13. April 2014

Pech oder einfach „nur“ Unvermögen?

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , – Franky @ 18:08

In letzter Zeit habe ich mich mit dem Schreiben und vor allem dem allzu heftigen Kritisieren im Blog zurückgehalten und mich diesbezüglich auf Facebook beschränkt. Teilweise schlicht aus Zeitgründen, aber auch, weil ich #Zusammenhalten verinnerlicht habe und überzeugt davon bin, dass draufhauen zu diesem Saisonzeitpunkt nichts mehr bringt. Die Schlüsse aus der Fehlentwicklung der letzten Jahre und die Konsequenzen daraus werden nach Saisonende im Vorblick auf die neue Saison, in welcher Liga auch immer, gezogen werden. Dass „wir nicht weitermachen können wie bisher“ hat Präsident Wahler ja schon verlauten lassen. Spätestens seit der Verein mit dem längst überfälligen Trainerwechsel die letzte Patrone gezogen hat, liegt die Zukunft des Vereins in den Händen der Spieler, die es auf dem Platz richten müssen.
Seit meinem letzten Kommentar auf dieser Seite gab es nach aufopferungsvollem Kampf und einer 2:0-Führung das 2:3 gegen Borussia Dortmund. Die hätten lieber mal ihre Leistungsträger geschont, dann wären sie im darauffolgenden Championsleague-Spiel in Madrid wohl nicht so unter die Räder gekommen. Auch der Dreifach-Torschütze Marco Reus, der sich die Unverschämtheit leistete, den VfB-Fans die herausgestreckte Zunge zu zeigen, hätte sich lieber den einen oder anderen Treffer für die Königlichen aufgehoben als uns ins Tal der Tränen zu schießen. Dieses Spiel lief sehr unglücklich für uns. Kirch hätte mit Gelb-Rot vom Platz gehört, ebenso wie Lewandowski, dem eine Zweikampfführung ohne Ellenbogeneinsatz fremd ist und der zu allem Überfluss noch einen Elfmeter geschunden hat, was die Rote Karte für Georg Niedermeier zur Folge hatte. Der VfB, zu diesem Zeitpunkt gegen den gewohnt laufstarken BVB bereits ausgepowert, hatte in Unterzahl leider nichts mehr entgegenzusetzen. Dennoch war das Spiel einmal mehr ein Hoffnungsschimmer, dass durchaus Qualität in der Truppe vorhanden ist. Stevens zog zudem Konsequenzen aus dem blutleeren Auftritt in Nürnberg und brachte erstmals Didavi und Gruezo in der Anfangsformation.
Danach folgte der überlebenswichtige Heimsieg gegen den SC Freiburg. Wie schon gegen den HSV stach unser Joker Alexandru Maxim nach toller Vorarbeit von Traore. Ulle machte ein starkes Spiel und hielt uns in der Schlussviertelstunde die Führung, ehe Martin Harnik den Deckel drauf setzte. Wieder bildeten Gruezo und Gentner die Doppelsechs, während Didavi auf der zentralen Offensivposition die Fäden zog. Viele hatten Dida ja schon abgeschrieben, umso mehr freut es mich, wie er sich wieder herangekämpft hat und wie gut er dem VfB-Spiel tut. Gruezo die Überraschung der letzten Spiele schlechthin. Sehr abgeklärt für sein Alter und technisch beschlagen füllt er die Position aus, wie schon lang niemand mehr beim VfB. Er versteht es dem Spiel Struktur zu verleihen und macht intuitiv das richtige, ob er einen Angriff einleiten oder wann er Tempo herausnehmen muss.
So war es logisch, dass diese beiden auch im Borussia-Park in Mönchengladbach zum Stammpersonal gehörten. Auch wenn ich was Stadien angeht eher ein Nostalgiker bin und den alten Stadien, die oft inmitten von Wohngebieten und mit vielen Bier- und Wurstbuden umgeben waren, nachtrauere, fahre ich immer wieder gerne in den Borussia-Park. Auf den Anfahrtswegen und in der Stadt findet keine übertriebene Fantrennung statt, die Polizei hält sich wohltuend im Hintergrund und auch die Ordnerschaft vermittelte eher einen kooperativen Eindruck. In dieser Hinsicht bilde ich es mir ein, vielleicht ist es ja auch so, dass bei Fußballvereinen, die mehr oder weniger zum Inventar der Liga gehören, wozu ich auch Gladbach, Lautern, Köln, etc. zähle, also solche, die über jahrzehntelange Bundesligaerfahrung verfügen, mit viel mehr Routine, auch mit mehr Gelassenheit, im Umgang mit den gegnerischen Fans zu Werke gehen als die Emporkömmlinge der Liga wie bspw. Mainz, Augsburg, Wolfsburg, Hoffenheim u. v. a. m. wo man nie den Eindruck hat, als Gast wirklich willkommen zu sein. In Gladbach davon keine Spur. Der Einlass war relaxed, man konnte mit den Ordnern flachsen, meine Kamera hat sie auch nicht die Bohne interessiert. Gestern war ich früh wie selten am und im Stadion, da ich nach dem Ausflug ins Düsseldorfer Nachtleben am Freitag mein Gepäck im RWS-Bus verstauen musste und daher bereits die Ankunft der Busse erwartete, um nicht Gefahr zu laufen, einmal mehr bei einem schönen Pils zu „verhocken“. Innen im Stadion traf man natürlich jede Menge Freunde und Bekannte, so dass die Zeit bis zum Anpfiff regelrecht verflog. Da eine Choreo angekündigt war ging ich rechtzeitig hinein und suchte mir einen guten Platz um diese bestmöglich in Szene setzen zu können.
Die Aufstellung bekam ich wie gewohnt per Whatsapp-Nachricht vom VfB-Tweet übermittelt. Überraschung, Überraschung, der Mann mit der vermeintlichen Stammplatzgarantie, Vedad Ibisevic, musste auf der Bank Platz nehmen und Timo Werner den Vortritt lassen. Stevens ist endlich mal wieder ein Trainer, der vor „großen Namen“ nicht Halt macht, sich aber auch nicht in die Karten blicken lässt. Den Medienvertretern jedenfalls hat er am Freitag noch Glauben gemacht, eine Herausnahme unserer Nummer 9 wäre kein Thema. Umso überraschter, aber auch positiv erfreut, war ich, als ich diesen Wechsel zur Kenntnis nahm, fiel Ibisevic doch auch nach Ablauf seiner Sperre mehr durch unfaire Einlagen und lustlosem Gekicke auf, als dadurch, der Mannschaft unbedingt aus dieser misslichen (Tabellen-)Lage heraus helfen zu wollen. Es scheint so, als hätten wir seit längerer Zeit mal wieder einen Übungsleiter, bei dem das Leistungsprinzip gilt. Ein (richtiges) Signal sicherlich für jeden einzelnen, dass er es sich nicht leisten kann nachzulassen, möchte er auch im nächsten Spiel in der Stammelf stehen. Ein solch konsequenter Mann an der Seitenlinie, finde ich, tut uns gut und weshalb sollte er, nach hoffentlich erfolgreich absolviertem Abstiegskampf, nicht auch in der nächsten Saison unser Trainer bleiben, wenn er denn möchte. Dazu müsste die Vereinsführung den Mut haben, diesen kauzigen und sicherlich nicht einfachen Typen, der den Herren auch nicht immer nach dem Mund reden wird, weiter zu beschäftigen und eine (konstruktive) Streitkultur wieder einkehren zu lassen. Sie müsste also endlich einmal über ihren eigenen Schatten springen. Dass er den vom Verein kolportierten Jugendstil nicht mittragen würde halte ich für eine Mär. Gestern standen mit Werner und Gruezo gleich zwei Youngster in der Anfangsformation, würde das Reservoir des Vereins mehr hergeben, bekämen sicherlich noch andere ihre Chancen. Wer sich in letzter Zeit aber die Auftritte unserer zweiten Mannschaft angeschaut hat, sieht eigentlich so gut wie keinen, dem man den Sprung in naher Zukunft zutrauen könnte. Vielleicht kommt als nächster Marco Rojas, der mit viel Vorschusslorbeeren als Kiwi-Messi angekündigte Neuseeländer, noch zum Zug, der derzeit wie zuvor Daniel Didavi bei den Amateuren Spielpraxis erlangt. Auf Teufel komm raus junge reinzuwerfen, nicht weil sie gut, sondern nur weil sie jung sind, bringt in unserer Lage nichts und damit tut man ihnen auch keinen Gefallen. Dafür fehlen uns die gefestigten Führungsspieler, an die sich anlehnen und von denen sie lernen könnten.
Außer Werner für Ibisevic kehrte Niedermeier nach Rot-Sperre für Sakai in die Startformation zurück. Der VfB-Block bot ein wunderschönes Bild, waren doch sehr viele dem Aufruf „Alle in Rot nach Gladbach“ gefolgt. Gut 4.000 VfBler machten von Beginn an gute Stimmung und wirkten bis in die Haarspitzen motiviert. Kurz vor dem Einlauf der Mannschaften fiel der Startschuss für die Fahnen-Choreo mit dem Motto „Kampf bis zum Schluss“. So ein beeindruckendes Bild musst Du auswärts erst einmal abgeben, Gänsehautatmosphäre also bereits bevor das Spielgerät rollte. Zum Fotografieren hatte ich einen tollen Platz, direkt am Zaun zur Gegengerade, so dass ich durch den Zaun in die Gladbacher Kurve fotografieren konnte und auf der anderen Seite auch unseren Block gut im Blick hatte. Nach einer kurzen Abtastphase, in der sich die Gladbacher mühten, unser Abwehr-Bollwerk zu knacken, jedoch nicht durchkamen, stand es plötzlich 1:0 für den VfB. Der VfB vorne sehr variabel und für die Gladbacher schwer auszurechnen, da Gruezo die Bälle klug verteilte und Didavi, Harnik, Traore und Werner ständig die Positionen tauschten, ging nach missglücktem Versuch von Werner schließlich durch Didavi in Führung. Es war Didavis erstes Bundesligator seit ziemlich genau zwei Jahren. Noch hat er keine Luft für 90 Minuten, dennoch zeigt er schon ín seinen ersten Spielen nach schier endlos langer Reha wie wertvoll er für den VfB sein kann. Mit Stevens haben wir endlich wieder einen Trainer, der erkennt, wie er den einen oder anderen Spieler einsetzen muss, damit seine Stärken zum tragen kommen, Labbadia jedenfalls konnte mit Didavi nichts anfangen, weshalb er ja auch damals nach Nürnberg verliehen wurde. Ich verfolge Didavi schon länger, war bei seinem allerersten Spiel bei unseren Amateuren gegen Eintracht Braunschweig dabei, als er wie Phönix aus der Asche kam und zwei Tore zum 4:0-Sieg beisteuerte. Sein starker linker Fuß kann eine Waffe für uns werden, hoffentlich bleibt er gesund, dann bin ich mir sicher, werden wir noch viel Freude an ihm haben.
Unmittelbar vor dem Führungstreffer gab es eine schön anzuschauende Pyro-Einlage unserer Ultras. Wer weiß, vielleicht wirkte diese „Show“ ja motivierend auf die Jungs oder lenkte die Gladbacher ein wenig ab. Ich sehe solche Zündeleinlagen durchaus mit gemischten Gefühlen. Ich schaue es mir unheimlich gern an, halte auch mit der Kamera drauf, was das Zeug hält, weil es einfach geile Bilder gibt. Auf der anderen Seite bin ich überzeugt davon, dass ein teilweiser Fanausschluss bei uns nur noch eine Frage der Zeit ist, die DFL greift nach solchen „Vorfällen“ momentan gnadenlos durch und will mit aller Gewalt demonstrieren, wer Herr im Haus ist und wer die Hosen an hat. Ist ein wenig ein Katz- und Mausspiel, bei dem die Vereine und die Fans im Grunde nur verlieren können. Trotzdem verstehe ich die Ultras, die nicht bereit sind, jedes Verbot zu tolerieren und zu akzeptieren, da rund um den Fußball und besonders was das Fußballfan-Dasein angeht in den letzten Jahren viel an Freiheit verloren gegangen ist. Der Fußball und das Drumherum verlieren mehr und mehr seinen originären Charakter hin zum Event. Der Fan in der Kurve ist allenfalls noch Beiwerk, das Hauptevent findet in den Fresslogen auf den Haupttribünen statt, sind es doch die, die das meiste Geld bringen und die, mit denen man geschäftliche Kontakte knüpft, wovon man irgendwann in diesem Leben noch profitieren könnte. Nur gut, dass auch für die Großkopferten in den Logen das Fahnenmeer in der Kurve, die Gesänge, ab und zu eine beeindruckende Kurvenchoreographie und die Stimmung dazugehören und sie dies nicht missen möchten, sonst würde die Kommerzialisierung noch fatalere Ausmaße annehmen. Daher stimme ich in vielem mit der Intension der Ultras überein und bin auch froh, dass es sie gibt. Auf der anderen Seite habe ich eben vorhin den liberalen Umgang der Ordner in Gladbach gerühmt. Es steht zu befürchten, dass es im Spiel 1 nach einer Pyroshow an gleicher Stelle Restriktionen geben wird, sei es Choreo- und Fahnenverbot, seien es verschärftere Eingangskontrollen und/ oder Ausschank von nur noch alkoholfreiem Bier. Steht so etwas zu befürchten mache ich mir Gedanken darüber in einen neutralen Bereich zu gehen, um mich diesen Restriktionen (immer öfter auch Schikanen) nicht aussetzen zu müssen.
Der VfB war nach der Führung klar die bessere Mannschaft und ließ wenig bis nichts zu. Und wenn, war Sven Ulreich zur Stelle, der seit dem Dortmund-Spiel stark aufsteigende Tendenz zeigt in einer Mannschaft, die von Spiel zu Spiel stabiler wirkt, von negativen Ausrutschern wie in Nürnberg einmal abgesehen. Nach vorne setzte das Team immer wieder Nadelstiche und hätte die Führung ausbauen müssen. Vor allem unmittelbar vor der Pause, als Didavi und Werner das Tor einfach machen mussten.
Nach dem Wechsel übernahmen die Gladbacher mehr und mehr die Initiative, wechselten offensiv, ohne jedoch zu klaren Chancen zu kommen. Sie bissen beim VfB über weite Strecken auf Granit, was sich in Verzweiflungsschüssen zeigte, die meist das Tor weit verfehlten. Der VfB verfiel leider mit zunehmender Spieldauer in alte Verhaltensmuster und tat zu wenig für die Offensive. Dennoch hatten wir in der 87. Minute den erlösenden Torschrei auf den Lippen, als Traores Freistoß an die Latte prallte. Und dann kam es, wie man es als leidenserprobter Fan kommen sah, Boka zu weit weg von Kruse, der ungehindert flanken konnte, den Kopf von Arango traf und dieser mit seinem allerersten Kopfballtor den von den Gladbacher viel umjubelten Ausgleich erzielte. Niedermeier, gefühlt einen Kopf größer als Arango, hinderte ihn ebenso wenig dran wie Schwaab, der nur zuschaute. Eine Verkettung von eigenen Fehlern also mal wieder, so dass es mir schwer fällt von Pech zu reden. Diese Unkonzentriertheiten in der Schlussphase haben uns mittlerweile etwa 30 Punkte gekostet. Hier rächt sich das so hochgelobte Trainingslager in Südafrika, wo dem Anschein nach mehr Wert auf die Termine als DFL-Botschafter denn auf Schwerpunkte auf dem Trainingsplatz gelegt wurde. Wenn man da mal nicht für 200.000 Euro die Bundesligazugehörigkeit verkauft hat…
Auch wenn uns momentan nur noch Dreier so richtig weiter helfen, hätte ich vor dem Spiel für den einen Punkt unterschrieben. Nach diesem Spielverlauf ist es jedoch einmal mehr eine gefühlte Niederlage, die richtig weh tat. In Anbetracht der Ergebnisse der Konkurrenz hätten wir uns, zusammen mit Hannover und Freiburg, fürs erste von den letzten drei Plätzen absetzen können. Jetzt aber heißt es (mal wieder) Mund abwischen und Schalke schlagen. In den verbleibenden Heimspielen muss einfach gewonnen werden, um nicht von den Ergebnissen der Konkurrenz abhängig sein und in München den Rechenschieber rausholen zu müssen. Die Leistungen zuletzt, die Stimmung rund um den VfB, der Zusammenhalt unter uns Fans, die Initiative „Jetzt weiß-rot” der Stuttgarter Medien, ein erneut volles Haus gegen Schalke 04 am ersten Frühlingsfestwochenende, vieles, das mir Mut macht für die letzten Heimspiele. Unter Stevens scheinen die Jungs auch die chronische Heimschwäche ad acta gelegt zu haben und vor allem die Angst vor dem Heimsieg. Eine unglückliche Niederlage gegen den BVB sowie zwei so wichtige Heimsiege gegen Hamburg und Freiburg sind eine Bilanz, die Hoffnung macht. Zudem haben wir gegen die auf dem Papier stärkeren Schalker und Wolfsburger, die beide noch um die Championsleague-Qualifikation spielen, gute Erinnerungen was „Endspiele“ betrifft. Gegen Schalke gelang der so wichtige Sieg 2001, der uns aller Abstiegsängste entledigte und den Schalkern zum Titel „Meister der Herzen“ verhalf. Gegen Wolfsburg erreichten wir 2003 mit einem 2:0-Sieg und durch Schützenhilfe von Energie Cottbus in Dortmund erstmals die Champions League. Auch 2012, als Wolfsburg zum letzen Heimspiel im Neckarstadion seine Visitenkarte abgab, gewannen wir mit 3:2 (nach 0:2!) an einem großartigen Tag mit beeindruckender Choreographie in der Cannstatter Kurve.
Dazwischen geht es noch zu Hannover 96, gegen die wir zuletzt 2006 auswärts gewannen. Ich drücke Hannover die Daumen, dass sie am Donnerstag in Frankfurt den Auswärtssieg feiern und den Abstiegsplätzen damit endgültig entrücken können. Möglicherweise wäre dann die Konstellation bei unserem Auftritt im Niedersachsenstadion schon so, dass sie völlig entspannt antreten und wir die Situation möglicherweise ausnutzen können. Aber, auch dort wird das Spiel 90 + x Minuten dauern. Höchste Zeit, dass unsere Jungs das verinnerlichen und noch gieriger werden, eine Führung auch mal beizeiten auszubauen, um unsere und auch die eigenen Nerven zu beruhigen.

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23. März 2014

Endlich!!!

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , , – Franky @ 17:40

Endlich, der erste Sieg nach zuvor zehn (!) sieglosen Spielen. Endlich mal wieder zu null, was uns in den letzten 18 (!) Spielen nicht mehr gelungen war.
Ein Gegentor in zwei Spielen unter der Leitung von unserem neuen Mann an der Seitenlinie, Huub Stevens, liest sich sehr positiv. Seine Maxime „die Null muss stehen“ zeigt bereits nach knapp zwei Wochen Amtszeit Wirkung. Der VfB wirkt jetzt schon kompakter und organisierter, als noch unter Schneider. Mit Stevens habe ich erstmals seit Christian Gross wieder ein gutes Gefühl, was den Trainer angeht, ist er doch einer, der Respektperson ist, dem keiner etwas vormachen kann, der mit Argusaugen darüber wacht, dass Disziplin herrscht. Einen solchen Typen braucht die Mannschaft. Einen, der gerecht ist, vor dem die Spieler Respekt haben, dem die Spieler Glauben schenken und trotzdem nicht auf der Nase herumtanzen. Dann nämlich würden sie ihn richtig kennen lernen.
Hatte man unter Schneider noch den Eindruck eines Laissez-faire-Führungsstils gibt Stevens einfachste Dinge vor, die einzuhalten sind. Sei es die Einführung der Pflicht des Tragens von Schienbeinschonern auch beim Training, sei es ein gemeinsames Frühstück vor Vormittags-Trainingseinheiten, weil der Trainer früh schon festgestellt hat, dass es, vor allem den vielen Junggesellen im Team, daran mangelt, einen professionellen Lebensstil an den Tag zu legen. Er achtet auf Details, ändert eingefahrene Abläufe, und schafft es so bereits in kürzester Zeit neue Reize zu schaffen. Den Spielern wird durch diese Maßnahmen der Beginn einer neuen Zeitrechnung suggeriert und es ihnen ermöglicht, auch relativ kurz vor Saisonende den Reset-Knopf zu drücken.
Wie bei den meisten Trainerwechseln gibt es auch bei uns schon nach zwei Spielen Gewinner und Verlierer zu verzeichnen. Der große Gewinner bisher ist zweifellos Ibrahima Traore, der sich wieder ins Team gespielt hat und den Siegtreffer gegen den HSV mit großem Einsatz mustergültig vorbereitet hatte. Ein Spieler, der es sich mit den Fans bereits verscherzt hat, und sich auf Abschiedstournee befindet ist nun ebenfalls ein großer Hoffnungsträger wie Vedad Ibisevic, der erstmals nach seiner Sperre von fünf Spielen wieder zur Verfügung stand. Nach seiner Hinausstellung gegen Augsburg und seinen durchwachsenen Leistungen davor, wollte ich den Bosnier eigentlich schon gar nicht mehr im Trikot mit dem roten Brustring auflaufen sehen, hege jetzt aber, fünf sieglose Spiele später, die Hoffnung, dass er alles daran setzen möchte, seine Dummheit wieder gutzumachen und uns aus der Gefahrenzone zu schießen. Etwas ernüchtert muss man nach dem HSV-Spiel feststellen, dass er ähnlich unglücklich agierte als vor seiner Sperre. Trotzdem muss man konstatieren, dass dem VfB in den letzten zwei Jahren gerade einmal ein einziger Sieg gelang, als Ibisevic nicht auf dem Platz stand. Das unterstreicht schon seinen Wert fürs Team, sei es als Leistungsträger oder auch „nur“ als Glücksbringer. Acht Spiele hat er noch Zeit, seinen Teil dazu beizutragen, den VfB in der Liga zu halten.
Verlierer bisher sind höchstens die Youngster Timo Werner (vorwiegend aufgrund seines Abitur-Stresses), Rani Khedira und Robin Yalcin, die allerdings ja noch viel Zeit haben, ihre Bundesligatauglichkeit unter Beweis zu stellen. Fraglich ist, ob man ihnen einen Gefallen tun würde, sie auf Teufel komm raus zu bringen wie es Schneider tat, wenn der Druck so immens groß ist, wie im Moment. Auch Alexandru Maxim fand sich unter Stevens zunächst auf der Bank wieder. Gestern bewies Stevens ein glückliches Händchen und wechselte mit ihm den Sieg ein. Es war genau richtig nach dem Platzverweis von Calhanoglu die Offensive zu beleben, in der bis dahin vieles Stückwerk blieb. Es scheint fast so, dass mit Stevens ein Stück weit das Glück zurück kehrt, gelang Maxim doch unser erstes Jokertor seit einer gefühlten Ewigkeit, übrigens nach schöner Vorarbeit des Duos Westermann/ Traore. Bislang kassierten wir in schöner Regelmäßigkeit Tore von gegnerischen Einwechselspielern, gestern lief es endlich einmal wieder andersrum.
So durften wir uns gestern über einen existentiell wichtigen Sieg freuen, auch wenn das Spiel selbst mit Sicherheit das schlechteste in den letzten Monaten war. Der Rückfall auf Platz 17 am vergangenen Wochenende hat sichtlich Spuren hinterlassen. Auch dem letzten im Team wurde klar, dass es das fast schon gewesen sein dürfte, wenn man den HSV nicht schlagen würde. Diese Situation lähmte sichtlich, jeder hatte schwere Beine, jeder scheute das Risiko. Nach dem 1:0 trat noch ein weiteres Phänomen zutage. Die Angst vor der eigenen Courage bzw. vor dem Sieg. Die Aussicht darauf, gepaart mit der Erinnerung an viele späte Nackenschläge in der jüngsten Vergangenheit lähmten zusätzlich. Jeder war einfach nur froh, den Ball an den am nächsten stehenden Mitspieler wieder abgeben zu können, keiner traute sich mehr etwas zu. Auf der Tribüne wurde ich schier verrückt bei diesem Nervenspiel. Dass es am Ende reichte lag sicherlich daran, dass der VfB in Überzahl leichteres Spiel hatte und mit dem HSV ein Team auf Augenhöhe mit ähnlich großer Verunsicherung gegenüber stand.
Mund abwischen, abhaken und an Nürnberg denken. Der VfB hat mit Stevens einen relativ guten Start erwischt, vier Punkte aus zwei Spielen, die überlebensnotwendig und hoffentlich nicht doch zu wenig sind. In Bremen bot das Team eine gute Leistung und hatte das Spiel weitgehend im Griff, gab es jedoch unnötig durch einen Freistoß noch aus der Hand. Die Leistung gegen den HSV war an und für sich unterirdisch, was zählt sind einzig und allein die drei Punkte. Ich habe gestern kaum jemanden getroffen, der auf dem Zustandekommen des Sieges herumhackte, vielmehr war es jedem klar, wie groß der Druck war, der auf dem Team lastete. Der Start unter Stevens ist geglückt, wenn auch gegen die beiden derzeit wohl, neben Braunschweig, schwächsten Teams der Liga. Dies soll die Auftritte jedoch nicht schmälern, haben wir doch in letzter Zeit oft genug gerade die Sorgenkinder der Liga wieder aufgebaut.
Es ist klar, dass wir einpacken müssten, würden wir bis Saisonende nur noch Spiele wie das gestrige hinlegen. So dermaßen verunsicherte Gegner wie den HSV werden wir kaum mehr vorfinden.
In Nürnberg gibt es sicherlich schon wieder ein ganz anderes Spiel. Die Nürnberger, derzeit ebenfalls nicht mit riesengroßem Selbstvertrauen ausgestattet, stehen nach der derben Heimniederlage gegen Frankfurt erstmals seit dem 18. Spieltag wieder auf einem direkten Abstiegsplatz und werden einiges investieren und das Spiel machen müssen. Sie stehen mit dem Rücken zur Wand und werden mit ähnlich vollen Hosen ins Spiel gehen wie wir gestern gegen den HSV
Uns wiederum wird der Sieg einen Schub und neues Selbstvertrauen geben, so dass ich durchaus hoffnungsfroh nach Nürnberg fahren werde. Der Club steht, trotz einer bemerkenswerten Aufholjagd in den ersten Rückrundenspielen, auf dem Relegationsplatz. Egal, wie es ausgeht, beide Teams befinden sich auch danach noch in der Abstiegsverlosung. Wegweisende Wirkung könnte der Spieltag jedoch schon haben, stehen sich doch der 16. gegen den 14. und der 17. gegen den 15 gegenüber.
Anders als nach Schneiders Amtsantritt, der nach der Ära Labbadia wenig veränderte, dem in den ersten Spielen gegen Hoffenheim (indisponierter Sparringspartner) und Hertha (Ulles einziges sehr gutes Spiel in dieser Saison) großes Glück in die Karten spielte, hat man bei Stevens schon den Eindruck, dass er den Laden ganz schön umkrempelt. Meine Enttäuschung über Schneider und darüber, dass er die Spieler an der langen Leine ließ, nicht zu Beginn Exempel statuiert hatte, um an Respekt zu gewinnen, und es einfach laufen ließ, auch wenn es nicht lief, habe ich schon öfter zum Ausdruck gebracht. Im Nachhinein betrachtet hätte man Labbadia auch gleich behalten können, anstatt ein solch unerfahrenes Trainerteam zu installieren, das mehr oder weniger alles beim alten beließ und schleichend schlechter und chaotischer wurde. Vor Labbadia hatte das Team wenigstens noch einen gewissen Respekt!
Ich sehe es im Übrigen nicht so, wie von vielen kritisiert, dass man mit Stevens automatisch auch den Stuttgarter Weg und das „nach oben bringen“ von Talenten verlassen muss. Dieser bedingt ja nicht gleichzeitig einen jungen Trainer, der den jungen Spielern keine Stütze ist. Stevens coacht intensiver an der Linie als Schneider und greift ein, wenn er Dinge sieht, die ihm nicht gefallen, und das bevor das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Ich habe den Eindruck, dass Stevens unserer immer noch jungen und grün hinter den Ohren befindlichen Mannschaft eine Hilfe an der Linie ist. So einen Mann braucht es einfach, wenn man auf dem Platz keine Spieler hat, die den Laden zusammenhalten.
Auch die große Nähe Fredi Bobics zur Mannschaft hatte ich kürzlich bemängelt. Nicht, dass es unbedingt schädlich sein würde, wenn der Sportdirektor weiß, wie das Innenleben der Mannschaft ist, aber, die eigentliche Ansprache zur Mannschaft sollte dem Trainer vorbehalten bleiben. Kein Zufall in diesem Zusammenhang sicherlich, dass Fredi Bobic seit Stevens‘ erstem Spiel das Geschehen von der Tribüne aus verfolgt. Auch wenn er uns dummen Fans glauben machen möchte, er habe von oben den besseren Überblick, sei die Frage erlaubt, weshalb ihm das in den letzten 3 ½ Jahren nicht aufgefallen war.
Es sind Kleinigkeiten wie diese, die meine Hoffnung schüren, aus dieser Saison noch mit einem blauen Auge heraus zu kommen. Stevens arbeitet akribisch an Details und lässt scheinbar keinen Stein auf dem Anderen. Dadurch kommt automatisch Leben in den Laden, wo man kürzlich noch Angst haben musste, in totaler Lethargie zu erstarren. Im Training geht es weitaus lauter und ernsthafter zu als noch zu Thomas Schneiders Zeit. Bezeichnend auch, dass in dieser Woche eine Art Konditions- und Zirkeltraining angesetzt war, Übungen, die man eigentlich in der Vorbereitung und nicht mitten in der Saison macht, und für mich als Indiz zu werten sind, dass man in Südafrika seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Die vielen Konzentrationsschwächen und Gegentore in der Schlussphase können ja auch nicht nur Zufall sein.
Wie man heraushören kann, bin ich also bisher sehr angetan von der Person Huub Stevens und kann es mir, trotz anderslautender Berichte, sehr gut vorstellen, dass er, den Klassenerhalt vorausgesetzt, auch in der neuen Saison unser Trainer sein könnte.
Dies ist jedoch noch Zukunftsmusik. Im Sommer wird so oder so alles rund um den VfB auf den Prüfstein gestellt werden und auch der eine oder andere Kopf in Vorstand und/ oder Aufsichtsrat rollen müssen. Jetzt gilt es zunächst einmal weiter zusammenzuhalten und in den nächsten Spielen die Weichen auf Bundesliga auch in der Saison 2014/2015 zu stellen. Das Spiel in Nürnberg ist nicht minder wichtig und ebenso richtungsweisend wie das gegen den HSV. Beim Club, mittlerweile wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen, sahen wir oft gut aus, von 31 Heimspielen in der Bundesliga gewannen die Clubberer lediglich neun gegen den VfB, auch von unseren letzten fünf Auswärtsspielen am Valznerweiher ging nur eines verloren. Die Statistik und die derzeitige Formkurven stimmen mich optimistisch, den zweiten Bigpoint binnen weniger Tage einfahren zu können. Ob es ein Vorteil für uns ist, einen Tag mehr Regeneration zu haben, wird sich zeigen.
Am Donnerstag schließlich geht es mit „aktuellen und ehemaligen“ VfB-Spielern auf den Neckar, sponsered by Krombacher. Darauf freue ich mich riesig, habe ich doch von einigen Leuten, die auch schon an Bord waren, gehört, dass dies ein ganz tolles Event wäre. Sollte der VfB im Max-Morlock-Stadion seinen zweiten Dreier in dieser Woche respektive in diesem Jahr einfahren, wird die Stimmung sicherlich im wahrsten Sinne des Wortes „überbordend“ sein.

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9. März 2014

Stevens kommt! Wann geht Bobic?

Frühlingsgefühle, Sonne, Samstag 15.30 und ein ausverkauftes Haus, Fußballerherz was willst Du mehr? Eigentlich beste Voraussetzungen einen tollen Samstag mit dem VfB zu verleben. Zumal mit Eintracht Braunschweig das Schlusslicht der Liga seine Visitenkarte im Neckarstadion abgab. Dass nach acht Niederlagen in Folge mal wieder ein Punkt heraussprang, darüber konnte sich nun wirklich keiner freuen.
Braunschweig war in der ersten halben Stunde zielstrebiger und ging nicht ganz überraschend nach katastrophalem Schnitzer von Antonio Rüdiger in Führung. Da unser gestriger Gegner nicht gerade übermächtig war, gelang es den Rückstand innerhalb von fünf Minuten in eine Führung zu drehen. Nach der Pause hatte unser Kapitän Christian Gentner per Foulelfmeter sogar das 3:1 auf dem Fuß, scheiterte aber kläglich. Am Ende kam es wie es kommen musste. Jeder um mich herum ahnte es, als die Stadionuhr die 80. Minute anzeigte, dass nun die Zitterminuten anbrechen würden. Spätestens als Trainer Schneider unsere Kreativzentrale durch die Auswechslung von Maxim und Hereinnahme von Rani Khedira aufgab und unsere kampfstärksten Spieler Boka und Cacau auswechselte, standen die Zeichen auf Ergebnissicherung, anstatt gegen die längst nicht sattelfeste Braunschweiger Abwehr zu versuchen den Todesstoß zu setzen.
Dass es ausgerechnet „unserem“ Ermin Bičakčić vorbehalten blieb, für den Braunschweiger Ausgleich zu sorgen, passte ins Bild. Der Junge hat Anstand und freute sich lediglich in sich hinein, möchte er doch auch nicht, dass „sein“ VfB in den Niederungen der 2. Liga versinkt. Einer wie er würde uns nach wie vor gut tun, wenn man betrachtet, welche Abwehrschnitzer wir uns Woche für Woche leisten. Aber, leider hatte er unter Bruno einen schweren Stand und schaffte es nach seiner Verletzung, die er sich beim Pokalspiel in Wehen-Wiesbaden zuzog, wo er uns zuvor noch in Führung brachte, nicht mehr ins Team. Unter anderem wegen ihm war ich in den letzten beiden Spielzeiten jeweils beim Spiel FC St. Pauli-Eintracht Braunschweig, wo er sich sogar die Zeit und die Muse nahm, bis zur Abfahrt des Braunschweiger Busses herauszukommen, um mit uns über seine Karriere und den VfB zu reden. Ein netter Kerl, für den die Tür bei uns hoffentlich nicht endgültig zugeschlagen ist.
Am Ende standen wir, trotz des ersten „Punktgewinns“ 2014 wie die begossenen Pudel da. Mit Verlaub, gegen wen möchte man noch gewinnen, wenn nicht gegen den Tabellenletzten zuhause. Der harte Kern in der Cannstatter Kurve verharrte lange nach Spielende noch in der Kurve und forderte den Vorstand auf, herauszukommen und sich zu stellen, was sie auch in Person von Fredi Bobic und Präsident Wahler taten. Auffallend, wie sehr der Verein in letzter Zeit bemüht ist, dass Pulverfass vor dem explodieren zu bewahren. Aktionen wie „Zusammenhalten“, die Mitfahrt von Wahler im Fanzug nach Frankfurt, die Präsenz von Bobic und Wahler bei Fanausschuss und den Regionalversammlungen, sie bemühen sich „schön Wetter“ zu machen und die Kurve ruhig zu halten.
Dennoch wäre es schon lang an der Zeit gewesen, ein zweites Mal in dieser Saison den Trainer zu wechseln. Es ist ja schön und wunderbar, Visionen zu haben, von denen man überzeugt ist. Mit einem jungen Trainer und einem jungen Team die Liga zu rocken, den VfB attraktiver aufzustellen und sich durch nichts und niemanden davon abbringen zu lassen. Nur, die Realität holt einen eben manchmal im Leben schneller ein, als man es wahrhaben möchte. Die Entscheidung für den jungen Trainer Schneider muss nicht automatisch richtig gewesen sein, weil er ein VfBler, ein Trainertalent ist und weil er die Philosophie des Vereins verinnerlicht hat. Schneider hatte von Beginn an Autoritätsprobleme, fuhr in Sachen Aufstellung und Personalführung einen Schlingerkurs und verlor einige Spiele mutmaßlich aufgrund seiner Ein- und Auswechslungen. Die Spieler können Woche für Woche noch so beteuern, wie toll die Zusammenarbeit ist und dass sie für den Trainer durchs Feuer gehen würden. Umsetzen tun sie es nicht und würden sie sagen, der Trainer hat keine Ahnung, könnte man sie abmahnen. Daher sollte man solche Aussagen nicht auf die Goldwaage legen. Für mich war es schon lang klar, dass sie Schneider über kurz oder lang abschießen würden.
Enttäuscht bin ich darüber, dass Bobic sein Schicksal nicht mit dem von Schneider verknüpft hat, ist doch er der Hauptverantwortliche für die sportliche Talfahrt in den letzten Jahren. Er war doch maßgeblich mitverantwortlich, die Ansprüche nach und nach auf ein Minimum herunterzuschrauben, hat schlechteste Vorstellungen schön geredet und sich über die Erwartungshaltung beklagt. Damit, und mit seiner Personalpolitik, hat er es geschafft, das Stadion leer zu spielen und eine Emotionslosigkeit rund um den VfB zu schaffen, die es so noch nie gegeben hat. Es kommen (unter normalen Umständen) gerade noch höchstens 40.000 Zuschauer, die größtenteils emotionslos zur Kenntnis nehmen, was auf dem Rasen passiert, oder eben auch nicht. Ein Spektakel erwartet man schon lang nicht mehr, prickelnde Szenen während eines Spiels kann man, eigentlich schon in den letzten Jahren, fast an einer Hand abzählen. Diese Emotionslosigkeit wird von den Spielern vorgelebt, spulen sie doch lediglich ihr Pensum ab anstatt dass sie Spielfreude versprühen.
Im Rahmen der „Zusammenhalten“-Aktion kam der VfB dann auf die glorreiche Idee für die Spiele gegen Hertha und Braunschweig Dauerkarteninhabern die Möglichkeit zu eröffnen, zwei weitere Karten für 2,50 Euro in der Untertürkheimer Kurve zu erstehen. Diese Aktion wurde dann auf alle noch freien Bereiche im Stadion ausgeweitet, so dass in unserem Block auf der Haupttribüne Seite, wo die Tageskarte normalerweise um die 35 Euro kostet, massig Leute umherirrten, die nur wegen der Ramsch-Tickets ins Stadion kamen. Immerhin konnte der VfB dadurch „ausverkauft“ vermelden und auf die größtmögliche Unterstützung bauen. Ich finde diese Aktion äußerst fragwürdig und denjenigen gegenüber, die sich teure Karten gekauft haben, ungerecht.
Nach dem Spiel war der Unmut im weiten Rund groß und entlud sich mehr auf die Person Bobic als auf Schneider. Bobic kann in der Kurve noch so beteuern, dass er selbst mal dort gestanden hätte, solche Aussagen sind nicht zielführend und ändern an der Tatsache nichts, dass der Hauptverantwortliche für die Misere ebenfalls seinen Hut nehmen müsste.
So traf es heute früh mal wieder das schwächste Glied in der Kette, Thomas Schneider. Ich hoffe für ihn, dass er als Trainer bei uns nicht ein für allemal verbrannt ist. Labbadia hat ihm eine schwer zu trainierende Truppe hinterlassen, zudem stand er doch immer im Schatten von Übervater Bobic, der durch seine Nähe zur Mannschaft die Kompetenzen des Trainers automatisch beschneidet. Schneider soll, so die derzeitige Sprachregelung, dem Verein weiter erhalten bleiben, was mich freuen würde. Ich denke, die Absetzung als Cheftrainer kann für ihn mehr Segen denn Fluch sein. Mein Gefühl sagte mir, dass wir mit ihm kein Spiel mehr gewinnen würden, was dem Abstieg gleich gekommen wäre. Ob der vielbeschworene Stuttgarter Weg jedoch in der 2. Liga mit dem Abstiegstrainer noch vermittelbar gewesen wäre, wage ich zu bezweifeln. Daher lieber jetzt eine Zurückstufung ins zweite oder dritte Glied, um irgendwann einmal, wenn die Zeit wieder reif ist, stärker zurückzukehren.
Nun soll es also Huub Stevens richten. Meiner Meinung nach von den in Frage kommenden Kandidaten die beste Lösung. Mein Wunschtrainer Gross war sowieso unrealistisch, zumindest solang Bobic hier noch am Ruder sitzt. Stevens ist sicherlich die bessere Lösung als die zuvor ins Gespräch gebrachten Fink, Stanislawski und Balakow. Besser deshalb, weil er ein strenger, knorriger Trainer ist, der sich von Bobic nicht sagen lassen wird, welche Führung das Team braucht. Daher vermute ich mal, dass Stevens eher von Wahler als von Bobic durchgedrückt wurde.
Ob es Stevens schafft, in der Kürze der Zeit, der Mannschaft seine Handschrift zu verpassen oder ob die Situation schon zu verfahren und der VfB nicht mehr zu retten ist, ich weiß es nicht. Für mich kommt der Trainerwechsel viel zu spät und muss sofort fruchten, wenn wir noch die Klasse halten wollen. Als dringlichste Aufgabe wartet die Stabilisierung der Abwehr auf „Die Null muss stehen“-Huub. In jedem Spiel mindestens zwei Gegentore sind einfach zu viel, vor allem, wenn man sieht, wie einfach wir die Gegentore bekommen. Auch im psychologischen Bereich müssen die Hebel angesetzt werden, kann es doch nicht sein, dass in schöner Regelmäßigkeit ab der 80. Minute die Beine anfangen zu zittern und wir aus dem Nichts noch einen eingeschenkt bekommen. Zudem muss Stevens möglichst schon in dieser Woche erkennen, wer dem Druck mental gewachsen ist, wer Luft für 90 Minuten hat, wer professionell lebt und wer in dieser schweren Phase alles der schweren Aufgabe unterzuordnen bereit ist. Dann gilt es noch festzustellen, wer mit wem im Team am besten funktioniert und wer sich lediglich als Einzelkämpfer sieht. Was man so hört, ist Stevens ja ein akribischer Arbeiter, der sicherlich schon jetzt im DVD-Studium vertieft sein dürfte.
Immens wichtig wäre es schon am Samstag in Bremen ein erstes Lebenszeichen zu senden und einen Auswärtssieg einzufahren. Uns laufen langsam aber sicher die Spiele davon, von den verbleibenden zehn Spielen müssen sicherlich die Hälfte gewonnen werden, um die Klasse halten zu können. Am Ende warten Aufgaben wie Dortmund, Schalke, Wolfsburg, Bayern, wo diese eher nicht eingeplant werden können.
Ob Stevens den Stuttgarter Weg konterkariert, ob er eher auf erfahrene Kräfte als auf Jungspunde setzt, wie es nach der Saison weitergehen wird, all das interessiert heute doch überhaupt nicht. Erst einmal kommt der Existenzkampf für den Verein, für seine Bediensteten, für seine Fans und danach kann oder muss man weitersehen.

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