Cacau fiel in die Knie und brüllte die Freude aus sich heraus. Ein Tor hat der VfB-Stürmer gerade geschossen, das vermeintliche 2:2 gegen Eintracht Frankfurt, in der 89. Minute. Eine Erlösung schien es für Cacau – doch dann realisierte er, dass der Linienrichter die Fahne gehoben hatte und der Treffer nicht galt. Keiner wusste, warum – ein reguläres Tor war es erneut, wie schon im Spiel gegen Nürnberg, als Pawel Pogrebnjak nur kurz hatte jubeln dürfen. An Pech mit den Unparteiischen mangelt es dem VfB also nicht.
Das alleine erklärt jedoch keineswegs, dass die Stuttgarter am Sonntag mit 1:2 (0:1) gegen Eintracht Frankfurt verloren haben. Denn wahr ist auch, dass die Mannschaft von Christian Gross nach einem guten Start und vor beherzten fünf Schlussminuten wieder einmal einen beängstigend schwachen, teils leblosen Eindruck hinterlassen hat. Von sieben Spielen hat der VfB nun sechs verloren, er hat 15 Gegentreffer kassiert und liegt auf dem letzten Tabellenplatz – es ist eine Bilanz des Grauens.
Er habe zu offensiv aufgestellt, hatte der Trainer Gross nach dem 1:4 gegen Leverkusen eingeräumt – und ließ seine Elf diesmal vorsichtiger zu Werke gehen. Im Mittelfeld stellte er – auch aufgrund des Fehlens von Mauro Camoranesi, Daniel Didavi, Timo Gebhart und Johan Audel – vier etatmäßige defensive zentrale Spieler auf: Mamadou Bah und Zdravko Kuzmanovic in der Mitte, Christian Träsch rechts und Christian Gentner links.
Nicht nur die taktische Ausrichtung, auch die Einstellung war zunächst anders als gegen Leverkusen. Aggressiv und einsatzfreudig begann der VfB das Spiel. Flüssig lief der Ball in der Anfangsphase, in der die Stuttgarter, meist initiiert von Träsch, zu einer Reihe guter Chancen kamen. Ein paar Zentimeter fehlten zur Führung als Träschs 25-Meter-Schuss von der Unterlatte auf die Torlinie prallte (3.). Pogrebnjak schoss von halbrechts nur ans Außennetz (8.).
Und Cacau scheiterte an dem Eintracht-Torwart Oka Nikolov (14.). Sehr ordentlich spielte der VfB in der Startviertelstunde, vergaß jedoch das Toreschießen – und wurde dafür bitter bestraft. Mit der ersten gefährlichen Aktion kam Frankfurt zu Führung – es war ein Tor, das sich der VfB quasi selbst ins Netz legte. Niemand griff ein, als ein Einwurf von links in den Strafraum flog, Bah machte sogar einen Schritt zur Seite, und so durfte Theofanis Gekas unbehelligt per Kopf sein fünftes Saisontor erzielen (18.).
Nach dem Gegentreffer riss der Faden beim VfB komplett. Verschwunden war das Selbstvertrauen und die Zuversicht der Anfangsphase – wieder einmal fiel die Mannschaft förmlich in sich zusammen. Große Verunsicherung machte sich breit, die Angst vor der nächsten Pleite lähmte die Spieler, die Fans begannen zu pfeifen. Und wieder einmal gab es keinen auf Stuttgarter Seite, der in dieser Situation furchtlos vorneweg marschiert wäre. Es ist das große Problem des VfB: die Spieler haben eigentlich genug Qualität, um viel weiter oben mitzuspielen – der Mannschaft fehlt jedoch die Struktur und die Mentalität. Glück hatte der VfB, dass es zur Pause nicht schon 0:2 stand, nachdem Gekas nach einem Stellungsfehler von Delpierre vorbeigeköpft hatte (33.).
Auch in der zweiten Hälfte fand der VfB zunächst keinen Weg aus seiner Lethargie. Frankfurt dominierte das Spiel nach Belieben und hätte durchaus mehr Tore schießen können als das 2:0 durch Chris. Im Anschluss an eine Ecke traf der aufgerückte Abwehrspieler mit dem Kopf, nachdem sein Gegenspieler Kuzmanovic darauf verzichtet hatte, mit hochzusteigen (68.).
Nach einem rüden Frustfoul wurde Delpierre sechs Minuten vor Schluss vom Platz gestellt (und muss mit einer mehrwöchigen Sperre rechnen). Ausgerechnet mit zehn Mann wachte der VfB noch einmal auf und kam durch Pogrebnjak zum Anschlusstreffer (85.). Zu mehr reichte es in dieser dramatischen Schlussphase jedoch nicht mehr, weil Cacaus Treffer vom Schiedsrichter Felix Brych die Anerkennung verweigert wurde.
Im nächsten Spiel nach der Länderspielpause gastiert der VfB am 16. Oktober auf Schalke. Vor der Saison hätte man gedacht, es sei ein Spitzenspiel – nun ist es das Duell des Tabellenletzten beim Vorletzten.
Mannschaften und Statistik
VfB Stuttgart:
Ulreich – Celozzi (69. Harnik), Tasci, Delpierre, Molinaro (56. Boka) – Träsch, Bah, Kuzmanovic, Gentner (69. Marica) – Pogrebnjak, Cacau
Eintracht Frankfurt:
Nikolov – Jung, Franz (70. Meier), Russ, Tzavellas – Schwegler – Ochs (86. Kittel), Chris, Altintop, Köhler – Gekas (90.+1 Amanatidis)
Schiedsrichter:
Brych (München)
Zuschauer:
44.000
Tore:
0:1 Gekas (18.), 0:2 Chris (68.), 1:2 Pogrebnjak (85.)
Gelbe Karten:
Boka (2), Pogrebnjak (1) / Franz (3), Russ (3), Schwegler (2), Tzavellas (3)
Rote Karten:
Delpierre (84./grobes Foulspiel) / -
(STZ online 3.10.10)