23. Oktober 2012
An diesem goldenen Oktoberwochenende hatten wir mal wieder eine besondere Tour geplant. Erst ging es am Samstag in den Erdgas-Sportpark nach Halle, unmittelbar nach Spielende folgte die Weiterfahrt nach Hamburg, wo der VfB am Sonntag-Abend den 8. Spieltag abschließen würde.
Gegen den Hallescher FC ging es für unsere Amas darum, den Negativtrend mit zuvor sechs sieglosen Spielen in Folge zu beenden und sich wieder ein kleines Polster zu den Abstiegsplätzen zu erarbeiten.
Dies gelang eindrucksvoll. Bereits nach vier Spielminuten nutzte Antonio Rüdiger die Konfusion in der Hallenser Abwehr, als er eine Ablage aus etwa 20 Metern mit einem satten Vollspannschuss ins Tor hämmerte und damit die in den schönen schwarzen Auswärtstrikots angetretenen Schwaben in Führung schoss. Halle, die ebenfalls in einer Negativspirale stecken, merkte man danach die Verunsicherung an. Der VfB versäumte es aber, diese auszunutzen und unmittelbar nachzulegen. So legten die Hausherren nach und nach die Nervosität ab und übernahmen das Kommando, welches zwischenzeitlich kurz vor der Halbzeit in den zu diesem Zeitpunkt verdienten Ausgleich mündete.
Fünf Minuten nach Wiederbeginn musste unser Kapitän Tobi Rathgeb verletzungsbedingt vorzeitig den Platz verlassen und wurde durch Thomas Geyer ersetzt. Weitere vier Zeigerumdrehungen später dezimierten sich die Gastgeber selbst, als Preuß nach einem Foul am überragenden Rüdiger die Ampelkarte sah. Zehn Minuten später gab es gut 20 Meter vor dem gegnerischen Tor nach einem Foul an Rani Khedira Freistoß für den VfB. Der etatmäßige Standardspezialist Rathgeb stand ja nicht mehr auf dem Platz, also übernahm Antonio Rüdiger die Verantwortung und schnürte seinen Doppelpack.
An dieser Stelle möchte ich einmal meine Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, dass normalerweise der Leitwolf Tobias Rathgeb sämtliche Standards bei unserer zweiten Mannschaft treten darf. Bei aller Wertschätzung für Rathgeb, hielte ich es für angebrachter die Standards ambitionierteren Spielern, wie (einst) Holzhauser, oder eben jetzt einem Kevin Stöger, Antonio Rüdiger oder auch Rani Khedira zu überlassen. So kommt Holzhauser in die erste Mannschaft und übernimmt dort auf Anhieb die Standards, welche er bei den Amas selten bis nie ausführen durfte, ebenso packt Rüdiger in Halle die Chance beim Schopfe und hämmert das Runde ins Eckige, wo Rathgeb mutmaßlich einmal mehr die Kugel mehr geschlenzt denn gedroschen hätte und der Ball so zu 99% eine sichere Beute für den Keeper gewesen wäre oder der Ball über den Kasten geflogen wäre.
Nach dem 1:2 war der Widerstand der Hallenser jedenfalls gebrochen und der VfB erhöhte noch durch Janzer und Benyamina auf das etwas zu hohe 1:4.
Eigentlich schaffen wir es selten bis nie zu einem Auswärtsspiel unserer Jungen Wilden. Dieses Mal jedoch bot es sich an, auch wenn Halle nicht auf dem direkten Weg nach Hamburg liegt. Dennoch bereuten wir diese Entscheidung in keiner Sekunde. Es war ein toller Trip, bei fast sommerlichen Temperaturen und strahlend blauem Himmel. Die 7.002 Zuschauer im Erdgas-Sportpark machten ordentlich Stimmung und unterstützten ihr Team während der gesamten 90 Minuten. Leider blieb der Gästeblock an diesem Tag geschlossen, so dass sich die ohnehin wenigen VfB-Fans noch im weiten Rund verloren. Die Mannschaft ließ es sich dennoch nicht nehmen, sich nach dem Spiel in unserer Kurve feiern zu lassen und sich fürs Kommen zu bedanken. Für den VfB geht es am kommenden Wochenende zu Wacker Burghausen, die auf einem respektablen fünften Tabellenplatz stehen und sogar die Heimtabelle anführen. Es dürfte also kein leichtes Unterfangen werden. Dennoch ist unserem jungen Team mit dem Elan von Halle einiges zuzutrauen, zumal es die Punkte für den Klassenerhalt wohl eher auswärts holen muss. In Degerloch ist der VfB auch im fünften Jahr in der 3. Liga noch nicht heimisch geworden, auch, weil so gut wie jedes Heim- ein gefühltes Auswärtsspiel ist. Dem Team ist zu wünschen, dass sich dieser Zustand baldmöglichst ändert, die Heimfans auch in Degerloch einmal in der Überzahl sind und sich ein Stimmungsblock bildet, der dem Gegner stimmungstechnisch Paroli bieten kann. Es sollte sich doch einmal herumsprechen, dass hier junge, hungrige Akteure auf dem Platz stehen, die unsere Farben mehr als würdig vertreten, und, die es verdient hätten, mehr Zuspruch zu erhalten.
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26. April 2011
Nachdem der VfB dem Hamburger SV am Samstag eindrucksvoll drei Eier ins Osternest gelegt hatte, kann der VfB den restlichen drei Spielen mit einiger Zuversicht entgegen sehen. Der direkte Abstieg scheint inzwischen unwahrscheinlich zu sein bei sieben Punkten und dem deutlich besseren Torverhältnis Vorsprung auf die beiden Schlusslichter Mönchengladbach und den FC St. Pauli. Auf Platz 16 allerdings beträgt der Vorsprung nach wie vor „nur“ vier Punkte, die Wolfsburg angesichts seiner Qualität und angesichts seines Restprogramms durchaus noch aufholen kann. Zwar kann ich mir gut vorstellen, dass die Wölfe in Bremen verlieren, die ja ihrerseits letzte Zweifel am Klassenerhalt beseitigen können, die darauf folgenden Partien gegen dann möglicherweise bereits gerettete Lauterer und in Hoffenheim, für die es um nichts mehr geht, werden sie aber wahrscheinlich gewinnen. Die sonst noch hinter dem VfB platzierten Kölner und Frankfurter wären mit einem einzigen Sieg am VfB vorbei, wenn dieser seinerseits keinen Sieg mehr einfährt.
Daher wäre der VfB gut beraten, mit einem Sieg am Samstag in Sinsheim den Sack weitestgehend zuzumachen, um nicht an den letzten beiden Spieltagen gegen die Champions League Kandidaten Hannover 96 und Bayern München zum Siegen verdammt zu sein. Schaut man sich den Trend der letzten Wochen von Hoffenheim und dem VfB an, stehen die Chancen sicherlich gut, dort (erstmals) zu gewinnen. Ungeschlagen sind wir ja noch gegen das Dorf, allerdings gelang auch erst ein Sieg aus fünf Partien. Die Formkurve beim VfB zeigt zum Saisonende, fast schon traditionell, nach oben. Hatte ich vor zwei Wochen noch bemängelt, dass jeder unserer Punkte aus der Rückrunde mit sehr viel Glück und wenig überzeugend zustande kam, darf ich mich jetzt revidieren und sagen, dass zuletzt in Köln und gegen den HSV wieder richtig Fußball gespielt wurde und beide Siege hochverdient waren. Nicht zuletzt hängt diese Leistungssteigerung auch mit der Rückkehr von Cacau zusammen, der schon in Köln einen couragierten Auftritt hinlegte, gegen den HSV aber wieder fast zu alter Leistungsstärke fand. Obwohl er eigentlich schon lange auf den Operationstisch gehören würde, stellt er sich in den Dienst der Mannschaft und des Vereins und spielt mit schmerzstillenden Spritzen trotz seiner „weichen Leiste“, solang ihn seine Füße tragen.
Vor Wochen äußerte ich bereits die Hoffnung, dass er die ihm entgegen gebrachte gesteigerte Wertschätzung noch in dieser Saison zurückzahlen könne und so doch noch seinen Anteil am Klassenerhalt haben würde. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass er am Samstag, nicht nur wegen seiner beiden Tore, ein wichtiger Mosaikstein auf dem Weg zum Sieg war. Er war für die Hamburger ein ständiger Unruheherd und unheimlich präsent auf dem Platz. Das erste Tor nach 6 Minuten, als er vor dem von Frank Rost gehüteten Kasten die Ruhe bewahrte, war der Türöffner für einen wunderschönen Nachmittag an diesem Ostersamstag. Endlich gelang in einem Heimspiel mal wieder ein frühes Tor! Sein zweiter Treffer war Produkt eines schönen Spielzugs und der glänzenden Vorarbeit von Martin Harnik. Den zweiten und damit vorentscheidenden Treffer markierte Christian Gentner, der erst gut 60 Sekunden zuvor eingewechselt wurde. Ich gebe zu, auch ich war wenig erfreut, als die Trainerbank das Signal zu seiner Einwechslung gab. Zu sehr hat mich Gentner in dieser Saison bereits enttäuscht. Ja, sauer war ich, als über Monate in Bezug auf seine Person das Leistungsprinzip quasi außer Kraft gesetzt war, weil er IMMER in der Anfangsformation stand. Nun, in Köln und auch gegen den HSV kam er „nur“ von der Bank. Ob auch dies ein Schlüssel der beiden Erfolge war, dies zu beantworten wäre hypothetisch… Das Tor jedenfalls hat er klasse gemacht und damit das Spiel entschieden. Allerdings bestätigte er mit diesem Geistesblitz auch seinen Ruf, nur in einer Mannschaft, in der es gut läuft, glänzen zu können. Den Pass bekam er vom glänzend aufgelegten Tamas Hajnal, dessen Mitwirken in den beiden letzten Spielen zu einer deutlichen Qualitätssteigerung beitrug.
Insgesamt war es eine gute Mannschaftsleistung. Erwähnen möchte ich allerdings noch Sven Ulreich, der zwar wenig beschäftigt war, wenn er gebraucht wurde aber glänzend zur Stelle war. Bruno Labbadia scheint jetzt, nachdem gegen den HSV die gleiche Mannschaft wie in Köln auflief, seine Formation gefunden zu haben. Hoffen wir, dass wir bis Saisonende von weiteren Verletzungen oder Sperren verschont bleiben, zu fragil scheint das Gebilde zu sein, um weitere Rückschläge ohne weiteres wegstecken zu können.
Der VfB hat jetzt unter Bruno Labbadia 24 Punkte geholt, also doppelt so viele als seine Vorgänger. Eine beachtliche Bilanz allerdings leider noch immer nicht genug. In Sinsheim muss der dritte Sieg in Folge her. Hoffenheim ist allerdings derzeit schwer ausrechenbar. Für sie geht es um nichts mehr. Dem Noch-Trainer mit dem unaussprechlichen Namen muss keiner mehr etwas beweisen, der Klassenerhalt ist geschafft, die Europa-League-Plätze zu weit weg. Ob die Armada an Ex-VfB-Spielern, die inzwischen im Kraichgau ihr Geld verdient, sich ernsthaft einen VfB-Abstieg wünscht, bezweifle ich. Aber: das Spiel wird von den Verantwortlichen und deren Fans zu einem Derby, zu einem Baden-Württembergischen Klassenkampf hochstilisiert, so dass die Atmosphäre dort wieder einmal sehr aggressiv sein dürfte. Hier gilt es für das Team von Bruno Labbadia die Ruhe zu bewahren und sich von der Hektik nicht anstecken zu lassen. Der VfB tut gut daran, erneut konzentriert und aggressiv ins Spiel zu gehen und die Hoffenheimer nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. Wenn man diesen die Lust am Spiel nimmt, werden sie sicherlich, ähnlich wie der HSV am Samstag, die letzte Konsequenz vermissen lassen, über die Schmerzgrenze zu gehen. Nach dem die Saison für beide Teams über weite Strecken unter gänzlich anderen Vorzeichen stand, hat der VfB mit einem Sieg am Samstag die Möglichkeit, bis auf einen Punkt in der Tabelle an Hoffenheim heran zu rücken. Wer hätte das noch in der Weihnachtspause gedacht.
Am Samstag werden wir wieder bewusst mit dem Bus anreisen. Aussteigen vor dem Gästeblock, rein in den Käfig, drei Punkte einsacken und diesen Ort schnell wieder verlassen. So kann ich mir das Gepöbele seitens der Modefans auf ein Minimum reduzieren. Die meinen, Wunder was sie wären, dabei sind sie nur ein durch die Hopp-Millionen aufgeblähter Dorfverein. Und wenn man sie dann fragt, mit welchem Fähnlein sie noch vor fünf Jahren herum gelaufen sind, kommt das große Schweigen. Man, bin ich froh, dass ich schon in den 70er-Jahren zum VfB gekommen bin und es für mich unvorstellbar wäre, je einmal das Wappen zu wechseln. Retortenvereine wie Hoffenheim, Wolfsburg und neuerdings auch Red Bull Leipzig, die künstlich von milliardenschweren Mäzenen hochgepuscht werden, braucht wirklich keine Sau!
Schade, dass in der neuen Saison Holger Stanislawski dort hin wechselt. Er war mir bisher immer sympathisch, ich habe ernsthafte Bedenken, ob ich ihn als Trainer mit blauem Trainingsanzug noch weiter leiden kann. Das Statement von dem Dorf-Manager Tanner Hoffenheim und Stani hätten die ähnliche Philosophie, nämlich mit bescheidenen Mitteln erfolgreich zu sein, klingt für mich wie Hohn. Erinnert sei daran, dass Hoffenheim 2007 als Zweitligist bedeutend mehr in Transfers investierte als der VfB als Champions League Teilnehmer, dass Salihovic einst ein Angebot der Bayern ausschlug, weil er in Hoffenheim einen besser dotierten Vertrag erhielt und zuletzt daran, dass ein internationaler Top-Spieler wie Ryan Babel in den Kraichgau wechselte, und das sicherlich nicht wegen der guten Luft dort.
So lang solche Kunstprojekte im Profifußball mitmischen, dürfte es auf Sicht immer schwieriger werden, sich für die internationalen Plätze zu qualifizieren. Wobei ich auch sagen muss, so schön die Auslandsreisen mit dem VfB auch sind. Einzig die Champions League ist attraktiv und lukrativ. Die Europa League hingegen ist finanziell für die Vereine unattraktiv und für solche, die keinen großen konkurrenzfähigen Kader haben, auch in gewisser Weise gefährlich. Es ist sicherlich kein Zufall, dass Vereine wie Nürnberg oder Hertha BSC im Jahr ihrer EL-Teilnahme abstiegen und wir beinahe bis zum letzten Spieltag zittern müssen.
Ich bin froh, wenn der VfB in der Liga bleibt, dass wir nächste Saison wieder überwiegend freitags und samstags spielen dürften und die Flut der Sonntagspiele den Europaleague-Teilnehmern vorbehalten bleibt. So gesehen hätte diese Seuchensaison auch ihr Gutes. Der VfB könnte sich konsolidieren und gestärkt aus der Krise heraus kommen.
Also, VfB! In Sinsheim siegen und Oben Bleiben!
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22. April 2011
Was hatte ich Bedenken vor dem Spiel bei den heimstarken Kölnern. Einem Team, das unter dem Kölner Urgestein Frank Schäfer wieder zu einer echten Einheit geworden war. In dem ein Lukas Podolski zum Kapitän ernannt wurde und seitdem (endlich) auch im Verein sein Potential ausschöpft. Das sich vor Wochenfrist beim ärgsten Rivalen nach der 0:4-Hinspiel-Heimpleite auch auswärts mit 1:5 abschlachten ließ. Das unter der Woche sichtlich mit den Füßen scharrte, um diese Schmach baldmöglichst ausmerzen zu können. Diese Kölner sollten also gegen unsern gegen Kaiserslautern noch auseinander gefallenes Team, die Möglichkeit zur baldigen Wiedergutmachung und zur Versöhnung mit den Fans erhalten. Es gab eigentlich vor dem Spiel wenig, was für den VfB sprach. Die Kölner hatten zuletzt sieben (!) Heimspiele in Folge für sich entscheiden können, der VfB wiederum konnte in dieser Saison nur selten überzeugen. In der Rückrunde unter Bruno Labbadia entwickelte sich der VfB zwar zum emsig Punkte sammelnden Eichhörnchen. Doch, wenn man ehrlich ist, hätte jedes Spiel, in dem Punkte eingefahren wurden, auch ganz anders laufen können. Den Begriff Glück möchte ich an dieser Stelle gar nicht so sehr überstrapazieren, nachdem wir in der Vorrunde durch viel Pech und/ oder Schiedsrichterfehlentscheidungen erst in diese missliche Lage gerieten. Daher sehe ich dieses Glück in der Rückrunde viel eher als ausgleichende Gerechtigkeit und auch, wie Labbadia immer betont, die Belohnung für den immensen Aufwand an, der betrieben wird. Dass wir die nötigen Punkte zum Klassenerhalt nicht mit Glanz und Gloria einfahren würden, dürfte jedem klar sein, dem der VfB am Herzen liegt. In dieser Saison dürfen wir keine gehobene Spielkultur einfordern. Dazu sind in den vergangenen Transferperioden zu viele Fehler gemacht worden. Es wurden Leistungsträger und Identifikationsfiguren abgegeben und selten Neue geholt, die in deren Fußstapfen treten konnten, geholt. Zudem wirken sich die vielen Trainerwechsel negativ aus. Jeder Trainer durfte, im Rahmen der kaum vorhandenen Möglichkeiten, seine Wunschspieler holen. Diese Trainer sind schon lang Geschichte, die Spieler, die sie holten, aber noch vertraglich gebunden. Die Zusammensetzung des Kaders in dieser Saison passt vorne und hinten nicht. Wir haben lauter Indianer und keine Häuptlinge, die Spieler passen weder charakterlich noch von der Spielweise her zusammen. Das sind die wahren Gründe für den Absturz. Hier muss in der Sommerpause der Hebel angesetzt werden und ein Umbruch her. Ich wünsche mir hierzu von der Vereinsführung und vom Management „Eier“, diesen radikal einzuleiten. Nach dem Klassenerhalt, darf es einfach nicht wieder heißen „Ende gut, alles gut“. Die Saison muss knallhart analysiert werden und man muss sich von dem ein oder anderen Spieler trennen, der den VfB nicht weiter bringt, auch wenn der ein oder andere unter Wert abgegeben werden muss. Der VfB muss wieder eine unverwechselbare Identität bekommen und seiner Philosophie ein Ausbildungsverein zu sein, folgen. Es muss wieder ein Kollektiv entstehen, wo der eine für den anderen bereit ist, durchs Feuer zu gehen.
Als wir am vergangenen Samstag die Fahrt nach Köln antraten, spielten wir fast jedes Horrorszenario durch, das an diesem Spieltag eintreten könnte. Siegesgewiss waren wir jedoch nicht. Auch wenn Köln in den letzten Jahren stets ein gutes Pflaster für den VfB war, die Gesamtsituation ist doch in dieser Saison eine ganz andere. Wir fuhren als Außenseiter nach Köln und rechneten mit dem schlimmsten. Wie bereits in der letzten Saison bestellte ich unsere Eintrittskarten beim 1. FC Köln direkt. Der VfB bekam für sein Auswärtskontingent lediglich Stehplatzkarten sowie Sitzplätze über dem Stehblock. Diese Sitzplätze sind zum einen recht teuer, für das, dass man den Fanblock kaum sieht und hinter dem Fangnetz sitzt. Zum anderen saß ich dort schon einmal hinter einer total zerkratzten Plexiglasscheibe, die der natürliche Feind eines jeden Fotografen ist. Die Plätze auf der Gegengerade waren nur unwesentlich teurer und boten beste Sicht, auf den Platz und zu unseren Fans. Weiterer Pluspunkt, wir „belasteten“ unser Auswärtskontingent nicht. In unserem Block dürften je zur Hälfte FC- und VfB-Fans gewesen sein, gute Stimmung war also garantiert. Ich muss auch betonen, dass es eine sehr freundschaftliche Atmosphäre war, kein Gestänkere, nicht einmal, als wir uns bei „Steht auf, wenn ihr Schwaben seid“ erhoben.
Das Rhein-Energie-Stadion in Köln gehört zu meinen absoluten Lieblingsstadien. Die Stimmung dort, die enthusiastischen Fans, das Kölner Vereinslied mit der rotweißen Schalparade, allgemein ein wenig Karnevals-Flair, die Cheerleaders beim Einlaufen. All das sauge ich auf, bevor die Protagonisten den Platz betreten.
Als die Mannschaftsaufstellung verlesen wurde, keimte bei mir zum ersten Mal Hoffnung auf Besserung auf. Tamas Hajnal stand in der Anfangsformation, der Winterneuzugang, der in den vergangenen Spielen schmerzlich vermisst wurde. Erwartungsgemäß durfte auch Cacau als alleinige Spitze ran, der den gelbgesperrten Pavel Pogrebnjak gut vertrat. Da ich einen stürmischen 1. FC Köln erwartete war mir wichtig, dass der VfB ruhig und sachlich beginnt und die Kölner vom eigenen Tor weit weg hält. Dies gelang in der ersten Halbzeit überraschend gut. Diese plätscherte so dahin mit wenig zwingenden Aktionen auf beiden Seiten. Die Kölner machten einen überraschend leblosen Eindruck und boten über weite Strecken Sommerfußball. Der VfB hatte auch schon in der ersten Halbzeit mehr vom Spiel und mehr Möglichkeiten als der FC. Mehr und mehr gewannen wir den Eindruck, dass dort tatsächlich etwas zu holen sein könnte, ein Tor musste eben her.
Kurz nach dem Seitenwechsel parierte Rensing einen Kopfball von Okazaki glänzend. Der Japaner war erneut ein Aktivposten, muss auf sein erstes Tor aber weiter warten. Wenig später trabte Christian Träsch über den halben Platz, wurde nicht angegriffen und fasste sich schließlich ein Herz. Dessen Gewaltschuss schlug im Kölner Tor ein und versetzte die VfB-Ecke in einen kollektiven Freudentaumeln Schätzungsweise 6.000 VfB-Fans waren mit von der Partie und machten das Auswärts- zeitweise zu einem Heimspiel. Als zwei Minuten später Harnik die Kopfballverlängerung von Tasci ins Tor spitzelte gab es kein Halten mehr. Ein geschenkter Handelfmeter durch Kuzmanovic brachte schließlich das 0:3 und damit die Vorentscheidung. Der VfB ließ zwar die Gastgeber noch einmal hoffen, als sie Novakovic den Anschluss zum 1:3 ermöglichten, wirklich in Gefahr geriet der so lebenswichtige Dreier nicht mehr. Der VfB bot eine insgesamt gute und couragierte Leistung, auch dank den neu ins Team gekommenen Hajnal und Cacau.
Was ich schon vor Monaten predigte scheint sich ins Bewusstsein des Teams eingebrannt zu haben. Wenn einem zu Hause die Mittel fehlen, einen Gegner auszuspielen, muss man sich die Punkte auswärts holen. In der Vorrunde gelang kein einziger Auswärtssieg, in der Rückrunde nun schon derer vier. Jedoch sehe ich dies auch nicht als den einzigen Grund an, weshalb es zu Hause derzeit schlechter läuft. Die Baustelle ist nach wie vor ein riesen Manko. Die Gästefans hört man fast in jedem Spiel besser als die eigenen, zumindest ist das bei unseren Plätzen auf der Haupttribüne Seite so. So verschärft sich der altbekannte Umstand noch, dass das Stuttgarter Publikum besonders kritisch ist. Kann in einem geschlossenen Rund, in dem die Fangesänge durchs Stadion hallen, das Geraune und Gebruddle der Eventfans einigermaßen kompensiert werden, funktioniert das in der Baustelle überhaupt nicht.
Auswärts jedoch stehen die eigenen Fans wie ein Mann hinter dem Team und supporten im Normalfall über die gesamte Spieldauer hinweg. Zu Hause verteilen sich die „wahren Fans“ über sämtliche Bereiche im Stadion. Ich bin guter Hoffnung, dass die mit Beginn der neuen Saison wieder besser wird und unser Stadion wieder zu einer Festung wird. Noch zwei Heimspiele, dann haben wir das Gröbste überstanden.
Jetzt steht aber wieder mal ein Heimspiel an, am Ostersamstag gegen den Hamburger SV. Dieser hat noch eine Minimalchance auf einen Europa League Platz und möchte diese nutzen. Allerdings bestimmen derzeit eher die Vorstandsquerelen als die Kicker die Schlagzeilen. Wenigstens einigte man sich jetzt mit dem Veh-Nachfolger Michael Oenning auf eine weitere Zusammenarbeit über das Saisonende hinaus. Der HSV wird ebenfalls von großen Verletzungsproblemen geplagt. Zudem ist es fraglich, ob sich die Spieler auf das Sportliche konzentrieren können, wenn die Medien für die nächste Saison immense Gehaltseinsparungen kolportieren. Der ein oder andere Großverdiener wird sich sicherlich hinterfragen, ob es für ihn noch Sinn macht, sich den Hintern aufzureißen, um als Dank im Sommer den Laufpass zu bekommen. So stehen die Vorzeichen für den VfB nicht einmal schlecht, wenn es gelingt noch einmal so aggressiv aufzutreten und konzentriert auf die Chance zu warten. Wenn es gelingt die Hamburger vehement zu bearbeiten, könnten diese bei den sommerlichen Temperaturen schnell die Lust verlieren. Für Bruno Labbadia ist es eine Reise in die Vergangenheit. Vor fast genau einem Jahr wurde er beim HSV entlassen und hinterließ einige verbrannte Erde. Der ein oder andere Spieler ist nicht sehr gut auf ihn zu sprechen. Einen Nachteil für uns sehe ich darin aber nicht, eher könnte es sein, dass der ein oder andere Hamburger etwas übermotiviert daher kommt. Dafür kennt Bruno die Hanseaten in und auswendig und weiß hoffentlich, wie man ihnen den Zahn zieht.
Nach meiner Rechnung fehlen uns noch höchstens vier Punkte zum Klassenerhalt, der VfB täte gut daran, die ersten drei davon bereits am Samstag einzufahren. Auf ein frohes Osterfest!
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31. Dezember 2010
Der VfB Stuttgart befindet sich weiter im Ausnahmezustand. Die Auswärtspartie gegen den Hamburger SV hat der VfB mit 2:4 (1:3) verloren – und kehrt damit erneut ohne Punkte zurück.
Spielverlauf:
Die Partie hat turbulent begonnen: Bereits in der dritten Spielminute, als sich die Stuttgarter auf dem Platz noch nicht richtig organisiert hatten, führten die Gastgeber aus Hamburg bereits mit 1:0. Piotr Trochowski traf mit einem Schuss aus 17 Metern. Doch die Führung sollte nicht lange währen. Mit der ersten Offensivaktion köpfte Stuttgarts Ciprian Marica nach einem Eckball von Arthur Boka zum Ausgleich ein. Nur eine Minute später taucht Marica erneut ganz allein vor Hamburgs Torhüter Frank Rost auf. Doch der Rumäne ist zu zögerlich, so dass ihm Rost den Ball vom Fuß schnappt.
In der 15. Minute ist dann erneut eine Schiedsrichterentscheidung zum Unmut der Stuttgarter gefallen: Nach einem Foul von Stuttgarts Georg Niedermeier an Hamburgs Mladen Petric, eilt Marica zu Schiedsrichter Wolfgang Stark um sich zu beschweren. Dafür sieht der VfB-Torjäger die gelbe Karte. Doch Marica kann sich nicht beruhigen, schimpft weiter – und Stark zieht direkt die Rote Karte.
VfB erwischt Blitzstart in die zweite Halbzeit
Mit einem Mann mehr auf dem Spielfeld erarbeit sich der HSV anschließend mehr Spielanteile, ohne das Gehäuse von VfB-Torhüter Sven Ulreich in Gefahr zu bringen – bis zur 29. Minute. Nach Vorlage von David Jarolim erzielt der Hamburger Jonathan Pitroipa per Lupfer die erneute Führung für die Gastgeber. Fünf Minuten später hat Pitroipa sogar das 3:1 für den HSV auf dem Fuß (34.). Doch der Mann aus Burkina Faso scheitert völlig freistehend an Ulreich. Besser machte es dann Mannschaftskollege Petric, der in der 36. Minute zum 3:1 trifft.
Vom VfB ist dagegen wenig zu sehen. Lediglich Timo Gebhart gibt in der 41. Minute noch einen Warnschuss Richtung Hamburger Tor ab. Er verfehlt sein Ziel aber knapp.
So enttäuschend die erste Halbzeit für die Stuttgarter verlief, so hoffnungsvoll begann der zweite Spielabschnitt für den VfB. Trainer Jens Keller, der unter der Woche seinen 40. Geburtstag gefeiert hatte, wechselt Martin Harnik für Cristian Molinaro ein. Und 30 Sekunden nach Wiederanpfiff ist Harnik gleich am Anschlusstreffer von Christian Gentner beteiligt (46.). Die Stuttgarter präsentierten sich danach aktiver in der Offensive. Philipp Degen spielt allerdings in aussichtsreicher Position auf Harnik ab, statt selbst zu schießen, und die Chance ist dahin (55.).
Cleverer präsentiert sich der HSV: Altstar Ruud van Nistelrooy stellt zwei Minuten nach seiner Einwechslung in der 60. Minute mit dem 4:2 den alten Vorsprung von zwei Toren wieder her. Eine Minute später klärt dann auf der Gegenseite Hamburgs Zé Roberto einen VfB-Kopfball von Niedermeier auf der Linie (61.).
Der HSV bleibt jedoch weiter die spielbestimmende Mannschaft und hätte durch van Nistelrooy (71.) und Jarolim (73.) erhöhen können. Einen Treffer von Harnik, der das 3:4 bedeutet hätte, verwehrte Schiedsrichter Stark die Anerkennung wegen vermeintlicher Abseitsstellung. Letztlich geriet der Sieg des HSV bis zum Schlusspfiff nicht mehr in Gefahr.
Entscheidende Szene:
Ciprian Marica bewies in der 9. Minute wie wertvoll er für den VfB Stuttgart sein kann. Doch nur wenige Minuten später erwies er seinen Mannschaftskollegen einen Bärendienst. Bei einer Situation, an er gar nicht aktiv beteiligt war, sieht er die Rote Karte. Mit einem Spieler weniger auf dem Feld war bereits früh eine Vorentscheidung gefallen – erneut zu Ungunsten des VfB.
Kommentar:
Ein unnötiger Platzverweis hat die Niederlage des VfB Stuttgart eingeleitet, durch die die Sorgen der Roten immer größer werden. Vor allem bei Auswärtsspielen präsentiert sich der VfB viel zu harmlos. In sieben Spielen konnte die Mannschaft von Trainer Jens Keller erst zwei Punkte sammeln.
Hamburger SV:
Rost – Tesche, Demel, Westermann, Zé Roberto – Jarolim (90. Rincon), Tochowski – Pitroipa, Torun (79. Ben Hatira), Son (57. van Nistelrooy) – Petric.
VfB Stuttgart:
Ulreich – Degen (74. Funk), Niedermeier, Delpierre, Molinaro (46. Harnik) – Träsch (85. Kuzmanovic), Gentner – Gebhart, Boka – Cacau – Marica.
Schiedrichter:
Wolfgang Stark (Ergolding)
Zuschauer:
54.000
Tore:
1:0 Trochowski (3. Minute), 1:1 Marica (9.), 2:1 Pitroipa (29.), 3:1 Petric (36.), 3:2 Gentner (46.), 4:2 van Nistelrooy (60.)
Besondere Vorkommnisse:
Rote Karte für Ciprian Marica (15.)
(STZ 28.11.2010)
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14. Mai 2010
Leider wurde das letzte Heimspiel gegen Mainz nicht gewonnen, so dass wir in Hoffenheim noch einen Punkt benötigen würden, um sicher die Europa League zu erreichen. Europa League – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, wenn man an die Weltuntergangstimmung in der Vorrunde zurückdenkt. Jetzt aber, wo das Ziel zum Greifen nah ist, möchte man dieses natürlich auch erreichen. So, wie der VfB traditionell eine missratene Vorrunde spielt und mit unglaublichen Kraftakten in der Rückrunde noch die Kohlen aus dem Feuer holt, so schwächelt der Hamburger SV nach einer tollen Vorrunde regelmäßig in der Rückrunde. Am 16. Spieltag, nach unserem 1:1 in Mainz (wer erinnert sich nicht an Jens Lehmann auf der Flucht), hatten wir zum HSV 15 Punkte Rückstand und “verbesserten” uns gerade auf Rang 15, vor dem letzten Spieltag, man höre und staune, lagen wir drei Punkte vor dem HSV und lediglich das schlechtere Torverhältnis zwang uns, am letzten Spieltag noch etwas tun zu müssen. Auch am 22. Spieltag, nach der 1:3 Heimniederlage gegen die Hamburger, lagen wir noch 11 Punkte hinter den Hanseaten. Damals hätte niemand mehr einen Pfifferling auf die Europacup-Teilnahme des VfB im kommenden Spieljahr gesetzt. Der HSV musste allerdings selbst in Bremen gewinnen, um seine Europa League Chance wahren zu können. Hier können wir uns bei der DFL bedanken, dass der direkte Kontrahent ein starkes Kaliber am Saisonende vorgesetzt bekam. Zum einen das prestigeträchtige Nord-Derby, zum anderen musste Bremen auch noch etwas tun, um in die Champions-League-Qualifikation einzuziehen. Wir vom VfB spielten bei einer Mannschaft deren 11. Platz bereits sicher war. Dennoch birgt das Treffen mit Hoffenheim einige Brisanz. Nicht nur aufgrund der nur etwa 60 Kilometer Entfernung vom Stadion in Sinsheim nach Bad Cannstatt, auch haben die Hoffenheimer einige Ex-VfBler in ihren Reihen, nicht zuletzt ihren Übungsleiter Ralf Rangnick. Dazu kommt, dass dieses Spiel von Hoffenheimer Seite gerne als Derby angesehen wird, doch dabei nehmen sie sich wichtiger als sie sind. Derbys haben auch etwas mit Tradition zu tun, die Hoffenheim trotz der Jahreszahl 1899 in seinem Vereinsnamen beim besten Willen nicht vorweisen kann. Die TSG 1899 Hoffenheim ist das Hobby, oder soll ich sagen eines von zahlreichen Projekten, von Dietmar Hopp, Milliardär und SAP-Mitbegründer, der sich eines Tages in den Kopf gesetzt hatte, aus einem Dorf- einen Bundesligaverein zu formen, was ja auch gelang. In der Aufstiegssaison von der Regionalliga in die 2. Bundesliga hatte Hoffenheim einen Zuschauerschnitt von etwa 3.000 Zuschauern, welcher in der 2. Bundesliga, wo der Durchmarsch in die Bundesliga gelang, auf rund 6.000 Besucher verdoppelt wurde. Während alle anderen Zweitligavereine, stellt man Transfereinnahmen und –ausgaben gegenüber, höchstens eine Million ausgaben, betrugen die Transferausgaben von Hoffenheim 18.570.000 Euro (Quelle: transfermarkt.de). Also tolle Waffengleichheit und ein echtes Wunder, den Durchmarsch geschafft zu haben. Solche Mäzene machen den Fußball auf Dauer kaputt, wenn dem nicht ein Riegel vorgeschoben wird und noch weitere Retortenvereine die Traditionsvereine aus den oberen Ligen verdrängen.
Dietmar Hopp und sein Verein sind daher für die VfB-Fans ein rotes Tuch und geben immer Anlass auf unsere Tradition zu verweisen. So bei der Choreographie im Neckarstadion in der letzten Saison „Eine stolze Kurve voller Geschichte“, so auch dieses Mal, als dazu aufgerufen wurde, dass alle im weißen Trikot mit rotem Brustring kommen sollen.
Um zur Anfangsthese zurückzukommen: es würde also bei so vielen Reibungspunkten sicher kein einfaches Spiel werden, wie sonst oft, wenn es für eine Mannschaft um nichts mehr geht.
Wir hatten schon so einiges gehört, dass die Verkehrssituation am Stadion chaotisch sein soll, daher entschlossen wir uns, wieder mit dem RWS Berkheim im Bus mitzufahren, um stressfrei und problemlos wieder wegzukommen. Nach einigen größeren und kleineren Staus erreichten wir gegen 14.45 Uhr den Busparkplatz direkt vor dem Gästeeingang der neuen Rhein-Neckar-Arena. Ich spüre immer wieder ein gewisses Kribbeln in mir, wenn ich zu einem Stadion komme, in dem ich noch nicht war. Das war dieses Mal anders, weil mich dieser Verein einfach nur anwidert. Dazu passend wurden wir auch gleich von Hoffenheimer Fans angepöbelt. Komischerweise fällt den meisten aber nichts ein, wenn man sie fragt, welchen Schal sie noch vor 5 Jahren getragen haben. Das ist doch die gleiche Spezies „Fan“, die man auch bei den Bayern antrifft. Sich eben mal einem Verein anschließen, bei dem die Erfolgsaussichten größer sind als anderswo. Da bin ich doch froh, dass ich richtig VfB-Fan wurde als der VfB in der 2. Liga Süd kickte und seither durch dick und dünn mit dem Verein ging.
Wir sind dann auch gleich hinein gegangen und haben sofort unseren Platz aufgesucht. Da kam erst einmal das böse Erwachen. Wir hatten unsere Plätze in Reihe 3 und das so etwas von sichtbehindert. Der Gästeblock oder soll ich besser sagen Käfig, erinnerte stark an den in Freiburg, zumindest was die Zäune anging. Mein erster Gedanke war, ob ich von hier aus überhaupt ein gescheites Bild Richtung Spielfeld schießen könnte.
Apropos Bilder schießen: laut VfB-Faninfos für das Spiel in Sinsheim wurden vom Veranstalter nur kleine Kameras wie Canon Ixus oder Casio Exilim zugelassen, die namentlich erwähnt waren. So war ich mir unsicher, ob ich meine Kamera überhaupt mit rein bringen würde. Daraufhin fragten wir beim VfB an durchaus kompetent erscheinender Stelle an, ob das richtig ist und bekamen eine Antwort, die wir uns selbst nicht besser hätten geben können: “das haben die Hoffenheimer uns so mitgeteilt.” Daraufhin nahmen wir selbst mit Hoffenheim Kontakt auf und das ganze erwies sich als Ente. Wir bekamen es vom Fanbeauftragten schriftlich, dass meine Kamera in diesem Stadion zugelassen ist. Viel Rauch um nichts also Gott sei Dank. Das wäre ja noch schöner, bislang habe ich die überall mitnehmen können, da es ja keine Spiegelreflex-Kamera ist, die als professionelles Equipment gelten würde.
Da die Sicht vom Platz also extrem schlecht war, das Fotografieren Richtung Spielfeld so gut wie unmöglich, stellte ich mich unten an den Zaun und fotografierte durch das Gitter hindurch. Hier blieb ich die komplette Spielzeit stehen und gab den Platz natürlich auch in der Halbzeitpause nicht auf. Zu meiner Überraschung sah ich keine Ordner im Block, zumindest nicht bei uns da unten, und so wies mich auch niemand an, mich auf meinen Platz zu setzen.
Wie im badischen üblich, ertönte vor dem Spiel, begleitet von einer Schalparade, das Badener Lied. Als das ertönte, stellte ich mir die Frage, wieviele zu Hoffenheim abgewanderten Württemberger dieses jetzt wohl mitgröhlen würden.
Vor dem Spiel gab es dann noch eine Choreographie seitens der Hoffenheimer, die einfallslos und dilettantisch wirkte, angesichts dessen, was wir bei unseren letzten 3 Heimspielen vom Commando Cannstatt geboten bekamen. Wenn Hoffenheim so etwas macht, drängt sich sowieso immer gleich die Frage auf, ob die Papa Dietmar finanziert hat. Dann waren auch noch jede Menge Fahnenschwenker auf dem Platz, die haben sie sich wahrscheinlich beim BVB abgeguckt.
Der VfB wurde etwa von 3.500 Fans unterstützt, unser Kontingent war, wie so oft in dieser Saison, restlos vergriffen. Für dieses Spiel hätten laut Geschäftsstelle etwa 4 Mal so viele Karten verkauft werden können.
Die Zeit bis um 15.30 Uhr verging dann vollends schnell. Angeführt von Kapitän Delpierre betrat der VfB den Rasen zum letzten Gefecht der Saison. Jens Lehmann wurde bei seinem letzten Bundesligaspiel eine besondere Freude zuteil, durfte er doch mit seinen beiden Söhnen an der Hand ins Stadion einlaufen.
Jens Lehmann wurde ja mit Roberto Hilbert, Aleks Hleb und Ricardo Osorio letzten Samstag nach dem Mainz-Spiel vom VfB offiziell verabschiedet. Von den Hoffenheimern um den scheidenden Manager Schindelmeiser gab es dann, ebenso wie im übrigen für Timo Hildebrand, auch noch Blumen. Lehmann wird der Bundesliga sicher fehlen, auch ich bin traurig, dass er nicht noch ein Jahr dranhängt. Klar, nach dem Mainz-Spiel hätte ich ihn am liebsten sofort verbannt, doch nach den teils überragenden Leistungen in der Rückrunde, bleibt dies doch mehr haften als seine Aussetzer. Vor allem seine Wucht und Präsenz im Strafraum werden mir fehlen. Seit er in Stuttgart ist, habe ich mir bei gegnerischen Eckbällen keine Sorgen mehr gemacht, weil er doch so gut wie alles heruntergepflückt hat.
Schon früh wurde klar, dass die Hoffenheimer uns allzu gerne in die Europa League Suppe gespuckt hätten. Sie waren in den Zweikämpfen präsent und attackierten den jeweils ballführenden Stuttgarter früh und mit Zweikampfhärte. So mußte Christian Träsch, eine unserer vier deutschen WM-Hoffnungen, nach grobem Foul von Salihovic früh behandelt werden. Die Stimmung im VfB-Block war von Beginn an klasse. Seit dem Badener Lied habe ich von den Hoffenheimern nichts mehr gehört, was ja durchaus ein gutes Zeichen ist.
In der 16. Minute hieß es gleich mit der ersten Torchance 1:0 für den VfB. Cacau, der sich am eigenen Strafraum den Ball erkämpfte, schloss einen mustergültigen Konter klasse ab. Cacau, auch ein Mann der Rückrunde. Mich freut es sehr, dass er bleibt. Zwar finde ich es auch gut, wenn der Verein seine Prinzipien hat und nicht jeder Forderung nachgibt. Trotzdem hätte man sicher noch mehr Geld ausgeben müssen, um einen Nachfolger zu finden und dessen Gehaltsforderungen zu befriedigen. Bei Cacau wissen wir, was wir an ihm haben.
Die Stimmung war natürlich klasse und von den Hoffenheimern weiterhin nichts zu hören. Leider schien es dann so, dass der VfB nach der Führung einen Gang zurück schaltete. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass sie sofort versuchen nachzulegen, da den Hoffenheimern der Schock lange deutlich anzumerken war. Ich stellte vor dem Spiel schon eine zugegebermaßen etwas vermessene Rechnung auf: wir sollten mit 2, 3 Toren Vorsprung gewinnen, Dortmund verliert in Freiburg und mit etwas Glück wären wir auf Platz 5. Dieser hätte den Vorteil, dass wir später in dier Europa League Qualifikation einsteigen müßten, was wiederum dem VfB und auch uns die Sommerplanung erleichtern würde. Als Sechster haben wir das erste Qualifikationsspiel bereits am 29.7., also mitten in der Saisonvorbereitung. Da wir, wie im letzten Jahr, wieder zum Trainingslager mitfahren möchten, sind also auch wir davon unmittelbar betroffen. Ich weiß ja nicht, ob der VfB diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht gezogen hat oder nur auf den noch einen fehlenden Punkt spekuliert hat: nach der 1:3 Niederlage der Dortmunder in Freiburg wäre dies durchaus möglich gewesen. Hätte man das 0:2 nachgelegt, wer weiß, ob die Hoffenheimer die Saison dann nicht endgültig abgehakt hätten. Aber: alles hätte, wenn und aber nützt nichts, am Ende stand es 1:1.
Das Ausgleichstor, im letzten Spiel von Jens Lehmann auch noch ausgerechnet resultierend aus einer Ecke, habe ich “schön” eingefangen. Torschütze war einer der Ex-VfBler, Vukzevic mit seinem ersten Bundesligator. Das Tor fiel zum psychologisch ungünstigen Zeitpunkt in der 44. Minute. Noch vor der Pause hätte der VfB dann sogar 2:1 zurückliegen können, als Salihovic den Pfosten traf.
So ging es also mit dem 1:1 in die Halbzeitpause. In der 2. Halbzeit war Hoffenheim das druckvollere Team mit den besseren Chancen. Mit einem Ohr waren wir natürlich auch immer beim Spiel Werder-HSV. Als Pizarro in der 58. Minute Werder in Führung schoss, wichen die Zweifel, selbst sollte unser Spiel noch verloren werden, die Europa League noch zu verspielen.
In der 82. Minute dann glich Van Nistelrooy in Bremen aus, was uns noch einige Minuten Zittern bescheren sollte, doch dann war es vollbracht. Der VfB erreicht auch im vierten Jahr in Folge das internationale Geschäft, was auf der VfB-Bank wie auf den Rängen natürlich große Freude auslöste. Christian Gross hat es also geschafft aus einem Abstiegskandidaten einen Europa League Teilnehmer zu formen. Hätte man ihn schon Anfang Oktober geholt, als zumindest ich Markus Babbel schon die Wende nicht mehr zutraute, was wäre dann in dieser Saison alles möglich gewesen. Dass die Mannschaft Qualität hat, hat sie in der Rückrunde, eindrucksvoll bewiesen. So dürfen wir uns wenigstens “Rückrundenmeister” nennen.
Seit dem Bayern-Spiel hat der Kreis schon feste Tradition, in dem die Mannschaft zuerst sich selbst feiert, bevor sie zu den Fans kommt. Ich denke, diese Art der Freude und des Feiers hat Cristian Molinaro eingebracht. Molinaro ist für mich auch ein Spieler der Rückrunde. Der erste Transfer unter Mitwirkung von Christian Gross und gleich ein Volltreffer, das macht mir Hoffnung für die Zukunft. Ich hoffe sehr, dass der Verein die Kaufoption ziehen wird und Molinaro längerfristig bindet. Er tut der Mannschaft nicht nur sportlich gut (wer fragt heute noch nach Ludovic Magnin), sondern auch menschlich. Er ist immer gut gelaunt und auch zu den Fans äußerst freundlich, wirklich ein toller Typ.
Der Mannschaft wirkte man die Freude und auch Erleichterung an, dass die Saison zu Ende ist und der Druck endlich abgefallen ist. Auch für sie war es ja ein Wechselbad der Gefühle, wenn man an die Vorkommnisse rund um das Heimspiel gegen Bochum denkt und die ständigen Jubelarien jetzt in der Rückrunde.
Dass Christian Gross auch den Teamgeist neu entfacht hat, merkt man allen an, wie ausgelassen sie feiern und auch, dass sie dann, wieder war Molinaro die treibende Kraft, die Abgänge einzeln vorschickten, um sich ihren letzten Applaus abzuholen.
Den Anfang machte Ricardo Osorio, der überaus sympathische Mexikaner. Ich finde es sehr schade, dass ihm meist Celozzi, teilweise auch Boulahrouz und sogar Träschi (sogar, weil er aus dem Mittelfeld rausgezogen wurde, sonst lasse ich über den gar nix kommen. vorgezogen wurden. In den letzten Spielen konnte er sein Können noch einmal zeigen, als Celozzi verletzungsbedingt ausfiel. Mir gefiel Ricardo immer gut, als Typ, er hat aber auch immer seine Leistung gebracht und ist für einen Abwehrspieler technisch sehr stark. Danke Ricardo Osorio, mit Pavel Pardo zusammen die ersten Mexikaner überhaupt in der Bundesliga. Dass Scheiden weh tut, merkt man ihm besonders an.
Zweiter war Roberto Hilbert. Seine erste Saison war auch zugleich seine beste. Es war die Meistersaison, in der er am Gewinn des Titels großen Anteil hatte. Leider konnte er diese Leistungen danach nie mehr bestätigen. Eines konnte man ihm aber nie vorwerfen: mangelnden Einsatz und Identifikation mit dem Verein. In diesen Disziplinen war er stets ein Vorbild. Fußballerisch konnte er es leider nicht mehr besser, vielleicht tut ihm eine Luftveränderung auch gut. Vielen Dank und alles Gute Roberto!
Dritter im Bunde: Jens Lehmann. It’s time to say Goodbye kann man mit 40 Jahren schon mal sagen. Vor einem halben Jahr hätte er sich seinen Abgang von der großen Fußballbühne sicher auch nicht so emotional vorgestellt. Jetzt merkte man ihm an, dass er Mühe hatte, die eine oder andere Träne zurückzuhalten. Uns verläßt ein ganz großer seiner Zunft, dass ich ihn vermissen werde, habe ich bereits oben erwähnt. Leider konnte er mit dem VfB keinen Titel mehr seiner Sammlung hinzufügen. Danke Jens für 2 tolle Jahre.
Letzter im Bunde: Aleks Hleb, der mußte von Molinaro fast noch gezwungen werden, auch ein paar Schritte vor zu treten, so gekünstelt sah auch sein Lächeln aus. Bei ihm könnte ich sagen: “Danke für Nichts”, wenn er nicht schon eine bessere Vergangenheit in Stuttgart gehabt hätte und wenn sein Tor gegen Temesvar, das den Weg in die Königsklasse geebnet hatte, nicht gewesen wären. Sonst bleibt hängen, dass er in untrainiertem Zustand auf dem Wasen auftauchte, mehr um die Häuser zog, als es eines Fußballprofis würdig wäre und durch Undiszipliniertheiten die Autorität des Trainers untergraben hatte. Wenn er immer wieder Übungen im Training schwänzt oder aufgrund eines zu lockeren Lebensstils zu spät kommt oder nicht fit ist, verwundert es dann, dass ihn ein Disziplinfanatiker wie Gross auf der Bank schmoren läßt? Mich wundert das nicht. Genau durch solche Maßnahmen hat es Gross geschafft, wieder Disziplin und Respekt in die Mannschaft zu bekommen. Daher war es für mich völlig okay, dass Gross ihn auch im letzten Spiel auf der Bank schmoren ließ, zumal er ja in der Woche zuvor den Trainer noch kritisiert hatte. So sehr ich begeistert war im Sommer, als er kam, so froh bin ich jetzt, dass das Kapitel wieder beendet ist. Ihm kann man vielleicht wünschen, dass er wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehrt und kapiert, dass man sich Erfolg täglich neu erarbeiten muß. Sonst kann er vielleicht bis Vertragsende in Barcelona noch gut abkassieren, danach wird er aber sicher kleinere Brötchen backen müssen, was Gehalt und auch was einen zukünftigen Verein angeht.
Dann folgte natürlich die obligatorische La Ola und weiter eine ausgelassene Feier, die bis spät in die Nacht dann in Stuttgart ihre Fortsetzung fand.
Wir fuhren gegen 18 Uhr wieder los, weit hatten wir es ja Gott sei Dank nicht. Am Ende waren wir natürlich zufrieden. Auch im vierten Spiel gegen Hoffenheim nicht verloren und in den Europacup eingezogen, was will man mehr. Lange gewann ich dem Umstand, im nächsten Jahr nicht international dabei zu sein, viel positives ab. Viel Geld gibt es ja sowieso nicht zu verdienen, was Horst Heldt kürzlich zu einer ironischen Antwort verleitete auf die Frage: Was würde die Europa League Teilnahme bringen: “Mehr englische Wochen”. Ich dachte eigentlich daran, ohne englische Wochen könnte der VfB in der nächsten Saison durchstarten. Jetzt sollte man aber schon wieder darauf achten, einen größeren Kader zu besitzen, um den Kräfteverschleiß auszugleichen. Weiterer Nachteil sind die vielen Sonntagspiele, denen meist die 3. Halbzeit zum Opfer fällt, es sei denn, man kann den Montag frei nehmen. Andererseits gibt es auch in der Europa League den ein oder anderen attraktiven Gegner oder die ein oder andere attraktive Stadt, wohin es sich lohnt auch einen mehrtägigen Trip zu machen. Damit freunde ich mich natürlich auch an.
Jetzt also stehen wir vor einer 10-wöchigen Bundesligapause. Gefühlt verkürzt aber durch die WM in Südafrika und unser voraussichtlicher Besuch beim Trainingslager und beim Uhren-Cup in Grenchen. Dann folgen die ersten Qualispiele für die Europa League und das Erstrundenspiel im DFB-Pokal. Ich versuche wie immer, so viel wie möglich mit zu nehmen und werde mich in Kürze auch mal zu Jogis Löwen zu Wort melden.
Bis dahin, viele Grüße
Euer Franky
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