9. Februar 2016
Seit ich meinen Blog mit Leben erfülle und meine Sicht der Dinge darstelle, ist eine regelmäßige Konstante, dass sich der Blog fast von selbst schreibt, weil sich die Abläufe beim VfB einfach ständig wiederholen. Waren es in den letzten Jahren fast ausschließlich negative Dinge, wie ständig wiederkehrende Abwehrschnitzer und die gebetsmühlenartigen Erklärungsversuche danach, so könnte ich nach dem Auswärtssieg bei der Eintracht auch wieder „nur“ den Blog der Vorwoche nach dem Spiel gegen den HSV herauskramen und die Zeit auf Spätsommer/ Herbst 2015 zurückdrehen.
Auch dieses Spiel wäre wohl eines jener gewesen, in denen der VfB zwar die bessere Mannschaft war, sich aber durch eigene Dumm- bzw. Ungeschicklichkeiten um den verdienten Lohn gebracht hätte.
Hätten die ersten Chancen der Eintracht zum Rückstand geführt, hätte Sippel nach Großkreutz‘ Schubser gegen Meier und/ oder bei Gentners Handspiel auf den Elfmeterpunkt gezeigt, hätte Alex Meier ins anstatt aufs Tor geköpft, wäre Großkreutz‘ Sense gegen Zambrano mit rot und nicht nur mit gelb geahndet worden und hätte die Eintracht die Überzahl nach Didavis Platzverweis konsequent ausgenutzt anstatt sich kurze Zeit später einen Elfmeter und die Hinausstellung von Zambrano einzuhandeln. Hätte, hätte, Fahrradkette! Das Spiel lief zu unseren Gunsten, weil einfach, auch wie bereits in der Vorwoche beschrieben, mit Kramny das Glück zurückgekehrt ist.
Es ist natürlich hypothetisch, darüber zu philosophieren, wie der VfB auf den einen oder anderen Rückschlag reagiert hätte. Ich hatte weder vor noch während des Spiels irgendwelche Bedenken, dass wir dort nicht als Sieger vom Platz gehen würden. Der VfB präsentiert sich seit Wochen schon selbstsicher und wirkt weitaus gefestigter als noch zu Zeiten Zornigers. Als Indiz dafür kann man heranziehen, wie die Mannschaft mit dem Rückstand in Köln umgegangen ist und dass sie sich auch vom Hamburger Ausgleich nicht vom eigenen Weg hat abbringen lassen. Daher hätte ich es ihr auch in Frankfurt, zumindest nach einem Rückstand, zugetraut, unbeeindruckt weiter zu spielen, und die drei Punkte mitzunehmen.
Frankfurt ist schon immer eines der geileren Auswärtsspiele gewesen. Waren es Anfang der 1990er-Jahre stets Spitzenspiele, in denen wir uns zu Zeiten der Yeboahs und Beins so manche derbe Klatsche abholten, sind es mittlerweile meistens Alles-Oder-Nichts-Spiele im Tabellenkeller zweier Mannschaften, die offensiv deutlich besser besetzt sind als defensiv, so dass auch mal ein 4:5 „passieren“ kann wie in der Vorsaison. Zumeist hat dabei der VfB das bessere Ende für sich, ausgenommen das 2:1 für die Eintracht mit Thomas Schneider als Trainer, wo man einen 1:0-Führung, damals traditionell, in den Schlussminuten noch verspielte.
So bewerte ich auch nach dem vierten Sieg in Folge die Serie noch nicht über. Einzig der Sieg gegen Wolfsburg war ein deutliches Ausrufezeichen und kam unerwartet, auch wenn sich dieser schon wieder relativiert, wenn man sieht, wie die Wolfsburger im Mittelfeld der Tabelle herumdümpeln und mit dem VfL der Vorsaison außer dem VW-Emblem auf der Brust nichts mehr gemein haben. Danach folgten drei Siege gegen Vereine, die uns traditionell liegen, zumindest in dieser Konstellation, nämlich Köln und Frankfurt auswärts sowie der HSV zu Hause.
Ans Eingemachte geht es daher eher am Samstag gegen Hertha BSC Berlin, ein Team gegen das wir historisch eine Negativbilanz vorweisen, die uns weniger liegen und die in dieser Saison besonders schwer zu bespielen sind und nicht von ungefähr den dritten Platz inne haben.
Da wird dann auch der inzwischen wieder zu einer festen Größe mutierte Georg Niedermeier beweisen müssen, dass er von Kramny zurecht aus der Versenkung gekramt wurde, wenn es gegen den alten Teamkollegen Vedad Ibisevic geht. Da ist ein Duell mit Haken und Ösen zu erwarten, auf das man sich schon jetzt freuen darf.
Zunächst aber gilt es Frankfurt aufzuarbeiten. Der Block der Frankfurter Ultras musste nach dem DFB-Urteil wegen der Vorkommnisse beim Darmstadt-Spiel leer bleiben. Ich persönlich finde diese Kollektivstrafen zum kotzen, weil es sich die Obrigkeit damit vor allem sehr einfach macht, in dem sie nicht wie in unserem Rechtssystem eigentlich üblich, die Täter ermittelt, sondern alle über einen Kamm schert und „unschuldige“ Dauerkarteninhaber mit abgeurteilt werden.
Dass dabei auch noch jenes verloren geht, was den Fußball so besonders ausmacht, nämlich die Stimmung auf den Rängen, ist ein weiterer Aspekt, der zu hinterfragen ist. Gerade in Frankfurt, einem der stimmungsvollsten Stadien in Deutschland, ging mir das am Samstag brutal ab. Da solche Kollektivbestrafungen inzwischen Schule machen und man den Sport mehr und mehr zum Klatschpappen-Familienevent verändern zu wollen scheint, müssen die Fanszenen zusammen stehen und mit aller Kraft verhindern, dass uns unser liebstes Kind in seiner ursprünglichen Form genommen wird. Es ist ja jetzt schon grenzwertig, was uns abverlangt wird, seien es die hohen Eintrittspreise, alkoholfreies Bier in den Stadien, rauchfreie Arenen und eine synthetisch hergestellte Stadionwurst eines Caterers vom anderen Ende der Republik.
Wenn jetzt noch versucht wird, englische Verhältnisse einzuführen, wo es keine Stehplätze mehr gibt und wo man auf den Sitzplätzen nicht einmal mehr während des Spiels aufstehen darf, wenn vorsorglich einfach mal alle Auswärtsfans ausgesperrt werden, damit die Ordnungskräfte einen ruhigen Nachmittag verleben können, werden sie eines Tages ihr blaues Wunder erleben. Denn, auch der Event-Fan geht wegen der Atmosphäre ins Stadion und nicht lediglich, um seine Familie zu bespaßen und 22 Millionären zuzusehen, wie sie einem Ball hinterher jagen.
Dass diese Strafmaßnahme auch noch total ins Leere ging und die Frankfurter Ultras dann eben schräg über dem Gästeblock ihre neue vorübergehende Heimat fanden, spottet jeder Beschreibung. Für viele VfBler im Block war das eine sehr befremdliche Situation, wusste man ja nicht, ob die Frankfurter auf Krawall gebürstet waren oder einfach „nur“ ihr Team supporten und das Spiel anschauen wollten. Die paar Ordnungskräfte im Pufferblock hätten eine Frankfurter Invasion mutmaßlich jedenfalls nicht aufhalten können. Die VfB-Fans zeigten sich indes mit den Hessen solidarisch und hoben Banner „gegen Kollektivstrafen“ hoch.
Knapp 4.000 Stuttgarter machten sich auf den Weg ins Waldstadion und supporteten das ganze Spiel über sensationell gut. Wir saßen Haupttribüne Seite und hörten die Unseren lauter als die paar hundert Frankfurter im Oberrang.
Der VfB hat scheinbar seine Formation gefunden und trat auch in Frankfurt mit der gleichen Aufstellung an wie schon in den vorigen beiden siegreichen Spielen, also mit dem Innenverteidiger-Duo Schwaab-Niedermeier und mit Martin Harnik auf der Bank, der erstmals nach seiner Verletzung wieder einsatzbereit gewesen wäre.
Der VfB verschlief die Anfangsphase und hätte bereits in der 1. (!) Minute zurückliegen können, als Huszti Tytoń zu einer ersten Parade zwang. Nach dieser ersten Schrecksekunde aber versuchte sich der VfB mit eigenen Ballstafetten Sicherheit zu erlangen. Vor allem der agile Kostic war es immer wieder, der auf der linken Seite seine Schnelligkeit ausspielte, was jedoch defensiv dazu führte, dass Insúa oft auf sich allein gestellt war und die Frankfurter dadurch über ihre rechte Seite gefährlich werden konnten. So auch in der 27. Minute, als eine Flanke den Kopf von Meier traf, und dieser kläglich vergab, wenngleich er von Großkreutz leicht geschubst wurde.
Das sollte sich rächen! Im direkten Gegenzug spielte der seit Wochen sensationell gut aufspielende Lukas Rupp seinen Kapitän Christian Gentner frei, welcher vor dem Tor nicht lange fackelte und zum 0:1 einschob. Bereits das zweite Tor nach Köln, das Rupp Gentner schulbuchmäßig auflegte.
Das war der Türöffner für einen furiosen Auswärtsauftritt, auch wenn es, wie eingangs erwähnt, in der 38. Minute Elfmeter für die Hausherren hätte geben müssen. Kurz vor dem Seitenwechsel aber erhöhte der VfB gar auf 0:2. Kostic schlug eine Ecke auf Georg Niedermeier, der überlegt mit dem Kopf in die Mitte ablegte und dabei Hradecky im Frankfurter Tor aus dem Spiel nahm und Didavi in der Mitte artistisch abstauben konnte. Auch das ist eine unter Kramny neue und lang nicht mehr gesehene Qualität, dass wir plötzlich aus Eckbällen Kapital schlagen.
Die Eintracht kam durch den 0:2-Halbzeitstand noch etwas offensiver aus den Katakomben und erzielte in der 52. Minute den Anschlusstreffer, als Meier einen Tytoń-Abpraller abstaubte.
In dieser Drangphase klärte der stark verbesserte Gentner einen Meier-Schuss auf der Linie, so dass die Führung zu diesem Zeitpunkt am seidenen Faden hing.
Doch, wie schon in den letzten Spielen hatte der VfB die passende Antwort parat und schlug zum richtigen Zeitpunkt zurück, indem Niedermeier mit einem wuchtigen Kopfball nach Gentner-Flanke zum 1:3 traf.
Vom Schorsch war es, vor allem offensiv, der bisher beste Auftritt nach seiner Reaktivierung mit einem Tor und einer Vorlage. Defensiv dagegen hat er noch viel Luft nach oben, da aber inzwischen im Kollektiv viel besser verteidigt wird wie noch vor dem Jahreswechsel, fallen die Schwächen der Einzelnen nicht mehr ganz so gravierend ins Gewicht.
Dennoch sollte sich der VfB alle Zeit der Welt lassen und den weiteren Verlauf der Runde abwarten, ehe man über Vertragsverlängerungen mit Spielern wie Niedermeier, Schwaab oder auch Harnik nachdenkt, die nach wie vor und trotz des Zwischenhochs namentlich mit für die schlechten letzten Jahre stehen.
Das Spiel war auch nach dem 1:3 nicht gegessen, weil sich Didavi kurz nach dem Tor die gelb-rote Karte einhandelte und Meier nur aufs anstatt ins Tor traf.
Eingetütet war der Sieg dann aber zehn Minuten später. Kravets, inzwischen für Timo Werner im Spiel, stürmte in den Strafraum und wurde von Zambrano umgestoßen, was Elfmeter und Gelb-Rot für Zambrano nach sich zog. Kostic verwandelte seinen ersten Bundesliga-Elfer eiskalt und stellte auf 1:4, was die endgültige Entscheidung war, knapp eine Viertelstunde vor dem Schlusspfiff.
Wieder also Kravets, der Siegtorschütze vom HSV-Spiel, der kurz nach dem Elfmeter mit artistischem Einsatz noch die Latte traf, wieder war es Kravets, der in relativ kurzer Zeit nachhaltig auf sich aufmerksam machen konnte und bei dem man sich jetzt schon fast wünscht, ihn auch mal in der Startformation zu sehen. Er macht bereits jetzt großen Druck auf Timo Werner, dessen Chancenverwertung auch in Frankfurt wieder eine Katastrophe war.
Das 2:4 durch Huszti in der Schlussminute hatte nur noch statistischen Wert. Der vierte Sieg in Folge war eingefahren, der Anschluss ans Mittelfeld hergestellt. Seit 2010 unter Christian Gross gewann der VfB nicht mehr seine ersten drei Rückrundenspiele, seit Dezember 2013 war der VfB, abgesehen vom ersten Spieltag der Saison 2014/2015, nicht mehr besser platziert als auf jenem zwölften Platz, den wir nun inne haben. Innerhalb weniger Wochen schaffte es der VfB zehn Punkte Vorsprung auf die direkten Abstiegsplätze und fünf Punkte auf den Relegationsplatz zu legen, alle Achtung!
Auch wenn noch kein Team mit 24 Punkten die Klasse gehalten hat, fällt es schwer in Anbetracht der nun aufkeimenden Euphorie weiterhin einzig und allein den Nichtabstieg im Blick zu haben.
Ich mühe mich diesbezüglich nach Kräften und freue mich gerade nur, dass wir alles in der eigenen Hand haben und unsere zum Klassenverbleib noch notwendigen Punkte in einigen Sechs-Punkte-Spielen gegen die direkten Konkurrenten holen können und auch holen werden. Vor allem die schon bald anstehenden Heimspiele gegen Hannover 96 und den Dorfverein von der Autobahnraststätte habe ich dabei Blick, die gewonnen werden müssen, um die Schlusslichter auf Distanz zu halten und selbst der 40-Punkte-Marke ganz nah zu kommen.
Was derzeit beim Dorfverein abgeht, ist kaum zu fassen. Die Qualität der Mannschaft ist auf dem Papier vorhanden und dennoch kacken sie Woche für Woche ab. Es wäre zu schön, wenn in dieser Saison das wahr werden würde, was der BVB vor einigen Jahren fahrlässig herschenkte, nämlich der Abstieg dieses Retortenclubs. Mich erinnert Stevens‘ Mission gerade die 90er-Jahre, als wir Guido Buchwald absandten, um den KSC in die 2. Liga zu führen, was er auch eindrucksvoll schaffte. Huub Stevens feilt an einem ähnlichen Denkmal, zumindest noch, fraglich ist, wie lang man ihn noch lässt.
Was den VfB angeht, schiele ich nicht auf die Europapokalplätze sondern einzig und allein auf die magische 40-Punkte-Marke. Sollte die erreicht sein, dann können wir noch immer schauen, wie viel Saison noch übrig ist und welcher Tabellenplatz noch in Reichweite liegt. Es ist momentan schon ein erhebendes Gefühl ruhig schlafen und sich entspannt jegliches Bundesligaspiel anschauen zu können, ohne ständig in Was-Wäre-Wenn-Szenarien denken zu müssen, damit bin ich voll und ganz zufrieden.
Wie fragil oder wie stabil das Gebilde noch oder mittlerweile ist, darüber Aufschluss geben werden womöglich schon die nächsten zehn Tage mit den Spielen gegen den BVB, gegen Hertha BSC und bei Schalke 04. Ringen wir auch diesen deutlich besser platzierten Teams wenigstens einen großen Kampf ab oder sind sie weiterhin eine Nummer zu groß?
Sehr positiv stimmt mich derzeit, dass es Kramny innerhalb kürzester Zeit geschafft zu haben scheint, aus einem zerstrittenen Haufen ein eingeschworenes Team zu formen.
Großartig, welche Bilder wir mittlerweile auf Instagram, Facebook & Co. zu sehen bekommen. Bilder von Mannschaftsabenden, Bilder mit Federico Barba in der Mitte und dem Titel „Integration“, Siegerbilder nach den Spielen aus der Kabine, und in Frankfurt, sogar der leider langzeitverletzte Federico Barba mittendrin.
Könnten solche Bilder noch gestellt sein, war ich am Samstag von einem selbst aufgenommenen Bild begeistert und fast zu Tränen gerührt. Nämlich, als Alexandru Maxim in der 85. Minute für Filip Kostic eingewechselt wurde und wie ein Honigkuchenpferd strahlte. Kein Groll darüber, „nur“ Ersatz gewesen zu sein, sondern offensichtlich die Freude darüber Mitglied eines tollen Teams zu sein. Diese Szene hat mich schwer beeindruckt und macht mir Hoffnung, dass hier etwas am wachsen ist und uns nicht nur gute Stimmung vorgegaukelt wird. Da Didavi am Samstag gegen die Berliner Hertha gesperrt ist, gönne ich Maxim diesen Einsatz von Herzen und hoffe, dass er ähnlich effektiv auftritt wie Daniel Didavi.
Vorher aber steht noch das Pokalspiel gegen den BVB auf dem Programm. Als uns die Los-Fee diesen Kracher vor die Nase setzte, rechnete ich mit nichts anderem als dem blamablen Ausscheiden aus dem Pokal und einem Millionenpublikum vor den Fernsehern, das sich von der Unfähigkeit der VfB-Akteure ein Bild machen könnte.
Nun aber, nach den jüngsten Erfolgen und vor allem dem Wie, wie sie errungen wurden, rechnet man sich urplötzlich etwas aus. Auf dem Papier ist natürlich der BVB, der laut Watzke in jeder anderen Liga Europas Tabellenführer wäre, haushoher Favorit. Aber, in einem Spiel ist vieles möglich. Der BVB dürfte angesichts der zuletzt gezeigten Auftritte gewarnt sein und vor allem vor unserer Offensive großen Respekt haben. Kramny kündigte einige Änderungen in der Startelf an, ich hoffe, dass sich diese nicht negativ auf die Ordnung und die Kompaktheit auswirken werden.
Der VfB rechnet mit 50.000 Zuschauern und kann froh und dankbar darüber sein, dass sich der Saisonverlauf in den letzten Spielen zum Positiven gewandelt hat.
Die ausgerufenen Eintrittspreise waren von Anfang ein großes Thema. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe musste man ohnehin mit dem Schlimmsten rechnen, hat sich der VfB in den letzten Jahren ja zu Hause kaum mit Ruhm bekleckert. Uninspirierte Auftritte und Heimniederlagen en masse, da ist es schon frech z. B. für meinen Dauerkartenplatz, der im Schnitt etwa 25,50 € kostet für dieses Spiel 61,50 € zu verlangen. Natürlich sind Rabattaktionen für Dauerkarteninhaber und Mitglieder verboten oder müssten, wenn sie denn gewährt werden würden, auch an den Dortmunder Anhang weitergegeben werden. Aber, für ein Spiel unter der Woche, am Faschingsdienstag, mit Live-Übertragung im Free-TV und als Abstiegskandidat in der Bundesliga Preise der Top-Spiel-Kategorie auszurufen ist für mich eine Frechheit. Der „normale“ VfB-Fan geht ja ohnehin nur wegen dem VfB ins Stadion und schert sich dabei einen Dreck, wer der Gegner ist.
Die Initiative „Kein Zwanni – Fußball muss bezahlbar sein“ hatte bereits angekündigt, dass die Dortmunder Anhängerschaft die ersten zwanzig Minuten geschlossen im Innenraum verfolgen würde, auch auf VfB-Fanseite stieß diese Preispolitik auf großes Unverständnis.
Neue Nahrung erhielt diese Diskussion gestern, als der BVB öffentlich erklärte, schriftlich beim VfB wegen der Preise Beschwerde eingereicht zu haben, obwohl Präsident Wahler stets weismachen wollte, die Preise wären gemeinsam mit dem BVB festgelegt worden. Eine glatte Lüge also, sollte dies den Tatsachen entsprechen!
Nach dem Vorpreschen der Dortmunder gab der VfB eine Erklärung heraus, die den Vorwurf der Lüge nicht entkräftet hat. Man begründete lediglich die Preispolitik, u. a. indem man erklärte, auf die Preiszuschläge, die der BVB noch aufschlägt, keinen Einfluss zu haben.
Im Kern aber ist es mehr ein Herausreden als eine stichhaltige Erklärung. Wenn der VfB erklärt „Die Preise für das Spiel wurden dem BVB vor dem Start des Vorverkaufs mitgeteilt, erst mehrere Tage nach dem Beginn des Vorverkaufs erfolgte eine Reaktion durch den BVB.“ stellt sich mir trotzdem die Frage nach dem ganz genauen Zeitablauf und welche Fristen in der Kommunikation bei Bundesligavereinen üblich sind. Erfährt man keine Reaktion, kann man ja auch durchaus einmal den Telefonhörer schwingen und nachfragen, ob die Information denn angekommen ist und wie sie aufgenommen wurde.
Dass der BVB erst gestern mit dieser längst fälligen Erklärung herauskam ist natürlich auch zu hinterfragen. Möglicherweise haben sie sich ja doch auch mit dem Geldsegen angefreundet. Durch den angekündigten 20-minütigen Stimmungsboykott bekam die Angelegenheit jedoch weitere Brisanz, so dass sich der BVB nun doch noch genötigt sah, diese Dinge klarzustellen.
Für mich bleibt auf jeden Fall ein Gschmäckle hängen und die immer wieder kehrende Frage vor der Abstimmung zur Ausgliederung, welches Vertrauen man dieser Vereinsführung noch entgegenbringen kann.
Jetzt, nachdem es wohl offenkundig ist, dass wir vom VfB an der Nase herum geführt wurden, fände ich es gut, wenn sich die VfB-Fans mit „Kein Zwanni – Fußball muss bezahlbar sein“ solidarisieren und im Innenraum gegen die Vereinsführung protestieren würden.
Die Initiative ist doch an und für sich eine gute und vertritt die Interessen eines jeden Fußball-Fans. Von der Spitze sind wir zwar weit entfernt, sollten wir aber eines Tages mal wieder im Konzert der Großen mitspielen, hätte wir mit denselben Problemen zu kämpfen, nämlich denen, dass für jedes Spiel, zu dem wir fahren, Top-Zuschläge aufgerufen werden.
Auch ich war drauf und dran, dieses Spiel zu boykottieren, bringe es aber dann doch nicht übers Herz, dass „mein“ VfB spielt und ich mir das Spiel im Fernseher anschaue. Gemütlicher wäre es sicherlich, vor allem in Anbetracht der Wetterprognosen und des zu erwartenden späten Heimkommens, aber, live ist eben doch live, so dass ich uns jetzt doch noch kurzfristig Stehplatzkarten organisiert habe.
Unter den erwarteten 50.000 Zuschauern werden etwa 10.000 BVB-Sympathisanten sein. Ich hoffe, es bleibt trotz der Vorkommnisse beim Bundesligaspiel im Westfalenstadion einigermaßen ruhig, die Atmosphäre, vor allem zwischen den Ultras-Lagern ist seitdem ja gehörig aufgeheizt.
Ich freue mich auf ein offenes Spiel auf durchaus hohem Niveau. Die Berliner Hertha hat am Samstag gezeigt, wie man der Borussia den Spaß am Spiel nehmen kann. Sie überließen dem BVB zwar den Ball, durch konsequentes bissiges Verteidigen raubten sie ihnen aber nach und nach die Lust am Spiel und hätten am Ende gar selbst noch siegen können.
Gut möglich, dass Mitch Langerak gegen seine Ex-Kollegen morgen sein Debüt im Profiteam vom VfB geben darf. Er dürfte dann, wie auch Kevin Großkreutz, ganz besonders motiviert sein, wenn es gegen den ehemaligen Herzensclub geht. Beiden wünsche ich eine große Leistung und dass sie, wie der Rest des Teams, nicht übermütig zu Werke gehen und sich schnell unnötige Karten einfangen.
Es ist ein guter Tag Geschichte zu schreiben und nach den einigermaßen „normalen“ Siegen ein wirkliches Ausrufezeichen zu setzen. Die Vorzeichen stehen gut, der VfB befindet sich in Hochform, ist mit dem nötigen Selbstvertrauen ausgestattet und gibt sich doch nach den Siegen wohltuend demütig, im Wissen darum, dass sich auch weitere Erfolge nur einstellen werden, wenn konsequent und konzentriert weiter gearbeitet und keinen Fingerbreit nachgelassen wird. Mit einer solchen Einstellung soll es schon Teams gegeben haben, die Berge versetzt haben, warum sollte es dem VfB mit uns Fans im Rücken nicht gelingen. Der Traum von Berlin lebt, lasst ihn auch nach dem heutigen Spiel noch weiterleben, packen wir es an, ihr für uns, wir für euch!
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30. Juni 2012
oder
Jogi Löw: Vom Liebling der Nation zur persona non grata?
Was wurde nicht alles schwarz gemalt vor dieser Euro 2012 in Polen und der Ukraine. Nicht nur, was die Zustände in beiden Ländern angeht, auch der Zustand unserer Nationalmannschaft wurde sehr in Frage gestellt. Wir selbst „mussten“ in Basel mit ansehen, wie sich eine deutsche Nationalmannschaft, noch ohne die sich vom Champions League-Frust erholenden Bayern-Spieler, von einer Wintersportnation wie der Schweiz nach allen Regeln der Kunst vorführen ließ. Auch der abschließende Test gegen Israel machte nicht gerade Mut, was die bevorstehende Euro anging. Ich persönlich wollte aber nicht in den Chor der Schwarzmaler einstimmen, da ich Vorbereitungsspiele einschätzen kann und in die Fähigkeit des Trainerstabs der Nationalmannschaft Vertrauen habe, die Jungs auf den Punkt topfit zu machen. In den letzten Turnieren gelang dies schließlich immer.
Selten zuvor formulierte der gesamte Tross das Ziel Europameistertitel so offensiv wie in diesem Jahr. Nach zuletzt zwei dritten Plätzen bei Weltmeisterschaften und der Vize-Europameisterschaft 2008 wäre der Titel ja auch nur die logische Folge der Weiterentwicklung des Teams, das gespickt ist von technisch und taktisch hervorragend ausgebildeten jungen Spielern. Jedem im 23er-Kader wäre zuzutrauen bei der Euro seinen Mann zu stehen und Deutschland würdig zu vertreten. So nahm ich es Joachim Löw auch nicht übel, auf unseren Cacau zu verzichten, der einfach eine schlechte Saison hinlegte und für die bevorstehenden Anforderungen auch nicht spritzig genug wirkte. Unterstrichen hat er diese Einschätzung nach seiner Einwechslung im Test in Basel, als er doch wie ein Fremdkörper und übermotiviert wirkte und sich bei seiner wohl letzten Chance nicht wirklich empfehlen konnte. Ich hoffe, er findet beim VfB zu alter Leistungsstärke zurück, so dass er, wie Löw nach seiner Ausbootung in Aussicht stellte, weitere Chancen in der Nationalelf erhält.
Am 9.6. war es endlich soweit. Die Vorgeplänkel hatten ein Ende, von nun an konnten Fakten auf dem Platz geschaffen werden. Deutschland bekam in der sog. Todesgruppe mit Portugal gleich einen dicken Brocken vorgesetzt. Portugal mit ihrem Superstar Cristiano Ronaldo gehörte in den letzten großen Turnieren stets zu den Mitfavoriten und fühlte sich dieses Mal reif für den großen Wurf. Ronaldo erlebte die bislang beste Saison seiner Karriere, 46 Ligatore in Spanien sprechen Bände. Dazu verfügen die Portugiesen noch über eine Reihe von guten Einzelkönnern, die bei den besten Vereinen des Kontinents unter Vertrag stehen, so dass das Rezept auch nicht ausschließlich heißen konnte, Ronaldo aus dem Spiel zu nehmen. Deutschlands Aufstellung bot keine größeren Überraschungen. Dass Boateng auf den vakanten Rechtsverteidiger-Posten rücken würde, zeichnete sich schon im Vorfeld ab. Auf den offensiven Außenbahnen vertraute Löw zunächst den altbewährten Kräften Podolski und Thomas Müller, lediglich die Nominierung von Hummels anstatt dem lange verletzten Mertesacker neben Badstuber kam etwas überraschend. Das Spiel wurde die erwartet zähe Angelegenheit mit zunächst kaum Torchancen, hüben wie drüben. Im ersten Spiel dieser schweren Gruppe war für beide verlieren eigentlich verboten. So neutralisierten sich die Teams weitestgehend, ohne groß ins Risiko zu gehen. Dann aber, als Miroslav Klose schon mit den Hufen scharrte und auf seine Auswechslung wartete, diese sich aber recht lange hinzog, weil sich der vierte Offizielle mit dem herrichten der Auswechseltafel enorm viel Zeit ließ, schlug doch noch der zur Auswechslung vorgesehene Gomez zu. Nach einer leicht abgefälschten Flanke von Sami Khedira schraubte sich Gomez hoch und köpfte den Ball in die rechte Torecke. Bis zu diesem Zeitpunkt war von Gomez wenig zu sehen, was den selbsternannten Experten Mehmet Scholl zu der Aussage hinriss, er hätte Angst gehabt, dass Gomez sich wund liegen würde. In meinen Augen völlig überzogen, man kann von Gomez halten was man möchte, letzten Endes aber ist er dazu da, Tore zu schießen, diese Aufgabe hatte er zu 100 Prozent erfüllt und war somit der Matchwinner an diesem Abend. Weitere Sieggaranten waren Manuel Neuer, der in der Schlussphase noch die eine oder andere gute Einschussmöglichkeit der Portugiesen zunichtemachte, Boateng, der Ronaldo so gut es ging aus dem Spiel nahm und Mats Hummels, der ein glänzendes EM-Debut gab. Das erste Spiel dieser Gruppe gewannen überraschend die Dänen gegen die hoch gewetteten Niederlande, so dass es für diese im Aufeinandertreffen mit der deutschen Nationalmannschaft schon um alles oder nichts geht.
Die Schlagzeilen zwischen den ersten beiden Gruppenspielen wurden von Scholls Gomez-Kritik und dessen Verteidigungsplädoyers bestimmt, der seinerseits auf seine tolle Torquote in der Saison verwies und sich daraufhin nicht mehr groß ändern müsse.
Löw vertraute gegen die Niederlande der siegreichen Elf des Portugalspiels, van Marwijk brachte im Vergleich zum Spiel gegen Dänemark mit dem wiedergenesenen Mathijsen lediglich einen neuen Spieler, so dass Huntelaar und van der Vaart weiterhin auf der Bank schmoren mussten. Die Niederlande waren nach der Auftaktniederlage zum Siegen verdammt und brannten zudem auf Revanche für die 0:3-Schmach von Hamburg im November des letzten Jahres. Die erste Chance hatte dann auch van Persie, doch er scheiterte am eins gegen eins gegen den bravourös sich dagegen stemmenden Neuer. Im Gegenzug dann hatte Özil das 1:0 auf dem Fuß, traf aber nur den Pfosten. Danach verflachte die Partie etwas, beide Teams waren um Sicherheit in ihren Aktionen bemüht. Bis zur 24. Minute, als Schweinsteiger einen Pass in die Schnittstelle der holländischen Abwehr spielte, Gomez den Ball sensationell mitnahm und im Kasten versenkte. An seinem verhaltenen Jubel merkte man Gomez an, wie sehr die Debatte um seine EM-Tauglichkeit an ihm genagt haben musste. Knapp eine Viertelstunde später sorgte er dann, wieder nach Zuspiel von Schweinsteiger, eiskalt für die Vorentscheidung. Danach, im Gefühl des sicheren Sieges, ließ die DFB-Elf etwas die Zügel schleifen, so dass die Niederlande stärker auf- und knapp 20 Minuten vor Spielende sogar noch zum Anschlusstreffer kamen. Die Niederlande riskierten in der zweiten Hälfte mit der Hereinnahme von Huntelaar, van der Vaart und später auch noch Kuyt alles, mehr als der Ehrentreffer sprang jedoch zum Glück nicht mehr heraus. Das einzige was man der deutschen Mannschaft an diesem Tag vorwerfen konnte, war, dass die Konter nicht sauber zu Ende gespielt wurden und man sich auf die knappe Führung verließ. So ließ sich diese Euro mit zwei Siegen gegen Top-Nationen für Deutschland hervorragend an. Dennoch stand man noch nicht sicher im Viertelfinale, da Portugal die Dänen noch im letzten Moment schlug. Im letzten Gruppenspiel gegen Dänemark wurde also noch ein Punkt benötigt, um sicher weiter zu kommen, was auch der Tatsache geschuldet war, dass bei dieser Euro bei Punktgleichheit der direkte Vergleich mehr wert ist als das Torverhältnis, so dass uns die Dänen bei einem Sieg auf jeden Fall in der Tabelle überholen würden. Die Holländer ihrerseits hatten so ebenfalls noch eine Minimalchance weiter zu kommen, sollten sie die Portugiesen schlagen und Deutschland Dänemark mit zwei Toren Unterschied in die Knie zwingen. Tja, früher konnte man die Situation in der Gruppe einfach an den Ergebnissen und der Tabelle ablesen, heute braucht’s dazu im Zweifel noch den UEFA-Koeffizienten und ein Blick auf die Fairplay-Wertung…
Solch eventuelle Rechenspielchen konnte sich die deutsche Mannschaft aber zum Glück ersparen, da sie die Dänen letztendlich glücklich 2:1 schlug. Erstmals bei diesem Turnier musste Löw personell improvisieren, da sich Boateng gegen die Niederlande eine Gelbsperre einhandelte. Was sich in den Tagen davor bereits abzeichnete bewahrheitete sich schließlich: Lars Bender, eigentlich eher ein „6-er“, nahm diesen Part ein. An dieser Stelle kann ich mir einen schönen Gruß an Christian Träsch nicht verkneifen, der sicher gute Aussichten gehabt hätte, die rechte Außenverteidiger-Position zu bekleiden, wenn er nicht dem Lockruf des Geldes gefolgt wäre und diese Position beim VfB angenommen hätte. Beim VfB ist alles gut, wir haben schließlich jetzt Gotoku Sakai und in der Nationalmannschaft spielt den Posten Innenverteidiger Boateng oder wird, wie gegen die Dänen, von Mittelfeldspieler Bender ersetzt.
Um festzustellen, dass uns die Dänen nicht unbedingt liegen, genügt ein Blick in die Statistik. Seit Mitte der 90er-Jahre haben wir kein Spiel mehr gegen sie gewonnen, zudem verlor Deutschland das EM-Finale 1992 gegen Dänemark völlig überraschend. Gegen das dänische Abwehrbollwerk haben sich schon die vermeintlichen niederländischen Himmelsstürmer, trotz deutlichem Chancenplus, die Zähne ausgebissen. So wurde es auch die erwartet die schwere Aufgabe. Zwar brachte uns Podolski in seinem 100. Länderspiel bereits in der 19. Minute mit 1:0 in Führung, doch schon fünf Minuten später klingelte es im Kasten von Manuel Neuer. Eine Eckballvariante, die vorauszusehen war, da wenige Minuten zuvor schon einmal angewandt, auf den an der Strafraumgrenze postierten Bendtner, der den Ball in die Mitte zurück köpfte und dort von Krohn-Dehli versenkt wurde, brachte prompt dem Ausgleich. Danach glich das Spiel dem Tanz auf der Rasierklinge, erst recht als Mitte der zweiten Halbzeit Portugal gegen Holland führte und Deutschland fast den Rückstand durch den immer agilen Bendtner kassierte. In der 80. Minute war es aber nicht Bendtner sondern der Startelfdebütant Bender, der für den Siegtreffer, das eigene Weiterkommen und das Aus der Dänen sorgte. Deutschland hatte sich also in der schwersten aller Vorrundengruppen mit neun Punkten als Gruppensieger durchgesetzt und bekam zur Belohnung mit Griechenland den wohl leichtesten aller Viertelfinalteilnehmer vorgesetzt. Die Tage zwischen dem Dänemark- und dem Griechenlandspiel waren geprägt vom mehr oder weniger lauten Murren von Reservisten, die bisher kaum oder noch gar nicht eingesetzt wurden, namentlich von Reus, Götze und Kroos.
Vor allem Kroos kam offensichtlich mit der Reservistenrolle nicht zurecht, wähnte er sich doch als Stammspieler, da er im letzten Jahr fast in jedem Spiel mitwirken durfte. Dies allerdings meist dann, wenn Schweinsteiger und/ oder Khedira ausfielen, die sich beide völlig zu Recht auf der Doppel-Sechs festgespielt haben. Daher frage ich mich „was erlaube Kroos?“. Es zeugt allgemein nicht von gutem Stil während eines Turniers öffentlich Kritik zu üben und sich auszuheulen. In diesem Fall aber schlägt sie meiner Meinung nach dem Fass den Boden aus. Das deutsche Team war siegreich, Khedira überragend und Schweinsteiger, wenn auch nicht in allerbester Verfassung, dennoch als Teamleader (zu diesem Zeitpunkt noch!) unverzichtbar. Jener Tony Kroos, der im Champions League Finale keine Eier hatte und Manuel Neuer beim Elfmeterschießen den Vortritt ließ, meldete lauthals Ansprüche an. Hier war es einzig der Souveränität Löws geschuldet, dass aus Kroos‘ Vorpreschen keine Staatsaffäre wurde.
Kroos‘ Jammern wurde vom Bundestrainer auch gegen Griechenland nicht erhört. Dennoch wirbelte Löw die Startformation während dieser Euro erstmals gehörig durcheinander. Boateng ersetzte nach abgesessener Gelbsperre erwartungsgemäß wieder Lars Bender. Zudem kamen Reus für Müller, Schürrle für Podolski und Klose für Gomez zum Zug. Sehr zum Missfallen des Bundestrainers war dieses als Überraschung gedachte Wechselspiel bereits in den frühen Nachmittagsstunden am Spieltag publik geworden, so dass fortan die Suche nach dem Maulwurf auf der Agenda stand. Griechenland musste ohne seinen Kapitän Karagounis auskommen, der im entscheidenden Gruppenspiel gegen Russland wegen einer vermeintlichen Schwalbe zu Unrecht seine zweite Gelbe Karte gesehen hat.
Löws Schachzüge gingen von Beginn an auf. Die deutlich agilere deutsche Offensive zwang die Griechen von einer Verlegenheit in die nächste. Einzig die Chancenverwertung ließ zu wünschen übrig. In der 39. Minute schließlich war der Bann gebrochen. Lahm zog, ähnlich wie bei seinem Auftakttor gegen Costa Rica bei der WM 2006, nach innen und fasste sich ein Herz. 1:0, eines muss man dem Kapitän ja lassen. Wenn er trifft, dann meist in den wichtigen Spielen, wie zuletzt auch 2008 im Halbfinale gegen die Türkei.
10 Minuten nach der Pause passierte dann das, was es eigentlich zu vermeiden galt. Nach Ballverlust von Schürrle ging es ganz schnell, Samaras schloss den schulmäßigen Konter zum schmeichelhaften 1:1 ab. Deutschland schüttelte sich kurz und setzte die offensive Marschroute unvermindert fort. Die Folge: nur gute fünf Minuten später klingelte es erneut im griechischen Kasten durch einen wunderschönen Treffer „unseres“ Sami Khedira. Dadurch war der griechische Widerstand weitestgehend gebrochen. Klose und Reus legten noch nach, der Handelfmeter in der Schlussminute zum 4:2 war nur noch von statistischer Bedeutung.
Die Wechsel von Jogi Löw zahlten sich also voll aus, weshalb er in den Medien schon als „der Mann, der alles richtig macht“ gefeiert wurde. Leider aber zu viel der Vorschusslorbeeren, wie sich noch herausstellen sollte.
Deutschland hat also das Halbfinale gegen Italien erreicht, ein Team, das vor der Euro eher wenige auf dem Zettel hatten. Bezeichnend, dass fürs Halbfinale nur Teams aus den Gruppen B und C qualifiziert waren und die „Top-Gesetzten“ Gastgeber Ukraine und Polen sang- und klanglos in der Vorrunde ausschieden. Hier sollte sich die UEFA mal überlegen, ob es sportlich gerecht ist, Teams als Gruppenköpfe zu setzen, die in der Weltrangliste unter ferner liefen stehen, auch wenn sie Gastgeberländer sind.
Jetzt also gegen Italien, gegen das Deutschland noch nie ein Pflichtspiel gewonnen hat. Ich war sehr optimistisch, dass jetzt dafür die Zeit reif wäre. Deutschland trat sowohl auf als auch neben dem Platz mit breiter Brust auf, dass man sich kaum vorstellen konnte, dass irgendetwas schief gehen konnte. Dass die Italiener gegen England 120 Minuten gehen mussten und zwei Tage weniger Zeit hatte als Deutschland, betrachtete ich aber nicht als Vorteil Italien. Zwischen Sonntag und Donnerstag konnten sich auch die Italiener ausreichend regenerieren.
Thema der Woche war der Knöchel der Nation. Bastian Schweinsteiger gab in einem Zeitungsinterview erstmals zu, dass er sich um seinen Knöchel große Sorgen mache und der Kopf mehr möchte, als sein Körper derzeit zu leisten imstande ist. Seit seinem im Februar beim DFB-Pokalspiel beim VfB erlittenen Außenbandriss kam er nie richtig in den Rhythmus und spielte, wenn er denn spielte, mit Schmerzen. Das ein oder andere starke Spiel legt er ja hin, meist aber hinkt er den Ansprüchen gehörig hinterher, so auch zuletzt gegen Griechenland, als er von ihm nicht gewohnte Fehlpässe fabrizierte. Da aber zwischen den beiden Spielen wieder sechs Tage lagen und er in den letzten Trainingseinheiten wieder mit trainieren konnte, stand hinter seinem Einsatz auch kein Fragezeichen.
Vor dem Italien-Spiel hatte sich unser Maulwurf offensichtlich frei genommen. Schade eigentlich, vielleicht hätte Löw seine Aufstellung sonst noch einmal überdacht. Er brachte wieder Podolski für Schürrle und Gomez für Klose. Dazu noch völlig überraschend Kroos, der helfen sollte, das Zentrum zuzumachen, für den gegen Griechenland überragenden Reus.
Für mich waren alle Wechsel nicht nachvollziehbar. Podolski ist nach dem Kölner Abstieg nur noch ein Schatten früherer Tage und wirkt ausgelaugt von einer langen Saison. Von Kloses Einsatz gegen Griechenland profitierte vor allem Özil, der eine Anspielstation mehr zum kombinieren gehabt hatte. Daher erhoffte ich mir, dass Klose drin bleibt. Und ganz unverständlich: Kroos für Reus. Diese Maßnahme sah sehr nach „Reagieren“ aus anstatt mit einem Reus, von mir aus auch Müller, Druck zu erzeugen. Hinterher ist man natürlich immer schlauer, so waren die Maßnahmen der berühmte Griff ins Klo. Deutschland legte eine ansehnliche Anfangsphase hin und hätte früh in Führung gehen können, wenn Pirlo nicht auf der Linie geklärt hätte. Italien näherte sich dem deutschen Tor eher zaghaft und versuchte es mit Weitschüssen, die jedoch keine große Gefahr erzeugten. Es war sicher kein Zufall, dass das 0:1 aus deutscher Sicht über die linke Seite fiel. Kroos zog es als sog. Zentrumsspieler (zu) viel in die Mitte, weshalb seine Seite zu oft verwaist war. Cassano ließ Boateng und Hummels wie Schuljungen aussehen und kam zum flanken. Im Zentrum setzte sich Balotelli gegen Badstuber durch und köpfte unhaltbar für Neuer ein. Ausgerechnet das enfant terrible der Italiener, der in jedem Spiel eine tickende Zeitbombe ist, wurde eingeladen „Man of the Match“ zu werden. Denn auch beim 0:2 zeigte er seine Klasse, als er einen langen Ball Montolivos, nicht ernsthaft gehindert von Lahm, erlief und in die Maschen hämmerte. Damit war das Spiel so gut wie gelaufen. Gegen Italien einen Rückstand aufzuholen war schon seit eh und je schwer, so auch dieses Mal. Den Deutschen gelang es kaum, zwingend vor dem starken Buffon aufzutauchen, das Anschlusstor durch Özils Elfmeter fiel zu spät.
Das Finale 2012 lautet also Italien-Spanien, eine Ansetzung, die es schon als Gruppenspiel gab, übrigens war das eines der besseren Spiele der diesjährigen Euro, die fußballerisch mehr Magerkost als Leckerbissen bot. Viele Mannschaften traten äußerst defensiv an und suchten ihr Heil in überfallartigen Kontern. 2016 erwartet uns eine Europameisterschaft in Frankreich, erstmals aufgestockt auf 24 Mannschaften. So wird das Niveau weiter verwässert und die Gruppenphase fast bedeutungslos, wenn auch noch die vier besten Gruppendritten ins Achtelfinale einziehen.
Mit dem Auftreten der deutschen Mannschaft war ich weitestgehend zufrieden. Kritik an manchen Entscheidungen habe ich oben geäußert. Nach dem Halbfinale muss man dazu die Frage stellen, ob man nicht Schweinsteiger die nötige Pause einräumen hätte müssen. Er war gegen Italien der schwächste Mann auf dem Platz, guten Ersatz hätte man mit Bender, Gündogan oder auch Kroos zur Verfügung gehabt. Im Finale 2008 war für mich mitentscheidend für die Niederlage, dass man Ballack auf Teufel komm raus fitgespritzt hatte, er der Mannschaft aber letztendlich nicht helfen konnte. Dieses Mal also Schweinsteiger und wieder hatte man den Eindruck, der Gegner hätte einen Spieler mehr auf dem Platz. Dies kann man Jogi Löw ankreiden, dass er hier seinen Worten, dass er nur 100%ig fitte Spieler einsetzen würde, keine Taten folgen ließ. Solche Entscheidungen sollte Löw künftig alleine treffen und seinem Bauchgefühl folgen. Dass er nicht alles richtig gemacht hat, hat Löw in Interviews ja auch eingeräumt und auch die Verantwortung für die Niederlage übernommen.
Dass aber jetzt von einigen Medien, allen voran die mit den vier großen Buchstaben, der Rücktritt von Löw gefordert wird und das komplette Spielermaterial in Frage gestellt wird, dafür habe ich überhaupt kein Verständnis. Ich kann mir nach wie vor keinen besseren Trainer für die Nationalmannschaft vorstellen, der es versteht, wie kaum ein anderer, junge Leute ins Team einzubauen und ein super Klima zu schaffen. Wenn man ein Halbfinale eines großen Turniers erreicht hat, sind am Ende Nuancen oder die Tagesform entscheidend, die zum großen Wurf fehlen. Jetzt aber von Versagern zu sprechen halte ich für eine bodenlose Frechheit. Löw als erster wird sich in den Allerwertesten beißen, dass er für dieses Spiel einige falsche Entscheidungen getroffen hat. Für mich spielt die Nationalmannschaft weiter einen tollen Fußball, wenn man sich vor Augen führt, über welchen Rumpelfußball wir noch vor acht Jahren diskutiert haben. Die Mannschaft ist noch nicht am Ende ihrer Entwicklung, da ein riesen Reservoir an talentierten Spielern vorhanden ist. Der nächste, der mit Macht hinein drängt ist für mich Julian Draxler, der ja nur knapp aus dem Kader flog. Podolski wird Arsene Wenger bei Arsenal wieder in die Spur bringen und Reus wird bei Dortmund noch einen Sprung machen. Gegen Italien wurden die Schwächen auf der Rechtsverteidiger-Position und in der Innenverteidigung aufgedeckt. Hier haben wir noch das größte Steigerungspotential. Hummels ist für mich der Abwehrchef der Zukunft, Mertesacker und Badstuber sehe ich als Wackelkandidaten. Diese Vakanz sollte eigentlich unsere Innenverteidiger Schorsch Niedermeier und Serdar Tasci anspornen sich für höhere Weihen zu empfehlen. Bleiben also noch die Außenverteidiger, wo viel davon abhängt, welche Seite Lahm im Verein spielt. Sonst sehe ich uns hervorragend aufgestellt.
Ein weiterer Kritikpunkt, den ich in den letzten Tagen lese, ist, wir hätten zu viele „Weichspüler“ im Team und niemanden der in schlechten Phasen voran geht und dazwischen haut. Das können insbesondere Khedira und Schweinsteiger, wenn er denn fit ist. Auch Lahm vermag mal ein Zeichen zu setzen, siehe sein Tor gegen Griechenland. Was wird also erwartet? Wünscht man sich einen Typ van Bommel oder Jermaine Jones, der ständig am Rande des Platzverweises steht? Oder wünscht man sich einen Steffen Freund und Jens Jeremies zurück, die zwar fußballerisch limitiert waren, einem Gegner aber durch fieses Einsteigen oder versteckte Fouls den Schneid abkauften? Ich persönlich bin froh, dass wir inzwischen die meisten Situationen spielerisch lösen können und so in den letzten Jahren Gegner wie England, Argentinien, zwei Mal die Niederlande, Brasilien und Portugal geschlagen haben. Dass es gegen Italien nicht gereicht hat, mein Gott, so ist Fußball.
Unser ganzes Land trägt Trauer! Ja, das hängt womöglich damit zusammen, dass wir urplötzlich ein Volk von 80 Millionen Fußballfans sind. Schwarz-Rot-Geil! Ein Event über Wochen, ein Zusammengehörigkeitsgefühl, drei Wochen Party satt, in den Armen wildfremder Menschen feiernd! Dann, Niederlage gegen Italien, Party jäh gestoppt und plötzlich ist alles scheiße. Würden diejenigen, die jetzt am lautesten aufschreien, Bundesligaspieltag für Bundesligaspieltag ihrem Team hinterher reisen und mit der ein oder anderen bitteren Niederlage im Gepäck eine endlos lang erscheinende Strecke auch wieder zurückfahren müssen, dann würden sie möglicherweise verstehen lernen, dass auch Niederlagen zum Sport dazu gehören. Die Niederlage, wie sie zustande kam, war verdient, fertig, aus. Trotzdem verabschiedet sich Deutschland erhobenen Hauptes aus dem Turnier. Das kapieren hoffentlich auch möglichst bald die Boulevardmedien, ohne ein Trainer-Team aus dem Amt getrieben zu haben, für das es weit und breit keine Alternative gibt.
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28. Juli 2010
Durch die ereignisreichen letzten Wochen mit Donaueschingen, Hamburg und Grenchen kam ich leider nicht dazu, den ein oder anderen Bericht zu schreiben. Aufgrund der durchweg großen Hitze wurden die Trainingszeiten der Witterung angepasst, was für uns meist “früh aufstehen” hieß. Dann waren wir ja in der Gruppe unterwegs, so dass meistens irgend etwas auf dem Programm aufstand. Daher achtete ich lediglich darauf, zeitnah die Bilder der Trainingseinheiten und Testspiele online zu stellen und vernachlässigte meinen Blog. Dies möchte ich in den kommenden Tagen noch nachholen und meine Eindrücke der letzten drei Wochen schildern.
Letztes Jahr in Leogang waren wir erstmals bei einem VfB-Trainingslager dabei. Schon damals stand fest, dass es nicht unser letztes war. Zu schön waren die Eindrücke. Wir genossen es, so nah dran zu sein und die Arbeit, die in der Saisonvorbereitung geleistet wird, hautnah mitzubekommen. Wir lernten eine tolle Clique kennen, mit der wir in der letzten Saison sehr viel Zeit verbrachten, “den Trainingslagerstammtisch”. Wie der Name schon sagt, hat sich die Gruppe bei VfB-Trainingslagern gefunden und ist im Laufe der Jahre peu a` peu gewachsen. So manchem Bruddler, der meint, wir hätten nichts besseres zu tun, als dem VfB hinterher zu reisen, sei gesagt, dass der VfB sein Quartier meist in sehr schönen Regionen aufschlägt, wo allerhand unternommen werden kann.
In diesem Jahr erwies sich die Sommerplanung als sehr schwierig. Der VfB erreichte am letzten Spieltag der vergangenen Saison durch das 1:1 in Sinsheim gegen Hoffenheim als Tabellensechster die Qualifikation zur Europa League, was uns Qualifikationsspiele am 29.7 und 5.8. beschert, also mitten in der Saisonvorbereitung. Zusätzlich wird die Vorbereitung durch die Tatsache erschwert, dass Tasci, Khedira, Cacau und Boulahrouz im WM-Halbfinale standen und somit erst Ende Juli aus dem Urlaub zurückkehren. Die in der Vorrunde ausgeschiedenen Boka und Kuzmanovic stiegen bereits am 18. bzw. 19 . Juli wieder in den Trainingsbetrieb ein.
Aufgrund dieser Umstände entschloss sich der VfB gleich vier Trainingslager abzuhalten. Da war natürlich klar, dass wir nicht alles mitnehmen konnten in diesem Jahr. Ende Juni ging es nach St. Moritz, wo in erster Linie Teambuilding auf dem Programm stand und wenig mit dem Ball gearbeitet wurde. Vom 7.7. bis 14.7. ging es nach Donaueschingen, vom 20.-24.7. reiste der VfB-Tross nach Grenchen in die Schweiz, wo am 49. Uhren-Cup teilgenommen und in Solothurn trainiert wurde. Schließlich reist der VfB nach dem Europa League Qualifikationsspiel in Molde/ Norwegen direkt weiter zur Friedrichsruhe, wo der letzte Feinschliff einstudiert werden soll und auch die restlichen Nationalspieler, hoffentlich auch der von Real Madrid umworbene Sami Khedira, zum Team stoßen werden.
Nachdem diese Planung irgendwann im Mai feststand, entschlossen wir uns, den VfB nach Donaueschingen und nach Grenchen zu begleiten. Nach Öhringen, wo der VfB bei seinem letzten Trainingslager in der Hohenlohe trainieren wird, werden wir sporadisch hinfahren, ob mit oder ohne Übernachtung überlegen wir uns noch.
Am 7.7. ging es also für uns los nach Donaueschingen, nachdem ich morgens noch die Fäden von einer Schleimbeutel-OP am Ellenbogen gezogen bekam. Die erste Nacht buchten wir, wie unser Stammtisch, im Hotel Hirschen im Zentrum von Donaueschingen. Ab der zweiten Nacht hatten Anita und ich dann eine Ferienwohnung in Bad Dürrheim gebucht. Die meisten anderen unseres Stammtisches erwarteten wir erst am Freitag zum Spiel gegen die Grasshoppers Zürich in Waldshut Tiengen, so dass wir zunächst “nur” zu sechst waren.
Wir testeten nach dem Einchecken im Hirschen natürlich als erstes den Biergarten und genossen bei großer Hitze erst einmal ein Fürstenberg-Radler und ließen ein erstes Gruppenbild machen.
Da wir am ersten Tag natürlich die Trainingszeiten noch nicht wussten, fanden wir uns gegen 16 Uhr beim Mannschaftshotel “Öschberghof” ein. Beruhigend war natürlich, dass der Mannschaftsbus und damit auch offensichtlich die Mannschaft bereits eingetroffen waren.
Wie wir erfuhren, waren wir etwas zu früh dran und hatten noch 1-1,5 Stunden Zeit bis zum Beginn des ersten Trainings im Schwarzwald. So setzten wir uns in den zum Hotel gehörenden “Hexenweiher”, um die Zeit zu überbrücken und bei brütender Hitze noch ein wenig Schatten abzubekommen. Herbert Rudel, Fotograf der Bildzeitung und vor allem Geli bestens bekannt, saß auch bereits dort und erklärte sich freundlicherweise bereit, ein nächstes Gruppenfoto von uns zu schießen. Die Preise im Hexenweiher waren erwartungsgemäß stattlich, so hätte ein Eiskaffee 7 Euro gekostet; so trank ich dann doch lieber erneut ein Radler.
Wenig später nahmen wir dann den Fußweg, zum Trainingsplatz vorbei am Golfplatz, in Angriff. Geli blies zur Begrüßung der Mannschaft dann zunächst einmal die Vuvuzela. Schließlich war ja noch WM und am Abend stand das Halbfinale Deutschland-Spanien an, dem wir alle entgegen fieberten.
Zu Beginn einer jeden Einheit bittet Trainer Christian Gross erst einmal das gesamte Team, inklusive aller Betreuer, einen Kreis zu bilden und klärt über die Trainingsinhalte des jeweiligen Tages auf.
Unser erster Weg eines jeden Trainingstages ist der, unsere Fahne, die wir im letzten Jahr fertigen ließen, zu platzieren. Diese sollte sich während der folgenden Wochen noch schön in Szene setzen.
Nach einer Laufeinheit und Koordinationsübungen stand noch ein kleines Trainingsspielchen auf dem Programm, wo Zweikampfverhalten trainiert wurde. Mehr als ein Aufgalopp war das erste Training nicht. Uns wurde schnell klar, dass es sicher eine heiße, im wahrsten Sinne des Wortes, Woche werden würde. Die Temperaturen sollen fast durchweg jenseits der 30° liegen, Schatten findet man auf dem Gelände des Trainingsplatzes allenfalls hinter den Toren und damit hinter den Fangnetzen, wo es sich allerdings schlecht fotografieren lässt. Diesbezüglich hatten wir in Leogang weitaus bessere Bedingungen.
Dass das Auftakttraining nicht übermäßig in die Länge geschoben wurde, lag sicherlich daran, dass die Mannschaft, wie auch wir, dem Halbfinale gegen Spanien entgegen fieberte. So fuhren wir schnell zurück zum Hotel, machten uns ein wenig frisch, und sicherten uns schon einmal die besten Plätze vor der Großbildleinwand im Hotel. Nach den großartigen Spielen gegen England und Argentinien waren wir sehr optimistisch, dass auch ein gegen Spanien ein Sieg drin war. Leider war dann gegen die Spanier nichts von dem zu sehen, was die deutsche Mannschaft zuvor so stark gemacht hatte. Dass das Fehlen des Shooting-Stars Thomas Müller schwer wiegen könnte, war mir vorher klar. Dass aber ohne jegliche Inspiration und Zweikampfhärte gespielt wurde und somit den Iberern in die Karten gespielt wurde enttäuschte mich doch schwer. Hoffnung hatte ich dennoch lang. Diese machte ich daran fest, dass nach der torlosen ersten Halbzeit Jogi Löw das Team noch einmal wachrütteln und der Schalter umgelegt werden kann. Doch auch in der zweiten Halbzeit änderte sich nichts. Und so kam es schließlich wie es kommen mußte. Puyol traf per Kopfball zur spanischen Führung. Danach plätscherte das Spiel dem abermaligen Halbfinal-Aus entgegen und Spanien triumphierte verdient. Dennoch hat Deutschland eine großartige, nicht für möglich gehaltene, WM gespielt. Wie vor vier Jahren waren wir erneut bis zum letzten WM-Wochenende dabei. Deutschland hat bei dieser WM einen erfrischenden Offensivfußball gespielt und war spielerisch die beste Mannschaft des Turniers. Im Halbfinale war leider Spanien die bessere Mannschaft. Die Spanier duselten sich ansonsten durchs Turnier, wie es früher die Deutschen machten, und waren da, als sie gefordert wurden. Nach der Auftaktniederlage gegen die Schweiz wäre ein Vorrunden-Aus möglich gewesen. Im zweiten Spiel gegen Honduras ließ sich David Villa zu einer Tätlichkeit hinreißen, die weder vom Schiedsrichter, noch nachträglich von der Sportsgerichtsbarkeit der FIFA geahndet wurde. Dass ausgerechnet Villa in den folgenden Spielen zur Lebensversicherung der Spanier werden sollte ist Ironie des Schicksals. Im dritten Spiel gegen die an sich bei dieser WM sehr spielstarken Chilenen, profitierte Spanien von einem ebenso unnötigen wie unmotivierten Herauslaufen des chilenischen Keepers, der es David Villa ermöglichte, aus 43 Metern aufs leere Tor und damit Spanien in Führung zu schießen. Dazu kam die harte Gangart der Chilenen, die bereits ab der 37. Minute zu zehnt spielen mußten und somit gegen die Dominanz der Spanier chancenlos waren. Im Achtelfinale war es erneut Villa, der aus schwer erkennbarer, aufgrund der Fernsehbilder aber doch klaren Abseitsstellung heraus, den Siegtreffer erzielte. Im Viertelfinale gegen Paraguay wurde erst ein korrektes Tor von Valdez für Paraguay nicht anerkannt. Als Paraguay dann einen Elfmeter, der verschossen wurde, bekam, hätte dieser aufgrund des in den Strafraumlaufens mehrerer Spieler wiederholt werden müssen. Schließlich war es wieder Villa, der Spanien in der 83. Min. erlöste. Mit diesen Ausführungen möchte ich aber behaupten, dass die Spanier ein unverdienter Weltmeister sind. Sie haben nach dem Titelgewinn bei der Euro 2008 fast durchweg überzeugt und ihre Spiele gewonnen. Dennoch wäre auf ein früheres Scheitern der Spanier möglich gewesen, was womöglich den Weg für Deutschland frei gemacht hätte. Allgemein haben die Schiedsrichter aber einen erheblichen Einfluss auf den Ausgang des Turniers genommen, was den Ruf nach technischen Hilfsmitteln, denen sich die FIFA bislang immer verschlossen hat, erneut lauter werden ließ.
Wir waren also restlos bedient an unserem ersten Tag in Donaueschingen und gingen dann auch relativ früh geschlossen auf unsere Zimmer.
Letztes Jahr in Leogang waren wir erstmals bei einem VfB-Trainingslager dabei. Schon damals stand fest, dass es nicht unser letztes war. Zu schön waren die Eindrücke. Wir genossen es, so nah dran zu sein und die Arbeit, die in der Saisonvorbereitung geleistet wird, hautnah mitzubekommen. Wir lernten eine tolle Clique kennen, mit der wir in der letzten Saison sehr viel Zeit verbrachten, “den Trainingslagerstammtisch”. Wie der Name schon sagt, hat sich die Gruppe bei VfB-Trainingslagern gefunden und ist im Laufe der Jahre peu a` peu gewachsen. So manchem Bruddler, der meint, wir hätten nichts besseres zu tun, als dem VfB hinterher zu reisen, sei gesagt, dass der VfB sein Quartier meist in sehr schönen Regionen aufschlägt, wo allerhand unternommen werden kann.
In diesem Jahr erwies sich die Sommerplanung als sehr schwierig. Der VfB erreichte am letzten Spieltag der vergangenen Saison durch das 1:1 in Sinsheim gegen Hoffenheim als Tabellensechster die Qualifikation zur Europa League, was uns Qualifikationsspiele am 29.7 und 5.8. beschert, also mitten in der Saisonvorbereitung. Zusätzlich wird die Vorbereitung durch die Tatsache erschwert, dass Tasci, Khedira, Cacau und Boulahrouz im WM-Halbfinale standen und somit erst Ende Juli aus dem Urlaub zurückkehren. Die in der Vorrunde ausgeschiedenen Boka und Kuzmanovic stiegen bereits am 18. bzw. 19. Juli wieder in den Trainingsbetrieb ein.
Aufgrund dieser Umstände entschloss sich der VfB gleich vier Trainingslager abzuhalten. Da war natürlich klar, dass wir nicht alles mitnehmen konnten in diesem Jahr. Ende Juni ging es nach St. Moritz, wo in erster Linie Teambuilding auf dem Programm stand und wenig mit dem Ball gearbeitet wurde. Vom 7.7. bis 14.7. ging es nach Donaueschingen, vom 20.-24.7. reiste der VfB-Tross nach Grenchen in die Schweiz, wo am 49. Uhren-Cup teilgenommen und in Solothurn trainiert wurde. Schließlich reist der VfB nach dem Europa League Qualifikationsspiel in Molde/ Norwegen direkt weiter zur Friedrichsruhe, wo der letzte Feinschliff einstudiert werden soll und auch die restlichen Nationalspieler, hoffentlich auch der von Real Madrid umworbene Sami Khedira, zum Team stoßen werden.
Nachdem diese Planung irgendwann im Mai feststand, entschlossen wir uns, den VfB nach Donaueschingen und nach Grenchen zu begleiten. Nach Öhringen, wo der VfB bei seinem letzten Trainingslager in der Hohenlohe trainieren wird, werden wir sporadisch hinfahren, ob mit oder ohne Übernachtung überlegen wir uns noch.
Am 7.7. ging es also für uns los nach Donaueschingen, nachdem ich morgens noch die Fäden von einer Schleimbeutel-OP am Ellenbogen gezogen bekam. Die erste Nacht buchten wir, wie unser Stammtisch, im Hotel Hirschen im Zentrum von Donaueschingen. Ab der zweiten Nacht hatten Anita und ich dann eine Ferienwohnung in Bad Dürrheim gebucht. Die meisten anderen unseres Stammtisches erwarteten wir erst am Freitag zum Spiel gegen die Grasshoppers Zürich in Waldshut-Tiengen, so dass wir zunächst “nur” zu sechst waren.
Wir testeten nach dem Einchecken im Hirschen natürlich als erstes den Biergarten und genossen bei großer Hitze erst einmal ein Fürstenberg-Radler und ließen ein erstes Gruppenbild machen.
Da wir am ersten Tag natürlich die Trainingszeiten noch nicht wussten, fanden wir uns gegen 16 Uhr beim Mannschaftshotel “Öschberghof” ein. Beruhigend war natürlich, dass der Mannschaftsbus und damit auch offensichtlich die Mannschaft bereits eingetroffen waren.
Wie wir erfuhren, waren wir etwas zu früh dran und hatten noch 1-1,5 Stunden Zeit bis zum Beginn des ersten Trainings im Schwarzwald. So setzten wir uns in den zum Hotel gehörenden “Hexenweiher”, um die Zeit zu überbrücken und bei brütender Hitze noch ein wenig Schatten abzubekommen. Herbert Rudel, Fotograf der Bildzeitung und vor allem Geli bestens bekannt, saß auch bereits dort und erklärte sich freundlicherweise bereit, ein nächstes Gruppenfoto von uns zu schießen. Die Preise im Hexenweiher waren erwartungsgemäß stattlich, so hätte ein Eiskaffee 7 Euro gekostet; so trank ich dann doch lieber erneut ein Radler.
Wenig später nahmen wir dann den Fußweg, zum Trainingsplatz vorbei am Golfplatz, in Angriff. Geli blies zur Begrüßung der Mannschaft dann zunächst einmal die Vuvuzela. Schließlich war ja noch WM und am Abend stand das Halbfinale Deutschland-Spanien an, dem wir alle entgegen fieberten.
Zu Beginn einer jeden Einheit bittet Trainer Christian Gross erst einmal das gesamte Team, inklusive aller Betreuer, einen Kreis zu bilden und klärt über die Trainingsinhalte des jeweiligen Tages auf.
Unser erster Weg eines jeden Trainingstages ist der, unsere Fahne, die wir im letzten Jahr fertigen ließen, zu platzieren. Diese sollte sich während der folgenden Wochen noch schön in Szene setzen.
Nach einer Laufeinheit und Koordinationsübungen stand noch ein kleines Trainingsspielchen auf dem Programm, wo Zweikampfverhalten trainiert wurde. Mehr als ein Aufgalopp war das erste Training nicht. Uns wurde schnell klar, dass es sicher eine heiße, im wahrsten Sinne des Wortes, Woche werden würde. Die Temperaturen sollen fast durchweg jenseits der 30° liegen, Schatten findet man auf dem Gelände des Trainingsplatzes allenfalls hinter den Toren und damit hinter den Fangnetzen, wo es sich allerdings schlecht fotografieren lässt. Diesbezüglich hatten wir in Leogang weitaus bessere Bedingungen.
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8. Juli 2010
Der Traum vom vierten Stern auf der Brust des DFB-Trikots ist ausgeträumt! Deutschland unterlag wie schon beim EM-Finale vor zwei Jahren einer überlegenen spanischen Mannschaft mit 0:1 und muss sich nun mit dem Spiel um Platz drei zufrieden geben. Die “Furia Roja” darf sich dank des ersten WM-Sieges gegen eine deutsche Mannschaft weiter Hoffnungen auf den ersten Titelgewinn der Geschichte machen.
In der Neuauflage des Europameisterschaftsendspiels von 2008 wechselten beide Trainer jeweils einmal. Bundestrainer Joachim Löw brachte Trochowski für Müller, der sich bei der 4:0-Galavorstellung gegen Argentinien seine zweite Gelbe Karte eingefangen hatte und somit gesperrt fehlte.
Vicente del Bosque, der Coach der Spanier, hingegen hatte die Qual der Wahl, entschied sich aber nach dem 1:0-Viertelfinalerfolg über Paraguay, den zuletzt formschwachen Torres auf die Bank zu setzen und Flügelspieler Pedro den Vorzug zu geben. David Villa rückte dadurch ins Sturmzentrum der “Furia Roja”.
Deutschland fand zunächst ganz schlecht in die Partie. Die zuletzt so befreit aufspielenden Löw-Schützlinge standen von Beginn an sehr tief und überließen weite Teile des Feldes den Iberern, die iherseits ihr so gewohntes und gefürchtetes Passspiel aufzogen. Dank ihrer Ballstafetten setzten sich die Spanier rasch in der deutschen Hälfte fest und wären nach einem Traumpass von Pedro fast früh in Führung gegangen. Neuer erwies sich als guter Rückhalt und rettete gegen David Villa (7.). Dass die Iberer nicht nur aus dem Spiel heraus gefährlich sind, zeigten sie in der 14. Minute, als nach einem Eckball Puyol aus fünf Metern unbedrängt über das Tor köpfte.
Auf der Gegenseite gelang dem dreimaligen Weltmeister offensiv zunächst überhaupt nichts. Die seltenen Momente, in denen die deutsche Auswahl den Ball in den eigenen Reihen hatte, fanden aufgrund einer hohen Fehlpassquote ein jähes Ende. Allerdings stand die Defensive der DFB-Auswahl durchaus sicher. Bis auf eine Direktabnahme von Sergio Ramos, die nach 20 Minuten über das Tor rauschte, konnten die feldüberlegenen Spanier Neuer lange Zeit nicht in Bedrängnis bringen.
Chancen waren in dem Match absolut rar. Deutschland war nahezu vollständig in der eigenen Abwehr beschäftigt, während die “Furia Roja” keinen Weg in den gegnerischen Sechzehner fand. Xabi Alonso versuchte es dann eben aus der Distanz, sein 30-Meter-Schuss ging jedoch vorbei (31.). Eine Minute später folgte der erste nennenswerte Torschuss der deutschen Nationalelf. Bei einem Konter über rechts prüfte Trochowski Casillas mit einem tückischen Flachschuss aus 30 Metern.
Erst in der Nachspielzeit der ersten Hälfte wurde es erneut interessant. Zuerst kam Özil nach Zuspiel von Klose bei einem Konter an der Strafraumgrenze im Zweikampf mit Sergio Ramos zu Fall. Der Bremer Spielmacher forderte Elfmeter, den ihm der ungarische Referee Viktor Kassai jedoch verwehrte. Im direkten Gegenzug hielt Neuer gegen Pedros Fernschuss das 0:0 zur Pause fest.
Deutschland wehrt sich tapfer gegen dominante Spanier
Ohne personelle Wechsel ging es nach dem Seitenwechsel weiter, dafür mit einer etwas mutigeren deutschen Mannschaft, die sichtlich darum bemüht war, mehr nach vorne zu machen. Das gefälligere Team blieb aber der Europameister, der sich durch Xabi Alonso (49., 50.) dem gegnerischen Tor näherte. Löw reagierte und brachte den offensiveren Jansen für den bis dato sehr zurückhaltenden Boateng ins Spiel.
Es war dann aber nicht die deutsche Mannschaft, die eine Schippe drauf legte, sondern die Spanier. War Villas angeschnittener Schuss noch relativ harmlos (55.), folgten danach einige Schrecksekunden für die Löw-Elf. Zuerst wehrte Neuer einen fulminanten Pedro-Schuss aus der zweiten Reihe nach vorne ab. Den Abpraller schnappte sich Iniesta, der sich in den Sechzehner hinein dribbelte, um dann zu scharf in die Mitte zu flanken (59.). Nur eine Minute danach forderte Pedro erneut Neuer heraus – auch diesmal behielt der Schalker Schlussmann die Oberhand. Auf der Gegenseite gab Klose per Direktabnahme, die über das Tor sauste, ein Lebenszeichen für Deutschland ab (61.).
Die Iberer dominierten zweifelsohne, allerdings ließen sie ein wenig den Zug zum Tor vermissen. So hatte dann auch die deutsche Mannschaft im zweiten Durchgang bis dahin beste Möglichkeit. Einmal wurde über Podolski schnell gespielt, der von links ans lange Eck zum mittlerweile eingewechselten Kroos flankte. Der Leverkusener hatte freie Bahn, scheiterte jedoch am glänzend reagierenden Casillas (70.).
Kroos vergibt, Puyol nicht
Kurz darauf war es dann passiert! Xavi zwirbelte eine Ecke von links in die Mitte, wo sich Puyol hochschraubte und aus zehn Metern wuchtig ins linke Eck am chancenlosen Neuer ins Tor köpfte (73.). Deutschland musste nun kommen, tat dies auch. Allerdings rannten sich die Löw-Schützlinge meist in der nun tiefer stehenden spanischen Deckung fest. Die Iberer ihrerseits spekulierten auf Konter über ihren schnellen Villa, der jedoch an diesem Abend kaum Akzente setzen konnte und in der Schlussphase schließlich durch Torres ersetzt wurde. Und der Liverpooler hätte die Entscheidung herbeiführen können, wäre Pedro nicht zu eigensinnig gewesen. Der Flügelspieler war bei einer Zwei-gegen-eins-Situation zu ballverliebt und passte nicht zum völlig freistehenden Torres, ehe Kroos die brenzlige Situation klärte (83.).
Das hätte sich rächen können, doch die “Furia Roja” war in den letzten Minuten abgezockter und brachte den knappen Sieg letztlich souverän über die Runden. Spanien kann nun am Sonntag im WM-Finale gegen die Niederlande zum ersten Mal Weltmeister werden und damit nach der gewonnen Europameisterschaft vor zwei Jahren das Double perfekt machen. Doch auch die Holländer werden auf den Titel aus sein und sich sicherlich etwas ausrechnen. Eines ist dabei sicher, auf jeden Fall wird es einen neuen Titelträger geben.
Für Deutschland geht es wie schon bei der Heim-WM vor vier Jahren nun ins Spiel um Platz drei. Am Samstag wartet das Überraschungsteam aus Uruguay auf die Löw-Schützlinge.
(kicker.de)
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7. Juli 2010
Deutschland kämpft gegen Spanien um den Einzug ins WM-Finale und kann sich gleichzeitig für das verlorene EM-Finale 2008 revanchieren. Die Spanier haben das beste Mittelfeld der Welt, ihren Kaiser in der Abwehr und einen Heiligen im Tor.
Manuel Neuer vs. Iker Casillas
Wo Casillas schon ist, will Neuer hin. Casillas gehört zu den drei besten Torhütern des Planeten. Trotzdem stand er schon vor der WM etwas in der Kritik und leistete sich zu Beginn des Turniers einige Unsicherheiten (SPOX-Durchschnitts-Note 3,2). Machte mehr Schlagzeilen wegen seiner Beziehung zur Chefinterviewerin eines spanischen Privatsenders, Sara Carbonero, als wegen sportlicher Heldentaten. Zeigte aber gegen Paraguay mit einem gehaltenen Elfmeter und einer starken Rettungstat kurz vor Schluss gegen Santa Cruz, warum sie ihn in Spanien “San Iker” (Heiliger Iker) nennen. Trotz seiner durchwachsenen WM hat Spanien erst zwei Gegentore kassiert. Ebenso wenige wie die deutsche Mannschaft. Neuer spielt – vom Fehler gegen England abgesehen – ein starkes Turnier und machte auch gegen Argentinien einen sehr sicheren Eindruck.
Per Mertesacker/Arne Friedrich vs. Fernando Torres
Mertesacker kommt pünktlich zum Endspurt in Form und ruft von Spiel zu Spiel bessere Leistungen ab. Gegen Argentinien umsichtig im Stellungsspiel und souverän im Zweikampf. Bei Friedrich hat man sich an diese Eigenschaften in den letzten Wochen ohnehin gewohnt. Erzielte gegen Argentinien im 77. Länderspiel sogar sein erstes Tor. Und wer gegen Argentiniens Traumsturm so gut wie keine Chance zulässt, muss sich auch vor Torres nicht fürchten – zumindest vor dem aktuellen Torres (SPOX-Note 4,6).
El Nino ist nach zwei Meniskusoperationen in diesem Jahr außer Form, ihm fehlen Schnelligkeit, Durchsetzungsvermögen und Abschlussstärke. Alles Attribute, die ihn zum Siegtorschützen des EM-Finals 2008 machten. Trotzdem hielt Trainer Vicente Del Bosque an ihm fest. Könnte im Halbfinale aber zugunsten eines weiteren Mittelfeldspielers geopfert werden. Dann würde David Villa ins Sturmzentrum rücken. Eine ungleich größere Herausforderung für das deutsche Abwehrduo.
P. Lahm/P. Trochowski oder T. Kroos vs. J. Capdevila/D. Villa
Zum zweiten Mal muss Joachim Löw seine Offensive umbauen. Nachdem Miroslav Klose beim abschließenden Gruppenspiel gesperrt fehlte, muss nun der überragende Thomas Müller zuschauen. Als erster Ersatzmann fühlt sich wohl Trochowski, der noch in den Vorbereitungsspielen gegen Malta, Ungarn und Bosnien-Herzegowina in der Startelf stand. Aber: Er fühlt sich auf rechts überhaupt nicht wohl, fiel da schon in der Bundesliga beim HSV durch.
Auch Kroos ist auf links beheimatet und hat auf rechts so gut wie keine Erfahrung. Egal wer aufläuft, das deutsche Spiel wird ohne Müller ein anderes sein. Trochowski und Kroos wollen den Ball lieber in den Fuß als in die Tiefe, im Vergleich zu Müller fehlt es ihnen an Geschwindigkeit und Zug zum Tor.
Das kommt Capdevila (SPOX-Note 3,4) zugute. Der 32-Jährige ist das kleinste Licht im spanischen Starensemble und nicht mehr der Allerschnellste. Noch mehr als in den letzten Spielen wird es auf Lahm ankommen, seinen Vordermann zu unterstützen und so Überzahl zu schaffen. Denn Villa, der als zweite Spitze einen verkappten Linksaußen gibt, lässt Capdevila in der Defensive oft allein. Der Außenverteidiger muss dann von einem Mittelfeldspieler unterstützt werden, was Räume im Zentrum öffnet.
Villa darf sich diesen Luxus erlauben, um Kräfte für sein Offensivspiel zu schonen und bei Ballgewinn als Anspielstation zu dienen. Sobald “el guaje” (der Bursche) Platz hat, ist er kaum noch zu bremsen. Er ist schnell, dribbelstark und sicher im Abschluss. Lahm ist allerdings für seine Stärke im Eins-gegen-eins bekannt und passt auch körperlich hervorragend zu Villa (SPOX-Note 2,6).
Mit seiner wuseligen Art wäre er für Mertesacker und Friedrich im Zentrum schwieriger zu verteidigen. Villa erzielte fünf der sechs spanischen WM-Treffer und schickt sich an, als erster Spieler nach Gerd Müller (1970, 1972) bei zwei aufeinanderfolgenden Welt- und Europameisterschaften Torschützenkönig zu werden. Ist einer von diesen “mehreren Messis”, die Löw bei den Spaniern geortet hat.
Jerome Boateng/Lukas Podolski vs. Sergio Ramos
Zahlenmäßig ein deutliches Mismatch. Ramos (SPOX-Note 3,4) wird wegen seiner Frisur und dem dazugehörigen Stirnband auch Tarzan genannt. Da Spanien – anders als bei der EM 2008 – ohne echte offensive Flügelspieler agiert, dafür aber vier zentrale Mittelfeldspieler aufbietet, ist Ramos auf seiner rechten Seite eine Art Einzelkämpfer. Iniesta, der auf dem Papier auf rechts vorgesehen ist, treibt sich vielmehr im Zentrum vor, hinter und neben Xavi herum.
Also ist es an Ramos, über die Seite Druck nach vorne zu entwickeln. Auch wenn er seine dynamischen, manchmal aber auch blindlings vorgetragenen Vorstöße etwas gezügelt hat, bietet seine nach vorne ausgerichtete Spielweise Lücken, die für Podolski zu gern gesehenen Einladungen werden könnten. In der Defensive ein knallharter und kompromissloser Zweikämpfer. Trägt nicht umsonst den Spitznamen Sergio Rambo. Gehört sicher nicht zu Spaniens Messis. Bei Standards als wuchtiger Kopfballspieler immer gefährlich.
Sollte sich Del Bosque aber doch dazu entscheiden, auf Torres zu verzichten und einen weiteren Mittelfeldspieler zu bringen, würde die Entscheidung wohl zwischen David Silva und Pedro fallen. Beide sind klassische Außenspieler und könnten mit ihrer Dribbelstärke und Geschwindigkeit Druck auf Boateng ausüben. Der offenbarte sowohl gegen Ghana als auch gegen England und Argentinien Schwächen im Eins-gegen-eins.
Bastian Schweinsteiger/Sami Khedira vs. Xavi/Andres Iniesta
Die nächsten Messis der Spanier. Xavi und Iniesta sind Herz und Hirn des FC Barcelona und auch der Nationalmannschaft. Xavi (SPOX-Note 3,0) bestimmt Rhythmus und Geschwindigkeit des Spiels und ist bisher der laufstärkste Spieler der Spanier (52,9 km). Iniesta (SPOX-Note 2,5) ist der Umschaltkasten des spanischen Spiels. Iniestas Ex-Trainer Frank Rijkaard sagte einmal, dass er Pässe wie Bonbons verteilt. Er erhöht das Tempo und leitet den Ball Richtung Tor. So leitete der 26-Jährige auch die Treffer gegen Portugal und Paraguay ein.
Um Spaniens Passkreisel zu stoppen, muss man Xavi und Iniesta so weit wie möglich aus dem Spiel nehmen. Schweinsteiger ist bisher der beste Mittelfeldspieler des Turniers und genauso wie Khedira noch knapp vier Kilometer mehr gelaufen als Xavi. Es ist die Aufgabe des Mittelfeldduos, die Passwege der Spanier zuzustellen und Druck auf die spanischen Strategen auszuüben. Khedira hat seine Rolle im Laufe des Turniers gefunden und seine Vorstöße reduziert. Auch gegen Spanien wird er zuerst in der Defensive gefordert sein, um Schweinsteiger den Rücken freizuhalten, damit dieser seine Fähigkeiten in der Spieleröffnung ausspielen kann.
Mesut Özil vs. Xabi Alonso/Sergi Busquets
Özil war gegen Argentinien nicht ganz so brillant wie gegen England, war für die Albiceleste in vielen Fällen trotzdem zu schnell. Allerdings hatten beide Mannschaften nur einen echten defensiven Mittelfeldspieler auf dem Platz. Gegen Spanien muss sich Özil mit zwei Defensiven auseinandersetzen, wobei Barca-Spieler Busquets (SPOX-Note 3,0) den etwas defensiveren Part ausfüllt. Der 21-Jährige ist eine Mischung aus seinem Kollegen Xavi und seinem Klubtrainer Pep Guardiola. Busquets ist extrem ballsicher, elegant im Aufbauspiel und mit einem guten Gespür für den Raum ausgestattet. Allerdings fehlt ihm im Vergleich zu Özil die Spritzigkeit. Xabi Alonso (SPOX-Note 3,4) ist der Spielmacher von hinten heraus, der sich je nach Bedarf nach vorne schiebt oder zurückfallen lässt. Nur Xavi hat bei der WM mehr Pässe gespielt als der Mittelfeldstratege von Real Madrid. Özil muss gegen Spanien mehr mit nach hinten arbeiten als in den Spielen zuvor, damit Schweinsteiger und Khedira gegen Xavi, Iniesta und Xabi Alonso nicht in Unterzahl geraten.
Miroslav Klose vs. Carles Puyol/Gerard Pique
Während Villa noch auf Müllers Fersen ist, hat Klose den Bomber mit 14 WM-Toren schon eingeholt. Einen Treffer braucht Klose noch, um sich neben Ronaldo zum besten WM-Torschützen aller Zeiten zu machen. Puyol und Pique sind aber das qualitativ beste Verteidigerduo, mit dem es die deutsche Elf bisher zu tun hatte. Die Barca-Verteidiger kennen sich aus dem Verein bestens, sind daher sehr gut abgestimmt und ergänzen sich ideal.
Puyol (SPOX-Note 3,2) ist der robuste Zweikämpfer und Zerstörer. Der Zahn der Zeit hat aber auch am mittlerweile 32-Jährigen genagt. Schon in der abgelaufenen Saison ließ er die gewohnte Souveränität und die nötige Schnelligkeit oft vermissen. Der gleichaltrige Klose ist noch deutlich spritziger.
Pique (SPOX-Note 2,8) ist der elegantere Abwehrspieler. Er kann die meisten Situationen spielerisch lösen und ist extrem abgeklärt. Spielt sehr gute Bälle in der Spieleröffnung, geht auch gerne selbst mit Tempo tief in die gegnerische Hälfte und wird wegen seiner Spielweise in Anlehnung an Franz Beckenbauer auch Piquenbauer genannt. Verschuldete gegen Paraguay durch ungewohnt plumpes Abwehrverhalten aber einen Elfmeter. Auch das lässt Klose vom Rekord träumen.
(spox.com)
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