Das Wunder von Barcelona ist ausgeblieben. Ohne große Gegenwehr, ohne großes Aufbäumen hat sich der VfB Stuttgart mit 0:4 (0:2) beim großen FC Barcelona im Achtelfinale aus der Champions League verabschiedet.
Bittere Erkenntnis: Die Roten erstarrten vor Barça – sie hatten nie eine echte Chance.
Der Coup im Camp Nou – für die Roten blieben die ohnehin geringen Hoffnungen auf eine Sensation ein Wunschtraum. Diese Erkenntnis wuchs ziemlich schnell – und im Handumdrehen war sie Gewissheit.
Denn im Grunde war schon nach 13 Minuten alles klar, als Lionel Messi den Club-Weltmeister in Führung brachte. Und erst recht, als Pedro das 2:0 erzielte (22.).
Erneut Messi (60.) und Bojan Krkic (89.) erhöhten auf 4:0. Das hatte dann schon die Ausmaße eines Debakels, wie es die B-Jugend der Roten am Nachmittag beim 0:5 gegen Barça Nachwuchs kassiert hatte.
“Barcelona war klar besser und hat uns heute die Grenzen aufgezeigt”, sagte Trainer Christian Gross, “wir haben im Hinspiel für unsere Verhältnisse ein überragendes Spiel gemacht. Jetzt sind wir nicht über außen gekommen und hatten keine Abschlüsse.”
“Kindergarten-Fußball”
Null-vier. Das war natürlich fernab der Ansprüche, mit denen die Profis vom Cannstatter Wasen die große Herausforderung angegangen waren – angenommen haben sie sie zu keiner Phase.
Mutig, selbstbewusst und clever wollten sie Barça die Stirn bieten, ähnlich wie beim achtbaren 1:1 im Hinspiel, doch nichts von alldem war dann zu sehen.
“Kindergarten-Fußball”, ärgerte sich TV-Experte Matthias Sammer. Wie das Kaninchen vor der Schlange erstarrte der VfB vor den Katalanen, ließ sich teilweise vorführen und demütigen.
Die Roten investierten viel zu wenig, um die weltbeste Vereinsmannschaft in Schach zu halten. “Wir haben zu großen Respekt gezeigt, waren nicht mutig genug und haben zu viele einfache Fehler gemacht. So hat man hier keine Chance”, sagte Manager Horst Heldt.
Lag es an der großen Kulisse? Willkommen im Camp Nou: 98.000 Zuschauer fasst der Fußballtempel. Tagsüber hatten Helfer in der Innenstadt per Handzettel für die Begegnung geworben, die schließlich 88.543 Fans anlockte.
Ein eindrucksvoller Rahmen, der bei manch einem VfB-Spieler sichtlich Spuren hinterließ. Allerdings nicht bei Serdar Tasci: Der Innenverteidiger musste kurzfristig wegen Adduktorenbeschwerden passen, die sich schon am Montag im Training angekündigt hatten. Für ihn spielte Georg Niedermeier, der gleich mächtig viel Arbeit hatte.
Dreimal klärte Torhüter Jens Lehmann gegen Thierry Henry (2. und 11.) und Lionel Messi (9.). Als der Argentinier erneut vor dem VfB-Keeper auftauchte, bedeutete das schon die Vorentscheidung.
Vier VfB-Spieler ließen Messi gewähren, ohne einzugreifen – eine Todsünde gegen den begnadeten Angreifer. Messi durfte den Ball an- und Tempo aufnehmen, sich die Lücke aussuchen und aus 18 Metern abschließen.
“Messi ist 30 Meter allein mit dem Ball gelaufen, das geht doch nicht”, sagte Alexander Hleb. Der Leihspieler vom FC Barcelona blieb selbst weit unter seinen Möglichkeiten – wie fast alle seiner Mitspieler.
Der VfB hatte sich kaum berappelt, da musste er schon den nächsten Rückschlag verdauen. Messi konnte den Ball in Ruhe annehmen und zu Henry weiterleiten. Dessen Querpass drückte Pedro über die Linie – wieder fühlte sich kein VfB-Profi zuständig.
Meine Güte – wo waren all die guten Vorsätze? Der VfB leistete sich zu viele Ballverluste im Mittelfeld, bekam dadurch in der Rückwärtsbewegung große Probleme und hatte dem großen Gegner sowohl in der Defensive als auch in der Offensive zu wenig entgegenzusetzen.
Henry grätschte knapp am Ball vorbei (28.). Dann verlor Sami Khedira den Ball gegen Messi, der Henry bediente – Matthieu Delpierre klärte.
Jetzt kommt Hannover
Obwohl Barça nicht einmal seinen besten Tag erwischt hatte, hatte der VfB nicht den Hauch einer Chance – und keine Torchance, die diese Bezeichnung verdient hätte.
Stattdessen ging es nach dem Wechsel weiter mit dem Einbahnstraßen-Fußball. Dani Alves legte mit der Hacke für Messi auf, der aus der Drehung das 3:0 erzielte – wieder hatte sich die VfB-Abwehr vornehm zurückgehalten.
Einzig Cristian Molinaro wagte sich mal nach vorn, der Schuss des Italieners wurde aber abgeblockt (63.). Auf der Gegenseite rettete Lehmann gegen Andrés Iniesta (79. und 80.), Henry (72.) und Messi (86.) verpassten.
Ein Pass in die Tiefe eröffnete Bojan Krkic den Raum, um das 4:0 zu erzielen. “Barcelonas Klasse hat sich durchgesetzt”, sagte Sami Khedira, “jetzt müssen wir uns voll auf die Bundesliga konzentrieren.”
Dort helfen nur noch Siege, wenn die Aufholjagd doch noch zu Platz fünf und damit in die Europa-Liga führen soll. Das dürfte schwer genug werden. Nächster Prüfstein ist am Samstag Hannover 96.
(STN online 18.3.10)