeworfen keinen Plan B gehabt zu haben oder nicht ins Risiko gegangen zu sein, so einfach ist die Sache aber nicht. Wäre Rüdiger geblieben und man hätte dennoch einen Hochkaräter geholt, würden diejenigen, die dies heute kritisieren, darüber schimpfen, dass man Timo Baumgartl einen Neuen vor die Nase gesetzt habe.

Dass Florian Klein heftige Formschwankungen hat und wir für ihn keinen ernsthaften Backup haben, darauf hatte ich bereits nach dem Test gegen Bern hingewiesen. Daniel Schwaab ist nun mal kein Rechtsverteidiger, zumindest keiner moderner Prägung mit Zug nach vorn. Obwohl nicht gerade mein Freund, würde ich ihn dennoch im Moment Klein vorziehen, einfach weil er nicht so zögerlich im Zweikampf ist und zu einer besseren defensiven Stabilität beitragen könnte.

Der VfB legte von Beginn an einen gefälligen Auftritt hin und hätte bereits zur Pause die Führung verdient gehabt. Leverkusen kam erst gegen Ende des ersten Durchgangs gefährlich vors Tor und hatte sonst alle Hände voll zu tun, unsere Angriffsbemühungen zu verteidigen.

Dass Zorniger bei einem 0:0 zur Pause in Leverkusen den unauffälligen Carlos Gruezo (ein Jammer, wenn man sieht, was aus ihm geworden ist) gegen den offensiveren Arianit Ferati austauschte, war mutig und ein Zeichen, dass wir dort gewinnen wollten. Die Jungs hatten verstanden und stellten nach der Pause schnell auf 0:2, wobei auch endlich Martin Harnik mal wieder ein Treffer gelang. Nach dem schnellen 1:2 durch den kurz zuvor eingewechselten Bellarabi und nach Fehlpass von Šunjić (allerdings möglicherweise nach regelwidrigem Einsteigen von Kießling), kamen schnell wieder Zweifel auf. Aber, nachdem wieder nur drei Minuten später Lukas Rupp nach toller Vorarbeit von Timo Werner das 1:3 erzielte, waren wir wieder obenauf. Ich sagte noch zu meinem Nebensitzer auf der Gegengerade, der ebenfalls VfBler war, das wäre jetzt mal gar nicht typisch VfB, nach dem Nackenschlag sofort wieder zuzuschlagen. Ab diesem Moment konnte ich ihn förmlich riechen, den Auswärtssieg, zumal der VfB durch Harnik und Ferati zwei weitere klare Chancen besaß, um gar das 1:4 zu erzielen.

Stattdessen ließ sich der VfB wie oben erwähnt innerhalb von zwei Minuten zwei viel zu einfache Tore einschenken, so dass es plötzlich 3:3 stand. Zorniger sah unsere Felle davonschwimmen und korrigierte die Umstellung der Halbzeit, indem er für Ferati den defensiveren Mart Ristl, der zu seinem Bundesligadebüt kam, brachte. Ferati war bei den Gegentoren zum 2:3 und 3:3 zu passiv, so dass seine Auswechslung durchaus schlüssig war. Ich bin nicht der Meinung, dass der Junge daran zerbrechen könnte. Er durfte bereits mit 16 Jahren bei den Profis reinschnuppern, bekam einen Profivertrag und bekommt jetzt mit 18 Jahren seine Einsatzzeiten. Das alles ist doch Wertschätzung genug, der Junge wird weiter dazu lernen und wir werden noch sehr viel Freude an ihm haben.

Apropos Höchststrafe, Auswechslung eines zuvor eingewechselten Spielers, diese Erfahrung machte auch bereits ein gewisser Viorel Ganea, fast auf den Tag genau vor 13 Jahren und an gleicher Stätte, als er von Felix Magath gar nach 22 Minuten wieder ausgewechselt wurde, nachdem er Chance um Chance versiebte und Magath die Eingebung hatte, dass es wohl nicht mehr Ganeas Tag werden würde. Offensichtlich hat es diesem nicht geschadet, im Spiel danach sorgte Ganea mit seinen drei Toren im Alleingang für das 3:2 gegen den VfL Bochum. Klar, Ganea war damals schon etwas älter als Ferati heute, aber, ich bin mir sicher, das wird auch Ferati nicht umwerfen.

Dass kurz vor Schluss dann auch noch das 4:3 für Leverkusen fiel, war dann doch wieder typisch VfB. Unverständlich wie man sich in einer solchen Phase auswärts auskontern lässt, auch wenn der Treffer irregulär, da knapp abseits, war.

Sei es wie es ist, wir stehen mal wieder wie die Deppen da nach einem Spieltag, trotz großartigem Spiel gegen einen Champions League Teilnehmer. Auch wenn wir nach einer 3:1-Führung nicht mehr hergeben dürfen, offenbarte dieses Spiel doch die mangelnde Qualität in unseren Reihen. Leverkusen hatte noch Nationalspieler wie Bellarabi, Papadopoulos und Kramer auf Bank, Qualität, mit der wir nicht mehr aufwarten konnten.

Wir schaffen es einfach nicht, ein Spiel über 90 Minuten konzentriert und seriös zu Ende zu bringen. Einfache Spielverlagerungen, wie sie Leverkusen durch Çalhanoğlu ständig praktizierte, reichen aus, unsere Abwehr aus dem Gleichgewicht zu bringen. Für mich fehlt es hier an der geistigen Frische, sich schnell auf veränderte Spielsituationen einzustellen und entsprechend zu verschieben, was aber ein Lernprozess ist und bis zur Vergasung geübt werden muss. In den nächsten Transferperioden werden Dutt und Zorniger das Personalpuzzle weiter zusammen setzen und den einen oder anderen für dieses Spiel geeigneten Spieler dazu holen, bis dahin geht es einzig und allein um Schadensbegrenzung und darum bis zur Winterpause noch den einen oder anderen Punkt zu ergattern und danach vor allem in der Abwehr personell nachzurüsten, wenn es sein muss auch auf Kosten des Verkaufs eines Offensivspielers.

In Leverkusen konnte man Zorniger auch nicht vorwerfen, personell zu offensiv aufgestellt zu haben. Mit Harnik, Didavi und Werner standen gerade einmal drei reine Offensivakteure und dafür drei „Sechser“ zu Beginn auf dem Platz. Die Gegentore fielen so auch durch Schlafmützigkeit und individuelle Fehler und nicht weil wir mutig nach vorne gespielt haben.

Neben der Konstante Insúa ließe sich die Viererkette derzeitig beliebig umformieren und die Positionen könnte man auswürfeln. Würde man Klein, Sunjic, Baumgartl durch Hlousek, Niedermeier, Schwaab austauschen, verbessern würden wir uns vermutlich nicht, verschlechtern aber auch nicht. Der sich so lang hinziehende Rüdiger-Transfer hat uns viel Zeit und Robin Dutt vor allem Planungssicherheit gekostet, so dass das für mich ein wesentlicher Faktor ist, dass wir personell so schlecht aufgestellt sind. Das wollen viele zwar nicht hören, Dutt wird vorgeworfen keinen Plan B gehabt zu haben oder nicht ins Risiko gegangen zu sein, so einfach ist die Sache aber nicht. Wäre Rüdiger geblieben und man hätte dennoch einen Hochkaräter geholt, würden diejenigen, die dies heute kritisieren darüber schimpfen, dass man Timo Baumgartl jemanden vor die Nase gesetzt hat. Dass Florian Klein heftige Formschwankungen hat und wir für ihn keinen ernsthaften Backup haben, darauf hatte ich bereits nach dem Test gegen Bern hingewiesen. Daniel Schwaab ist nun mal kein Rechtsverteidiger, zumindest keiner moderner Prägung mit Zug nach vorn. Obwohl nicht gerade mein Freund, würde ich ihn dennoch im Moment Klein vorziehen, einfach weil er nicht so zögerlich im Zweikampf ist und zu einer besseren defensiven Stabilität beitragen könnte.

Auch Tytoń zeigte nach seiner starken Leistung gegen Ingolstadt ein durchwachsenes Spiel und, hätte er beim Anschluss zum 1:2 seinen linken Fuß eingesetzt, wäre die kurze Ecke zu gewesen.
Vielfach höre ich nach diesem Spiel wieder, einzig und allein Zorniger habe das Spiel verloren, weil er nicht wenigstens nach dem 3:3 hinten dicht gemacht habe. Er hatte ja bereits Mart Ristl eingewechselt, hätte er jetzt noch Adam Hlousek bringen sollen und dieser vielgescholtene Antifußballer hätte das Unheil verhindert? Sind nicht auch die Spieler selbst in der Pflicht, die Grundordnung auf dem Platz beizubehalten und nicht blindlings nach vorne zu rennen? Zorniger gab ihnen sicherlich nicht mit auf den Weg, sich in der 90. Minute auskontern zu lassen, vielmehr gab er deutlich sichtbar von außen die Anweisung mehr einzurücken. Hier fehlt es an der geistigen Frische, an Grips und an der fußballerischen Qualität, die Dutt und Zorniger noch immer nur bedingt zu verantworten haben.

Zorniger selbst dürfte fuchsteufelswild werden, bei dem was er da sieht und sich den Kopf zermartern, wie diese Fehler mit dem vorhandenen Personal abzustellen sind. Das wird ja auch schon daran deutlich, wenn er immer mal wieder daran erinnert, dass er sich nicht dazu berufen fühle, einem Bundesligafußballer die Basics beizubringen.

Wer hätte ernsthaft vor diesem Spiel einen Punkt in Leverkusen eingeplant, kaum einer, von daher halb so wild. Enorm wichtig wäre es dagegen, die noch ausstehenden Heimspiele gegen Darmstadt 98, den FC Augsburg und Werder Bremen für sich zu entscheiden, um sich bis zur Winterpause eine akzeptable Ausgangsposition zu verschaffen. Wenn der VfB weiterhin an seine Stärken glaubt, sich die Spieler vor allem nicht beirren lassen, bin ich mir sicher, dass wir auch in dieser Saison mindestens drei Vereine hinter uns lassen werden. Es ist ja auch nicht so, dass Stillstand herrscht und die derzeitigen Auftritte Rückschlüsse auf den Rest der Saison geben müssen, Zorniger wird Tag und Nacht daran arbeiten, den VfB konkurrenzfähiger und damit besser zu machen. Es dauert noch, bis ein Rädchen ins andere greift, aber, Leverkusen hat es erneut gezeigt, wir sind auf einem guten Weg.

Nach diesem mentalen Nackenschlag in Leverkusen wäre es jetzt immens wichtig, weiter auf die eigene Stärke zu vertrauen und die Pokalhürde Jena am Mittwoch schadlos und möglichst ohne viele Körner zu lassen zu überstehen. Es dürfte ein echter Pokalfight vor ausverkauftem Haus werden, in dem man auch einen Regionalligisten nicht so einfach zum Tore schießen einladen darf.
Danach dann steht (immer wieder) sonntags das so wichtige Heimspiel gegen den furios gestarteten Aufsteiger SV Darmstadt 98 auf dem Programm, das vor der Auswärtsfahrt nach München tunlichst gewonnen werden sollte.

Wenn nicht, könnte uns ein stürmischer Herbst ins Haus stehen, den keiner haben wollte und der die Fanszene durchaus vor eine größere Zerreißprobe stellen könnte. Dann wird man sehen, in welche Richtung letztendlich das Pendel ausschlagen wird und ob der Rückhalt im Verein für Alexander Zorniger auch einem Sturm standhalten wird oder ob wieder einmal jegliches Konzept über den Haufen geworfen wird.

Nach Jürgen Klopp ist seit dem gestrigen Montag wenigstens die zweite „Alternative“ vom Markt, auf die einige der Zorniger-Gegner gehofft hatten. Huub Stevens wird Trainer beim Dorfverein aus dem Kraichgau. Ich persönlich kann ihm das nicht verübeln. Für viele ist er jetzt schon wieder unten durch, weil er als „VfBler“ bei diesem ungeliebten Konstrukt anheuert. Ich bin da weniger sentimental, macht er es doch genau richtig. Durch zwei fette Nichtabstiegsprämien vom VfB hat er Blut geleckt, dass er auf seine alten Tage als Halbjahrestrainer mehr Geld verdienen kann, als die meisten seiner Kollegen mit einem Ganzjahresjob. Bin ihm nach wie vor dankbar für die beiden Nichtabstiege, auch wenn ich ihm nicht gerade Glück für seine aktuelle Mission wünsche.

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