Auch nach 24 Stunden Abstand sehe ich diese Niederlage nicht als Beinbruch an. Gegen DEN Angstgegner schlechthin nach guter Leistung sehr unglücklich verloren, da gab es in den letzten Jahren weitaus ärgerlichere Niederlagen, nämlich die, wo das Team alles vermissen ließ, was den Fußball ausmacht und nie den Hauch einer Chance hatte, die Partie positiv zu gestalten. Ich habe zwar heute auch schon Stimmen gelesen von Leuten, denen es lieber gewesen wäre, wenn schon verloren wird, dann bitteschön nach katastrophaler Leistung oder wenn der Gegner um Längen überlegen ist. Ich sehe das nicht so!
Bis zum Elfmeter war es doch ein begeisterndes Spiel der Mannschaft, das einen streckenweise von den Sitzen riss und wie man es schon lange nicht erlebt hat.
Aus dieser Niederlage kann man Hoffnung schöpfen. Eben weil man sich Chancen en masse herausgespielt hat und diese sicher nicht jedes Mal so leichtfertig vergeben werden. Weil wir in Daniel Didavi und auch Filip Kostic Spieler in unseren Reihen haben, die den Unterschied ausmachen (können). Weil Pressing und Gegenpressing immer besser funktionieren und den Kölnern so phasenweise keine Luft zum Atmen gelassen wurde. Weil sich die Mannschaft in den Zweikämpfen geschickter verhält und mehr Bälle zum eigenen Mann bringt als in den letzten Jahren. Das alles sind Ansätze, die mich hoffnungsfroh stimmen. Köln ist schließlich auch keine Kirmestruppe und vor allem in der Regel defensiv gut geordnet. Die muss man erst einmal so in Verlegenheit bringen, wie es der VfB gestern ein ums andere Mal tat.
Wir sind erst am Anfang einer Entwicklung. Sollte der Rüdiger-Transfer (endlich) über die Bühne gegangen sein, wird das eingenommene Geld sicherlich sofort in einen (vielleicht auch zwei) Nachfolger reinvestiert und eine weitere Baustelle geschlossen. Mitch Langerak, für mich die designierte Nummer 1, dürfte bald wieder zur Verfügung stehen, Serey Dié vermutlich schon in Hamburg. Vor allem Serey Dié ging uns mit seiner Robustheit gestern ab. 29% gewonnene Zweikämpfe von Gentner im zentralen Mittelfeld sind viel zu wenig, Gentner muss meiner Meinung nach den Schalter noch umlegen und sich schleunigst an das neue (schnellere) VfB-Spiel gewöhnen, die Zeiten des Phlegmatismus gehören offensichtlich der Vergangenheit an.
Es ist also noch einiges an Verbesserungspotential vorhanden. Man mag sich kaum ausmalen, was alles erst möglich ist, wenn ein Rädchen ins andere greift und vorne noch die Chancen genutzt werden.
Daher ist jetzt einfach mal Geduld gefragt und es gehört sich nicht, nach dem zweiten Pflichtspiel einer Saison schon wieder alles in Frage zu stellen. Selbst, sollte das Gastspiel im Volkspark auch noch in die Hose gehen, wäre es verfrüht den Stab über die Mannschaft, den Trainer, die Systemumstellung oder sonst noch etwas zu brechen. Nach vier Jahren Stillstand und Rückschritt ist erstmals wieder ein Konzept, ein Plan, eine Entwicklung zu erkennen, das genügt mir fürs erste und ich bin mir sicher, die Erfolgserlebnisse werden kommen, früher oder später, am liebsten natürlich schon am Samstag in Hamburg.
Klasse Auftakt, keine Punkte!
Nur noch 14 Endspiele!
Nachdem das Buchprojekt endlich Konturen annimmt und sich in der Schlussphase befindet, finde ich endlich mal wieder Zeit, die aktuelle Lage unseres VfB zu kommentieren.
Die Winterpause verlief einigermaßen unspektakulär und doch machte sie mir zunächst einmal Sorgen. Unser Super-Talent Joshua Kimmich, mit Rückkaufoption an RB Leipzig verkauft, erklärte klipp und klar, dass er nicht mehr zum VfB zurückkehren wolle. Wer mochte es ihm verdenken? Er hatte es niemals vor, so früh sein hiesiges und familiäres Umfeld zu verlassen, wurde damals aber von Fredi Bobic und Bruno Labbadia dazu gedrängt, indem sie ihm nicht einmal einen Platz in der zweiten Mannschaft, also in der 3. Liga, zugestehen wollten. Er selbst wäre diesen Umweg gerne gegangen, um sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Eine Leihe (bzw. Verkauf mit Rückkaufoption), oder besser Abschiebung, zu einem anderen Verein birgt immer das Risiko, dass der Spieler sich woanders wohler fühlt, und innerlich mit seinem Stammverein abschließt. Das war bei Julian Schieber so, das war auch zeitweise bei Daniel Didavi so, der am Ende nur froh war und es auch sein konnte, dass der VfB, als er mit einer schweren Verletzung vom Club zurück kam, ihm beigestanden hat und seinen Vertrag verlängerte, so dass er keine Zukunftsängste haben brauchte.
Bei der U19-Europameisterschaft fiel mir Kimmich sehr positiv auf, so dass ich mich sehr auf ihn freute und natürlich hoffte, dass der VfB auch hingeschaut hat und die Rückkaufoption in Anspruch nimmt.
Spieler, die man so leichtfertig fortschickt, erfahren in einem fremden Umfeld auf einmal Dinge, die es beim VfB schon lang nicht mehr gibt. Wertschätzung des Vereins, Wertschätzung der eigenen Fans und ein leistungsorientiertes Umfeld, wo eben der spielt, der besser ist und sich im Training aufgedrängt hat. Bei uns aber ist die Stammmannschaft seit Jahren ein mehr oder weniger geschlossener Kreis mit ein paar Positionen, die aus unterschiedlichen Gründen unantastbar sind. Sei es eine besondere Lobby, Stammplatzgarantien oder auch schädliche Geschäftsbeziehungen von (Ex-)Manager Bobic mit Spielerberater Schwab (Gentner, Ulreich). Solche Verstrickungen und das daraus resultierende jahrelange Durchschleppen von manchen Spielern sind für mich maßgeblich mitverantwortlich für die Misere, wie wir sie in den letzten Jahren hatten und haben.
Hätten solche Garantien oder „Freundschaftsdienste“ keine Rolle gespielt, stünde möglicherweise heute Leno im Tor und zwei der vielen schon neben und wegen Gentner gescheiterten Nebenmänner, nicht zuletzt wären die Chancen für einen Joshua Kimmich ungleich größer gewesen, es ins Team zu schaffen. An dieser Stelle zitiere ich mal User homer aus dem offiziellen VfB-Forum, wie ich finde, ein sehr guter Ansatz zur Personalie Gentner: „Bekommt Gentner einen reinen Abräumer neben sich gestellt (Kvist), wird nach kurzer Zeit dieser kritisiert, weil er kein Spiel aufbauen kann, obwohl es dann eigentlich Gentners Aufgabe war. Bekommt Gentner einen Spielorganisator, der feine Bälle von hinten heraus spielen kann zur Seite (Oriol, Leitner), hagelt es schon bald Kritik, dass diese keine Zweikämpfe gewinnen. Dabei wäre das dann Gentners Aufgabe. So oder so, Gentner kam immer gut raus aus der Situation…“.
Dies sind nur einige Nachwirkungen der Ära Bobic, die uns vermutlich noch eine ganze Weile beschäftigen werden.
Durch den Verkauf Kimmichs an den FC Bayern, der sogar noch die unendliche Güte besaß, einen Teil der Ablöse Cash auf den Tisch des Hauses zu legen, wurde verhindert, dass ob der notorischen Geldarmut gar ein Leistungsträger im Winter verkauft werden musste, „nur“ um die laufenden Kosten bis Saisonende zu sichern. So kam der VfB zu diesem Geld wie die Jungfrau zum Kinde und hat natürlich auch gleich zugegriffen, um Löcher zu stopfen, wie es schön hieß. Auch wenn viele Kimmich eine Karriere wie Sami Khedira zutrauen und der „Abgang“ höchst schmerzlich ist, blieb dem Verein im Grunde keine andere Wahl. Es bringt ja auch nichts, einen unwilligen Spieler zu holen, außerdem, wenn Bayern ruft, hat man als VfB Stuttgart im Grunde sowieso keine Chance, den Spieler zu halten. Das Tischtuch wurde bei seinem Wechsel nach Leipzig zerschnitten, daher war das Verhältnis jetzt nicht mehr zu kitten, schade!
Dann wurde am Dreikönigstag Robin Dutt als Bobic-Nachfolger vorgestellt. Ich gebe es zu, mein Favorit war er nicht. Nach wie vor halte ich es ihm vor, dass er den elementar wichtigen Posten des Sportdirektors beim DFB beim erstbesten Angebot eines Bundesligisten, hingeschmissen hatte. Das war für mich erstens schlechter Stil und zweitens das Verhalten eines Menschen, der nicht weiß, was er will. Natürlich ist er jetzt beim VfB wieder näher an einer Mannschaft dran, als er das beim DFB war, aber, seine Aufgaben dürften dort auch vor der Unterschrift schon bekannt gewesen sein. Selbstredend brachte sich der VfB selbst in diese Bredouille, mitten in einer Saison, den Sportdirektor wechseln zu müssen, weil unter die Personalie Fredi Bobic nicht wie von vielen erwartet und gefordert schon im Mai 2014 der Schlussstrich gezogen wurde. So brachte man sich wieder einmal selbst unter Zugzwang und musste aus den Resten, die der Markt hergab, die bestmögliche Lösung suchen. Einen Stefan Reuter anzubaggern, der beim FC Augsburg einen tollen Job verrichtet, hielt ich nicht nur für aussichtslos sondern auch für stillos. Ein Manager, der während der Saison alles stehen und liegen lässt, um wegen ein paar Euro fuffzig mehr woanders anzuheuern, wäre wohl alles nur nicht loyal und vertrauenswürdig.
Ich hätte, aus Mangel an wirklich guten Alternativen, damit leben können, wenn Jochen Schneider und Huub Stevens zusammen die Planungen vorangetrieben und den neuen Mann zum 1.7. erst präsentiert hätten. Dann hätte man sich durchaus (jetzt schon) darum bemühen können, jemanden, wie Reuter oder auch Schmadtke, um nur zwei potentielle Kandidaten zu nennen, aus ihrem Vertrag zu bekommen. Wäre man sich einig geworden, hätte der neue Mann ja trotzdem in Entscheidungen, die neue Saison betreffend, eingebunden werden können.
Hätte, wenn und aber, jetzt haben wir Dutt und ich drücke die Daumen, dass es gut wird und wieder aufwärts geht. In Sachen Verzahnung Nachwuchs – Amateure – Profis eilt ihm aus Freiburg ja ein guter Ruf voraus. Ist diese Durchgängigkeit wieder eine Selbstverständlichkeit und schafft er es die Leistungskultur in unserem Verein wieder zum Leben zu erwecken, wäre schon viel gewonnen. Wünschenswert wäre es auch, wenn dieser Sportdirektor seinen Urlaub dann nehmen würde, wenn die Arbeit getan ist und nicht im Juli. Bei zukünftigen Neuverpflichtungen soll ja in Zusammenarbeit mit dem Scouting, Management und Trainerstab eine Einstimmigkeit erzielt und erst dann jemand verpflichtet werden, wenn diese gegeben ist. Es wäre schon ein bahnbrechender Fortschritt, wenn von nun an die Spieler, die an den Neckar gelotst werden, auf ihren Charakter hin, ihr privates Umfeld, ihre (Spiel-)Intelligenz und weitere Kriterien durchleuchtet würden und man keine Spieler mehr ausschließlich nach einem DVD-Studium oder einem Telefonat aus New York City verpflichtet. Bisher hört man von Dutt beim VfB nur Gutes, ich hoffe, es bleibt so und wünsche ihm ein gutes Händchen und viel Erfolg.
Meine Vorbehalte habe ich jetzt bei Seite geschoben, ich wünsche mir einfach, dass Dutt uns wieder in ruhigere Fahrwasser führt und wir alle gemeinsam wieder bessere Zeiten erleben, angefangen natürlich mit dem Nichtabstieg. Vor Ablauf seiner ersten 100 Tage verbietet sich eine Beurteilung sowieso, nach ein, zwei Transferperioden kann man ein erstes Zwischenfazit ziehen.
In diesem Jahr waren wir erstmals im Wintertrainingslager in Lagos. Das Wetter ließ zu wünschen übrig, angeblich hatte es sechs Wochen lang nicht geregnet, bis der VfB dann kam. Wir hatten jeden Tag Regen, mal mehr, mal weniger und böigen Wind, so dass es zwar wärmer als in Deutschland war, nicht aber so warm, wie wir es uns gewünscht hätten. Stevens‘ Training hatte mir sehr gut gefallen, die Jungs haben richtig Gas geben müssen. Stevens, mal locker, mal streng, eine gute Mischung. Chima Onyeike und „Papa“ haben die „Mannschaft“ richtig schwitzen lassen, so dass sie eigentlich konditionell auf der Höhe sein sollten. Es fallen eben die extremen technischen Unzulänglichkeiten, die man auch in den Spielen sieht, auf und, da ich schon verschiedene Mannschaften in verschiedenen Trainingslagern gesehen habe, kann ich auch sagen, dass die Stimmung schon besser war als derzeit in der Truppe, aber, das sieht man ja auch bei den Spielen auf dem Platz. Wenn man dann noch manche Torschusstrainings sah, bei denen die meiste Laufarbeit Zeugwart Micha Meusch, der die Bälle suchen und einsammeln musste, kann es einem schon etwas angst und bange werden. Symptomatisch für dieses Trainingslager bei nicht ganz so optimalen Wetterbedingungen und kaum vorhandenen Testgegnern war dann noch, dass das erste von nur zwei Testspielen (leider auf der Hotelanlage, ohne Tribüne, vor allem ohne Bierstand!) gegen die albanische Spitzenmannschaft K.F Laci ins Visier der albanischen Wettmafia geraten ist und sich somit das 5:0 als wertlos herausstellte. War aber schon auch eine komische Taktik der Albaner, die in der zweiten Halbzeit ihre Viererkette an der Mittellinie postiert hatten. Von der Fanbetreuung war Klenky vor Ort, der uns etwa 25 Fans dann noch im Namen des VfB in die Bar des Mannschaftshotels auf ein paar Kaltgetränke eingeladen hatte. Von den Spielern war der Kapitän angekündigt, gekommen sind dann (bis zum Beginn des Mannschafts-Abendessens) zusätzlich noch Schorsch Niedermeier, Ulle, Flo Klein, Timo Werner und Mart Ristl. War ein kurzes Aufeinandertreffen, aber wirklich nett, auch wenn man schon den Eindruck bei so manchem hatte, dass er froh war, als es endlich vorüber war. Gerade in diesen düsteren Zeiten ist eben auch da nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen sondern man hinterfragt schon das eine oder andere, wenn man schon mal die Gelegenheit dazu hat.
Positiv herausgestochen haben für mich in Lagos eigentlich ausschließlich die Youngsters. Von den überraschend Mitgenommenen Jugend- und Amateurspielern haben mich vor allem Ristl und Sama überzeugt, auch Vlachodimos machte einen starken Eindruck. Er hat etwas Katzenartiges wie einst Gerhard Heinze. Timo Werner besticht für mich durch sein normales Auftreten. Anfangs hatte kaum einer seine Lippen zu einem Guten Morgen auseinandergebracht, nicht so Timo Werner, der uns gleich ein, „hallo, Servus“ entgegenwarf. Auch Meuschi (und den anderen Teambetreuern) gegenüber, dem die meisten ihr Zeug nur hinwerfen, pflegt er einen normalen Umgang, reicht es ihm hin oder legt es noch zusammen und trägt auch jeden Tag als einer der wenigen Spieler einen Kasten Ensinger zurück ins Hotel. Es sind so Kleinigkeiten, die aber auf eine gute Erziehung, ein gutes Elternhaus schließen lassen und einen, der nicht meint, ihm gehöre die Welt und dass er etwas Besseres sei. Ich finde ihn einen klasse Burschen und hoffe inständig, dass er hier bei seinem Traumverein sein Glück findet und seine sportlichen Ziele erreichen kann. Es wäre ein Jammer, ihn verlieren zu müssen, nur, weil der Verein durch jahrelange Misswirtschaft an die Wand gefahren wurde. Natürlich steckt er im Formtief derzeit, ihn muss man aber stützen, weiß man doch, was er drauf hat. Läuft es in der Mannschaft wieder besser, spielen wir sicherer, kann auch er seine Stärken wieder besser ausspielen. Es ist immer schwer für einen Teenager die Bürde des großen Hoffnungsträgers zu tragen, der das Ruder herumreißen soll, verkehrte Welt bei uns, eigentlich sollten diesen Part die erfahrenen Spieler einnehmen…
Robin Dutt indes hat mit Serey Die, dem frischgebackenen Afrikameister, seinen ersten Neuzugang an Land gezogen. Anscheinend hatte er ihn schon zu seiner Freiburger Zeit auf dem Zettel, damals war er unbezahlbar. Da er bei seinem Ex-Club FC Basel in Ungnade gefallen ist, war er jetzt zum Schnäppchenpreis zu haben. Ihm eilt der Ruf des „Enfant terrible“ voraus, der immer „gut“ für eine rote Karte ist. Einige Szenen habe ich auch bereits vom Afrika-Cup gesehen, die das untermauern. Ich hoffe mal, dass er, der ja den europäischen aus Basel gewöhnt sein sollte, sich ein wenig zügelt, nicht dass er gleich wieder fehlt, bevor wir ihn richtig kennenlernen durften. Ein Spielertyp, der uns bisher fehlt, ist er auf jeden Fall, zweikampfstark, ein Kampfschwein und brutal schnell zudem und das trotz seiner schon 30 Jahre auf dem Buckel. Ich freue mich auf ihn und bin gespannt, wer aus unserem Hochgeschwindigkeitsmittelfeld für ihn weichen muss. Hoffentlich reicht es bereits für Hoffenheim, wenn er bereit ist. Wie man es vom VfB aber kennt, wird er sicherlich erst einmal einsam seine Runden an Clubheim drehen, anstatt mit der Mannschaft nach Sinsheim zu fahren. Ein Spielertyp, der uns gefehlt hat, ist er auf jeden Fall. Ob er auf Anhieb eine Führungsrolle einnehmen kann, wird man sehen. Verständigen kann er sich nur auf Französisch, aber, man weiß ja, die Fußballersprache ist international.
Die Rückrunde ist bereits wieder drei Spieltage alt. War es nun ein Fehlstart oder einfach nur dem schweren Startprogramm geschuldet? Einen Punkt mehr als zu Beginn des Jahres 2014 haben wir ja bereits gesammelt. Gegen Gladbach und Bayern rechnete ich jedenfalls schon vorher mit einer Niederlage. Gegen Gladbach fiel sie sogar knapper aus, als ich es befürchtet hatte. Der Beginn war katastrophal, so dass man schnell hätte in Rückstand liegen können, wenn nicht müssen. Danach wurde Gladbach dann schwächer, so dass das Spiel ausgeglichen war und sogar auch der VfB in Führung hätte gehen können. Just dann, als man nicht unbedingt mit der Gladbacher Führung rechnen musste, kam sie. Dämlich dabei, dass sich der VfB auskontern ließ. Irgendwie lernt die Mannschaft nicht aus den Fehlern der Vergangenheit. Dennoch hatte man noch Chancen und in der Nachspielzeit durch Georg Niedermeier DIE Chance schlechthin. Den muss er machen, unglaublich die Kugel aus vier Metern an die Latte zu hämmern. Dennoch war das Spiel ein Spiegelbild der Hinrunde. Unglaubliche Schwächen bei gegnerischen Standards und Konteranfälligkeit auf der einen, Harmlosigkeit im Angriff auf der anderen Seite, weil es eben so gut wie nie gelingt, hinter die gegnerische Abwehrreihe zu kommen. Dies verhindert zum einen das behäbige Spiel aus dem Mittelfeld, das oft beim eigenen anstatt beim gegnerischen Torwart endet oder technische Unzulänglichkeiten wie ungenaue Pässe oder Fehler beim Ballstoppen, die einem Angriff den Schwung nehmen. Das sind die sogenannten Basics, die ein Profi eigentlich drauf haben müsste.
Danach ging es nach Köln, endlich mal wieder, immer wieder ein Highlight die Atmosphäre in diesem Stadion und auch die Stadt. Die letzten sieben Bundesligaspiele in der Domstadt verlor der VfB nicht, zudem ist Köln nach dem VfB zweitschlechteste Heimmannschaft. Wenn nicht jetzt, wann dann, war man geneigt zu sagen, sollte es mit einem kleinen Befreiungsschlag klappen, zumal die nächsten Aufgaben gegen Bayern, in Hoffenheim, gegen Dortmund und in Hannover kaum einfacher werden dürften. Meine Hoffnung darauf bekam schon den ersten Dämpfer, als ich die Mannschaftsaufstellung vernommen hatte. Eine Offensive mit lediglich Sararer und Harnik fand ich von vornherein ein wenig dürftig und zeugte nicht unbedingt davon, dass man das Spiel unbedingt gewinnen wollte. Man hatte zwar durch Harnik und Leitner zwei Chancen, was aber in 90 Minuten insgesamt zu wenig ist. Weitere Offensivkräfte wie Ibisevic und Maxim wechselte Trainer Stevens erst in der 87. Und in der 90. Minute ein, so dass es schon den Anschein erweckte, Stevens wäre tatsächlich bei schwachen Kölnern mit dem 0:0 zufrieden, was ich nicht nachvollziehen konnte. Die Defensive stabiler aufzustellen als es Armin Veh tat, ist zwar ein probates Mittel, wenn diese neue Stabilität jedoch dann Offensivakteure und weitestgehend Offensivaktionen ausschließt, ist das Ganze nicht mit anzuschauen und zudem nicht sehr erfolgversprechend. Für mich war das folgerichtige 0:0 in Köln eindeutig zu wenig.
Dann kamen die Bayern. Auch wenn es nicht das befürchtete Debakel gab, auch für ein 0:2 und eine unerwartet gute Abwehrleistung gibt es keine Punkte. Die Bayern taten nicht mehr als nötig und siegten, so dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Bereits nach dem Hinspiel gab es Pappenheimer, die sich dafür feiern lassen wollten, weil es kein Debakel gab, auch dieses Mal gab es überwiegend lobende Stimmen aus der Mannschaft. Ich lese, man habe Pech gehabt, wenig zugelassen usw. Einen Torschuss, den von Sakai, haben wir in 90 Minuten zustande gebracht, Manuel Neuer musste keinen einzigen Ball halten, so kann man einfach nicht gewinnen. Und wenn man sich dann bei dem 0:1 wie auf dem Bierdeckel ausspielen lässt, Ulle zudem zu weit vor dem Tor steht, liegt man eben zurück und es ist doppelt schwer noch etwas Zählbares zustande zu bringen. Dann noch das 0:2 und die Bayern konnten das Ergebnis kraftschonend verwalten. So waren alle zufrieden, der VfB dass ja die Abwehr so toll stand und die Bayern, weil sie ihren ersten Rückrundensieg mühelos einfahren konnten. Alle? Nein, ich war nicht zufrieden. Natürlich hatte ich nicht ernsthaft dran geglaubt, dass wir den Bayern weh tun könnten, aber, ich bin eben auch Zeitzeuge früherer Schlachten und gebe mich nicht damit zufrieden, als Sparringspartner lediglich ein blaues Auge und keinen K. O.-Schlag versetzt bekommen zu haben. Verloren ist verloren, wir dümpeln weiterhin mit 18 Punkten im Keller vor uns hin, uns fehlen weiterhin noch sechs Siege, um gute Chancen auf den Klassenerhalt zu haben.
Nur, gegen wen sollen die gelingen? Wir haben zwar einige direkte Konkurrenten noch zu Gast im Neckarstadion, ob das jetzt gut ist in Anbetracht von zuletzt sechs (!) Heimspielen ohne eigenes Tor, sei dahingestellt. Spiele, wie das in Köln, wo einem in Anbetracht der unterirdischen Leistung des Gegners die Punkte auf dem Silbertablett serviert werden, müssen ohne Wenn und Aber gewonnen werden, soll das zarte Pflänzchen Hoffnung weiter blühen. Ich versuche es, positiv zu denken und daran zu glauben, dass es Huub ein zweites Mal richten wird. Nur gibt es derzeit sehr wenig, das mir Hoffnung macht. Der VfB ist die Mannschaft in der Liga, die den langweiligsten und langsamsten Fußball praktiziert, für die der Spielaufbau ein Fremdwort ist und die aus ihren einfachen Fehlern einfach nicht zu lernen imstande ist. So wird es sehr, sehr schwer.
Ob es ausgerechnet an der Autobahnraststätte Sinsheim am Samstag die Wende geben wird? Hoppenheim ist zwar noch schlechter in die Rückrunde gestartet als der VfB, hat aber spielerisch weit mehr zu bieten als wir, so dass zu befürchten ist, dass wir einmal mehr der ideale Aufbaugegner für einen am Boden liegenden Gegner sind. In ähnlicher tabellarischer Situation setzte es dort im letzten Jahr ein sang- und klangloses 1:4, damals allerdings noch im Hurra-Stil mit Thomas Schneider an der Linie. Hoffnung macht mir allenfalls, dass das Stadion in weiß-roter Hand sein wird. Wie viele andere auch, habe ich mein Ticket beim Heimverein direkt bestellt. Auch Stand heute gibt’s da noch Tickets, so dass auch jetzt noch VfBler die Chance haben, sich an diesem Kontingent zu bedienen, greift zu! Ob die Mannschaft diese Unterstützung als Auftrag betrachtet oder sich wie in einem Heimspiel wähnt und dann nicht einmal mehr ein Tor zustande bringt, warten wir es ab. Im Grunde kann es nur besser werden!
Punktgewinn im Borussia-Park!
Acht Tage nach diesem unsäglichen und peinlichen Pokal-Aus in Bochum ging es für uns erneut tief in den Westen, in den Borussia-Park nach Mönchengladbach. Eigentlich ein sehr gutes Pflaster für den VfB, haben wir dort doch in den letzten acht Partien nicht verloren (vier Siege, vier Unentschieden) und weist der VfL Borussia gegen uns zuhause seine schlechteste Bilanz gegen alle Bundesligisten auf. Kein Grund also bange zu machen vor diesem Saisonauftakt. Wenn, ja wenn da nicht die desolate Vorstellung in Bochum gewesen wäre. Im Ruhrstadion war nichts zu erkennen, das Mut für den anstehenden Bundesligaauftakt machen könnte, entsprechend bedient war ich unmittelbar nach dem Spiel. Komischerweise wich mein schlechtes Gefühl für die kommende Bundesligasaison und insbesondere für das Spiel im Borussia-Park von Tag zu Tag einer gewissen Zuversicht. Natürlich bin ich mir im klaren darüber, dass es ein schwieriges Jahr werden dürfte, aber auch, dass wir nach und nach besser werden würden, sollte der Start auch noch so miserabel ausfallen.
Was war passiert? Zunächst war da ja am Sonntag das Krombacher-Spiel in Fellbach, von dem ich ausführlich berichtete. Bei den meisten Spielern meinte ich zu erkennen, dass sie dieser Auftakt gewurmt, getroffen, erschrocken hat. Einige sprach ich ja direkt darauf an, so dass ich mir einbilde, hier mit keinem gespielten Verhalten konfrontiert worden zu sein. Dann schließlich noch ein kleiner Plausch mit Armin Veh, der eingehend um Geduld bat, dies jedoch mit einer Entschlossenheit zum Ausdruck brachte, so dass ich ihm nur Recht geben konnte.
Geduld ist das Zauberwort in dieser Umbruchphase. Meiner Meinung nach hatten wir seit Christian Gross keinen richtigen Trainer mehr (außer Huub Stevens natürlich). Über die Zeit von Jens Keller lege ich mal den Mantel des Schweigens. Bruno Labbadia bin ich dankbar, dass er uns in der schwierigen Zeit 2010/2011 vor dem Abstieg gerettet hat, für mehr aber nicht. Danach gab es das eine oder andere Zwischenhoch mit einem Einzug in die Europaleague oder dem aufgrund eines unglaublichen Losglück erreichten Pokalfinale. Unterm Strich vermochte Labbadia die Mannschaft aber nicht weiter zu entwickeln, so dass seine Zeit eher als die des schlechtesten Fußballs in der langen VfB-Historie in die Geschichte eingegangen ist. Außerdem wurde Labbadia nachgesagt, Spielerfrauen hinterher zu stellen, so dass es nicht verwunderlich ist, dass dies beim einen oder anderen Spieler Leistungsverweigerung zur Folge hatte. Danach kam das Greenhorn Thomas Schneider, der von einigen Führungsspielern nicht für voll genommen wurde und auch nichts unternahm, um seine Autorität zu stärken. Er ließ es laufen, fast bis ins Verderben. Huub Stevens, unser Rettungsanker, war zu kurz da und verabschiedete sich nach erfüllter Mission gleich wieder. Er schaffte es aber in sehr kurzer Zeit aus diesem Sammelsurium aus Grüppchen und Ich-AG’s eine funktionierende Einheit auf den Platz zu schicken, die binnen kurzer Zeit die notwendigen Punkte einfuhr, um in der Liga zu bleiben.
Über die Kaderzusammenstellung des Fredi Bobic und der möglichen Bevorzugung der Schützlinge seines Freundes und Beraters Schwab habe ich mich schon oft genug geäußert, trotzdem komme ich auch an dieser Stelle nicht umhin den Vorstand Sport für die im Kader herrschenden Zustände zu kritisieren.
Armin Veh muss mit dem vorhandenen Spielermaterial zurechtkommen, viel Geld für Veränderungen ist nicht vorhanden, wo wir erneut auf Fredi Bobic zu sprechen kommen. Im Fußballmanagergeschäft ist den Guten eine gewisse Weitsicht gegeben, die unserem Manager-Novizen gänzlich fehlt. Vieles wirkt, als lebe man einfach in den Tag hinein. Bei kaum einem dazu geholten Spieler in den letzten Jahren hat sich sein Marktwert während der Zeit beim VfB erhöht. Stattdessen machten es sich viele Spieler in der Wohlfühloase VfB richtiggehend bequem und saßen über kurz oder lang ihren Vertrag ab. So haben wir auch jetzt wieder Ladenhüter, die sich beim VfB fast in Vergessenheit gespielt (bzw. –trainiert) haben und für die es so gut wie keine Interessenten gibt. Es ist absehbar, dass Fredi Bobic auch am Ende dieser Transferperiode kostspielige Auflösungsverträge unterzeichnen wird, nur um Leute von der Gehaltsliste zu bekommen und einen geordneten Trainingsbetrieb zu gewährleisten.
Veh muss vieles aus den Köpfen bekommen, was sich dort in den letzten Jahren festgesetzt hat und sich über kurz oder lang auch vom einen oder anderen Platzhirsch trennen, der uns nicht weiterbringt bzw. bei dem er Zweifel hegt, ob er seinen Weg bedingungslos mitzugehen bereit ist.
So fand ich die Pressekonferenz vor der Abreise ins Hotel nach Düsseldorf sehr bemerkenswert. Veh hat u. a. mangelnden Teamgeist und Grüppchenbildung als Hauptprobleme ausgemacht, was im Grunde genau das ist, das ich schon seit längerem predige. Das Team muss nicht aus elf Freunden bestehen, aber, es sollte eine funktionierende Einheit sein, die sich zwischenmenschlich versteht und die letztendlich bereit ist, sich gegenseitig auf dem Platz zu helfen. Wenn er das hinbekommt, nicht immer die elf besten Einzelspieler aufs Feld zu schicken, sondern diejenigen, die als Team am besten funktionieren, ist meiner Ansicht nach schon viel gewonnen. Auch sein Zitat „Mentalität schlägt Talent“, dass manch einer Respekt einfordere, der überhaupt nicht wisse, was dieser bedeutet, finde ich klasse und den richtigen Ansatz. Zudem schätzt er die Lage realistisch ein und mahnt das Umfeld, diesen schwierigen Weg mitzugehen und das Team mit Erwartungen und Phantastereien nicht zu überfordern.
Bei Armin Veh, wie ich ihn auch in Schruns und im Zillertal erlebt habe, habe ich ein richtig gutes Gefühl, dass er den VfB wieder dorthin führen kann, wo wir ihn alle gerne sehen würden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Trainern, die für ein Engagement in Frage gekommen wären, ist er jedenfalls keiner, der das Himmelfahrtskommando einfach so übernommen hat und dem es egal wäre, im Herbst mit einer Millionenabfindung gefeuert zu werden. Ihm ist daran gelegen, den VfB aus der Talsohle herauszuholen und geht dieses Unternehmen mit voller Tatkraft, Lust und Leidenschaft an, weil es ihm tatsächlich eine Herzensangelegenheit ist.
Ich schätze die Situation als äußerst schwer und zerfahren ein. Nicht nur, dass wir es uns endlich eingestehen müssen einen qualitativ schwächeren Kader zu haben als mindestens die Hälfte der Liga. Dieser Kader muss Vehs Spielphilosophie verinnerlichen, der „Labbadia-Fußball“ muss raus aus den Köpfen, die Hierarchie ihm Team gehört hinterfragt, ob vermeintliche Führungsspieler nicht mindestens ein Teil des Problems sind, der Kader muss ausgedünnt werden und aber gleichzeitig um Verstärkungen ergänzt werden. Eine Mammutaufgabe also, die nicht von heute auf morgen zu bewältigen ist.
Eine knappe Woche hat der Transfermarkt noch geöffnet, es bleibt zu hoffen, dass sich hier noch etwas tut und Spieler ohne jegliche Perspektive abgegeben werden und ein gestandener Abwehrspieler, der sofort weiterhilft, geholt werden können. Dass ein Marco Rojas zu Greuther Fürth verliehen wurde, finde ich etwas schade, war doch gerade er erfolgreichster Torschütze in der Vorbereitungsphase. Natürlich kann sich das Leihgeschäft als Win-Win-Situation entpuppen, wenn Rojas in Fürth einschlägt, was ich ihm durchaus zutraue, und er gestärkt zurückkommt. Die Erfahrung zeigt aber leider auch nach solchen Leihgeschäften, dass sich der Spieler schon bald mit seinem neuen Verein mehr identifiziert als mit dem VfB, weil er dort die Anerkennung erfährt, die ihm beim VfB gefehlt hat.
Ein zweiter Gewinner der Vorbereitung war für mich Sercan Sararer, der stets frischen Wind brachte, wenn er eingewechselt würde. Ihn würde ich behalten und darauf hoffen, dass er im zweiten Jahr durchstartet, wenn das Tischtuch nach seinen Eskapaden der Vorsaison nicht schon komplett zerschnitten ist.
Jetzt habe ich doch wieder etwas weit ausgeholt um zu veranschaulichen, weshalb ich Armin Veh zu seinen bisherigen Einschätzungen Recht gebe und dass ein riesiger Berg an Problemen vorhanden und abzuarbeiten ist.
Daher ist meine Erwartungshaltung derzeit äußerst überschaubar. Ich freue mich, wenn Veh die Probleme anpackt und Klartext redet und bin mit kleinen Fortschritten schon zufrieden, immer unter der Prämisse, nicht erneut in den Abstiegskampf zu geraten. Zudem wäre ich begeistert, wenn unser Fußball Schritt für Schritt ansehnlicher und wieder selbstverständlicher werden, die Spielfreude zurückkehren und wir wieder schönere Heimspiele zu sehen bekommen würden, zunächst einmal völlig unabhängig von den Ergebnissen.
Den Bus nach Mönchengladbach bestieg ich somit gestern wider Erwarten mit dem guten Gefühl, womöglich etwas Zählbares aus dem Westen mitnehmen zu können. Der Mannschaft, der man in Bochum fehlenden Charakter vorwerfen musste, traute ich es zu, diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen zu wollen. Sie haben mächtig Gegenwind bekommen unter der Woche, außerdem hat Armin Veh die Zügel noch einmal angezogen. Gladbach hatte am Donnerstagabend noch ein schweres Auswärtsspiel in Sarajevo in der Europa League-Qualifikation, so dass darauf zu hoffen war, dass sie körperlich nicht ganz so frisch und mit dem Kopf womöglich schon beim Rückspiel am kommenden Donnerstag sein würden. Und, was außerdem Hoffnung machte, ist die Tatsache, dass der VfB eine Wundertüte ist und hin und wieder zu nicht für möglich gehaltenen Leistungssteigerungen fähig ist.
Knapp 2.000 VfBler begleiteten den VfB an einem Sonntag Spätnachmittag, schon bemerkenswert aufgrund der zuletzt gezeigten Darbietungen. Beim VfB begann Alexandru Maxim anstelle des serbischen Neuzugangs Kostic im Vergleich zum Bochum-Spiel. Gladbach ergriff zu Beginn die Initiative, wie es sich für eine Heimmannschaft gehört. Vor allem über die linke Seite des Ex-Vfblers Traoré wurde mächtig Betrieb gemacht, ohne dass es richtig gefährlich wurde. Der VfB versuchte früh zu stören und den Ball zu erobern, schenkte diesen durch schnelle Ballverluste oft aber wieder unnötig her. Im Großen und Ganzen legte der VfB eine ordentliche erste Halbzeit hin und ließ lediglich zwei Gladbacher Chancen zu. Im Spielaufbau aber zeigte der VfB abermals große Probleme, so dass es insgesamt einfach zu wenig ist, was an offensiven Glanzlichtern gesetzt wird. Wenn man in 90 Minuten gerade einmal zwei Mal ernsthaft aufs Tor schießt, muss schon die Abwehr bombensicher stehen, um einen Sieg davon tragen zu können.
Dennoch ging der VfB durch einen dieser Torschüsse am Beginn des zweiten Durchgangs durch Maxim in Führung und ließ uns lange vom Auswärtssieg träumen. Gentner hatte schön die Abwehr überlobbt und Maxim in Szene gesetzt, der alle Zeit der Welt hatte, um konzentriert und sicher abzuschließen. Die Freude und Erleichterung im Block war spürbar, hatten doch die wenigsten auch nur einen Pfifferling auf den VfB gesetzt, nach der großen Enttäuschung in Bochum. Gladbach erhöhte danach den Druck, wechselte offensiv und schnürte den VfB zeitweise ein, so dass der Ausgleich eigentlich nur noch eine Frage der Zeit war. Dem VfB gelang es kaum noch für Entlastung zu sorgen. Einzig in der 84. Minute hatte Christian Gentner noch die Chance, den Deckel drauf zu machen, scheiterte aber leider am Gladbacher Keeper Sommer. Dann kam es wie es kommen musste: der Weltmeister Christoph Kramer erzielte noch den von den Gladbachern vielumjubelten Ausgleich. Überfällig auf jeden Fall, hatte Gladbach doch zuvor bereits einige hochkarätige Einschussmöglichkeiten ausgelassen. Diese Szene aber, die zum 1:1-Endstand führte, sah für mich schon ein wenig bizarr aus. Sie erinnerte mich an eine Strafecke im Feldhockey, Diagonalball an den Elfmeterpunkt, ein Haufen von Spielern nahe der Torlinie, aber niemand beim Schützen, einmal mehr also ein dilettantisches Abwehrverhalten der Mannschaft.
Auf die Einzelkritik aller Spieler möchte ich nicht näher eingehen und mich heute auf zwei beschränken. Die Vertragsverlängerung mit Vedad Ibisevic versteht wohl keiner so recht, außer vielleicht Fredi Bobic. Sollte sie lediglich den Sinn gehabt haben, nicht Gefahr zu laufen, dass auch dieser Spieler uns eines Tages ablösefrei verlässt, lass ich das noch gelten. Das Leistungsprinzip sollte jedoch auch für ihn gelten. Wer die Hoffnung hatte, die Vertragsverlängerung würde ihm einen Schub verleihen, dürfte jetzt schon wieder ernüchtert und verärgert sein. Nach wie vor fällt er mehr durch unnötige Fouls und lamentieren als durch Torgefahr auf, so auch beim nicht gegebenen 0:1, als er davor völlig unnötig einen Gegenspieler umstieß. Ich wünsche es mir, dass er nicht die kolportierte Stammplatzgarantie besitzt und mit Ginczek nach überstandenem Kreuzbandriss bald einen ernsthaften Konkurrenten für die Position des Stoßstürmers erhält.
Auf Sven Ulreich habe ich mich ja bereits seit längerem eingeschossen. Auch gestern für mich wieder mit mehr Schatten als Licht und ein ständiger Unsicherheitsfaktor. Ihm würde eine Pause gut tun, auch wenn es mir bewusst ist, dass die Gesamtsituation schon recht zerfahren sein muss, bis man die Nummer 1 und den bei Teilen der Fanszene noch immer mit Denkmalstatus behaften Ulle aus dem Kasten nimmt. Nüchtern betrachtet aber, trägt ein verunsicherter Torwart maßgeblich zur allgemeinen Verunsicherung bei. Wenn man schon eine ambitionierte Nummer 2 wie Kirschbaum holt, wenn man sich als Torwartschmiede Nummer eins der Nation sieht, mit Andi Menger den angeblich besten Torwarttrainer beschäftigt, sollte man sich auch einmal der T-Frage stellen, um die im Schatten stehenden Keeper nicht vollends zu vergraulen!
Da für mich eine neue Zeitrechnung begonnen hat, wehre ich mich gegen Phrasen wie „und täglich grüßt das Murmeltier“. Es ist nur so, wie oben beschrieben, dass die Jungs einer Kopfwäsche unterzogen werden müssen, alles was bisher war, muss da raus und auf null gestellt werden. Auch rede ich trotz des späten Gegentreffers nicht von zwei verlorenen Punkten sondern sehe es positiv, dass der Ausgleich nicht schon früher gefallen ist. Dann wären wir gestern nämlich mit ziemlicher Sicherheit als Verlierer vom Platz gegangen. Diesen Punkt, den wahrlich nicht jeder auf der Rechnung hatte, gilt es mitzunehmen und als Achtungserfolg zu werten, aus dem Kraft und Zuversicht für die nächsten Aufgaben gezogen werden kann. Am Samstag gastiert (endlich) mal wieder der 1. FC Köln im Neckarstadion, ein Verein, gegen den wir 1996 zum letzten Mal ein Heimspiel gewinnen konnten und der somit sicherlich zu unseren Angstgegnern gezählt werden kann. Allerdings schlugen wir sie 2012 im DFB-Pokal knapp mit 2:1 und Köln reist sicherlich nicht als Favorit an. Da gilt es nachzulegen und den Punkt von Gladbach zu vergolden, um den besten Saisonstart seit Jahren in Stein zu meißeln. Wichtig dürfte sein, das Aufbauspiel und das Spiel in die Spitze zu verbessern, um für Überraschungsmomente zu sorgen und zu Torchancen zu kommen.
Für eine Prognose ist es mir heute noch zu früh. Wenn es die Zeit zulässt, werde ich in dieser Woche mal wieder beim Training vorbeischauen und freue mich auf den Samstag, wenn es wieder heißt „Karawane Cannstatt“ und danach ab ins Stadion, und das zur besten Zeit, Samstag 15:30!
Last Step to Brazil!
Eigentlich bin ich ja kein großer Länderspielgänger, der VfB liegt mir da doch mehr am Herzen. Wenn es sich aber einrichten lässt, der Ort und der Gegner passen, ist ein Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft in der „Länderspielpause“ auch einmal eine willkommene Abwechslung vom Alltag.
Bei der gestrigen Ansetzung kamen diese Faktoren zusammen. Es war vorherzusehen, dass einige tausend stimmgewaltige und trinkfeste Iren anreisen würden und für Partystimmung gesorgt sein würde. Hinzu kam, dass das Spiel in Köln stattfand, nach Hamburg und außer Stuttgart inzwischen meine Lieblingsstadt in Deutschland und ich das neue Müngersdorfer Stadion einfach klasse finde. Dass der dort ansässige FC schon einige Jahre in den Niederungen der 2. Liga herum dümpelt und deshalb Köln-Trips seltener geworden sind, tat ein Übriges, dass ich diese Gelegenheit wahr nahm. Zumindest was den FC angeht, sind die Aussichten in dieser Saison so gut wie schon lange nicht mehr, dass wir in naher Zukunft auch mal wieder mit dem VfB in der Domstadt antreten dürfen.
Dass Köln an diesem Freitag Fußballstadt sein würde, merkten wir nicht nur an den schon zahlreich anwesenden Iren. In unserem Hotel im Aufzug begegnete ich gleich einmal Renate Lingor, einer Ex-Spielerin der Deutschen Frauennationalmannschaft. Ich muss ja zugeben, dass ich sie nicht erkannt hätte, wenn sie nicht so ein Mrs. Wichtig-Kärtchen um den Hals gehängt gehabt hätte, der Name war mir aber dann sofort geläufig und ich musste staunen, als sie sagte, dass sie ihr letztes Länderspiel schon vor sechs Jahren bestritten hätte. Leute, wie die Zeit vergeht!
In der Stadt gingen wir gleich einmal zu unserem Lieblingsitaliener am Rhein-Ufer. Leider war es an diesem Tag nasskalt und teilweise regnete es in Strömen, so dass das flanieren am Rhein ausfiel. The Sun always shines in the Pub, so gingen wir direkt weiter ins Früh Kölsch, wo wir meinen lieben Kollegen Hansi und Konrad von den Murgtalschwaben mit zwei Bekannten, die ich nicht kannte, trafen. Schon einmal in geselliger Runde, kam es wie es kommen musste. Ein Kranz Kölsch nach dem nächsten, so dass wir später als geplant von dort los kamen. Das Wetter tat sein Übriges, dass wir es nicht unbedingt eilig hatten. Allerdings hatten wir es unterschätzt, dass auch die zahlreichen Iren von ihren Brauhäusern und Pubs nicht rechtzeitig weg kamen, so waren die Bahnsteige hoffnungslos überfüllt. Also beschlossen wir, ein Großraum- oder zwei normale Taxis anzuhalten, was sich allerdings als ein aussichtsloses Unterfangen herausstellte.
Gefühlte Stunden später, es war schon gegen 20 Uhr, erhaschten wir am Bahnhof dann doch eines der raren Taxis und baten den Kutscher Vollgas zu geben. Er machte uns wenig Hoffnung, uns noch pünktlich zum Stadion chauffieren zu können, da es in Köln derzeit viele Baustellen gäbe und zudem wegen des bevorstehenden Köln-Marathons noch einige Straßen gesperrt wären. Für die letzte Fuhre zum Stadion habe er 1 ¼ Stunden benötigt. Mit unserem Einverständnis und nach checken der Staulage nahmen wir den Umweg über die Stadtautobahn in Kauf und kamen tatsächlich ohne Stau am Stadion an. Auf dem Weg in Richtung Osttribüne hörten wir dann von draußen erst die Ankündigung des Einlaufs der Mannschaften, kurz darauf dann die Nationalhymnen. Die Eingangskontrollen konnten wir relativ zügig passieren, dennoch verpassten wir natürlich die ersten paar Minuten des Spiels. Nach dem Pokalfinale in Berlin aus ähnlichen Gründen und kürzlich Braunschweig wegen des Pannenbusses binnen ein paar Monaten das dritte Mal, dass ich Einlauf und Eröffnungszeremonie verpasste. Hier denke ich, sollte ich dringend an mir arbeiten. .
Wie schon erwähnt liebe ich das Kölner Stadion. Vielleicht auch deshalb, weil ich das alte Müngersdorfer Stadion immer als schlimm empfand und das neue so überhaupt nicht mehr damit zu vergleichen ist. Das Stadion hat eine tolle Akustik und man ist nah dran. Wie schon in den letzten Bundesligaspielen bestellte ich für uns die gleichen Plätze, unweit des Gästeblocks, Gegentribüne Unterrang und direkt am Treppenabgang gelegen. Logistisch geht’s nicht besser, Bierstand und Toiletten in unmittelbarer Nähe. Apropos Bierstände: Bravo FIFA, die ja wohl auch für die Ausrichtung der Qualifikationsspiele verantwortlich zeichnet, dass es gestern Vollbier gab und nicht wie bei von der UEFA ausgerichteten Events nur alkoholfreie Plörre. Um Missverständnissen vorzubeugen, weil ich dieses Thema in letzter Zeit immer wieder anreiße. Es geht mir nicht darum, dass ich es nicht auch einmal zwei Stunden ohne ein Stadionbier aushalten würde. Mich stört diese Doppelmoral: dem Fußvolk „keine Macht den Drogen“ predigen und sich in den V.I.P.-Katakomben die Hucke voll saufen. In Fußballdeutschland gehört zu einem Fußballspiel das Stadionbier genauso dazu wie die Stadionwurst, in Deutschland allgemein (gut, in Bayern im Besonderen) ist Bier Kulturgut, weshalb also lassen wir uns unsere deutsche Kultur von irgendwelchen französischen Funktionären verbieten und sagen zu allem „Ja und Amen“. Sollte mal jemand alkoholbedingt über die Stränge schlagen, müsste es doch möglich sein, diesen des Areals zu verweisen und gut ist. Das ist in jeder Stadionordnung geregelt, weshalb also mal präventiv alle zusammen kollektiv bestrafen. Gestern jedenfalls war diesbezüglich alles bestens, ich hoffe, nicht nur deswegen, weil man befürchtete, mit den Iren Probleme zu bekommen, wenn man ihnen alkoholfreie Brühe vorsetzt. . Im Ernst, die Iren waren überall gut drauf, wie man sie kennt, in Feier- und Trinklaune und nach dem Spiel durchaus bedient, sie hatten sich tatsächlich etwas ausgerechnet.
Das Spiel verlief eigentlich wie man es erwarten durfte. Ein souveräner Sieg gegen ein tief gestaffeltes grünweißes Abwehrbollwerk. Neue Erkenntnisse konnte man kaum gewinnen. In der Offensive sind wir auch ohne echten Stürmer brillant bestückt, in der Defensive dagegen muss noch einiges getan werden, um sich im nächsten Sommer gegen die Creme de la Creme durchzusetzen. Selbst den Iren gestattete man zu viele Torchancen.
Die Kritik an Löw teile ich im Großen und Ganzen nicht. Ich kann mich nur zu gut noch an den Rumpelfußball früherer Jahre erinnern, an eine Euro 2004 in Portugal, wo wir zugegen waren und man ernsthaft Probleme hatte, einen 22-Mann-Kader zu rekrutieren. Damals wurde selbst ein alternder Fredi Bobic berufen, dessen beste Jahre schon einige Zeit vorbei waren. Seitdem hat sich unheimlich viel getan. Mittlerweile haben wir einen Pool von etwa vierzig Spielern, die man bedenkenlos bringen kann, Absagen aus Unlust haben sich auf ein Minimum reduziert, weil sich kaum einer seines Stammplatzes sicher sein kann, es ist Spielfreude und Spielkultur da und ein technisch anspruchsvoller Fußball, wie ihn Deutschland noch nie gesehen hat. Dass ein Trainer seine Vorstellungen durchsetzt, auch einmal seine Lieblinge bevorzugt, steht ihm meiner Meinung nach zu. Einen Sven Ulreich ernsthaft in die Nationalmannschaft hinein schreien zu wollen, darüber muss ich schmunzeln. Dafür hat er noch zu viele Defizite und mittlerweile fehlt mir auch der Glaube, dass er diese noch abstellt. Gerade in Sachen Spieleröffnung, Handlungsschnelligkeit und auch in der Strafraumbeherrschung haben ihm einige Konkurrenten viel voraus.
Dass Löw auch jetzt in höchster (Stürmer-) Not einen Stefan Kießling nicht beruft, kann ich auch nicht nachvollziehen, respektiere aber trotzdem Löws Meinung. Er möchte in ihm sicherlich keine falschen Illusionen wecken, ihn jetzt als Notnagel zu bringen, obwohl er genau weiß, dass er, wenn Gomez und Klose fit sind, diese beiden und sonst keinen weiteren Stürmer zur WM mitnehmen wird. Schade für Kießling, allerdings ist er nicht der erste und sicherlich auch nicht der letze herausragende Bundesligaspieler, der es nicht (dauerhaft) in die Nationalmannschaft geschafft hat. Unser Fritz Walter und auch Labbadia fallen mir spontan ein, die über Jahre in der Bundesliga Tor um Tor erzielten, in der Nationalmannschaft aber nie eine große Rolle spielten, weil eben damals Völler und Klinsmann erste Wahl waren.
Einzig in der Defensive gibt es noch einiges zu tun. Boateng scheint sich stabilisieren und ist auf dem Weg zur festen Größe. Ich hoffe einmal, dass er seinen Stammplatz bei den Bayern behält, auch wenn Martinez und Thiago wieder fit sind. Es wird ja immer wieder kolportiert, Guardiola könne Martinez als Innenverteidiger sehen, dann würden von Dante, Martinez und Boateng wohl nur zwei spielen, was im Endeffekt für die Nationalmannschaft ein Problem werden könnte. Als zweiten Innenverteidiger sehe ich derzeit Höwedes stärker als Mertesacker und hoffe, dass sich Mats Hummels wieder stabilisiert. Als Linksverteidiger haben derzeit Schmelzer und Jansen die besten Karten, Aogo, der bei Schalke derzeit wieder regelmäßig spielt, könnte auch wieder ein Thema werden. Einziger Fixpunkt der Viererkette ist Phillip Lahm, der schon ein Phänomen ist. Er läuft und läuft und läuft und legt dabei noch Spielmacherqualitäten an den Tag. Gestern in der zweiten Hälfte beackerte er die Seite, an der wir saßen und ich muss sagen, dass ich schon fasziniert war, wie beharrlich er marschierte und immer anspielbereit war. Ich habe dennoch großes Vertrauen in die Arbeit von Löw und glaube, dass es auch dieses Mal wieder gelingen wird, der Truppe in den letzten vier Wochen vor dem Turnier den nötigen Feinschliff zu geben. Bis zum Beginn der Vorbereitung wird die Wunschformation weitestgehend stehen und dann geht es darum, aus elf hervorragenden Akteuren eine funktionierende Mannschaft zu kreieren, die Laufwege einzustudieren und Automatismen zu trainieren. Deshalb bin ich überzeugt, dass bis zum Beginn des Turniers das Abwehrverhalten ein anderes sein wird, als während der Qualifikation gesehen.
Mit der Qualifikation insgesamt kann man sehr zufrieden sein. Gerade einmal einen Punkt abgegeben, den man zugegebenermaßen nicht hätte abgeben dürfen. Abgesehen von einem glücklichen Sieg im Prestigeduell in Österreich sind wir souverän durchmarschiert. Auch gestern hatte ich weder vor noch während des Spiels Bedenken, dass etwas schief gehen könnte.
Ich fand den Abend gestern sehr entspannt, weil wir Qualität in unseren Reihen und auch die Mittel haben, einen hinten drin stehenden Gegner mürbe zu spielen und viele Torchancen zu erarbeiten. So ging ich zufrieden von dannen und hatte es nicht bereut, dieses Spiel besucht zu haben.
Dennoch muss ich sagen, dass dieser Eventcharakter bei Länderspielen nicht meine Welt ist. Das kostenlose Verteilen von Fähnchen ist der natürliche Feind des Stadionfotografen. Ständig wedelt einer vor Dir herum, wenn dann noch bei Länderspielen bei einem 3:0-Sieg, abgesehen von der La-Ola-Welle in der ersten Halbzeit, kaum Stimmung aufkommt, wenn ein Mario Götze bei seiner Einwechslung ausgepfiffen wird, fehlt mir das Verständnis. Das waren sicherlich genau die Leute, die mit ihren Vereinsschals zum Länderspiel gehen… Insgesamt gesehen haben die paar tausend Iren weitaus mehr Stimmung gemacht, als die Deutschen. Gelegenheitsstadiongänger, die sich einmalig eine teure Eintrittskarte gekauft haben, waren wahrscheinlich enttäuscht, weil nach dem 6:1 im Hinspiel „nur“ ein 3:0 herauskam.
Ich war hoch zufrieden. Mehr als die fix gemachte Qualifikation gab es gestern nicht zu gewinnen und dieses Ziel wurde ungefährdet erreicht. Brasilien 2014, wir kommen. Ob es nach 1996 mal wieder zu einem Titel reichen wird steht in den Sternen. Das Personal dafür hätten wir jedenfalls. Trotzdem wird es natürlich ein spezielles Turnier werden, weite Reisen, klimatische Unterschiede von Spielort zu Spielort und eine brasilianische Nation, die wie ein Mann hinter ihrem Team stehen wird. Ob sich die Unruhen, die während des Confed-Cups zu beobachten waren, bis dahin gelegt haben oder nicht, könnte ebenso Auswirkungen auf die Stimmung und Atmosphäre des Turniers haben und womöglich eine Mannschaft auf der Fahrt ins Stadion (negativ) beeindrucken. Wie man das Team ums Team der DFB-Elf kennt, werden sämtliche möglichen Szenarien durchgespielt und die Mannschaft bestmöglich auf alles vorbereitet, was ihr drohen könnte, dennoch darf man auch nicht vergessen, dass auch unsere Spieler nur Menschen sind, von denen der eine äußere Einflüsse besser wegsteckt als der andere. Sicher nicht zufällig ist noch nie eine europäische Mannschaft in Mittel- und Südamerika Weltmeister geworden, es gilt sich über einige Widerstände hinweg zu setzen. Daher ist Stand jetzt auch eine Prognose schwierig bis unmöglich. Sicher ist nur, wir sind mal wieder dabei und das ist auch gut so!
Der Tanz auf drei Hochzeiten geht weiter!
Das letzte Spiel des Jahres war ein Spiegelbild der Vorrunde. Wenig souverän schleppten sich die Brustringträger zum Sieg, das Spiel stand auf des Messers Schneide, einmal mehr dürfen wir uns bei Sven Ulreich bedanken, dass wir im DFB-Pokal überwintern.
So stehen unter dem Strich 25 Punkte in der Bundesliga, mit Tuchfühlung zu den Championsleagueplätzen, der Einzug ins Sechzehntelfinale in der Europa League, wo mit Genk eine lösbare Aufgabe wartet und dem Erreichen des Viertelfinales im DFB-Pokal, wo die Hürde zum Halbfinale auch nicht besonders hoch zu sein scheint. So gesehen eine erfolgreiche Halbserie, eine der besten in den letzten Jahren.
Wenn denn die oftmalige spielerische Armut nicht wäre. Hier ist noch viel Luft nach oben. Schaun wir mal, ob uns das Christkind noch eine Verstärkung unter den Baum legt. Große Hoffnungen hege ich in die Rückkehr von Daniel Didavi, der jetzt die große Chance haben wird, sich als Stammspieler zu etablieren und unser Kreativspiel zu beleben.
Maza wird uns wohl verlassen, in dieser Personalie sehe ich, wie Fredi Bobic auch, keinen großen Bedarf nachzurüsten, möchte man den Talenten Antonio Rüdiger, Benedikt Röcker sowie Patrick Bauer, der im Sommer zurück kommt, den Weg nicht verbauen. Es tut sich also etwas bei den Jungen Wilden reloaded. Auch Raphael Holzhauser hat einen großen Schritt nach vorn gemacht, auch wenn er sich im Klaren sein muss, dass er gerade im Defensivverhalten noch sehr viel lernen muss. In dem Karrierestadium, in dem sich Holzhauser befindet, entscheidet sich, ob er das Zeug zum Großen hat, indem er den Ehrgeiz an den Tag legt, sich stetig zu verbessern oder ob er sich damit zufrieden gibt, dass er in der Bundesliga angekommen ist. Wie ich Bruno Labbadia kennen gelernt habe, wird er gerade dies nicht dulden, so dass sich ein vermeintlicher Himmelsstürmer schneller wieder bei den Amateuren wiederfinden könnte, als er denkt.
Ob uns weitere Abgänge bevorstehen bleibt abzuwarten. Kuzmanovic ist ja immer wechselwillig, er sollte eben auch einmal einen Verein bringen und nicht nur Sprüche klopfen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Fredi gesprächsbereit wäre und ihn womöglich sogar für nen Appel und ein Ei gehen lassen würde, alleine schon um ihn von der Gehaltsliste zu bekommen und einen Unruheherd weniger im Team zu haben. Sportlich wäre er kein allzu großer Verlust, außerdem ist er im Sommer sowieso weg.
Der Kader ist groß genug, diesen „Verlust“ aufzufangen, ein gewisses Risiko ist trotzdem immer dabei, wenn man auf lauter Grünschnäbel setzt. Meiner Meinung nach ist dieser Weg dennoch der richtige für den VfB, der sich momentan wohl immer noch keine gestandenen Spieler, die uns sofort weiter helfen, leisten kann.
Jetzt ist erst einmal Pause. Zeit zum Durchatmen, für Fans und Spieler. Das Team kam schon seit Wochen auf dem Zahnfleisch daher, umso wichtiger wird es sein, dass die Mannschaft in der Weihnachtspause den Akku wieder auflädt, um im Trainingslager in der Türkei wieder voll angreifen zu können. Wenn auf diese (spielerisch) durchwachsene Vorrunde eine erneut traditionell starke Rückrunde folgen sollte, ja, träumen ist erlaubt, wer weiß, was dann alles drin ist im Jahr 2013.