2. September 2018

Die Hosen voll!

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , – Franky @ 11:05

Nach den zwei Auftaktniederlagen in Rostock sowie in Mainz hatte sich der VfB unnötig unter Druck gesetzt, gegen die übermächtigen Bayern möglichst etwas Zählbares einfahren zu müssen.

Der Deadline-Day am Freitag verstrich, ohne dass Michael Reschke für weitere Verstärkung gesorgt hätte. Null Tore in den ersten beiden Spielen offenbarten, dass der Abgang von Daniel Ginczek eine Lücke hinterlassen hat, so dass ich mir es gewünscht hätte, dass noch eine Alternative fürs Sturmzentrum präsentiert wird, wenn Nicolás González noch nicht der ganz große Durchbruch zugetraut wird.

In den bisherigen Spielen wirkte Mario Gomez fahrig in seinen Aktionen, nicht wirklich fit und in gewisser Weise auch „satt“. Sein ganz großes Ziel, eine neuerliche WM-Teilnahme, hat er durch seine Leistungen in der Rückrunde erreicht.

Der Ansporn, sich dem Bundestrainer aufdrängen zu müssen, ist weg, da Gomez nach der WM seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärte.

Ist die Frage, was treibt ihn jetzt noch an? Hat er noch den ganz großen Ehrgeiz, dem VfB unter allen Umständen weiterhelfen zu wollen oder lässt er seine Karriere gemütlich ausklingen?

Die Einstellung spreche ich ihm nicht ab, auch wenn er, wie alle anderen, in den ersten Spielen nur Mitläufer war, der mit seiner eigenen Leistung zu kämpfen hatte, anstatt in der Lage zu sein, eine Führungsrolle einzunehmen und die Richtung vorzugeben.

Auch gestern gegen die Bayern hing er völlig in der Luft, was jedoch in erster Linie der defensiven Ausrichtung des Teams geschuldet war. Dennoch verstolperte er die wenigen Bälle, die er bekam und es fehlte die Spritzigkeit die in die Jahre gekommene Bayern-Abwehr durch Anlaufen unter Druck zu setzen.

Tayfun Korkut indes ließ sich erneut durch die öffentliche Meinung zu Startelfänderungen hinreißen. Der in die Kritik geratene Holger Badstuber musste nach zwei spielentscheidenden Patzern in Rostock und in Mainz Platz für Timo Baumgartl machen, während A. Donis nach seiner völligen Ausbootung gegen Mainz in der Startelf stand. Ein Schlingerkurs des Trainers, der nicht unbedingt ausdrückt, dass der Kollege auf der Trainerbank einen Plan hätte.

Sollte er doch einen in der Tasche haben, war dieser gestern offensichtlich rein aufs Verhindern ausgerichtet und nicht aufs Gestalten.

Mit nominell neun (!) defensiv denkenden Akteuren wollte man wohl ein 0:0 ermauern oder die Niederlage im erträglichen Rahmen halten, was für meinen Geschmack zu wenig war, angesichts der knapp 60.000 Augenzeugen, die für diese einseitige Demütigung einen immensen Top-Zuschlag (sofern nicht Dauerkarteninhaber) zu berappen hatten.

Will man die Bayern ernsthaft in Bedrängnis bringen und versuchen mitzuspielen, bedarf es mehr Esprit, als nur die Bälle ins Nichts zu schlagen und sich daran zu erfreuen, wie die Sekunden verrinnen.

Dass die Bayern in einer anderen Liga spielen, steht außer Frage. Dass man in 90 Minuten aber weder eine gelbe Karte kassiert, noch einen Eckball herausholt, noch ein einziges Mal aufs Tor schießt, steht auf einem anderen Blatt. Die Bayern siegten im Schongang, ich habe vom VfB selten ein emotionsloseres Spiel gegen die Bayern gesehen.

Dass die Bayern einiges motivierter waren als der VfB, zeigte sich in der 21. Minute, als Donis an der Seitenlinie mit großem Einsatz Ribéry weg grätschte.

Die gesamte Bayern-Bank sprang auf und war entrüstet. Auf Seiten des VfB hingegen, keine Emotionen, keiner, der Donis applaudiert und das Publikum aufgeputscht hätte. Eine solche Aktion kann eine Initialzündung sein, dem Gegner den Schneid abzukaufen, doch, der VfB hatte offensichtlich an diesem Tag keinen Bock, mehr als ein angenehmer Sparringspartner zu sein.

Stimmte in der ersten halben Stunde wenigstens noch die Konzentration und der Einsatz, war auch das nach dem 0:1 wie weggeblasen. Man ergab sich in sein Schicksal und hatte von außen nie den Eindruck, dass irgendwer noch an die Wende geglaubt hätte.

Das 1:4 zum Saisonfinale in München war sicher kein Maßstab für dieses Spiel und doch war es ein Fingerzeig, wie den Bayern noch am ehesten beizukommen wäre. Mit schnellem Flügelspiel lassen sich die Bayern-Granden, die gewohnt hoch standen, noch am ehesten überlaufen und in gefährliche Situationen verwickeln, gestern blieben diese stümperhaften Versuche allesamt im Ansatz stecken, weil das Spiel insgesamt zu sehr auf Sicherheit ausgelegt war.

Bot sich mal ein Hauch einer Konterchance, fehlte es dem Stoßstürmer Gomez an Tempo, um in der Mitte ein potentieller Abnehmer zu sein.

Die erste Auswechslung des Spiels in der 57. Minute muss bereits vor dem Spiel festgestanden haben und nicht dem Spielverlauf oder gar der Leistung von Anastasios Donis geschuldet gewesen sein. Konsequenterweise hagelte es für diese Korkuts Eingebung ein gellendes Pfeifkonzert.

Er ackerte und rackerte und war der Einzige auf Seiten des VfB, dem man im Spiel offensiv noch etwas zugetraut hatte, dennoch wurde er durch Thommy ersetzt, womit auch deutlich wurde, dass Korkut keine Ambitionen hatte, das Spiel noch versuchen zu drehen. Dann nämlich hätte er sein Team sukzessiv offensiver ausrichten und das Risiko erhöhen müssen, wofür diese Wahrscheinlichkeit mit diesem positionsgetreuen Wechsel eher gering gehalten wurde.

Wenig später fiel dann das 0:2, womit der Käs gegessen war und man in Reihen des VfB den Schlusspfiff herbeisehnte. An Schmähgesängen aus dem Gästeblock mangelte es nicht, wenngleich aus diesem keine optischen Akzente kamen, weil die Ultras dem Vernehmen nach wegen Problemen beim Einlass das Spiel boykottierten.

Nach null Toren, null Punkten und Tabellenplatz 18 nach dem zweiten Spieltag steht der VfB nach der Länderspielpause in Freiburg gehörig unter Druck. Für manch einen beginnt die Saison ohnehin erst dort, ich hätte mir zumindest in Mainz ein engagierteres Auftreten gewünscht.

Da dieses ausgeblieben war, stand das Team gegen Bayern in der Pflicht und versagte auf ganzer Linie. Wird immer darüber lamentiert, dass der VfB gegen Bayern meist in der Schlussphase einer Saison, wenn die Bayern voll im Saft stehen, spielen muss und es doch so viel einfacher sei, am Anfang auf sie zu treffen, sah sich getäuscht.

Zwar stimmen die Abläufe bei ihnen noch nicht zu hundert Prozent, zwar benötigten sie gegen Hoffenheim noch die Mithilfe des Videoassistenten, wenn man es aber nicht einmal versucht, ihnen weh zu tun, haben sie natürlich leichtes Spiel.

Gerade nach den Diskussionen in der Woche um Ribérys Schwalbe gegen Hoffenheim, hätte ich es mir gewünscht, dass der VfB mal in eine Situation gekommen wäre, in der der VAR benötigt worden wäre und vielleicht etwas gutzumachen gehabt hätte.

Dies war nicht der Fall, kein einziger ernsthafter Torabschluss spricht Bände. Nicht nur die Bayern hätten gegen den VfB ohne Torwart antreten können, in den bisherigen drei Saisonspielen musste der gegnerische Torwart genau zweimal eingreifen (Aogos Freistoß ins Torwarteck (!) in Rostock; Gonzalez’ Schuss in Mainz). Alle anderen in der Statistik als Torschüsse ausgewiesenen Versuche gingen am Tor vorbei oder kullerten in die Arme des Keepers.

Ich hoffe, dass Korkut von diesem destruktiven Gewürge sehr bald absieht und die Jungs Fußball spielen lässt. Die taktischen Fesseln müssen, vor allem in der Kreativabteilung, abgelegt werden.

Wenn Badstuber aus Leistungsgründen aus der Startelf fliegt, muss auch die Rolle bzw. „Leistung“ der anderen älteren Spieler hinterfragt werden. Ob Insúa, Aogo, Castro, Gomez oder auch Kapitän Gentner.

Keiner der Genannten steht für schnelles, schnörkelloses Spiel, keiner vermochte es im bisherigen Saisonverlauf zu rechtfertigen, dass er den Vorzug vor jüngeren für die Zukunft des VfB stehenden Akteuren erhalten hat. Im Gegenteil, es scheint fast so zu sein, dass das Tempo im Spiel bewusst altersgerecht bestimmt ist, womit keinerlei Überraschungsmomente in der gegnerischen Hälfte aufkommen.

Nach einem Pokalspiel und zwei Ligaspielen ist es verfrüht, den Stab über den Trainer und das Team zu brechen. Auch eine Niederlage, wenn auch ein Klassenunterschied offenbart wurde, gegen die Bayern eignet sich nicht, jetzt schon in Panik zu verfallen.

Was mich eben fürchterlich aufregt, ist, dass gefühlt der Saisonstart verschlafen bzw. verschenkt wurde und die komplette Euphorie verflogen ist. Es waren ja nicht nur die Ergebnisse. Spielerisch lag bisher sehr viel im Argen und Torgefahr war nicht vorhanden, so dass man sich schon fragt, was das Team den Sommer über getan hat. Im Trainingslager war ich überrascht, dass kaum eine Einheit länger als 45 Minuten dauerte, was jedoch auch der Hitze geschuldet gewesen sein könnte. Zudem weiß man im Trainingslager auch nicht immer, was hinter den Kulissen noch gemacht wird.

Korkuts Glück könnte es jetzt sein, dass es in den nächsten Spielen zunächst nach Freiburg geht und dann Aufsteiger Fortuna Düsseldorf seine Visitenkarte im Neckarstadion abgibt. Beides sind Gegner, die man bezwingen kann, wenn nicht muss. Korkut muss die Länderspielpause nutzen und versuchen, grundlegende Dinge zu verändern. Dass Korkuts Fußball selten vergnügungssteuerpflichtig ist, wissen wir seit der Rückrunde, dort war er aber wenigstens erfolgreich. Die Frage, die sich aufdrängt, ist jetzt, kann Korkut auch anders und, war es doch nur pures Glück, was wir in der Rückrunde hatten. Dieses scheint jedenfalls nun aufgebraucht zu sein, so dass er sich nicht weiter auf Altbewährtes verlassen sollte, im Vertrauen, der Wind werde sich schon von selbst wieder drehen. Korkut steht nun extrem unter Druck und muss liefern. Der Kader dazu wurde ihm anvertraut.

Sollte es wider Erwarten in Freiburg wieder nichts zu ernten geben, dürfte Düsseldorf bereits ein erstes Endspiel für ihn werden. Ich hoffe in Freiburg auf eine mutigere Ausrichtung und einen VfB, der von Beginn an zeigt, dass er um jeden Preis gewinnen möchte. Igelt man sich auch dort zunächst ein und lässt Freiburg gewähren, wäre es meiner Ansicht nach fatal und der Anfang vom Ende.

Noch hat Korkut alle Fäden in der Hand und kann überdenken, auf wen der alten Hasen er sich wirklich noch verlassen kann und wo wer am besten aufgehoben ist. Tut er das nicht und zeigt er nicht endlich, dass er nicht nur Feuerwehrmann sondern auch ein Team entwickeln kann, bekommen wir eben mal wieder einen neuen Trainer. Man ist es ja inzwischen gewohnt!

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22. August 2017

Endlich wieder Bundesliga!

Exakt 462 Tage nach dem Abstieg beim VfL Wolfsburg am 14. Mai 2016 kehrte der VfB auf die große Bundesliga-Bühne zurück.

Nach der kräftezehrenden Busfahrt in der Vorwoche an die polnische Grenze nach Cottbus, stand gleich zum Bundesligaauftakt die nach Hamburg weiteste Reise in der Liga an. Als das Hertha-Spiel terminiert wurde, befand ich mich gerade mit dem VfB im Trainingslager in Grassau und buchte, schnell schnell, eine Bahnfahrt, nichts ahnend, dass ich mit meiner tollen Verbindung bis zum Schluss alleine da stand.

Da ich nach Samstag-Spielen auch mal froh bin, sonntags zu Hause zu sein, mich von der Auswärtsfahrt erholen und in Ruhe die Bilder machen und einen Blog anfangen zu können, entschied ich mich für eine 22-Stunden-Tour mit Hin- und Rückfahrt am selben Tag. Weil ich bereits unzählige Male in Berlin war, hatte ich keine große Lust, dort zu übernachten.

Da sehne ich schon fast das einige Jahre traditionell am Freitagabend stattfindende Spiel Hertha BSC gegen den VfB herbei, wo es sich immer anbot, die Nacht beim in Berlin ansässigen OFC „Cannstatter Kurve Berlin ’08“ in deren Vereinslokal „Rössle“ in Neukölln durchzumachen und Samstag früh mit dem ersten ICE zurückzufahren.

Vom Stuttgarter Hauptbahnhof aus startete ich meine (Tor-)Tour mit Direktverbindung um 6.51 Uhr. Möchte man ohne Umwege zum Olympiastadion gelangen, empfiehlt sich der Ausstieg bereits in Berlin-Spandau, von wo aus man in wenigen Minuten mit der S-Bahn das Ziel erreicht.

Leider gab es jedoch einige Idioten, die mir und vielen anderen Reisenden einen Strich durch diese Rechnung machten. Da in Berlin-Spandau für diesen Samstag ein Neonazi-Aufmarsch im Gedenken an Rudolf Heß angekündigt war, legten Linksextremisten mittels Brandsätzen die wichtigsten Bahntrassen von und nach Berlin lahm, um noch mehr Neo-Nazis an der Anreise zu hindern.

Dass sie damit nicht „nur“ ein paar hundert Unverbesserliche trafen, sondern tausende andere Bahnreisende auch und diese massiv in ihrer geplanten Freizeitgestaltung hinderten, ist logisch. Ich hoffe, diese selbsternannten Weltverbesserer werden geschnappt und bekommen die Rechnung für den entstandenen Schaden präsentiert.

Im Gegensatz zu vielen, die aus Richtung Hamburg anreisten und das Spiel wegen diesen Chaoten verpassten, kam ich dabei noch glimpflich davon. Mein Zug wurde über Magdeburg und Potsdam umgeleitet, so dass der Halt in Spandau entfiel und ich etwa 45 Minuten später als geplant zum Vorglühen im Biergarten direkt am Stadion eingetroffen bin. Das war aber natürlich trotzdem ärgerlich für mich und verkürzte meinen Kurzaufenthalt in Berlin noch mehr.

Auch nach dem Spiel war von Normalität noch keine Spur. Im Stadion erklangen Durchsagen, die von Problemen am Bahnhof Spandau berichteten, die ich leider nicht genau mitbekam, so dass mir Bekannte rieten, doch lieber mal schnell zum Hauptbahnhof zu fahren. Ich wollte zwar am S-Bahn-Halt Olympiastadion noch verifizieren, ob in Spandau tatsächlich noch immer keine Züge halten, doch traf ich keinen einzigen Bahnbediensteten an, der überhaupt von Problemen am Bahnhof Spandau wusste (!).

Wegen überfüllter und nur im Schritttempo verkehrender Bahnen in Richtung Hauptbahnhof erreichte ich meinen Zug gerade noch so, um dann, noch etwas außer Atem, festzustellen, dass dieser doch in Spandau hielt.

Die Rückfahrt hielt für mich Umstiege in Hannover und Frankfurt bereit, geplante Ankunft in Stuttgart um 3.20 Uhr. Der Plan sah vor, in Hannover 58 Minuten Aufenthalt zu haben, worauf ich mich richtig freute. Von einigen anderen Fahrten wusste ich, dass es sich im Bahnhof oder auch nahe des Bahnhofes ordentlich speisen lässt, was mir sehr entgegen kam, hatte ich doch außer der obligatorischen Stadion-Currywurst bislang nur flüssige Nahrung zu mir genommen.

Dieser Plan wurde jäh durchkreuzt, weil der ICE von Berlin nach Hannover auf eine eigentlich Regionalbahnen zugedachte Strecke ausweichen musste und für diese eine geschlagene Stunde länger brauchen sollte. Anstatt gemütlich zu schlemmen und ein kühles Gilde zu genießen, hieß es in Hannover, die Füße in die Hand zu nehmen und im Laufschritt zur Abfahrt des nächsten Zuges zu eilen.

Dort angekommen, platzierte ich mich umgehend im Bordrestaurant, in der Hoffnung auf etwas Essbares. Obwohl die Uhr erst 21.30 Uhr anzeigte und das Bordbistro bzw. -restaurant um 22.00 Uhr offiziell schließt, nahm der Kellner weder im Bordrestaurant noch im -bistro Bestellungen mehr auf. Seine Begründung, er sei alleine, was meinen Unmut aber natürlich nicht schmälerte.

Jedenfalls war es das mit Essen auf der Heimfahrt gewesen, es waren ja auch nur noch gut sechs Stunden, bis ich zu Hause sein würde. Natürlich beschwerte ich mich bei dem Kollegen und erinnerte ihn an das Chaos an diesem Tag, doch, keine Chance, keine Flexibilität, ein typischer (Bahn-) Beamter halt!

Bei nahezu jeder Bahnfahrt, von der Rückfahrt vom Spiel bei Union Berlin hatte ich ja berichtet, werde ich mit unsouveränem und überfordertem Personal konfrontiert, so dass ich mich schon frage, ob die Bahn irgendwelche Kriterien wie „in Stresssituationen kühlen Kopf bewahren“ als Einstellungsvoraussetzung vorgibt und sein Personal dahingehend auch prüft, bevor man es auf die Kundschaft loslässt oder ob dort jeder genommen wird, der nicht bei drei auf dem Baum ist.

Nach etlichen derartiger Erfahrungen lache ich laut schallend über Zeitungsberichte wie von diesem Wochenende, als eine Zugbegleiterin die Notbremse gezogen haben soll, weil sie sich von „angetrunkenen“ FCK-Fans belästigt gefühlt habe. Da sich die Bahn, wie sich bei Beschwerden u. a. nach dem Union-Spiel herausgestellt hat, vorbehaltlos und ohne Prüfung hinter ihr Personal stellt und Vorwürfe der Kundschaft als aus der Luft gegriffen darstellt, schenke ich solchen Berichten keinerlei Glauben.

Apropos FCK: zur zweiten DFB-Pokal-Hauptrunde bescherte uns die Losfee Carolin Kebekus bei der Auslosung auswärts den 1. FC Kaiserslautern. Ein geileres Los kann ich mir kaum vorstellen. Sicher wäre auch ein Heimspiel gegen einen machbaren Gegner ganz nett gewesen, doch, wer weiß, wann wir das nächste Mal wieder auf den Betzenberg kommen.

In der 2. Liga war das Spiel auf dem „Betze“ ein absolutes Highlight, das wir aufgrund der Spielansetzung samstags auch gleich zu einem gefühlten Heimspiel machten. Geschätzt zwischen 15.000 und 20.000 VfBler waren damals vor Ort und trugen zu einem wunderbaren Rahmen beim 2:0-Auswärtssieg bei. Es spricht auch dieses Mal einiges dafür, alle Hebel in Bewegung zu setzen und sich diesen Pokalkracher nicht entgehen zu lassen. Ein absolutes Traditions-Duell zweier befreundeter Fanszenen in einem der stimmungsvollsten Fußballtempel überhaupt, dazu eine auch unter der Woche machbare Entfernung, wenn einem der Schichtplan nicht gerade einen Strich durch die Rechnung macht, daher sollte am 24. oder 25. Oktober die nächste weiß-rote Invasion die A6 entlang rollen.

So gern man auf das Aufeinandertreffen mit den Pfälzern und so gut wie allen Zweitligapartien zurückblickt, so schön und wichtig ist es jetzt, wieder im Konzert der Großen mitspielen zu dürfen. Irgendwie fühlt es sich dann doch so an, dass man nie richtig weg gewesen wäre. Außer den kleineren Stadien im Unterhaus erinnerte so gut wie überhaupt nichts an 2. Liga. Der VfB war „in“, sorgte für einen phänomenalen Zuschauerrekord, war in den Medien omnipräsent und sorgte für eine Euphorie, ja, fast Hysterie, wie sie beim Abstieg in Wolfsburg wohl kein Mensch für möglich gehalten hätte.

Nach Jahren des Dahinsiechens, die von Dauerfrust und schlechter Laune geprägt waren, wollte einem im Zweitligajahr das Dauergrinsen partout nicht aus dem Gesicht weichen. Weshalb man sich während dieser Zeit wie in einem schönen Traum wähnte, lag mit daran, dass die Qualität der Gegner meist zu wünschen übrig ließ und man auch schlechtere Spiele für sich entschied und Rückstände scheinbar mühelos zu drehen vermochte.

Spätestens nach dem Hertha-Spiel hieß es dann „aufwachen“ aus diesem Traum! Der Bundesligaalltag hat uns schneller wieder, als uns lieb ist. Dass Berlin ein schwerer Auftakt sein würde und uns dort nichts geschenkt werden würde, befürchtete man im Vorfeld schon. Dass der Hertha aber ein absolut durchschnittlicher Auftritt genügen und das Spiel nach dem Rückstand quasi gelaufen sein würde, das war dann doch ernüchternd.

In einem ereignisarmen Spiel, das man zur Halbzeit als typisches 0:0-Spiel eingeordnet hatte, befand sich der VfB gedanklich noch in der Pause, als die Hertha das Spiel mit einem Einwurf schnell machte, Ailton sich von Leckie ausspielen ließ, und dieser frei vor Zieler zur Hertha-Führung einschob. Hertha hatte zwar bis dahin mehr Spielanteile, da der VfB hinten aber stets Überzahl herstellen konnte und Hertha nicht viel einfiel, den Riegel zu knacken, kam es zu kaum brenzligen Situationen.

Der VfB beschränkte sich dabei für meinen Geschmack zu sehr auf das Verteidigen des eigenen Tores und suchte nicht konsequent genug den Weg nach vorne. Das von unserem Claim abgewandelte „mutlos und scheu“ kam mir dabei mal wieder in den Sinn. Die Offensive fand über weite Strecken der ersten Halbzeit nicht statt.

In einem Spiel bislang ohne Torchancen, war es dann bezeichnend, dies der große Unterschied zur 2. Liga, dass gleich der erste Fehler der Stuttgarter Hintermannschaft bestraft wurde.

Dieser Treffer gab den heimstarken Berlinern mit ihrer eingespielten Mannschaft die nötige Sicherheit. Ausgerechnet Leckie möchte man meinen, dem im Vorjahr für Ingolstadt bei 30 Einsätzen kein einziger Treffer gelang und der im Jahr zuvor gerade einmal drei Treffer (einen davon beim 3:3 in Ingolstadt gegen den VfB) zustande brachte. Dass einem der harmlosesten aktuellen Bundesligastürmer überhaupt nach einem Eckball aus dem Gewühl heraus gar noch ein zweiter Treffer gelang, spottete jeder Beschreibung.

Nach dem 2:0 nach gut einer Stunde war das Spiel dann gelaufen. Das sah auch Hannes Wolf so, kaum anders ist es zu erklären, dass er defensiv wechselte und Dennis Aogo und Holger Badstuber zu ihren ersten Einsätzen für den VfB verhalf. Diese beiden durften Spielpraxis sammeln und verhalfen der VfB-Defensive auf Anhieb zu mehr Stabilität, so dass beide wohl Kandidaten für die Startelf gegen Mainz 05 sind. Der VfB hatte zwar in der Schlussphase durch Asano und Donis, die beide das Außennetz trafen, noch zwei Torchancen, doch insgesamt fehlte es an Durchschlagskraft, um die Hausherren ernsthaft zu gefährden.

Der insgesamt eher biedere Auftritt im Berliner Olympiastadion offenbarte, dass noch viel Arbeit vor Hannes Wolf und Michael Reschke liegt. Das Duo auf der Doppelsechs, das sich während der Trainingslager für die Liga heraus kristallisiert hatte, wurde komplett gesprengt. Burnić stand wegen einer laut Hannes Wolf schlechten Trainingswoche nicht im Kader, Ofori, der in Cottbus als alleiniger Sechser auf verlorenem Posten stand, saß zunächst auf der Bank, so dass Mangala und Gentner die defensive Schaltzentrale bekleideten.

Da man auch diese beiden nicht als der Weisheit letzten Schluss ansieht und Sarpai und Grgic verliehen werden sollen, wird weiter nach einem aggressiven Sechser Ausschau gehalten. Der 20-jährige Argentinier Santiago Ascacíbar soll bereits in Stuttgart sein und in Kürze als Neuzugang Nummer acht vorgestellt werden.

Dass nicht nur zentral defensiv sondern auch zentral offensiv Verstärkung willkommen wäre, zeigte der lange Zeit harm- und ideenlose Auftritt in Berlin. Auf den Außen sind wir zwar gut besetzt, doch verpufft deren Wirkung, wenn die Unterstützung der Kollegen fehlt und keine zündenden Ideen aus dem zentralen Mittelfeld kommen.

Da ist es doch gut, dass wenigstens Alexandru Maxim am Samstag wieder im Neckarstadion aufläuft, nur, eben auf der anderen Seite. Diesen nicht annähernd ersetzt zu haben wird Jan Schindelmeiser hauptsächlich vorgeworfen, deshalb hat man Michael Reschke geholt, um unter anderem diesen Fehler auszumerzen.

Bis sich eine Stammmannschaft gefunden hat, wird noch viel Wasser den Neckar hinunter laufen. Durch den Sportdirektoren-Wechsel scheint sich auch ein Paradigmenwechsel vollzogen zu haben. Das Anforderungsprofil bei Neuzugängen, das bislang hieß „jung und entwicklungsfähig“, änderte sich schlagartig. Die Transfers von Badstuber und Aogo und der möglicherweise in Kürze von Erik Durm, stehen eher für Erfahrung und Spieler, die ihre besten Zeiten möglicherweise schon hinter sich haben. Dazu sind alle diese Transfers extrem risikobehaftet, haben doch alle in jüngster Vergangenheit eine lange Verletzungsgeschichte vorzuweisen. In dieses Beuteschema würde wiederum Daniel Didavi ganz gut passen, sollte er denn tatsächlich zu haben und an einer Rückkehr interessiert sein. Für den Kreativsektor wäre frisches Blut hilfreich, denn, ob Donis, Asano oder wie jüngst Akolo den Zehner mimen, das wirkt doch alles zu sehr improvisiert.

Etwas traurig aber nicht mehr zu ändern ist es, diesen Wechsel der Philosophie so spät vollzogen zu haben. Jetzt, wo die Saison begonnen hat, muss sich die Mannschaft erst noch finden und einspielen, womit die Vorbereitung, außer des Schaffens der konditionellen Grundlagen, so ziemlich für die Katz war. Da kann man nur hoffen, dass, bis sich die Mannschaft endgültig gefunden hat, auch der eine oder andere Punktgewinn herausspringt.

Dass wir in Berlin nicht die schlechtere Mannschaft waren, dafür können wir uns leider nichts kaufen. Die Punkte sind unwiederbringlich weg, was so richtig wehtun dürfte, sollte gegen Mainz 05 kein Heimsieg gelingen. Dann stünde man bereits auf Schalke mit dem Rücken zur Wand und der Fehlstart bekäme Konturen.

Deshalb ist jede vergebene Chance zu punkten sehr ärgerlich, auch die am Samstag, obwohl wir uns in Berlin traditionell schwer tun, die Hertha heimstark und Europaleague-Teilnehmer ist. Das alles darf nicht als Alibi herhalten, Punkte leichtfertig herzuschenken. Ich hoffe, das Team zieht daraus seine Lehren und investiert, vor allem in seine Offensivbemühungen, zukünftig auch auswärts mehr.

Zunächst steht aber das erste Heimspiel an, auf das ich mich sehr freue. Vor dem Spiel findet wie immer zum ersten Heimspiel die „Karawane Cannstatt“ statt. Das diesjährige Motto heißt „Den Fans gehört das Spiel“, der Dresscode dazu lautet „Alle in Weiß“.

Stoßt alle dazu, singt Euch ein, bringt Euch in Stimmung, hüpft und schreit, was das Zeug hält, aber, lasst bitte Eure Kameras stecken. Vor allem die Armada derer, die vor der Karawane herumturnen und nicht mitlaufen, stört den Ablauf seit Jahren massiv. Respektiert die Anweisungen der Ordner und leistet ihnen Folge, sie sind es letztlich, die für einen reibungslosen Ablauf verantwortlich zeichnen. Überlasst das Knipsen und Filmen den in der Szene bekannten Stadionfotografen, auf deren Webseiten die schönsten Fotos zeitnah präsentiert werden.

Reiht Euch also ein und konzentriert Euch auf den bedingungslosen Support. Das Ziel muss es sein, eine Dezibel-Zahl auf die Mercedesstraße und ins Stadion zu bringen, bei der die Mainzer vor Ehrfurcht erstarren und die Katakomben am liebsten überhaupt nicht verlassen wollen. Wir benötigen die Punkte, wir holen die Punkte, wir sind der 12. Mann!

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27. Oktober 2015

Typisch VfB

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , – Franky @ 12:37

Der VfB zog in einem irren Spiel mal wieder den Kürzeren, und das bereits zum siebten Mal im zehnten Spiel. So bekamen am Tag danach die Zorniger-Gegner in den einschlägigen Internet-Foren wieder Oberwasser, die es ja schon immer wussten, dass dieser Trainer nichts taugt, eine Pfeife und ohnehin nur ein Zweitligatrainer ist. Was – erlaube – Zorniger, wechselt den 18-jährigen Arianit Ferati zur Halbzeit ein um ihn gut eine halbe Stunde später wieder auszuwechseln. Die Höchststrafe für einen Fußballer und ein „altbewährtes“ Mittel, um den Jungen kaputt zu machen.

Dass man sich zum entscheidenden 4:3 auch noch auskontern lässt, schlägt dem Fass den Boden aus. Zorniger gab doch mit Sicherheit diese Marschroute aus und bewies somit eindeutig, dass er absolut fehl am Platze ist und sich wohl doch besser an der Mutlanger Dorfjugend versuchen sollte, als die Götter mit dem Brustring ins Verderben und den Verein in die Niederungen der 2. Liga zu führen. Notbremse, jetzt! So ein vielgelesener Tenor im Netz.

Aber, es gibt sie auch, die andere Seite der Medaille. Selten habe ich unsere Fangemeinde so gespalten erlebt wie derzeit. Hier die Zorniger-Gegner, die zu weiten Teilen Dutt gleich mit entsorgt haben wollen, dort die Zorniger-Befürworter, die dem Neuaufbau bereit sind die notwendige Zeit zu geben und weniger auf die Tabelle schauen als auf die Fortschritte, die zweifellos erkennbar sind.
Ich zähle mich zur zweiten Kategorie und ergötze mich schon alleine daran, dass man erkennt, dass sich im Verein etwas bewegt, dass alles auf den Prüfstand gestellt wurde und der VfB auf dem besten Weg ist, sich gerade neu zu erfinden. Was seit der Entlassung von Christian Gross im Herbst 2010 schief gelaufen ist, wohin die One-Man-Show in den vier Jahren danach geführt hat, konnte man schon in den letzten Jahren an der Tabelle ablesen. Der VfB rettete sich zwei Mal gerade so, mit Ach und Krach und bot über weite Strecken der Runden uninspirierten Katastrophenfußball, für den Stadiongänger schlicht eine Zumutung. Mehr und mehr fehlten einem im Freundeskreis die Argumente, weshalb man sich dieses Gegurke überhaupt noch antue. Rational konnte man es schon nicht mehr erklären, so beschränkte man sich eben darauf, dass die Fahrten, das Drumherum, die Leidensgenossen der Hauptgrund sind und man als Hardcore-Fan ohnehin keine Alternative hat.

Das, was sich auf dem Rasen abspielte und was die Protagonisten des Kaders, an dem sich der Einzelhandelskaufmann aus dem Hallschlag messen lassen wollte, boten, spielte nur noch eine untergeordnete Rolle. Man erwartete einfach rein gar nichts mehr und ließ das Geschehen meist emotionslos über sich ergehen.

Dann kommt zuerst der gescheiterte (Leverkusen, Bremen) Robin Dutt, der im Grunde im gesetzteren Alter noch immer nicht zu wissen scheint, was er eigentlich möchte (Sportdirektor DFB oder Trainer?). Dieser sichert sich noch weit in der letzten Saison die Dienste von Alexander Zorniger, der 2009 unter Markus Babbel auf dem Wasen noch allenfalls die dritte Geige spielte und sich durch sein Engagement beim Brausehersteller keine zusätzlichen Sympathiepunkte erwerben konnte. Ich war von diesen Entwicklungen und Personalentscheidungen, wie so viele, überhaupt nicht angetan und fiel zunächst aus allen Wolken. Dennoch habe ich immer auch das Wohl des Vereins im Sinn und kann sowieso nicht beeinflussen, in die Hände von welchem Personal die Geschicke des Vereins gelegt werden, so dass ich, wie bei jedem Neuankömmling, zunächst einmal so unvoreingenommen wie möglich an die Sache gegangen bin.

Dutt aber hat in der Rückrunde der Vorsaison durch die Verpflichtung von Serey Dié und seiner wohltuenden Ruhe im Abstiegskampf erste Pluspunkte gesammelt und mich durch seine Pressekonferenz nach Ende der letzten Saison, in der auch erklärte, weshalb gerade Alexander Zorniger bei uns wie die Faust aufs Auge passen soll, restlos überzeugt. Es wird endlich wieder mehr gearbeitet und weniger geschwätzt auf dem Wasen, was auch daran zu erkennen ist, dass die Presse seit Hansi Müllers Rausschmiss aus dem Aufsichtsrat weitestgehend im Dunkeln tappt und die allerwenigsten Gerüchte, mit denen Unruhe geschürt werden sollte, der Wahrheit entsprachen.

Dutt schaffte es Ladenhüter um Ladenhüter an den Verein zu bringen und Zorniger einen Kader zur Verfügung zu stellen mit Spielern, die fast alle ihre Chancen auf Einsatzzeiten haben werden, so dass die Gefahr nicht mehr so groß wie in der Vergangenheit ist, dass es Parallelgesellschaften im Kader geben bzw. zur Grüppchenbildung kommen wird.

Zorniger selbst kam vielen zu neunmalklug daher, es ist klar, dass ihm einmal getätigte Aussagen bei Tabellenplatz 16 um die Ohren gehauen werden. Er ist eben (noch) kein Medienprofi sondern ehrlich und geradeaus, was ja auch nicht zu den schlechtesten Eigenschaften eines Menschen zu zählen ist, ihm seine Kritiker aber dennoch vorwerfen.

Zorniger steht für einen Überfallfußball, wie ihn einst Jürgen Klopp mit dem BVB praktizierte und den dieser seiner Truppe damals auch nicht von heute auf morgen einimpfen konnte. Der BVB hatte seinerzeit sicherlich das bessere Fundament zur Verfügung, als es Zorniger beim VfB vorfand. Und dennoch musste Klopp im Kader Korrekturen vornehmen und „Altstars“ fortschicken, was auch nicht immer von der kompletten Fangemeinde goutiert wurde. Ihm gab man aber die Zeit „seinen“ BVB zu kreieren und zudem vertraute das Dortmunder Publikum dem Schaffen der Vereinsführung ohne jeden Pups ständig zu hinterfragen.

Seit Zornigers Amtsantritt erleben wir einen begeisternden Fußball wie lange nicht mehr, dass sich dieser (noch) nicht in der Tabelle niederschlägt ist zwar schade, für mich aber auch nach dem zehnten Spieltag noch kein Grund zur Panik. Wann zuletzt konnte man in jeder Phase des Spiels, gegen jeden denkbaren Gegner, den Eindruck haben, ein Tor erzielen zu können? Wann spielten wir uns zuletzt eine solche Vielzahl an Chancen heraus? Da muss man in der Historie fast zurückblättern in die Zeit des magischen Dreiecks, um auf ein ähnliches Offensivfeuerwerk zurückzublicken, wie wir es derzeit geboten bekommen. Einziger wenn auch entscheidender Unterschied zu damals: Frank Verlaat und Thomas Berthold hielten hinten den Laden zusammen, Zvonimir Soldo pflügte den Rasen im defensiven Mittelfeld um, während wir heutzutage nach hinten offen wie ein Scheunentor und die Schießbude der Liga sind.

So attraktiv das Spiel nach vorne ist, so beängstigend ist das kollektive Versagen in der Rückwärtsbewegung. In erster Linie ist dieses der mangelnden Qualität des zur Verfügung stehenden Personals geschuldet. Dennoch muss Zorniger es langsam aber sicher hinbekommen, die Balance zwischen Offensive und Defensive zu finden und der Mannschaft eintrichtern, dass der begeisternde Hurra-Fußball nach vorne keinen Erfolg bringt, wenn man sich hinten stets die Butter vom Brot nehmen lässt. Und doch war bis auf das vierte Tor, das wegen Abseits nicht hätte zählen dürfen, keines auf die offensive Spielweise zurückzuführen. Die ersten drei Gegentore fielen zu einfach, weil man entweder bei einer kurzen Ecke gepennt hatte oder sich im Strafraum durch eine einfache Körpertäuschung düpieren ließ und den Zweikampf verweigerte.

In der Abwehr muss im Winter dringend nachgebessert werden, sofern der Markt überhaupt Spieler hergibt, die uns sofort weiterhelfen würden. Es kann einfach nicht sein, dass drei Auswärtstore in Leverkusen nicht wenigstens zu einem Punktgewinn reichen. Der Ausfall von Serey Dié und von Christian Gentner spielte lange keine große Rolle, hinten hinaus, als man am Auseinanderfallen war, hätte zumindest ein Serey Dié gut getan, der aufgrund seiner gelb-roten Karte gegen Ingolstadt gesperrt war.

Neben der Konstante Insúa ließe sich die Viererkette wohl beliebig umformieren und die Positionen könnte man auswürfeln. Würde man Klein, Šunjić, Baumgartl durch Hlousek, Niedermeier, Schwaab austauschen, verbessern würden wir uns vermutlich nicht, verschlechtern aber auch nicht. Der sich so lang hinziehende Rüdiger-Transfer hat uns viel Zeit und Robin Dutt vor allem Planungssicherheit gekostet, so dass das für mich ein wesentlicher Faktor ist, dass wir personell so schlecht bestückt in die Saison gehen mussten. Das wollen viele zwar nicht hören, Dutt wird vorgeworfen keinen Plan B gehabt zu haben oder nicht ins Risiko gegangen zu sein, so einfach ist die Sache aber nicht. Wäre Rüdiger geblieben und man hätte dennoch einen Hochkaräter geholt, würden diejenigen, die dies heute kritisieren, darüber schimpfen, dass man Timo Baumgartl einen Neuen vor die Nase gesetzt habe.

Dass Florian Klein heftige Formschwankungen hat und wir für ihn keinen ernsthaften Backup haben, darauf hatte ich bereits nach dem Test gegen Bern hingewiesen. Daniel Schwaab ist nun mal kein Rechtsverteidiger, zumindest keiner moderner Prägung mit Zug nach vorn. Obwohl nicht gerade mein Freund, würde ich ihn dennoch im Moment Klein vorziehen, einfach weil er nicht so zögerlich im Zweikampf ist und zu einer besseren defensiven Stabilität beitragen könnte.

Der VfB legte von Beginn an einen gefälligen Auftritt hin und hätte bereits zur Pause die Führung verdient gehabt. Leverkusen kam erst gegen Ende des ersten Durchgangs gefährlich vors Tor und hatte sonst alle Hände voll zu tun, unsere Angriffsbemühungen zu verteidigen.

Dass Zorniger bei einem 0:0 zur Pause in Leverkusen den unauffälligen Carlos Gruezo (ein Jammer, wenn man sieht, was aus ihm geworden ist) gegen den offensiveren Arianit Ferati austauschte, war mutig und ein Zeichen, dass wir dort gewinnen wollten. Die Jungs hatten verstanden und stellten nach der Pause schnell auf 0:2, wobei auch endlich Martin Harnik mal wieder ein Treffer gelang. Nach dem schnellen 1:2 durch den kurz zuvor eingewechselten Bellarabi und nach Fehlpass von Šunjić (allerdings möglicherweise nach regelwidrigem Einsteigen von Kießling), kamen schnell wieder Zweifel auf. Aber, nachdem wieder nur drei Minuten später Lukas Rupp nach toller Vorarbeit von Timo Werner das 1:3 erzielte, waren wir wieder obenauf. Ich sagte noch zu meinem Nebensitzer auf der Gegengerade, der ebenfalls VfBler war, das wäre jetzt mal gar nicht typisch VfB, nach dem Nackenschlag sofort wieder zuzuschlagen. Ab diesem Moment konnte ich ihn förmlich riechen, den Auswärtssieg, zumal der VfB durch Harnik und Ferati zwei weitere klare Chancen besaß, um gar das 1:4 zu erzielen.

Stattdessen ließ sich der VfB wie oben erwähnt innerhalb von zwei Minuten zwei viel zu einfache Tore einschenken, so dass es plötzlich 3:3 stand. Zorniger sah unsere Felle davonschwimmen und korrigierte die Umstellung der Halbzeit, indem er für Ferati den defensiveren Mart Ristl, der zu seinem Bundesligadebüt kam, brachte. Ferati war bei den Gegentoren zum 2:3 und 3:3 zu passiv, so dass seine Auswechslung durchaus schlüssig war. Ich bin nicht der Meinung, dass der Junge daran zerbrechen könnte. Er durfte bereits mit 16 Jahren bei den Profis reinschnuppern, bekam einen Profivertrag und bekommt jetzt mit 18 Jahren seine Einsatzzeiten. Das alles ist doch Wertschätzung genug, der Junge wird weiter dazu lernen und wir werden noch sehr viel Freude an ihm haben.

Apropos Höchststrafe, Auswechslung eines zuvor eingewechselten Spielers, diese Erfahrung machte auch bereits ein gewisser Viorel Ganea, fast auf den Tag genau vor 13 Jahren und an gleicher Stätte, als er von Felix Magath gar nach 22 Minuten wieder ausgewechselt wurde, nachdem er Chance um Chance versiebte und Magath die Eingebung hatte, dass es wohl nicht mehr Ganeas Tag werden würde. Offensichtlich hat es diesem nicht geschadet, im Spiel danach sorgte Ganea mit seinen drei Toren im Alleingang für das 3:2 gegen den VfL Bochum. Klar, Ganea war damals schon etwas älter als Ferati heute, aber, ich bin mir sicher, das wird auch Ferati nicht umwerfen.

Dass kurz vor Schluss dann auch noch das 4:3 für Leverkusen fiel, war dann doch wieder typisch VfB. Unverständlich wie man sich in einer solchen Phase auswärts auskontern lässt, auch wenn der Treffer irregulär, da knapp abseits, war.

Sei es wie es ist, wir stehen mal wieder wie die Deppen da nach einem Spieltag, trotz großartigem Spiel gegen einen Champions League Teilnehmer. Auch wenn wir nach einer 3:1-Führung nicht mehr hergeben dürfen, offenbarte dieses Spiel doch die mangelnde Qualität in unseren Reihen. Leverkusen hatte noch Nationalspieler wie Bellarabi, Papadopoulos und Kramer auf Bank, Qualität, mit der wir nicht mehr aufwarten konnten.

Wir schaffen es einfach nicht, ein Spiel über 90 Minuten konzentriert und seriös zu Ende zu bringen. Einfache Spielverlagerungen, wie sie Leverkusen durch Çalhanoğlu ständig praktizierte, reichen aus, unsere Abwehr aus dem Gleichgewicht zu bringen. Für mich fehlt es hier an der geistigen Frische, sich schnell auf veränderte Spielsituationen einzustellen und entsprechend zu verschieben, was aber ein Lernprozess ist und bis zur Vergasung geübt werden muss. In den nächsten Transferperioden werden Dutt und Zorniger das Personalpuzzle weiter zusammen setzen und den einen oder anderen für dieses Spiel geeigneten Spieler dazu holen, bis dahin geht es einzig und allein um Schadensbegrenzung und darum bis zur Winterpause noch den einen oder anderen Punkt zu ergattern und danach vor allem in der Abwehr personell nachzurüsten, wenn es sein muss auch auf Kosten des Verkaufs eines Offensivspielers.

In Leverkusen konnte man Zorniger auch nicht vorwerfen, personell zu offensiv aufgestellt zu haben. Mit Harnik, Didavi und Werner standen gerade einmal drei reine Offensivakteure und dafür drei „Sechser“ zu Beginn auf dem Platz. Die Gegentore fielen so auch durch Schlafmützigkeit und individuelle Fehler und nicht weil wir mutig nach vorne gespielt haben.

Neben der Konstante Insúa ließe sich die Viererkette derzeitig beliebig umformieren und die Positionen könnte man auswürfeln. Würde man Klein, Sunjic, Baumgartl durch Hlousek, Niedermeier, Schwaab austauschen, verbessern würden wir uns vermutlich nicht, verschlechtern aber auch nicht. Der sich so lang hinziehende Rüdiger-Transfer hat uns viel Zeit und Robin Dutt vor allem Planungssicherheit gekostet, so dass das für mich ein wesentlicher Faktor ist, dass wir personell so schlecht aufgestellt sind. Das wollen viele zwar nicht hören, Dutt wird vorgeworfen keinen Plan B gehabt zu haben oder nicht ins Risiko gegangen zu sein, so einfach ist die Sache aber nicht. Wäre Rüdiger geblieben und man hätte dennoch einen Hochkaräter geholt, würden diejenigen, die dies heute kritisieren darüber schimpfen, dass man Timo Baumgartl jemanden vor die Nase gesetzt hat. Dass Florian Klein heftige Formschwankungen hat und wir für ihn keinen ernsthaften Backup haben, darauf hatte ich bereits nach dem Test gegen Bern hingewiesen. Daniel Schwaab ist nun mal kein Rechtsverteidiger, zumindest keiner moderner Prägung mit Zug nach vorn. Obwohl nicht gerade mein Freund, würde ich ihn dennoch im Moment Klein vorziehen, einfach weil er nicht so zögerlich im Zweikampf ist und zu einer besseren defensiven Stabilität beitragen könnte.

Auch Tytoń zeigte nach seiner starken Leistung gegen Ingolstadt ein durchwachsenes Spiel und, hätte er beim Anschluss zum 1:2 seinen linken Fuß eingesetzt, wäre die kurze Ecke zu gewesen.
Vielfach höre ich nach diesem Spiel wieder, einzig und allein Zorniger habe das Spiel verloren, weil er nicht wenigstens nach dem 3:3 hinten dicht gemacht habe. Er hatte ja bereits Mart Ristl eingewechselt, hätte er jetzt noch Adam Hlousek bringen sollen und dieser vielgescholtene Antifußballer hätte das Unheil verhindert? Sind nicht auch die Spieler selbst in der Pflicht, die Grundordnung auf dem Platz beizubehalten und nicht blindlings nach vorne zu rennen? Zorniger gab ihnen sicherlich nicht mit auf den Weg, sich in der 90. Minute auskontern zu lassen, vielmehr gab er deutlich sichtbar von außen die Anweisung mehr einzurücken. Hier fehlt es an der geistigen Frische, an Grips und an der fußballerischen Qualität, die Dutt und Zorniger noch immer nur bedingt zu verantworten haben.

Zorniger selbst dürfte fuchsteufelswild werden, bei dem was er da sieht und sich den Kopf zermartern, wie diese Fehler mit dem vorhandenen Personal abzustellen sind. Das wird ja auch schon daran deutlich, wenn er immer mal wieder daran erinnert, dass er sich nicht dazu berufen fühle, einem Bundesligafußballer die Basics beizubringen.

Wer hätte ernsthaft vor diesem Spiel einen Punkt in Leverkusen eingeplant, kaum einer, von daher halb so wild. Enorm wichtig wäre es dagegen, die noch ausstehenden Heimspiele gegen Darmstadt 98, den FC Augsburg und Werder Bremen für sich zu entscheiden, um sich bis zur Winterpause eine akzeptable Ausgangsposition zu verschaffen. Wenn der VfB weiterhin an seine Stärken glaubt, sich die Spieler vor allem nicht beirren lassen, bin ich mir sicher, dass wir auch in dieser Saison mindestens drei Vereine hinter uns lassen werden. Es ist ja auch nicht so, dass Stillstand herrscht und die derzeitigen Auftritte Rückschlüsse auf den Rest der Saison geben müssen, Zorniger wird Tag und Nacht daran arbeiten, den VfB konkurrenzfähiger und damit besser zu machen. Es dauert noch, bis ein Rädchen ins andere greift, aber, Leverkusen hat es erneut gezeigt, wir sind auf einem guten Weg.

Nach diesem mentalen Nackenschlag in Leverkusen wäre es jetzt immens wichtig, weiter auf die eigene Stärke zu vertrauen und die Pokalhürde Jena am Mittwoch schadlos und möglichst ohne viele Körner zu lassen zu überstehen. Es dürfte ein echter Pokalfight vor ausverkauftem Haus werden, in dem man auch einen Regionalligisten nicht so einfach zum Tore schießen einladen darf.
Danach dann steht (immer wieder) sonntags das so wichtige Heimspiel gegen den furios gestarteten Aufsteiger SV Darmstadt 98 auf dem Programm, das vor der Auswärtsfahrt nach München tunlichst gewonnen werden sollte.

Wenn nicht, könnte uns ein stürmischer Herbst ins Haus stehen, den keiner haben wollte und der die Fanszene durchaus vor eine größere Zerreißprobe stellen könnte. Dann wird man sehen, in welche Richtung letztendlich das Pendel ausschlagen wird und ob der Rückhalt im Verein für Alexander Zorniger auch einem Sturm standhalten wird oder ob wieder einmal jegliches Konzept über den Haufen geworfen wird.

Nach Jürgen Klopp ist seit dem gestrigen Montag wenigstens die zweite „Alternative“ vom Markt, auf die einige der Zorniger-Gegner gehofft hatten. Huub Stevens wird Trainer beim Dorfverein aus dem Kraichgau. Ich persönlich kann ihm das nicht verübeln. Für viele ist er jetzt schon wieder unten durch, weil er als „VfBler“ bei diesem ungeliebten Konstrukt anheuert. Ich bin da weniger sentimental, macht er es doch genau richtig. Durch zwei fette Nichtabstiegsprämien vom VfB hat er Blut geleckt, dass er auf seine alten Tage als Halbjahrestrainer mehr Geld verdienen kann, als die meisten seiner Kollegen mit einem Ganzjahresjob. Bin ihm nach wie vor dankbar für die beiden Nichtabstiege, auch wenn ich ihm nicht gerade Glück für seine aktuelle Mission wünsche.

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18. Juli 2014

WIR SIND WELTMEISTER!

Ich gebe es gerne zu, auch ich war vor der WM 2014 in Brasilien skeptisch und meine Vorfreude hielt sich in Grenzen.

Zum einen waren die letzten Auftritte der deutschen Nationalmannschaft wenig vielversprechend. Teils durch Verletzungen, teils der Experimentierfreudigkeit des Bundestrainers geschuldet erweckten die Aufstellungen manchmal den Eindruck einer mehr oder weniger um sich greifenden Planlosigkeit. Zudem waren in der Saison 2013/14 etliche Leistungsträger verletzt (Neuer, Schweinsteiger, Hummels, Klose, vor allem Khedira, auch Höwedes und einige andere hatten unmittelbar vor dem Turnier noch mit Wehwehchen zu tun) bzw. völlig außer Form (Özil, Götze, …), so dass der Bundestrainer schon am Rande des Chile-Länderspiels im März in Stuttgart, darauf hinwies, dass alles passen müsse, wolle man in Brasilien eine gute Rolle spielen. Es klang mir damals wie ein Alibi in den Ohren, sollte es schief gehen!

Als dann auch noch, im letzten Test vor der WM, der bis dahin überragende Marco Reus verletzungsbedingt seine Turnierteilnahme absagen musste, hatte ich große Bedenken was das Leistungsvermögen der deutschen Elf anging. Befeuert wurde diese Unsicherheit zudem auch noch durch den großen Respekt, den auch ich vor den (ständig wechselnden) Bedingungen in diesem riesigen Land hatte.
Auf dem amerikanischen Kontinent wurde noch nie ein europäisches Team Weltmeister, diese Tatsache kommt nicht von ungefähr. Extrem unterschiedliche klimatische Bedingungen, verschiedene Zeitzonen, lange Reisewege, darauf muss man sich erst einmal einstellen und auch damit zurechtkommen.
Im Nachhinein kann man konstatieren, der DFB hat (wieder einmal) alles richtig gemacht. Das Campo Bahia lag, trotz der obligatorischen Fährüberfahrt, logistisch perfekt, um die Spielorte in der Vorrunde zu erreichen und sich klimatisch nicht zu sehr umstellen zu müssen. Die Wahl des Quartiers, die Unterbringung der Spieler in verschiedenen „Wohngemeinschaften“ war perfekt gewählt. Der DFB-Tross unter Federführung von Oliver Bierhoff schafft es durch solche Entscheidungen, dass es den Spielern nicht langweilig wird, dass sich keine Routine einschleicht und nicht zuletzt, dass sie sich schon „im kleinen“ auf immer neue Reizpunkte einstellen müssen, eine Erfahrung, die bei ständig wechselnden Spielsituationen auch auf dem Platz nur von Vorteil sein kann. Aller Widrigkeiten und Vorgeplänkel zum Trotz beginnt für mich die Zeit der Beurteilung der Mannschaft und der Trainer mit dem ersten Spieltag. Das Funktionsteam verstand es stets, spätestens seit dem Sommermärchen 2006, die Mannschaft auf den Punkt hin zu formen und fit zu bekommen, weshalb ich großes Vertrauen in den DFB habe und mich mit der Überbewertung eines Testspiels gegen Kamerun lieber zurückhalte. Nach dem DFB-Pokal-Finale wurde es langsam ernst. Die beteiligten Spieler hatten zwar noch einige Tage Zeit zum durch schnaufen, wurden jedoch schon mit individuellen Trainingsplänen ausgestattet und darauf getrimmt, von nun an den alleinigen Fokus auf die anstehenden drei Wochen Vorbereitung und das WM-Turnier zu legen.

Dennoch beschleicht mich anfangs stets eine Unsicherheit, dass es auch einmal schief gehen könnte, Garantien gibt es keine, dass jedes Mal zusammen wächst, was auch zusammen gehört. Wir hatten zwar keine Süd- oder Mittelamerikaner in unserer Gruppe, doch auch Portugal, Ghana und die USA zählen nicht unbedingt zur Laufkundschaft bei einer Weltmeisterschaft.
Portugal mit seinen starken Individualisten muss man immer ernst zu nehmen, Ghana bereitete uns bereits 2010 große Probleme und die topmotivierten US-Amerikaner unter Leitung von Jürgen Klinsmann sind schwer auszurechnen und hatten uns im letzten Jahr besiegt, allerdings in einem Test ohne die Spieler der Champions League-Finalisten Bayern und Dortmund.

Der andere Aspekt, weshalb mich vor diesem Turnier (noch) nicht das große WM-Fieber packte, sind die allgemeinen Umstände in diesem Land. Wie immer, wenn die FIFA ein Event ausrichtet, werden die Probleme des Landes einfach ausgeblendet anstatt auf Nachhaltigkeit zu setzen.

Durch die Favelas pflügte die Polizei kurz vor der WM mit eisernem Besen, Obdachlose und Bettler wurden aus den Stadtzentren „entfernt“, die protestierende Masse einfach ignoriert. Die WM drohte einmal mehr eine Veranstaltung für die oberen Zehntausend zu werden, Otto Normal-Brasilianer war außen vor, weil in diesem bitterarmen Land den meisten Leuten die Mittel fehlen, um aktiv daran teilzuhaben. Die FIFA ließ milliardenteure Stadien errichten, teilweise in Regionen, in denen es allenfalls einen Zweitligisten gibt, der das Stadion später (mehr schlecht als recht) nutzen könnte. Nachhaltigkeit sieht anders aus! Zudem lässt sich die FIFA als Bedingung jeder WM-Vergabe Steuerfreiheit für alle Gewinne zusichern, so dass auf den ersten Blick klar wird, wer der große Profiteur dieser Veranstaltung sein würde.

Damit finde ich es äußerst diskussionswürdig, was eine WM (genauso wie die Olympischen Spiele 2016) diesem Land bringen wird. Die bestehenden Probleme werden lediglich vier Wochen lang kaschiert, jedoch nicht, auch nicht zum Teil, gelöst, ein Blick nach Südafrika genügt, um diese These zu unterstreichen.

Natürlich ist mir eine WM in einem fußballbegeisterten Land wie Brasilien tausend Mal lieber als eine WM in Russland oder gar in Katar.

Diese WM-Vergaben der FIFA zeigen auf, dass Geld sprichwörtlich nicht stinkt, und ist es noch so blutverschmiert. Prestigeobjekte, wie die Winterolympiade in Sotschi, die sagenhafte 50 Milliarden Euro gekostet hat oder 2018 die WM steht auch hier eine große Armut von einem Großteil der Bevölkerung entgegen. Da der Westen am Tropf von russischem Öl und vor allem Gas hängt, wird es dem Vernehmen nach (leider) keiner wagen, Putin dieses Prestigeobjekt zu entziehen, hinterfragt gehört auch diese WM-Vergabe. Fraglich ist, wie weit Putin in der Ukraine-Krise noch gehen kann, bis „seine“ WM womöglich doch noch zur Disposition steht.

Noch kritikwürdiger bzw. schon skandalös ist die Vergabe nach Katar 2022. In einem Land, in dem offensichtlich Milch und Honig fließen und Geld keine Rolle spielt, Arbeitssklaven mit einem Hungerlohn abgespeist werden und auf den Baustellen qualvoll sterben, weil an der Grundversorgung gespart wird, sollen die Elite-Kicker bei (Außen-)Temperaturen um die 50° Hochleistungssport betreiben. Auch wenn die Stadien herunter gekühlt werden sollen (eine tolle Idee, Stichworte Erderwärmung und Treibhausgase!), sollte man es ja auch auf dem Trainingsplatz aushalten können und an die Fans denken, die auch dorthin wieder zahlreich anreisen dürften. Eine Ausrichtung im Winter mit erträglicheren Temperaturen wird schwerlich durchzusetzen sein, müsste doch der internationale Kalender, bis hin zu den untersten Spielklassen, verändert werden. Ob es auf eine monatelange Winterpause oder eine Kalenderjahr-Saison hinauslaufen würde, steht noch nicht fest. Ich habe noch immer die Hoffnung, dass Katar die WM auf dem FIFA-Kongress im September noch entzogen werden könnte, wurden doch kurz vor dem Turnier neuerliche Korruptionsvorwürfe bekannt. Ob dies unter Blatter möglich ist, wage ich zu bezweifeln. Der greise Schweizer kündigte ja an, eine weitere Amtszeit in Betracht zu ziehen, obwohl er vor seiner letzten Kandidatur klipp und klar mitteilte, er stünde nur noch für die eine, seine letzte, Amtszeit zur Verfügung. Hatten ihn viele, vor allem die Europäer, damals wohl nur gewählt, weil sein Ende absehbar war, fühlen sie sich jetzt betrogen und bringen den designierten Nachfolger Michel Platini für die Blatter-Nachfolge in Stellung. Fraglich, ob er sich das antun möchte und ob es unter ihm bedeutend besser werden würde. Die europäischen Wettbewerbe sind unter seiner Führung zu einer Zweiklassengesellschaft geworden, wer sich nicht für die Championsleague qualifiziert, ist im Wettbewerb der oberen 32 chancenlos geworden. Das Financial Fairplay und die drohenden Sanktionen, an und für sich eine gute Idee, trifft bisher nur die Kleinen, weil man sich an die Großen und Reichen, von Scheichs und Öloligarchen finanzierte Clubs (noch) nicht herantraut. Trotzdem hoffe ich im Falle eines Falles auf einen starken Gegenkandidaten, denn, darüber sind sich die meisten einig, unter Blatter wird es keine revolutionäre Reformen geben und die FIFA bleibt der korrupte Verband, der er seit Menschengedenken ist.

Obwohl die FIFA bei dieser Weltmeisterschaft mit den Anstoßzeiten dem europäischen Fernsehmarkt Rechnung trug und daher viele Spiele bei sengender Mittagshitze und unerträglicher Schwüle bereits um 13 Uhr Ortszeit angepfiffen wurden, war es mir klar, dass ich mich, zumindest was die Spiele anging, die nach Mitternacht deutscher Zeit begannen, ans Frühstücksfernsehen bzw. die Nachberichterstattungen am Abend halten müsste.

Wegen der WM meinen kompletten Urlaub zu verbrauchen, das war es mir nicht wert. Dank Gleitzeit konnte man den einen oder anderen Arbeitsbeginn nach hinten verlegen, vor allem, wenn es um die Spiele der deutschen Nationalmannschaft ging, den Klassiker Elfenbeinküste-Japan nachts um 03.00 Uhr dagegen musste ich mir nicht antun, selbst wenn er am Wochenende stattfand.

Die Eröffnungszeremonie aber und das Eröffnungsspiel am (ungewohnten) Donnerstagabend ließ ich mir natürlich nicht entgehen.

Wer weiß, wie die Heim-WM für die Brasilianer verlaufen wäre, hätte der Schiedsrichter kein Einsehen mit den Gastgebern gehabt. Neymar, wie es sich herausstellte DER Top-Mann Brasiliens, hätte nach einem Ellenbogenschlag vom Platz gestellt gehört, sorgte danach für den Ausgleich und verwandelte schließlich noch einen von Fred geschundenen Elfmeter zur vielumjubelten Führung. Schon hier hätte Kroatien dem Gastgeber die Grenzen aufzeigen können, was aber nicht im Interesse der FIFA lag, nach Südafrika 2010 erneut einen Gastgeber in der Vorrunde ausscheiden zu sehen.
Gerade in diesem von massiven Unruhen von WM-Gegnern erschütterten Land hätte es fatale Folgen für das Turnier haben können, wenn der Gastgeber früh die Segel hätte streichen müssen und das Interesse der Brasilianer für ihre WM womöglich verflogen wäre.

Einen Tag später nahm das Turnier so richtig an Fahrt auf. Holland zerlegte Welt- und Europameister Spanien nach allen Regeln der Kunst und feierte einen 5:1-Sieg. Seit dem Confederations Cup 2013 und dem 3:0-Finalsieg der Brasilianer gegen die bis dahin so dominanten Spanier legte ich mich fest. Brasilien ist mein absoluter Top-Favorit für das WM-Turnier. Dieser Kantersieg der Holländer aber relativierte den Finalsieg der Brasilianer vom Vorjahr schon wieder. Offensichtlich haben die Spanier den Umbruch verschlafen, hielten zu lang an verdienten Spielern der erfolgreichen Jahre fest. Sie entwickelten sie sich nicht weiter, so dass die anderen Nationen aufholten. Ihr Tici-Taca-Spiel (ich kann es nicht mehr hören…) ist durch die älter gewordenen Spieler zu langsam geworden, so dass es ihnen kaum mehr gelingt, eine Mannschaft damit schwindlig zu spielen und zu zermürben. Nach dieser Vorstellung gegen Holland war es dann keine Überraschung mehr, dass sie auch den starken Chilenen den Vortritt lassen mussten und als Weltmeister bereits nach der Vorrunde draußen waren.

Auch die Engländer, die zum Auftakt gegen Italien den Kürzeren zogen, hatte ich stärker eingeschätzt. Sie hatten ein ähnliches Problem wie die Spanier, einige Platzhirsche sind in die Jahre gekommen und ein Trainer tut sich nun einmal damit schwer Denkmäler zu demontieren, daheim zu lassen oder auf die Ersatzbank zu degradieren. Nicht jedes dieser Probleme „löst“ sich so elegant wie bei uns 2010, als kurz vor dem Turnier Michael Ballack durch das rüde Foul von Kevin-Prince Boateng um seine WM-Teilnahme gebracht wurde. Im Nachhinein sicher nicht der schlechteste Vorfall für Deutschland, mussten doch andere, wie damals bspw. Sami Khedira von heute auf morgen Verantwortung übernehmen.

Nach und nach konnte man sich in den ersten Turniertagen ein Bild von den Kontrahenten machen, die bislang, außer jenes Holland, allesamt keine Furcht einflößten, ehe am fünften Tag ENDLICH die deutsche Nationalmannschaft in den Wettbewerb einstieg. Vor Spielen gegen das kleine Land Portugal mit dem Weltfußballer 2013, Cristiano Ronaldo, beschleicht mich jedes Mal ein mulmiges Gefühl. Einerseits gewannen wir in letzter Zeit immer die Wettbewerbs-Spiele gegen Portugal, weil es Löw verstand die Truppe perfekt einzustellen und man Ronaldo keinen Zentimeter Platz ließ, um seine Stärken auszuspielen. Andererseits hat Portugal ja auch noch andere Hochkaräter in der Mannschaft, so dass es mir schon bewusst war, dass man gegen Portugal durchaus auch zum Auftakt mal verlieren kann, wenn nicht alles passt und nicht jeder voll konzentriert bei der Sache ist. Es war also möglich, was eigentlich nicht passieren durfte. Bei drei Vorrundenspielen würde der Druck immens ansteigen, sollte der Auftakt in den Sand gesetzt werden.

Löw überraschte beim Turnierauftakt mit einer Viererkette, bestückt aus vier gelernten Innen- und damit keinem echten Außenverteidiger. Stattdessen rückte Kapitän Lahm ins Mittelfeld an die Seite von Sami Khedira. Bastian Schweinsteiger, noch nicht richtig fit, musste auf der Bank Platz nehmen. Nach anfänglichen Abstimmungsproblemen und einem kapitalen Schnitzer von Lahm hätte es durchaus schon 0:1 stehen können, ehe die deutsche Elf besser ins Spiel fand. Als Götze im Strafraum darnieder gezogen wurde und Thomas Müller den fälligen Strafstoß verwandelte lagen wir früh in Führung, was uns natürlich in die Karten spielte. Hummels erhöhte nach einer Ecke auf 2:0, ehe Pepe nach angedeutetem Kopfstoß gegen Müller die rote Karte sah und die Weichen für Deutschland endgültig auf Sieg gestellt waren. Müller erhöhte noch vor der Pause auf 3:0, so dass das Spiel gelaufen war. Danach kickte die DFB-Elf kräfteschonend ihren Stiefel herunter und erhöhte gut zehn Minuten vor Schluss, abermals durch Thomas Müller, zum Endstand von 4:0. Einen solchen Auftakt hätten die wenigsten erwartet, besser geht’s eigentlich nicht! Spätestens an diesem Tag merkte man, dass bei dieser WM etwas gehen könne, so dass man schon auf das zweite Spiel gegen Ghana hin fieberte.

Ghana war der erwartet unangenehm zu bespielende Gegner und der Grund dafür, dass man vor der WM kurzfristig noch gegen Kamerun testete. Nach zäher erster Halbzeit mit wenigen klaren Chancen brachte Götze Anfang der zweiten Halbzeit schwarz-rot-gold in Führung. Die Freude darüber währte allerdings nicht lange, denn Ghana schlug zurück. Erst besorgte Ayew den Ausgleich, ehe Gyan nach „Vorlage“ von Lahm die Führung Ghanas erzielte. Mit der Hereinnahme von Klose für die falsche Neun Mario Götze wurde die Brechstange herausgeholt. Es war dann auch eben jener Klose, der gerade mal zwei Minuten nach seiner Einwechslung den vielumjubelten Ausgleich erzielte. Klose stand in der Rückrunde seinem Verein Lazio Rom verletzungsbedingt nur selten zur Verfügung und war von seiner Top-Form meilenweit entfernt. Daher war es bei der Kader-Nominierung schon sehr überraschend, dass Löw auf das Pferd Klose als einzigen echten Stürmer im Kader setzte und auf Leute wie Kevin Volland, Max Kruse, Mario Gomez und erstrecht auf Stefan Kießling verzichtete. In seinem zwanzigsten WM-Spiel bei seiner vierten WM-Teilnahme holte er damit den Brasilianer Ronaldo mit 15 Toren in der ewigen Torjägerliste ein und bewies, dass ihm sein Torriecher auch mit 36 Jahren noch immer nicht abhanden gekommen ist.

Durch das 2:2 der USA gegen Portugal im anderen Gruppenspiel musste es schon mit dem Teufel zugehen, würde die deutsche Elf erstmals überhaupt in der Vorrunde einer WM ausscheiden. Die Konstellation war jetzt die, dass beim abschließenden Gruppenspiel gegen die USA beiden Teams ein Unentschieden zum Weiterkommen reichen würde. Schnell machte in internationalen Fachkreisen die Befürchtung von einer Neuauflage der Schande von Gijón die Runde, zumal die Nationaltrainer Joachim Löw und Jürgen Klinsmann gut befreundet sind. Bevor Deutschland den letzten Schritt ins Achtelfinale zu gehen hatte, verabschiedeten sich bereits Spanien, Italien und England aus dem Turnier, während Teams wie Chile, Kolumbien und Costa Rica beeindruckende Vorstellungen hinlegten und weiter im Turnier bleiben durften.

Dies unterstreicht den nicht zu unterschätzenden „Heimvorteil“ bei dieser WM. Allerdings gab es unter den Europäern auch Positivbeispiele wie die Niederlande, Frankreich und eben Deutschland oder auch die Schweiz, die im Achtelfinale äußerst unglücklich gegen den späteren Finalisten Argentinien aus dem Turnier schied.

Deutschland beendete die Vorrunde mit einem glanzlosen 1:0-Erfolg gegen die USA, einem Ergebnis das beiden Teams zum Weiterkommen reichen sollte. Für das Team von Bundestrainer Jogi Löw zählte von Beginn der WM an nur der Gruppensieg, da der Spielplan es vorsah, dass sie als Gruppensieger in klimatisch angenehmeren Spielorten im Süden des Landes ihre Visitenkarte abgeben könnten.

Das Achtelfinale gegen Algerien weckte schon wieder Erinnerungen an 1982, waren es doch die Algerier, die durch die Schande von Gijón aus dem Turnier gekegelt wurden und damit sicher noch eine Rechnung mit uns offen hatten. Zudem ist Algerien eines der wenigen Länder, gegen die wir eine negative Länderspielbilanz aufweisen. Eines vorneweg: dieses Spiel ging an die Nieren…Die Algerier sind ein Team, wie es uns überhaupt nicht liegt. Ein tief stehendes Team, das es bei gegnerischem Ballbesitz versteht, die Räume eng zu machen. Offensiv biss sich die deutsche Mannschaft die Zähne aus und kam nur zu wenigen Chancen. Bei Ballgewinn aber und den gab es vor allem in der ersten Hälfte durch haarsträubende Fehlpässe unserer Mannschaft zuhauf, schwärmen sie blitzschnell aus und tauchten öfter allein vor Manuel Neuer auf als es uns lieb war. Neuer erfand in diesem Spiel den Libero neu und entschärfte dadurch eine gefährliche Situation nach der anderen. Erst durch die Hereinnahme von Sami Khedira 20 Minuten vor Ende der regulären Spielzeit und der Rückversetzung von Lahm auf die ihm angestammte rechte Abwehrseite konnte man etwas von Sicherheit im deutschen Spiel spüren und unsere Nerven wurden etwas geschont. Nach dem Pfiff, der die reguläre Spielzeit beendete, hatte ich eher den Eindruck, dass wir uns in die Verlängerung gerettet haben als umgekehrt.

Kaum war das Spiel wieder freigegeben war es der eingewechselte André
Schürrle, der das erlösende 1:0 für Deutschland schoss. Dieses Tor sorgte leider auch nicht dafür, dass es die deutsche Mannschaft ruhig über die Zeit bringen konnte. Die Defensivschwächen blieben, so dass bis kurz Schluss weiter gezittert werden musste. In der 119. Minute besorgte Özil das 2:0, so dass der Anschlusstreffer zum 2:1 kurz vor Ende der angezeigten Nachspielzeit nur noch Ergebniskosmetik bedeutete.
Ich gebe es unverhohlen zu, auch ich ließ mich während des Spiels zu Posts hinreißen, in der die Rede von Slapstick und Ähnlichem war, auch ich war teilweise erschrocken über die Fehlpassorgien, die wir vor allem in der ersten Halbzeit über uns ergehen lassen mussten. Trotzdem muss man die Leistung Algeriens, die in der Vorrunde immerhin Russland und Südkorea hinter sich ließen, anerkennen und der gegnerischen Mannschaft Respekt zollen. Die deutsche Nationalmannschaft konnte also den Kopf aus der Schlinge ziehen, was viele „Fans“ nicht davon abhielt, nach dem Spiel den Stab über die Mannschaft zu brechen. Ich persönlich hakte diesen Auftritt direkt nach dem Spiel unter „Mund abwischen, weiter geht‘s“ ab und freute mich auf das Viertelfinale gegen Frankreich. Mehr als weiter zu kommen gab es in diesem Spiel nicht zu erreichen, insofern, alles gut! Per Mertesacker holte einem allzu kritisch nachfragenden Fernsehmenschen gekonnt den Rost herunter und hatte Recht damit. Wann hört endlich diese notorische Nörgelei auf, warum muss man sich rechtfertigen, wenn man bei einer Weltmeisterschaft ins Viertelfinale einzieht.

Dass die Gegner in den K. O.-Runden stärker werden würden, war ja wohl klar. So wartete auf uns danach mit der Équipe tricolore ein wahrlich dicker Brocken. Die Franzosen haben offensichtlich aus dem Desaster 2010 gelernt und hatten in Brasilien wieder ein Team am Start, das auch als solches auftritt. Ein Schelm, der Böses denkt und Franck Riberys (verletzungsbedingter) Ausfall für die WM als Gewinn für die Franzosen einordnet, war doch der kleine Bayern-Kicker einer der Anführer der Revolte gegen Deschamps‘ Vorgänger Domenech in Südafrika.
Im Turnierverlauf benötigt man ja das Quäntchen Glück (des Tüchtigen), gegen Frankreich hatten wir es.

Die durch Mats Hummels erzielte frühe Führung hatte trotz hochkarätiger Chancen der Franzosen bis zum Schluss Bestand. Garant des Erfolgs war dieses Mal nicht unsere hochgelobte Offensive, sondern dieses Mal die Abwehr um die überragenden Manuel Neuer und Mats Hummels. Gegen die Benzema & Co. brachten sie immer noch ein Bein oder eine Hand dazwischen und verhinderten so mehrmals den Einschlag des Spielgerätes in unserem eigenen Kasten. Sinnbildlich noch die Parade von Neuer in der Nachspielzeit, als Benzema aus spitzem Winkel abzog und Neuer wie eine Wand stand und den Ball mit einem Arm abwehrte. Ganz großes Kino!

Besonders für Hummels freut es mich, dass er in der Nationalelf endlich zu einer festen Größe geworden ist und den langjährigen Platzhalter Per Mertesacker (The Big fuckin‘ German), zumindest fürs erste, auf die Ersatzbank verdrängen konnte. Für das Dortmunder Spiel ist er schon lang nicht mehr wegzudenken und absoluter Führungsspieler, nur in der Nationalelf, in der er sein Spiel etwas umstellen muss, konnte er bis zu diesem Turnier nie richtig Fuß fassen.

Im Halbfinale wartete dann Brasilien auf uns. Der Gastgeber musste dabei auf seinen Top-Star Neymar verzichten, der gegen Kolumbien brutal auf die Krankenbahre getreten wurde und mit einem Wirbelbruch ausfiel. Ironie des Schicksals, da er es ja, wie eingangs erwähnt, lediglich dem japanischen Schiedsrichter verdanken konnte, dass er sich überhaupt erst zu einem so wichtigen Spieler für sein Team im Turnierverlauf entwickeln konnte. Er war in den bisherigen Spielen der Gastgeber die prägende Gestalt und der einzige, der Verantwortung übernahm. Außerdem mussten die Brasilianer den Ausfall von Abwehrchef Thiago Silva, der mit Gelbsperre ausfiel, verkraften. So war den Brasilianern die Angst ins Gesicht geschrieben, den Fans wie auch den Spielern, dass ihr Titeltraum nach diesem Spiel ausgeträumt sein könnte.

Ich selbst traute dem Braten noch nicht, auch wenn ich noch nie eine schlechtere brasilianische Mannschaft gesehen hatte als bei dieser WM.

Diese fiel in diesem Jahr weniger durch Sambafußball und Ballstafetten zum Zunge schnalzen auf, als durch rigoroses bekämpfen des Gegners, wodurch sie sich gleich einmal an die Spitze der Foulstatistik katapultierten. Trotzdem weiß man nicht erst seit unseren verlorenen Spielen 2006 und 2010, dass die Luft im Halbfinale enorm dünn wird und jeder jeden schlagen kann. Dieses Spiel würde schwierig werden, da war ich mir ganz sicher. Obwohl die Brasilianer bisher nicht überzeugten, machte das Publikum mächtig Alarm, so dass es darauf aufkam, dass sich die deutsche Nationalmannschaft nicht aus dem Konzept bringen lässt und kühlen Kopf bewahrt. Joachim Löw vertraute im Halbfinale exakt der Formation, die auch gegen Frankreich begann. Wie zu erwarten war, legte Brasilien los wie die Feuerwehr und kam bereits nach zwei Minuten zum ersten Torabschluss. Zwei Minuten später war es dann aber auch schon wieder vorbei mit der brasilianischen Herrlichkeit. Deutschland fand so langsam ins Spiel und nutzte die Räume, die vor allem der immer in der Offensive befindliche eigentliche Außenverteidiger Marcelo Thomas Müller anbot. Nach sieben Minuten hatte Sami Khedira die erste Chance für Deutschland, sein Schuss traf aber nur den Körper von Toni Kroos. Weitere vier Minuten später trat der erneut starke Toni Kroos eine Ecke schulmäßig in den Strafraum, die Thomas Müller völlig ungedeckt nur noch ins Tor einzuschieben brauchte.
Es war sein fünfter Treffer bei diesem Turnier womit er seine Marke von 2010 einstellte. Brasilien schüttelte sich kurz und versuchte sich vom frühen Schock zu erholen, was nur bedingt gelang. Sie verzettelten sich in Einzelaktionen womit Deutschland im Verbund wenige Probleme hatte. Danach begannen sechs denkwürdige Minuten in denen die Brasilianer, wie noch nie in ihrer Länderspielgeschichte, von einer famos aufspielenden deutschen Nationalmannschaft schwindelig gespielt wurden. Klose (damit mit 16 Treffern alleiniger Führender in der ewigen Torschützenliste), 2x Kroos und Sami Khedira erhöhten auf den Halbzeitstand von 0:5 (!).
Zu Beginn der zweiten Halbzeit merkte man den Gastgebern an, dass sie sich auf diese Weise nicht aus dem Turnier schießen lassen wollten und sie kamen zu einigen nennenswerten Torchancen.
Unserer Abwehr fehlte in diesen zehn Minuten nach der Pause die nötige Konzentration, wer möchte es ihnen auch verdenken, angesichts dieses Spielstands. Einzig und allein der erneut überragende Manuel Neuer verhinderte den Anschlusstreffer. In der Folgezeit plätscherte das Spiel seinem Ende entgegen. Lediglich André Schürrle, der nach knapp einer Stunde für Miro Klose gekommen war, schien sich noch etwas vorgenommen zu haben und stellte durch zwei schöne Treffer auf ein denkwürdiges 0:7.

Dass Oscar in der Nachspielzeit noch den Ehrentreffer erzielte störte keinen mehr so richtig. Keinen? Doch, Manuel Neuer war so richtig angefressen, weil er, wie jeder Torwart nun mal, gerne zu null gespielt hätte. So stand am Ende ein 1:7, ein absolut denkwürdiger Abend ging zu Ende. Nie zuvor hat eine brasilianische Nationalmannschaft höher verloren, nie zuvor gab es auch nur annähernd einen solch hohen Halbfinalsieg. Die Brasilianer zerbrachen förmlich an dem immensen Druck als Gastgeber und waren nicht in der Lage ihre Ausfälle gleichwertig zu kompensieren. Deutschland dagegen spielte phasenweise Katz und Maus mit ihnen und ließ nie einen Zweifel daran aufkommen, wer ins Finale gehört.

Deutschland feierte, Brasilien stürzte ins Tal der Tränen. Es wird sicherlich einige Zeit in Anspruch nehmen, bis Fußball-Brasilien wieder aufsteht und diese Demontage komplett verarbeitet hat. Brasilien muss sich im Fußball runderneuern und tut gut daran zu den Besten, also Deutschland, auf- und sich Dinge abzuschauen.

Grundlegendes Problem der Brasilianer war, dass sie von Individualisten abhängig waren während Deutschland auf ein starkes Kollektiv setzen konnte. Wer hätte gedacht, dass Mustafi (den ich, ich gebe es zu, vorher gar nicht gekannt hatte) für Reus nachnominiert wird, wer, dass Hummels anstelle von Mertesacker neben Boateng in der Innenverteidigung seinen Mann steht. Wer hatte Höwedes (da auf ungewohnter Position nicht für wenige DER Mann dieses Turniers) als linken Verteidiger auf der Rechnung und wer sah den alten Mann Miroslav Klose in der Startelf? Wir hatten zeitweise fünf Spieler auf dem Platz, die in der Nationalelf andere Positionen als im Verein bekleideten, auch das war vor und auch während des Turniers ein viel diskutierter Kritikpunkt. Wobei genau das auch die geistige und taktische Flexibilität ausdrückt, die Löw immer wieder eingefordert hat. Der Erfolg gibt einem Trainer immer Recht (3 Euro ins Phrasenschwein), daher hat Löw bis dahin auch alles richtig gemacht. Sein Festhalten an Özil, trotz aller Kritik, dafür die formstarken Podolski und Schürrle weitestgehend auf der Bank. Auch der 37-Millionen-Mann Mario Götze mehr Bankdrücker denn Stammkraft, es gab nicht wenige, die diese Maßnahmen nicht nachvollziehen konnten. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch ein unheimlich gutes Gefühl, mit diesen Top-Leuten in der Hinterhand auf schwierige Spielsituationen reagieren zu können, sind sie doch alle in der Lage ein Spiel alleine entscheiden. Wer als Weltmeister grüßt, hat natürlich auch in der Kaderzusammenzustellung alles richtig gemacht. Da Löw Leute wie Kießling, Kruse, Schmelzer, Ter Stegen, Gomez u.v.a.m. zuhause ließ, dafür aber u. a. Mustafi, Durm, Ginter, Weidenfeller lässt vermuten, dass Löw für sie größtenteils die Rolle als Lückenbüßer vorgesehen hatte. Die zuhause gelassenen Spieler hätten eher auf Einsätze gepocht wie solche, die einfach nur froh waren, dabei zu sein. Harmonie und das vermeiden eines Lagerkollers ordnete Löw damit höher ein als sportliche Qualität. Auch diese Rechnung ging auf, da in den sieben Wochen, in denen das Team zusammen war, so gut wie kein Misston nach außen drang.

Holland zwang im zweiten Halbfinale die Defensiv-Künstler aus Argentinien immerhin in die Verlängerung, unterlag aber dieses Mal, womöglich, weil Van Gaal nicht wieder Krol, den Elfmetertöter aus dem Costa Rica-Spiel, bringen konnte, da die Holländer schon drei Mal gewechselt hatten.

Wie ich es mir gewünscht hatte, zog also Argentinien ins Finale gegen Deutschland ein. Dass es gegen die Gauchos nicht einfach werden würde, schon gar nicht in einem WM-Finale, war mir natürlich klar. Trotzdem stellte ich mir die Holländer, die allerdings den Großteil ihres Pulvers bereits in der Vorrunde verschossen hatten, unberechenbarer vor, weil sie mehrere Spieler in ihren Reihen haben, die ein Spiel entscheiden können.

Argentinien hat in der Offensive außer Messi nicht mehr so viel zu bieten. Angel Di Maria musste verletzt passen, wären also noch Gonzalo Higuain und Lavezzi, die jedoch oft im Schatten von Messi. Die Qualität der Einzelspieler insgesamt ist natürlich hoch, sie spielen schließlich auch fast alle bei internationalen Top-Clubs. Dennoch überlassen die Argentinier gern Messi das Spielgerät, weil er (fast) immer etwas damit anzufangen weiß. Gelingt es also, Messi aus dem Spiel zu nehmen, ihn am Abschluss zu hindern und seine Passwege zuzustellen, hat man schon die halbe Miete, so zumindest meine Denke vor dem zweiten Halbfinale.

Als die Niederlande im Spiel um Platz 3 die Brasilianer leicht und locker mit 3:0 bezwungen hatten, begann ich unseren Kantersieg gegen die Seleção etwas vorsichtiger einzuordnen.
Wich in den Tagen nach dieser Galavorstellung das Grinsen nicht mehr aus meinem Gesicht, merkte ich plötzlich, hoppla, die Brasilianer sind ja wirklich so schlecht, wie sie gegen uns aussahen.

Jetzt also wieder einmal Argentinien im Endspiel, wie schon 1986 und 1990. 1986 in Mexiko unterlagen wir unglücklich und unnötigerweise dank der Genialität des Diego Armando Maradona, 1990 schoss uns Andi Brehme in den Fußball-Olymp durch einen an Rudi Völler verursachten, etwas schmeichelhaften Elfmeter.

Aufgrund der bisherigen Auftritte gingen wir als leichter Favorit ins 64. und letzte Spiel der WM 2014 in Brasilien.

Argentinien biss sich nach etwas wackeliger Vorrunde ins Turnier hinein und fand vor allem seine defensive Stabilität.

In den K.O.-Spielen erzielte Argentinien gerade einmal zwei Tore, kassierte allerdings auch keines. Wenn sie einmal in Führung gehen, ist es unheimlich schwer das Spiel zu drehen, weil sie es geschickt, manche sagen auch unsportlich, machen und jede Spielunterbrechung dazu nutzen, um Zeit zu gewinnen. Mit einer solchen Spielweise gewinnt man natürlich keinen Schönheitspreis, doch der Zweck heiligt nun mal allzu oft die Mittel. Für diese Spielweise haben sie mit dem Ex-Bayer Demichelis, Zabaleta (Man City), Mascherano (Barca) u. a. m. sehr hohe Qualität in ihren Reihen, die es verstehen, wenige gegnerische Torchancen zuzulassen. Deutschland müsste sich also etwas einfallen lassen, um den argentinischen Abwehrriegel zu knacken, ohne hinten allzu anfällig für das schnelle Konterspiel zu sein.

Am Finaltag kam ich frühzeitig aus Schruns vom VfB-Trainingslager zurück, um zu entscheiden, wo ich mir das Spiel anschauen würde und um beizeiten dorthin aufbrechen zu können.

Vor Endspielen schwirren mir jedes Mal komische Gedanken durch den Kopf, ich spiele alle Szenarien durch, die eintreten könnten. Wie kehre ich nach Hause zurück, im Freudentaumel als Weltmeister oder doch eher zu Tode betrübt, weil es wieder nichts mit dem Titel wurde? Auch das ein Grund, mich auf einen frühen Zeitpunkt zu verabreden, um noch das eine oder andere Fachgespräch führen und die Zeit bis zum Anpfiff verkürzen zu können.

Als Location entschied ich mich für das Vereinsheim des TV Zazenhausen, wo man im Freien überdacht, daher wetterunabhängig, schauen konnte, sicher ist sicher! Je näher der Anpfiff rückte, desto feuchter wurden die Hände. Angst hatte ich zwar keine, ich war schon irgendwie siegesgewiss und hatte großes Vertrauen in unsere Truppe, in die „Generation Lahm“, wie sie mein spezieller Freund Béla Réthy in diesen Tagen mal nannte.

Wer weiß es schon, ob Spieler wie Klose (ganz sicher), Mertesacker, Lahm, Schweinsteiger, Podolski, die alle schon 2006 dabei waren, ihre letzte WM spielen würden . Dieses Gefühl der möglicherweise letzten Chance auf diesen größten aller Titel, war den Jungs das ganze Turnier über bewusst und hat sie in gewisser Weise auch beflügelt.

Jeder dieser Spieler hatte in wichtigen Halbfinal- und Finalspielen im Verlauf der Karriere schöne, aber auch bittere Erfahrungen sammeln müssen, so dass davon auszugehen war, dass sie wussten, was zu tun ist. Der 4. Stern musste jetzt einfach her!

Unmittelbar nach dem 7:1 gegen Brasilien wurde der Fokus sofort auf das Finale gerichtet, niemand ließ sich überschwänglich feiern, was darauf hindeutete, dass das Team in diesem Turnier noch nicht fertig war und entschlossen war, diesen letzten Schritt jetzt auch noch erfolgreich zu gehen.

Joachim Löw hat offensichtlich aus dem Italien-Spiel 2012 gelernt und vertraute dieses Mal seinem Team des vorigen Spiels, anstatt sich am Gegner auszurichten und auf ein System umzustellen, das dem Team fremd ist. Hätte auch beinahe geklappt, hätte sich nicht Sami Khedira kurz vor Spielbeginn mit Wadenproblemen abgemeldet. Höchsten Respekt für seine Entscheidung und die Abwägung darüber, was besser für das Team wäre. Er befürchtete möglicherweise nach 15, 20 Minuten ausgewechselt werden zu müssen und wollte Jogi Löw nicht einer Wechselmöglichkeit berauben. Ohnehin sensationell, sein Comeback nach Kreuzbandriss Mitte November 2013. Ich hatte damals bereits geschrieben „unterschätzt mir den Sami nicht“, als ihn Koryphäen wie Lothar Matthäus bereits für die WM abschrieben. Schon zu VfB-Zeiten bewies er ein ums andere Mal, dass er ein sehr gutes Heilfleisch hat. Außerdem kenne ich kaum einen Spieler, der so professionell lebt und es schafft, alles einem Ziel unterzuordnen. Diszipliniert wie kaum ein anderer zog er die Reha durch und durfte in Brasilien nun den Lohn dieser harten Arbeit ernten.

Für Khedira rückte überraschend Christoph Kramer in die Startelf, der sich in den ersten Minuten sehr gut ins deutsche Spiel einfügte, bis er nach einer knappen Viertelstunde rüde weggecheckt wurde und eine Gehirnerschütterung davon getragen hat. Er probierte es zwar noch einmal, es hatte aber leider keinen Wert mehr. Schiedsrichter Rizzoli war es, der die Auswechslung empfahl, nachdem Kramer ihn fragte, ob dies das WM-Finale sei und er das jetzt unbedingt wissen müsse. Nach einer guten halben Stunde war Schluss für ihn, es kam Schürrle, Kroos rückte dafür auf die Doppel-Sechs neben Bastian Schweinsteiger.
Über das Spiel selbst wurde genügend gesprochen und geschrieben, so dass ich nicht auf alle Einzelheiten eingehen muss. Große Torchancen waren in der ersten Halbzeit Mangelware, wenn es allerdings zu welchen kam, waren sie hochkarätig. So schickte Toni Kroos, der ansonsten ein überragendes WM-Turnier spielte, durch eine missglückte Kopfballrückgabe Higuain auf die Reise, der jedoch völlig allein vor Neuer überhastet abschloss und das Tor nicht traf. Diesen Respekt, dass die Gegner schon mit vollen Hosen vor ihm auftauchen, hat sich Neuer im Verlauf des Turniers erarbeitet. Er, der nicht nur im Bälle abwehren Weltklasse verkörperte sondern auch im herauslaufen. Auf der anderen Seite hatte Benedikt Höwedes per Kopfball in der Nachspielzeit der ersten Hälfte eine große Chance, scheiterte jedoch am Pfosten.
In der zweiten Hälfte drehte zunächst Messi auf, war aber im Endeffekt zu eigensinnig, so dass es die deutsche Abwehr immer wieder schaffte, ihn so abzuschirmen, dass er nicht zum Abschluss kam oder am Tor vorbei schoss.
Mit zunehmender Spieldauer gingen beide Teams immer weniger Risiko ein, im Bewusstsein, ein einziger begangener Fehler und der Titel wäre futsch.

So kam es wie es kommen musste, es ging in die Verlängerung. Hier hatte Schürrle die erste Torchance, schoss aber Romero an, auf der anderen Seite konnte Palacio die Kugel nicht kontrollieren und verzog in aussichtsreicher Position. Jerome Boateng, bester Mann auf dem Platz, wäre aber wohl auch hier zur Stelle gewesen.

Als man sich langsam aber sicher auf den Nervenkrimi Elfmeterschießen einstellen musste, fiel doch noch das Tor für uns. Schürrle legte in die Mitte zu Götze, der kurz vor Ende der regulären Spielzeit für Klose gekommen war, dieser stoppte den Ball mit der Brust und überwand Romero mit einem sehenswerten Volleyschuss. Ein Traumtor, DAS Tor, einfach geil! Die 113. Minute, sieben Minuten noch zu absolvieren und wir sind Weltmeister, wenn nichts mehr passiert. Der schier endlos lange ersehnte 4. Stern auf dem Trikot schien Realität zu werden und war nah wie schon lang nicht mehr.

Jogi Löw, dem es viele nicht zutrauten, jemals einen Titel zu gewinnen, fehlten noch sieben Minuten, um als Weltmeistertrainer in die Geschichte einzugehen. Argentinien warf nochmal alles nach vorne, doch Manuel Neuer stand wie ein Fels in der Brandung. Unser Team stemmte sich dagegen, doch noch ein Tor einzufangen. Sinnbild dieses Kampfes war Bastian Schweinsteiger, der mehrmals behandelt werden musste und am Ende wie ein heimgekehrter Kriegsveteran daherkam, gezeichnet von 120 Minuten (erfolgreichem) Kampf.
Richtig brenzlig und nervenaufreibend wurde es nur noch einmal in der zweiten Minute der Nachspielzeit, als es aus vielversprechender Position Freistoß für Argentinien gab. Diesen setzte Messi jedoch über den Kasten, so dass der italienische Schiedsrichter wenige Augenblicke später abpfiff.

Es war vollbracht, WIR SIND WELTMEISTER. 24 Jahre nach dem letzten Triumph von Rom jetzt also der Titel in Rio de Janeiro im altehrwürdigen Maracanã. Welch Freude, welch Erleichterung, welch Stolz in den Gesichtern, was für Bilder von den Fanmeilen und aus den deutschen Großstädten, was für eine Zufriedenheit der Menschen. Fußball verbindet, wildfremde Menschen lagen sich in den Armen und feierten gemeinsam den Titel. Autokorsi im ganzen Land und Millionen Menschen, die die Nacht zum Tag machten. Unbeschreibliche Momente, unbeschreibliche Gefühlswelten, unbeschreiblich die Zufriedenheit, die sich unmittelbar nach einem solchen Triumph in einem breit macht!

Das gesamte Turnier über gesehen ist dieser Titel hochverdient. Nicht nur die Leistungen auf dem Platz. In diesen knapp acht Wochen, in denen der DFB-Tross zusammen war, wuchs die Mannschaft zusammen, es schien fast so, da wären 23 Freunde auf einer netten Freizeit. Von Skandalen oder Skandälchen wurde nichts bekannt, es herrschte (zumindest nach außen) Harmonie pur, und das, obwohl ja auch Kevin Großkreutz dabei war.

Die Mannschaft stellte sich im Umfeld ihres Quartiers ihrer sozialen Verantwortung, war freundlich zu den Menschen, gab bereitwillig Autogramme, stand für Gespräche zur Verfügung, besuchte eine Schule und unterstützte finanziell einige Projekte, etc. Der DFB gab sich alle Mühe ein gutes Bild für unser Land abzugeben.

Nach den Spielen spendeten sie den Gegnern Trost anstatt sie zu verhöhnen oder sich überbordend zu freuen, nachdem sie die Brasilianische Seleção in ihre Einzelteile zerlegt hatten, spielten sie die Partie seriös zu Ende und verhohnepiepelten den Gegner, der schon genug mit sich selbst zu tun hatte, nicht. Deutschland hat es im Laufe des Turniers geschafft, die brasilianischen Anhänger auf ihre Seite zu bekommen, wenn es nicht gerade gegeneinander ging.

Gegen Argentinien war es klar, dass sie uns die Daumen drücken würden, da es ja bekanntlich eine große Rivalität zwischen den Fanlagern beider Länder gibt, aber auch sonst schaffte es die deutsche Mannschaft durch ihr höfliches, respektvolles und freundliches Auftreten die Sympathien der Brasilianer im Sturm zu erobern.

Die Hochachtung und Verneigung der Brasilianer vor den Deutschen geht inzwischen so weit, dass sich die Stimmen mehren, die da sagen, man müsse den deutschen Fußball kopieren, um auf die Erfolgsspur zurückzukehren. Für eine solche Aussage wäre man vor zehn Jahren in Brasilien noch gelyncht worden, heute aber ist tatsächlich etwas dran, weil wir nicht nur den besser organisierten sondern auch den technisch besseren Fußball gezeigt haben. Verkehrte Welt eigentlich.

Ganz besonders freut mich der Titelgewinn für den Trainer Joachim Löw. Ich hoffe, den ganzen Löw-Bashern im Netz hat es jetzt erst einmal die Sprache verschlagen. Natürlich hat er in seiner nunmehr achtjährigen Amtszeit Fehler gemacht, welcher Mensch macht keine? Natürlich hat er 2008 einen verletzten Ballack durchgeschleppt, 2012 einen verletzten Schweinsteiger und auch 2010 wäre mehr drin gewesen.

Aber, wir waren stets unter den besten vier wovon man bspw. nach den verkorksten Europameisterschaften 2000 und 2004 nicht zu träumen wagte. Seit Klinsmann 2004 die Nationalelf übernahm und den DFB bzw. Zuständigkeiten rund um die Nationalmannschaft revolutionär umkrempelte, haben Länderspiele auch bei den Spielern einen komplett anderen Stellenwert als davor. Krankheitsbedingte Absagen von Spielern, die sich um die lästige Länderspiel-Pflicht drückten, um am Wochenende darauf quietsch fidel mit ihren Vereinen unterwegs zu sein, reduzierten sich auf ein Minimum. Jetzt kommen die Spieler wieder gerne zur Nationalmannschaft, ein Stück weit natürlich auch dem schier unerschöpflichen Reservoir an nationalmannschaftstauglichen Alternativen geschuldet. Wer kneift, dessen Stammplatz ist in Gefahr! Und, nicht zu vergessen, es herrscht bei der Nationalelf eine Wohlfühlatmosphäre, die für viele eine willkommene Abwechslung zum Vereinsalltag ist.

Vor allem nach der Euro 2000 wurden die richtigen Schlüsse gezogen, es wurde Bedingung für die Bundesligalizenz, dass man ein Jugendinternat zu unterhalten hat. Die Väter dieser Idee heißen übrigens Gerhard Mayer-Vorfelder und Berti Vogts, so dass sich heute auch diese beiden Weltmeister schimpfen dürfen.

Ginge es nach mir, sollte Löw Bundestrainer bleiben, so lang er möchte, zumindest aber noch in den nächsten vier bis sechs Jahren. Ich behaupte zwar nicht, dass Bundestrainer sonst niemand kann, trotzdem fehlt es mir an realistischen Alternativen. Ein Heynckes oder ein Hitzfeld kämen als kurzfristige Lösungen in Betracht, allerdings haben beide ihren Rücktritt vom Trainerjob verkündet und wollen den Ruhestand genießen. Jürgen Klopp wäre irgendwann einmal mein Favorit, sehr unwahrscheinlich, dass er sein bis 2016 gültiges Arbeitspapier vorher brechen würde. Außerdem kann ich es mir bei diesem Heißsporn nicht vorstellen, dass er seine Power bei etwa zehn Länderspielen im Jahr ausleben kann. Wie kaum ein Anderer braucht er das Adrenalin, am besten mehrere Male die Woche. Mehr Kandidaten fallen mir leider im Moment nicht ein. Einen Ausländer auf den Posten zu hieven, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ein Bundestrainer sollte von unseren Elitekickern anerkannt werden, sollte nicht allzu viel umkrempeln, was funktioniert und möglichst noch allen „wichtigen“ Leuten im Fußball in die Augen schauen können. Klar ist jedoch, würde Löw von sich selbst aus auf dem Höhepunkt der Karriere seinen Posten zur Verfügung stellen wollen, käme man nicht drum herum, einen Nachfolger zu suchen.
Dieses Fehlen einer (aus meiner Sicht) geeigneten Alternative hat für mich nichts mit dem WM-Ausgang zu tun. Das hatte ich vor dem Turnier schon geschrieben, als nicht wenige seinen Kopf forderten.
Ich hoffe, dass Löw zu seiner Vertragsverlängerung steht und die Motivation hat, zu versuchen weitere Früchte seiner Arbeit zu ernten.

Die deutsche Nationalmannschaft wurde unter anderem deshalb Weltmeister, weil man den ausgeglichensten Kader aller Teams hatte. Die lange Saison, die lange Vorbereitung, sieben Turnierspiele, man merkte allen Spielern im Turnier diesen enormen Kräfteverschleiß an. In der deutschen Mannschaft gab es außer Manuel Neuer zwar keinen, der das ganze Turnier über konstant glänzte. Es waren immer wieder andere Spieler, mal Toni Kroos und Sami Khedira, mal Bastian Schweinsteiger, dann Jerome Boateng, die dem jeweiligen Spiel ihren Stempel aufdrückten und Garanten für den Erfolg waren.

Philipp Lahm sah ich gegen Argentinien, vor allem in Phasen, in denen das Spiel zu kippen drohte, bärenstark. Er übernahm Verantwortung, zog die Bälle magisch an und gewann seine entscheidenden Zweikämpfe. Es war durch und durch ein Werk des Teams und, ich muss es leider heute und sonst hoffentlich nie mehr sagen, die Bayern-Spieler hatten maßgeblichen Anteil an unserem Weltmeistertitel. Kleiner Seitenhieb an dieser Stelle, Dante mit eingeschlossen, weil er im Halbfinale zum Tag der offenen Tür lud.

Weltmeister, ich kann es mir nicht oft genug auf der Zunge zergehen lassen. Der Siegtorschütze Mario Götze wird ab sofort in einem Atemzug mit Helmut Rahn, Gerd Müller und Andi Brehme genannt werden und seinen ohnehin schon astronomischen Marktwert weiter gesteigert haben.
Nach dem Spiel und vor der Pokalübergabe wurde Manuel Neuer zu Recht mit dem Goldenen Handschuh zum besten Keeper der WM gekürt, bester Spieler wurde zur allgemeinen Verblüffung Lionel Messi. Er mag, weil möglicherweise der Beste der Welt, der beste Spieler im Turnier aber nicht der beste des Turniers gewesen sein. Gerade für dieses Turnier hätte ich mir eher einen Teamplayer wie zum Beispiel Toni Kroos gewünscht als einen Individualisten zu wählen. Der Sieg Deutschlands zeigt doch, dass das beste Kollektiv gewonnen hat und keines der Teams, das von ihren überragenden Individualisten lebt.

Dies trübte an diesem Abend die Freude natürlich nicht. Nachdem die Argentinier ihre Silbermedaillen in Empfang genommen hatten und die Weltmeister zur Ehrentribüne schritten, um ihre Goldmedaillen abzuholen, kam er, der ganz große Moment, Philipp Lahm nahm von der brasilianischen Staatspräsidentin den Goldpokal in Empfang und streckte ihn in den Nachthimmel von Rio de Janeiro. Angeblich hat er sich vorher bereits darüber den Kopf zerbrochen und es sich lieber noch einmal auf Video angeschaut, wie es einst Lothar Matthäus tat. Verrückt, oder? Mir ist nicht bekannt, dass man diesen Pokal verkehrt herum halten könnte, so wie es Fernando Meira bei unserer Meisterfeier 2007 passiert ist.

Im Stadion brachen natürlich jetzt alle Dämme, als sich die Mannschaft fürs Siegerfoto bereit machte und „das Ding“ danach den über 10.000 im Stadion befindlichen deutschen Fans präsentierte. Welche Freude, welche Glücksmomente die Kicker dem ganzen Land bescherten, war ihnen das Turnier über bewusst. Als letzte Motivationsspritze lässt Jogi Löw in Mannschaftsbesprechungen gerne mal Bilder von den Fanmeilen und der Stimmung in der Heimat einspielen. Die Betonung dieser nun doch liebgewonnenen Truppe lag im Moment des Triumphes auf „Wir sind Weltmeister“, wir, alle zusammen.

Das Wir-Gefühl während Europa- und Weltmeisterschaften ist natürlich gewaltig. Mich befremdet es jedoch immer wieder, wenn ich mit Leuten über Fußball reden soll, die mal so überhaupt keine Ahnung davon haben. Das sind dann die ersten, die motzen, wenn man gegen einen vermeintlich schwachen Gegner wie Algerien „erst“ in der Verlängerung gewinnt oder wenn man in einem Halbfinale ausscheidet. Das sind dann meistens Partypeople, denen urplötzlich der Stecker gezogen wurde und die danach Fußball wieder blöd finden. In Zazenhausen gab es dann noch Spezialisten, die ihren minderjährigen Kindern Böller in die Hand drückten, weil, Feuerwerk gehört doch zum Fußball dazu. ;-)

Gegen Kracher habe ich allerdings eine Aversion, verursachen sie doch böse Knalltraumata, wenn man sich zur falschen Zeit am falschen Ort befindet.

Auch das ist WM, da werden alle zwei oder vier Jahre Leute los gelassen, denen man bei „normalen“ Spielen im Leben nicht begegnen wollte. Daher freue ich mich, dass es in einem Monat wieder mit dem Pokalspiel in Bochum losgeht, wo man dann altbekannte und vor allem „normale Leute“ um sich hat.

Die Mannschaft ließ es in Rio auf der Siegesfeier ordentlich krachen wie es sich gehört und man ja auch über Social Media überliefert bekam, der Montag hier zu Hause fühlte sich wie ein Feiertag an und das nicht nur, weil ich wohlweislich freigenommen hatte.

Am Dienstag schließlich traf die Mannschaft leicht verspätet in Berlin ein, nicht ohne zuvor durch eine Sondergenehmigung die mit Hunderttausenden von Leuten bevölkerte Berliner Fanmeile zu überfliegen und mit den Tragflächen „zu winken“.

Ein großes Spektakel erwartete die Helden in der Hauptstadt, die nach und nach und in der Gruppe ihrer „Wohngemeinschaften“ sich feiern ließen, dabei eigene Choreographien darboten und zum Schluss mit ihrer Lieblings-Schlagersängerin Helene Fischer „Atemlos“ intonierten.
Auch auf der Fanmeile zeigte sich das Team äußerst kreativ und sang Gassenhauer von „Die Nummer Eins der Welt sind wir“, über „Großkreutz, hol den Döner raus“ bis hin zu „So gehn die Gauchos, die Gauchos, die gehn so, so gehn die Deutschen, die Deutschen, die gehn so…“.
Wäre der letztgenannte Song nicht gewesen, vermutlich würden wir uns angesichts des gewonnenen Titels mehr und mehr nach innen einen grinsen, die Jungs sind in Urlaub geflogen und gut ist. Aber nein, plötzlich bricht eine Rassismus-Debatte vom Zaun, wir würden die Argentinier als gebückt und die Deutschen als aufrecht gehend darstellen. Hier wird eine Sache aufgebauscht, die eigentlich gar nicht der Rede wert ist. Teile der deutschen Presse, wie taz.de, faz.de, selbst spon.de sind auf der Suche nach dem Haar in der Suppe fündig geworden, stellen die deutsche Nationalmannschaft in die rechte Ecke und nennen sie respektlos.
Bezeichnend, dass diese Negativkommentare eher im Feuilleton denn im Sportteil zu finden waren. Ein Sport-Journalist, ich unterstelle mal, selbst einer der genannten Blätter, würde nämlich wissen, dass derartige Frotzeleien zum Fußball dazu gehören. Was mussten wir uns alles von den Spaniern oder Italienern anhören, als sie uns in den letzten Jahren rauswarfen. Als Fußballfan steht man da drüber und denkt sich höchstens „man sieht sich immer zwei Mal im Leben“. In jedem Stadion gibt es Spottgesänge gegen den größten Rivalen bzw. den jeweiligen Gegner, wäre ich da immer gleich eingeschnappt, hätte ich viel zu tun.

Dass die Journaille hier übers Ziel hinausgeschossen ist, hat sie zum Teil eingesehen und rudert (in den Sportteilen) zurück. Dennoch frage ich mich, welcher Redakteur da noch mal drüber geschaut und die Veröffentlichungen überhaupt freigegeben hat. Dieser gehört im Grunde sofort von seinen Aufgaben entbunden, denn hier wurde eine Lawine losgetreten, die nur schwerlich wieder zu stoppen ist.

Inzwischen werden unsere Helden aus Argentinien (die Journalisten dort sind auch nicht besser) als „ekelhafte Nazis“ beschimpft. Wo sind wir denn? Wie haben die Argentinier auf Neymars Wirbelbruch reagiert? Und überhaupt, war es nicht Argentinien selbst, das während und nach dem 2. Weltkrieg etlichen „ekelhaften Nazis“, damals den „richtigen“, die Flucht nach Südamerika in ein unbehelligtes Leben ermöglichte? Ich bin kein Fan von „Unrecht mit Unrecht vergelten“, aber, diese Beleidigungen aus Argentinien gehen zu weit.

Wenn jemand für ein offenes Miteinander und Völkerverständigung eintritt ist es doch die deutsche Nationalmannschaft, die gespickt ist von Migrantenkindern aus Polen, Tunesien, Albanien, der Türkei, Ghana. Dieser Mannschaft nationalsozialistische Motive zu unterstellen ist eine Beleidigung und führ ad absurdum wie die Mannschaft während der WM aufgetreten ist. Die Feier auf der Fanmeile war der Abschluss eines riesigen Feiermarathons, da sollte man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Die Journalisten, die ein Problem mit dem Erfolg der deutschen Nationalmannschaft haben, wohl auch mit schwarz-rot-geil haben, denen es ein Dorn im Auge ist, dass in Deutschland überhaupt wieder gefeiert wird, wo doch in grauer Vorzeit Kriege von deutschem Boden ausgegangen sind, die sollen das nächste Mal einfach wegschauen, im Wald spazieren gehen oder mit ihresgleichen über eine bessere Welt philosophieren und uns nicht die Freude am Sieg madig machen wollen.

Die WM an sich war zu schön, um ein solches Bild vom verdienten Sieger zu zeichnen. Die Atmosphäre in den Stadien war stimmungsvoll, die Bilder und Erlebnisberichte, die einen via Facebook vor allem vom Fanclub Nationalmannschaft erreichten vermittelten fast den Eindruck mittendrin zu sein, es fielen so viele Tore wie schon lang nicht mehr und auch die Qualität und Spannung der Spiele war besser als erwartet. Wegen der Mittagshitze hatte man eher damit gerechnet, es würde sehr viel taktiert werden und ein 1:0 wäre schon die halbe Miete zum Erfolg. Das Gegenteil war der Fall, sehr viele Spiele wurden noch gedreht. Einziger richtig großer Wehmutstropfen waren die Schiedsrichterleistungen. Auch hier sollte die FIFA an Reformen denken und es nicht jedem Verband recht machen wollen. Ein Schiedsrichter aus El Salvador oder Gambia hat in heimischen Gefilden weniger Probleme auf Ballhöhe zu sein, als bei einem WM-Turnier. Da sollte die FIFA einfach wegkommen davon, alle Kontinentalverbände zu berücksichtigen und nur die Besten der Welt nominieren.

Wie immer nach einem großen Turnier falle ich erst einmal kurzzeitig in ein kleines Loch, wenn nicht mehr tagtäglich zwei, drei Spiele in der Glotze laufen. Dieses Mal ist es aber doch ein wenig anders. Wir müssen kein vorzeitiges Ausscheiden verkraften, nicht einmal eine Finalniederlage, nein, wir sind es, der Weltmeister und das mindestens vier Jahre lang. Nach 1954, 1974 (mein erstes Turnier, bei dem ich zumindest alle deutschen Spiele geschaut habe) und 1990 (gegen die Emirate live im Meazza dabei, ansonsten jedes Spiel zelebriert und nach dem Finale die ganze Nacht in Stuttgart durchgefeiert!) endlich der vierte Titel. Einer fehlt noch, um Rekordweltmeister Brasilien an der Spitze abzulösen.

Ich bin mir ganz sicher, dass dieser Titel noch nicht das Ende des Weges dieser Fußballer-Generation ist. Unsere hohe Qualität zeigt sich in der Wertschätzung ausländischer Spitzenclubs für deutsche Spieler. Ob Italien, Spanien oder England, die deutschen Spieler sind „in“, wovon natürlich auch die deutsche Nationalmannschaft profitiert. Ein rein deutsches Champions League Finale 2013, Weltmeister 2014, mehr geht fast nicht.

Die deutschen Nationalspieler haben sich nun als letzte in den wohlverdienten Urlaub verabschiedet, die des VfB, Ibisevic (wenn er denn bleibt), Sakai und Gruezo schieden in der Vorrunde aus und nehmen in diesen Tagen den Trainingsbetrieb schon wieder auf.

Damit kommt dann wieder die Zeit, in der ich langsam von WM- auf VfB-Modus zurückschalte und hoffe, dass es mit Armin Veh wieder aufwärts geht, er junge Spieler mehr voranbringt als in den letzten Jahren, so dass wir in absehbarer Zeit mal wieder einen deutschen Nationalspieler stellen können. Am ehesten ist das natürlich Timo Werner zuzutrauen, der, wenn er auf dem Boden bleibt, sicherlich eine große Zukunft vor sich haben dürfte. Einen anderen Youngster sehe ich im Moment nicht, verspreche mir aber einiges von der Wiedereinstellung von Rainer Adrion. Er hat den Blick, den Sachverstand, die Souveränität und kann es auch menschlich mit den Jungs. Im Nachwuchsbereich liegt bei uns einiges im Argen, seit dem hoch geschätzte Fachleute den Verein verlassen haben und Bobic an Stelle von ihnen seinen Freunden Posten verschaffte. Die Jungs im Teenageralter müssen nicht nur im Fußball geschult werden, sondern auch auf ein ordentliches Leben vorbereitet werden. Die Generation, die derzeit aus dem Jugendinternat kommt oder in den letzten Jahren zu unseren Amateuren oder den Profis hochgekommen ist, bei dieser liegt einiges im Argen, was Professionalität, den Umgang mit Geld, das Verhalten in der Gruppe, Freizeitgestaltung u. v. a. m. angeht. Sie brauchen Leitbilder, auch mal jemanden der sie an die Hand nimmt und keine Leute, die sie sich selbst überlassen. Dann nämlich neigen einige dazu, falschen Freunden zu verfallen, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen und ihr vieles Geld zu verprassen, anstatt morgens ausgeruht auf dem Trainingsplatz zu stehen. Gerade im menschlichen und psychologischen verspreche ich mir von Adrion einiges, ich hoffe, er bekommt auch die nötigen Kompetenzen, um gestalten zu können, zurück in die Zukunft quasi.

Jetzt, wo die WM Geschichte ist und irgendwann auch mal der Urlaub von Fredi Bobic beendet sein dürfte, bin ich gespannt, was der VfB noch in Sachen Transfers vor hat. Meiner Meinung nach müsste noch einiges geschehen, sowohl auf der Abgangs- als auch auf der Zugangsseite, um besser aufgestellt zu sein, als in der letzten Saison. Der Trainer wird schon auch etwas ausmachen, gut möglich, dass Veh aus den bestehenden Möglichkeiten mehr herausholt als seine drei Vorgänger der Vorsaison, zumindest, was die Organisation auf dem Platz angeht, dennoch ist der Kader im Zentrum zu üppig, auf den Außen zu dünn besetzt. Fraglich auch die Zukunft von Ibisevic, dem ich wünschen würde, dass er einen Verein findet, der ihm genehm ist, wenn er denn keinen Bock mehr auf Stuttgart hat. Sollte er abgegeben werden, besteht im Sturm noch Handlungsbedarf. Langweilig wird es also sicherlich nicht werden bis zum Saisonstart.

Für den VfB also heißt es, neu anzugreifen und die letzte Saison vergessen zu machen, für die Nationalmannschaft beginnt im Herbst schon die Qualifikation für die Euro 2016 gegen interessante Nationen. Ich freue mich drauf und werde zumindest im Oktober in Warschau am Start sein. Allen noch eine gute Zeit bis zum Pokalspiel und bis bald,

viele Grüße
Franky

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16. Februar 2014

Abstiegsk(r)ampf

Gestern ging es wieder einmal an die Autobahnraststätte Kraichgau, wo Milliardär Hopp zwar ein Stadion hingestellt, eine Infrastruktur, die etwa einen reibungslosen Verkehrsfluss bei An- und Abreise gewährleisten sollte, aber „vergessen“ hat. So war es wie immer eine einzige Katastrophe, bis wir den Busparkplatz direkt vor dem Gästeblock erreichten. So kamen wir erst kurz nach 15 Uhr an diesem Spielort, der, wenn der BVB am letzten Spieltag der Vorsaison seinen Job richtig erledigt hätte, überhaupt nicht mehr auf unserem Spielplan gestanden hätte.
In Eile strömten natürlich alle sofort zum Block hinauf, um relativ kurz vor Spielbeginn noch einen einigermaßen akzeptablen Platz im Gästekäfig ergattern zu können, was mich schon etwas ärgerte, gehört es doch dazu, noch ein wenig Vorlauf zu haben, um Bekannte zu treffen und den einen oder anderen Plausch zu halten.
Ich hatte dieses Mal, wie schonmal in diesem Stadion, meinen Platz direkt hinter dem Tor, Reihe 3, in der Hoffnung eine bessere Perspektive zum Fotografieren auf unseren Block zu haben. Der Platz war eigentlich perfekt, dumm nur, dass es in Strömen goss und beim Bau der Schüssel wohl das Budget für ein den kompletten Zuschauerbereich abdeckendes Dach nicht mehr vorhanden war. So saß ich sprichwörtlich im Regen, 90 Minuten lang oder besser gesagt, so lang ich mir den Kick antat.
Seit das Dorf aufgestiegen ist, war ich bei allen Spielen. Bisher setzte es lediglich eine Niederlage, in der Hinrunde der Vorsaison ein desaströses 0:3 zu Hause. In Sinsheim und auch im ersten Jahr in Mannheim blieben wir stets ungeschlagen, was eigentlich meine einzige Hoffnung war, dass dort auch in diesem Jahr die Trendwende eingeleitet werden könnte. Ein bisschen glaubte ich auch an die in Vergessenheit geratene Attribute wie Stolz und Ehre bei unseren Protagonisten und hoffte darauf, dass die Atmosphäre, die das Spiel zu einem 18. Heimspiel machen könnte, unsere Jungs anspornen würde.
Einige Male davor hatte ich bewusst eine Karte im Gästeblock genommen, obwohl mir dieser in Sinsheim total widerstrebt. Eingepfercht, schlechte Sicht und, wenn ich mich richtig erinnere, alkoholfreies Bier. Der große Vorteil am Gästeblock ist es eben, dass man mit den SAP-Kunden erst überhaupt nicht in Kontakt kommt und so möglicherweise vor sich selbst geschützt wird. Es gibt kaum einen Verein, für den und seine Fans ich ausschließlich Verachtung übrig habe. Ich frage mich ständig, wo die waren, bevor Hopp sich entschloss aus einem langweiligen Dorf- einen Bundesligaverein basteln zu wollen. Die allerwenigsten haben den Aufstieg von der Kreis- bis zur Regionalliga mitgemacht, sondern sind von anderen Vereinen abgewandert, was in meinem Verständnis überhaupt nicht möglich ist.
Dieses Mal also, im gemischten Block, umringt von VfBler und SAP-Kunden. Gestern gingen mir schon zu Beginn die großen Emotionen, selten hatte ich weniger Lust auswärts zu fahren. So störte mich auch das ganze Primborium beim Projekt Hoffenheim nicht einmal mehr. Mittlerweile gehe ich zu VfB-Spielen und erwarte rein gar nichts. Kommt Häme von den gegnerischen Fans oder lachen sie meinen VfB aus, was habe ich derzeit schon entgegenzusetzen? Irgendwie haben sie ja auch Recht, der VfB kommt peinlich daher wie noch nie. Slapstick auf dem Rasen, Galgenhumor auf der Tribüne. Mehr nicht. So ertrug ich das Spiel und das Drumherum mit Fassung und konnte mich schon früh, nach dem 0:1 genauer gesagt, mit der sich anbahnenden ersten Niederlage in Sinsheim „anfreunden“. Hoffnung, das Spiel noch drehen zu können, hatte ich überhaupt keine. Ich sah keine durchdachten Aktionen, keinen gefährlichen Schuss auf das Gehäuse der Hoffenheimer, nicht den Hauch einer Parade des Torwarts. Stattdessen kombinierte sich Hoffenheim durch unsere Reihen, als bestünden diese aus Slalom-Stangen. Wenn es dumm läuft, liegen wir in der 2. Minute bereits zurück, so dauerte es eben bis zur 12., als zunächst Ulreich schlecht aussieht und eine Hereingabe nicht zu fassen bekommt und Schipplock abstaubt. Das war ja mal wieder klar, dass ein Ex-VfBler gegen uns treffen würde, doppelt sogar. Der VfB personell zwar auf einigen Positionen verändert im Vergleich zum Augsburg-Spiel, brach dieses Mal nach dem 0:1 nicht sofort auseinander, agierte aber weitestgehend planlos mit langen Bällen und hoffte auf Kommissar Zufall. Wir hatten Glück, dass Ulreich auch lichte Momente in diesem Spiel hatte, sonst hätten wir zur Pause bereits höher zurückliegen können.
Welches Spiel Bobic gesehen hat, würde mich mal interessieren, wenn er eine ordentlich erste Halbzeit gesehen hat. Für mich war das, wie in den letzten Wochen, über weite Strecken nicht erstligareif. Einen solchen „Fußball“ wie vom VfB dargeboten, habe ich letztmals im Januar 2013 gesehen, damals in der zweiten englischen Liga bei Leicester-Middlesbrough, Kick & Rush eben.
Hoffenheim nahm die äußeren Verhältnisse mit Dauerregen und regendurchtränktem Boden besser an und hatte mit Firminho den überragenden Mann auf dem Platz. Die Hoffenheimer liefen mehr als der VfB, gewannen mehr Zweikämpfe und hatten eine bessere Passgenauigkeit. Es wurde ein deutlicher Hoffenheimer Sieg, der sich von Anfang an abzeichnete und hochverdient ist.
Der VfB verschwendete einmal mehr seine überschüssige Energie im reklamieren und lamentieren und leistete sich zu viele und vor allem zu plumpe Frustfouls. Infolge dessen wurde noch Moritz Leitner vom Platz gestellt und wird beim so wichtigen Heimspiel gegen Hertha BSC fehlen. Hoffen wir, dass Gentner bis dahin wieder einsatzbereit ist, sonst wird es personell eng in der Mittelfeldzentrale.
Hier sollten die Verantwortlichen mal ansetzen und unseren Spielern klar machen, dass sie die Klappe halten und sich vom Ort des Geschehens entfernen sollen, wenn der Schiedsrichter abgepfiffen hat. Da wollen sie den Fans wohl mit Gewalt demonstrieren, dass es ihnen nicht egal ist, wenn wir verlieren. Dass dies aber überhaupt nichts bringt, im Gegenteil, Konzentration und Nerven kostet, betrachten sie nicht. Aber, wer soll ihnen hier zum Vorbild taugen? Bobic etwa, der selber immer die Schuld bei den Anderen sucht und als Spieler auch kein Kind von Traurigkeit war? Ich sage nur, „blinde Bratwurst“! Das ständige motzen, ob gegen Gegenspieler, Schiedsrichter, Fans und gestern sogar gegen den Trainer zeugt von einer sportlichen Hilflosigkeit und macht keine Hoffnung auf Besserung.
So saß ich gestern also weitestgehend in mir zusammengekauert da, ließ den Regen über mich ergehen und das Unheil seinen Lauf nehmen. Zu keiner Phase keimte Hoffnung auf, dass der VfB in der Lage sein würde sich gegen die Niederlage zu stemmen. Symptomatisch wieder, dass der Platzverweis unmittelbar auf den Anschlusstreffer folgte, um überhaupt nicht in Versuchung kommen zu müssen, noch an das Gute zu glauben. Nach dem 0:3, ich gebe es zu, habe ich den Bierstand aufgesucht und bin erst die letzten fünf Minuten, stehend am Eingang, wieder hinein, um nicht erneut meinen Platz trocken schrubben zu müssen.
Was bleibt ist eine sportliche Demütigung beim ungeliebten Nachbarn, die gar nicht so weh tat, weil ich mit nichts anderem rechnete. Da ich ungern gegen den VfB tippe, setzte ich zwar auf ein 3:4, in der Hoffnung, dass der VfB Kapital aus der schwachen Hoffenheimer Abwehr schlagen könnte. Falsch gedacht, nicht einmal gegen die Schießbude der Liga schaffen es die Unseren Überraschungsmomente zu kreieren und zum Torabschluss zu kommen. Bei diesem Boden wären Fernschüsse ein probates Mittel gewesen, nur hat man das beim VfB leider nicht erkannt.
Wenn sich nicht Grundlegendes ändert, wird diese Art Fußball zwangsläufig in die zweite Liga führen. Die Umstellung auf das offensiv ausgerichtete 4-4-2-System erwies sich als Rohrkrepierer. Gerade auch gestern war zu erkennen, dass wir den Hoffenheimern damit ins offene Messer gelaufen sind und diese sich sicherlich deswegen ins Fäustchen lachten. Jetzt gilt es mit höchster Priorität die Defensive zu stabilisieren, nicht nur personell sondern genauso in der taktischen Ausrichtung. Auch Sven Ulreich kann in seiner derzeitigen Verfassung dem Team nicht weiterhelfen. Beim ersten und beim dritten Treffer sah er sehr schlecht aus. Er gewann uns in dieser Saison ein einziges Spiel bei der Berliner Hertha (lang ist es her), verschuldete aber auch unzählige Gegentore und rettete uns keine weiteren Punkte. Wenn nicht jetzt, wann dann soll die Stunde von Kirschbaum schlagen? Alle erdenklichen Abwehrformationen wurden bereits getestet, als neuen Impuls bliebe nur noch der Torwartwechsel. Vielleicht würde ja dieser zu mehr Stabilität führen. Kirschbaum hat eine bessere Spieleröffnung als Ulle und könnte unsere schnellen Außen mal auf die Reise schicken und sich damit ihrer Stärken bedienen. Sollte auch ein solche Maßnahme nicht von Erfolg gekrönt sein, besteht immer noch die Möglichkeit, dass Ulle, wie schon einmal, gestärkt aus seiner Ausbootung herauskommen und sich wieder ins Team spielen könnte. Vereinsverbundenheit allein genügt eben auch bei Ulle nicht!
Sollte Schneider weiterhin das Zepter schwingen dürfen, muss er Signale setzen und dem Team helfen. Sieht die Aufstellung und taktische Ausrichtung nur annähernd so aus wie zuletzt, kann man im Grunde nach Präsentation der Aufstellung aufstehen und einen trinken gehen, so wenig Hoffnung hätte ich, dass gegen Berlin der Bock umgestoßen werden würde.
Ich habe schon sehr viele Höhen und Tiefen erleben dürfen, manchmal auch müssen. An eine solch hoffnungslose Phase kann ich mich aber nicht erinnern. Den Abstieg 1975 habe ich noch nicht richtig bewusst mitbekommen, regelmäßig im Stadion war ich „erst“ ab der Aufstiegssaison 1976/77.
Was wir aber in dieser Saison Woche für Woche über uns ergehen lassen müssen, ist höchst bedenklich. Es reicht sprichwörtlich hinten und vorne nicht, die Abwehr ein Torso, das Mittelfeld plan-, form- und konzeptlos und der Sturm nur ein laues Lüftchen. Die „Mannschaft“ ein zerstrittener Haufen, die sich in Diskussionen mit dem Schiedsrichter und sogar Trainer Schneider aufreibt, anstatt ihre ganze Energie dem Kampf gegen den Gegner aufzuwenden.
Ein Präsident, der sich, ähnlich wie seine Vorgänger, auf Tauchstation befindet, ein Sportdirektor Bobic, der auch gestern wieder eine ordentliche erste Halbzeit sah und ein unerfahrener Jugendtrainer Schneider, der nach gerade mal einer Halbserie als Cheftrainer schon mit seinem Latein am Ende zu sein scheint. Woche für Woche die gleichen Durchhalteparolen, ich bin es langsam leid und würde gerne Veränderungen sehen. Nach der Demütigung gegen Augsburg, „klarer Worte“ und „angezogener Zügel“ in der Woche, darf man doch wenigstens eine leichte Verbesserung im darauffolgenden, prestigeträchtigen Spiel in Sinsheim erwarten. Das Gegenteil war der Fall, hatten sie gegen Augsburg stark begonnen und gute erste 30 Minuten hingelegt, waren sie gestern von Beginn an hoffnungslos unterlegen und einfach schlechter als ein durchschnittlicher Gegner.
Ich bin mir relativ sicher, dass dieser Weg direkt, ohne Umschweife, ohne Relegation, in die zweite Liga führen wird, wenn nicht schleunigst gehandelt wird. Möchte ein Bobic als Totengräber des VfB in die Geschichte eingehen und die zweite Liga in Kauf nehmen, weil er so ehrenkäsig ist, es nicht zuzugeben, dass die Installation von Schneider als Cheftrainer eine Fehlentscheidung war, soll er klipp und klar sagen, dass er dessen Weg auch in die zweite Liga zu gehen bereit und der Abstieg einkalkuliert ist. Wenn nicht, muss jetzt die Reißleine gezogen werden. Mein Wunschtrainer Magath ist ja vom Markt. Die in meinen Augen danach vernünftigste Alternative auf der Liste der arbeitslosen Fußballlehrer wäre Mirko Slomka, der jedoch dem Vernehmen nach kurz vor einem Engagement beim HSV steht. Daher müsste schnell gehandelt werden, was ich jedoch stark bezweifle. Von einer heutigen Krisensitzung zwischen Präsident und Aufsichtsrat ist mir leider nichts bekannt, dort müsste nämlich auch die Personalie Bobic diskutiert werden, der wie kein anderer für den rasanten Niedergang des VfB steht. Lässt man Bobic weiter wursteln, sehe ich keine Aussicht auf Besserung. Unter ihm würde der Nachfolger für Schneider wohl Krassimir Balakow heißen, der bereits grandios mit Kaiserslautern im Abstiegskampf gescheitert ist. Vielleicht hätte er auch einen anderen Spezi aus früheren Zeiten im Köcher, Anforderungsprofil, wie bei Labbadia und Schneider, Anforderungsprofil: pflegeleicht und wenig aufmüpfig. Eine konstruktive Streitkultur jedenfalls ist, wie im gesamten Verein zu beklagen, unerwünscht.
In dieser Situation trauere ich einem starken Präsidenten wie Gerhard Mayer-Vorfelder nach. Dieser stellte sich wenigstens, wenn ihm das Auftreten der Mannschaft und/ oder die Ergebnisse nicht gefallen haben, den Pressevertretern und haute dazwischen, wenn er es für notwendig hielt. Heute aber scheut sich jeder, unbequeme Wahrheiten auszusprechen, auch wenn es nur dazu dienen sollte, wachzurütteln. Jeder hat sofort Angst, dass die Mimosen auf Managerposten, Trainerbank oder auf dem Platz bei einem Anflug von Kritki den Kopf in den Sand stecken oder sich vor den nächsten Zug werfen könnten. Kritik wird sowohl vom Trainer als auch vom Manager weggewischt, Kritiker in den eigenen Reihen wurden nach und nach vom Hof gejagt. In unserem Verein muss sich Grundlegendes ändern, sonst sehe ich wirklich schwarz.
Der Ernst der Lage wird verkannt, das Wort Abstiegskampf gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Stattdessen möchten sie ihren eigenen Weg weitergehen und sich nicht den Automatismen der Branche unterwerfen.
Es ist ja nicht so, dass ich mich nicht auch nach Kontinuität sehnen würde. Nur, was bringt diese Kontinuität, wenn der Karren unweigerlich an die Wand gefahren wird? Dann doch lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Es müssen neue Impulse von außen her, Verantwortungsträger, die nicht von Anfang an verbrannt sind und die aus der Zweckgemeinschaft auf dem Rasen in kurzer Zeit eine Mannschaft formen können, die wenigstens für 90 Minuten alle Zwistigkeiten vergisst.
Das Ausmaß des Horrorszenarios Abstieg in die zweite Liga kann finanziell nicht abgeschätzt werden. Es könnte uns durchaus blühen, noch weiter nach unten durchgereicht zu werden, wenn uns finanzielle Klötze am Bein (Stadion, Nachwuchszentrum,…) die Luft zum atmen nehmen. Das einzig Positive wäre, dass von den derzeitigen Spielern wohl so gut wie keiner mehr übrig bleiben würde. Dennoch muss alles erdenklich Mögliche getan werden, um den Abstieg noch abzuwenden.
An Mayer-Vorfelders Zeit lassen ja viele kein gutes Haar mehr. Ich sehe es anders. Unbestritten hat er zwar zum Ende seiner Amtszeit einen mächtigen Schuldenberg angehäuft und fragwürdige Entscheidungen zu verantworten gehabt, wie die Löw-Entlassung und darauf folgende Schäfer-Verpflichtung oder auch den Balakow-Rentenvertrag. Auf der anderen Seite verstand er es immer wieder Top-Spieler, wie Sammer, Dunga, Elber uvam. zum VfB zu lotsen und dem Verein ein Gesicht zu geben. Auch sein (sportpolitischer) Einfluss bei DFB und FIFA waren nicht zu unterschätzen. Der VfB war in aller Munde und hatte eine Identität, heute sind wir zum Gespött und zu einer grauen Maus verkommen und würden der Bundesliga wohl nicht einmal besonders fehlen, wenn wir nicht mehr dabei wären.
Mit Bobic haben wir es nicht minder mit alljährlich zu vermeldenden Verlusten zu tun, diese aber zum Großteil schlechtem Wirtschaften und eklatanten Managementfehlern geschuldet. Für diese Defizite hat Bobic eine bemerkenswerte Gurkentruppe zusammengestellt, mit der sich kaum mehr jemand identifizieren kann.
Anstatt Spieler, mit denen man bezüglich einer Vertragsverlängerung nicht zusammen kommt, zu verkaufen, so lang es noch eine Ablösesumme für sie zu erzielen gibt, hält man sie und lässt sie später dann ablösefrei ziehen. Dadurch bleibt dann eben nur noch so viel Geld übrig, um sich auf der Ersatzbank von Hannover 96 zu bedienen, anstatt Spieler zu holen, die die Qualität im Kader anheben.
Seit Jahren werden wir von einem Jahr aufs nächste vertröstet, dabei wird es immer schlimmer anstatt besser. Hoffte man nach dem fertiggestellten „neuen Stadion“ noch darauf, dieses zu einer Festung werden zu lassen, freut sich heutzutage nur noch der Gegner, dort antreten zu dürfen. Auch der kommende, Hertha BSC, wird sich sicherlich jetzt schon die Hände reiben, ist es doch nirgends so einfach, die Punkte zu entführen. Dass das Publikum dieser Vorstellungen überdrüssig ist, ist für mich nachvollziehbar. Ich pfeife zwar meine Mannschaft nicht aus, aber, mein Murren wird trotzdem von Mal zu Mal lauter, weil die Vorstellungen einfach an Erbärmlichkeit kaum zu überbieten sind. Was wir Woche für Woche angeboten bekommen, hat doch mit dem an und für sich so schönen Sport Fußball wenig zu tun. Unsere Mannschaft, die keine ist, strahlt zudem nicht den unbedingten Willen und die Freude am Sport aus, was sich auf die Ränge übertragen könnte. Eher im Gegenteil, Trägheit, Schwermut, Einfallslosigkeit, Hoffnungslosigkeit ist zu erkennen und das spiegelt sich auch auf der Tribüne wider. Der Funke springt sozusagen über, jedoch leider nicht der, den man sich wünschen würde.
Wer diese Darbietungen nicht goutiert und Kritik äußert, wird als mitverantwortlich für die allgemeine Nervosität gemacht (Schneider), als „Stuttgarter Fans, die nie zufrieden sind“ (Traore) oder als Erfolgsfan (Die selbsternannten „Gut-Fans“ in der Facebook-und Forengemeinde) tituliert.
Gerade die Erfolgsfan-Debatte geht mir dermaßen gegen den Strich, so dass ich es müßig bin, mich in solche nicht zielführenden Diskussionen überhaupt einzumischen. Wer sich diese Auftritte Woche für Woche noch antut, kann kein Erfolgsfan sein, was bitte hat das mit Erfolg zu tun. Wenn damit aber gemeint ist, dass man keine Kritik zu äußern hat und alles klaglos hinnehmen soll, sehenden Auges mit dem VfB den Abgrund hinabstürzen soll, diejenigen verkennen das Privileg der freien Meinungsäußerung in einem freien Land. Es gehört einfach dazu, im Schwabenland vielleicht noch mehr als in anderen Teilen der Republik, dass man bruddelt, wenn es was zu bruddeln gibt. Das haben die Spieler hier schon vor 30 oder 40 Jahren ausgehalten, auch zu Zeiten, in denen die Herren Vertragsfußballer nebenher noch Berufen nachgegangen sind. Trotzdem bildeten Mannschaft und Fans eine Einheit und wir hatten Kerle auf dem Platz, die unter einer misslichen Situation litten wie der Fan in der Kurve.
Heute aber leben die Spieler in Saus und Braus und haben keinen Bezug mehr zu den Sorgen und Nöten eines Normalbürgers geschweige denn des Fans auf der Tribüne oder des Ultras, der immer dabei ist. Für die Herren Profis sind wir doch arme Irre oder um es mit Armin Vehs Aussage von Sevilla zu sagen: „dann wärd ihr halt daheim geblieben“.
Es hat für mich den Anschein, dass Schneider von den Herren Profis nicht für voll genommen wird. Wie schon letzte Woche geschrieben, hat es Schneider bereits zu Beginn seiner Trainertätigkeit versäumt, Exempel zu statuieren und sich seine Autorität zu erarbeiten. Wenn er jetzt den Zeitpunkt als gekommen erachtet, Maßnahmen ergreifen zu müssen, wirken diese wie purer Aktionismus oder das berühmte Pfeifen im Walde. Beispiel gefällig: erst verbannt er Niedermeier und Harnik gegen Augsburg auf die Tribüne, um sie in Sinsheim wieder von Beginn an zu bringen. Nach klarer Linie sieht das nicht aus, auch wenn es für gestern eine nachvollziehbare Maßnahme war. Leider verpuffte sie genauso wie diese, Boka wieder in der Startelf zu bringen. Allesamt waren grottenschlecht, einzig der 17-jährige Timo Werner kämpfte und stemmte sich gegen die Niederlage!
Meiner Meinung nach hilft nur noch ein kompletter Umbruch, ein neuer Impuls auf Trainer- UND Managerposten, um zu versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Man darf sich nicht davon blenden lassen, dass es immer noch Mannschaften gibt, die hinter uns in der Tabelle platziert sind. 19 Punkte nach 21 Spielen sind eine verheerende Bilanz, so schlecht stand der VfB nur 2011/2012 da, als wir nach miserabler Vorrunde zu diesem Zeitpunkt schon sieben Zähler in der Rückrunde holten und in der Abstiegssaison 1974/75, als es eben nicht reichte. Schlechter als heute standen wir zum gleichen Zeitpunkt noch nie da! Acht Niederlagen aus den letzten neun Spielen stimmen höchst bedenklich. Die bereits im November begonnene Niederlagenserie konnte auch durch das gechillte Trainingslager im fernen Südafrika nicht durchbrochen werden. Ob dort trainiert wurde oder nur touristische Aktivitäten unternommen wurden, weiß ich nicht. Eine spielerische Steigerung zur Vorrunde, ein aufgrund teambildender Aktivitäten in der Winterpause verbesserter Teamspirit, ein Gerüst der Mannschaft, eine gewachsene und von allen akzeptierte Hierarchie, eine bessere körperliche Fitness, nichts ist zu erkennen, was in Südafrika trainiert wurde.
Eine nach seinen Vorstellungen durchgezogene Vorbereitung gestehe ich jedem Trainer zu, bevor ich mir erlaube, ein Urteil über ihn zu bilden. Diese hatte Schneider jetzt, außer Spesen nichts gewesen muss man da leider konstatieren, zumal die Auftritte immer schlechter anstatt besser werden.
Auch einen Tag nach dem Debakel in Sinsheim erkenne ich kein Licht am Ende des Tunnels, keinen Hoffnungsschimmer, dass es gegen Hertha besser werden könnte. Ich befürchte, der VfB verkennt noch immer den Ernst der Lage, verkennt auch, dass die Gegner, die wir schlagen müssen, in den nächsten Wochen auf uns warten und dass es einfach tödlich wäre, mit einer eventuellen Veränderung zu lang zu warten. In den letzten fünf Saisonspielen mit Spielen gegen Wolfsburg und Schalke sowie in Hannover und in München lässt sich die Wende sicher nicht mehr herbeiführen. Daher wäre es jetzt das Schlechteste weiter zu zögern und das Unvermeidliche hinauszuschieben, wie man es schon mit Labbadia tat. Für mich nach wie vor DER Grund für den Niedergang, die nicht erfolgte Trennung von Labbadia nach dem Pokalfinale.

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