30. März 2024

Ein sc(Hoeneß) Jahr

Wie Ihr sicher mitbekommen habt, machte ich mich zuletzt auf dieser Plattform sehr rar. Die Gründe waren vielschichtig. Zum einen sorgte Corona für einen Bruch, dann bot das Konstrukt um Mislintat und Matarazzo lange keine allzu großen Kritikpunkte, bzw. wollte ich auf dem, was mir gegen den Strich ging und mit welchen Entscheidungen ich nicht konform war, nicht allzu sehr breittreten.

Danach gab es sicher kritikwürdige Entscheidungen, wie die Vorstellung der Beratergilde, Ernennung des Anlernlings Christian Gentner zum Leiter der Lizenzspielerabteilung, das unwürdige Theater um Mislintats Vertragsverlängerung mit wohl schon vorher feststehendem Ausgang und nicht zuletzt die Verpflichtung Labbadias zum Cheftrainer, weg von modernem Fußball, zurück in die Steinzeit.

All das juckte zwar hier und da in den Fingern, mehr als ein paar Facebook-Kommentare dazu kamen von mir aber nicht.

Bezeichnend, dass mein letzter Beitrag nach dem offenen Brief von Hitzlsperger erstellt wurde, den ich in der Art und Weise als unangebracht und auch ungerecht Vogt gegenüber hielt. Wie man heute sicher davon ausgehen kann, hatte Hitz wohl in allen Punkten Recht und kann aus heutiger Sicht als verzweifelter Hilfeschrei wahrgenommen werden.

Was es mir aber wirklich wert und auch eine Herzensangelegenheit ist, ist das sensationelle erste Jahr von Sebastian Hoeneß beim VfB. Mir ist es unbegreiflich, wie er es schaffte, wirklich jeden Spieler besser zu machen. Wie er es schafft, aus zuvor technisch unbedarften Berufsfußballern Pass- und Kombinations-Maschinen zu formen. Wie er taktisch flexibel mehrere Systeme spielen lässt und jeder auf dem Platz, und diejenigen, die eingewechselt werden, genau weiß, was er zu tun hat. Der Fußball, den Hoeneß spielen lässt, ist eine Augenweide.

In fast 50 Jahren, in denen ich dem VfB bereits treu gewogen bin, habe ich kein Team erlebt, das annähernd einen solch schönen Fußball spielte und das es gegen fast jeden Gegner schafft, die volle Kontrolle über das Spiel zu erlangen.

Der VfB bestimmt das Tempo, nimmt zur rechten Zeit den Fuß vom Gas, um dann, wenn sich eine Möglichkeit auftut blitzschnell und kombinationssicher nach vorne zu spielen. Ein Team, das sich nicht zurück zieht, wenn es führt, sondern immer weiter nach vorne spielt, den Gegner „killen“, so auch der Sprech aus der Mannschaft, möchte.

Auch wenn der Kader vor dieser Saison sinnvoll verstärkt wurde, verlor man ja im Gegenzug auch vermeintliche Hochkaräter. So ist es für mich tatsächlich unfassbar, welche Entwicklung dieses Team genommen hat.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle DAS Hoeneß-Jahr beim VfB Revue passieren lassen.

Am 3. April 2023 verkündete der VfB nach der Entlassung von Bruno Labbadia, dass sich Sebastian Hoeneß, Sohn unseres Ex-Managers Dieter Hoeneß, fortan dem Himmelfahrtskommando, den VfB in der Bundesliga zu halten, annehmen würde.

Ich muss zugeben, dass ich nach der Demission von Pellegrino Matarazzo, als der Name Hoeneß auch schon durch die Medien geisterte, wenig von dem Gerücht begeistert war.

Nicht deshalb, weil es ein Hoeneß ist, sondern weil ich Sebastian zu seiner Hoffenheim-Zeit als ziemlich „farblos“ empfand, ich dachte, der Mann gibt nichts her und dass er nicht in der Lage sein würde, im Team das Feuer zu entfachen, das ich als nötig erachtete, um die Mannen mit dem Brustring wieder in die Spur zu kriegen.

Damals kam es ohnehin (noch) nicht zur Verpflichtung. Gemunkelt wurde seinerzeit, der VfB sei zu zögerlich gewesen und hätte nicht den Eindruck erweckt, Sebastian unbedingt haben zu wollen, woraufhin die Hoeneß-Seite ihrerseits „kein Interesse“ bekundete.
Dann kam das kurze, aber durchaus erfolgreiche, Intermezzo von Michael Wimmer, bevor schließlich Bruno, der Mann, der nach Ansicht von Wehrle & Co. alles kann, vor allem Abstiegskampf, seine zweite Amtszeit am Neckar antrat.

Ich war damals, erst recht nach dem Wintertrainingslager in Marbella, durchaus zuversichtlich, dass Labbadia den VfB vor dem Abstieg bewahren würde, jedoch zum Preis unansehnlicher Spiele, was allerdings das kleinere Übel gewesen wäre.

Nach der Winter-WM von Katar und dem Trainingslager im sonnigen Andalusien ließ es sich auch gar nicht mal schlecht an.

Zwei Unentschieden gegen Mainz und in Hoffenheim, bei denen mehr als zwei Punkte herausspringen hätten müssen, sowie eine knappe wie unglückliche Niederlage in Leipzig, wo wir leider, wie so oft in den letzten Saisons, ohne Torwart antraten.

Dann folgte die bittere Heimniederlage gegen Werder Bremen, einem Gegner, der nichts von uns wollte, den man aber trotzdem zu zwei Toren einlud. Höhepunkt des bitteren Nachmittags war die frühe verletzungsbedingte Auswechslung von Serhou Guirassy, der danach einige Wochen fehlen sollte.

Den Ausfall Guirassys allein für Labbadias Misserfolg auszumachen, ist mir zu billig. Kastanaras, seines Zeichens Nachwuchsstürmer, gab in Leipzig ein vielversprechendes Startelfdebüt und spielte danach überhaupt keine Rolle mehr.

Stattdessen sollte erst Luca Pfeiffer die Kohlen aus dem Feuer holen, ehe Labbadia zunehmend Spieler auf für sie fremden Positionen einsetzte, so Silas bspw. als Mittelstürmer. Damit schlug er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, er beraubte uns der Schnelligkeit auf dem Flügel und hatte einen Kollegen im Sturmzentrum herumstehen, der völlig in der Luft hing und zudem auch nie durch allzu große Torgefahr auf sich aufmerksam machte.

Auch Anton als rechten Verteidiger aufzubieten war eine Schnapsidee dieses antiquierten Trainers. Mit solchen Maßnahmen, die nicht einmal fruchten, bringt man kein Team der Welt hinter sich. Die Spiele plätscherten mit wenigen Lichtblicken (3:0 gegen karnevalstrunkene Kölner) und vielen Tiefpunkten (allen voran Schalke) vor sich hin.

Nach einem völlig indisponierten Auftritt gegen harmlose Wölfe, bekam der schöne Bruno sogar noch die Länderspielpause und danach das Spiel bei Union Berlin, ehe nach elf Bundesligaspielen und nur einem Sieg schon wieder Schluss war.

Labbadia „übergab“ den VfB auf Platz 18 liegend, mit zwei Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz, sowie bereits fünf Punkten auf Platz 15.
Nun also sollte es Hoeneß richten, jung an Jahren, arm an Erfahrung und zudem mit einem bisherigen Trainer-Werdegang, der jeden Fußball-Traditionalisten sich zunächst einmal übergeben lässt.

Nach seinem Einstieg bei Hertha 03 Zehlendorf, heuerte er bei der Jugendakademie von Red Bull an und trainierte dort zuerst die U17, dann die U19. Von dort ging es zu den Bayern, wo er ebenfalls die U19 und später die Amateure trainierte, mit denen er 3.-Liga-Meister wurde. Nach dieser außergewöhnlichen Saison wurde Hoffenheim auf ihn aufmerksam und der gebürtige Münchner sorgte für ein Triple der besonderen Art: dritter Drecksverein in Folge, Glückwunsch!

Da mir Hoffenheim komplett egal ist und ich daher auch seine Arbeit dort nicht verfolgte, blieb einzig der Eindruck haften, den er bei seinen Interviews in Sportschau & Co. auf mich machte, der mir jedoch genügte, um diesen Trainer nicht beim VfB haben zu wollen.

Mich fragt aber ja keiner und ich bin pragmatisch genug, die Entscheidungen der Verantwortlichen zu akzeptieren und darauf zu hoffen, dass es gut gehen würde. Mehr bleibt einem Fan ja auch nicht übrig, obwohl, Winfried Schäfer, da hab ich schon einmal Dauerkarte und Mitgliedsausweis über die Theke der Geschäftsstelle gepfeffert. Aber, da gab’s ja jede Menge Vorgeschichten, die dessen Verpflichtung zu einem absoluten No-Go machten.

Wie es um meine Menschenkenntnis bestellt ist, zeigt sich im „Fall“ Hoeneß ein Jahr danach. Juckt mich in dem Fall aber wirklich nicht, eher im Gegenteil, das unterstreicht ja nur wie belanglos das Konstrukt im Kraichgau ist.

Das erste Bild von Sebastian Hoeneß konnte ich mir daher erst auf dessen Antritts-Pressekonferenz machen. Und, dieses war durchweg positiv. Nicht nur, dass das labbadia’sche klein- und schlechtreden der Mannschaft und der Bedingungen kein Thema waren. Dass er im Team durchaus etwas sah und die Überzeugung ausstrahlte, hier etwas bewirken zu können und es auch wirklich zu wollen, stimmten mich zunächst einmal positiv.

Aus dem Zitat aus der PK „Zum VfB habe ich eine große emotionale Verbindung. Ich habe schon in meiner Jugend den Verein als Fan begleitet, hier habe ich mehrere Jahre in der Jugend selbst gespielt und 1999 mit der U17 den deutschen Meistertitel gewonnen“ lese ich große Begeisterung für den Verein, die er von Tag eins an vor- und auslebte. Ihm nahm man es ab, dass der VfB tatsächlich so etwas wie eine Herzensangelegenheit für ihn ist, und, ich war mir sicher, dass er alles tun würde, nicht als Abstiegs-Trainer in die Annalen eingehen zu müssen. Irritiert hat mich allenfalls, dass es durchaus bereits Thema war, hier etwas aufzubauen, auf Platz 18 stehend und mit einer verunsicherten Mannschaft, die es richten soll. Prost, Mahlzeit, dachte ich nur.

Vom ersten Tag ging er die Arbeit beim VfB mit großer Demut an und als einer, der sich jedem, ob seinem Team, den Mitarbeitern und nicht zuletzt uns Fans verpflichtet sah.

Es darf unterstellt werden, dass sich Hoeneß im und seit dem Herbst, als schon mal eine Verpflichtung hätte zustande kommen können, ein Bild von der Mannschaft und eventuell brachliegenden Potentialen gemacht und einen Plan mitgebracht hat, wo zuerst anzusetzen wäre.

Quasi zum Warmlaufen stand bereits zwei Tage nach seiner Verpflichtung das DFB-Pokal-Viertelfinale beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg an.
Dass man keine Wunderdinge und schon gar nicht die Handschrift des neuen Trainers erwarten können durfte, verstand sich von selbst.

Am Valznerweiher tat sich der VfB lange schwer, siegte jedoch nach zäher erster und deutlich besserer zweiter Halbzeit verdient durch das Jokertor von Enzo Millot.

Mund abwischen und weiter geht’s, nichts anderes zählt im Pokal, wenn man eine Runde weiter ist.

In der englischen Woche ging es dann zu einem echten Sechs-Punkte-Spiel nach Bochum. Der VfB Schlusslicht, Bochum hatte sechs Punkte mehr auf dem Konto und stand auf Platz 14, heißt, bei einer Niederlage wäre ein Kontrahent mehr bereits weg gewesen.

Der VfB ließ sich aber nicht beirren, dominierte die Partie, und gewann durch Tore von Ito, Vagnoman und Guirassy mit 2:3. Damit war das erste dicke Ausrufezeichen im Abstiegskampf unter Sebastian Hoeneß gesetzt.

Zudem war es der erste Auswärtssieg nach fast anderthalb (!) Jahren. Hurra, wir leben noch!

Am 28. Spieltag stand für Sebastian Hoeneß das erste Heimspiel im Neckarstadion auf dem Programme. Die Schwaben bekamen es mit Borussia Dortmund zu tun, die, punktgleich mit Spitzenreiter Bayern als Tabellenzweiter anreisten und noch um die Meisterschaft kämpften.

Als der BVB schon nach 33 Minuten mit 0:2 führte und zu allem Überfluss unser „Mentalitätsmonster“ Dinos Mavropanos sich vor der Halbzeit eine recht dämliche gelb-rote Karte einhandelte, war im Grunde der Käs gegessen, der Fisch geputzt oder wie auch immer.

Der Abstiegskandidat, der schon das Hinspiel im Westfalenstadion mit 0:5 verloren hatte, gegen den Meisterschaftsaspiranten, in Unterzahl und mit zwei Toren im Rückstand. Was sollte da noch gehen? Kaum jemand hätte einen Pfifferling auf den VfB gesetzt.

Doch, die Jungs vom Neckar zeigten plötzlich lang vermisste Stehauf-Qualitäten! Coulibaly und Vagnoman glichen aus, ehe Reyna in der Nachspielzeit den vermeintlichen und zu diesem Zeitpunkt extremst bitteren Knockout setzte.

Aber, der VfB hatte Blut geleckt und kam noch einmal zurück. Beim Ausgleich war der Fluch, dass der Ball in vielen Situationen nicht der Freund von Coulibaly ist, ein Glück, nämlich weil die Kugel erst dadurch zu Silas gelangte, der zum 3:3 einschießen konnte.

Da hatte der Tanguy Freund und Feind gleichermaßen verwirrt. Dieses Remis war ein echtes Lebenszeichen durch den VfB und, wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass der BVB zu doof ist, Meister zu werden, hier war er!

Der VfB punktete weiter regelmäßig, remis in Augsburg, Sieg gegen Gladbach, ehe das Pokal-Halbfinale gegen die Frankfurter Eintracht anstand.

Ich hörte eine nicht unbeträchtliche Zahl an VfB-Fans jammern, dass dieser Wettbewerb zum damaligen Zeitpunkt unwichtig gewesen sei und man doch bitte auszuscheiden habe, um sich voll auf den Abstiegskampf in der Bundesliga konzentrieren zu können.

Diesen Leuten sei gesagt, fickt Euch! Ich war schon 1986 zu Zeiten des Eisernen Vorhangs beim Finale dabei, machte eine legendäre Tour mit anschließendem Pokalsieg 1997 mit, war 2007 zu Tode betrübt, 2013 ernüchtert, ein Pokalfinale in Berlin ist etwas ganz Großes, das zu erreichen in jedem Jahr erstrebenswert ist, scheißegal in welcher Situation man in der Liga steckt.

Zumal nach dem Halbfinale das Finale allenfalls in den Köpfen eine Rolle spielen könnte und wir nicht von einer Doppelbelastung reden, die ich allerdings auch noch nie gelten ließ.

Bei mir hat auch schon jeder Trainer verschissen, der den Pokal auf die leichte Schulter nahm, und sei es „nur“, den Ersatztorwart einzusetzen. Ohne Spielpraxis, ohne Abstimmung mit den Vorderleuten geht das oft genug in die Hose. Bredlow bspw., dem ich dafür überhaupt keine Vorwürfe mache, war allein zwei Mal in den Vorjahren maßgeblich an entscheidenden Gegentoren beteiligt, die jeweils den Traum von Berlin jäh beendeten.

Das Halbfinale gegen die Frankfurter Eintracht verlief für den VfB denkbar unglücklich. Nach bärenstarker erster Halbzeit und der Führung durch Tiago Tomás, kam der VfB schlafmützig aus der Kabine und lag nach 55 Minuten plötzlich mit 1:2 zurück.
Als nach 77 Minuten das 1:3 per Elfmeter fiel, schien der Widerstand gebrochen. Doch, Millot traf zum 2:3, was eine wilde Schlussphase versprach.

Sosa flog mit Gelb-Rot vom Platz und doch hätte der VfB auch an jenem Tag in Unterzahl den Ausgleich verdient gehabt. Ein vermeintliches Handspiel in der siebten Minute der Nachspielzeit reichte Schiedsrichter Schlager nicht zum Elfmeter, weil, so seine eigene Aussage, dieses Spiel nicht durch einen solchen Elfmeter beeinflusst hat werden sollen. Da hab ich beileibe schon schmeichelhaftere Elfmeterentscheidungen gesehen, als diese, wenn bei einer Hereingabe der Ball durch die Hand geblockt wird und hinten einer freie Bahn gehabt hätte.

Bislang ging ich immer davon aus, das Regelwerk sei klar formuliert und unabhängig vom Zeitpunkt in einem Spiel, der Wichtigkeit eines Spiels oder was auch immer in gleichen Situationen gleiche Entscheidungen zu treffen.

Aber, was soll man sich da noch aufregen, dem Treiben der Pfeifen setzt ohnehin keiner mehr Grenzen. Früher gab es Schiedsrichterbeobachter und es verschwand mal einer über Wochen von der Bildfläche, heutzutage dürfen sie ihren Blödsinn Woche für Woche pfeifen und mal so, mal so entscheiden, wie sie gerade lustig sind.

Natürlich ist es Spekulation, wie wir in Unterzahl in der Verlängerung bestanden hätten, trotzdem war der VfB an dem Tag nicht der verdiente Verlierer!

Mit dem Pokalspiel und dem bitteren Aus in Kopf und Knochen ging es am folgenden Wochenende ins Berliner Olympiastadion zum abgeschlagenen Schlusslicht Hertha BSC.

Nach dem Spiel auf Schalke, damals noch unter Labbadia, verpasste es der VfB bereits das zweite Mal einem direkten Konkurrenten den Todesstoß zu versetzen. Nach schwacher Leistung setzte es die erste Niederlage in der Bundesliga unter Sebastian Hoeneß. Nimmt man Frankfurt dazu, war es die zweite Niederlage in Folge. Man durfte also auf eine Reaktion darauf gespannt sein. Diese kam durchaus mittels eines achtbaren Remis gegen Bayer 04 Leverkusen und des 4:1-Auswärtssiegs bei Mainz 05, ehe am 34. Spieltag ein echtes Endspiel gegen Hoeneß’ Ex-Verein aus dem Kraichgau anstand.

Der VfB lag auf Platz 15, punktgleich mit dem 16., dem VfL Bochum, der das deutlich schlechtere Torverhältnis aufwies.

Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass man sich an den letzten Spieltagen nicht auf die Ergebnisse auf anderen Plätzen verlassen sollte, hier war er! Bochum siegte sage und schreibe 3:0 gegen das früh dezimierte und in der Rückrunde so auftrumpfende Team von Bayer 04 Leverkusen, während der VfB über ein Unentschieden gegen Matarazzos Hoffenheimer nicht hinauskam. Fast ärgerlicher, als dass wir in die Relegation mussten, war, dass bei VfB-Sieg dieses Schicksal den FC Augsburg ereilt hätte, auch ein Verein, den in der Liga keiner braucht, der aber einfach nicht totzukriegen ist.

Tags drauf stand dann auch schon unser Gegner in der Relegation fest. Nachdem die Unaufsteigbaren vom Hamburger SV auf dem Rasen des Sandhäuser Hardtwaldstadions wenigstens einige Minuten lang den Aufstieg feiern durften, vermieste ihnen Heidenheim in Regensburg in der 9. Minute der Nachspielzeit die länger andauernde Party.

Reichlich geknickt und sich ungerecht behandelt fühlend ging es für die Rothosen in die Relegation und das gegen einen formstarken VfB, der es unter Hoeneß trotz und wegen einer respektablen Punkteausbeute von Platz 18 auf Platz 16 schaffte und diese kleine Aufholjagd nun vergolden wollte.

Eigentlich bin ich ja Gegner dieser Relegationsspiele, in der es, Zitat Louis van Gaal, um Blut oder Gladiolen geht. Sensationshascherei für Couch-Fans, Geld von den übertragenden Sendern sowie eine künstliche Verlängerung der Saison, ein tieferer Sinn dieser Spiele erschließt sich mir nicht.

Für die teilnehmenden Vereine und deren Fans ist es die größtmögliche Belastungsprobe, für den höherklassigen Verein die große Chance eine schlechte Saison zu einem versöhnlichen Abschluss zu bringen. Der Zweitligist hingegen, der eine gute Saison gespielt hat, wird ins Duell David gegen Goliath geschickt, wo er fast nur verlieren kann, zumal die Schere zwischen erster und zweiter Liga immer weiter auseinander driftet. Kein Wunder also, dass in den letzten zwölf Jahren lediglich zwei Mal der Bundesligist den Kürzeren zog, einmal, wir erinnern uns alle, war der VfB so blöd.

Dass allenfalls Blödheit den Ausschlag geben könnte, würden wir das zweite Mal dem Zweitligisten den Vortritt lassen, war mir vor den Spielen gegen den HSV klar. Deshalb verstand ich die Angst vieler VfB-Fans auch nicht, nur weil wir 2019 gegen Union abgestiegen sind, dass uns dasselbe Schicksal auch 2023 ereilen sollte. Der HSV hat in seinen fünf Jahren Zweitklassigkeit viel an Substanz verloren und ist mittlerweile ein normaler Zweitligist, der zwei außergewöhnlich gute Tage brauchen würde, dem VfB den Garaus zu machen.

Und so machte der VfB bereits im Hinspiel, natürlich beflügelt durch das frühe Tor von Mavropanos, kurzen Prozess mit den Hanseaten und gewann 3:0. Der Klassenunterschied war in fast jeder Phase des Spiels deutlich.

Erwähnt sei der besondere Rahmen dieser beiden Spiele. Jeweils ausverkauftes Haus, jeweils prall gefüllte Gästeblöcke und Support von beiden Seiten, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Es war einfach nur geil, selbst beim Schreiben dieser Zeilen bekomme ich noch Gänsehaut. Abgesehen davon, ob man den HSV mag oder nicht, in die Bundesliga gehört der Verein und sein Anhang auf jeden Fall.

Durch das Hinspiel-Ergebnis war scheinbar die Luft raus aus dem Rückspiel. Wir hatten rund um den Volkspark einige Begegnungen mit HSV-Fans, die uns bereits zum Klassenerhalt gratulierten. Es waren Begegnungen von gegenseitigem Respekt geprägt. „We are all sitting in one boat“, wie Günther Oettinger sagen würde. Man war sich einig, dass beide Vereine in die Bundesliga gehören und es mittlerweile zu viel Einheitsbrei mit auch noch Einheitsstadien in der Bundesliga gibt, die der Liga schlechter tun, als die im Vergleich Giganten, die jetzt in der Relegation aufeinander trafen.

Im Rückspiel durfte der HSV kurz doch noch auf das Wunder hoffen, als man in der 6. Minute in Führung ging. Im Nachhinein bin ich froh darüber, denn, ich kann mich kaum erinnern, in Deutschland mal ein Stadion so laut erlebt zu haben. Faszinierend!

Mit zunehmender Spieldauer aber bekam der VfB die Partie immer besser in den Griff. Millot, unter freundlicher Mithilfe des Hamburger Torhüters, schnürte einen Doppelpack, Silas gelang in der Nachspielzeit noch das 1:3, womit der Ligaverbleib für ein weiteres Jahr endgültig gesichert wurde.

Die Erleichterung im Block nach einem abermals beschissenen Fußballjahr war zu spüren. Die Stimmung lässt sich auf der einen Seite mit der erwartbaren Niederlage, auf der anderen mit „nichts erreicht, nur verhindert“ beschreiben.

Nach dem Hinspiel lag die Wahrscheinlichkeit bei über 99%, dass die Gemütslage genau so sein würde. Jedem, der sich auch nur ein kleines bisschen mit dem Fußball und seinen Fans auseinandersetzt, war das von vornherein klar. Jedem? Nein, allein die Bullen waren ahnungslos und gingen fest davon aus, dass uns nach Platzsturm und einer „Meisterfeier“ auf dem Platz zumute sein würde.

So marschierten sie martialisch und bis unter die Zähne bewaffnet in Zuschauerbereiche ein und bauten sich im Innenraum des Stadions vor dem Block auf, was zunächst mal verhinderte, dass die Mannschaft durch kam, um sich für den Support zu bedanken.

Den Wermutstropfen zu einem Fußballfest hat also mal wieder die Obrigkeit gesetzt, die lieber eskaliert anstatt zu deeskalieren und für Sicherheit zu sorgen.

Am Rande aller Spiele finden ja im Vorfeld einige Sicherheitsbesprechungen der Protagonisten von Obrigkeit und Vereinen statt, reine Zeitverschwendung, wenn die eine Seite nur ihr eigenes Ding und sich nicht an Absprachen hält. Unsere Fanbetreuung habe ich selten so aufgebracht erlebt, wie an diesem Abend.

Nun war er also vollbracht, der Klassenerhalt! Zum zweiten Mal in Folge auf den letzten Drücker, Sebastian Hoeneß sei Dank.

Wobei, hätte man sich das Kapitel Labbadia erspart, hätte ich zumindest den Klassenerhalt auch Michael Wimmer zugetraut, der, wie wir bei der USA-Reise in Austin erleben durften, einen sehr guten Draht zur Mannschaft besaß.

Auch andere, modernere Trainer, hätten wohl mehr aus der Truppe herausgekitzelt, als es Labbadia tat. Dieser stülpte der Mannschaft ein Korsett über, mit dem sie nicht zurecht kam, während Hoeneß in der Kürze der Zeit pragmatisch aus den gegebenen Mitteln das Optimum herausholte und Spieler, die unter Labbadia überhaupt keine Rolle spielten, bestes Beispiel Enzo Millot, stärkte und Vertrauen schenkte.

Er übertrug die Last der Verantwortung auf mehrere Spieler, so dass Wataru Endo sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren konnte, was zugleich anderen Spielern Raum zur Entfaltung bot. Viel mehr konnte Hoeneß, ohne Einflussmöglichkeit was den Kader betrifft, nicht machen und mehr durfte man auch nicht verlangen, als dass er den VfB vor dem Abstieg rettete. Für mich zunächst eine Momentaufnahme. Ich war zwar zufrieden, wie das Team sich aus dem größten Schlamassel befreite und wie Hoeneß den VfB repräsentierte, aber, als gebranntes Kind wusste man genau so gut, der nächste Herbst, der kommt bestimmt. Frei nach den Onkelz, „Nichts ist für die Ewigkeit“, gilt das in erster Linie auch für VfB-Trainer.

Die Verantwortlichen versprachen eine eingehende Saisonanalyse, um in der kommenden Saison stabiler und weniger wechselhaft unterwegs zu sein, und vor allem nicht schon wieder bis zum allerletzten Tag um den Ligaverbleib bangen zu müssen. Wie Hoeneß wirklich tickt und was er mit der Truppe wirklich vor hat, sollte sich erst in den darauffolgenden Monaten herauskristallisieren.

Bereits vor den Relegationsspielen zog der VfB die Kaufoption in Höhe von 9 Millionen Euro für Serhou Guirassy, DER Lebensversicherung der letzten Saison.

Zwar wäre alles andere auch fahrlässig gewesen, zwar sprießen die Transfergerüchte während jedes Transferfensters wieder hoch, dennoch ein wichtiger Fingerzeig für die Saisonplanung.

Serhou scheint ziemlich geerdet zu sein, mit seiner Familie fühlt er sich in Stuttgart offenbar sehr wohl, so dass vielleicht ausnahmsweise auch weiche Faktoren eine Rollen spielen, weshalb ein begehrter Spieler nicht das erstbeste, auch wenn besser dotierte, Angebot anderer Clubs annimmt.

Außerdem scheint für den Spieler auch sportlich und menschlich hier alles zu passen. Er wuchs in eine Führungsrolle hinein, wird von den Fans geliebt und performt wie auf noch keiner seiner vorigen Stationen. Das alles aufzugeben und das Risiko einzugehen, sich im gesetzteren Alter mit Frau und drei Kindern auf die nächste Odyssee zu begeben, fällt ihm offenbar schwer.

Klar ist alles nur eine Momentaufnahme, klar weiß man nicht, wie sein Berater auf ihn einredet, aber, wie wir heute wissen hielt Guirassy zumindest in den letzten zwei Transferfenstern Abwerbungsversuchen stand und ist bis heute noch da.

Unmittelbar nach der überstandenen Relegation wurde der erste echte Neuzugang für die neue Saison verkündet. Maximilian Mittelstädt, Ur-Herthaner und allein schon deshalb erst einmal kritisch beäugt. Nach vielen Jahren Hertha, in denen er hauptsächlich als Backup für Marvin Plattenhardt fungierte, und wenn er denn spielte, von den Berlinern gerne Maxi Mittelmaß genannt, zog es den Spieler nach dem Abstieg des Berliner Sportclubs raus aus der Komfortzone.

Mir klingt der Tenor vieler VfB-Fans noch in den Ohren, die den Teufel an die Wand malten und aus dem Wechsel schlossen, der VfB plane einen Zweitligakader.

Ich sah das etwas anders. Zwar beschäftigte ich mich wenig bis gar nicht mit den Spielern von Hertha BSC, ABER, nach alldem was ich in Marbella, klar, noch unter Bruno Labbadia, mitbekommen hatte, war den Verantwortlichen, auch dem neuen Sportdirektor Fabian Wohlgemuth, ein Dorn im Auge, dass auf dem Platz mehr französisch als deutsch gesprochen wurde und zudem die Altersstruktur, Stichwort Jugendwahn, nicht passen würde.

So reichten mir die Attribute Mittelalter, bundesligaerfahren, deutsch, um den Transfer als gut und schlüssig einzuordnen. Dass der Spieler dann so durch die Decke gehen würde, konnte natürlich keiner, ich auch nicht, erahnen.

Auch der 26. Juni 2023 war ein guter Tag für den VfB Stuttgart. Da kam nämlich die Meldung über die Agenturen „Florian Müller verlässt den VfB“.

Für mich mit die größte Fehleinschätzung von Sven Mislintat. Ein Zappelphilipp vor dem Herrn, der sich selbst in einem existentiell wichtigen Spiel wie dem Saisonfinale 2022 gegen Köln noch den Ball quasi ins eigene Tor boxte.

Was hab ich in den zwei Jahren diskutiert, wie ein unsicherer Torwart seine Vorderleute verunsichert, um dann gesagt zu bekommen, er hatte ja auch schon gute Spiele. Leute, das ist das berühmt berüchtigte blinde Huhn, kein Wunder, dass er auch in Freiburg hinter einem wackelnden Nachwuchstorhüter nicht zu Einsätzen kommt. Drei Kreuze, als dieses Kapitel endlich beendet war.

Als zweiter Neuzugang wurde Wooyeong Jeong präsentiert, der vom SC Freiburg an den Neckar wechselte. Jeong schoss von seinen insgesamt zehn Bundesligatoren alleine drei davon gegen den VfB, womit er auf dem Wasen schon mal nicht gänzlich unbekannt ist. Dass Sebastian Hoeneß diesen Spieler wollte, rührt aus der gemeinsamen Zeit bei den Bayern-Amateuren.

Nächster Neuzugang wurde Jamie Leweling, der von Union Berlin auf Leihbasis kam und an dem der VfB schon zu seiner Fürth-Zeit bereits schon einmal dran war.

Danach ging es ins Trainingslager nach Neukirchen am Großvenediger in Österreich, welches nach zwei Tagen wegen anhaltender Regenfälle auch schon wieder abgebrochen wurde.

Ich hatte die komplette Woche in einer schönen Ferienwohnung gebucht, und, weil bereits bezahlt und weil ich Schwabe bin, die komplette Woche durchgezogen.

Am Tag der Abreise des Teams durften die mitgereisten Fans in einem Nebentrakt des Mannschaftshotels das Essen, welches für die Mannschaft gedacht und vorbereitet war, genießen. Christian Schmidt, Alex Wehrle und Christian Gentner sind den Tag noch da geblieben, so dass wir auch ohne das Team und obwohl wir lediglich ein einziges Training, bei dem sich zu allem Überfluss Mittelstädt auch noch verletzte, gesehen haben, eine gute Zeit hatten.

Alex Wehrle ließ zudem seine, vielleicht auch die des VfB, Kreditkarte glühen, was die VfBler natürlich an dem Abend bei guter Laune hielt.

Die Ironie der Geschichte um das völlig verkorkste und letztlich abgebrochene Trainingslagers ist ja, dass wir im Anschluss die beste Saison der Vereinsgeschichte spielen, während ich zuvor etliche Trainingslager erlebt habe, die stets als die besten aller Zeiten bezeichnet wurden, um sich bei den ersten Spielen schon fragen zu müssen, ob die Kicker jemals zusammen gespielt haben. Wie der Schwabe sagt „So isch’s nô au wieder“!
Nächster Transfer war der von Alexander Nübel. Erstmals hatte man, im übrigen wenige Wochen nach dem groß verkündeten Beginn eines Weltmarken-Bündnisses, den Eindruck, dass mehr geklotzt denn gekleckert wird beim VfB.

Anfangs, als der Name Nübel ins Spiel kam, war ich skeptisch und hatte Bedenken, dass Nübel von zu großem Ehrgeiz getrieben sein könnte, was wiederum zu Leichtsinnsfehlern führt, wenn ein Torhüter mehr denkt als intuitiv handelt.

Als er 2020 von Schalke zu den Bayern wechselte, glaubte er dem Vernehmen nach ernsthaft, in einen offenen Zweikampf mit Manuel Neuer zu gehen und war sichtlich angepisst, als dem nicht so war.

Damals dachte ich, in welcher Welt lebt der denn? Nach einem Jahr ging er leihweise zur AS Monaco und schlägt nun also beim VfB die Zelte auf.

Je mehr der Name Nübel diskutiert wurde, freundete ich mich mit der Möglichkeit an und würde mich jetzt natürlich freuen, wenn er uns weiter erhalten bleiben würde.

Ob noch ein Jahr auf Leihbasis oder vielleicht sogar fest, sollten die Bayern ihn ziehen lassen und andere Pläne haben. Nübel wird im September immerhin auch schon 28 Jahre alt und hätte sicher nichts dagegen, so langsam aber sicher mal irgendwo sesshaft zu werden.
Bei Versprechen in die Zukunft, wie dem von Dennis Seimen, bin ich vorsichtig. Fußball ist Tagesgeschäft, wir leben im Hier und Jetzt, sollte sich eine Möglichkeit bei Alexander Nübel auftun, wäre das zunächst einmal eine Garantie, in den nächsten Jahren Ruhe auf dieser wichtigen Position zu haben.

Das letzte Versprechen in die Zukunft hieß übrigens Sven Ulreich, für den zwei Jahre lang Jens Lehmann als Platzhalter und Lehrmeister fungierte und dem man ohne dem Vorbehalt, dass er auch tatsächlich dazu lernt, die Nummer 1 versprochen hatte. Ulreich war für mich lange, neben Gentner, das Gesicht des Niedergangs, auch bei ihm machte ich drei Kreuze, als er endlich fort war, übrigens, Zorniger sei Dank!
Anfang August durften wir die nächste Leihe beklatschen. Deniz Undav kommt von Brighton & Hove Albion aus der Premier League. Dort hatte er immerhin in der vergangenen Saison in 30 Pflichtspielen 8 Tore erzielt und trug dazu bei, dass der vergleichsweise kleine Verein diese Saison in der Europa League spielt.

Sein Trainer dort hieß Roberto de Zerbi, seines Zeichens Italiener, und mittlerweile so etwas wie der heißeste Scheiß auf dem Trainermarkt. Bei ihm hat Sebastian Hoeneß zwischen seinen Engagements in Hoffenheim und dem VfB hospitiert, von ihm nahm er Anleihen mit, die er seinen Mannschaften gerne einzutrichtern gedachte. Was würde da näher liegen, als direkt Spieler von dort zu verpflichten, die bereits wissen, was der neue Trainer von ihnen erwartet. Wenig überraschend also, dass der einzige Winterneuzugang Mo Dahoud ebenfalls vom Club von der englischen Südküste kam.

Undav hat einen heutzutage völlig untypischen Karriereweg hinter sich. Bei Werder Bremen ausgemustert, ging es über Weyhe, Havelse, Braunschweig II, dem SV Meppen zu Union Saint Gilloise nach Belgien, wo das Team völlig überraschend nach 34 Spieltagen, mit 25 Undav-Toren, als Tabellenführer in die Meisterrunde ging, dort aber letztlich dem FC Brügge den Vorzug lassen musste. So jedenfalls wurde man in England auf ihn aufmerksam, ehe er nun, im zarten Alter von 27 Jahren, in der Bundesliga angekommen ist.

Jetzt, ein knappes dreiviertel Jahr später, könnten wir Leihgeschäfte verfluchen. Ich würde alle drei im Sommer verpflichteten Leihspieler gerne auch nächste Saison beim VfB sehen.

Vielleicht klappt es ja sogar auch, zumindest sollten wir tatsächlich die Championsleague erreichen. Wenn nicht, ist das zwar bedauerlich, aber eben Teil des Geschäfts. Solche Transfers und damit mutmaßlich auch eine solche Saison wären ohne die Leihen nicht möglich gewesen.
Also, erfreuen uns doch noch daran und nehmen die Situation im Sommer so, wie sie sich dann darstellen wird. Sollten die Spieler nicht fest verpflichtet bzw. weiter „geliehen“ werden können, ist Wohlgemuths und Hoeneß’ Kreativität eben wieder gefragt, und es kommen vielleicht noch bessere nach.

Wer weiß das schon? Ich persönlich habe überhaupt kein Problem mit Leihen, die einem kurzfristig einen riesigen Mehrwert bringen können und mit wenig wirtschaftlichem Risiko verbunden sind. Fragt mal in Bremen nach, für mich die Mutter aller Leihgeschäfte, ob es auch nur einer bereut, dass ein gewisser Kevin de Bruyne wenigstens ein Jahr lang seine Kickstiefel für grün-weiß geschnürt hat!

Anfang August stand dann der letzte Test vor dem Saisonstart an. Und was für einer! Es ging auf die Insel zum Premier League Aufsteiger Sheffield United.

Als dieser Test bekanntgegeben wurde, war es klar, dass wir dort hin reisen würden. Endlich wieder „Stuttgart International“. Es war ein klasse Trip mit vielen alten Weggefährten, ehemaligen und aktuellen Allesfahrern, sprich, man kennt sich, man schätzt sich, und man sah einmal mehr, was den VfB ausmacht.

Das Spiel beim inzwischen abgeschlagenen Schlusslicht der Premier League gewann der VfB durch drei Guirassy-Tore mit 3:0. Mehr als vom Ergebnis war ich aber zu dem frühen Zeitpunkt bereits von der Spielanlage angetan, die mich mit einem guten Gefühl in die Runde gehen ließ.
Was sich anschließend im Stadion-Pub, der nahezu komplett von VfB-Fans eingenommen worden ist, abgespielt hat, war einfach nur überragend. Die Vorfreude auf Europa ist jedenfalls jetzt schon riesig.

Die ersten beiden Spiele, das Pokalspiel in Reutlingen gegen die TSG Balingen, sowie den Bundesliga-Auftakt gegen den VfL Bochum verpasste ich urlaubsbedingt. Es ging per Kreuzfahrtschiff in den hohen Norden, wo sich guter Empfang in Grenzen hielt und ich teilweise mal wieder auf den guten alten Videotext in der Kabine angewiesen war.

Die Losfee und auch der Bundesligaspielplan meinten es ja gut mit mir. Ob in Balingen, Pfullendorf, dem Gazi-Stadion oder in Reutlingen gespielt werden würde, ein neuer Ground wäre mir so oder so nicht entgangen.

Und ein Heimspiel gegen Bochum kann man auch mal verpassen, ein geiles Auswärtsspiel hätte mich da mehr gegrämt. In Reutlingen erledigte der VfB seine Pflichtaufgabe ohne großen Glanz, aber souverän und siegte durch die Tore von Millot, Silas, Guirassy und Endo mit 4:0.
Soweit, so gut! Dass Endos 4:0 gleichzeitig das Ende seiner VfB-Aera markierte, damit war bei weitem nicht zu rechnen. Es gab ja einige potentielle Abgangskandidaten, die sich schon seit Jahren zu höherem berufen fühlten, Endo gehörte nicht dazu. Er machte zwar nie einen Hehl daraus, dass ihn die Premier League einmal reizen würde, war aber jetzt nicht der Typ Kalajdzic oder Mangala, die einzig des Geldes wegen zu mittelmäßigen englischen Clubs wechselten.

Endo war keiner, der auf Teufel komm raus wechseln wollte. Eher so die Marke, lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. So stand, seit Endo 2019 vom VV St. Truiden in Belgien zum VfB wechselte, nie ein Wechsel ernsthaft im Raum.

Unter Tim Walter noch verkannt und erst auf Druck dessen Chefs Mislintat zum Einsatz gekommen, erarbeitete sich Endo beim VfB schnell den Ruf des absoluten Musterprofis mit unbändigem Einsatzwillen. Es gab Spiele, da hatte man den Eindruck, er zerpflückte jeden Zentimeter des Rasens, stopfte jede Lücke und war zudem noch torgefährlich. Ein Spieler, als Japaner von Haus aus mit einer überragenden Disziplin ausgestattet, wie ihn sich jeder Verein nur wünschen kann. Von ihm konnte man es sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er mir nichts, dir nichts, und das auch noch als Kapitän, den Verein verlassen würde, schon gar nicht einen Tag vor Saisonbeginn.

Das hätte er sicherlich auch nicht getan und der VfB hätte ihn wohl auch nicht ziehen lassen, wenn denn die Motive für einen Wechsel ausschließlich monetär gewesen wären und irgendein Klepperlesverein daher gekommen wäre.

Doch, es war tatsächlich der große FC Liverpool mit seinem großartigen Trainer Jürgen Klopp, der um Endos Dienste warb, womit es um den sympathischen Japaner geschehen war. Manchmal muss einfach der Zeitpunkt passen bzw. muss man zugreifen, wenn die Möglichkeit da ist und ein Club wie Liverpool gerade Bedarf hat.

Der VfB legte Endo keine Steine in den Weg, offenbar auch, weil es sich die Engländer einiges kosten ließen, den lediglich bis Juni 2024 an den VfB gebundenen Endo zu bekommen und den VfB angemessen zu entschädigen, so dass letztlich alle Seiten zufrieden waren.

Das Medienecho in England und bei den Liverpool-Fans war gewaltig. So gut wie niemand kannte Endo, alle dachten, Kloppo wäre verrückt geworden und dass Endo den Liverpool-Ansprüchen bei weitem nicht genügen würde. Jetzt, einige Monate später, liest man nur noch „what a player“. Die Endo-Mania hat nun auch die Jungs von der Merseyside erfasst.

Ich fand es auch wirklich schade, dass uns Endo verließ, gönne ihm aber weiterhin alles, was er in England noch erreichen kann. Dennoch tu ich mich mit dem Wort Legendo schwer. Ein Spieler, der lediglich vier Jahre hier verbracht hat, als Legende zu titulierten wird denen nicht gerecht, die zehn Jahre und mehr für den VfB die Knochen hin hielten und Titel feierten. Endo wird für immer mit dem Lastminute-Klassenerhalt gegen Köln verbunden sein, das war’s dann aber fast schon wieder!

Auch ohne Endo siegte der VfB im ersten Bundesligaspiel gegen den VfL Bochum mit 5:0. Waldemar Anton wurde neuer Kapitän, Zagadou und je zwei Mal Silas und Guirassy schossen den deutlichen Sieg heraus, der den Protagonisten eher unangenehm zu sein schien.

Das Wörtchen Demut hörte man nicht nur aus des Trainers Mund, alle warnten vor einer zu großen Erwartungshaltung. Bemerkenswert war, dass Guirassy nach dem Spiel im Mannschaftskreis das Wort ergriff und die Truppe auf die kommenden Aufgaben, die zwangsweise ohne den bisherigen Kapitän Endo bewältigt werden mussten, einschwor, und sich, wenn es noch eines Beweises bedurfte, spätestens da zu einem absoluten Führungsspieler beim VfB aufschwang.

Dinos Mavropanos fehlte schon gegen Bochum und wechselte kurz darauf zum Conference League Sieger West Ham United. Nicht gerade die ganz große Hausnummer, doch, was soll’s, Reisende soll man nicht aufhalten. Der Grieche war, im Gegensatz zu Endo, schon einer, dem der VfB nie gut genug zu sein schien, so dass sein Abgang weder sonderlich überraschte, noch schmerzte.

Am Tag des Leipzig-Spiels wurde der mutmaßliche Nachfolger von Endo auf der Doppel-Sechs verpflichtet, Angelo Stiller. Der 22-jährige, der sämtliche Nachwuchsmannschaften des FC Bayern durchlaufen hat, kam von der TSG Hoffenheim und hat dort trotz seines jungen Alters bereits 47 Bundesligaspiele bestritten. Wie Jeong, hat auch Stiller bereits unter Sebastian Hoeneß trainiert und das sowohl bei den Bayern-Amateuren, als auch in Hoffenheim.

Als Hoeneß rief, stand für Stiller fest, dass er dem Lockruf seines Mentors folgen wollte, eine Konstellation, die den Wechsel wohl erst möglich machte. Zum einen war er bei Hoffenheim kein Wechsel-Kandidat, zum anderen hätte man ihn zu diesem Preis wohl auch nicht bekommen, wenn der Spieler selbst nicht seinen Wechsel vehement forciert hätte.

Ich finde solche Konstellationen spannend, wenn ein Trainer Spieler hat, die ihm, wohin auch immer, folgen wollen. Beide Parteien wissen, was sie aneinander haben, Hoeneß wusste offenbar, dass Stiller DAS Puzzleteil ist, das ihm noch fehlt. So sehr man Endo mochte, wer redet heute noch von ihm, wer vermisst ihn ernsthaft. Stiller schwang sich in kürzester Zeit zum Taktgeber und Spielmacher auf und ist für mich neben Nübel der beste Transfer seit Jahren.

Nach dem 1:5 in Leipzig trotz einer sensationell starken ersten Halbzeit machten die Brustringträger auch beim zweiten Heimspiel gegen den einstigen Angstgegner SC Freiburg kurzen Prozess. Wieder hieß es 5:0! Und wieder hieß es, der VfB sei auf einen Gegner mit einem rabenschwarzen Tag getroffen. Diese Betrachtung von außen sollte den VfB noch weit in die Vorrunde hinein begleiten.

Noch vor dem Freiburg-Spiel, am letzten Tag der Transferperiode, zog es Borna Sosa zu Ajax Amsterdam. Sven Mislintat, damals noch in Diensten von Ajax, erinnerte sich offenbar an seine Zusage im Abstiegskampf, Sosa solle doch bitte bleiben, und er könne dann noch immer bei entsprechendem Angebot wechseln. Da möchte ich nicht wissen, was unter der Hand lief, um in grauer Vorzeit gegebene Zusagen einzuhalten, möglicherweise mit ein Grund, weshalb Mislintat mit Schimpf und Schande von Ajax davon gejagt wurde.

Letztlich für mich, ähnlich wie bei Dinos, endlich der Abgang. Ständige Wechselgerüchte nerven, außerdem ist es nicht gerade leistungsfördernd, wenn man mit den Gedanken permanent quasi schon weg ist und seinen Teamgefährten den Eindruck vermittelt, dass sie ja eigentlich unter ihrem Niveau sind. Einen Zugang gab es auch noch zu vermelden, Anthony Rouault, dessen Leihe sich inzwischen zu einer Festverpflichtung gewandelt hat, kam aus Toulouse zum VfB.

Nach dem überragenden Sieg gegen den SC Freiburg folgte zunächst einmal die Länderspielpause. War es „früher“ ein Problem, wenn der Flow durch diese unsäglichen Pausen unterbrochen wurde, macht der VfB in dieser Saison einfach weiter.

Beim Abstiegskandidaten Mainz 05 zeigte sich der VfB widerstandsfähig und bewies nach dem Ausgleich Comeback-Qualitäten, so dass durch drei Guirassy-Tore der erste Auswärtssieg der Saison heraussprang. Dabei zeigte der Guineer seine Vielseitigkeit, in dem er ein Tor mit rechts, eines mit links und eines mit dem Kopf erzielte. Vor allem vom 1:2 bin ich bis heute angetan, als er wie eine Gazelle enormen
Gleichgewichtssinn bewies und nach schöner Vorarbeit von Mittelstädt Zentner im Mainzer Tor umkurvte und überlegt einschob. Damit stand Guirassy nach vier Spieltagen bereits bei acht (!) Saisontoren.

Danach siegte man Freitagabends gegen Darmstadt 98 mit 3:1. Auch da bewies die Mannschaft Widerstandsfähigkeit und kam nach frühem 0:1-Rückstand schnell zurück. Biss man sich vor nicht allzu langer Zeit noch gegen tiefstehende Gegner die Zähne aus, ist mittlerweile eine spielerische Leichtigkeit und auch Geduld vorhanden, jeden Gegner auseinander zu spielen.

Und wenn’s vielleicht mal schwierig wird, packt Guirassy von der Strafraumgrenze und quasi aus dem Stand den Hammer aus. Ich stand im Stadion und dachte nur „Wow“. Da blieb einem echt die Spucke weg.

In Köln, gegen den dritten Abstiegskandidaten in Folge, hielt der VfB den Kölner Angriffsbemühungen stand und es trat erstmals Deniz Undav als Torschütze in Erscheinung, und das gleich doppelt.

Wenn’s läuft, dann läuft’s halt, auch in Spielen, in denen man nicht unbedingt besser ist als der Gegner. Köln war so ein Spiel, das man in den Vorjahren wohl verloren hätte. Der VfB unter Hoeneß will immer gewinnen. Das war beileibe nicht immer so. „Früher“ hätte man vermutlich in einem zähen Spiel versucht, das 0:0 über die Runden zu bringen, um am Ende doch noch den Knockout hinnehmen zu müssen.

Vor der nächsten Länderspielpause stellte sich der VfL Wolfsburg im Neckarstadion vor. Mannschaften von Nico Kovac sind traditionell schwer zu bespielen, erst recht, wenn man in Rückstand gerät. 70 Minuten lang sah der VfB quasi kein Land gegen diszipliniert verteidigende Wölfe, ehe die große Guirassy-Show einsetzte.

Wie schon in Mainz war ich tief beeindruckt, von der Entwicklung und auch der Führungsstärke, die bei Guirassy eingesetzt hat. In einem Spiel, in dem wirklich gar nichts ging, holte er den Elfmeter heraus, der den Wendepunkt markieren sollte. Wie er das tat, war für mich an Cleverness kaum zu überbieten. Die Szene hatte ich durch meinen Platz in der Untertürkheimer Kurve gut im Blick. Für mich sah es so aus, dass er nicht zwingend abheben musste. Es ratterte aber wohl eine Zehntelsekunde lang in seinem Kopf, da er einen Tritt gespürt hatte, ehe er sich hinwarf, im Wissen, dass die Szene gecheckt werden würde. So gab es den Elfmeter, den er in Panenka-Manier versenkte. Ähnlich elegant wie beim 2:1 in Mainz erzielte er auch das 2:1 gegen die Autostädter, ehe er seine Top-Leistung krönte und fast wie früher Jay-Jay Okocha die halbe Abwehr narrte und überlegt zum 3:1 einschob.

Für mich stellte dieses Spiel einen Wendepunkt dar. Ich ließ mir zwar die Ergebnisse bislang bzgl. leichtem Startprogramm nie kleinreden. Es gibt ja viele sinnbefreite Fußball-Floskeln, an einigen ist jedoch auch Wahres dran. Ein Gegner spielt immer so stark, wie man es selber zulässt, ist bspw. so eine Floskel, mit der sich die bisherige Serie erklären ließ. Kein einziges Bundesligaspiel ist eine Selbstverständlichkeit, es zu gewinnen, deshalb war ich auch vor dem Wolfsburg-Spiel schon sehr angetan von der bisherigen Saisonleistung. Wolfsburg aber war ein Spiel, wo Resilienz gezeigt wurde. Es war mitunter verdammt schwierig, den Spagat zu schaffen, zwischen Rückstand aufholen und sich ja kein zweites Gegentor einzufangen. Es war greifbar, wie die Truppe nach Lösungen suchte, wie sie sich rein arbeitete, wie sie sich abarbeitete am Gegner, um ihn schlussendlich zu killen. Ab da war klar, dass die bisherigen Ergebnisse kein Zufall mehr sein können und dieses Team in dieser Saison mit dem Abstiegskampf nichts zu tun haben würde.

Sebastian Hoeneß hat einen Spielstil beim VfB etabliert, der in der Liga, von Leverkusen abgesehen, seines Gleichen sucht. Lassen wir mal die Neuzugänge außen vor, doch, was hat Hoeneß mit den Jungs gemacht, die bereits hier waren? Jahrelang regte ich mich über technische Unzulänglichkeiten auf, regte mich auf, wenn ein 5-Meter-Pass zehn Meter vom Fuß wegspringt, wenn einfachste Bälle nicht an den Mann gebracht werden, dass man nur am hinterherlaufen war, dass Torchancen Mangelware waren, etc. pp.

All das hat sich ins Gegenteil umgekehrt, der VfB hat Passmaschinen herangezüchtet, hat eine überragende Raumaufteilung, es finden sich immer Anspielstationen, meist sogar mehrere, es werden Torchancen kreiert und, wenn mal nicht alles nach Wunsch funktioniert, verliert das Team nicht den Kopf und spielt geduldig seinen Stiefel weiter.

Hoeneß hat jeden Spieler besser gemacht. Millot möchte ich da gar nicht aufführen in dem Zusammenhang, der war für mich schon immer ein überragender Fußballer, leider vorher eben mit den falschen Trainern. Welche Entwicklung aber Führich und Karazor in dieser Saison durchlaufen haben, ist für mich unbegreiflich. Beide haben schon immer hier und da gewisses Potential gezeigt, waren aber zu inkonstant und vor allem Führich zu oft in der Entscheidungsfindung falsch gelegen.

Chris Führich ist mittlerweile Nationalspieler geworden und gibt dem VfB-Spiel wertvolle Impulse. Er hat das Gespür, wann er Linie gehen und wann nach innen ziehen muss und hat jetzt schon mehr Scorer-Punkte gesammelt, als in seinen bisherigen Jahren beim VfB.
Karazor genauso. Wie schlecht sah man sich aufgestellt, als Endo von heute auf morgen den Verein verließ. An der Seite von Stiller machte Karazor jetzt noch einen riesen Schritt nach vorn und ist aus der Stammelf nicht mehr wegzudenken.

Ich gebe es gerne immer wieder und unumwunden zu. In den Jahren, am Rand der Zweitklassigkeit, waren Führich und Karazor die Spieler, die genau das verkörperten. Ich bezeichnete beide als typische Zweitligaspieler, für die die Bundesliga eine Nummer zu groß sei. Dass sie eine solche Entwicklung nehmen und vor allem, dass ein Trainer eine derartige Steigerung bewirken kann, ist für mich genauso unglaublich wie faszinierend.

Außer Nübel, dem perfekten Torwart für diesen Ballbesitzfußball ist natürlich auch Angelo Stiller ein absoluter Volltreffer. Der Junge ist Taktgeber und Spielmacher zugleich und hat ein Gefühl für den Ball und den Raum, wie ich es selten bei einem Spieler seines Alters gesehen habe. Zudem ist er technisch und taktisch auf allerhöchstem Niveau, so dass auch an ihm der Bundestrainer über kurz oder lang nicht mehr vorbeikommen wird.

Unter Hoeneß ist der VfB brutal variabel geworden und in der Lage situativ sein Spielsystem anpassen. Eine sehr wichtige Rolle nimmt hier aber immer der Torwart ein, der auch mal eine halbe Minute mit dem Fuß auf dem Ball stehen bleibt, wenn auf dem Feld keine Bewegung ist. So wird der Gegner herausgelockt, ehe einer der immer anspielbaren Verteidiger ins Spiel eingebunden wird und den Ball weiter trägt. Sei es zurück zum Torwart oder, wenn sich Lücke bieten, schnell nach vorne. Der VfB hat so einen Spielstil entwickelt, der ganz eindeutig die Handschrift des Trainers trägt.

Auch aus dieser Länderspielpause kam der VfB mit einer Selbstverständlichkeit raus, die langsam schon unheimlich wurde. Bei Union Berlin gelang der erste Sieg überhaupt in Köpenick. Großer Wermutstropfen allerdings die Verletzung von Serhou Guirassy. Zunächst bereitete er sein 0:1 noch selbst vor, indem er zu Rouault passte, der wiederum punktgenau flankte und Guirassy dann per Kopf traf. Danach musste er mit einer Muskelverletzung raus und sollte die nächsten Spiele ausfallen. Silas und Undav erzielten die weiteren Tore beim verdienten 0:3. Gerade auf Letzteren würde es nun erstmals so richtig ankommen.

Die Heimniederlage gegen Hoffenheim gab all jenen Nahrung, die schon munkelten, ohne Guirassy sei der VfB allenfalls nur die Hälfte wert. Wie wenn man dies noch unterstreichen wollte, verschoss Undav nach einer halben Stunde beim Stand von 0:2 übermotiviert einen Elfmeter. Dennoch war man zu jeder Zeit gut im Spiel und verlor bei 23:7 Torschüssen unglücklich und unverdient.

Als das danach folgende Bundesligaspiel (zuvor gab’s ein 1:0 im Pokal gegen Union Berlin) in Heidenheim ebenfalls verloren wurde, wurden bei Hoeneß bereits Parallelen zu seiner Hoffenheim-Zeit gesucht, in der er den Absturz nach gutem Start und dem Rutschen in eine Negativspirale nicht mehr verhindern konnte. Auf der Ostalb war es klar, dass es eine ganz unangenehme Aufgabe werden könnte und sich ein Spiel dort auch nicht gerade nach Bundesliga anfühlt.

Zudem spielte den Heidenheimern dann auch noch das nasskalte Ostalb-Wetter in die Karten, just in der Übergangszeit, als vom Winter in Stuttgart noch keine Spur war. Und doch muss der VfB per Elfmeter in Führung gehen (diesmal verschoss Silas) und hätte in der Nachspielzeit durch den Debütanten Raimund fast noch den Ausgleich erzielt. Ein Spiel also, das man auch nicht verlieren musste, wenngleich der Heidenheimer Sieg auch nicht unverdient war. Ein schlechteres Spiel darf man dieser Mannschaft schon auch mal zugestehen.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gab es vor der Partie gegen Borussia Dortmund zu vermelden. Serhou Guirassy saß bereits wieder auf der Bank. Ob als Finte, um den gegnerischen Trainer etwas zu verunsichern oder als ernsthafte Option, man wird es sehen. Wer bis zum Dortmund-Spiel noch geglaubt hatte, der VfB hätte seine Punkte gegen formschwache Gegner eingeheimst oder spiele konstant über seine Verhältnisse, sah sich während des Spiels eines Besseren belehrt.

Selten hab ich es erlebt, dass ein Dortmunder Team so hergespielt wurde. Zunächst verschoss Führich noch in der Anfangsphase den dritten Elfmeter in Folge.

Doch, auch das warf den VfB nicht aus der Bahn. Er spielte Dortmund an die Wand, nahezu die kompletten 90 Minuten über. Dennoch ging der BVB in der 36. Minute in Führung, als der ansonsten so stabil gewordene Ex-Dortmunder Zagadou kurzzeitig seine langen Haxen nicht sortiert bekam und Füllkrug dankend einschob. Dieser Nackenschlag bewirkte weder beim BVB, dass er vielleicht etwas mehr am Spiel teilnehmen wolle, noch beim VfB, dass man den Kopf in den Sand stecken würde.

Undav gelang noch vor der Pause der hochverdiente Ausgleich. Mitte der zweiten Halbzeit dann wurde Guirassy unter tosendem Applaus eingewechselt und wurde prompt zum Matchwinner. Silas holte mit seiner Schnelligkeit den zweiten Elfer im Spiel heraus, den Guirassy scharf und sicher verwandelte. Besser so, kein Panenka gegen Kobel, den einzigen Dortmunder mit Normalform. Am Ende standen 22:5 Torschüsse und ein hochverdienter Sieg gegen den Beinahe-Meister.

Danach war wieder Länderspielpause. Diesmal jedoch nicht für uns. Das erste Auswärtsspiel in Berlin gegen die Türkei ersparten wir uns noch, beim zweiten Auftritt in Wien gegen Österreich waren wir dann aber zugegen. Die letzten Länderspiele hab ich meist nur nebenher, auf dem Handy daddelnd, verfolgt.

Nun, erstmals seit langem wieder ein Spiel in voller Länge, das mich wirklich erschüttert hat. Ein Spiel wie zu düstersten VfB-Zeiten, keiner wollte den Ball, jeder versteckte sich, keine Führung auf dem Feld.

Schon da sagte ich, dass, wenn es denn etwas mit der Euro im eigenen Land werden soll, das Gerüst der Truppe aus den formstärksten Teams der Liga, dem VfB und Bayer 04 Leverkusen, gebildet werden müsse. Wie es aussieht, hat mich der Bundestrainer erhört, wenn man sich die letzte Nominierung ansieht.

Nach der Pause trat der VfB bei der Frankfurter Eintracht an, die sich anschickte die Europapokal-Plätze anzugreifen. Kaum angepfiffen, führte der VfB auch bereits 0:1 durch Undav. Der Ausgleich wurde einmal mehr gut weggesteckt und kurz vor der Pause mit dem 1:2, wiederum durch Undav, wurden die Weichen auf Sieg gestellt.

Nach diesem Spiel wurde nach meinem Empfinden zum ersten Mal „Europapokal, Europapokal, nach all der Scheiße, geht’s auf die Reise, Stuttgart International“ intoniert und das in den Katakomben in Dauerschleife, so dass wir fast noch unseren Zug zurück nach Stuttgart verpasst hätten. Einfach nur geil! Dann wurde Bremen eine Lehrstunde erteilt und viel zu niedrig mit „nur“ 2:0 besiegt, ehe das Pokal-Achtelfinale gegen Borussia Dortmund auf dem Plan stand.

Man hätte sich durchaus ein leichteres Los gewünscht und konnte es sich auch nicht so richtig vorstellen, dass wir die Dortmunder ein zweites Mal so klar dominieren könnten.

Ich hatte schon ein wenig Bammel vor dem Spiel und dachte an den angeschlagenen Boxer, nachdem wir sie wenige Wochen zuvor so demütigten. Doch, es entwickelte sich fast ein Spiel auf ein Tor und als es zur Pause immer noch 0:0 ließ ich mich zum Ausspruch hinreißen, der VfB müsse sich doch endlich belohnen. Das aus meinem Munde, wie sehr hat mich der Spruch von VfBlern in der Vergangenheit aufgeregt, wenn sie in 90 Minuten ein oder zwei Mal aufs Tor schossen und danach meinten, sie hätten sich nicht belohnt. Da fragte ich immer, für was belohnt, zum Teufel?

Anders in dem Spiel. Wie man im Bundesligaspiel gesehen hat, reicht eben ein Aussetzer um ins Hintertreffen zu geraten. Dieser passierte zum Glück nicht. Guirassy traf zehn Minuten nach der Pause und Silas machte schließlich den Deckel drauf. Ein hochverdientes Weiterkommen und die große Chance, endlich mal wieder weit zu kommen, nachdem die Bayern und Leipzig schon draußen waren. Leider bescherte uns die Losfee aber die Übermannschaft dieser Saison, Bayer Leverkusen.

Just jenes Leverkusen war dann auch der nächste Bundesligagegner. Man konnte fast schon von einem Giganten-Treffen reden. Das Top-Spiel war seit langem mal wieder eines, das den Namen echt verdiente. Ein rasantes Spiel, eine abartig geile erste Halbzeit vom VfB, eine bessere von Leverkusen in der zweiten, und fertig war das leistungsgerechte Unentschieden. Für mich war ausschlaggebend, dass der VfB in der zweiten Halbzeit nicht an die Leistung der ersten herankam, das kräftezehrende Pokalspiel. Gegen Dortmund dachte ich schon weit in der ersten Halbzeit, dass es fast unmenschlich sei, was die Jungs da laufen und auf dem Rasen abrissen. Im Pokalspiel hielten sie das Tempo über 90 Minuten hoch, deshalb denke ich, dass gegen Leverkusen irgendwann mal die Körner gefehlt haben. Es sei ihnen zugestanden. Ganz Fußball-Deutschland schwärmt mittlerweile von unserer geilen Truppe.

Dann ging es noch zu den zu den Bayern, wo es leider nichts zu ernten gab. Ausschlaggebend ganz sicher das frühe Tor schon in der 2. Minute nach katastrophalem Fehlpass von Karazor. Wenn so früh sämtliche Pläne über den Haufen geworfen sind, und das auch noch bei den Bayern, ist es schwierig dort Zählbares mitzunehmen. Zudem tat Tuchel das, was sich bislang die wenigsten trauten, und überhaupt nicht bayernlike ist. Er passte die Spielweise an die unsrige an und tat uns nicht den Gefallen, sich locken zu lassen. Muss man akzeptieren, wenngleich eine Niederlage bei den Bayern jetzt auch nicht ganz uneingeplant war.

Gegen Augsburg gab’s zum Jahresabschluss unter der Woche dann noch einen deutlichen 3:0-Sieg. Bezeichnend, dass sich unser magisches Dreieck, namentlich Undav, Guirassy und Führich, in die Torschützenliste eintrug und sich der Augsburger Kapitän Demirovic hinterher zur Aussage hinreißen ließ, er wäre noch nie so hergespielt worden.

Klang fast wie ein Bewerbungsschreiben, als er noch hinterherschickte, wie geil es zu beobachten sei, wie man mit Plan, Geschick und den richtigen Spielern die Trendwende vom Abstiegskandidaten zu einem Top-Team werden könne. Aus der Aussage sprach ehrliche Hochachtung und der Wunsch, dass die Truppe so zusammen bleibt und die Liga noch länger so begeistern möge. Chapeau!

Der Abschluss der Vorrunde verlief dann weniger nach Wunsch. Dieser fand bereits im Januar bei Borussia Mönchengladbach statt.
Wie in München wurde es nach dem 1:0 in der 1. Spielminute schwierig gegen kompakt verteidigende Gladbacher, zumal in der 19. Minute auch schon das 2:0 fiel.

Man kam dann durch Vagnoman in der zweiten Hälfte heran, doch zum Ausgleich reichte es nicht mehr. In der Nachspielzeit fiel dann noch das 3:1. Ungünstiger Jahresauftakt, wohl deshalb, weil auf ein Trainingslager verzichtet wurde und unsere Ansprache an die Jungs offenbar fehlte. ;-)

Der Rückrundenauftakt fand dann im Bochumer Ruhrstadion statt. Bochum ist immer ein Highlight, deshalb drücke ich dem VfL auch immer die Daumen, dass sie in der Liga bleiben.

Wo hat man das sonst noch, ein Stadion mitten in der Stadt, Kneipen drum rum, kleines, enges, fast britisches Stadion und eine Fangemeinde, die zwischen den Riesen Dortmund und Schalke, ihr Dasein fristet und extrem mit dem VfL durch dick und dünn geht. Finde ich geil!
Das Spiel war leider weniger geil, es setzte die zweite Niederlage in Folge. Die Halbzeit dauerte über ein Stunde lang, weil es Diskussionen um eine Fahne im Gästeblock gegeben hat, die angeblich die Öffnung eines Fluchttores verhindert hätte.

Das war natürlich Humbug, wir beobachteten bereits vor dem Spiel, dass sich Feuerwehrleute demonstrieren ließen, dass die Türe auf geht. Wer da während der ersten Halbzeit aus dem Tiefschlaf fiel und wem nichts Besseres einfiel, als, der Banner muss weg, man weiß es nicht.
Offenbar gab es Zuständigkeitsprobleme, oder, auf deutsch, die rechte Hand wusste nicht, was die linke macht. Der schwarze Peter wurde natürlich mal wieder den pösen Ultras zugeschoben, meiner Meinung nach hat sich hier keine Partei mit Ruhm bekleckert.

Als wir uns schon mit einem Spielabbruch auseinandersetzten und uns „freuten“, womöglich noch ein zweites Mal ins Ruhrstadion zu dürfen, wurde das Spiel fortgesetzt. Die Ungewissheit und lange Pause haben dem VfB jedoch nicht gut getan und so fiel das letztlich entscheidende 1:0 kurz nach Wiederanpfiff.

Erneut zwei Niederlagen in Folge, die nicht hätten sein müssen, und wieder ein VfB, der aus dieser Misere gestärkt zurück kam.

Nachdem im Dezember der Investoren-Deal der Bundesliga in geheimer Abstimmung abgesegnet und Stimmen laut wurden, die Abstimmung sei nicht mit rechten Dingen zugegangen, gell, Herr Kind, standen die folgenden Spiele im Zeichen von enormen Fanprotesten, die teilweise fast in Spielabbrüche mündeten.

Diese erschwerten natürlich die Planung, vor allem was Auswärtsspiele anging, waren letztlich aber fast durchweg friedlich, von hoher Kreativität geprägt, und führten schließlich auch zu einem vorläufigen Ende der Diskussionen, in dem die DFL für sich beschied „so kann es nicht weitergehen“ und den Deal bis auf Weiteres abblies.

Natürlich war es auch für die Spieler unbefriedigend und führte zu Brüchen im Spiel, oft auch von dem vom VfB, aber, Ende gut, alles gut! Insgesamt hatte ich den Eindruck, wie auch bei den Diskussionen um die Fahne in Bochum, dass sich der geneigte Fernsehzuschauer mehr darüber echauffierte als das Publikum im Stadion, welches die Situationen besser einordnen konnte.

Gegen Red Bull Fuschl setzte der VfB dann das nächste dicke Ausrufezeichen in dieser hervorragenden Saison. Guirassy, Ito und Jeong weilten weiter bei Afrika- und Asien-Cup, so dass Undav mal wieder in die Bresche springen musste und dies mit einem Dreierpack eindrucksvoll tat. Zuvor hatte Millot den VfB per Strafstoß in Führung gebracht, der erste verwandelte Elfer, der nicht von Guirassy geschossen wurde. RB kam zwei Mal vors Tor und nutzte beide Chancen. Bei 18:4 Torschüssen hätte der Sieg noch weitaus höher ausfallen können. Erwähnenswert auch noch, dass dem bereits als Chancentod verschrieenen Leweling sein erstes Tor für den VfB glückte. Damit ließ man also dem nächsten Topteam der Liga keine Chance und bezwang zudem den Brauseclub zum allerersten Mal in der Bundesliga. Dieser VfB pulverisiert diese Saison einfach jede Serie.

In Freiburg, vor dieser Saison auch noch ein Angstgegner, führte man durch Undav und Führich bereits nach 7 Minuten mit 0:2. Als man nach 18 Minuten auch noch in Überzahl spielte, war es fast klar, dass nichts mehr anbrennen würde und man sich so langsam für den Pokal-Kracher in Leverkusen schonen kann. Ganz so einfach wurde es dann nicht. Der Anschluss kurz vor der Pause saß, es dauerte noch bis zur 75. Minute ehe Mittelstädt frech über den Freiburger Keeper lupfte und den Deckel drauf machte. Dieser Sieg stand im Zeichen der Anteilnahme an der schweren Verletzung von Daxo Zagadou. Der Pechvogel, zuletzt mehr und mehr DER Turm in der Schlacht, zog sich erneut einen Kreuzbandriss zu und fällt den Rest der Saison aus.

Inzwischen war der VfB in aller Munde und das Pokal-Spiel gab es natürlich im Free-TV zu bestaunen. Auch dieses Spiel hielt, was es versprach. In atemberaubendem Tempo lieferten sich die beiden spielerisch besten Teams der Saison einen offenen Schlagaustausch und ein Duell auf Augenhöhe.

Trotz zweimaliger Führung durch Anton und Führich zog man in letzter Minute den Kürzeren, weil Tah einen Kopfball in die Maschen setzte. Sehr ärgerlich dabei, dass Andrich mit Gelb-Rot vom Platz fliegen muss, kurz bevor er den 1:1-Ausgleich erzielte.

Wie schon beim Halbfinale gegen Frankfurt hieß der Schiedsrichter Schlager, der offenbar zum zweiten Mal selbst bestimmen wollte, wie ein Pokalspiel verdammt nochmal entschieden werden soll. Was – erlaube – Spieler!

Beim Halbzeit-Interview stand Rudi Völler, bis vor kurzem bei Bayer 04, mittlerweile DFB-Sportdirektor, Rede und Antwort. Und, er schwärmte vom VfB in höchsten Tönen, dass es außergewöhnlich sei, ein so gut spielendes Team mit derart vielen deutschen Spielern.

Und, dass er es sich gut vorstellen könne, dass „einige“ bei der nächsten Kader-Nominierung dabei sein könnten. Da sich Völler und Nagelsmann sicherlich auch über Personalien austauschen, war es mir fortan fast klar, dass sich der Wind drehen würde, was die Nominierungen angeht. Weg von einstigen Stützen, hin zu formstarken und gierigen Jungs, die ihr letztes Hemd für einen Einsatz im Trikot mit dem Bundesadler geben würden.

Danach folgte wieder der Abstiegskandidaten-Dreierpack mit Siegen gegen Mainz 05 und in Darmstadt, sowie einem Remis zuhause gegen den 1. FC Köln. Natürlich sollte man nicht zufrieden sein, wenn der Dritte gegen den Drittletzten zuhause nicht gewinnt.

Aber, wir sind gebrannte Kinder und können uns nur zu gut daran erinnern, dass wir solche Spiele in der Vergangenheit eher verloren haben. Hoffnung stiftend war zudem die schonungslose Offenheit und Selbstkritik der Jungs, die sich selbst ein arrogantes Spiel attestierten. Ich sah das Unentschieden jedenfalls nicht als Beinbruch an, vor allem auch, weil man ja aus einer guten Serie kommt. Klar, hätte man in Darmstadt verloren, wäre ein Sieg Pflicht gewesen, so aber, Shit happens. Man kann schließlich auch nicht jedes Spiel gewinnen!

Das tat man dann aber auch schon wieder in Wolfsburg in überzeugender Manier. Guirassy, längst wieder vom Afrika-Cup zurück, per Doppelpack, sowie der immer stärker in Form kommende Vagnoman, auch so ein Kandidat für die Nationalelf, steuerten die Tore zum 2:3 in der Autostadt bei.

Danach schlug man Union Berlin zum dritten Mal in dieser Saison und gewann beim Heimspiel in Sinsheim mit 0:3. Damit revanchierte man sich nicht nur für die Hinspielniederlage, sondern legte einen Auftritt hin, der einer neuerlichen Machtdemonstration glich. Auf dem Platz gedemütigt, auf den Rängen sowieso, meldet Euch am besten ab liebe Dorftrottel und erspart euch weitere peinliche Auftritte auf den Rängen.
Die Dominanz auf dem Rasen war frappierend, das Spiel kann gut und gerne auch 0:8 ausgehen, vor allem nach der ersten Halbzeit muss man eigentlich mit 5:0 in Führung liegen.

Nun also die nächste Länderspielpause. Die Spatzen pfiffen es bereits von den Dächern. Sage und schreibe vier Nationalspieler, die gegen Frankreich in der Schlussphase gar alle zusammen auf dem Platz standen, stellt der VfB auf einmal. Natürlich ist das der Verdienst von Sebastian Hoeneß und seinem Team.

Maxi Mittelstädt, 500.000-Euro-Schnäppchen von der Berliner Hertha, schoss gar sein erstes Länderspiel-Tor und war Spieler des Spiels beim 2:1 gegen die Niederlande. Er dürfte seinen Stamm- und Startplatz bei der Euro im eigenen Land sicher haben, vorausgesetzt natürlich, er verletzt nicht und bricht leistungsmäßig nicht ein. Selbiges gilt für die anderen Nominierten. Führich wird wohl auch ziemlich sicher dabei sein, bei Undav und Anton habe ich auch ein gutes Gefühl.

Es waren ja nicht nur die zwei Siege und eine deutliche Leistungssteigerung gegenüber den letzten Länderspielen. Es war auch ein neuer Teamspirit erkennbar, auch was die Reservisten anging und da bringen unseres VfBler vieles mit, was jeder Mannschaft gut tut.

Zum einen herrscht auch beim VfB derzeit eine überragende Atmosphäre, die die Jungs in die Welt hinaustragen. Nagelsmann hat ja bereits angekündigt, dass sich der Kader nur noch in Nuancen ändern dürfte, von daher ist die Hoffnung groß, dass alle vier VfBler, und dafür lediglich ein Dortmunder dabei sein werden.

Wäre schön, Nagelsmann zöge diese Linie durch. Die Dortmunder stehen für mich schon seit langem für eine gewisse Loser-Mentalität. Jeder für sich erhebt aber den Anspruch dann auch zu spielen, weil sie unter völliger Verblendung leiden und ihre „Leistung“ null einschätzen können.
Dortmund ist für mich seit Jahren ein Sinnbild des Champions-League-Modus, wonach man nicht einmal mehr Meister werden muss, um an die ganz großen Fleischtöpfe zu gelangen. Wenn man es sich, wie Dortmund seit Jahren, auf den Plätzen zwei bis vier bequem macht, um es hinterher als großen Erfolg zu verkaufen, egal welche großen Sprüche man vorher geklopft hat, wo soll da die Gier herkommen, auch mal Erster zu werden, wie es bei der Euro möglicherweise gefragt sein wird.

Bevor man Hummels, Schlotterbeck und Süle aus der Versenkung ausgräbt, die sich alle selbst überschätzen, sollte Nagelsmann lieber einen Anton mitnehmen, formstark, als Persönlichkeit gewachsen, der froh ist, dabei zu sein, bereit ist, wenn er gebraucht wird, und ansonsten ein absoluter Teamplayer ist.

Auf die anderen Ausgemusterten wie Emre Can und Julian Brandt kann ebenfalls getrost verzichtet werden. Das sind genau die Typen Spieler, die Deutschland dort hin gebracht haben, wo es heute im Fußball steht. Kein Biss, verstecken sich, wenn es ungemütlich wird, sprich, die braucht kein Mensch bei dieser Nationalmannschaft.

Mit dem, was bei den jüngsten beiden Länderspielen auf dem Platz stand, gehe ich weitestgehend d’accord. Die Kroos-Rückkehr hab ich von Anfang an gefeiert. Er ist der erfolgreichste deutsche Fußballer aller Zeiten und bis heute sehr wertgeschätzter Taktgeber bei Real Madrid.
Auf ihn zu verzichten, wäre großer Luxus gewesen. Kroos schwang sich im wahrsten Sinne des Wortes von der ersten Minute an zum eigentlichen Kapitän auf, wobei sich mir die Frage aufdrängt, wozu brauchen wir noch Gündogan?

Dass Nagelsmann dessen Kapitänsamt direkt nach seiner Verpflichtung bestätigt hat, damit hat er sich meines Erachtens keinen Gefallen getan. Eigentlich sollte der Kapitän immer spielen.

Mir würde es besser gefallen, Musiala rücke von links in die Mitte anstelle von Gündogan und Führich käme dafür auf links von Beginn an zum Einsatz. Wie gut er mit Mittelstädt harmoniert, sieht man jede Woche in der Bundesliga. Auch bei den Länderspielen hatte Maxi sichtlich ein besseres Gefühl, nachdem Führich eingewechselt wurde.

Mit Andrich neben Kroos kann ich gut leben, wenngleich ich auch Stiller diese Rolle zutrauen und gönnen würde. Kimmich auf rechts hat ganz ordentlich gespielt. Erstmals seit Jahren hatte ich bei ihm den Eindruck, dass auch er um seinen Platz sprichwörtlich kämpft und genau erkannt hat, was die Stunde geschlagen hat. Diese Länderspiele haben Hoffnung gemacht, ich freue mich auf die Euro und werde bei den Deutschland-Spielen im Stadion sein.

So gut es auf dem Rasen läuft, es wäre nicht der VfB, wenn es nicht doch Theater geben würde.

Vereinsmeier sehen die 50+1-Regelung in Gefahr bzw. schon untergraben, die Investorenseite sah sich hingegen nicht in der Lage mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Claus Vogt zusammenzuarbeiten und ließ sich VOR der Fixierung des sog. Weltmarkenbündnisses zusichern, dass Vogt auf den Vorsitz verzichten solle, was dieser offenbar zugesichert hat, um den Deal nicht zu gefährden.

Diese Zusage hätte Vogt so nie treffen dürfen, ohne sich das Votum der Mitglieder einzuholen. Ob ihm das nicht klar war, oder ob er bewusst Nebelkerzen gezündet hat, um jetzt, wo der Deal in trockenen Tüchern ist, zurückzurudern, beides wäre extrem unprofessionell und eines Aufsichtsratsvorsitzenden einer AG nicht würdig.

Die Cannstatter Kurve, man beachte, nicht „nur“ die Ultras, hat ein bemerkenswertes Statement herausgegeben und fordert das gesamte Präsidium zum sofortigen Rücktritt auf. Diese Erklärung wurde von unzähligen offiziellen Fanclubs unterzeichnet, was unterstreicht, dass es sich dabei schon um eine breite Meinung handelt.

Die Statements, offene Briefe, Interviews, etc. überschlagen sich in den letzten zwei Wochen. Es ist dabei immer schwierig, richtig einzuordnen, wem man überhaupt noch Glauben schenken darf, wo Intrigen gesponnen oder gar Verschwörungstheorien in die Welt gesetzt werden. Claus Vogt bspw. hat offenbar ohne Absprache mit Verein und Medienabteilung in einem Interview für den Kicker zum Rundumschlag ausgeholt und quasi alle als Intriganten, die ihn los werden möchten, tituliert. Ob Investoren, Vorstand oder Präsidiumskollegen, alle sind die bösen, nur der kleine Claus, der nicht. Damit erweckt er den Eindruck des Geisterfahrers, dem „hunderte“ entgegen kommen.

Der Vorstand um Alex Wehrle und Rouven Kasper hat sich dann gestern in den Stuttgarter Nachrichten einem Interview gestellt und in bislang nicht gekannter Form scharf gegen Vogt geschossen. Dass Vogt dem VfB durch sein Verhalten in letzter Zeit und vor allem das Interview im Kicker großen Schaden zugefügt hat, sehe ich genauso. Er täte gut daran, nicht weiter an seinem Stuhl zu kleben und den Weg für einen Neuanfang in den Gremien freizumachen, wenn ihm denn tatsächlich etwas am VfB liegt. Es dürfte die einzige Möglichkeit sein, die Situation zu befrieden, um sich wieder gänzlich dem in dieser Saison so ausgezeichnet vorgetragenem Sport zu widmen.

Das Bild, das der VfB nach außen abgibt, ist erbärmlich und an Peinlichkeiten kaum zu überbieten. Fußball-Deutschland rätselt, wie es sein kann, dass ein sportlich so auftrumpfender Verein wie der VfB Stuttgart, sich gerade jetzt in den Gremien selbst zerlegt. Wenn Vogt das einzige Problem ist, soll er zurücktreten, am besten noch vor dem Heidenheim-Spiel.

Da sind nämlich Protestaktionen zu erwarten, über deren Dimension nur gemutmaßt werden kann. Hat es sich mit deutlichen Bannern in Richtung Vereinsführung und Gremien, oder stört man den Ablauf massiv? War der Aufruf „alle in schwarz“, den es so auch noch nicht gab, schon alles und setzt man auf diesen optischen Effekt, oder gibt es einen Stimmungsboykott, zumindest in den ersten zehn Minuten, wie ich es auch schon gehört habe?

Persönlich wäre es mir lieber, man würde die Proteste nicht ins Stadion tragen, sondern lieber unter der Woche auf der Geschäftsstelle vorstellig werden, um den Forderungen (gewaltfrei) Nachdruck zu verleihen. Das so konstant performende Team auf dem Platz hat es jetzt einfach nicht verdient, durch irgendwelche unbedachte Aktionen, aus dem Konzept gebracht und runter gezogen zu werden.

Morgen steht also das letzte Spiel innerhalb des ersten Jahres von Sebastian Hoeneß an. Da ich in den nächsten zwei Wochen vermutlich weder Zeit noch einen Kopf haben werde, auch dieses noch in den Jahresrückblick zu packen, kommt dieser etwas verfrüht. Vielleicht ergänze ich ja zu gegebener Zeit noch um ein paar Zeilen.

Es steht das Duell Landeshauptstadt gegen die Ostalb an, oder auch der VfB gegen den 1. FC Heidenheim. Ich habe großen Respekt vor dem, was in Heidenheim entstanden ist und vor allem vor Frank Schmidt. Dieser leitet seit 2007 die Geschicke dort und übernahm den Club in der Oberliga. Im selben Zeitraum kommt der VfB auf sage und schreibe 23 Trainer. Daher gönne ich Heidenheim, dass sie die Klasse halten, wovon nach derzeitigem Stand auch auszugehen ist.

Nichtsdestotrotz muss natürlich für den VfB der Sieg und damit auch der Ausbau der Serie her. Der VfB kann bereits diese oder nächste Woche den sicheren Einzug nach Europa, woran ohnehin keiner mehr zweifelt, klar machen.

Wenn man aber einmal Blut geleckt hat, möchte man natürlich mehr. Auch wenn die Reisen in Conference- oder Europaleague sicherlich reizvoller sind, ist inzwischen das große Ziel die Championsleague mit ihrem neuen, durchaus interessanten, Modus. Diese würde dem VfB finanziell neue Möglichkeiten schaffen und wäre womöglich der Grundstein dafür, die Mannschaft, einschließlich der Leihspieler, zusammenhalten zu können.

Natürlich ist das dann auch eine Gratwanderung, wenn Begehrlichkeiten, was das Gehaltsniveau angeht, steigen, Stichwort Champions-League-Falle, in die wir ja schon einmal getappt sind. Ideal wären dabei Vertragsgestaltungen, die das Team an den Champions-League-Einnahmen partizipieren lassen, jedoch wieder auf ein Normalmaß schrumpfen, wenn denn nicht mehr international gespielt wird.
Um die Champions League zu erreichen, muss der VfB in den kommenden Wochen genau so weiter performen.

Dazu gehört natürlich zunächst ein Sieg gegen Heidenheim, auch wenn der VfB erstmals ohne Karazor auskommen muss. In den Zweitligaduellen siegte der VfB zwei Mal, spielte einmal remis und verlor auch einmal. Vor allem die Niederlage, ausgerechnet am Geburtstag des VfB, dem 09.09.2016, ist in schlechter Erinnerung.

Nach all den Tiefpunkten in den 2010er-Jahren war das der gefühlt tiefste Tiefpunkt, hatte aber auch etwas Gutes, nämlich, dass das Trainer-Missverständnis Luhukay danach beendet wurde. Morgen aber gehen wir als haushoher Favorit in die Partie und sollten in der Lage sein, diesen unbequemen Gegner durch unsere Spielstärke zu beherrschen und schließlich auch zu schlagen.

Es geht auch um eine gute Ausgangsposition für nächste Woche, wenn im Westfalenstadion zu Dortmund das nächste Ausrufezeichen gesetzt werden kann.

Egal, wie die Saison auch enden wird, es ist schon jetzt grandios, was Sebastian Hoeneß in kürzester Zeit aus unserem VfB gemacht hat. Der VfB hat eine Handschrift, spielt mit den schönsten Fußball der Liga, hat wieder deutsche Nationalspieler und ist in aller Munde.
Möge die Erfolgsstory weiter geschrieben werden. Ein gutes Zeichen ist natürlich auch die Vertragsverlängerung mit Hoeneß, womit den Spekulationen um ein mögliches Engagement bei den Bayern ein Ende gesetzt wurde.

Für mich war dieses Szenario ohnehin unwahrscheinlich. Hoeneß hat sich zunächst einmal mit Haut und Haaren dem VfB verschrieben und ist hier auch noch nicht fertig.

Sein Auftreten, sein Stolz nach Auftritten wie in Sinsheim, seine Niedergeschlagenheit, wenn der VfB mal nicht so performt hat, sein Verantwortungsbewusstsein für den VfB, sein Bewusstsein für die Größe der Aufgabe, all das spricht dafür, dass Hoeneß keinen Gedanken daran verschwendet, sein Wirken hier bald beenden zu wollen. Er ist geerdet, demütig und tut dem VfB einfach gut.

Dennoch ist seine Vertragsverlängerung natürlich ein wichtiges Zeichen an seine Mannschaft und an mögliche Neuzugänge, wenn jeder weiß, woran er ist, wenn der Chef Vereinsverbundenheit vorlebt.

Möge das Märchen weiter geschrieben werden, danke für ein herausragendes Jahr, Sebastian Hoeneß.

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24. Dezember 2019

Zurück im Hamsterrad!

Es ließ sich verheißungsvoll an, mit Thomas Hitzlsperger als Sportvorstand (inzwischen zum CEO der VfB Stuttgart AG ernannt) und Sven Mislintat, dem Diamantenauge, der bislang, analog zu Reschke vornehmlich aus der zweiten Reihe schoss.

Ich erlebte ein Trainingslager in Kitzbühel, in dem die Protagonisten nahbar wie selten und sich für keinen fachmännischen Plausch mit den Fans zu schade waren. Ob Hitzlsperger, Mislintat oder Walter. Alle hatten ein offenes Ohr, ihr Tatendrang den VfB zu einem anderen, als dem der letzten Jahre zu machen, wirkte ansteckend.

Das neu zusammengestellte Team hatte sichtlich Spaß wie lange nicht, Tim Walter war Lehrer, Mentor, Kumpel in einem und wollte jeden Spieler in jedem Training besser machen.

Dass er Badener ist und als Vertrauensperson das Karlsruher Urgestein Rainer Ulrich mitbrachte, war mir, im Gegensatz zu vielen, erst mal scheißegal.

Für mich spielte auch keine Rolle, dass „Hitzlintat“ einen Trainer verpflichteten, der „nur“ von Holstein Kiel kam und davor im Nachwuchsbereich vom Karlsruher SC und von Bayern München arbeitete.

Selbst als er in einem Interview betonte, diese beiden seien „seine“ Vereine, zuckte ich nicht angewidert zusammen, sondern sah es im Profigeschäft als normal an, dass ein Trainer im Laufe seiner Karriere auch düstere Kapitel zu überstehen hat und es grundsätzlich von Charakter zeugt, sich auch gegenüber Ex-Arbeitgebern loyal zu zeigen.

Nach den Erfahrungen der letzten zehn Jahre, stetigem Niedergang, zwei Abstiegen, umrandet von unzähligen ganz unterschiedlichen Übungsleitern an der Linie, legte ich mein Vertrauen in die Hände von „Hitzlintat“ und war überzeugt davon, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun würden, den VfB wieder zu einer sympathischeren und erfolgreicheren Marke zu machen, und den VfB sportlich komplett neu auszurichten.

Nach Jahren der internen Querelen um Wolfgang Dietrich und Michael Reschke, die sich als Prellbock der Krakeeler und die Fans als ahnungslose Vollidioten wahrnahmen, und den Verein brachial führten, hatte man plötzlich das Gefühl, ernst genommen zu werden und zur Politik der kleinen Schritte zurückkehren zu wollen.

Meine Ansprüche waren auf dem Tiefpunkt angekommen, so dass es mir wirklich bereits genügte, ein Team zu sehen, das an einem Strang zieht und ich einer kontinuierlichen Veränderung und später auch Verbesserung alle Zeit der Welt gegeben hätte.

Für mich stand nie im Vordergrund unbedingt mit der Brechstange aufsteigen zu müssen, um sich in der Bundesliga dann daran zu ergötzen, mit 30 Punkten die Klasse zu halten, weil zwei, drei Teams noch schlechter sind. Da ist mir doch mehr an einer nachhaltigen Entwicklung gelegen, die uns auf Sicht konkurrenzfähiger werden lässt.

Da Mislintat schon vor der Saison ankündigte, die Beseitigung der Altlasten im Kader nähme einige Transferperioden in Anspruch und dass der Aufstieg das große Ziel, jedoch kein Muss sei, war ich bis zuletzt tiefenentspannt und davon überzeugt, mit Kadernachjustierungen in der Wintertransferperiode den Dampfer wieder flott zu kriegen, MIT Tim Walter.

Seit gestern haben wir die Gewissheit, dass der Wunsch nach Kontinuität und antizyklischem Handeln ein frommer Wunsch geblieben ist und „Hitzlintat“ bei der ersten steifen Prise umgefallen sind.

Ich finde es sehr schade, habe jedoch immer betont, wie auch immer „Hitzlintat“ entscheiden werden, dass ich den Entschluss mittragen werde. Im Gegensatz zu vielen Krakeelern in den Foren habe ich mir auf die Fahnen geschrieben, die Verantwortlichen „machen zu lassen“ und nicht zusätzlich für Unruhe sorgen zu wollen, auch wenn mein Blog jetzt nicht die ganz große Reichweite besitzt.

Dennoch bin ich der Auffassung, dass es dem VfB nicht gut tut, wenn jeder Depp meint, es besser zu wissen. Da meinen unzählige sog. Fans mit Kommentaren ohne Punkt und Komma und gespickt mit einer Fülle von Rechtschreibfehlern, einem diplomierten Fußballlehrer die Fußball-Welt erklären zu müssen, für mich Satire in Reinkultur!

Ob sich „Hitzlintat“ von dieser vergifteten Atmosphäre beeindrucken und ein stückweit beeinflussen ließen, ist nicht bekannt.

Es ist ja auch nicht von der Hand zu weisen, dass gute Gründe dafür sprachen, an Tim Walter und seinem Fußballsachverstand zu zweifeln. Sein „Walterball“ funktionierte schon seit dem zweiten Saisonspiel nicht mehr, für defensive Stabilität vermochte er 18 Spiele lang nicht zu sorgen und der Umgang mit einigen Spielern, die er rein warf und wieder fallen ließ, zeugten von wenig psychologischem Geschick, zudem war der Torwartwechsel unnötig und machte in ohnehin schon unruhigen Zeiten ein Fass auf.

Zu all dem kam großes Verletzungspech gleich zu Beginn mit zwei Kreuzbandrissen, sowie der längerfristige Ausfall von Daniel Didavi, der zwar nicht ganz so überraschend kam, uns aber dennoch richtig weh tat, fehlendes Spielglück mit etlichen Aluminiumtreffern und schließlich Pech bei der Auslegung des VAR, der willkürlich nicht eingriff (Aue) oder bei Milimeterentscheidungen zur Stelle war.

Dazu kam Tim Walters Art, zu der er schon zu Beginn kund tat, „Wer mich holt, weiß, was er bekommt“. „Hitzlintat“ verteidigten ihn lange und betonten, dass sie einen Trainer wollten, der selbstbewusst ist und dieses Selbstbewusstsein auf das Team überträgt.

Dass zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz ein schmaler Grat herrscht ist bekannt, so dass ihm seine markigen Sprüche schnell um die Ohren flogen. Bezeichnend, dass er vor dem Spiel gegen Schlusslicht Wehen-Wiesbaden meinte, „uns stellt keiner ein Bein“, worauf just die erste Saisonniederlage folgte. Spötter und Kritiker schlugen ihm dies förmlich um die Ohren und wurden vermehrt persönlich, wenn sie Walter als Grinsebacke und scheiß Badenser verhöhnten.

Mit den Nebengeräuschen müssen die Verantwortlichen im heutigen Socialmedia-Zeitalter zwar leben, auch wenn mich das zunehmend bedenklich stimmt.

Auffällig nach den letzten Spielen in Darmstadt und Hannover war, dass die Alten wie Castro, Badstuber und Gomez offene Kritik an Walter übten und ihm die Jüngeren wie Kempf, Sosa und Stenzel zur Seite sprangen.

Gerade den Alten aber würde ich an „Hitzlintats“ Stelle nicht allzu viel Bedeutung beimessen, wären doch wohl alle nicht mehr da, hätten ihre Verträge im Sommer keine Gültigkeit mehr besessen und dürfen doch gerade sie sich angesprochen fühlen, wenn von Altlasten die Rede ist.

Dass ihnen das laufintensive Spiel unter Walter nicht behagt hat und sie sich auf ihre alten Tage eine gemächlichere Gangart gewünscht hätten, läge in der Natur der Sache.

So stehen wir nun also vor dem nächsten Neuanfang. Hitzlspergers Schonzeit ist spätestens seit gestern vorbei. Ab jetzt reicht es nicht mehr, einfach nur sympathisch zu sein, nun muss auch er liefern. Mit dem gestrigen Tag liest sich auch seine Bilanz nach nicht einmal einem Jahr verheerend.

Auch wenn es Wolfgang Dietrich war, der Anfang Februar lieber Reschke als Weinzierl entließ und Hitzlsperger auf den Weg gab, an Weinzierl so lang wie nur möglich festzuhalten, lag es in Hitzlspergers Verantwortung einzuordnen, ob mit Weinzierl der Klassenerhalt geschafft werden kann.

Nach all dem, was man so hörte, wäre dessen Entlassung schon in der Winterpause überfällig gewesen, spätestens aber nach dem desolaten 0:3 in Düsseldorf. Dann aber wurde Hitzlsperger zum Sportvorstand ernannt und wollte es vermeiden, sich sofort den Ruf des Trainer-Killers zu erwerben, ein Zaudern, das uns schließlich die Klasse kostete.

Nach der Runderneuerung des Kaders im Sommer mit einem unverbrauchten, spannenden Trainer, muss der nächste Schuss jetzt sitzen.

Dass Hitzlsperger zunehmend angeschlagen ist, offenbaren nicht nur die Fotos, auf denen vom Sonnyboy früherer Tage nicht mehr viel übrig geblieben ist, sondern auch die Kleinkriege, mit denen er sich auf Twitter verzettelt.

Grundsätzlich finde ich es ja gut, wenn sich der CEO mit der Fanschar abgibt und dem einen oder anderen Gerücht schnell den Wind aus den Segeln nimmt. Wenn aber Meldungen dementiert werden, die sich ein, zwei Tage später als wahr herausstellen, trägt das nicht unbedingt zur weiteren Vertrauensbildung bei.

Wenn wir schon bei Pressemeldungen sind, ein kurzes Wort zum Kommentar der BLÖD-Zeitung, der mir über Whatsapp zugespielt wurde.

Sonst würde ich von dem Verlag wenig bis nichts mitbekommen, da ich in den sozialen Medien Sämtliches davon blockiert habe. Die BLÖD kritisiert zum einen den Zeitpunkt der Entlassung und zum anderen, dass die Wochen davor kein Treueschwur von Hitz & Co. in Richtung Tim Walter kam.

Den Zeitpunkt, so kurz vor Weihnachten, hat man wohl der DFL zuzuschreiben, die drei Tage vor Weihnachten noch kicken lässt. Hätte man mit der Entscheidung oder deren Verkündung bis kurz vor Trainingsbeginn gewartet, wäre dies als Fahrlässigkeit und Verlust wertvoller Zeit ausgelegt worden, außerdem fällt ein Profifußball-Trainer vergleichsweise weich!

Zum Thema Treueschwüre fällt einem doch genau das vor die Füße und wird einem als Lüge (oder im Reschke-Sprech Wahrheitsbeugung) ausgelegt, wenn man sich zum Trainer bekennt und ihm Tage oder Wochen danach den Arschtritt gibt.

Weshalb ich Tim Walter unbedingt gerne weiter als VfB-Trainer gesehen hätte, liegt hauptsächlich im Wunsch nach Kontinuität begründet. Dies auch nicht ausschließlich der Kontinuität wegen, sondern, weil sich beim VfB nach einem Trainerwechsel mitten in der Saison selten etwas nachhaltig verbessert hat. Die Chance, aus der Vergangenheit zu lernen und besser mal den einen oder anderen Spieler als den Trainer auszutauschen, wurde leichtfertig vergeben. Als Folge davon dreht sich das Hamsterrad wieder und die Frage ist lediglich, wer wann als Nächstes aus diesem herausgeschleudert wird.

Ich hoffe, dass uns in den nächsten Tagen noch schlüssige Argumente, die für die Entlassung Walters sprachen, dargelegt werden. Die Statements gestern waren doch recht dünn und rechtfertigen für mich diesen Schritt noch nicht. War Walter wirklich so stur und beratungsresistent, sich nicht helfen lassen zu wollen, oder lagen Hitzlintat bei dessen Auswahl schon so daneben, dass das Verhältnis nicht mehr zu kitten war?

Nun bin ich gespannt, wen wir im Januar im Trainingslager in Marbella auf dem Trainingsplatz erleben werden. Ich hoffe nicht, dass man Nico Willig ein zweites Mal der U19 entzieht.

Er hat kürzlich erst bis 2024 als Jugendtrainer verlängert und ich hoffe, dass das auch als Zeichen verstanden werden soll, dass er Jugend- und nicht Profitrainer ist und das auch bleiben möchte. Ich halte viel von ihm, sehe ihn aber besser im Unterbau aufgehoben, weil dieses Aufgabenfeld nicht minder wichtig und auch hier Kontinuität gefragt ist.

Dass an den Konzepttrainern Markus Anfang und Sandro Schwarz etwas dran sein könnte, hat Hitzlsperger auf Twitter bereits ins Reich der Fabel verwiesen, so dass man gespannt sein darf, welchen Trainertyp „Hitzlintat“ präsentieren werden.

Wir hatten sie doch schon alle in den letzten zehn Jahren: den autoritären Gross, das Greenhorn Keller, den akribischen Bruno, Kumpel Thomas Schneider, Retter Huub, den smarten Armin, den von sich überzeugten Zorniger, den farblosen Kramny, den „Aufstiegsgaranten“ Luhukay, Laptop-Trainer Wolf, den in Sichtweite zum Stadion wohnenden Korkut, den schwierigen Weinzierl bis hin zu Tim Walter, der durchaus einige dieser Eigenschaften in sich vereinte.

Keiner machte es der Meute recht, immer gab es etwas auszusetzen, stets entwickelten die Spieler ein Gefühl, wann sie sich eines nicht genehmen Übungsleiters entledigen konnten.

Letzten Endes sind es die Spieler, die über Wohl und Wehe eines Trainers entscheiden. Tun sie einfach ihren Job, ordnen dem Beruf alles unter, bringen sich bestmöglich ins Gefüge ein, stellen ihr eigenes Ego hintenan und hinterfragen sich Woche für Woche aufs Neue, hätten wir wohl weitaus weniger Probleme.

Nachdem Hitzlintat einmal mehr der Unzufriedenheit von Teilen der Mannschaft nachgaben, anstatt dem Trainer den Rücken zu stärken und Quertreiber auszusortieren, ist das System, für das der Neue stehen soll, zunächst einmal irrelevant. Nun ist ein Trainer gefragt, der den Kader moderieren und die Spieler auf ihren stärksten Positionen einsetzen kann. Das kann durchaus einer der alten Schule sein, womit man den erst im Sommer eingeschlagenen Weg jedoch abrupt verlassen würde.

Der Traum einer Eintrainer-Saison ist ausgeträumt, jetzt ist es mir fast egal, wen sie präsentieren. Fakt ist lediglich, dass Walter offenbar entlassen wurde, weil man den direkten Wiederaufstieg in Gefahr sah, was im Umkehrschluss bedeutet, gelingt dieser auch mit dem neuen Trainer nicht, dass Hitzlsperger, oder zumindest Mislintat, krachend gescheitert wären, was ich bedauern würde, denn, auch ihm hätte ich gerne mehr Zeit eingeräumt, als zum schnellen Erfolg verdammt zu sein.

Beim Betrachten der Liste der arbeitslosen Fußball-Trainer wird es mir eher schlecht, als dass mir DER Mann ins Auge springen würde. Dardai, Herthaner durch und durch wurde wegen seiner Nähe zu Rainer Widmayer auf Twitter ins Gespräch gebracht. Ihn im roten Trainingskittel zu sehen, würde in mir wohl ähnliche Gefühle auslösen wie seinerzeit Winfried Schäfer.

Am ehesten könnte ich von der Liste wohl noch mit Bruno Labbadia leben, der relativ lang beim VfB gearbeitet hat, nur eben etwa ein Jahr zu spät entlassen wurde.

Labbadia war damals zur Weihnachtsfeier beim RWS Berkheim zu Gast und bestach durch seine ehrliche, authentische Art. Außerdem war er es, der es einführte, dass zu Fanfesten bei Trainingslagern die komplette Mannschaft inklusive Trainerstab zu erscheinen hat, vorher „musste“ nur eine Abordnung hin, meist Neuzugänge, angeführt von Spaßvogel Magnin.

Die Spieler dürften zwar beim Namen Labbadia zusammenzucken, hat er doch den Ruf des Casanova, der von Spielerfrauen nicht lassen kann, doch, Shit happens, das haben die Jungs dann eben davon.

Apropos Magnin, dessen Verpflichtung hätte für mich einen gewissen Charme, allerdings steht er aktuell noch beim FC Zürich unter Vertrag. Wie einst als Spieler wandelt er auch als Trainer zwischen Genie und Wahnsinn und würde im Gegensatz zum Mario, das Angebot des Besuchs des Kölner Kellers bestimmt dankend annehmen, um die Pfeifen dort anständig zu vermöbeln.

Stallgeruch ist beim VfB zunächst einmal ja negativ belegt. Wenn man aber sieht, wer hier schon alles an der Erwartungshaltung und dem Umfeld gescheitert ist, ist es bestimmt nicht das Schlechteste, wenn man jemanden bekäme, der weiß, auf was er sich einlässt und nicht jegliche Kritik an ihm überbewertet. Im Schwäbischen wird halt gebruddelt, der Schwabe weiß nun mal alles besser, was für Nichtschwaben oft nur schwer einsehbar ist.

Wie auch immer „Hitzlintat“ entscheiden, es geht um ihre eigene Glaubwürdigkeit. Ist das Anforderungsprofil an einen Trainer dasselbe geblieben wie vor Walter, helfen nur Ergebnisse. Die Erwartungshaltung von außen wird nicht geringer, die Ungeduld ist ein ständiger Begleiter. Diese Lehre habe auch ich gezogen. Zehn Jahre Abwärtstrend sollten am besten nach einer einzigen Sommervorbereitung aus den Ärmeln geschüttelt sein.

Neuer Sportvorstand, neuer Trainer, neues Team, egal, es gibt keine Zeit zur Eingewöhnung und erst recht nicht zur Feinjustierung, wenn man einer Fehleinschätzung unterlegen ist.

Es muss funktionieren, sofort! Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob man sich auf Platz 3 und in Schlagdistanz zu den Aufstiegsplätzen befindet.

Der teuerste Kader der Liga muss gefälligst liefern, allen Widrigkeiten und Gegnern, die etwas dagegen haben, zum Trotz. Herrgottsack, der nächste Bitte!

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19. Mai 2015

Affengeil: Endspiel in Paderborn!

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , , – Franky @ 21:20

Was Huub Stevens geritten hat, seine Spieler auf dem Trainingsplatz als Affen zu titulieren, weiß wohl niemand außer ihm selbst so recht. Dass er das nicht so derb, wie es sich im Deutschen anhört, gemeint hatte und diese Form der Anrede in Holland eher eine verniedlichende Bedeutung hat, vermutete ich von Anfang an, was dann ja auch bestätigt wurde. Das Sprach- und Übersetzungsrisiko trage ich als Verein, wenn ich einen ausländischen Trainer, der, auch wenn Holländer, Deutsch eben nicht perfekt spricht und demzufolge auch nicht immer die Worte findet, die er seinen Jungs oder auch der Presse mit auf den Weg geben möchte. Dass es sich um ein Missverständnis handelte war in der Aufarbeitung weder für die Mannschaft noch für die Presse, die solche Geschichten ja gerne aufbauscht und Unruhe schürt, wichtig, Stevens hatte seine Spieler als Affen bezeichnet und das saß. Harnik gab es hinterher zu, dass die Mannschaft schon zunächst einmal perplex war, lasse sich doch niemand gerne von einem anderen als Affen bezeichnen.
In dieser entscheidenden Saisonphase, in der man jegliche Unruhe brauchen kann, wie Bauchweh, war es die Frage, wie das Team damit umgehen würde. Folgen sie noch ihrem Boss an der Linie oder machen sie einen auf beleidigte Leberwurst?
Von wegen beleidigte Leberwurst, von wegen Bähmullen, von denen ich noch vor einigen Wochen geschrieben hatte. Die Mannschaft stemmt sich seit Neuestem unbeirrt gegen den drohenden Abstieg, seit Samstag steht es fest, der VfB hat sich durch eine starke und couragierte Leistung sein Endspiel erspielt.
Mainz hatte Mut gemacht. Die Rückkehr Antonio Rüdigers ins Team anstelle von Georg Niedermeier, nach dessen wenig filigranen Aussetzern auf Schalke und auch die Hereinnahme von Schwaab als rechtem Verteidiger und die Versetzung Kleins auf die linke Seite hatten für Stabilität gesorgt, so dass es für Huub Stevens keinen Grund gab, an dieser Formation gegen den HSV etwas zu ändern. Die Vorstellung gegen Mainz, das wittern von Morgenluft danach, die Hoffnung auf drei Siege zum Saisonabschluss, all das ließ einen nur hoffen, dass die Woche schnell vorbeigehen und der Tag des Abstiegsgipfels gegen den HSV kommen möge.
Der Samstag indes begann früh, sehr früh. Schon traditionell vor dem letzten Saisonheimspiel, nämlich zum fünften Mal, lud der OFC Leintal-Power 05 ein zur Fahrt mit dem Partyfloß auf dem Neckar. Eine schönere Gelegenheit mit VfB-Fans von den verschiedensten Fanclubs die Saison Revue passieren zu lassen und die letzten beiden Spiele zu prognostizieren kann man sich nicht vorstellen. Gegen 9 Uhr brachten uns die Shuttle-Busse vom Bahnhof Ludwigsburg zur Anlegestelle nach Ludwigsburg-Poppenweiler, wo das Floß bestiegen wurde. Über Remseck, Mühlhausen, Hofen und Bad Cannstatt ging es bei Kaiserwetter direkt zum Anleger Mercedes-Benz-Museum, unweit des Neckarstadions. Die Fahrt war wie immer feucht-fröhlich, beste Stimmung an Bord und Optimismus, aber auch Angst. Angst davor, da man theoretisch bereits am Abend abgestiegen sein kann, sollte das Spiel gegen den HSV vergeigt werden. Ein gutes Omen vielleicht, 2011, nach der ersten Fahrt auf dem Partyfloß, als uns das Wasser ähnlich bis zum Halse stand, wurde der Klassenerhalt durch ein 2:1 gegen Hannover 96 perfekt gemacht. Allerdings, damals feierten wir noch Bruno Labbadia!
Das Wetter war genauso gut und zum Glück nicht ganz so heiß wie 2011, als man dem Bierkonsum bei großer Hitze schon Tribut zollen musste.
Also, ging es, nachdem wir gegen 12.45 Uhr angelegt hatten, weiter zum eigentlichen Vorglühen ins SSC-Sportheim, um mit Freunden noch die letzten Stunden vor dem Anpfiff zu verbringen. Zur abermals beeindruckenden Karawane vom Cannstatter Bahnhof bis zum Stadion hätte ich hetzen müssen, so dass ich darauf nach einigem überlegen verzichtet hatte.
Als mir dann beim SSC ein Vogel auf mein strahlend weißes Trikot mit dem roten Brustring geschissen hatte, war es mir klar, heute kann überhaupt nichts mehr schief gehen, soll doch Glück bringen.
Gutes Omen Nummer drei war dann schließlich noch der Auftritt von „Die Fraktion“ vor dem Spiel, als sie zuletzt da waren, setzte es Siege gegen Bremen und gegen Mainz. Auch deren Auftritt brachte im nachhinein betrachtet also wieder Glück, so dass ich hoffe, dass die Jungs auch den Weg nach Ostwestfalen in die Benteler Arena oder zumindest zum Busparkplatz finden, um uns dort noch einzuheizen und die Jungs später im Stadion zu unterstützen.
Der VfB traf auf die derzeit in einem Zwischenhoch befindlichen Hamburger, denen Bruno Labbadia, fast erwartungsgemäß, neues Leben eingehaucht hat. Für solch kurzfristigen Missionen scheint Labbadia der richtige Mann zu sein, der alle mitnimmt und offensichtlich auch die richtigen Worte zu finden scheint.
Als längere Lösung scheidet er für mich nach wie vor aus, es sei denn, er hätte sich während seiner Auszeit um 180 Grad gedreht. Müßig zu mutmaßen, wo der VfB stünde, hätte er Labbadia nicht entlassen, für mich war die Entlassung damals überfällig. Der große Fehler damals war doch seine Vertragsverlängerung und dass man den Vertrag nicht einfach zum 30.06.2013 hat auslaufen lassen. Damit wäre uns womöglich schon der Abstiegskampf der letzten Saison erspart geblieben, zum 01.07. einen Trainer zu verpflichten, der noch Justierungen am Kader vornehmen kann, bietet immer mehr Möglichkeiten, als einen Feuerwehrmann zu holen, wenn das Kind schon im Brunnen liegt.
Labbadia mag ein besessener Fußballfachmann sein, ein guter Psychologe ist er nicht. Wäre er das, hätte er sich mehr um das Innenleben der Mannschaft geschert, Youngsters und andere Reservisten bei Laune gehalten, ihnen erklärt, weshalb der eine (immer) spielt und der andere gar nicht. Er hätte sich womöglich gar von seinem ewigen Assistenten Eddy Sözer getrennt, der in der Mannschaft unbeliebt war und eher als Petze denn als Vertrauensperson angesehen wurde. Zudem hingen ihm noch die Gerüchte nach, nach denen er seine Hände nicht von Spielerfrauen lassen konnte. All das waren keine guten Voraussetzungen, die Mannschaft hinter sich zu bringen, so dass es schon lange den Anschein hatte, die Mannschaft würde gegen den Trainer spielen. Daher bleibe ich dabei, dass es richtig war, sich von Labbadia zu trennen.
Dennoch muss ich es zugeben, dass auch ich ein flaues Gefühl im Magen hatte, als Labbadia HSV-Trainer wurde und ich mir das Szenario einfach nicht vorstellen wollte, dass ausgerechnet „sein“ HSV uns in die 2. Liga schießen könnte. Auf der anderen Seite habe ich die letzten HSV-Spiele gesehen und, wenn man diese mit den Vorstellungen des VfB vergleicht, einen Unterschied wie Tag und Nacht festgestellt. In Hamburg, ein Rumpelfußball sondergleichen, wie wir ihn aus der Labbadia-Ära ja auch noch kennen und dann wir mit unserer Mannschaft, die zuletzt wirklich einen hervorragenden Fußball spielte.
Der VfB übernahm zwar gleich die Initiative, trotzdem ging der HSV mit seinem ersten Torschuss nach einer Standardsituation durch Kacar in Führung. Jener Kacar, der lange keine Rolle bei den Rauten spielte, unter Labbadia, der ihn auch schon nach Stuttgart lotsen wollte, aber förmlich aufblüht und dessen Toren es allein zu verdanken ist, dass der HSV überhaupt noch Chancen auf den Klassenerhalt besitzt. Tunay Torun, auch so ein Wunschspieler Labbadias, spielte dieses 0:1 in die Karten. Unter der Woche meinte er noch in der Hamburger Morgenpost, dem HSV müsse ein frühes Tor gelingen, „die VfB-Fans werden schnell ungeduldig und fallen ihrer Mannschaft in den Rücken“. Na dann, schaun mer mal.
Die Stuttgarter Fans, „alle in weiß“, gaben von Beginn an ein beeindruckendes Bild und einen noch besseren Lautstärkepegel ab. Das Stadion bebte schon vor dem Anpfiff, jeder Einzelne motiviert bis in die Haarspitzen. So auch nach dem 0:1. Wurde früher (noch gar nicht so lange her) in Lethargie verfallen bei einem Rückstand, schüttelte man sich gegen den HSV kurz und weiter ging der Support. Man spürt es deutlich, diese Mannschaft hat nach den letzten Vorstellungen Kredit zurückgewonnen, außerdem hat es sich jeder verinnerlicht, dass wir alle im selben Boot sitzen und sich jeder bestmöglich für den Nichtabstieg einbringen muss. Nach der so unglücklichen wie unnötigen Niederlage auf Schalke, als die wenigsten außerhalb der VfB-Fanszene noch auf den VfB einen Pfennig gesetzt hätten, wurden die Kräfte noch einmal gebündelt und es wurden drei Endspiele ausgerufen, in denen sämtliche Misstöne ausgeblendet, Animositäten zurückgestellt werden sollen. Die Aufarbeitung muss dieses Mal kommen, ohne wenn und aber, aber, eben zu gegebener Zeit. Robin Dutt, dessen bisher einziger Einkauf Serey Die eingeschlagen hat und ins Team passt wie die Faust aufs Auge, wird sich im Sommer beweisen müssen. Durch die Blume hat er ja schon angedeutet, dass nach der Saison deutlich angesprochen und analysiert werden müsse, was im Argen liegt. Hier wird sich zeigen, ob er, vielleicht auch gegen Widerstände, bereit ist, alte Zöpfe abzuschneiden und wirklich jeden Stein umzudrehen, um endlich wieder ein ausschließlich leistungsorientiertes Arbeitsklima auf dem Wasen zu schaffen.
Das Spiel indes lief auch nach dem Rückstand nur in Richtung HSV-Tor. Bereits 13 Minuten nach Kacars Führungstreffer gab der VfB die passende Antwort. Schwaabs Flanke, die abgefälscht den Weg zu Gentner fand, nahm der Kapitän volley und drosch die Kugel durch die Beine von Adler zum Ausgleich in die Maschen. Riesen Jubel, riesen Erleichterung und eine Wahnsinns-Lautstärke im Neckarstadion.
Gentner ist irgendwie schon ein Phänomen. Läuft in der Mannschaft alles schief, versteckt er sich und geht sang- und klanglos mit unter, und zeigt dabei nie die Attribute, die man von einem Kapitän und Führungsspieler erwartet. Auf der anderen Seite, läuft es im Team, schafft er es, das eine oder andere Mal aus einer starken Mannschaft noch herauszustechen, so wie am Samstag. Einsatzstark und willensstark legte er nicht nur den Hamburger Kapitän Van der Vaart an die Kette, sondern kurbelte unser Angriffsspiel an und erzielte gar selbst den so wichtigen Ausgleich. Wiederum nur acht Minuten später war das Spiel gedreht. Westermann lenkte eine Kostic-Ecke an den hinteren Pfosten, von wo aus Harnik gekonnt einnetzte, ein Tor, das ihm so vor vier Wochen wohl auch nicht gelungen wäre. Der Jubel kannte keine Grenzen, das ganze Stadion war aus dem Häuschen und die Mannschaft gab Stevens die passende Antwort, in dem sie einen astreinen Affentanz aufführte. Gute Laune allerorten, Spielfreude auf dem Rasen, Euphorie auf den Rängen, als wenn wir uns in ganz anderen Tabellengefilden befänden. Ich hatte lang gefordert und darauf gehofft, dass die Spieler die Zuneigung vom Publikum nicht nur verbal einfordern, sondern sich diese auf dem Rasen erarbeiten und den Funken auf die Ränge überspringen lassen. Das scheint fürs erste gelungen. Schon lang nicht mehr habe ich es erlebt, dass bei uns auf der Haupttribüne mindestens die Hälfte des Spiels gestanden wurde und kollektiv ins rhythmische Klatschen der Cannstatter Kurve eingestimmt wurde.
Huub Stevens scheint nun endlich die Elf gefunden zu haben, die uns diese verkorkste Saison noch retten kann. Hatte auf Schalke noch Georg Niedermeier einen kapitalen Aussetzer und lud Schalke zum 1:0 ein, heißt nun die Devise richtigerweise „Safety first“. Keine versuchte Kabinettstückchen am oder im eigenen Strafraum mehr, stattdessen werden die Bälle humorlos aus der Gefahrenzone heraus gedroschen. Mit Rüdiger und Baumgartl in der Innenverteidigung scheint es zu passen, zumal Schwaab, ja auch gelernter Innenverteidiger, stark ansteigende Form zeigt und mich in den letzten beiden Spielen seit langem mal wieder überzeugt hat. Bei Baumgartl gefiel mir seine Aufmerksamkeit, hellwach der Junge und schon recht abgezockt für sein Alter. Im Mittelfeld ziehen Gentner und Serey Dié die Fäden und stellten zuletzt gut die Räume zu, sie harmonieren also immer besser miteinander. Und dann ist da ja noch Daniel Didavi, dessen Rückkehr uns schon letzte Saison so wahnsinnig gut getan hat. Einfach eine Augenweide, ihn am Ball zu sehen. Und vorne wirbeln Harnik, Ginczek und Kostic die gegnerischen Abwehrreihen durcheinander. Zuletzt haben alle getroffen, so dass diese Offensiv-Power auch für den SC Paderborn schwer auszurechnen sein dürfte. Der VfB erspielte sich gegen den HSV ein Chancenverhältnis von 13:1, so dass man allenfalls die Chancenverwertung bemängeln kann, auch wenn René Adler hervorragend gehalten hat. Ich fand auch nicht, dass die Chancen kläglich vergeben wurden und wenn, dann ganz wenige. Ein 4:1 wäre zwar auch noch zu niedrig ausgefallen, hätte uns aber eine etwas bessere Ausgangsposition fürs Saisonfinale verschafft, nämlich für den Fall, dass wir unentschieden spielen und Hannover verlieren würde. Außerdem birgt ein Eintore-Vorsprung immer die Gefahr, noch einen dummen Ausgleich zu kassieren. Als der am Samstag gute Schiri Gräfe vier Minuten Nachspielzeit anzeigen ließ, ertönten bei mir schon wieder sämtliche Alarmglocken. Ein Standard für Hamburg, Adler kommt vor, Unordnung durch den überzähligen Mann im Strafraum, und… Nein!
Vor kurzem empfahl ich Stevens hier noch, Leute wie Kostic und Maxim durchspielen zu lassen, da die späten Gegentore gegen Freiburg und auf Schalke immer erst dann fielen, wenn die beiden ihr Tagwerk bereits vollbracht hatten und ausgewechselt waren. Gut, die Sache mit Maxim hat sich wohl erledigt, seit Didavi von Anfang an ran darf. Aber, Kostic durfte tatsächlich bleiben. Zum Glück! Wie der Junge die Bälle vorne festmachte, wie er im eins gegen drei noch Eckbälle herausholte, einfach zum Zunge schnalzen. Hamburg kam in der Nachspielzeit nicht einmal überhaupt in Tornähe, so dass der überlebenswichtige Sieg in Stein gemeißelt war. Endlich darf Kostic zeigen, was er drauf hat und das ist eine ganze Menge. Ich freute mich im Vorfeld ja bereits auf sein ungleiches Duell mit Westermann und sollte nicht enttäuscht werden. Mit seiner Schnelligkeit ist er eine Waffe im Abstiegskampf und unheimlich wichtig für die Mannschaft.
Der Dreier war eingefahren, die rote Laterne wurde an unseren nächsten Gegner weitergegeben. Stand heute würden wir die Relegation gegen den KSC spielen, ein Spiel, das sich wohl keiner so recht wünscht. Mehr Brisanz in sportlicher Hinsicht geht sowieso nicht, leider wäre bei dieser Konstellation aber auch abseits des Stadions, vor allem im Wald in Karlsruh, das Schlimmste zu befürchten.
Dass wir nicht noch weiter in der Tabelle hoch geklettert sind, lag zum einen daran, dass die Bayern nach dem verpassten Triple im Schongang dem Saisonende entgegen spazieren und Freiburg so den ersten Sieg gegen die Bayern seit 19 (!) Jahren einfuhren. Auch wenn sich viele gegen den Begriff „Wettbewerbsverzerrung“ wehren, kann man doch davon ausgehen, dass die Bayern im Breisgau nicht verloren hätten, wenn sie noch dringend Punkte für die Meisterschaft benötigt hätten. Hannover 96 profitierte zeitgleich von einer miserablen Schiedsrichterleistung in Augsburg und fuhr dadurch begünstigt seinen ersten Rückrundensieg ein. Auch das ging also nicht mit rechten Dingen zu. Dennoch, mit unerwarteten Ergebnissen von Mannschaften, die ihre Ziele bereits erreicht haben oder nichts mehr erreichen können muss man Jahr für Jahr rechnen. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied und sollte sich in eine Situation bringen, wo andere Ergebnisse von vornherein unwichtig sind.
In dieser Situation befinden wir uns vor dem großen Showdown in Paderborn. Wir müssen „nur“ gewinnen und klettern dann auf einen Nichtabstiegsplatz, da sich Hannover und Freiburg gegenseitig Punkte wegnehmen. Wir haben es in eigener Hand und sollten jetzt ernten, was wir in den vorigen beiden Spielen säten. Die zuletzt gezeigte (Spiel-)Stärke sollte Mut machen und auch gegen Paderborn zum Erfolg führen. Aber, die Einstellung wird wichtig sein am Samstag. Kleines, enges Stadion, Hexenkessel, Kampfspiel und wenns regnet womöglich auch ein wenig ein Schlammspiel. All das taugt das eine oder andere Mal dazu einer vom spielerischen daherkommenden Mannschaft den Zahn zu ziehen bzw. den Schneid abzukaufen. Was uns vielleicht in die Karten spielen könnte, ist der Ausfall eines Paderborner Schlüsselspielers, hier ein Auszug der VfB Statistikwelt in Facebook: „Daniel Brückner vom SC Paderborn 07 e.V. ist in der kommenden Woche gegen den VfB Stuttgart 1893 e.V. gelbgesperrt. In den zehn Partien ohne Brückner kassierte der SCP im Schnitt 3,1 Gegentore – in den übrigen 23 Saisonspielen mit ihm nur 1,4.“
Klammert man sich in besonders nervenaufzehrenden Zeiten an jeden Strohhalm, so natürlich auch an diesen. Ansonsten kann man die Tabelle drehen und wenden wie man will. Fakt ist, gewinnen wir, sind wir durch, verlieren wir, steigen wir ab, spielen wir unentschieden reicht es höchstwahrscheinlich allenfalls für den Relegationsplatz und das wohl auch nur, wenn der HSV gegen Schalke nicht gewinnt. Was man von Schalke noch erwarten darf, weiß ich nicht so recht. Die Spielersuspendierungen in der letzten Woche brachten nicht den gewünschten Erfolg. Schalke gewann zwar gegen Paderborn mit Ach und Krach 1:0, ließ sich dabei aber von unserem Abschlussgegner teilweise an die Wand spielen, so dass die Fans abermals unseren Chef- und ihren Jahrhunderttrainer Huub Stevens feierten und mit der eigenen Mannschaft und auch Horst Heldt hart ins Gericht gingen. Ob jetzt in Hamburg noch eine Trotzreaktion der Mannschaft, eine Versöhnung mit den Fans zu erwarten ist, bezweifle ich. Dort wird eher jeder froh sein, wenn der Schlusspfiff ertönt und die Saison vorbei ist. Beruhigend für unsere Nerven wäre dennoch, wenn aus Hamburg die Schalker Führung übermittelt werden würde.
Auf der sicheren Seite sind wir aber nur, wenn wir unser Glück selbst in die Hand nehmen und endlich den ersten Auswärtssieg 2015 einfahren. Der VfB muss einfach auf den Platz bringen, dass wir nicht nur die besseren Einzelspieler sondern auch die bessere Mannschaft haben. An Unterstützung wird es nicht mangeln, der kleinste Gästeblock der Liga ist (natürlich) restlos ausverkauft. Bei entsprechender Kapazität könnte man diesen wohl bei diesem Endspiel auch mit 5.000 bis 10.000 VfBlern füllen, so hoch ist derzeit die Nachfrage. Natürlich kommen auch viele jetzt angekrochen, die sich zu diesem Endspiel berufen fühlen, einen sonst aber für verrückt erklären, wenn man zu jedem Kick fährt.
Aber, auch andere, Vielfahrer, gingen leer aus, weil einfach nicht mehr Tickets vorhanden waren. Dies führt zu aberwitzigen „Angeboten“ bei Viagogo und Ebay, von einigen hundert Euro bis hin zu knapp 2.000 Euro für ein Stehplatzticket (Regulärpreis: 15,– €). Ob diese Mondpreise tatsächlich jemand bezahlt oder diese Abzocker auf ihren Karten sitzen bleiben, weiß ich natürlich nicht. Da Karten für den Gästebereich wirklich nur Hartgesottene bekommen haben und damit indirekt anderen echten Fans die Möglichkeit nehmen, bei diesem Finale dabei zu sein, sollte im Grunde jeder, der ein Ticket auf diesem Schwarzmarkt erworben und bei der Kaufabwicklung den Namen des Verkäufers bekommen hat, diesen beim VfB anzeigen, dass solche Leute nach und nach aus dem Verkehr gezogen werden können.
Auch mit knapp 1.500 Away-Fans werden wir für einen Support sorgen, der sich gewaschen hat. Zudem ist mit vielen Anreisenden ohne Karte zu rechnen, so dass wir hoffentlich in Ostwestfalen eine weiß-rote Nichtabstiegsfeier und eine feuchtfröhliche Rückfahrt erleben werden. Ich kann es kaum erwarten, bis wir am Samstag Gewissheit haben. Hauptsache nicht direkt absteigen, notfalls über die Relegation die Klasse halten, auch für diese Busfahrt, ob nach Darmstadt, Kallsruh oder Kaiserslautern, habe ich mich bereits angemeldet. #mirschaffendas, #KampfbiszumSchluss.

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15. Mai 2015

Auf gehts Jungs aus Cannstatt!

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , – Franky @ 21:23

Schön, dass nach Mainz gerade einmal zwei Arbeitstage anstanden und wir die letzten drei Tage mit (VfB-) Freunden im Badischen verbringen konnten. Eine komplette Woche im Geschäft unter Hochspannung wäre sicher schwer zu ertragen gewesen.
Morgen steht er also an, DER Showdown, DAS Abstiegsendspiel oder, wie es der VfB-Tross nennt, das Halbfinale. Die Spannung ist unerträglich, von “so gut wie gerettet” bis “sicher abgestiegen” ist alles möglich. Um diese innere Unruhe und Anspannung bis zum Anpfiff nicht alleine in sich hineinfressen zu müssen, hat der OFC Leintal-Power ’05​ die tradionelle Saisonabschlussfahrt auf dem Partyfloß angesetzt. Jedes Jahr, auch für mich ein, wenn nicht DAS Saisonhighlight, vor allem in Zeiten, in denen Glanzvorstellungen auf dem Rasen zur Rarität geworden sind.
So trifft man sich bereits morgen früh um 8.45 Uhr, um zum Anleger nach LB-Poppenweiler kutschiert zu werden und um dort das Floß zu besteigen. Da man sich nie sicher kann, nicht doch in einen kleinen Stau zu geraten, deckt man sich vorsorglich am Bahnhof Ludwigsburg mit Kaltgetränken ein, so dass der Tag schon einmal einen feuchtfröhlichen Anfang nimmt. Auf dem Floß dann werden, die Erfahrung der letzten Jahre lehrt es, die guten Vorsätze wie “erstmal ein Radler”, “nicht durcheinander trinken” oder “iss was” schnell über Bord in den Neckar geworfen, weil einem doch immer wieder mal unerwartet etwas hingestellt wird und man ja nicht abweisend wirken möchte.
Der Tag nimmt damit also schon einen mehr als launigen Anfang mit sauguten Leuten an Bord. Natürlich dreht sich bei dieser Fahrt fast alles um den VfB, man analysiert, fachsimpelt, sinniert und hin und wieder kommt dann auch die missliche Tabellenlage ins Spiel. Man singt und lacht und genießt das Beisammensein mit Gleichgesinnten. Aber, die Zeit wie auch die Schleusen Aldingen, Mühlhausen, Cannstatt rasen an einem vorbei, so dass ich mir keine kurzweiligere Art des dem Spiel entgegenfieberns vorstellen könnte.
Alle Jahre wieder melde ich mich für die Floßfahrt an, weil es einfach geil ist und weil ich es noch geiler finde, wenn ein Fanclub ein solches außergewöhnliches Event von Fans und für Fans veranstaltet und damit einen Beitrag zum Zusammenhalt und zum besseren Kennenlernen innerhalb der Fanszene leistet. Ich weiß das sehr zu schätzen und halte mir daher den Vormittag des letzten Saisonspiels stets und gerne frei.
Wenn wir nicht gerade in Seenot geraten, die Schleusenwärter streiken oder sonstige unvorhergesehenen Ereignisse eintreten, legen wir etwa drei Stunden vor Spielbeginn in Stadionnähe an und haben einen Großteil der (Warte-) Zeit bereits hinter uns gebracht, so dass es bald ans Eingemachte geht.
Wie schon vor den Siegen gegen Bremen und gegen Mainz heizen DIE FRAKTION​ vor dem Spiel ein und stimmen die Fangemeinde auf den Heimsieg ein.
Dann gehts also gegen den unter Bruno Labbadia wiedererstarkten HSV ins Alles-Oder-Nichts-Spiel. Eigentlich, ich gebe es ehrlich zu, gab es schon Gegner, vor denen ich mehr gezittert habe. Der HSV wäre eigentlich fällig. Schon die Witz-Rettung in der letzten Saison und dann dieser Komödienstadel in dieser, dazu noch dieser Anti-Fußball, der von den Rauten dargeboten wird. Wenns nach all dem ginge, könnte es nur heißen, ab in Liga 2.
Aber: in Sachen Komödienstadel stehen wir dem HSV inzwischen überhaupt nicht mehr nach. Auch, in Sachen verdientem Abstieg, man muss ehrlich bekennen, wer den Schuss letzte Saison nicht gehört hat, wer mit Armin Veh als vermeintlichem Heilsbringen so naiv in die Saison ging, auch der würde eigentlich nach unten gehören.
Trotzdem hoffe ich natürlich, dass wir mit zwei Siegen den Kopf noch aus der Schlinge werden ziehen können. Die Offensive macht derzeit Mut und noch mehr Spaß. Mit dieser Spielfreude, diesen Ideen, den Räumen, die ein Kostic und auch Didavi schaffen, kann dem HSV beizukommen sein. Ein Kostic in der Form vom Mainz-Spiel, spielt dem Westermann Knoten in die Beine, dass dieser noch in der Nacht danach Karussell fährt. Dida wieder auf dem Platz zu sehen tut gut und in der Mitte steht endlich wieder ein Stürmer, der weiß wo das Tor steht. Und auch Harnik, der Mann zwischen Genie und Wahnsinn, ist immer für die eine besondere Aktion gut. Serey Die gegen Mainz wieder bärenstark, bei ihm muss man eben hoffen, dass er von Schiri Gräfe (mein Gott!!!) nicht zu früh gelb sieht.
Die halbe Mannschaft also macht durchaus Mut und sollte in der Lage sein, die Schwächen der Hintermannschaft zu kaschieren oder zu übertünchen und einfach ein Tor mehr schießen als der Gegner. Gegen Mainz sah es doch einigermaßen vielversprechend aus, auch wenn sie nicht allzu sehr gefordert waren, was aber auch am Spiel gegen den Ball der kompletten Mannschaft lag.
Mit einem ähnlichen Willen wie gegen Mainz wird der HSV geschlagen, ohne Wenn und Aber. Ob das gestrige “Affentheater” noch zusätzlich motivierende oder eher hemmende Wirkung hat, wird man sehen. Ich unterstütze Stevens, diesem Haufen auch mal in den Allerwertesten zu dappen, wenn sie nach einem Sieg schon wieder auf Wolke sieben schweben und den Ernst der Lage verkennen. Es kann ja auch kein Zufall sein, dass wir bald zwei Jahre lang keine zwei Siege in Folge einfuhren. Die Wortwahl mutet merkwürdig an, kann aber natürlich Sprachproblemen geschuldet sein.
Der zweite Sieg in Folge muss jetzt zweifellos her, jede Serie geht einmal zu Ende. Die Vorzeichen sind doch klasse. Rückenwind vom Sieg gegen Mainz, volles Haus und eine mit Sicherheit unschlagbare Atmosphäre und die Chance eine verkorkste Saison aus eigener Kraft noch retten zu können.
Ein Abstieg wäre verheerend. Natürlich beschwören ihn einige fast herbei, “weil sich ja sonst doch nix ändert”, weil die Vereinsführung offensichtlich aus gröbsten Fehlern nichts lernt und man in gewisser Weise zu seinem Glück gezwungen werden will. Aber, was soll heilend sein bei einem Abstieg? Mit 1975 sind die Ligen nicht mehr zu vergleichen. Abgesehen davon, dass es noch zwei zweite Ligen gab und es der VfB dennoch erst im zweiten Jahr schaffte, wieder hoch zu kommen, würde es ungleich schwerer. Spieler wie Dieter Hoeneß, K. H. Förster, Hansi Müller und viele andere mehr konnten sich fast unbeobachtet zu Nationalspielern entwickeln, die Medienpräsenz war eine andere, Internet und Privatfernsehen gab es noch nicht. Heutzutage kennt europaweit jeder unsere Talente bis mindestens zur B-Jugend hinab, so dass die Geier ein und aus gehen würden, um die Jungs von anderen Vereinen überzeugen und abwerben zu wollen. Wie oben aufgeführt, haben wir schon ein paar vielversprechende Spieler, die ich so langsam in mein Herz schließe, die wären dann alle weg. Uns würde gerade bleiben, was die Anderen nicht wollen,nicht die besten Voraussetzungen, um gleich wieder hoch zu kommen.
Dutt ist so oder so gefordert im Sommer, der Umbruch muss her, Spielern, die uns bereits jahrelang nicht weiter bringen, muss der Abgang nahegelegt werden, ohne Rücksicht auf irgendwelche vermeintlichen Verdienste oder Identifikation mit dem Verein. Diese haben wir alle, jedoch ohne uns Woche für Woche auf den Platz zu stellen.
Soll heißen, der Abstieg muss unbedingt vermieden werden, um nicht um Jahre bis Jahrzehnte zurückgeworfen zu werden.
Daher, morgen alles geben, alles aus sich herausholen, forza VfB. Bin heiß wie Frittenfett.

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4. Mai 2014

Gerade nochmal gutgegangen!

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , , , – Franky @ 13:25

Seit gestern, dem 03. Mai 2014, 17.21 Uhr, steht fest, der VfB gehört auch in der Saison 2014/2015 zum elitären Kreis der Bundesligisten. Trotz der wieder einmal in der Schlussminute eingefangenen Niederlage gegen den VfL Wolfsburg ist Platz 15 eingemeißelt.
Gut, es soll vor dieser Saison der eine oder andere vom internationalen Geschäft gefaselt haben, gar von der Championsleague träumten manche. Die Realität holte uns jedoch schnell ein. Den vermeintlichen Vorteil, im Gegensatz zu den Vorjahren, dass relativ frühzeitig der Kader für die Saison stand, wurde gleich verspielt, indem Bruno Labbadia überhaupt nicht daran dachte, die Vorbereitung zu nutzen, um eine Stammmannschaft einzuspielen. In nahezu jedem Vorbereitungsspiel würfelte Labbadia eine Aufstellung aus und wechselte in der zweiten Halbzeit auch noch komplett durch. So stand von Anfang an keine eingespielte Truppe auf dem Platz, der eine wusste nicht, was der andere machte. Die ersten Pflichtspiele gegen Plovdiv und den BFC Dynamo wurden mehr schlecht als recht erledigt, in den Playoffs gegen Rijeka war international bereits Endstation. Nicht nur, dass man dem deutschen Fußball in Bezug auf die 5-Jahreswertung einen Bärendienst erwies, stand der VfB mit einem Kader, der auf drei Wettbewerbe ausgerichtet war, plötzlich vor einer Saison, in der (nach dem Ausscheiden aus dem DFB-Pokal in Freiburg) „nur“ noch das Alltagsgeschäft Bundesliga zu bewältigen war.
Labbadia, dem Trainer von Bobic‘ Gnaden, der, obwohl heftig in der Kritik stehend, obwohl er ständig über das hiesige Umfeld bruddelte, der für einen „Fußball“ stand, der dem an und für sich schönen Sport in nichts ähnelte, trotz aller Zweifel, trotz brodelnder Stimmung im Umfeld, wurde dieser Labbadia von Bobic kurzerhand mit einem hochdotierten 3-Jahres-Vertrag ausgestattet, um ein halbes Jahr später doch zu der Erkenntnis zu gelangen, dass Labbadia hier fertig hatte.
Es folgte Thomas Schneider, der B-Jugend-Trainer, der zunächst einen guten Start hinlegte. Manche munkeln, dass er in der Anfangszeit noch von der Ordnung, die unter Labbadia durchaus herrschte, profitiert hatte. Je mehr er dann aber selbst verantwortlich zeichnete, desto katastrophaler wurden die Auftritte. Die ersten sieben Bundesligaspiele noch ungeschlagen, wobei am Ende der Serie drei unnötige Unentschieden gegen Bremen, in Hamburg und gegen Nürnberg dabei waren, folgte das 1:6 in Dortmund, das noch unglücklich zustande kam. 1:0 geführt, einen Elfer, der das 2:2 bedeuten hätte können, kurz vor der Pause nicht bekommen und dann abgeschossen worden. Danach gewann man vor der Winterpause noch in Freiburg und gegen Hannover 96, lieferte aber auch grottenschlechte Spiele ab, wie bspw. auf Schalke. Mit 18 Punkten ging man in die Winterpause, schon damals erinnerte ich daran, dass dies die Bilanz eines Abstiegskandidaten ist und lediglich dadurch kaschiert wurde, weil es eben noch ein paar noch schlechtere Mannschaften in der Liga gab.
Das Trainingslager in Südafrika ließ man sich von der DFL sponsern, über den sportlichen Wert konnte schon damals trefflich gestritten werden. Im Verlauf der weiteren Runde offenbarte sich dann, dass man die Hausaufgaben nicht machte. Der VfB kam aus der Winterpause nicht verbessert und machte dazu auch keinen austrainierten Eindruck. Es begann die Serie der späten (Joker-) Gegentore und der „unglücklichen“ Niederlagen. Der Verdacht erhärtete sich, dass Schneider zwar ein guter B-Jugendtrainer sein mag, einer ausgebufften Profitruppe jedoch nicht vermitteln kann, worauf es ankommt. In der B-Jugend dauern die Spiele lediglich 80 Minuten und nach diesen 80 Minuten stellte der VfB regelmäßig den Spielbetrieb ein. Dazu kam, dass es Schneider nicht schaffte, Disziplin in den Haufen zu bekommen. Die einen waren weitaus mehr Könige der Nacht als auf dem Platz, andere wie Ibisevic tanzten Schneider auf der Nase herum und erkannten ihn nicht als ihren Chef an. Hier hätte Schneider, schon lang vor Ibisevic Undiszipliniertheit gegen Augsburg, Exempel statuieren und ein solch vereinsschädigendes Verhalten unterbinden müssen. Schneider war für das Haifischbecken Bundesliga offensichtlich zu nett und glaubte an das Gute im Spieler, nämlich, dass die lange Leine irgendwann mit Leistung zurückgezahlt werden würde. Weit gefehlt! Auch nach seinem Platzverweis war Ibisevic ein Fremdkörper im Spiel und regelmäßig ein Totalausfall auf dem Platz. Offensichtlich „arbeitete“ er daran, wie schon bei seinen vorigen Stationen auch, für sich gewinnbringend das Trikot wechseln zu dürfen. Eines hat er jetzt schon geschafft, von uns Fans will ihn kaum einer mehr beim VfB sehen. Der Verein muss nun Verhandlungsgeschick beweisen und ihn nicht (wie viele andere vor ihm) weit unter Wert abgeben.
Schneider hat es also verpasst, sich als Bundesligatrainer zu beweisen. Schon seit Leverkusen, der dritten „unglücklichen“ Niederlage binnen einer Woche, war es mir klar, dass wir mit Schneider kein Spiel mehr gewinnen würden und der Verein zum zweiten Mal in dieser Saison zum Handeln gezwungen sein würde.
Man sagt ja „lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“, dennoch hat sich der VfB lang davor gescheut, seine Entscheidung pro Schneider als Fehlentscheidung zuzugeben. Erst nach dem 2:2 gegen Braunschweig zog man erneut die Reißleine und installierte den eine Woche zuvor bei PAOK Saloniki geschassten Huub Stevens als Cheftrainer.
Für mich einerseits viel zu spät, andererseits hätte man Stevens kaum früher bekommen. Dass nach Schneider, der vieles einfach laufen ließ, auch das, was nicht lief, ein erfahrener Mann kommen musste, der Disziplin in den Laden bringt, war mir klar. Daher stand ich von Anfang an hinter der Entscheidung, auch wenn es mir zu Beginn schwer fiel, Stevens losgelöst von seiner Schalker Vergangenheit zu sehen, für die er steht wie kaum ein anderer. Erstmals in dieser Saison verspürte ich in mir so etwas wie Aufbruchsstimmung, auch wenn das Kapitel Schneider zu sehr in die Länge gezogen wurde. Seit Christian Gross hatte ich zum ersten Mal wieder ein gutes Gefühl, was unseren Cheftrainer anging. Ich war sehr skeptisch, ob der Schnitt nicht zu spät erfolgte und mir nicht sicher, ob Stevens zaubern und die Mannschaft von heute auf morgen wieder in die Spur bringen könnte. Als Indiz der in mir geweckten Aufbruchsstimmung wollte ich mir die erste Trainingseinheit des „Retters“ nicht entgehen lassen und war von seiner Präsenz auf Anhieb angetan. Klare Anweisungen auf dem Platz, neue Trainingsformen und Vertreter unserer Spaßfraktion, wie Traore, Boka und Maxim, die voll bei der Sache waren und sich nicht getrauten, ihre üblichen Faxen zu machen. Er brachte sofort Zug und Konzentration rein. Stevens ist ein Disziplinfanatiker, bezeichnend, dass er vor Vormittagseinheiten ein gemeinsames Frühstück einführte, weil er früh erkannt hat, dass es einigen Spielern an der nötigen Professionalität fehlt(e).
Das erste Spiel in Bremen brachte ein Remis, über das man sich nicht freuen konnte, weil uns abermals ein später Ausgleichstreffer um den verdienten Lohn brachte. „Verdient“ setze ich mal in Ausrufezeichen, weil es wieder die alte Leier war. Nach eigener Führung zu wenig getan, die letzte Gier, die Führung auszubauen, ging uns schon einige Zeit ab. Dramatisch, dass wir zu allem Überfluss aufgrund des HSV-Sieges auf Platz 17 zurückfielen.
Was folgte, war dennoch ein klarer Aufwärtstrend. Überlebenswichtige und erzitterte Siege gegen den HSV und Freiburg, eine knappe Niederlage gegen den Vizemeister BVB nach 2:0-Führung, Punktgewinne in Gladbach und Hannover, dazwischen der eindrucksvolle 3:1-Sieg gegen Huub’s Ex-Verein Schalke. Lediglich die 0:2-Niederlage in Nürnberg war ein heftiger Ausrutscher nach unten. Nürnbergs einziger Sieg aus den letzten 10 Spielen und eine ganz schwache Vorstellung unseres VfB. Auf der Heimfahrt in die Nacht, es war ja ein Mittwochabend-Spiel, hätte ich keinen Pfifferling auf den VfB mehr gesetzt. Diese Saison bot viele Tiefpunkte, dieser tat aber richtig weh.
Da wir mittlerweile aber einen Fußballlehrer auf der Kommandobrücke haben, arbeitete er diese Niederlage schonungslos auf und zog die richtigen Schlüsse. Der dauerverletzte Daniel Didavi, der sich die Wochen davor Spielpraxis bei den Amateuren holte, stand gegen den BVB völlig überraschend in der Startelf, genauso wie der im Winter verpflichtete Ecuadorianer Carlos Gruezo. Stevens hat hier zwei aus dem Hut gezaubert, mit denen wohl keiner (mehr) ernsthaft gerechnet hatte. Interessant, dass Stevens in Gruezo den einzigen „richtigen“ Sechser im Kader sieht und damit indirekt und offen die Kaderzusammenstellung unseres Vorstands kritisiert hat. Seit diesen personellen Maßnahmen war die nötige Stabilität zurückgekehrt und die Auftritte wurden ansehnlicher. Dass das Selbstvertrauen noch immer nicht zurück gekehrt ist, merkte man in den Auswärtsspielen in Gladbach und Hannover, wo man die Siege, die auf dem Silbertablett bereit lagen, nicht holte. Auf der anderen Seite haben wir diese Spiele auch nicht verloren, was Wochen zuvor sicherlich passiert wäre, ein Indiz zurückgekehrter Stabilität.
Der Punkt in Hannover war letztlich der entscheidende im Kampf um den Klassenerhalt. Anfangs war ich enttäuscht über das 0:0 am Freitagabend, auf der anderen Seite wies ich aber auch darauf hin „abwarten, was der Punkt noch wert sein kann“. Durch die Ergebnisse, die dann samstags und sonntags folgten waren wir faktisch gerettet, auch wenn der Teufel ein Eichhörnchen ist, und man sich nie sicher sein darf, solang rechnerisch noch etwas passieren kann.
Daher waren wir gut beraten, die neu erweckte Heimstärke auch gestern zu zeigen und selbst den noch fehlenden Punkt zu holen, um sich nicht auf die Bayern verlassen zu müssen, die nach der Klatsche gegen Real Madrid beim HSV Charakter zeigen mussten. Für uns ging es gegen die Millionentruppe von VW Wolfsburg, die noch um die CL-Qualifikation kämpfen. Leider zeigten die Wölfe recht früh, welche Substanz in ihrer zusammengekauften Truppe steckt und das Geld eben manchmal doch Tore schießt. De Bruyne erzielte nach einer knappen Viertelstunde das 0:1. Danach plätscherte das Spiel vor sich hin. Wolfsburg zeigte die bessere Spielanlage, dem VfB fehlten die Mittel richtig dagegen zu halten. In der zweiten Halbzeit war der VfB besser im Spiel, kam auch zum Ausgleich, um in der Schlussminute doch noch, nach haarsträubendem Fehler vom eingewechselten Boka, den Nackenschlag zum 1:2 hinnehmen zu müssen.
Nach dem Spiel verabschiedeten sich Traore, Boka und Cacau, die den Verein verlassen werden, von den Fans. Traore blühte unter Stevens auf und hat gewiss seinen Anteil am Klassenerhalt. Dennoch weine ich ihm keine Träne nach, steht er doch maßgeblich für ein abgehobenes Söldnertum. Ein Spieler, der die Realität nicht kennt, wie Otto Normalbürger sein tägliches Leben zu meistern hat, stellt sich hin und möchte ernsthaft glauben machen, dass er mit zwei Millionen Euro Jahresgehalt, Probleme sähe seine Familie zu ernähren. Ein Spieler, der die eigenen Fans mehrfach beleidigt hat, weil das Publikum grottenschlechte Darbietungen nicht goutiert hat, sondern in seinen Augen die Frechheit besaß, den Unmut in Form von Pfiffen kundzutun. Auch sein Abgang von Augsburg war schon unrühmlich, in Zukunft muss der Verein einfach mehr auf den Charakter der Spieler schauen und zukünftige Zugänge in dieser Hinsicht durchleuchten. Wie bei Ibisevic wiederholt sich auch bei ihm Geschichte. Mönchengladbach wird sicherlich auch eines Tages diesbezüglich seine helle Freude an ihm haben.
Arthur Boka, dem man schon letztes Jahr „nur“ einen leistungsbezogenen Einjahresvertrag gab, verlässt den VfB nach acht Jahren. In diesen acht Jahren wechselten regelmäßig Licht und Schatten ab, unumstrittener Stammspieler war er selten. Links hinten für mich falsch aufgehoben, da er defensiv große Schwächen hat, was er gestern wieder unter Beweis stellte. Anfangs mit Ludovic Magnin, später mit Molinaro hatte er stets gute Konkurrenz auf der Position und konnte sich selten festspielen. Im linken offensiven Mittelfeld hatten wir meistens bessere, so machte er für mich die besten Spiele in der letzten Saison neben Kvist auf der Doppel-Sechs. Ich mochte ihn trotzdem, ein schillernder Paradiesvogel, aber auch ein Kämpfer, dem ich für die Zukunft in Málaga alles Gute wünsche.
Und, schließlich, nach elf Jahren wird uns auch Cacau verlassen. „Time to say goodbye“, irgendwann ist eben für jeden Schluss. Man kennt die Interna nicht, man weiß nicht, welche Gehaltsvorstellungen Cacau noch hatte, klar ist, die 3,5 Millionen Jahressalär, die er seit seinem letzten Vertragspokerhickhack, als er quasi schon einmal weg war, einstreicht, durfte man ihm bei weitem nicht mehr geben. Ob er einen großen Wert für den Zusammenhalt in der Mannschaft besitzt und er somit weiterhin wertvoll gewesen wäre, auch da habe ich meine Zweifel. Gerade nach seinem Sommermärchen 2010 machte er eher den Eindruck eines Egomanen und steckte förmlich mit seiner schlechten Laune an, wenn es nicht wunschgemäß lief. Zudem war er in letzter Zeit viel und langwierig verletzt und hat nicht mehr die Spritzig- und Schnelligkeit, die im modernen Fußball gefordert ist. Daher ist der Abschied für mich nachvollziehbar und richtig. Ihn durchzuschleppen, „nur“ weil er ein verdienter Spieler ist, halte ich für falsch und finanziell unverantwortlich. Nun wünsche ich ihm, dass er bei der Vereinswahl ein glückliches Händchen hat und noch einmal aufblühen wird. Ihm wird eine Luftveränderung sicherlich gut tun und, wer weiß, vielleicht sehen wir ihn ja in absehbarer Zeit in unserem Trainerstab wieder.
Ich hoffe, dass dies nicht die einzigen Abgänge sein werden. Der Kader gehört runderneuert. Abdellaoue steht angeblich vor einer Rückkehr nach Hannover, Sakai hat gestern wieder seine Bundesligauntauglichkeit unter Beweis gestellt, was Sararer kann oder auch nicht, nach diesem Jahr bin ich nicht schlauer, auch einige andere dürften auf der Kippe stehen. Allerdings hoffe ich, dass keine weiteren unumstößlichen Tatsachen geschaffen werden, bevor feststeht, welcher Trainer in der nächsten Saison das Zepter schwingen wird.
Nach Feiern ist mir heute nicht zumute. Erleichterung ob des geschafften Klassenerhalts ist vorhanden, mehr aber auch nicht. Zu enttäuscht bin ich über die Fehlentwicklungen in den letzten Jahren. Die Aufbruchsstimmung, die vor Jahresfrist vorhanden war, ist verpufft und einer Ernüchterung gewichen. Bernd Wahler muss sich jetzt beweisen, muss seinen großen Worten Taten folgen lassen. Es gehört von oben nach unten aufgeräumt. An erster Stelle wird sich Fredi Bobic erklären müssen. Die Vertragsverlängerung mit Labbadia, fehlende Transfererlöse, wenn man Spieler lieber ablösefrei gehen lässt, anstatt rechtzeitig Verträge zu verlängern oder Spieler zu verkaufen, da fehlt ihm die Weitsicht. Seine Nähe zur Mannschaft und damit ein Stück weit das untergraben der Autorität des Trainers unter Labbadia und Schneider fand ich schon lang schädlich. Daher nicht verwunderlich, dass er seit Stevens‘ Amtsantritt von der Tribüne aus und nicht mehr von der Bank die Spiele verfolgt. Uns dann weiszumachen (oder auch vorlügen), er hätte von oben den besseren Überblick, ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten.
Dann hat er in den nunmehr fast vier Jahren seines Wirkens nach und nach altbewährte Kräfte durch eigene Spezies ersetzt, die dankbar für den lukrativen Job sind und es nicht wagen würden, ihrem Gönner zu widersprechen und kontrovers zu diskutieren. Wie man hört soll es eine Streitkultur an der Mercedesstraße nicht mehr geben, aufkeimende Kritik einfach abgeschmettert werden. Es gibt niemanden, der (Entscheidungen von) Bobic kontrolliert und vor allem mit ihm auf Augenhöhe diskutieren könnte. Hier hat sich Bobic eine Machtfülle geschaffen, die dem VfB schadet. Sein Vorstandskollege Ruf, der noch heute, im Jahr 2014, auf die Dienste eines Computers verzichten soll, sehnt langsam aber sicher seine Rente herbei und wird einen Teufel tun, durch Querdenken und Aufbegehren seinen Posten zu riskieren.
Auch im Aufsichtsrat stehen Veränderungen an. Das bisherige Gremium zeichnet sich durch eine Ja-Sager-Mentalität und wirtschaftliche (Eigen-) Interessen aus, und dient nicht unbedingt immer dem Wohle des VfB. Ich hoffe, der VfB hat endlich mal den Mut, auch unbequeme Leute wie Karl Allgöwer einzubinden und nicht nur die einen Schulterklopfer durch andere zu ersetzen. Guido Buchwald steht ja zur Debatte. Nichts gegen unseren Diego, ob er aber einer wäre, der unbequeme Wahrheiten ausspricht und sie auch knallhart vertritt, da habe ich meine großen Zweifel.
Die Mitgliederversammlung jedenfalls dürfte interessant werden. Der VfB täte gut daran, sich bis dahin neu aufgestellt zu haben, wenn nicht, dürfte die MV recht turbulent werden.
Ich weiß nicht, ob jemals schon 32 Punkte zum Klassenverbleib gereicht haben. Diese Bilanz ist für einen Verein wie den VfB erbärmlich und nur dazu ausreichend den Worst Case Abstieg abzuwenden, weil es drei noch blindere Mannschaften in der Liga gibt.
Die Fehlentwicklungen der letzten Jahre müssen nun schonungslos aufgearbeitet werden. Für mich steht und fällt vieles mit der Trainerfrage. Möchte Stevens weitermachen? Dann wäre meiner Meinung nach alles andere als eine Vertragsverlängerung mit ihm schwer vermittelbar. Es kann aber natürlich auch sein, dass er das Engagement von Anfang an als Kurzzeitbeschäftigung angesehen hat, eine erkleckliche Nichtabstiegsprämie einstreicht und sich dann verabschiedet, um mit mittlerweile 60 Jahren kürzer zu treten und das Leben mit seiner Frau genießen zu können. Das müsste man natürlich respektieren.
Sollte er hier aber Blut geleckt haben und weiter machen wollen, bin ich hundertprozentig für eine Verlängerung mit Stevens. Er hat einen Plan und weiß, was zu tun ist. Könnte er bei der Kaderplanung mitwirken, hätte ich ein gutes Gefühl, weil er sicherlich schon jetzt im Kopf hat, welche Mosaiksteinchen fehlen, um eine Mannschaft auf den Platz zu schicken, die eine bessere nächste Saison hinlegen kann. Zudem gefällt mir Stevens als Typ. Klare Worte, ein wenig Ironie und vor allem authentisch.
Wenn Stevens nicht mehr möchte, böte dies auf der anderen Seite die Chance für einen Neuanfang. Unser Meistertrainer Armin Veh wäre wieder frei, zum 1.7. könnte man notfalls auch jemanden aus einem bestehenden Vertrag holen.
Wichtig ist, ab heute, wo Planungssicherheit herrscht, müssen die Weichen in die Zukunft gestellt werden und das möglichst schnell und trotzdem mit Bedacht und Weitsicht.
Planspiele, wie vor Wochen kolportiert, mit Rangnick als Sportdirektor und Tuchel als Trainer haben für mich einen großen Charme. Dabei stellt sich die Frage, was Rangnick als Supervisor bei Redbull noch vor hat. Salzburg ist überlegen Meister, Leipzig steigt auf, wenn sie die Auflagen der DFL erfüllen können, was ich nicht hoffe!
Hat er damit seine Ziele erreicht oder ist er erst fertig, wenn er den nächsten Retortenclub in die Bundesliga geführt hat? Ist für ihn Geld alles oder ist seine Heimatverbundenheit und Liebe zum VfB größer?
Vor der Saison posaunte Bobic in die Welt hinaus, dass er sich an diesem Kader messen lassen würde, was ihm jetzt (zu Recht) um die Ohren gehauen wird. Seit er bei uns das Zepter schwing, ging es kontinuierlich bergab. Zuletzt fehlte ihm das glückliche Händchen in Trainerentscheidungen und Spielerverpflichtungen. Fehlentscheidungen, gepaart mit einer Beratungsresistenz sind eine explosive Mischung.
Wenn jetzt Tacheles geredet wird, muss die Personalie Bobic auf die Tagesordnung und über eine Ablösung nachgedacht und ggf. auch vollzogen werden. Er ist schließlich das Gesicht des VfB und somit auch das Gesicht des Niedergangs. Diese Saison und das glückliche Ende sollten der rechtzeitige Schuss vor den Bug gewesen sein, so weiter machen wir bisher, können sie nicht mehr auf dem Wasen, was ja auch schon Wahler vor einiger Zeit zum Besten gab. Jetzt kommt die Zeit des Handelns, Wahler, mach es!
Heute mache ich mal den Guardiola und erkläre die Saison für beendet. Aufgrund einer Familienfeier wird München mein einziges Auswärtsspiel in dieser Saison sein, das ich verpassen werde. Das Bedenkliche daran: es fällt mir überhaupt nicht schwer. Abgesehen von der sportlichen Bedeutungslosigkeit des Kicks, ist München eines meiner unbeliebtesten Stadien überhaupt. Dazu noch als Staffage für die Meisterfeierlichkeiten zu dienen, darauf habe ich schlicht und einfach keine Lust. Diese Saison hat Nerven gekostet, jetzt kann man (als Fan) zum gemütlichen Teil übergehen und gespannt sein, wie es beim VfB weitergehen wird.

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