13. Februar 2018

Brustring-Burnout

Diese Begrifflichkeit stammt nicht von mir, sondern von einem sehr geschätzten Freund und Allesfahrer-Kollegen, der keinen Bock mehr hat und es ernsthaft erwägt, sich künftig anderen Dingen zu widmen, als ständig dem Brustring hinterher zu fahren.

Vergleiche zu schlimmen Krankheiten sollte man im Sport zwar nicht unbedingt ziehen und doch passen sie manchmal ganz gut. Schon die Jahre vor dem Abstieg verglich ich mit dem Dahinsiechen eines todkranken Patienten an lebenserhaltenden Maschinen und empfand es als pure Erlösung, als durch den Abstieg endlich der Stecker gezogen wurde. Der Burn-out per Wort-Definition bedeutet, „die innere Flamme erloschen, ausgebrannt“, was sich schon irgendwie auch auf meine Gefühlswelt in Bezug auf den VfB übertragen lässt.

Selten saß ich derart emotionslos im Stadion wie am Sonntag, selten kam nach einem dreckigen Arbeitssieg so wenig Freude auf, wie nach dem für die Tabelle so wichtigen Dreier gegen die Elf vom Niederrhein.

Dass es vielen meiner Freunde und Bekannten ähnlich geht und das Davor und Danach wichtiger ist als das Spiel, unterstreicht, dass ich mit meinen Empfindungen nicht alleine da stehe. Kaum einer hat mehr richtig Lust, nach dem Vorglühen den Fußmarsch von Bad Cannstatt zum Neckarstadion anzutreten, manch einer bleibt an den auf dem Weg liegenden Gastronomiebetrieben hängen und schaut sich den Kick lieber im Warmen und vorm Fernseher an.

Ganz so weit ist es bei mir noch nicht gekommen, wenngleich ich zugeben muss, dass es mehr die Lust am Knipsen ist, die mich stets pünktlich erscheinen lässt, als die Anwesenheit der Millionäre in kurzen Hosen.

Die Kurve, der (für mein Empfinden noch zu stille) Protest, die Choreographien, die Fahnen, die Gesänge, all das macht für mich das Stadionfeeling aus. Vorbei sind die Zeiten, als noch ein Team auf dem Rasen stand, das sich in jedem Spiel für den Brustring zerrissen hat, das den Funken vom Rasen auf die Ränge überspringen ließ und selbst die Haupt- und Gegentribünen-„Bruddler“ zu Gesängen und rhythmischem Klatschen animierte. Die Spiele sind selten vergnügenssteuerpflichtig, ein, zwei ernstzunehmende Torabschlüsse im gesamten Spiel sind keine Seltenheit. War es schon immer Usus beim Fußball, den Protagonisten auf dem Rasen durch Pfiffe seinen Unmut zu zeigen, durch Raunen technische Unzulänglichkeiten zu kommentieren und gute Leistungen mit Beifall zu belohnen, ist die Spezies Fußballprofi der Gegenwart zunehmend verweichlicht und kritikresistent.

Ein Daniel Ginczek kritisierte nach dem glanzlosen Sieg gegen schwache Gladbacher die Zuschauer, weil sie Andi Becks tölpelhafte Einlagen nicht noch mit Beifall bedachten, Kapitän Gentner hält seine Schäfchen nach desaströsen Auftritten wie in Mainz davon ab, sich der Kurve zu stellen. Eigentlich reden wir doch von Männersport und nicht von Memmensport!

Die Spieler, die in ihrer eigenen Schein- und Glitzerwelt leben, sehen sich hier noch als Opfer, ungeachtet dessen, welche Opfer die Leute in der Kurve Woche für Woche bringen. Ein wenig mehr Fan-Nähe oder Besuche beim normalen Arbeitnehmer täte dem einen oder anderen ganzen ganz gut.

Dass sich der Fußball mehr und mehr von seiner Basis entfernt, ist nicht nur den Begleiterscheinungen wie ausgeprägter Medienpräsenz und engem Terminplan geschuldet. Die Spieler werden in Watte gepackt und über ein vertretbares Maß hinaus abgeschottet. Öffentliche Trainings gab es unter Hannes Wolf fast keine mehr und wenn, höchstens unter der Woche vormittags, dass ja keiner auf die Idee kommt, vorbei zu kommen. Im Trainingslager in La Manga ging es so weit, dass selbst die 30-40 Leutchen neben dem Trainingsplatz als lästig und störend empfunden wurden. Wenn man das so alles mitbekommt, ist es für mich überhaupt nicht mehr verwunderlich, dass es auch keiner mehr hinbekommt, vor 60.000 Zuschauern den Ball aus elf Metern im Netz zu versenken.

Das bedingt nämlich in erster Linie Nervenstärke, das Fokussieren auf seine eigenen Stärken und das Ausblenden störender Nebengeräusche. Wer da schon im kleinen Rahmen ein Alibi geliefert bekommt, dann gute Nacht beim Ernstfall!

Früher, durchaus auch schon zu Zeiten, in denen der eine oder andere Fan meinte, die Spieler über ein normales Maß hinaus vereinnahmen zu müssen, gehörte das für die Profis dazu.

Nach erfolgreichen Spielen konnte man auf Heimfahrten von Auswärtsspielen auf den Rasthöfen der Republik schon mal den Mannschaftsbus treffen und mit den Spielern ein Bierchen trinken. Es gab noch den Wasen-Tag, an dem sich die Spieler auf dem Volksfest unters Volk mischten, die OFC-Weihnachtsfeier war ein Highlight und nicht zuletzt der Herbstball in der Liederhalle, bei dem man in feiner Garderobe mit Spielern und Spielerfrauen das Tanzbein schwingen oder sich an der Bar austauschen konnte. Mit ein bisschen Willen zur Volksnähe wären solche Events auch heute noch machbar und würden zum gegenseitigen Verständnis beitragen.

Dann würden die Spieler vielleicht sogar kapieren, dass Emotionen, positive wie negative, zum Fußball dazu gehören und dass sie froh sein können, dass die Leute überhaupt noch Emotionen zeigen. Wenn die Leute pfeifen, sind sie bei der Sache und es ist ihnen nicht egal, was auf dem Rasen passiert. Ich habe nicht gepfiffen, was aber durchaus daran liegen könnte, dass die Luft bei mir einfach raus ist.
Ihren guten Anteil an der Abschottung des Trosses vor dem Fußvolk dürften die Laptop-Trainer haben, die jedwede Ausreißer aus ihrem auf dem Reißbrett entworfenen Plan, als kontraproduktiv ansehen. Schließlich beginnt für sie die Vorbereitung aufs nächste Spiel mit dem Abpfiff des vorigen.

Die Mannschaft braucht sich über mangelnde Unterstützung überhaupt nicht zu beklagen. Für meinen Geschmack kommt sie noch viel zu gut weg, nachdem sie erneut einen Trainer im Regen stehen gelassen hat und nach dem Trainerwechsel wieder fein raus. Ginge es nach mir, gäbe es einen Stimmungsboykott bis Saisonende, weil ich persönlich nicht bereit bin, so schnell wieder zur Tagesordnung überzugehen.
Der Verein (bzw. die AG) machte seit der Ausgliederung so ziemlich alles falsch, was man falsch machen konnte. Die Gesichter der „Make VfB great again“-Veranstaltungen, Jan Schindelmeiser und Hannes Wolf, die für DEN neuen VfB standen, hat man entsorgt und gegen den in die Jahre gekommenen und erstmals im Rampenlicht stehenden Reschke und die personifizierte Erfolgslosigkeit auf dem Trainer-Karussell, Tayfun Korkut, ausgetauscht hat.

Statt jungen, dynamischen, hoffnungsvollen und entwicklungsfähigen Talenten, denen man Fehler verziehen hat, setzt Reschke auf Alt-Stars, die dem Spiel und erst recht dem Gehaltsgefüge nicht guttun und zudem keinerlei Wiederverkaufswert haben. Es ist kein Plan erkennbar. Wir drehen uns im Kreis und dürften im Sommer erneut vor einem Umbruch stehen. Geduld ist eine Tugend, die beim VfB nicht gefragt ist. Anstatt ein Pflänzchen wachsen zu lassen und auch Täler zusammen zu durchschreiten, wurden Hoffnungsträger entlassen und durch schnell realisierbare Notlösungen ersetzt. Planvolles Handeln sieht anders aus!

Mit dem Beerdigen des Traums eines neuen VfB kam meine Gleichgültigkeit und innere Leere, was den VfB betrifft. Derzeit ist es mir sogar völlig egal, ob der VfB die Klasse hält oder absteigt.
Mein Ärger richtet sich auch nicht gegen Tayfun Korkut, der für die Entwicklungen nichts kann. Jeder andere Trainer hätte es bei mir nach Hannes Wolf genauso schwer gehabt, weil der VfB durch das Abrücken des im Zuge der Ausgliederungs-Werbetour propagierten Stuttgarter Weges nicht nur einmal falsch abgebogen ist, sondern sich auf einem nicht hinnehmbaren Irrweg befindet.

Ein patriarchischer Präsident wie Wolfgang Dietrich, der schwaches Personal um sich schart, um in Angelegenheiten rein reden zu können, von denen er nichts versteht, lässt kaum eine Gelegenheit aus, die Tradition des Vereins hervorzuheben und Zusammenhalt zu beschwören.

Dabei ist es doch er selbst, der über Leichen geht, die Fangemeinde gespalten hat und die Unzufriedenheit der Mitglieder nicht ernst nimmt.

Sein Sportdirektor Michael Reschke wäre nach unzähligen Verfehlungen, getätigter und nicht getätigter Transfers, im Grunde nicht mehr zu halten, aber dann müsste sich Herr Dietrich ja einen Fehler eingestehen.

Geradezu grotesk, sein Versuch mittels offenen Briefes die Mitglieder zum Zusammenhalt zu beschwören. Wie oft haben wir diese Leier in den letzten Jahren gehört, was hat sich seither zum Positiven verändert? Nichts, um genau zu sein. Das ist ein weiterer erbärmlicher Versuch, endlich Ruhe in den Laden zu kriegen, um genauso weitermachen zu können. Normalerweise dürfte keine Ruhe einkehren, bis sie vom Hof gejagt sind.

Stattdessen sonnt sich der Sonnenkönig gerne im Kreise von Helden früherer Tage, am Sonntag denen von 2007. Leider lief mir auf der Haupttribüne keiner über den Weg, ein Foto mit Pavel Pardo oder auch mit Marco Streller hätte ich gerne gemacht. Letzterer macht übrigens einen hervorragenden Job als Sportdirektor des FC Basel, der hätte gerne schon mal hier bleiben dürfen.

Ebenfalls dabei, natürlich, Timo Hildebrand. Für mich kommt es äußerst peinlich rüber, wie er sich beim VfB einzuschleimen versucht. Wirbt letztes Jahr für die Ausgliederung, wird aber erst kürzlich, natürlich medienwirksam, VfB-Mitglied.

Lächerlicher und unglaubwürdiger geht es kaum, aber, auch hier wird wieder deutlich, Dietrich ist es vollkommen egal, wen er vor den Karren spannt, Hauptsache derjenige nützt ihm kurzfristig.
Hildebrand biedert sich also beim VfB an, jetzt, nach Karriereende, wollen sie halt alle irgendwie unterkommen. Bei mir ist er allerdings noch immer unten durch. Natürlich ist seine Parade in Bochum auf dem Weg zum Titel unvergessen, natürlich stand er lange Zeit, wie andere auch, für die Jungen Wilden und natürlich hält er noch immer den Rekord an Minuten ohne Gegentor.

Dass er Jahr für Jahr ein Wechseltheater sondergleichen vollzog und man am Ende wirklich froh sein konnte, als sein Wechsel nach Valencia endlich feststand, scheinen die meisten, die ihm heute noch huldigen, vergessen zu haben.

Soll er doch in Hoffenheim anheuern. Beim Trainingslager 2009 in Leogang, als sowohl der VfB als auch Hoffenheim dort ihre Zelte aufschlugen, war es ihm vor seinen Mannschaftskollegen sichtlich peinlich, von uns VfBlern begrüßt zu werden, so dass er verschämt wegschaute, während andere, wie Tobi Weis und Andi Beck, von unserer Freundlichkeit angetan waren und für einen Smalltalk stehen blieben.
Doch, zurück zur Aktualität! Korkut legte einen Start nach Maß hin, wie aussagekräftig dieser nach Spielen gegen schwache Wolfsburger und Gladbacher ist, wird sich zeigen.

Außer, dass Korkut gegen Gladbach mit einer Doppelspitze und damit offensiver als Hannes Wolf agieren ließ und es Thommy in die erste Elf geschafft zu haben scheint, hat sich personell wenig verändert. Man ist geneigt zu sagen, der Mannschaft wurde durch den Trainerwechsel das Alibi genommen, weshalb die Einstellung und die Bereitschaft des Füreinander Kämpfens besser geworden sind. Spielerisch liegt nach wie vor fast alles im Argen, gerade einmal zwei Torchancen in 90 Minuten sprechen Bände.

In der fünften Minute ging der VfB durch den einzigen sehenswerten Angriff und nach einer Stafette über Gentner, Gomez bis hin zu Ginczek in Führung. In der Folgezeit hatte Gladbach zwar fast 70% Ballbesitz, brachte die Zehnerkette des VfB aber selten in Verlegenheit. Wenn man am Ende gewinnt, hat man zwar letztlich alles richtig gemacht, ob es das aber wert ist, die Zuschauer noch mehr zu vergraulen, steht auf einem anderen Blatt. Schon am Sonntag waren deutliche Lücken in der doch eigentlich ausverkauften Cannstatter Kurve zu sehen, was den Schluss zulässt, dass sich viele schon abwenden.

Wer diese Stammgäste dann auch noch mit Scheinargumenten kritisiert, wie, „es war doch klar, dass wir als Aufsteiger gegen den Abstieg kämpfen“, hat den Schuss nicht gehört.

Keiner erwartet, dass der VfB sofort wieder oben angreift, jedem ist bewusst, dass das Saisonziel einzig und allein der Klassenerhalt ist. Die Unzufriedenheit liegt darin, dass der VfB sämtliche Pläne des vergangenen Sommers ad acta gelegt hat und wieder ein (austauschbarer) Bundesligist wie jeder andere geworden ist.

Was ist unsere Identität, für was steht der VfB noch, abgesehen von den guten alten Zeiten? Wird alles dafür getan, jungen Hoffnungsträgern wie Santiago Ascacibar und Benjamin Pavard ein Umfeld und ein Team zu bieten, in dem sie sich wohl fühlen und mit dem sie daran glauben, ihre persönlichen Ziele zu erreichen?

Oder werden sie nicht eher durch das permanente Chaos im Club vergrault, so dass sie das Weite suchen und was uns am Ende erhalten bleibt, sind jene Spieler, die beim VfB ihr Gnadenbrot bekommen?
In Augsburg hängen die Trauben traditionell für den VfB hoch, positiv schon im Vorfeld, egal wie es ausgeht, der Trainer dürfte auch am Montag noch der Gleiche sein.

Was mich angeht, werde ich ähnlich emotionslos hinfahren, wie ich schon die Fahrt nach Wolfsburg angegangen bin. Ich freue mich auf die (leider viel zu kurze) Busfahrt und die Leidensgenossen vom Fanclub und hoffe auf eine gute Perspektive im Stadion, die auf der Haupttribüne in Reihe 1 gegeben sein sollte.

Da es bei den bayerischen Schwaben im Gästebereich traditionell „bleifrei“ gibt, ist es sicher von Vorteil im neutralen Bereich zu verweilen und sich den Auftritt der Brustringträger versuchen schön zu trinken. Das alles ist für mich schon mehr als die halbe Miete für einen gelungenen Fußballnachmittag, ganz egal welches Ergebnis am Ende auf der Anzeigetafel steht. Das ist mir nämlich mittlerweile ziemlich gleichgültig geworden.

Eine positive Nachricht ereilte uns dann unter der Woche doch noch. Die Amateure werden auch in der nächsten Saison fortbestehen. Zwar unter dem Mantel einer U21, aber, immerhin. In der Regionalliga, und hoffentlich eines Tages auch wieder in der 3. Liga, findet man ihn noch, den ehrlichen Fußball in heruntergekommenen Stadien und vor leidenschaftlichen Fankurven.

Geht die Entwicklung im Milliardengeschäft so weiter, lenkt die DFL nach den bundesweiten Protesten nicht ernsthaft ein und wird man vom Verein weiterhin nur für dumm verkauft, wäre es eine Option, nur noch zu den Amas zu gehen und den Profifußball, mit all seinen unangenehmen Begleiterscheinungen, irgendwann links liegen zu lassen.

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27. September 2017

Riegel-Hannes!

Zum Abschluss der englischen Woche und zum Wasenauftakt hatte der VfB den FC Augsburg zu Gast. Nach dem Heimsieg gegen Wolfsburg, der Trainer Jonker den Job kostete, und der ärgerlichen Niederlage am Dienstag in Mönchengladbach, reichte es gegen die bayerischen Schwaben (nur) zu einer Punkteteilung.

Das Intro für dieses Spiel bot von beiden Fanszenen jeweils eine Choreographie, während die der Augsburger im Antlitz derer in der Cannstatter Kurve nur verblassen konnte. Das Motto hieß dieses Mal „Schwabenmetropole Stuttgart“ und war schlicht in den Farben des Stuttgarter Stadtwappens gehalten. Kurze Zeit später gingen im Augsburger Block noch grüne und rote Rauchschwaden hoch, während in der Cannstatter Kurve der altbekannte Banner „Bazitrachten raus aus Stuttgart“ präsentiert wurde.

Die Aversion vieler gegen die Unsitte aufs Cannstatter Volksfest verkleidet wie im Fasching zu gehen, artete Zeitungsberichten nach am Samstag aus und mündete sogar in Handgreiflichkeiten, wenn man den Berichten Glauben schenken darf. Das ginge auch für mich zu weit, wenngleich mich dieser Kostümball schon auch extrem nervt. Nicht nur in Cannstatt kann man sich durch die Sauftouristen belästigt fühlen, auch die Bahnen sind übervölkert von vorglühendem Partyvolk in billigen Trachten, so dass der Volksfest-Höhepunkt für mich längst der Kehraus ist.

Da das Spiel wenig Spektakuläres bot, beschäftigt man sich in den Tagen danach eben mit diesen Nebensächlichkeiten. Schon als ich eine Stunde vor Spielbeginn die Mannschaftsaufstellung las, ahnte ich, dass an diesem Tag ein Feuerwerk höchstens auf den Rängen stattfinden würde. Es ist keineswegs so, dass ich mit einem Punktgewinn gegen den FC Augsburg nicht leben könnte, wenn man sich die jüngste Bilanz gegen die Fuggerstädter vor Augen führt. Sage und schreibe sieben Niederlagen am Stück standen in den letzten Aufeinandertreffen zu Buche, diese Negativserie konnte durch das Remis durchbrochen werden. Zudem ist der FC Augsburg stark in die Saison gestartet, schlug unter der Woche Leipzig zu null und ist nach der Auftaktniederlage gegen den HSV nunmehr seit fünf Spielen ungeschlagen.
Dass Hannes Wolf in Anbetracht dieser Vorzeichen sein Team nach dem Motto „Safety First“ auf- und einstellte, fand ich nachvollziehbar. Im letzten Duell auf heimischem Boden, noch unter Alexander Zorniger, setzte es im Neckarstadion im Abstiegsjahr ein desaströses 0:4, so dass für Samstag zunächst einmal Vorsicht die Mutter der Porzellankiste war.

Anders als Zorniger wollte Wolf den bayerischen Schwaben nicht ins offene Messer laufen und setzte auf ein Abwehrbollwerk, das sich gewaschen hatte. Sage und schreibe acht Defensivspezialisten, darunter vier gelernte Innenverteidiger, schickte Wolf auf den Platz. Die offensive Fahne sollten lediglich der erneut starke Donis, Brekalo und in vorderster Front Terodde hoch halten. Die leise Hoffnung hatte ich ja, dass Wolf im späteren Spielverlauf offensiv nachlegen würde, als aber in der 65. Minute auch noch der defensivere Orel Mangala für Brekalo eingewechselt wurde, fand ich mich langsam mit dem torlosen Unentschieden ab.

Manch einer wird monieren, dass eine derart defensive Aufstellung einer Heimmannschaft unwürdig und für das Publikum eine Zumutung ist, ich hatte dafür in diesem Spiel Verständnis, weil wir Aufsteiger sind und der Spatz in der Hand eben manchmal besser ist als die Taube auf dem Dach. Sieben Punkte nach sechs Spielen, keine herausragende, jedoch eine akzeptable Zwischenbilanz. Wir sind in der Liga angekommen und Hannes Wolf hat es geschafft, die Defensive im Vergleich zu den Vorjahren gehörig zu stabilisieren.

DER Turm in der Schlacht im Defensivverbund war bei seinem zweiten Einsatz für den VfB erneut Holger Badstuber. Was dieser Mann abräumt, im Spielaufbau leistet und wie er brenzlige Situationen mit einer spielerischen Leichtigkeit löst, ist phänomenal. Wenn er sein Verletzungspech ablegt und einigermaßen regelmäßig einsatzbereit ist, ist mir, was den Klassenerhalt betrifft, nicht bange.
Er verleiht unserer Defensive allein durch seine Präsenz ein Mehr an Sicherheit, wovon irgendwann auch die schwächelnde Offensive profitieren dürfte. Steigt das Vertrauen in die Hintermänner, lässt es sich auch unbeschwerter nach vorne spielen, zumal mit Ascacibar nun ein Sechser da ist, der resolut in den Zweikämpfen ist und den Rasen umpflügt wie kein zweiter in der Mannschaft.

Für den verletzten Gentner rückte Benjamin Pavard auf die Doppelsechs und nicht Burnić oder Ofori, während Kaminski mit Baumgartl und Badstuber die Dreierkette bildete. Kaminski spielte solide und rettete das Remis eine Viertelstunde vor Schluss, als er in höchster Not Finnbogason die Kugel abluchste, während Baumgartl in einigen Situationen zu fahrig agierte.

Badstuber unterband durch technisch anspruchsvolle Einlagen bedrohliche Aktionen zuhauf und erntete dafür Szenenapplaus, was Baumgartl dazu bewog, es ihm gleichzutun, was sich beinahe gerächt hätte. Er wäre gut beraten, sich die Sicherheit durch einfaches und konzentriertes Passspiel zu holen und einfach in seinem Bereich nichts anbrennen zu lassen.

Die (neuen) Außen der bei gegnerischem Ballbesitz von einer Dreier- zur Fünferkette werdenden Abwehrformation sind defensiv bisher weitestgehend ein Gewinn. Sowohl Dennis Aogo als auch Rückkehrer Andreas Beck bringen viel Ruhe und Erfahrung mit ein, sind aber mit jeweils über 30 Jahren nicht (mehr) die Flügelflitzer, die auch mal einen Mann überlaufen und bis zur gegnerischen Grundlinie vorstoßen können.

Über die Rückkehr von Andreas Beck habe ich mich nach der Bekanntgabe des Transfer zwar gefreut, auch wenn ich skeptisch wegen seines fortgeschrittenen Alters war und man von ihm aus der Türkei eben auch nicht mehr viel gehört hatte. Er ist trotz seiner Vergangenheit im Kraichgau ein sympathischer Typ geblieben, man nimmt es ihm ab, dass der VfB in all den Jahren „sein“ Verein geblieben ist. Noch mehr hätte mich diese Vereinsverbundenheit gefreut, wenn er schon zurück gekommen wäre, als er noch in der Blüte seines Schaffens war und nicht erst im Spätherbst seiner Karriere, wo auf den ersten Blick der Eindruck entsteht, es wolle einer gemütlich und daheim bei Muttern seine Karriere ausklingen lassen.

Wäre er zurückgekehrt, als es dem VfB wirklich dreckig ging, hätte er Kultstatus erlangen können, so aber wird es nur eine kurze zweite Episode mit ihm werden. Ich bin mal die Rechtsverteidiger der letzten Jahre durchgegangen, um vor Augen zu führen, was uns hätte alles erspart werden können, hätte er sich früher zum Brustring zurück besannt. Dort finden sich Namen, angefangen mit Khalid Boulahrouz (den ich allerdings sehr schätzte), über Stefano Celozzi, Philipp Degen, Gotoku Sakai, Tim Hoogland, Toni Rüdiger, Daniel Schwaab, Florian Klein, Matthias „Zimbo“ Zimmermann, Kevin Großkreutz bis hin zu Jean Zimmer. Kaum einer taugte zur Dauerlösung, so dass diese Planstelle zur Dauerbaustelle wurde. Seit Ricardo Osorio, an dem Beck seinerzeit nicht vorbei kam, ist die Position des Rechtsverteidigers, wie auch mit Abstrichen das Pendant auf der linken Seite, DIE Problemzone im VfB-Spiel. Es bleibt zu hoffen, dass Andi Beck dieses Problem wenigstens kurzfristig beheben kann.

Nach den bisherigen sechs Saisonspielen wurden die Auftritte des VfB meist gelobt, selbst als keine Punkte eingefahren wurden. Man spiele ordentlich mit, habe viel Ballbesitz und man sei in keinem Spiel wirklich chancenlos gewesen, etwas mitzunehmen. Das ist zwar alles richtig und doch kam für meinen Geschmack vom VfB zu wenig. In den verloren gegangenen Auswärtsspielen wurde man immer erst initiativ, als man zurücklag und das Kind bereits im Brunnen lag. Vor den Gegentoren war die Sicherung des eigenen Kastens oberste Maxime, das Offensivspiel wurde, bis es hinten einschlug, fast gänzlich vernachlässigt. Was bringt also Ballbesitz, wenn man damit nicht den Weg nach vorne sucht, sondern die Kugel in der eigenen Hälfte zirkulieren lässt? So war es meist eine Frage der Zeit, bis der Gegner „ernst“ macht und in Führung geht. Dem Offensivspiel, das wurde bisher nahezu in jedem Spiel deutlich, fehlen Impulse. Wenn dann noch, wie in den letzten beiden Spielen, Akolo ausfällt, der zwei unserer bisherigen drei Saisontore erzielt hat, ist unser Sturm nur ein laues Lüftchen.

Simon Terodde, so wirkt er auf mich seit seinem verschossenen Elfmeter gegen Mainz, plagt die Angst vor seinem ersten Bundesligator im zarten Alter von 29 Jahren. Er verkrampft zunehmend und wirkt immer unglücklicher in seinen Aktionen, so dass man nur hoffen kann, dass bei ihm endlich der Knoten platzt oder Daniel Ginczek schnell eine Option für die Startelf darstellt.

Was dem VfB nach dem Abgang von Maxim komplett abgeht, ist ein kreativer Mann hinter den Spitzen, der den tödlichen Pass spielen und für Überraschungsmomente sorgen kann. Hat sich der Streit mit Jan Schindelmeiser unter anderem daran entladen, dass dieser Maxim abgab, ohne einen adäquaten Ersatz präsentiert zu haben, darf man, ohne gleich als Vollidiot betitelt zu werden, die Frage an Michael Reschke richten, weshalb er dann keinen geholt hat, wo er doch so gut vernetzt zu sein scheint. Zeit hätte er noch genügend gehabt.

Nun aber ist eine kurzfristige Belebung der Offensive kaum zu erwarten, jedenfalls so lang nicht, bis Carlos Mané wieder zur Verfügung steht. Wolf wird weiter improvisieren und einen Fußball spielen lassen müssen, der ihm selbst widerstreben dürfte. Doch, als Mittel zum Zweck ist alles erlaubt, was uns von den Abstiegsplätzen fern hält.

Eigentlich will ich ja von alten Statistiken, die geschrieben wurden bevor Hannes Wolf seinen Job beim VfB antrat, nichts wissen. Nach dem Abstieg hat sich der VfB runderneuert, fast kein Spieler, der für die genannten Statistiken verantwortlich zeichnete, ist noch da. Und trotzdem ist vieles wie immer, wenngleich einiges natürlich besser geworden ist.

Wir können in Berlin, Gelsenkirchen und Mönchengladbach nicht (mehr) gewinnen und tun uns gegen den FC Augsburg extrem schwer. Dass es auch anders geht, zeigten die knappen Heimsiege gegen Mainz und Wolfsburg, unsere letzten Gegner vor dem Abstieg.

Augsburg zu Hause war in der jüngeren Vergangenheit ein Brett, so dass dieses Pünktchen am Ende als Bonuspunkt durchgehen könnte. Zudem blieben wir im Neckarstadion weiterhin ohne Gegentor, was Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben geben dürfte.

Insgesamt sehe ich uns im Soll und bin optimistisch, dass wir in Frankfurt, ein Pflaster, das uns in den letzten Jahren immer gut gelegen hat, den ersten Auswärtssieg einfahren werden.
Das bedingt ein wenig mehr Risiko nach vorne und vor allem den unbedingten Willen, das erste Tor zu schießen. Versteckt man sich wie das Kaninchen vor der Schlange und lädt die Eintracht ein, uns hinten hineinzudrängen, wäre es für mich der falsche Ansatz.

Ein Auswärtssieg würde den Punkt gegen Augsburg vergolden und uns beruhigt in die Länderspielpause gehen lassen, denn, danach wartet zu Hause der nächste dicke Brocken auf uns. Deutlich wird das nicht unbedingt beim Blick auf die Tabelle, denn, der FC ist ja bekanntlich Schlusslicht, aber, womit wir wieder bei den Serien wären, seit 1996 gewann der VfB kein Bundesligaheimspiel mehr gegen die Geißbockelf.

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5. August 2017

Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan

Die gestrige Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Jan Schindelmeiser ist nicht mehr Sportdirektor beim VfB Stuttgart.

Auch ich war und bin es noch immer, fassungslos! Heute stehe ich, wie so oft in den letzten Jahren, am Scheideweg als Fan und frage mich, weshalb um alles in der Welt ich diesem Klepperlesverein Woche für Woche folge und nicht einmal dann von ihm lassen kann, wenn er mich zum x-ten bitterlich enttäuscht hat. Dann reift schnell die Erkenntnis, dass das einfach nicht geht. Der VfB ist nicht nur eine Handelskette, die man wechseln könnte, wenn sie einen verärgert, der Herzensverein ist mehr, eine Entscheidung fürs Leben, unabhängig von den handelnden Personen. Auf diese hat man, jetzt in der AG noch weniger als zuvor, keinen Einfluss und muss für sich das Beste draus machen. Was ich als Kunde (das sind wir doch schließlich) nicht machen muss, ist es, alles gutzuheißen und Leuten zu vertrauen, die für mich nichts anderes als ihren eigenen Vorteil und den Erhalt ihres Postens im Sinn haben.

Mit Schindelmeiser hatten wir zum ersten Mal seit Rolf Rüßmanns Zeit wieder einen Mann auf der Kommandobrücke, der den Job von der Pike auf gelernt hat. Nach Interimslösungen Magath und Briem/ Schneider folgten Azubis wie Heldt, Bobic und Dutt, die Manager spielen durften. Das sich auf die Fahnen geschriebene „Ausbildungsverein“ galt fortan nicht nur für die Spieler sondern auch die Sportdirektoren. Wohin uns dieser Stuttgarter Weg gebracht hat, ist bekannt.

Nach zähem Ringen (oder auch zaudern) präsentierte der Aufsichtsrat im Juli des vergangenen Jahres Jan Schindelmeiser als neuen Sportdirektor, weil man nach „reiflichen Überlegungen“ von ihm überzeugt gewesen sei, was schon damals aufgesetzt wirkte. Schließlich war Schindelmeiser direkt nach dem Abstieg schon frei gewesen und Dutts Aus kam ja auch nicht von heute auf morgen. So bekam dessen Verpflichtung das Gschmäckle, nicht erste sondern allenfalls vierte oder fünfte Wahl gewesen zu sein.

Derselbe Aufsichtsrat (angeblich ging der Daumen pro Entlassung ja von allen „einstimmig“ nach oben) mokiert sich nun ein Jahr später über die Arbeitsweise von Jan Schindelmeiser und darüber, dass seine Transferpolitik wirr und vogelwild sei und stark an seine letzte Zeit in Hoffenheim erinnere.

Abgesehen davon, dass man in Erfahrung hätte bringen können, worauf man sich mit Schindelmeiser einlässt, ist es doch so, dass der Sportdirektor am Ende allein den Kopf hinhalten muss.

Warum sollte Schindelmeiser seine Vorstandskollegen, die ihre Stärken im Finanz- und Marketingbereich haben, über jeden Gang bis ins kleinste Detail informieren? Wieso beansprucht dies überhaupt das Kontrollorgan Aufsichtsrat für sich? Hat dies und damit in erster Linie der e.V.-Präsident, der in der AG „nur“ noch im Aufsichtsrat sitzt, etwa noch nicht verinnerlicht? Ist es nicht in der Natur der Sache, dass der Sportvorstand das Handeln im sportlichen Bereich bestimmt? Dass es der Presse nicht in die Karten spielt, dass neuerdings im Verborgenen gearbeitet wird, liegt auf der Hand. Muss dann aber auch der Aufsichtsrat beleidigte Leberwurst spielen, wenn man ihn über angedachte Verpflichtungen nicht ständig auf dem Laufenden hält? Was soll Schindelmeiser den Wirtschaftsbossen, Fanvertreter und den Ex-Spielern Buchwald und Ohlicher, die Sportmanagement nur vom Hören Sagen kennen, ständig erzählen? Sind es nicht die Ergebnisse, die letztendlich zählen? Oder geht es mal wieder um Eitelkeiten, weil sich Herren, die „in freier Wildbahn“ als Alphatiere unterwegs sind, zurückgesetzt fühlen?

DAS Erfolgskonzept der letzten Monate war für mich eindeutig die gute Zusammenarbeit zwischen Sportdirektor und Trainer. Da diese zu Beginn seiner Mission mit Jos Luhukay nicht gut funktionierte, korrigierte Schindelmeiser dies und zog mit Hannes Wolf einen wahren Glücksgriff an Land. Noch immer hat(te) man den Eindruck, die beiden harmonierten prächtig und funken vor allem auf einer Wellenlänge, was die Kaderzusammenstellung angeht. Stück für Stück besorg(te) Schindelmeiser jene Puzzleteile, die Hannes Wolf fehlen, um die Mannschaft seiner Idealvorstellung näher zu bringen.

Für mich war die bisherige Transferpolitik schlüssig und nachvollziehbar. Als Verein, der selbst nach der Ausgliederung nicht auf Rosen gebettet ist, muss man sich im überhitzten Transfermarkt zunächst einmal hinten anstellen.

Noch immer, der Neymar-Wahnsinn verdeutlicht es, bedienen sich die Finanzstärksten bei anderen absoluten Top-Teams. Erst wenn deren Kader, von „oben nach unten“ stehen, kommt ein Aufsteiger wie der VfB an die Reihe.

Auch wenn viele schimpfen, weil unser Kader Anfang August noch nicht komplett ist, habe ich vollstes Verständnis dafür und kaue nicht nervös an meinen Fingernägeln. Es war noch nie so viel Geld im Kreislauf, noch nie wurden derart horrende Summen verlangt und bezahlt wie in diesem Transfersommer. Deshalb kann in alle Richtungen noch viel passieren.

Aus diesem Grund ließ mich auch die bislang erfolglose Suche nach Verstärkungen im Defensivbereich nicht verzweifeln, im Gegenteil, ich war davon angetan, dass man keinen sinnlosen Schnellschuss getätigt hat, nur um die Leute zu beruhigen.

Für mich hatte alles Hand und Fuß, was Schindelmeiser für den VfB geleistet hat. Wohltuend ruhig und sachlich wurde mehr gearbeitet als geschwätzt, Transfers wurden erst bekannt, wenn sie in trockenen Tüchern waren. Das kannte man vom VfB so seit Jahren nicht.

Weil man sich beim VfB mit Maulwürfen (vor allem im Aufsichtsrat) bestens auskennt, sind die Schindelmeiser zum Vorwurf gemachten Alleingänge sicherlich ein Stück weit notwendig gewesen, um das eine oder andere Geschäft im letzten Moment nicht noch zu gefährden.

Angeblich wurde Schindelmeiser darüber hinaus intern kritisiert, dass er es im Laufe des Jahres nicht geschafft habe, einen Kaderplaner einzustellen. Mit Verlaub, bei den vielen Hansels, die für viel Geld auf dem Wasen herum springen, ist da ein Kaderplaner derart wichtig, um sich deshalb mit seinem wichtigsten Mann zu überwerfen?

Wolf und Schindelmeiser bau(t)en das Team der Zukunft, Hitzlsperger und Kienle, sollten diesen zuarbeiten und dafür verantwortlich sein, dass es in naher Zukunft wieder Talente aus dem eigenen Nachwuchs in den Profikader schaffen. Da über Jahre im Nachwuchsbereich geschludert und vor allem in der Bobic-Ära viel Porzellan zerschlagen wurde und Koryphäen vergrault wurden, erfordert der Wiederaufbau Zeit.

Es kann Schindelmeiser nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass das Potential des Nachwuchsleistungszentrums brach liegt und man noch nicht die erhofften Früchte erntet.

Schindelmeiser hat an einigen Stellschrauben gedreht, ob diese Änderungen Erfolg bringen oder nicht, lässt sich heute noch überhaupt nicht sagen. Jedenfalls löste er alte Seilschaften aus Bobic- und Dutt-Zeiten auf und installierte von unten bis hin zu den Amateuren neue Trainer. Das jahrelange Missmanagement im Nachwuchsbereich, das im Abstieg unserer Amateure und dem Fast-Abstieg der U19 gipfelte, lässt sich nicht binnen eines Jahres beheben. Dafür benötigt es Geduld, die man in der AG wohl nicht aufzubringen bereit ist. Wenn Schindelmeiser eines nicht konnte, dann, zaubern!

Mit den bislang getätigten Transfers kann ich nach den Eindrücken der beiden Trainingslager vollauf leben, wenngleich ich weiteren echten Verstärkungen natürlich auch nicht abgeneigt wäre.

Unsere Defensivprobleme der letzten Jahre werden mir zu sehr immer nur an der Viererkette festgemacht. Dabei geht es doch um das Defensivverhalten der gesamten Mannschaft! Mit Zieler, einem Torwart der ähnlich wie zuletzt Jens Lehmann dirigiert und seine Vorderleute stellt und einem durch die Verpflichtungen von Burnić und Mangala stärker gewordenen zentralen Mittelfeld, sehe ich uns auch ohne Verstärkung in der Innenverteidigung besser aufgestellt als in der Vorsaison.

Sollten diese beiden, zusammen mit Ebenezer Ofori, ihr Potential ausschöpfen und sich dem Bundesligafußball anpassen, könnte es für einen wie Christian Gentner schnell sehr eng werden. Im Trainingslager im Stubaital war ich von den dreien sehr angetan, vor allem was ihre technische Beschlagenheit, ihr Raum- und Spielverständnis und ihre Schnelligkeit angeht. Auf viele junge Spieler zu setzen, birgt natürlich Chancen und Risiken zugleich, da der Kader aber auch in der Breite derzeit nicht schlecht aufgestellt ist, wäre mir davor nicht bange.

Bis gestern sah ich in der Innenverteidigung Timo Baumgartl und Benjamin Pavard als favorisiert an und liebäugelte nach seiner starken Vorbereitung mit „Zimbo“ Zimmermann als rechtem Verteidiger.

Nun wurde, dem Vernehmen nach eskalierte wegen dieser Personalie der Streit zwischen Dietrich und Schindelmeiser, Holger Badstuber verpflichtet. Im letzten halben Jahr auf Schalke hat Badstuber keine Bäume ausgerissen, so dass ich, ähnlich wie es Jan Schindelmeiser auch gewesen sein soll, sehr skeptisch bin, ob uns dessen Verpflichtung weiter bringt.

Entweder man vertraut der bisherigen Innenverteidigung bedingungslos und baut sie auf, oder man holt jemanden, der sofort unumstrittener Stammspieler werden soll. Dann aber präsentiere ich keine halbgare Lösung mit einem Spieler, bei dem man nach jedem Zweikampf Angst haben muss, dass er liegen bleibt und länger ausfällt.

Auf dem Fan-Abend letzte Woche Freitag in Neustift im Stubaital hatte ich Gelegenheit, mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden und e.V.-Präsidenten Wolfgang Dietrich zu sprechen.

Eine Sache brannte mir unter den Nägeln, nämlich, jener Artikel von Gunter Barner in den Stuttgarter Nachrichten vom 18.07.2017, in dem er, damals zur allgemeinen Verwunderung, von atmosphärischen Störungen zwischen Schindelmeiser und den AG-Kollegen berichtete.

Ich fragte ihn also direkt, ob etwas dran sei und ob man sich um Jan Schindelmeiser sorgen müsse. Dies verneinte er! (!)

Ich war schon auf einigen Fan-Abenden und hänge meist Dinge, die ich dort erfahre, nicht an die große Glocke. Über Kevin Großkreutz in Lagos, kein Wort, Ehrenwort! ;-) .

Aber hier, sorry für die deutlichen Worte, fühle ich mich jetzt doch verarscht. Ich bin bei weitem nicht so blauäugig zu glauben, dass man mir bei solchen Anlässen alles auf die Nase binden würde, aber, es gibt diplomatischere Kandidaten, Veh war zum Beispiel so einer, die, wenn es ans Eingemachte geht, eben sagen, „darüber kann ich nichts sagen“ oder einen zwischen den Zeilen an seinen Gedanken teilhaben lassen.

Barner kanzelte er im Gespräch ab, „der habe zwei, drei Spielerberater angerufen, die momentan beim VfB nicht zum Zuge kämen und daraus sei dieser Artikel resultiert. Es wäre normal, dass auch mal kontrovers diskutiert werden würde, am Ende zögen jedoch alle an einem Strang.“

Danach erkundigte ich mich noch nach dem Stand der Verpflichtung eines neuen Innenverteidigers bzw. ob auf jeden Fall noch einer kommen würde. Das relativierte er und meinte, man wolle Jungs wie Pavard (dessen großartiger Dankespost an Jan Schindelmeiser hier https://www.facebook.com/BenjaminPavardOfficial/posts/1336949399734018) und Baumgartl den Weg nicht um jeden Preis versperren und sie in ihrer Entwicklung bremsen. Ich fragte dann, ob Hannes Wolf das genau so sieht, was er bejahte und mich beruhigte!

Dietrich brachte dann von sich aus den Namen Neven Subotic ins Spiel, den viele fordern würden, den er aber nicht wolle, weil er vermutlich zu satt sei und bereits fast alles gewonnen habe. Der VfB brauche hungrige Spieler, die Mentalität mitbringen und sich mit dem Verein zu 100% identifizieren.

Irgendwie plausibel, zumal ich, siehe oben, auch in der jetzigen Besetzung keine übergroßen Bauchschmerzen bekäme. Plausibel zumindest dann, wenn nicht eine Woche später Holger Badstuber als die neue Innenverteidiger-Hoffnung präsentiert worden wäre. Der hat noch mehr gewonnen als Subotic, ist gleich alt, nur um einiges verletzungsanfälliger. Ob Schindelmeiser Badstuber unbedingt wollte und Dietrich nicht, oder umgekehrt, da gehen die Berichte auseinander. Selbst, sollte Schindelmeiser sich durchgesetzt haben und ihn gegen den Willen des Aufsichtsratsvorsitzenden geholt haben, wäre zu hinterfragen, weshalb Schindelmeiser dann nicht vorher entlassen wurde, wenn sich daran der Streit entlud. Eine klare Linie jedenfalls sieht anders aus!

Hätte ich mir also sparen können, das Gespräch, aber, hinterher ist man halt immer schlauer. Über die Gründe des Rausschmisses wird man wohl nie die Wahrheit, vor allem die von beiden Seiten, erfahren, so dass uns Fans und Bloggern nichts anderes übrig bleibt, fleißig mit zu spekulieren, zumal das Vertrauen in die Vereinsführung auf einem neuerlichen Tiefpunkt angekommen ist.

Mein Eindruck über diesen Präsidenten verfestigt sich immer mehr. Er, der Kandidat des Aufsichtsrats musste kommen, um die Ausgliederung durchzudrücken und mit eisernem Besen zu kehren, stets im Interesse der Sponsoren und damit in erster Linie denen von Daimler Benz. Die Schindelmeiser zur Last gelegten Alleingänge können auch in die Richtung interpretiert werden, dass sich so mancher auf den Schlips getreten fühlte, weil er nicht bis ins letzte Detail in die Vorgänge involviert war.

Schindelmeiser soll es auch sauer aufgestoßen sein, dass Dietrich so offensiv verkündet, man wolle schon bald die Nummer drei in Deutschland hinter den Bayern und dem BVB sein und in sehr naher Zukunft bereits die Championsleague-Plätze anpeilen. Natürlich sitzt es in einem Geschäftsmann drin, dass man sich hehre Ziele setzen muss, um überhaupt welche zu erreichen. Doch, da trennt sich nun mal die Spreu vom Weizen. Schindelmeiser kommt aus dem Fußball und weiß, dass man als Aufsteiger erst einmal gut daran tut, kleinere Brötchen zu backen. Der letzte Präsident, der von der Championsleague träumte, „führte“ uns schließlich in die 2. Liga.

Für mich hat Schindelmeiser bis dato alles richtig gemacht. Auch die Philosophie, mit hochkarätigen Leihspielern, die man sonst nicht bekommen würde, eine schlagkräftige Truppe zu formen, ist für mich so lang legitim, so lang der Trainer dazu bereit ist, jedes Jahr ein neues Team zu formen. Da es Hannes Wolf offensichtlich eine große Freude bereitet, mit jungen entwicklungsfähigen Spielern zu arbeiten und sie von Tag zu Tag besser zu machen, sehe ich nichts Verwerfliches daran, hungrige Spieler auszuleihen.

Insgesamt stelle ich Schindelmeiser daher ein herausragendes Arbeitszeugnis aus und stelle fest, dass er im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten das Beste für den VfB herausgeholt hat. Seine ruhige Art, seine Geduld, seine Politik der kleinen Schritte wirkten wohltuend auf mich nach dem Größenwahn der letzten Jahre. Schindelmeiser war der Einzige, dem man blind sein Geld anvertrauen hätte können und bei dem man sich sicher sein konnte, dass er verantwortungsvoll damit umgeht.

In der endlosen Ausgliederungsdebatte waren Hannes Wolf und er das Faustpfand, wie oft hörte man im Vorfeld der Abstimmung Stimmen wie „der schmeißt die Kohle nicht zum Fenster raus“. Ich warnte, wie die anderen Ausgliederungskritiker auch, nicht zu kurz zu denken und die Entscheidung für oder wider Ausgliederung nicht an derzeit handelnden Personen festzumachen, weil diese schneller weg sein könnten, wie man gucken kann. Ich schrieb damals, “dieser Vereinsführung traue ich nicht über den Weg” und fühle mich heute (leider) so etwas von bestätigt.

Wie jetzt deutlich wurde, wurde Schindelmeiser mit Kalkül vor den Ausgliederungskarren gespannt, um ihn kurze Zeit später zu entlassen. Dass die Zerwürfnisse nicht von jetzt auf gleich entstanden sind sondern schon seit dem Winter schwelen, hat der offenbar von Vereinsseite offenbar gut unterrichtete Gunter Barner ja geschrieben.

Viele, die pro Ausgliederung gestimmt haben, fühlen sich nun vor den Kopf gestoßen, siehe nur die bislang knapp 2.500 Kommentare auf der VfB-Facebook-Präsenz unter dem Infopost zur Entlassung von Schindelmeiser.

Auf uns Kritiker wollte ja keiner hören, wenigstens muss ich mir selbst jetzt nicht den Vorwurf machen, mich von der Euphoriewelle und gerade einmal bis zur Abstimmung elf Monaten vernünftigen Wirtschaftens geleitet lassen zu haben.

In der Ausgliederungsdebatte hatte ich Vergleiche zu Trumps Wahlkampf in den USA gezogen, „make VfB great again“. Die VfB-Veranstaltungen wirkten wie Jubel-Wahlkampfpartys, gekrönt von der außerordentlichen Mitgliederversammlung, die statt einer ernsthaften Debatte zu einem wichtigen Thema zu einer Aufstiegs-Nachfeier verkam. Ich bekomme heute noch Schaum vor den Mund, wenn ich an diesen Tag zurückdenke.

Nun geht es gerade so im Trump-Style weiter, indem man Personal, das einem zu groß und zu unbequem wird, von heute auf morgen vor die Tür setzt und Kritiker wie kleine Jungen da stehen lässt.

Den Vorwurf, dass Schindelmeiser zuletzt mehr und mehr eine One-Man-Show betrieben habe, kann ich natürlich nicht beurteilen. Ich bezweifle jedoch, dass das das Gremium, das den Daumen schließlich senkte, uneingeschränkt konnte, so dass unterm Strich eine persönliche Geschichte zwischen Dietrich und Schindelmeiser zu vermuten ist, aus deren Machtkrieg nun mal Dietrich als Sieger hervorgeht.

Dass Schindelmeiser erst im Juli und nicht schon nach der Aufarbeitung der letzten Saison und vor Beginn der heißen Phase des Transfermarkts demontiert wurde, hat eine logische Erklärung! Zunächst einmal musste mit ihm noch die Ausgliederung durchgedrückt werden, danach bestand eine einmonatige Frist, in der gegen die Ausgliederung hätte geklagt werden können. Nachtigall, ick hör dir trapsen.

Jan Schindelmeiser hatte noch Vertrag bis 2019, so dass den VfB die Entlassung einiges an Abfindung kosten dürfte, Geld, das anderer Stelle fehlt.

Bereits heute wurde Schindelmeisers Nachfolger verkündet. Es handelt sich um keinen geringeren als Michael Reschke, DAS Superhirn schlechthin bei den Bayern und mit einem exzellenten Ruf ausgestattet. Bevor er von den Bayern abgeworben wurde, war Reschke zehn Jahre lang Manager bei Bayer 04 Leverkusen und dort für zahlreiche namhafte Transfers verantwortlich.

Da Reschke seinen Dienst erst Ende August antreten wird, ist vorher auch kein Statement von ihm zu erwarten, wie er seine neue Aufgabe anzugehen gedenkt. Ich bin sehr gespannt, für welche Philosophie er stehen und wie sein Zusammenspiel mit Hannes Wolf aussehen wird. Ich hoffe, es „funkt“ zwischen beiden, nicht dass uns in Kürze noch ein Trainerwechsel ins Haus steht.

Bislang war Reschke eher der Mann, der im Hintergrund die Strippen zog. In Leverkusen war Rudi Völler der Front-Man, bei den Bayern Sammer. Hier wird es spannend werden, wie er sich im Rampenlicht geben wird, das, wie man hört, ja nicht so Seines sein soll.

Zudem muss Reschke beim VfB aus wenig viel machen. Diese Philosophie verinnerlichte Schindelmeiser wie kaum ein zweiter. Reschke war bislang verwöhnt von Bayer- und Bayern-Millionen, so dass es mich nicht beeindrucken kann, wenn er es hinbekam, Leno und Schürrle zu Bayer oder Douglas Costa zu den Bayern zu transferieren.

Gibt es eigentlich im Netz irgendwo einen Ausgliederungszähler? Von den 41,5 Millionen Euro, die man vom Daimler erhielt, dürfte nach Abzug der Renovierungsarbeiten am Clubgelände, den Transfers, der Schindelmeiser-Abfindung und dem Reschke-Gehalt nicht mehr viel übrig sein. Reschke, den Guardiola gerne zu Manchester City mitgenommen hätte, war sicherlich nicht billig zu haben. Möglicherweise wird gar noch eine Ablösesumme an die Münchner Bayern fällig. Man wäre geneigt zu sagen, dieser Schuss muss jetzt sitzen. Doch, wir haben ausgegliedert, die Musik spielt in der AG und dort hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus. So wird es eben jetzt mal mit Reschke versucht, der sich selbst als Teamplayer beschreibt und es ja beherzigen sollte, Papa Wolfgang stets auf dem Laufenden zu halten, wenn nicht, wird dieser nämlich sauer und die AG hat die nächste Abfindungsforderung an der Backe. Manche Dinge ändern sich halt nie!

Noch immer bin ich nur entsetzt darüber, wie man zwei Wochen vor Bundesligabeginn ein solches Fass aufmachen und das Sportliche weit in den Hintergrund rücken kann. Ich hoffe, das Team um Hannes Wolf sieht dies professionell und lässt sich nicht davon beeindrucken. Nicht, dass er eines Tages, zermürbt vom Irrenhaus VfB, auch noch den Bettel hinschmeißt.

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14. April 2017

Bereit für den Endspurt?

Seit längerer Zeit, genauer gesagt seit der Schmach von Fürth, melde ich mich auch mal wieder auf meinem Blog zu Wort. Nicht, weil es über den VfB nichts zu schreiben gäbe, sondern schlicht und einfach darin begründet, dass einem als Allesfahrer entweder die Zeit und nach Sonntags- und Montagsspielen unter der Woche manchmal auch der Kopf zum Schreiben fehlt.

Wenn man dann außerdem noch auf die Idee kommt, unsere Amateure in Elversberg oder gegen Lautern II im Schlienz-Stadion zu unterstützen und samstags einen Ausflug in die Ortenau zu unternehmen, um das Oberligaspiel zwischen dem SSV Reutlingen beim Offenburger FV anzuschauen, kann sich jedermann leicht ausmalen, dass irgendetwas auf der Strecke bleibt.

Was ist passiert seither? Nach der Länderspielpause gelang die Rehabilitation für das Hinspiel-Debakel gegen Dynamo Dresden nur bedingt, auch wenn man als moralischer Sieger aus dieser Partie hervorging. Im Anschluss an das Fürth-Spiel äußerte ich die Hoffnung, dass nach der Pause (endlich) die Stunde von Ebenezer Ofori schlagen könnte oder auch müsste.

Dies bewahrheitete sich, er feierte ein ordentliches Debüt, auch wenn die Abstimmung mit seinen Mitspielern in der einen oder anderen Szene noch fehlte. Dass er eine gute Ballbehandlung hat und ein weiterer Stabilisator im VfB-Spiel werden könnte, deutete er aber schon an.

Als die Gewinner der Länderspielpause, in der der VfB zwei Testspiele bestritt, galten vermeintlich Tobias Werner und Alexandru Maxim. Wie sich dann aber, als der Spielbetrieb wieder aufgenommen wurden, herausstellte, waren sie in den Tests doch mehr Lückenbüßer für die bei ihren Nationalmannschaften verweilenden VfB-Spieler, denn Hoffnungsträger für die restlichen Zweitligaspiele.

In Degerloch trafen während der Pause Timo Baumgartl und Carlos Mané mit ihren U21-Nationalmannschaften aufeinander. Auf diesen Kick verzichtete ich kurzfristig dann doch, weil es einerseits um nichts ging und andererseits solche Tests meist in Wechselarien ausarten, wo jeglicher Spielfluss auf der Strecke bleibt. Carlos Mané spielte dabei im Team mit der reiferen Spielanlage und gewann 1:0, während Timo Baumgartl nur in der zweiten Halbzeit ran durfte, sehr nervös wirkte und den einen oder anderen groben Schnitzer in sein Repertoire einbaute.

Vor dem Dresden-Spiel gab es dann die mit Spannung erwartete Jubiläums-Choreographie vom Commando Cannstatt 1997. Herzlichen Glückwunsch auch an dieser Stelle für 20 Jahre Emotionen, Hingabe, Einsatz und Support für unseren VfB Stuttgart.

Im ausverkauften Neckarstadion und im Beisein von etwa 8.000 Dresdnern erwischte der VfB eine rabenschwarze erste halbe Stunde. Mit einem lupenreinen Hattrick brachte die Nürnberger Leihgabe Stefan Kutschke die eigentlich Gelb-Schwarzen, die dieses Mal in weinroten Jerseys angetreten waren, schnell mit 0:3 in Führung.

Das Abwehrverhalten bei allen Toren, bis hin zum von Mitch Langerak verschuldeten Foulelfmeter trieb einem Sorgenfalten auf die Stirn und machte auch ein Stück weit wütend. Dass der Schiedsrichter den Lauf der Dynamos begünstigte, geschenkt, würden sich die Fehlentscheidungen zu Ungunsten des VfB nicht von Spiel zu Spiel fortsetzen. Vor dem 0:2 hätte es Elfmeter für den VfB geben müssen, zu allem Überfluss erhielt Simon Terodde für eine vermeintliche Schwalbe seine vierte gelbe Karte, obwohl er sich keineswegs fallen ließ und so mancher Schiedsrichter auf Elfmeter für den VfB entschieden hätte.

Weshalb der VfB nicht wenigstens gegen die gelbe Karte Protest eingelegt hat, erschloss sich mir nicht. Terodde gilt derzeit als die Lebensversicherung des VfB, so dass eine Sperre, die aus seiner nächsten gelben Karte resultieren würde, schmerzhaft wäre und mit schlimmstenfalls den Aufstieg kosten könnte. Bemerkenswert war in dieser Phase, in der dem VfB überhaupt nichts gelang, wie sehr das Publikum hinter dem Team stand und dass es zu so gut wie keinen Unmutsbekundungen kam. Im Gegenteil, die Mannschaft, der man das Bemühen nicht absprechen konnte, wurde vehement und lautstark nach vorne getrieben.

Eben jener Simon Terodde war es dann auch, der ein erstes (zählbares) Lebenszeichen vom VfB aussendete. Nach einem klasse Zuspiel von Carlos Mané vollendete er in Mittelstürmerposition und -manier zum Halbzeitstand von 1:3. Emiliano Insúa erhöhte eine Viertelstunde vor Schluss mit seinem allerersten Tor für den VfB sehenswert zum 2:3, ehe Terodde in der 94. Minute vom Elfmeterpunkt aus schließlich für den viel umjubelten Ausgleich sorgte.

Dass Mané schon eine ganze Weile nicht mehr rund lief sah man da bereits, dennoch hinderte es ihn nicht daran, diesen so wichtigen Elfmeter herauszuholen. Ausgerechnet der Ex-VfBler Philip Heise bot Mané (aus alter Verbundenheit?) sein Bein an, worüber dieser dankend fiel.

Wie Simon Terodde nach 94 kraftraubenden Minuten die Nerven behielt und Keeper Schwäbe keine Chance ließ war bemerkenswert und ist nicht hoch genug zu bewerten. Das ist das Holz, aus dem Führungsspieler geschnitzt sind, dafür braucht es keine Binde.

So stand am Ende eines stimmungsvollen und bemerkenswerten Spiels das 3:3 und bedröppelte Dresdner, die sich lange wie die sicheren Sieger fühlten.

Wenn Blicke töten könnten, wäre ich wohl nicht mehr auf dieser Welt. Als ein paar Dresdner unseren Haupttribünen-Block verließen, sagte ich in einer Lautstärke, die sie mitbekamen, „endlich sind die da drüben mal ruhig“, was sie ja durchaus auch als Kompliment hätten auffassen können.

Selten habe ich einen lauteren Gästeblock im Neckarstadion erlebt. Da zudem alles friedlich blieb, die Polizei zufrieden war und selbst die Dresdner Fanbetreuung sich lobend über das Sicherheitskonzept der Stuttgarter geäußert hat, könnte man von einem rundum gelungenen Fußballnachmittag sprechen.

Wäre da nicht die schwere Knieverletzung von Carlos Mané gewesen: Der Portugiese wird rund fünf Monate ausfallen und möglicherweise überhaupt kein Spiel mehr für den VfB bestreiten, sollte ihn sein Stammverein Sporting Lissabon bereits im kommenden Sommer zurückfordern.

Am Ende stand ein Punktgewinn, mit dem man aufgrund des Ergebnis-Verlaufes zufrieden sein musste. Ich schreibe bewusst nicht „Spielverlauf“, denn, bei einem Chancenverhältnis von 8:3 (lt. kicker.de) und allein vier Aluminiumtreffern wäre auch deutlich mehr drin gewesen.

Nur drei Tage nach dem emotionalen Spiel gegen Dynamo Dresden musste der VfB zum wiedererstarkten TSV 1860 München reisen, während der Gegner von der DFL zwei Tage länger Zeit zur Regeneration und für die Vorbereitung genehmigt bekam.

Nach nun schon vier Spielen in Serie ohne dreifachen Punktgewinn zählte in der Arroganz-Arena zur ungewohnten Anstoßzeit mittwochs um 17.30 Uhr eigentlich nur der Sieg. Trotz dieser arbeitnehmerunfreundlichen Ansetzung fanden sich knapp 15.000 VfB-Fans im Schlauchboot, wo man bislang fast nur Niederlagen zu sehen bekam, ein.

Da man in diesem auf der grünen Wiese von Fröttmaning gebauten Stadion gut rund herum laufen und durch die eine oder andere Luke auch gut fotografieren kann, nahm ich zum allerersten Mal in dieser Saison einen Stehplatz im Gästebereich. Während man bei Gastspielen bei den Münchner Bayern im Oberrang eingepfercht wird und lediglich Paulaner light ausgeschenkt wird, konnten wir bei den 60ern erstmals ein Spiel in diesem Schlauchboot vom Unterrang aus und bei Vollbier verfolgen.

Mit dem dringend benötigten Sieg wurde es zwar wieder nichts und doch durfte sich der VfB auch nach diesem Spiel als moralischer Sieger fühlen, weil Marcin Kamiński in der Nachspielzeit den Ausgleich erzielte.

Vom Spiel selbst war ich maßlos enttäuscht, so dass es dieses Mal fast schon ein Nachteil war, so nah dran zu sein. Nach gütiger Mitarbeit unserer Defensivabteilung erzielte der 60er-Neuzugang Lacazette die Führung, auf der sich die Löwen 70 Minuten lang ausruhten. Dabei stellte sich der VfB beim Gegentor einfach nur dämlich an, weil keiner, nachdem Lacazette die Kugel schon verstolpert hatte, sich zuständig fühlte, den Ball aus der Gefahrenzone zu dreschen. Dennoch musste man wieder, trotz des Bettelns um dieses Gegentor, konstatieren, dass das Tor aus einer Abseitsposition heraus erzielt wurde, der VfB also einmal mehr benachteiligt wurde.

Der VfB hatte zwar Ballbesitz fast schon „bayern-like“, fand jedoch keine Mittel, die beiden Fünferketten der 60er ernsthaft in Gefahr zu bringen. Sämtliche Offensivspieler, namentlich Julian Green, Takuma Asano und Christian Gentner waren Totalausfälle, so dass Überraschungsmomente Mangelware waren und Simon Terodde völlig in der Luft hing. In einem Spiel so gut wie ohne Torchancen wären Standardsituationen ein probates Mittel gewesen, doch, wenn diesen stets das Timing fehlt und kein Anderer die Verantwortung übernimmt und den glücklosen Anto Grgić erlöst, beraubt man sich auch dieser Möglichkeit. So hieß es bei einem Gegner, der zuvor immerhin zwei Siege in Folge einfuhr, sich mit diesem Pünktchen zufrieden zu geben und auf den Befreiungsschlag weiter zu warten.

Während und nach dem Spiel bei den Münchner Löwen hörte ich erstmals in der Zeit seines Wirkens lautere Stimmen gegen unseren Trainer Hannes Wolf. Hauptkritikpunkt war die neuerliche Nichtberücksichtigung von Alexandru Maxim und dass Wolf Spieler auf falschen Positionen einsetze und zu viel experimentiere.

Mein Vertrauen in Hannes Wolf ist hingegen grenzenlos, so dass ich notfalls auch nach einem verpassten Aufstieg an Schindelmeisers Stelle an ihm festhalten würde. Ich sehe derzeit vieles nicht ganz so negativ wie viele andere. Wir sind noch immer mitten im Umbruch und im Aufbau einer Mannschaft, die durchaus Hoffnungen für die Zukunft weckt. Punktuell verstärkt kann diese Mannschaft meiner Meinung nach im Falle des Aufstiegs eine gute Rolle in der Bundesliga spielen und wird spielerisch häufiger und leichter glänzen als zur Zeit in der 2. Liga. In der Bundesliga wären wir einer von vielen, zu Beginn gar Außenseiter, so dass sich kaum ein Team gegen uns derart hinten reinstellen wird wie jeder Gegner in dieser 2. Liga. Dieses Stahlbad muss eine junge Truppe erst einmal überstehen und wird, im Fall des Aufstiegs, ganz sicher gestärkt daraus hervorgehen.

Darüber hinaus hat Jan Schindelmeiser in der kurzen Zeit seines Wirkens ein Händchen dafür bewiesen, erschwingliche Jungs, die die Qualität spürbar anheben, mit kreativen Vertragsgestaltungen an den Neckar zu lotsen.

Ein paar Bekannte, mit denen ich mich nach dem Spiel bei den Löwen unterhalten habe, waren tatsächlich der Auffassung, dass, sollten wir aus den Aufstiegsrängen herausrutschen, ein neuer Akzent in Form eines Trainerwechsels gesetzt werden müsse. Auf meine Gegenfrage, wer es denn jetzt noch besser machen würde, hörte ich nur, wenn überhaupt, egal, „mit dieser Mannschaft MUSS man einfach aufsteigen“.

Ich sehe das konträr. Die Voraussetzungen sind zwar gegeben, Übermannschaften sind unsere Konkurrenten nicht und doch hat es Hannes Wolf mit vorwiegend jungen Menschen, die Formschwankungen unterliegen, zu tun.

Wenn sich dann noch während kleinerer Krisen die vermeintlichen Führungsspieler wegducken, weil sie schon genug mit sich selbst zu tun haben, wenn jeder Gegner nur aufs zerstören aus ist, wenn die Schiedsrichter die harte Gangart einiger Teams und taktische Fouls (zu jedem Zeitpunkt, auch in der 1. Minute und nicht nur weit in der 2. Halbzeit) nicht regelkonform ahnden, ergibt das eine Mixtur, die jedes Spiel extrem intensiv und schwierig werden lässt.

Hannes Wolf wird in den gut 200 Tagen, wo er nun beim VfB ist, mehr gelernt haben, als insgesamt während seiner doch schon einige Jahre andauernden Trainerkarriere. Die Öffentlichkeit und auch die Fans hinterfragen jeden Furz und Feuerstein, während Wolf die Dinge moderieren und Fragen auch offen lassen muss. Zum Thema Großkreutz hätten Schindelmeiser und er sicherlich mehr zu sagen gehabt, um die Entscheidung des Vereins plausibel und für alle nachvollziehbar zu erklären, die lange währende Nichtberücksichtigung von Alexandru Maxim wird ebenso seine Gründe haben, die man der Öffentlichkeit vorenthält, um den Spieler zu schützen und ihn nicht vollends zu demontieren.

Wolf ist für mich nach wie vor eine große Trainerhoffnung im deutschen Fußball und für den VfB erst recht, daher vertraue ich ihm voll und ganz, dass er alles dafür tun wird, das Beste für unseren VfB herauszuholen. Persönlich habe ich keine Lust mehr auf ständige Trainerwechsel und auf eines der bekannten Gesichter des Trainerkarussells, das zwar kurzfristig einen Effekt versprechen würde, der jedoch schnell wieder verpufft wäre und wir diesen für Jahre an der Backe hätten. Dass uns das Reagieren nach den „Gesetzen des Fußballs“ dort hin gebracht hat, wo wir momentan stehen, sollte wohl jedem klar sein.

Nach dem nunmehr fünften sieglosen Spiel in Folge stand der VfB beim Derby gegen unsere „Freunde“ aus Ostfrankreich gehörig unter Druck. Deren Anhänger hatten das Spiel bereits im Vorfeld als Krieg deklariert und meinten das durchaus ernst, wenn man sich ihr martialisches Auftreten während der gesamten 90 Minuten (und auch noch nach dem Schlusspfiff) vor Augen führt.

Außerhalb des Stadions funktionierte die Fantrennung perfekt, wie schon beim Hinspiel im Wildpark sorgte die schwer bewaffnete Ordnungsmacht für bestmögliche Sicherheit bei der An- und Abreise der knapp 60.000 Schlachtenbummler.

So sehr ein echtes Derby das Salz in der Suppe in einem bisweilen zum Einheitsbrei mutierenden Liga-Alltag darstellt, möchte ich Vorkommnisse wie 2009 auswärts im Wildpark erlebt, als sich bürgerkriegsähnliche Szenen beim Verlassen des Stadions abspielten, nicht mehr haben.

Es hat ja jeder Verein so seine Chaoten, kaum einer aber in der Vielzahl wie die Gelbfüßler. Sorgten sie beim letzten Abstieg in die 3. Liga gegen Jahn Regensburg schon für einen Eklat, als sie Spieler und die eigene Geschäftsstelle angriffen, stand das Spiel am Sonntag nach dem Abschießen von Feuerwerksraketen aufs Spielfeld kurz vor dem Abbruch.

Ich bin ja bekennender Verfechter von kontrolliertem Abbrennen von Pyrotechnik, jedoch nur dann, wenn das Material im Block bleibt und keine Böller, die schwerste Knalltraumata für Umstehende verursachen können, gezündet werden.

Was der schwarze (vermummte) Block der Karlsruher abzog, war gemeingefährlich und asozial. Da der letzte Abstieg des KSC seinen Anhang nicht zur Besinnung brachte, keine Selbstreinigung in der Fanszene stattfand und der Verein seine Pappenheimer offensichtlich nicht in den Griff bekommt, hätte ich nichts dagegen einzuwenden, würde dieser Verein zunächst einmal völlig von der Bildfläche verschwinden.

Seine „Fans“ arbeiten mit Hochdruck daran, indem sie ihrem ohnehin schon finanziell klammen Herzensclub Bärendienst um Bärendienst erweisen und möglicherweise, da vorbestraft, dem KSC nun ein Geisterspiel beschert haben. Der Verein muss sich diese zusätzlichen Kosten sprichwörtlich am Kader absparen, während der anstehende Stadionneubau sein Übriges tun könnte, dem KSC die Luft zum Atmen zu nehmen. Viel Spaß in und mit der 3. Liga kann man da nur wünschen!

Umso erfreulicher war es dann, dass der VfB den Bock endlich umstoßen und mit zwei Asano-Toren den zweiten Derbysieg der Saison einfahren konnte, während der KSC bereits acht Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz hat und für die 3. Liga planen kann.

Unseren Ultras verlangte es alles ab, dass zwischen dem Jubiläums-Heimspiel und dem Derby im Neckarstadion nur sieben Tage lagen. Auch vor dem Derby zauberten unsere Hardcore-Fans eine gigantische Choreo in die Cannstatter Kurve, dieses Mal, wen wundert’s, mit Bezug auf die Feindschaft zum Gegenüber. „Den Fächer fürs Gesindel – das Zepter für uns“ lautete das Motto und war perfekter Auftakt für den Saisonhöhepunkt, den das Derby für viele Fans darstellt.

„Wir steigen auf, wir steigen auf, wir steigen auf und ihr steigt ab“ hallte es durchs weite Rund. Schadenfreude ist doch irgendwie die schönste Freude, auch wenn dieser Sieg natürlich in erster Linie für uns selbst wichtig war.

Damit hat der VfB die Tabellenführung zurückerobert und doch ist noch nichts gewonnen. Es geht verdammt eng zu oben, weil sich (noch) keiner eine länger währende Krise nimmt und auf der anderen Seite auch kein Team oben steht, das souverän von Sieg zu Sieg eilt. Daher steigt der Druck unaufhörlich an, weil bei noch sechs ausstehenden Spielen Ausrutscher kaum mehr wettzumachen sind. Inwieweit die junge Mannschaft diesem standhält und daran wächst, wird sich erweisen.

Das Spiel gegen den KSC hatte der VfB ohne zu glänzen weitestgehend unter Kontrolle und man ließ nur wenige Torchancen des Gegners zu. Das spricht jedoch weniger für die Stärke vom VfB als für die Schwäche des seit diesem Spieltag abgeschlagenen Schlusslichts. Einzig, als wegen der von den Karlsruher Chaoten verursachten Verzögerungen drei Minuten Nachspielzeit in der ersten Halbzeit anstanden, hatte man den Eindruck, auf 48 Minuten sei der VfB nicht eingestellt gewesen. Was sich in diesen Minuten vor der Pause abspielte, war paradox. Das gesamte Team wirkte auf einmal, als habe es Blei in den Beinen, stand zu weit vom Gegner weg und ließ diesen gewähren. Nur der Karlsruher Ungefährlichkeit geschuldet, hat sich dieses kollektive Abschalten nicht gerächt.

Erfreulich im Spiel war, dass der VfB defensiv gefestigter wirkte als zuletzt und die Absicherung der letzten Zone des Spielfelds gut funktioniert hat. Es war gefühlt immer einer da, der den letzten Pass abgelaufen hat, so dass man bei frühsommerlichen Temperaturen einen beruhigten Nachmittag verleben konnte.

Lichtblicke beim VfB waren Benjamin Pavard, der immer stärker aufspielende Insúa, bis zu seiner Auswechslung Ofori sowie Alexandru Maxim, dem man die Freude anmerkte, wieder mitwirken zu dürfen. Nach dem Ausfall von Carlos Mané ist Maxim schon so etwas wie DER Hoffnungsträger in Sachen Kreativität. Ihm fehlte zwar in vielen Situationen die Genauigkeit, was jedoch seiner fehlenden Spielpraxis geschuldet gewesen sein dürfte. Man merkte ihm an, dass seine Füße oft nicht das taten, was der Kopf vor hatte. Die Standards schlug er gefährlicher vors Tor wie zuletzt Anto Grgić, zudem ist er ein Spieler, der immer für ein Überraschungsmoment gut ist, so dass er gerade nach Manés Ausfall noch sehr wertvoll für den VfB werden könnte.

So war er an der Entstehung von beiden Toren beteiligt und hat damit einen großen Anteil am Sieg. Was Maxim angeht, freue ich mich, wenn ich ihn so spielen sehe wie am Sonntag, respektiere es aber auch, wenn er nicht aufgestellt wird. Kein Spieler ist größer als der Verein, dass sich Maxim bei etlichen Trainern nicht durchsetzen konnte, wird schon seine Gründe haben.

Ich bin gespannt, ob Maxim jetzt in Selbstzufriedenheit verfällt und sich in Sicherheit wiegt, nach einem ordentlichen Spiel schon wieder Stammspieler zu sein, oder ob er bereit ist, sich noch einmal sechs Wochen lang zu schinden und sich jeden Einsatz aufs Neue zu verdienen.

Am Ostermontag heißt der nächste Gegner unseres VfB dann Arminia Bielefeld. Seit der Entlassung von Jürgen Kramny fuhren die Ostwestfalen drei Siege und ein Remis ein und sind auf dem besten Wege, dem Abstieg von der Schippe zu springen. Schon an dieser Statistik lässt sich ablesen, dass auch dort der Weg kein leichter sein wird. Weshalb man uns für dieses nicht unbedingt Spitzenspiel ein weiteres Montagsspiel aufs Auge gedrückt hat, verstehe wer will, ich nehm’s sarkastisch und pragmatisch und erfreue mich daran, dass es wegen des Feiertags „nur“ einen Tag Urlaub kostet.

Im Vergleich zum letzten Auswärtsspiel bei den Münchner Löwen sollte der VfB von Beginn an im Defensivverbund konzentriert zu Werke gehen und leichte Fehler, die zum Rückstand führen können, tunlichst unterlassen. Wenn schon nach vorne die Durchschlagskraft fehlt und alles auf ein 0:0-Spiel hinausläuft, sollte man sich die Dinger hinten nicht noch selbst einschenken.

Es ist zu hoffen, dass mit dem Sieg gegen den KSC das Selbstvertrauen zurückkehrte und das Gebilde wieder stabiler wird. Zuletzt schien es so, dass sich gleich mehrere Spieler auf einmal ihre Krise nehmen. Dieser Sieg und das insgesamt wieder bessere Arbeiten im Kollektiv sollte Mut für die anstehenden Aufgaben machen.

Der Deutsche Sportclub Arminia Bielefeld hat für dieses Spiel bereits 20.000 Tickets abgesetzt und rechnet mit 2.000 Schwaben. Am Ende werden es sicherlich wieder etliche mehr Brustringträger sein, die sich den Dienstag frei genommen haben, um unsere Jungs zum Auswärtssieg zu schreien.

Am Tag davor nehmen sich bereits Hannover 96 und Eintracht Braunschweig, deren Lastminute-Siege mittlerweile unheimlich werden, gegenseitig die Punkte ab, so dass der VfB der große Gewinner des nächsten Spieltags werden könnte.

Wie wenn wir derzeit durch die Schiedsrichterentscheidungen zuletzt nicht schon benachteiligt und gestraft genug wären, bewies die DFL mit der Schiedsrichteransetzung fürs Bielefeld-Spiel ihr nicht vorhandenes Fingerspitzengefühl. Harm Osmers aus Hannover ist der Leiter dieses wichtigen Spiels, aus der Stadt eines unserer größten Aufstiegskonkurrenten also!

Ob die Familie Osmers nachtragend ist und Harm Osmers die Chance beim Schopfe packt, seinem Vater Hans-Joachim Osmers späte Rache zukommen zu lassen, wird sich dabei zusätzlich zeigen. 1993 war es, im Neckarstadion bei einem Pokalspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern, an das ich mich noch gut erinnern kann. Axel Kruse, wie man ihn kannte, ein wenig übermotiviert, rannte Osmers über den Haufen. O-Ton Kruse dazu: „Ich rannte auf ihn zu, fing an zu schimpfen und packte ihn am Arm. Er versuchte sich loszureißen, stolperte aber dabei, drehte sich zweimal um die eigene Achse und fiel hin wie der Osterhase. Heute würde ich sagen: Schiri-Schwalbe“. Satte zehn Wochen Sperre hatte ihm das eingebracht, ich fand ihn trotzdem extrem cool beim VfB zu jener Zeit.

Ein paar Worte auch noch zur außerordentlichen Mitgliederversammlung am 1. Juni, zu der der VfB Anfang April geladen hat. Für mich kommt es auch zur Unzeit, mit dieser so richtungsweisenden Entscheidung mitten im Aufstiegsrennen vorzupreschen und damit unweigerlich einen Nebenkriegsschauplatz aufgemacht zu haben.

Dass die MV zudem Donnerstag Abends, 18.30 Uhr, stattfinden soll und damit vielen auswärtigen und auch berufstätigen „einheimischen“ Mitgliedern die Teilnahme verwehrt bleibt, ist ein Schlag ins Gesicht eben jener Mitglieder der VfB-Familie. Wenn dann Präsident Dietrich bei #vfbimdialog noch süffisant erklärt, für diesen wichtigen Tag für den VfB Stuttgart müssten die Mitglieder eben „mal“ einen Tag Urlaub opfern, ist das ein Affront gegen eben jene Auswärtigen, für die schon jedes Heim- ein gefühltes Auswärtsspiel ist und die wegen der vom Verein uns eingebrockten Zweitligasaison bereits genug Urlaub für Freitags- und Montagsspiele opfern mussten. Daher halte ich fest, dass die Terminwahl an sich äußerst unglücklich ist, von möglicher Ablenkung im Aufstiegsrennen ganz zu schweigen.

Und doch bleibt einem interessierten und engagierten Mitglied nichts anderes übrig, als sich pragmatisch mit dieser Tatsache zu arrangieren. Präsident Dietrich hat schon mehrmals anklingen lassen, wie sehr dieses Thema den Verein über Jahre in seinem Handeln eingeschränkt, wenn nicht gelähmt hat, und dass er diese Entscheidung genau einmal während seiner Regentschaft zur Abstimmung bringen und jedes Votum, so oder so, akzeptieren werde.

Das heißt, es bleibt dem verantwortungsvollen Mitglied nichts anderes übrig, als sich ernsthaft mit dem Für und Wider einer Ausgliederung zu beschäftigen und seine Stimme im Sinne und zum Wohl der Zukunft des Vereins abzugeben. Allein schon wegen der unpässlichen Terminierung dieser Abstimmung auf „bockig“ zu schalten und von vornherein auf „dagegen“ zu stellen, wäre eventuell kontraproduktiv.

Ich persönlich werde mir bis dahin sämtliche #vfbimdialog-Sendungen ansehen und auch die eine oder andere Veranstaltung mit Dietrich besuchen, um mir meine Meinung zu bilden. Derzeit bin ich ergebnisoffen, was das angeht, würde aber sicherlich nur „dafür“ stimmen, wenn handfeste Zahlen, Daten, Fakten auf dem Tisch liegen und nicht lediglich irgendwelche optimistischen Schätzungen. Der Verein hat also noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten, um die Dreiviertelmehrheit zu erlangen.

Weiter beschäftigte mich unter der Woche, wie wohl jeden Fußballfan, der Terroranschlag auf den Dortmunder Mannschaftsbus am Dienstag kurz vor dem ursprünglich angesetzten Championsleague-Spiel gegen den AS Monaco. Wenn selbst an Orten, die rund 1.000 Sicherheitskräfte absichern, Terroranschläge möglich sind und durchgeführt werden, verdeutlicht das, dass es eine hundertprozentige Sicherheit nicht gibt.

Dass die zum Teil schwer traumatisierten Spieler bereits gut 24 Stunden später aufgrund des Diktats der UEFA erneut im Mannschaftsbus Platz nehmen und ein so wichtiges Spiel bestreiten mussten, ist nicht nachvollziehbar. An der Stelle wird deutlich, dass Menschlichkeit im Fußball keinen Platz mehr hat und einzig der schnöde Mammon zählt.

Durch die Geister, die die Fußballverbände riefen, indem sie stets neue „Wettbewerbe“ ins Leben rufen oder altbewährte reformieren bzw. aufblähen, ist natürlich wenig Zeit für Ausweichtermine vorhanden. Und dennoch hätte hier der Verband ein Zeichen der Menschlichkeit setzen MÜSSEN und Trainern und Spielern die Entscheidung darüber, ob sie sich befähigt sehen, tags darauf wieder Fußball zu spielen, überlassen sollen, ganz gleich welche Konsequenzen dies für den ach so vollen Rahmenterminkalender gehabt hätte.

Am Tag des Anschlags hatte man aufgrund der Berichterstattung noch eher den Eindruck, ein übergroßer Böller habe im Bus eingeschlagen, während am darauffolgenden Tag herauskam, welch großes Glück die Dortmunder hatten, dass nicht mehr passiert ist. Jeder stinknormale Bus, mit dem wir alle zwei Wochen zu Auswärtsspielen unterwegs sind, wäre wohl in seine Einzelteile zerfallen, während das Panzerglas im Dortmunder Mannschaftsbus noch Schlimmeres abgewehrt hatte.

Mit diesem Wissen im Kopf, dass es sich um einen gezielten Anschlag auf das Leben der ganzen Mannschaft handelte und welch großes Glück im Unglück der BVB hatte, schickte man das Team also wieder auf den Platz. Hinzu kam, dass ein Spieler, der für die Partie vorgesehen gewesen war, so schwer beim Anschlag verletzt wurde, dass er noch in der Nacht operiert wurde.

Doch, dem BVB blieb wohl keine andere Wahl, zum Spiel anzutreten, bei einer Weigerung hätten dem BVB wohl drastische Strafen gedroht, bis hin zum Ausschluss aus UEFA-Wettbewerben im nächsten Jahr oder in den nächsten Jahren. Business as usal auch dann, wie es die Paragraphen eben vorschreiben.

Es bleibt zu hoffen, dass das Lieblingskind der Deutschen, der Fußball nämlich, nicht weiter von kriminellem Abschaum missbraucht und Ausnahmezustände wie in Paris 2015 oder am Dienstag in Dortmund Einzelfälle bleiben. Allein, mir fehlt der Glaube, gerade daran geilen sich die Terroristen ja auf, an der Erschütterung über solche Vorkommnisse der „normalen“ Menschen.

Zu guter Letzt wünsche ich Allen friedliche Ostern und uns allen am Montag eine gute Fahrt, wir sehen uns auf der Bielefelder Alm.

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21. März 2017

Rückschlag in Fürth!

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , – Franky @ 09:03

Dreierkette, Viererkette, Lichterkette! Hätte Carlos Mané in der 4. Spielminute bei seiner Hundertprozentigen kaltschnäuziger agiert und die frühe Führung für den VfB hergestellt, würde in den Tagen danach wohl kaum die Systemfrage und ob sich Hannes Wolf vercoacht hat, gestellt werden.

Hätte man auf einem Bundesligateppich gespielt und nicht auf dem Dorfacker von Fürth, hätte Mané, der mit Ball schneller als die meisten 2. Liga-Spieler ohne ist, den Torhüter umkurvt und leicht und locker eingeschoben. Hätte, hätte, Fahrradkette.

So nutzte der VfB diese Chance, im Übrigen die einzige in der gesamten ersten Halbzeit, nicht und machte den großen Fehler, sich früh von den Fürthern den Schneid abkaufen zu lassen.
Wie bereits gegen Bochum fehlte es an der richtigen Einstellung und der Bereitschaft, sich mit Macht gegen das Ungemach zu stemmen.

Das ist 2. Liga-Fußball, das sollte das Team langsam wissen. Wenn man agiert, wie über weite Strecken in Fürth, stellt sich für mich mehr die Grips- als die Systemfrage. Man kann als vermeintlich besseres Team natürlich versuchen, die Aufgabe spielerisch zu lösen, aber, das bedingt eine gewisse Ballfertigkeit, Sicherheit im Umgang mit dem Spielgerät und einen besser bespielbaren Rasen. Wenn ein Fußballprofi auf dem glitschigen Rasen nicht schon beim Warmmachen erkennt, dass mit Filigranität heute kein Blumentopf zu gewinnen sein würde, dann fehlt es ihm offenbar im Kopf.

Nachdem ich den Auftritt gegen den VfL Bochum noch verteidigt und die Ursachen dafür im Kampfspiel in Unterzahl in Braunschweig gesehen habe, muss ich nach dem blutleeren in Fürth hart mit der Mannschaft ins Gericht gehen.

Jan Schindelmeiser und Hannes Wolf stehen für mich über Allem und sind ein Versprechen in die Zukunft. Dass Wolf nach seinen Wechselspielen von einigen bereits wieder in Frage gestellt wird, empfinde ich als eine Frechheit und hoffe nur, dass diejenigen in der absoluten Unterzahl bleiben und nicht der möglicherweise beste und vielversprechendste Trainer, den der VfB je hatte, wie so viele vor ihm, vom Hof gejagt wird, ehe sein Werk vollendet ist.

Was ihm zum Vorwurf gemacht wird, nämlich, dass er sich nicht stur auf ein System und eine Stammformation festlegt, gefällt mir gerade außerordentlich. Dadurch hält er sowohl die Spannung im Kader hoch, weil jeder jederzeit mit seiner Chance rechnen kann und der VfB ist für die Gegner schwerer ausrechenbar. Spieler, die wegen Sperren oder Verletzungen in die Mannschaft kamen und sich ordentlich präsentiert haben, sind nicht, wie es in all den Jahren zuvor war, automatisch wieder draußen, sondern haben eine echte Chance sich festzuspielen. Anderen wie einem Daniel Ginczek, dessen Tor gegen Bochum ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zurück zu alter Stärke gewesen sein könnte, werden belohnt und bekommen beim nächsten Mal von Beginn an die Chance sich zu präsentieren (wie ja auch Berkay Özcan nach seinem Tor gegen Kaiserslautern).

Daher passt Wolf hie und da sein System den Spielern an, die sich den Startelfeinsatz verdient haben. So durften sowohl Pavard, der jüngst Marcin Kamiński gegen Bochum ordentlich vertreten hatte, wie auch Daniel Ginczek von Beginn an ran.

Den Ansatz, eine Dreierabwehrkette spielen zu lassen, die bei gegnerischen Angriffen ohnehin zu einer Fünferkette werden soll(te), halte ich für gut. Wird dieses System gut umgesetzt, rücken die Außenverteidiger bei eigenem Ballbesitz weiter vor, unterstützen dadurch das Mittelfeld und helfen mit, Überzahlsituationen zu schaffen. Dass dieses Vorhaben derart in die Hose ging, lag weniger am Plan des Trainers, sondern vielmehr daran, dass im VfB-Spiel überhaupt kein Mittelfeld vorhanden war. An der taktischen Ausrichtung kann man genauso wenig festmachen, dass ein Marcin Kamiński ins Leere stochert und der Flachschuss von Berisha aus 30 Metern auf dem nassen Boden derart an Fahrt aufnimmt, so dass er (wohl) unhaltbar für Mitch Langerak in sein linkes Tornetz einschlägt.

Systemgeschuldet ist es genauso wenig, wenn man meint, gegen eine durchschnittliche Zweitligamannschaft, spielerisch glänzen und den Fuß zurückziehen zu können, anstatt in den Pressschlag zu gehen und dem Gegner zu zeigen, dass man die Bedingungen anzunehmen bereit ist. Daniel Ginczek hatte auf ungewohnter Position Linksaußen hinter der Spitze Terodde einen schweren Stand und fand zu keiner Zeit ins Spiel. Dennoch war er es, der mit der sprichwörtlichen Wut im Bauch, die Wolf von allen einforderte, einen Gegenspieler an der Seitenlinie weggrätschte und dafür die gelbe Karte sah.

Diese Aktion erinnerte mich an ein VfB-Spiel im September 1996 bei den Münchner Löwen. Der Tabellenzweite VfB lag beim TSV 1860 mit 1:0 in Rückstand, als Fredi Bobic die Blutgrätsche auspackte und einen Gegenspieler von hinten mit Anlauf abräumte. Nach dem Spiel gestand Bobic ein, er habe ein Zeichen setzen wollen. Dieses hatte offenbar gefruchtet, der VfB gewann mit 2:5 und erklomm an jenem Spieltag die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga.

Der Unterschied zu damals? Während im Olympiastadion außer Bobic noch Typen wie Wohlfahrt, Verlaat, Soldo, Poschner und Elber auf dem Feld standen, die alle Ehrgefühl und Führungsqualitäten in sich vereinten, sucht man solche Tugenden in der Elf vom Samstag vergeblich. Christian Gentner sollte das kraft seines Amtes und aufgrund seiner Erfahrung eigentlich sein, doch, weit gefehlt.

Wie so oft, wenn es schwierig wird, tauchte Gentner auch am Samstag komplett unter. Wenn DER vermeintliche Führungsspieler es gerade mal auf ca. 65 Ballkontakte bringt und mit diesen noch fast zwanzig (!) Fehlpässe fabriziert, kann es nur heißen: setzen, sechs!

In einer katastrophalen ersten Halbzeit ließ sich der VfB von aggressiven Fürthern den Schneid abkaufen und ergab sich in sein Schicksal. Ein Mittelfeld suchte man, wie angesprochen, vergeblich. Erst als nach dem Seitenwechsel Anto Grgić für den verletzten Zimmer ins Spiel kam, war so etwas wie eine Schaltzentrale erkennbar und die Angriffe wurden strukturierter.

Hannes Wolf arbeitete in seiner ersten Vorbereitung im portugiesischen Lagos akribisch daran, dem Team seine Handschrift zu verpassen, ihm verschiedene Systeme beizubringen und feilte am Teamgeist. Alles schien gut, die ersten fünf Rückrundenspiele wurden gewonnen, nicht nur wir Fans, auch die Spieler liefen mit einem Dauergrinsen durch die Gegend, so dass lange nur die Frage war, wann wir denn aufsteigen und nicht ob, schließlich hatte man sich ja einen komfortablen Vorsprung in der Tabelle erspielt.

Zwei Remis und eine Niederlage später ist diese Euphorie wie weggeblasen. Zweifel machen sich breit, viele sehen das Team nicht mehr imstande, den Schalter nochmal umzulegen. Wenn man die Hilflosigkeit der Mannschaft in Fürth sah, fühlte man sich an die schlechtesten Auftritte der Hinrunde erinnert. Ob in Düsseldorf, in Dresden, in Würzburg oder jetzt in Fürth, kassiert die Mannschaft auswärts das 0:1, war’s das und man könnte eigentlich heimgehen oder am Bierstand auf den Schlusspfiff warten.

Wo sind der Teamgeist und die Bereitschaft, sich gegenseitig zu helfen, geblieben? Es kann doch nicht daran liegen, dass der ausgewiesene Mentalitätsspieler Kevin Großkreutz nicht mehr da ist!? Auch wenn er im Team nicht sonderlich beliebt gewesen sein soll, war er doch einer, der Aufmerksamkeit auf sich zog und damit Druck von den Anderen nahm. Dieser Druck entlädt sich nun wieder fast vollständig auf Christian Gentner, zumindest so lang Simon Terodde aufgrund seiner Maske der vollständige Durchblick fehlt. Er wirkte zuletzt mit Maske gehemmt und wird hoffentlich nach der Länderspielpause wieder der alte sein.

Gentner macht in Interviews derweil nebulöse Andeutungen „In den letzten Wochen haben sich einige Dinge eingeschlichen, die nicht gut sind“, anstatt die „Dinge“ beim Namen zu nennen. Des Weiteren meinte er nach dem Spiel “Das Vereinsziel muss über allem stehen. Jeder muss auch im Privatleben diesem Ziel alles unterordnen.”

Es scheint also durchaus so zu sein, dass großer Redebedarf herrscht und Tendenzen zu Tage treten, die auf mangelnden Teamgeist und mangelnde Professionalität hindeuten. Dies wäre natürlich Gift und gäbe Anlass zu großer Sorge.

Viele der großen Skeptiker im VfB-Umfeld ziehen nun Parallelen zur Vorsaison, als man nach ebenfalls fünf Siegen zu Beginn der Rückrunde gnadenlos abstürzte. Durchaus möglich, dass einige der Bähmullen in der Mannschaft, die im Vorjahr schon dabei waren, angesichts dieser Erinnerungen schon weiche Knie bekommen und doch sollte uns Hoffnung machen, dass die nächsten Gegner „nur“ Dynamo Dresden, 1860 München und Karlsruher SC heißen und nicht Leverkusen, Dortmund und Bayern. Zum Anderen dilettieren auch nicht mehr Kramny und Dutt vor sich hin und sprechen die Mannschaft von jeglichem Druck frei, mit Wolf und Schindelmeiser weht inzwischen ein ganz anderer Wind.

Jan Schindelmeiser legte den Finger unmittelbar nach dem Fürth-Desaster in die Wunde, indem er anmahnte, “Wir müssen das, was die zweite Liga ausmacht, wieder stärker in den Vordergrund stellen. Sich durchzusetzen, Zweikämpfe zu gewinnen, den Gegner körperlich zu dominieren und dann Fußball zu spielen – nicht umgedreht. Das funktioniert in der zweiten Liga nicht.” Auch Hannes Wolf schlug in dieselbe Kerbe und wird die Mannschaft noch mehr in die Pflicht nehmen. Ein solches Negativerlebnis vor einer Länderspielpause ist immer schlecht, weil die eigentliche Aufarbeitung dieses erbärmlichen Auftritts erst mit einer Verzögerung von zehn Tagen erfolgen kann.

Es wird spannend sein, zu beobachten, wie Hannes Wolf im nächsten Spiel auf die Niederlage reagiert. Ob man dem Team, das nun nichts mehr als Stabilität benötigt, einen Gefallen tut, ständig mit einer anderen Aufstellung anzutreten, sei dahingestellt. Möglicherweise wähnt Wolf sein Team schon weiter, als es tatsächlich ist. Wer weiß, wofür solche Rückschläge noch gut gewesen sind, sollte am Ende tatsächlich der Aufstieg stehen. Dann hat man die Gewissheit, dass personell noch einiges im Argen liegt und auch die letzten Altlasten „entsorgt“ werden müssen, möchte man im Oberhaus eine bessere Rolle als in den letzten Jahren spielen.

Wenn diese Niederlage kurzfristig ihr Gutes hat, dann auf jeden Fall, dass die wenigsten Protagonisten vom Samstag, Ansprüche auf einen Stammplatz zu stellen brauchen. Da fallen mir derzeit allenfalls Langerak, Baumgartl, Terodde (hoffentlich gegen Dresden wieder ohne Maske) und mit Abstrichen noch, mangels ernsthafter Alternative, Emiliano Insúa ein.

Die Gelegenheit war noch nie günstiger, unsere neuen Hoffnungsträger Ofori und Onguéné hineinzuwerfen, sofern sie gesund und nicht allzu gestresst von ihren Länderspielreisen zurückkehren. Kamiński, der bis zu seinem Platzverweis in Braunschweig eine solide Rückrunde spielte, war nicht nur beim Gegentor nicht Herr der Lage, auch ein viel zu kurz geratener Rückpass hätte den frühzeitigen Knockout bedeuten können. In einigen Situationen des Polen glaubte man ein Déjà-vu zu haben und Toni Šunjić im Kamiński-Kostüm auf dem Platz zu sehen.

Gerade Ebenezer Ofori würde ich gerne einmal neben Anto Grgić und anstelle von Christian Gentner sehen, wer weiß ob nicht gerade durch eine solche vorübergehende Wachablösung neue Helden geboren und die Anderen noch mehr in die Pflicht genommen werden, anstatt sich stets hinter Gentner zu verstecken.

Seit gestern ist der VfB in der Verfolgerrolle, nachdem der 1. FC Union Berlin durch den späten Sieg gegen den 1. FC Nürnberg den Platz an der Sonne eingenommen hat. Noch kein Grund in Panik zu verfallen, wenngleich eine gewisse Wachsamkeit da sein sollte.

Noch liegt der VfB im Soll, schließlich steigt auch der Zweite direkt auf, aber, allzu viele Ausrutscher sollte sich der VfB freilich nicht mehr erlauben.

Sich auf die Gegebenheiten in der zweiten Liga einzustellen, bedeutet auch, sich damit abzufinden, dass die Schiedsrichter nur noch zweitklassig sind. Simon Terodde wurde ein klares Tor aberkannt, während der Fürther Dursun nicht mit gelb-rot vom Platz geschickt wurde. Es war nicht das erste Mal in den letzten Spielen, dass der VfB benachteiligt wurde, während bspw. Eintracht Braunschweig zuletzt von Schiedsrichterentscheidungen profitierte und daher auf dem Relegationsplatz platziert ist.

Nach der Pause kommt die Woche der Wahrheit. Zunächst geht es im ausverkauften Neckarstadion gegen die lautstarken Dresdner. Mit einem Sieg könnte sich Dynamo gar noch Hoffnungen zumindest auf die Relegation machen, so dass dies sicher keine einfache Aufgabe werden wird. Zwei Akteure in Reihen der Dynamos werden dabei besonders motiviert sein. Zum einen Winterneuzugang Philip Heise, dessen Qualitäten beim VfB meiner Meinung nach verkannt wurden, zum anderen Erich Berko, der schon für unsere Amateure am Ball war. Der VfB muss ein anderes Gesicht zeigen als zuletzt und sollte motiviert genug sein, die Schmach aus dem Hinspiel vergessen zu machen.

Danach wartet mittwochs der TSV 1860 München, für den es ein Vorteil sein könnte, dass er Freitag-Mittwoch spielt, während wir durch das Sonntagspiel zwei Tage weniger Zeit zur Regeneration haben. Und, zum hoffentlich krönenden Abschluss der englischen Woche kommt der KSC zum Derby nach Stuttgart, wieder vor ausverkauftem Haus mit der Gelegenheit, unsere Position im Aufstiegsrennen zu festigen und die Ostfranzosen dem Abgrund ein Stück näher zu bringen.

Es bleibt also spannend, mir ist vor den nächsten Wochen nicht bange, mein Vertrauen gründet sich auf die Arbeit von Hannes Wolf, der schon so viel richtig gut gemacht hat und dem ich auch jetzt Lösungen zutrauen, aus dieser Minikrise nach der Länderspielpause gestärkt heraus zu kommen.

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