13. Dezember 2016
Nach der Rückkehr aus Aue und den Erlebnissen dort und bei den anderen Auswärtsspielen im Laufe dieser 2. Liga-Saison machte sich (zugegeben scherzhaft) in der Woche eine Stimmung breit, ob es nicht viel schöner wäre, in den Niederungen der 2. Liga weiterhin zu verweilen und der Bundesliga nicht besser die kalte Schulter zu zeigen.
Hier ist Tradition Trumpf, hier riecht man noch den Schweiß der Spieler, hier wirkt alles improvisiert und nicht auf Hochglanz getrimmt, hier ist das Stadionbier günstiger, die Wurst vom ortsansässigen Metzger und nicht vom überregionalen Caterer, hie und da backt die Präsidentengattin noch den Kuchen und der Spirelli-Topf in Aue ist hausgemacht.
Die 2. Liga rockt, die 2. Liga ist wirklich geil. Man kassiert höchstens alle zehn Spiele eine Klatsche wie jene in Dresden, man fährt nicht alle zwei Wochen wie ein gebeutelter Hund von einem Auswärtsspiel zurück. Da die Qualität in der Liga schwer zu wünschen übrig lässt, gewinnt man viele der schlechteren Spiel, so dass man beinahe dauergrinsend durch diese neue Zweitliga-Welt huscht.
Außerdem, auch wichtig für die geschundene VfB-Seele, wir haben noch nicht einmal Weihnachten und der Klassenerhalt ist schon beinahe perfekt. Wann gab’s das zuletzt?
Einziger Wermutstropfen sind die fanunfreundlichen Anstoßzeiten, die es vor allem den auswärtigen VfBlern schwierig machen, alle Spiele besuchen zu können. Und doch war das Neckarstadion für ein Montagabend-Spiel auch gestern wieder respektabel gut gefüllt.
So stellt sich durchaus die Frage, ob wir diese geile Welt wegen eines Aufstiegs im Mai schon wieder verlassen wollen, oder ob wir es uns doch nicht lieber im Unterhaus länger bequem machen sollen.
Schon einige Jahre wurden wir VfB-Fans von einem Übergangsjahr zum nächsten vertröstet, um uns später eintrichtern zu lassen, dass der brutalen Qualität der Liga mehr Demut entgegenzubringen sei und wir uns vor Augen führen sollten, wo wir denn her kommen. Es wurden keine sportlichen Ziele mehr ausgegeben und das Geld stand über der Qualität der Mannschaft. Die einzigen Ziele waren auf Verhinderung ausgerichtet, nicht aber darauf, etwas erreichen zu können.
Ich hatte verstanden, seit geraumer Zeit wurde für mich der sportliche Erfolg immer zweitrangiger, Hauptsache, ich hatte Spaß. Da die fußballerischen Darbietungen diesen selten brachten, waren die Hin- und Rückfahrten und das Meet and Greet mit den Leidensgenossen am Stadion die eigentlichen Highlights der Touren mit dem VfB. So erlebte ich die Bundesliga in den letzten Jahren, nun, in der 2. Liga ist der Spaß am Drumherum geblieben, durch die gestiegene Anzahl von Siegen kam allerdings der Spaß im Stadion und am Fußball zurück, wie geil ist das denn?
Möchte ich diese neuen Glücksgefühle wirklich aufs Spiel setzen? Wieder zurück in die Hochglanzliga, in der es bei der Hälfte der Spiele nur noch um die Höhe der Niederlage geht? Wo mittlerweile bald 30 Punkte als die erstrebenswerte Marke gelten, weil das die Punkte sind, die sich die wenigen Abstiegskandidaten untereinander abnehmen?
Nein, will ich nicht! So jedenfalls nicht. Wenn der VfB aufsteigt, muss gewährleistet sein, dass man sich auch noch von den allerletzten Altlasten befreit hat, dass eine spielintelligente Truppe die Vorgaben des Trainers umsetzt, sie hungrig ist und auch in Drucksituationen mit dem Ball umzugehen weiß. Dem bisherigen Saisonverlauf nach zu urteilen sind wir davon meilenweit entfernt, so dass ein Aufstieg zu früh käme, wenn nicht in der Winterpause (und im Sommer nochmal) radikal nachgebessert wird.
Der VfB versucht seit geraumer Zeit durch Regionalversammlungen und #vfbimdialog näher an die Fans heranzurücken und fährt seit der Mitgliederversammlung einen bemerkenswerten Kuschelkurs.
So stimmt man nun in den Tenor mit ein, dieser geilen Liga nicht zwangsläufig nach nur einem Jahr schon wieder den Rücken zukehren zu müssen. Christian Gentner hat das noch nicht ganz verstanden, wenn ihm Platz zwei erstrebenswerter erscheint, als der Platz an der Sonne, denn, auch als Zweiter „müsste“ man wieder hoch. Und selbst der neue Präsident Dietrich verkündete jüngst, ein zweites Jahr in der Traditionsliga wäre überhaupt kein Problem. Dann sind wir uns ja einig!
Die Mannschaft, die gegen Hannover 96 auf dem Platz stand, nahm diese Steilvorlage dankend an und legte ein Kollektivversagen vom Feinsten an den Tag. Wie immer, wenn man die Zügel zu locker lässt und die Truppe für irgendetwas lobt, greift sie wieder um sich, die alte Bequemlichkeit.
Weshalb auch den Schwung mitnehmen und gegen 96 einen Bigpoint im Kampf um den Aufstieg landen? Da blamiert man sich doch lieber zur Prime-Time vor ganz Fußball-Deutschland bis auf die Knochen und liefert weitere Argumente, weshalb man einfach Angst haben muss, lediglich als Kanonenfutter für die „Großen“ aufzusteigen.
Ich möchte die Leistung der Niedersachsen in keinster Weise schmälern, an deren verdientem Sieg gibt es überhaupt nichts zu deuteln.
Und doch hätte man mit einer derartigen Auf- und Einstellung wohl gegen jeden anderen Ligakonkurrenten auch verloren. Vom VfB sah man nichts, aber auch rein gar nichts, was es rechtfertigen würde, Ansprüche auf die Aufstiegsplätze zu erheben. Das komplette Spiel war gespickt von Stock- und Abspielfehlern, ich kann mich an keinen gut vorgetragenen Angriff erinnern, alles nur Stückwerk und auf Kommissar Zufall ausgerichtet. Obwohl die Temperaturen weiß Gott nicht so frostig waren wie zuletzt gegen den Club und in Aue wirkte es auf mich, so, als wären einige Protagonisten auf dem Platz festgefroren, weil sie den Aktionsradius einer Schildkröte an den Tag legten und dem Hannoveraner Pressing nichts entgegen zu setzen hatten.
Kapitän Gentner (wenigstens in dieser Statistik geht er vorneweg) fabrizierte fast doppelt so viele Fehlpässe wie der Zweite in dieser unrühmlichen Rangliste und hätte bereits während der ersten Hälfte ausgewechselt gehört, weil er einfach völlig neben sich stand. Immerhin, sein Ziel, Platz zwei, hat er an diesem Abend erreicht.
Das Paradoxon war dann schließlich, dass wir trotz dieser unterirdischen Darbietung gar noch gewinnen hätten können, wenn Daniel Ginczek seine Hundertprozentige kurz nach seiner Einwechslung verwertet hätte. Dies wäre des Guten eindeutig zu viel gewesen, wenngleich wir natürlich auch einen unverdienten Sieg dankend mitgenommen hätten. Aber, auch ein Punkt wäre Gold wert gewesen, um Hannover in der Tabelle auf Distanz zu halten.
Ob diese Denke, dass ein Punkt gegen „die Angreifer von der Leine“ durchaus genug sein würde, Hannes Wolf zu dieser vorsichtigen, um nicht zu sagen ängstlichen Aufstellung veranlasste? Die Vermutung liegt nahe. Wir begannen mit einer Fünfer-Abwehrkette, die bei Ballbesitz zu einer Dreier-Kette werden sollte und opferten dafür einen (kreativen) Zehner.
Ob Özcan oder Maxim, einen ballsicheren Mann mit Spielmacherqualitäten hätte es gebraucht, um selbst initiativ zu werden und nicht ständig am hinterherlaufen zu sein. Wenn dann auch noch Großkreutz und Insúa einen rabenschwarzen Tag erwischen, Zimmermann wie Falschgeld herumläuft und Gentner nur durch Ballverluste auffällt, läuft das Spiel von Beginn in die falsche Richtung.
Schon die frühe Führung resultierte mehr aus einem glücklichen Gestochere heraus, als dass der Treffer herausgespielt gewesen wäre und war zu diesem Zeitpunkt bereits glücklich.
Harnik hatte kurz davor die Chance zur Führung, als Großkreutz das Abseits aufhob, er jedoch über seine eigenen Beine fiel. Dass er bei dieser Aktion hämisch ausgelacht wurde, war zu erwarten, stachelte ihn jedoch zusätzlich an, so dass er kurze Zeit später zur Stelle war und den Ausgleich markierte.
Ich kann wenig damit anfangen, dass nahezu jeder Ex-Spieler von uns, wenn er auf der anderen Seite aufläuft, gnadenlos ausgepfiffen wird. Mir ist er in dem Moment egal wie jeder andere Spieler des Gegners auch. Dass man einigen Spielern, die mit dem VfB abgestiegen sind und nur deshalb das Weite suchten, Söldnertum vorwirft und sie in Stuttgart nicht mehr wohlgelitten sind, ist verständlich. Aber, bei Martin Harnik ist der Fall eben anders gelagert, weil sein Vertrag ausgelaufen war und es bereits vor dem Abstieg feststand, dass dieser nicht verlängert wird, was nicht (nur) von Harnik ausging. Man wurde sich nicht mehr einig, ein ganz normaler Vorgang im Bundesligageschäft also.
Nach dem Ausgleich hatte Asano noch eine Großchance in der ersten Halbzeit und Ginni die schon erwähnte in der zweiten, das war es dann aber auch schon mit der offensiven VfB-Herrlichkeit an diesem gebrauchten Tag.
Da die Partie in der zweiten Spielhälfte mehr und mehr verflachte, freundete man sich schon mit der Punkteteilung an, wenngleich ich stets den Eindruck hatte, wenn noch ein Tor fällt, dann eher für Hannover.
Doch dann kam schließlich der große Auftritt von Mitch Langerak. Bei #vfbimdialog stellte „mein“ Fanclub-Präsi an Hannes Wolf die Frage, weshalb Mitch Langerak seine Abschläge „immer“ ins Aus befördere, ob denn das nicht trainiert würde. Dass Wolf darauf nicht antworten und öffentlich keine Einzelkritik betreiben würde, war klar, von daher war diese Frage eigentlich überflüssig.
Und doch muss der Mitch #vfbimdialog geschaut und sich in seiner lockeren australischen Art gesagt haben: O. K. Gesagt, getan, in besagter 87. Spielminute schlug Langerak die Kugel nur knapp an die Auslinie und fand dort Alexandru Maxim. Dieser, offensichtlich verdutzt, weil die Kugel ankam und generös wie er ist, war der Ansicht, Langerak habe eine zweite Chance verdient und spielte den Ball zurück. Da an diesem Abend wenig wirklich mit Fußball zu tun hatte, missriet auch diese Rückgabe, so dass Karaman dem abgefälschten Ball hinterher sprintete und Langerak ihn von den Beinen holte.
Dann folgte der Total-Blackout des ansonsten gut haltenden Australiers. Der Elfmeterpfiff blieb zur Verwunderung Aller aus, doch das realisierte Langerak offensichtlich nicht. Stattdessen stellte er den Spielbetrieb ein und deutete mit beschwichtigenden Gesten an, „kein Elfer“, anstatt einfach weiterzuspielen, solang das Spiel nicht durch einen Pfiff unterbrochen war. So lamentierte er eine gefühlte Ewigkeit, anstatt sich einfach die Kugel zu schnappen und abzuschlagen, von mir aus auch ins Aus. Das Ende vom Lied ist bekannt, der Ball kam in die Mitte und Felix Klaus schob den Ball ins leere Tor ein zum Hannoveraner Auswärtssieg. Ein ganz bitterer Schlusspunkt unter eine ganz schwache Partie.
Hoffentlich besitzt Langerak die mentale Stärke, dass ihm dieser Blackout keinen Knacks für die Ewigkeit versetzt. Vor allem mit dem Fuß ist sein Spiel sehr fehlerbehaftet, wenn er jetzt noch zu viel anfängt zu denken, anstatt intuitiv zu agieren, dann befürchte ich ein Torwartproblem auf uns zukommen.
Dass in der Nachspielzeit Timo Baumgartl auch noch die Rote Karte sah, macht das letzte Spiel 2016 in Würzburg nicht gerade einfacher.
Der Platzverweis mag ja regelkonform gewesen sein und doch ist die Frage berechtigt, weshalb Schiedsrichter Brych nicht einfach abgepfiffen hat. Das Spiel war entschieden, wenige Sekunden nur noch zu spielen, der Ball in der VfB-Spielhälfte. Weshalb profitieren die einen Vereine vom Fingerspitzengefühl des Schiedsrichters und weshalb hat man als VfB-Fan stets den Eindruck, wenn sich einem Pfeifenmann die Chance eröffnet, uns einen reinzuwürgen, dass er das dann auch tut. Schon als ich las, dass Brych unser Spiel leiten würde, bekam ich Schnappatmung, hat er uns doch schon fast jedes Mal verpfiffen.
Es ist einfach ein Trauerspiel, was für Gestalten sich derzeit Bundes-, oder 2. Liga-Schiedsrichter schimpfen dürfen. Dass das Schiedsrichterwesen ein großes Nachwuchsproblem hat, ist bekannt. Aber, muss man deshalb wirklich JEDEN nehmen?
Doppelt ärgerlich ist die Entscheidung des Selbstdarstellers dann, wenn der Gegner vom Fingerspitzengefühl profitiert, was einem selbst verwehrt blieb. Zwei Situationen hätten dazu berechtigt, Oliver Sorg mit Gelb-Rot vom Platz zu schicken, dort blieb der Karton dann aber stecken. Die Niederlage mache ich in keinster Weise am Schiri fest, die haben wir uns selbst zuzuschreiben und doch ist es eben ärgerlich, wenn der Gegner phasenweise mit zwölf Mann „spielt“.
Baumgartl, der bis dorthin eine starke Leistung geboten hatte, werden wir beim Aufsteiger schmerzlich vermissen. Dort gilt es noch einmal alles in die Waagschale zu werfen und eine couragierte Leistung abzurufen.
Uns erwartet in Unterfranken ein weiteres jener Zweitliga-Spiele mit Pokal-Charakter. Kleines Stadion, euphorisches Publikum und nicht der Glitzer der großen Fußballwelt, der sich unsere Kicker trotz Auftritten wie gestern weiter zugehörig fühlen.
Die Würzburger Kickers mit ihrem Trainer Bernd Hollerbach, der schon als Spieler kein Kind von Traurigkeit war, sind äußerst unangenehm zu bespielen. Dort wird’s 90 Minuten lang von einem aggressiven Gegner auf die Socken geben.
Ähnlich wie gestern gegen Hannover 96, werden wir körperliche Nachteile haben und dürften das Publikum schnell gegen uns aufgebracht haben, wenn unsere Fliegengewichte bei jeder Windbö gleich umfallen und flehend nach dem Schiri trachten. Dort werden kämpferische Tugenden gefragt sein und das Spielerische muss zunächst hintenan stehen.
Nach der Vorrunde ist es an der Zeit eine Zwischenbilanz zu ziehen. Nach dem Spiel in Würzburg wissen wir dann auch, ob die Niederlage gegen Hannover ein Ausrutscher war oder eine Trendwende einläutete.
Ich stimme (noch) nicht ein in den Chor derer, die die gestrige Niederlage mit jener Ende Februar gleich setzen und einen ähnlichen Absturz befürchten. Im Februar verloren wir ein hoch überlegen geführtes Spiel aufgrund eigener Überheblichkeit. Danach geriet man in den Abwärts-Sog und hatte Leute wie Dutt und Kramny am Ruder, die den Druck den Anderen zuschoben und der Mannschaft Alibi um Alibi lieferten, bis die Spirale nicht mehr aufzuhalten war.
Heute haben wir mit Hannes Wolf einen Trainer im wahrsten Sinne des Wortes, der den Finger in die Wunde legt und die Truppe besser machen will, anstatt Missstände nur zu verwalten. Zudem sind wir heute in der 2. Liga, wo stärkere Gegner wie Hannover 96 nicht kommen werden.
Wenn es etwas Positives zu gestern hervorzuheben gibt, dann doch dieses, dass wir gegen die vermeintlich zweitbeste Mannschaft der Liga trotz einer abgrundschwachen Vorstellung nur hauchdünn verloren haben.
An Hannes Wolf nagt noch immer die Niederlage in Dresden und auch die gestrige gegen Hannover 96 dürfte Spuren bei ihm hinterlassen. Es ist ja schon die gesamte Runde zu beobachten, dass wir entgegen der Erwartungen vieler nicht mit Siebenmeilenstiefeln durch die Liga pflügen, sondern uns jeden Sieg bisher hart erarbeiten mussten. Das Top-Spiel des gestrigen Abends versprühte schon ein wenig Bundesliga-Flair und lieferte die Erkenntnis, bundesligareif sind wir noch lange nicht.
Vielleicht können wir ja froh sein, unseren „alten“ VfB gestern noch einmal erlebt zu haben. Auch wenn es phasenweise an Folter grenzte, wäre das Resultat aus genau solchen Spielen, dass die Herren Schindelmeiser und Wolf jetzt erst recht schon im Winter personell nachlegen und vor allem unsere zweikampfschwache, passunsichere und langsame Mittelfeldzentrale überdenken, könnte man für diesen Auftritt am Ende des Tages auch noch dankbar sein.
Gerade was defensive Mittelfeldspieler angeht, hat Wolf in den letzten Jahren in Dortmund herausragende Pärchen erlebt, so dass Zimmermann/ Gentner sicherlich nicht seinem Ideal entsprechen und er gewillt sein dürfte, nachzubessern. Auch auf anderen Postionen wie defensiv außen oder offensiv zentral ist noch sehr viel Luft nach oben.
Auf die erste Transferperiode, auf die Hannes Wolf Einfluss nehmen kann, bin ich sehr gespannt. Immer vorausgesetzt, was der „Wintermarkt“ hergibt und wie auf der anderen Seite die Nachfrage nach unseren potentiellen Abgängen ist, hoffe ich auf eine lebhafte Fluktuation, um der Truppe Stück für Stück diesen alten VfB auszutreiben.
Die Mentalität der schnellen Selbstzufriedenheit und dass man sich zu schnell mit zu wenig zufrieden gibt, anstatt nach dem Maximum zu streben, sitzt offensichtlich noch tief verwurzelt im Inneren des Vereins und der Mannschaft. Erst wenn diese Verkrustungen endgültig aufgebrochen sind, wenn der VfB mal wieder die nächste Stufe erklimmt und sich nicht stets selbst im Weg steht, sind wir auch reif für höhere Weihen, für die Bundesliga. Der Zustand hier und jetzt ist 2. Liga, da sind wir gut aufgehoben, da gehören wir Stand jetzt auch hin.
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6. August 2016
Endlich geht es wieder los! Am Montag startet der VfB das Abenteuer 2. Liga, dabei geht es gleich gegen den Magischen FC aus Hamburg-St. Pauli. Bekanntermaßen hege ich ja Sympathien für den Kiez-Club und habe viele Freunde dort. Diese Sympathien sind jedoch nur so lang vorhanden, so lang wir nicht gegeneinander antreten und auch nicht in der Liga in direkter Konkurrenz zueinander stehen. Am Montag ist St. Pauli ein Gegner wie jeder Andere, für mich zählt nur der VfB-Sieg.
Heute liegt der Abstieg in Wolfsburg genau 84 Tage zurück. Viel Zeit um die Tränen zu trocknen und den VfB neu und vor allem so aufzustellen, dass der Wiederaufstieg nicht nur machbar, sondern folgerichtig ist.
Denn, der VfB ist kein normaler Absteiger! Man ist kein normaler Absteiger, wenn man 39 Jahre am Stück Bundesliga gespielt hat und den Abstieg als einen Betriebsunfall ansieht. Wenn man der überwiegenden Mehrzahl der Konkurrenten infrastrukturell und vom Etat her um Längen überlegen ist, ist man auch kein normaler Absteiger.
Der VfB ist auch kein normaler Absteiger, weil die Mehrzahl der Fans offensichtlich keine bitteren Tränen verdrückt hat, als es traurige Gewissheit war, sondern eher Erleichterung verspürte. Ich hatte zuletzt jedenfalls mehr Angst vor einem weiteren Herumdümpeln in der Bundesliga, als vor dem Neustart in der 2. Liga.
So verknüpft sich bei vielen mit dem Abstieg die Hoffnung, dass der VfB den Reset-Knopf findet und mit jungen Kräften und frischem Wind die 2. Liga rockt und im nächsten Jahr gestärkt in die Bundesliga zurückkehren kann.
Viel wurde zurück auf null gestellt. Der überforderte Abstiegstrainer Kramny ist weg, der zunächst an seinem Stuhl klebende Sportdirektor Dutt ebenso, wie der sich an der einst geplanten Ausgliederung verzettelnde Präsident Wahler, die Gesichter des Abstiegs, deren Verträge ausgelaufen waren, auch.
Eine der wenigen Konstanten, die noch bleibt, ist Kapitän Christian Gentner, dessen Vertrag Robin Dutt kurz vor seiner Entlassung noch verlängern durfte. Meiner Meinung nach völlig unnötig, da Gentners Vertrag ohnehin noch ein Jahr gültig gewesen wäre und er sich erst einmal neu beweisen muss, ob er der richtige Mann und vor allem der richtige Kapitän ist, der den VfB zurück in die Spur bringt. Gerade er war es doch, auf den in den letzten so entscheidenden Saisonspielen kein Verlass war, der als erster untertauchte und nie Führungsstärke an den Tag legte.
Man kann ihm auf keinen Fall absprechen, dass ihm der Abstieg nicht weh tun würde. Er identifiziert sich mit dem Verein wie kaum ein anderer, aber, das allein reicht eben nicht. Identifizieren tun wir uns alle und stümpern ja auch nicht Woche für Woche auf dem Platz umher. Für mich wäre er mit seinen nunmehr 31 Jahren in der Fanbetreuung besser aufgehoben, auch wenn ich von dem aktuellen Team mit dieser Aussage keinen wegloben möchte.
So bleibt er uns also erhalten und Trainer Luhukay hat ihn in seinem Kapitänsamt bestätigt. Daher bleibt uns jetzt nichts anderes übrig, als darauf zu hoffen, dass sein Leistungsvermögen für die 2. Liga ausreicht und dass er präsenter ist, als in den letzten Jahren in der Bundesliga.
Von einem Absteiger mit den Möglichkeiten des VfB hätte ich erwartet, dass noch im Mai, also kurz nach dem Abstieg, sich Zu- und Abgänge die Klinke nur so in die Hand geben würden und spätestens zum Trainingsauftakt im Kader zumindest ein Korsett erkennbar wäre.
Das Gegenteil war der Fall. Wie Kaugummi zog sich die Sportdirektor-Suche hin, der Aufsichtsrat und die verbliebenen Sportvorstände Heim und Röttgermann vermittelten lange den Eindruck der totalen Planlosigkeit, lediglich unterbrochen von zwei Geistesblitzen, nämlich der Verpflichtung des auch für mich geeignetsten Trainerkandidaten Jos Luhukay und der des Top-Torjägers der vorigen Zweitligasaison, Simon Terodde.
Hatte man sich zwischendurch schon in Thomas Hitzlsperger und Marc Kienle etwas mehr Sportkompetenz ins Haus geholt, beschleunigte dies die Sportdirektoren-Suche offensichtlich auch nicht.
Scheinbar waren sich die Herren vom Aufsichtsrat nicht zu schade, an jeden noch so unrealistischen Kandidaten heranzutreten, ehe man einsah, dass man als Zweitligist schlechte Karten besitzt, wenn man den Manager eines Bundesligavereins oder den eines Vereins, der international vertreten ist, in einer Phase versucht loszueisen, in der ein Ehrenmann seinen aktuellen Verein nicht im Stich lässt.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Martin Schäfer stellte stets DIE große Lösung in Aussicht, weshalb auch ich mich in Geduld übte und nach dem Ausscheiden der deutschen Elf in und gegen Frankreich ernsthaft von Oliver Bierhoff träumte. Dieser war wegen seiner Nähe zu Mercedes schon häufiger beim VfB im Gespräch und gehört zudem zum Schickhardt-Klientel, so dass diese große Lösung nicht so ganz abwegig zu sein schien. Vom Typen her und dem, was er bislang im Profifußball geleistet oder auch nicht geleistet hat und dazu noch keinerlei Bezug zum VfB hat, war ich nicht unbedingt begeistert, wenngleich seine Verpflichtung dem VfB auf Anhieb eine größere Strahlkraft verliehen hätte und er durch seine Kontakte Spieler zum VfB hätte lotsen können, von denen wir derzeit nicht zu träumen wagen. Einen gewissen Charme hätte diese große Lösung also durchaus besessen.
Wohl um in der wichtigsten Zeit der Saison, nämlich der in der die Saison geplant werden sollte, nicht noch mehr Zeit zu verlieren, holte man mehr als sechs Wochen nach Dutts Entlassung Jan Schindelmeiser aus der Versenkung zurück, einen Mann also, der schon sechs Jahre lang kein Amt im Profifußball mehr bekleidete. Zunächst einmal positiv ist es schon mal, dass nach den Novizen Heldt, Bobic und Dutt jetzt einer kommt, der bereits Erfahrungen als Manager im Profifußball vorzuweisen hat. Dennoch bleiben Fragezeichen zurück, wieso es denn so lang dauerte, einen Vereinslosen vom Kommen zu überzeugen.
Da weder die VfB-Verantwortlichen noch Schindelmeiser selbst eine Erklärung über den langen Zeitablauf abgegeben haben, bleibt das Gschmäckle zurück, dass Schindelmeiser wohl eher „Plan“ E oder F war und man ihn erst kontaktierte, als man begriffen hatte, dass man doch nicht mehr die ganz große Nummer im deutschen Fußball ist.
Dennoch gehe ich an die Personalie Schindelmeiser absolut unbelastet ran und bin guter Hoffnung, dass er mit seinen Kontakten in alle Teile der Welt das eine oder andere Talent zum VfB lotsen kann und den VfB langfristig zurück in die Spur bringt.
Da dem VfB in der 2. Liga bis zu 40 Millionen Euro fehlen werden, lautete die oberste Maxime zunächst, den Kader auszudünnen und alles zu verkaufen, was Geld einbringt. Die Kaufoption des AS Rom für Antonio Rüdiger spülte neun Millionen Euro in die Kassen, Timo Werner deren zehn, Kostic etwa 14 Millionen, Lukas Rupp geschätzte sechs Millionen sowie Serey Dié noch einmal 1,5 Millionen, so dass damit und vor Steuern gerade einmal jene 40 Millionen Euro auf der Einnahmenseite stehen, die es einzusparen galt und womit demzufolge auch keine großen Einkaufstouren möglich sein dürften.
Diese Abgänge tun mir allesamt Leid. Timo Werner dürfte die Luftveränderung gut tun und dazu beitragen, dass er sich von seinem Elternhaus ein Stück weit abkapselt und selbständiger wird. Die Kindermädchen-Aussage Zornigers war ja nicht aus der Luft gegriffen, Werners Vater begleitete Timo auf Schritt und Tritt und wenn eine nicht öffentliche Trainingseinheit angesetzt war, war er im Daimler-Parkhaus anzutreffen, von wo aus er die Einheiten dennoch verfolgte.
Da der Prophet im eigenen Land nichts zählt, hatte es Timo zudem schwer beim VfB. Einer, dem der VfB am Herzen liegt, Mitglied der Abstiegsmannschaft ist und durch vergebene Großchancen bspw. gegen Hannover 96 auch noch maßgeblichen Anteil am Absturz hat, leidet besonders.
Mangels Führungsspielern fehlte ihm die Unterstützung auf und neben dem Platz und wohl auch vom Verein. Dass ihn Dutt letzten Sommer wie Sauerbier in England anbot, ist ein offenes Geheimnis, dass ihn Zorniger hart ran nahm, bekannt, dass ihn danach keiner im Verein in den Arm nahm, bedauerlich – für ihn.
Dass er aber auch bei den Fans einen schlechten Stand hatte und als Sündenbock herhalten musste, fand ich schade. Für mich genoss er als Eigengewächs mit seinen gerade einmal 20 Jahren noch Welpenschutz und ich hätte seine Entwicklung gerne weiter beim VfB verfolgt.
So geht er nun zu Red Bull, das nach Albeck, Schrof, Rangnick, Jochen Schneider und einigen anderen mehr nun auch noch unsere Torwarttrainer-Legende Ebo Trautner nach Sachsen gelockt hat. In Leipzig wissen sie ganz genau, welche Kronjuwelen sich in unserem Reservoir tummeln, Timo Baumgartl dürfte der nächste sein, nach dem Red Bull die Fühler ausstreckt.
Von Lukas Rupp bin ich sehr enttäuscht. Mit Paderborn abgestiegen, mit Stuttgart abgestiegen, jeweils weitergezogen und sich dabei, zumindest finanziell, noch verbessert. Scheiß Spielergeneration, scheiß Söldner, ihm kann ich beim besten Willen kein Glück für die Zukunft wünschen und rate ihm daher nur, sich in Stuttgart nie mehr blicken zu lassen.
Filip Kostic dagegen wollte Champions League spielen und kickt nun – beim HSV. Was sich wie ein Treppenwitz anhört, ist nun Realität. Träumten wir zeitweise von 25 Millionen Euro, die er in die klamme Kasse hätte spülen können, wäre er bspw. nach Liverpool gewechselt, müssen wir nun mit gerade einmal gut der Hälfte vorliebnehmen.
Weshalb er diesen Wechsel, gerade nach Hamburg, so vehement forcierte und Wolfsburg, die wohl mehr an Ablöse zu zahlen bereit gewesen waren, eine Absage erteilte, wird nur er wissen. Wie immer wird es dabei um das Gesamtpaket und nicht nur um die schönere Stadt gegangen sein.
Es ist davon auszugehen, dass der Hamburger Mäzen Kühne die Geldschatulle für „seinen“ Wunschspieler derart weit aufgemacht hat, dass Kostic das internationale Geschäft geflissentlich am Allerwertesten vorbei geht und ihm dafür beim Anblick seines Gehaltszettels Monat für Monat einer abgeht.
Dem HSV kann man schon mal viel Spaß mit dem Balkanesen wünschen, der sich auch dort nach zwei, drei guten Spielen wieder zu Höherem berufen fühlen wird. Sportlich gesehen ein herber Verlust für uns, wenngleich es von Anfang an unrealistisch war, dass wir mit ihm in die 2. Liga gehen würden, menschlich aber ist der dem HSV durchaus zu gönnen.
Serey Dié hingegen hatte ich, auch nach seinen eigenen Aussagen, als wichtige Korsettstange für die 2. Liga angesehen. Er wechselte jedoch zurück zum FC Basel, angeblich aus familiären Gründen. Auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass wir nicht abgestiegen wären, hätte Dié die letzten Spiele zur Verfügung gestanden, trauere ich ihm nicht besonders arg hinterher. Er hatte riesen Böcke in seinem Spiel, die zu Gegentoren führten, ist mit seinen 31 Jahren nicht mehr der Schnellste, verletzungsanfällig und stets für eine Rote Karte gut. Diese Lücke wurde durch Hosogai meiner Meinung nach gut geschlossen.
Wie Kostic zog es auch Arianit Ferati zum HSV, der ihn jedoch umgehend zu Fortuna Düsseldorf verlieh. Als ich Ferati vor zwei Jahren als 16-jährigen mit dem Profikader im Zillertal wirbeln sah, war ich begeistert und war guter Dinge, dass er das Zeug zu einer großen Karriere haben würde.
Der Aufschrei in den Foren war dementsprechend groß und der Vorwurf wurde mal wieder laut, der VfB verkaufe seine komplette Jugendabteilung, ohne den Jungs eine faire Chance oben gegeben zu haben. Das ist so jedoch nicht richtig. Talent allein reicht nicht aus, um es nach ganz oben zu schaffen. Früher verlangte man von jungen Spielern, dass sie den gestandenen die Koffer tragen und die Schuhe putzen, heute fasst man sie mit Samthandschuhen an und muss stets drauf achten, ja alle gleich zu behandeln, damit die Mimosen nicht in Depressionen verfallen.
Diese neue Denke regte mich schon bei Fußball-Professor Rangnick Ende der 90er-Jahre auf, als er seinen Dienst bei uns antrat und Balakov seine Sonderrechte so weit strich, bis dieser keine Lust mehr hatte. Sich Hochzudienen kennen die Wohlstandsjünglinge überhaupt nicht mehr, ich find’s schade, weil schon dadurch Hierarchien klar abgesteckt waren und die Jüngeren noch Respekt vor den Älteren hatten.
Jungprofis wie Ferati „verdienen“ bereits in Zeiten, in denen sie allenfalls bei den Amateuren zum Zug kommen, über 500.000 Euro im Jahr, fahren die fettesten Autos zu günstigsten Leasingkonditionen vom Nachbarn mit dem Stern und haben es dadurch natürlich auch schwer, die Bodenhaftung zu bewahren. Ein Ferati soll, wie man so hört, unheimlich arrogant und zudem stets mit großem Familienclan aufgetreten sein, so dass es für einen Verein dann eben auch mal heißen muss, lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Schon Labbadia beklagte, als er 2012 bei uns im Fanclub zu Gast war, die Familien- und Berater-Clans der jungen Spieler, die dem Verein die Pistole auf die Brust setzen und mit Weggang drohen, wenn ihr Sprössling nicht regelmäßig spielt, weil ein jeder davon überzeugt sei, einen Messi großgezogen zu haben.
Das ist ein generelles Problem mit der heranwachsenden Spielergeneration und so verwunderte es mich auch überhaupt nicht, dass die Amateure sang- und klanglos abgestiegen sind, wenn auserkorene Führungsspieler wie Vier, Grüttner und Rathgeb an dieses Jungs nicht herankommen, weil sie, auch finanziell, in ganz anderen Sphären schweben. Entweder, solche Spieler integrieren sich in eine Mannschaft und stellen ihr eigenes Ego hintenan oder sie werden als ewiges Talent in die Annalen eingehen, ein Manuel Fischer lässt grüßen.
Bei den Zugängen hingegen hat sich weit weniger getan, so dass der Kader, wie er jetzt zum Ligastart dasteht, beileibe nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Jens Grahl kam von der Autobahnraststätte Kraichgau an den Neckar. Seine Verpflichtung kann ich nicht nachvollziehen. Unmittelbar mit dieser Verkündung brachte ich sie in Zusammenhang mit einem doch noch möglichen Weggang von Mitch Langerak.
Grahl äußerte zu Hoffenheimer Zeiten Abwanderungsgedanken, weil er nicht ewig auf der Bank sitzen wollte, daher, für mich unlogisch dieser Transfer, zumal ich als Reservetorhüter lieber Uphoff gesehen hätte. Welchen Sinn es macht, in der selbsternannten Torhüterschmiede schon seit längerer Zeit auf erfahrene Reservekeeper zu setzen, verstehe ich nicht. Hätte Schalke einst hinter Rost auch auf einen erfahrenen Mann gesetzt, wäre ein Manuel Neuer wohl dort nie zum Zuge gekommen.
Für mich macht man hier eine total unnötige Baustelle auf. Grahl dürfte auf der Stuttgarter Bank nicht viel glücklicher werden, als auf der beim badischen Nachbarn, während unsere Talente aus der zweiten Reihe schnell merken werden, dass sie über die Rolle des Amateurkeepers in der Regionalliga bei uns wohl nie hinauskommen werden, so dass sie ihr Glück irgendwann woanders versuchen.
Sonst kamen noch die ehemaligen Luhukay-Schützlinge Hajime Hosogai und Tobias Werner zum VfB. Da Luhukay weiß, wie Aufstieg geht und er auch weiß, welche Typen dem VfB noch fehlen, gestehe ich ihm diese beiden Mosaiksteine gerne zu. Jos weiß, was er an ihnen hat und die Spieler wissen, was sie an ihm haben, nicht die schlechteste Konstellation für eine fruchtbare Zusammenarbeit, zumal es sich um erfahrene Spieler handelt.
Anto Grgic kam vom Schweizer Absteiger FC Zürich zum VfB. Er ist ein entwicklungsfähiges Talent mit guter Technik, einem guten Auge und einem guten Schuss. Irgendwo habe ich gelesen, in der Schweiz vergleiche man ihn mit dem jungen Xhaka, lassen wir die Kirche erst mal im Dorf und legen die Messlatte nicht zu hoch, ich verspreche mir aber schon einiges für die Zukunft von dem Jungen.
Kaminski macht in der Innenverteidigung einen soliden Eindruck und sollte im Moment, zusammen mit Timo Baumgartl, die Nase vorn haben. DER Abwehrchef, den wir seit Jahren suchen und nicht finden, scheint er mir aber auch nicht zu sein.
Jean Zimmer ist zweitligaerfahren und kann ein richtiger Giftzwerg sein und verfügt zudem über einen guten Schuss. In der Vorbereitung fand ich ihn jetzt noch nicht so stark, wie ich ihn schon in Kaiserslautern gesehen habe, er hat noch reichlich Luft nach oben.
Der Königstransfer (bisher) ist zweifelsohne Simon Terodde. Ein toller Typ, der in nahezu jedem Testspiel traf und das gewisse Etwas hat, das man sich von einem Mittelstürmer wünscht. Es ist schon verwunderlich, dass er sich trotz einiger lukrativerer Angebote für den VfB entschieden hat. Zudem ist Terodde mit seinen 28 Jahren absolut geerdet und ein offener, sympathischer Typ.
In Anbetracht der zahlreichen Ab- und überschaubaren Zugänge liegt es auf der Hand, dass die Personalplanungen längst nicht abgeschlossen sein können. Um zu diesem Schluss zu kommen, genügt bereits ein Blick auf das Mannschaftsposter und auch auf den Kader, der die Testspiele und das Trainingslager bestritt. Da waren jeweils fast genauso viele Youngster wie Spieler mit Perspektive Startelf am Start, die meisten davon wohl in erster Linie, um den Kader aufzufüllen.
Von den noch verbliebenen Absteigern stehen noch immer die möglichen Abgänge von Emiliano Insúa und auch Florian Klein im Raum. Während ein Wechsel Insúas schon allein deshalb logisch erschiene, weil er in den letzten sechs Jahren sechs Vereine hatte, scheiterte der von Florian Klein vornehmlich daran, dass er wider (eigenem) Erwarten nicht der ganz große EM-Star wurde.
Klein, der in der Vergangenheit kaum eine Gelegenheit ausließ, gegen das „verwöhnte“ Stuttgarter Publikum zu hetzen und einer ordentlichen ersten, eine katastrophale zweite Saison folgen ließ, kartete kurz vor Beginn der Euro noch einmal nach, er fühlte sich missverstanden und ungerecht behandelt.
Dass er, zusammen mit seinem mittlerweile in Hannover beschäftigten Landsmann, maßgeblichen Anteil daran hatte, dass die Saison diese Richtung einschlug, verschwieg er, wie auch die Tatsache, dass er in der Rückrunde seinen Stammplatz aus Leistungsgründen an Kevin Großkreutz verlor, was Klein, der massiv an Selbstüberschätzung leidet, partout nicht einsehen wollte.
Während Harnik reihenweise Hundertprozentige liegen ließ, war es Klein, der uns durch seinen völlig unnötigen Platzverweis in Hamburg auf die Verliererstraße brachte und danach mehr Unsicherheitsfaktor als Stabilisator war.
Als Harnik und Klein dieses Interview gaben, war Harnik wegen seines auslaufenden Vertrages ohnehin bereits weg und auch Klein fühlte sich zu Höherem berufen und dachte wohl im Traum nicht daran, noch einmal zum VfB zurückkehren zu müssen.
Zu diesem Zeitpunkt war er ja auch inmitten der Elite des europäischen Fußballs angekommen, Mitglied des österreichischen Dream-Teams und selbsternannter Geheimfavorit der Europameisterschaft.
Dumm nur, dass Österreich von den noch größeren Fußballnationen Ungarn und Island mit als erste aus dem Turnier gekegelt wurde und es einem Florian Klein plötzlich mit Schweißperlen auf der Stirn bewusst wurde, dass er doch nicht DER EM-Star, sondern nur ein kleiner Zweitligafußballer ist. Da nach den grandiosen Leistungen der Alpenrepublik die Interessenten für Klein nicht gerade Schlange standen und der Vertrag beim VfB doch noch lukrativ genug zu sein scheint, um dann eben hier zu bleiben, kehrte Klein eben, Nomen est omen, kleinlaut zurück.
Für ihn kann man nur hoffen, dass sich doch noch ein Abnehmer findet und er die Biege macht oder dass der VfB ihm, falls nicht, einen gut bezahlten Tribünenplatz in Aussicht stellt. Hinten rechts sind wir, auch ohne Klein, mit Großkreutz, Zimmer und Zimmermann ausreichend besetzt.
Sollte Insúa noch einen Verein finden und uns verlassen, bräuchten wir noch einen Linksverteidiger, der in Konkurrenz zu Heise tritt. Im defensiven Mittelfeld sind wir mager besetzt, ebenso auf den offensiven Außenbahnen und auch im Sturm, vor allem dann, sollte Terodde während Ginczeks Absenz einmal ausfallen.
Viel Arbeit also noch für Schindelmeiser und Luhukay, bis zum 31.08. einen aufstiegsfähigen Kader auf die Beine zu stellen und auch, um bis dahin nicht zu viel Boden zu verlieren, stehen doch schon drei Ligaspiele und das Pokalspiel in Homburg im August auf dem Plan.
Manch einer legt es Schindelmeiser negativ aus, weil dieser schon zum Amtsantritt warnte, dass der derzeitige Kader nicht zu Aufstiegshoffnungen berechtigt. Ich werte das eher positiv, weil er damit den Verein wachrüttelt und zum Handeln zwingt, denn, alles andere als den sofortigen Wiederaufstieg kann und darf sich der VfB nicht leisten. Luhukay und Kapitän Gentner schlagen in dieselbe Kerbe, ich hoffe, Letzterer äußert diese Vorbehalte nicht nur, um schon wieder ein Alibi zur Hand zu haben.
Egal, wer am Montag antritt, man muss von der ersten Minute spüren, dass wir nicht in diese Liga gehören. Der Rasen muss brennen, St. Pauli muss niedergerungen werden. Der VfB genießt derzeit bei den Fans einen gewaltigen Vertrauensvorschuss. Steigende Mitgliederzahlen, über 25.000 verkaufte Dauerkarten und bereits 54.000 verkaufte Tickets für das Spiel gegen die Kiezkicker.
Diese Euphorie muss der VfB aufnehmen und am Leben erhalten. Das Publikum ist heiß und bei weitem nicht so verwöhnt, wie ihm manchmal vorgeworfen wird. Es möchte lediglich eine Mannschaft sehen, die sich zerreißt, die als Team auftritt, die sich konzentriert, die Spaß an ihrem Beruf hat, dann kommt alles andere von allein und dann akzeptiert der „verwöhnte“ Fan auch eine Niederlage, wenn man spürt, dass die Truppe alles versucht hat, der Gegner an diesem Tag aber besser war. Die Voreichen stehen gut für eine neue Zeitrechnung, es liegt am Verein und seinen Angestellten diese Chance zu nutzen.
Für das St. Pauli Spiel plagen den VfB, unabhängig davon, dass der Kader bei weitem noch nicht steht, große personelle Sorgen. Kevin Großkreutz fällt weiter aus. Inzwischen räumt er ein, dass es ein großer Fehler war, gegen Mainz im vorletzten Saisonspiel noch einmal aufgelaufen zu sein. Für mich war es ebenso ein Fehler ihn in Ingolstadt bis zum Abpfiff auf dem Platz zu belassen, wie dass man Serey Dié in Darmstadt angeschlagen nicht frühzeitig herunter nahm. Wer das so entschieden hat, ob Kramny, Dutt, Dr. Best oder die Spieler selbst, weiß ich nicht.
Es liegt jedoch die Vermutung nah, dass die Verletzungen und Ausfallzeiten der beiden nicht so lang ausgefallen wären, wenn man rechtzeitig reagiert hätte. Ärgerlich, da uns deshalb gerade diese beiden Kämpfernaturen im Saisonfinale (fast) gänzlich gefehlt haben und somit kein einziger mehr auf dem Rasen stand, der sich gegen den Abstieg gewehrt hätte. Sport 1 hatte in dieser Woche gemutmaßt, Großkreutz könne noch bis zum Oktober fehlen, was dieser umgehend dementierte. Die Meldungen von gestern, dass Großkreutz „bis auf weiteres“ individuell trainiere, schüren jedoch nicht gerade Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr.
Timo Baumgartl fällt ebenso aus wie Tobias Werner. Dessen Ausfall ist natürlich der bitterste. Nicht, weil er gerade erst mit großen Hoffnungen verknüpft vom FC Augsburg gekommen ist, sondern, weil seine Frau am Tag nach der Verpflichtung eine Totgeburt ihres gemeinsamen Sohnes erlitt, und die Familie Werner somit momentan ganz andere Sorgen hat. Ihm muss man nun die Zeit einräumen, die er braucht, um gemeinsam mit seiner Frau diesen Schicksalsschlag zu verkraften. Dafür wünsche ich ihm von Herzen alles Gute.
Auch wenn wir ohnehin dünn besetzt sind und für das St. Pauli Spiel auch noch zahlreiche Ausfälle zu verkraften haben, Bange machen gilt nicht. Wir werden so oder so eine überdurchschnittliche Zweitligamannschaft auf dem Rasen haben, die imstande sein sollte, St. Pauli zu schlagen. Mit Namen wie z. B. Langerak, Zimmer, Sunjic, Kaminski, Insúa, Hosogai, Gentner, Grgic, Wanitzek (Besuschkow), Maxim, Terodde brauchen wir uns vor St. Pauli nicht zu verstecken. Bei nahezu ausverkauftem Haus wird die Hütte beben, es liegt an der Mannschaft, diesen Rückenwind aufzunehmen und St. Pauli keine Luft zum Atmen zu lassen.
Wichtig wird es sein, dass diejenigen, die spielen, die Ausfälle nicht als Alibi ansehen, sondern als ihre eigene Chance, sich in der Truppe festzuspielen. Der eine oder andere vielversprechende Youngster, der bereits in der Vorbereitung auf sich aufmerksam machte, dürfte auf der Bank Platz nehmen und vielleicht schon im ersten Spiel die große Chance erhalten, Eigenwerbung zu betreiben.
Sehr gespannt bin ich darauf, wie Alexandru Maxim diese neue Liga annehmen wird und wie er sich präsentiert. Ihm muss mehr als allen anderen eingebläut werden, dass es in der 2. Liga mit Schönspielerei allein keinen Blumentopf zu gewinnen gibt. Versucht er es dort auch mit Hacke, Spitze, eins, zwei, drei, werden ihm seine Gegenspieler auf die Socken hauen und die gegnerischen Fans begeistert johlen. Darauf muss er sich einstellen und endlich sein Heulsusen-Image ablegen.
Die 2. Liga stellt für alle Neuland dar, für die Spieler, aber auch für uns Fans. Die Anstoßzeiten sind gewöhnungsbedürftig, die Stadien zwar kleiner und trotzdem eher selten ausverkauft. So ist es für mich ein ganz neues Gefühl, fast überall problemlos außerhalb des Gästeblockes an Karten zu kommen und mich dabei zu wundern, dass es hie und da auch auf der Haupttribüne Stehplätze zu erwerben gibt. Ich freue mich darauf, auf die Liga und auch dass es endlich wieder losgeht.
Ich freue mich auch, dass die letzten Jahre passé sind und wir unbelastet und runderneuert in das Abenteuer 2. Liga starten. Dass ich die meisten Gesichter des Niedergangs nicht mehr sehen muss und dass es vermutlich einige Siege mehr zu feiern geben wird als zuletzt.
Dass der VfB hoffentlich wieder vornehmlich in der Spitzengruppe anzutreffen ist und dass wir im nächsten Sommer, genau zehn Jahre nach der Meisterschaft, möglicherweise wieder eine Meisterschaft oder zumindest den Wiederaufstieg feiern dürfen.
Dazu muss vieles zusammen passen, doch, sind wir mal ehrlich, von den Voraussetzungen her sind wir der FC Bayern der 2. Liga und haben mehr Potential und einen besseren Kader als jeder Ligakonkurrent. Diesen Vorteil müssen wir für uns nutzen, jetzt oder nie, neige ich fast zu sagen, denn, wer es im ersten Jahr nicht schafft, hat es im zweiten ungleich schwerer.
Daher ist der Wiederaufstieg Pflicht, mit etwas anderem beschäftige ich mich nicht, schon gar nicht vor dem ersten Spiel. Der Aufstieg ist alternativlos, das muss jedem Verantwortlichen und jedem Spieler eingebrannt sein, es gibt nur dieses eine Ziel, je vehementer sie dran glauben, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir schon in einem Jahr wieder Bundesliga-Touren planen.
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1. August 2015
Heute ist es genau zehn Wochen her, als Daniel Ginczeks Siegtor und Deniz Aytekins Schlusspfiff in Paderborn die gesamte VfB-Fangemeinde in Ekstase versetzte. Unvergessen die Szenen, die sich im Gästebereich (trotz alkoholfreiem Bier) abspielten, unvergessen auch die lange Heimfahrt und die Aufeinandertreffen mit anderen Fans auf den Rasthöfen der Republik, als man zahllosen wildfremden Menschen in den Armen lag und mehr als nur eine Träne der Freude verdrückte. So unfassbar der Schlussspurt war, der mir noch immer eine Gänsehaut bereitet, wenn ich daran denke, gilt es nun den Blick nach vorne zu richten.
Bereits seit Ende Juni bereitet sich der VfB auf die neue Saison vor. Akribisch genug, um uns (und sich selbst) eine weitere Zittersaison hoffentlich zu ersparen. Das von Präsident Wahler bereits in der vorvergangenen Saison so strapazierte „ein Weiter so wird es nicht geben“, wird nun von Robin Dutt, wie in der vielbeachteten Saisonabschlusspressekonferenz bereits angekündigt, mit großer Konsequenz und viel Elan vorangetrieben. Es ist so ziemlich alles neu auf dem Wasen. Allem voran der neue Cheftrainer Alex Zorniger, sein neuer „Co“ André Trulsen, Teambetreuer Günne Schäfer, Sportpsychologe Laux, um nur einige Veränderungen innerhalb des Funktionsteams zu nennen. In der Mannschaft stehen acht Abgängen acht Neuzugänge entgegen, wobei bei diesem „Kommen und Gehen“ das letzte Wort sicherlich auch noch nicht gesprochen ist. Der Kader ist nach wie vor zu groß, um ein effizientes und allen gerecht werdendes Arbeiten zu gewährleisten, zudem konnte in der Innenverteidigung noch immer keine Verstärkung an Land gezogen werden.
Das wochenlange von Antonio Rüdiger und dessen Halbbruder und Beraters Sahr Senesie initiierte Wechseltheater behinderte den VfB fatal in seinen Planungen. Zwölf Millionen Euro von Wolfsburg, 18 Millionen Euro von Athletico Madrid oder dem FC Chelsea, alles schien möglich. Offensichtlich aber hatte sich das Duo verzockt und es sich mit der einen oder anderen Partei verscherzt, da dem Vernehmen nach immer neue Forderungen auf den Tisch kamen, so dass nach und nach alle potentiellen Abnehmer schon allein aufgrund fehlender Seriosität Abstand von diesem Geschäft nahmen. Zumindest auf Wolfsburg trifft das zu, ins Ausland will Rüdiger (noch) nicht gehen, so dass von dort alle Anfragen abgeblockt wurden, wie berichtet wurde.
Zu allem Überfluss wurde bei Rüdiger nach seinem allerersten Mannschaftstraining nach seinem (Sonder-)Urlaub eine leichte Belastungsreaktion am im Dezember operierten Knie festgestellt, die einen arthroskopischen Eingriff notwendig machte. Von der anfangs kolportierten Verletzungspause von etwa vier Wochen ist längst keine Rede mehr. Mittlerweile geht man eher davon aus, dass man Rüdiger vor Oktober nicht mehr auf dem Platz sehen wird. Robin Dutt sind daher (finanziell) die Hände gebunden. Er muss jetzt den Spagat schaffen, einen adäquaten Ersatz zu holen, der (so gut wie) kein Geld kostet, wäre es doch ein enormes Risiko, lediglich mit Timo Baumgartl, Georg Niedermeier und Stephen Sama in die Saison zu gehen. Ich finde es äußerst unfair und egoistisch von den Herren Rüdiger und Senesie, den VfB über Monate im Unklaren zu lassen. Es hat den Anschein, sie bekämen den Hals nicht voll, dabei sollte einem Profi, der von einem Verein alle Möglichkeiten erhielt, sich zum Nationalspieler zu entwickeln, auch daran gelegen sein, dem Verein etwas zurückzugeben, und das erstrecht, wenn es noch einen laufenden Vertrag gibt. Der VfB kann dabei die Wechselbedingungen vorgeben, an die sich die andere Partei in Gottes Namen auch halten muss.
Mir erscheint die Angelegenheit so, als wolle Rüdiger auf Teufel komm raus seinen Marktwert checken, wer auf der Strecke dabei bleibt, ist der VfB und so mancher Verein, der Arbeit und Energie in einen möglichen Wechsel Toni Rüdigers steckte. Damit machen sich Rüdiger und Senesie keine Freunde und setzen ihren Ruf aufs Spiel. Toni wäre gut beraten zurückzurudern und die Verhandlungen wieder in die Hände von Uli Ferber zu legen.
Schaffen sie nicht bald Klarheit, könnten sie sich ganz schnell aufs Abstellgleis manövrieren, nämlich dann, wenn der VfB es doch schaffen sollte, einen adäquaten Ersatz zu holen, der mit Timo Baumgartl zusammen eine verlässliche Innenverteidigung bildet und Toni so vergessen macht, dass nach seiner Genesung überhaupt kein Anlass mehr besteht, dieses Duo auseinander zu reißen.
Ansonsten sehe ich uns ganz gut aufgestellt. Welch enormes Potential in der Offensive vorhanden ist, hat man ja bereits am Ende der Vorsaison gesehen. Schön, dass uns diese dem Anschein nach komplett erhalten bleibt. Sowohl Daniel Didavi als auch Alexandru Maxim scheinen sich mit dem Bleiben angefreundet zu haben, sogar eine Vertragsverlängerung ist wohl in beiden Fällen möglich, was mich sehr freuen würde. Im neuen System, in dem viel durch die Mitte gehen soll, wird es sicherlich das eine oder andere Spiel, die eine oder andere Spielsituation geben, wo beide gemeinsam auf dem Platz stehen können. Ein Opfer dieser neuen Philosophie könnte Filip Kostic werden, der ganz klar seiner Stärken beraubt werden würde. Hier möchte ich aber den ersten Pflichtspielen nicht vorgreifen, da ich es mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass Alex Zorniger Kostic‘ enormes Potential nicht ausschöpfen möchte. Im defensiven Mittelfeld führt momentan kein Weg an Serey Dié und Christian Gentner vorbei, wobei sich der Kapitän umstellen muss, um mit dem schnellen Umschaltspiel Schritt zu halten. Als starke Alternative stehen Lukas Rupp und auch Perspektivspieler Mart Ristl bereit.
Auch der Angriff bereitet mir keine Bauchschmerzen. Gesucht wird wohl lediglich der Sturmpartner des gesetzten Daniel Ginczek, der, sofern er fit bleibt, einer jener Stürmer ist, die für 20 Tore pro Saison gut sind. Ob Timo Werner, Jan Kliment, Martin Harnik oder doch Vedad Ibisevic. Vielleicht findet sich ja noch ein Abnehmer für Ibisevic, wobei es sich allerdings als schwierig erweist, einen Verein zu finden, der ihm sein (gewohntes) Gehalt bezahlt und ihm zugleich eine sportliche Perspektive bieten kann. Wenn nicht, bleibt er eben. Ihn würde ich keinesfalls abschreiben, hat er doch noch immer eine gewisse Qualität zu bieten, die er bei Länderspielen immer wieder aufblitzen lässt. Natürlich hat er es bei uns seit seinem Fauxpas in der vorletzten Saison gegen Augsburg schwer, wünschen ihn viele zum Teufel, aber, wenn er denn mal wieder die Kiste trifft, sieht die Welt sicher auch schon wieder anders aus. Gewöhnt es ihm Zorniger ab, bei jeder noch so kleinen Berührung zu fallen, spielt er das Spiel, das ihn über Jahre ausgezeichnet hat, könnte es auch hier eine Wende zum Guten geben. In der Vorbereitung hat er mir sehr gut gefallen, wobei ich hier nicht einmal auf sein fußballerisches Können anspiele. Sein Auftreten hat mir imponiert. Trotz seiner verfahrenen Situation lässt er sich nicht hängen, zieht voll mit, ist freundlich, ob zu Fans, Mannschaftskameraden und den Mitgliedern des Funktionsteam. Wenn man so nah dran ist, wie wir beim Trainingslager in St. Gallen, erkennt man schon, dass er ein feiner Mensch ist und die Beurteilung von außen nicht immer zutrifft. Natürlich heiße und hieß ich die so überraschende Vertragsverlängerung und Gehaltsaufstockung, die ihm Fredi Bobic gab, vor allem zu diesem Zeitpunkt für einen Hohn und völlig unangebracht. Dafür kann aber Ibisevic nichts, jetzt gilt es für alle Seiten pragmatisch zu denken und das Beste aus der Situation zu machen.
Was lange mein „Lieblingsthema“ war, handele ich an dieser Stelle kurz ab: Mehr als ein Fingerzeig in puncto neue Nummer Eins war wohl, dass Mitch Langerak die Nummer 1 auf dem Trikot erhielt. Gut, auch wenn uns Sven Ulreich weismachen möchte, die Trikotnummer wäre unbedeutend, in diesem Fall war dies für mich schon ein wichtiges Indiz, mit wem der VfB zwischen den Pfosten plant, zumal Langerak auch kaum auf den Wasen gewechselt wäre, wenn er nicht eben diese Perspektive aufgezeigt bekommen hätte. Umso ärgerlicher, dass Langerak seit dem Trainingslager im Zillertal verletzt ausfällt und durch Przemysław Tytoń vertreten werden muss. Dieser macht seine Sache zwar ordentlich, ich sehe aber noch Steigerungspotential. Rückpässe auf ihn als Linksfüßer erinnern mich an die grausige Zeit mit Raphael Schäfer, ähnlich wie Ulreich hat auch er seine Stärken mehr auf der Linie als in der Strafraumbeherrschung und in der Spieleröffnung. In diesen Punkten sehe ich Langerak stärker. Nichtsdestotrotz habe ich mit diesen beiden Keeper, und, nicht zu vergessen Odi Vlachodimos, ein viel besseres Gefühl als in den letzten Jahren mit Ulreich.
Namen sind im neuen System Zornigers ohnehin Schall und Rauch. Wichtiger ist die Umsetzung der Spielidee, die Verinnerlichung der den Positionen beinhalteten Aufgaben und dass der Kopf mindestens genauso gut funktioniert wie der Körper. Man merkt es in diesen Tagen deutlich, wie sehr diese Kopfarbeit die Spieler fordert, den einen oder anderen vielleicht auch überfordert. Zornigers Augenmerk in den nächsten Wochen wird darauf liegen, aus seinem großen Repertoire an einsatzbereiten Spielern diejenigen Männer auszuwählen, die in das Puzzle am besten passen, die bereit sind dazu zu lernen und sich Neuerungen nicht von vornherein verschließen. Mein Eindruck der drei Tage im Zillertal und vor allem der knappen Woche in St. Gallen ist, dass alle hervorragend mitziehen und fast dankbar für die neuen Impulse sind. Es ist Bewegung in den Laden gekommen, Verdienste und Leistungen von gestern zählen kaum mehr, jeder ist in der Pflicht sich neu zu beweisen und sich dem neuen Trainerteam anzubieten. Jeder, wirklich jeder, zieht mit, einen Stimmungstöter oder gar einen Stinkstiefel sucht man (zum Glück) vergebens.
Stand für mich aufgrund der begrenzten Zeit von drei Tagen im Zillertal noch eher das Freunde treffen im Vordergrund und war es mir dort auch auf der sonnendurchfluteten Tribüne bei brütender Hitze schlicht zu anstrengend, die Einheiten konzentriert zu verfolgen, war es letzte Woche in St. Gallen weitaus entspannter. Zeitweise waren wir zwar auch der prallen Sonne ausgesetzt, die Temperaturen aber waren doch erträglicher als im Zillertal.
Zwischen Zillertal und St. Gallen nahmen wir noch den Test in Bern mit. Wenn wir uns schon seit einiger Zeit von internationalen Ambitionen verabschieden mussten, so ließen wir uns die Gelegenheit nicht nehmen, ein wenig „Stuttgart International-Flair“ im Rahmen der Saisoneröffnung der Young Boys Bern zu schnuppern. Machte uns beim letzten Besuch des Wankdorf-Stadions noch ein selten erlebtes Schneechaos zu schaffen, so mussten wir dieses Mal eher der Hitze trotzen. Trotz der Enttäuschung über das 1:4 und darüber, dass das Stadion nur sehr spärlich gefüllt war, hatten wir jede Menge Spaß, den wir uns nicht einmal durch die horrenden Preise nehmen ließen. Beim Wechselkurs von fast 1:1 kam man sich schon wie ein armer Mann dort vor, was mich dazu bewog, auf rein flüssige Nahrung sowie die mitgebrachten Fleischküchle zu setzen. 23 Euro für eine Pizza, 6,50 € für eine Stadionwurst, 10 Euro für einen Döner, 5,50 € für eine Butterbrezel oder gar 33 Euro für ein Cordon Bleu, zu viel für einen sparsamen Schwaben.
Bereits ein paar Tage vor dem Test in Bern gab der VfB bekannt, sein zweites Trainingslager in St. Gallen abhalten zu wollen. Lang hatten wir darauf gewartet, um endlich planen zu können. Der (frühe) Termin im Zillertal war eher der Tatsache geschuldet, dass man aufgrund der Werbepartnerschaft mit zillertal.at zu einer frühen Festlegung verpflichtet war, um dem Werbepartner die Gelegenheit zu geben, diesen Event zu vermarkten und kräftig die Werbetrommel zu rühren. Das Trainingslager im Zillertal musste daher bereits im März fix terminiert werden, zu einem Zeitpunkt also, das man noch überhaupt nicht wusste, ob man sich dort für die erste oder für die zweite Bundesliga vorbereiten würde. Als der Klassenerhalt dann endlich feststand, war es klar, dass dieses Trainingslager im Zillertal, in dem die Nationalspieler erst nach und nach dazu stießen, eher ein Lauf- und Grundlagentrainingslager werden und ein zweites folgen würde.
Der VfB tat sich schwer damit zu einem Zeitpunkt, wo bereits fast alles ausgebucht war, ein geeignetes Hotel mit idealen Bedingungen zu finden. So stand der Termin für St. Gallen gerade einmal knapp zwei Wochen vor dem Beginn dieses Trainingslagers, was uns Fans dann auch vor planerische Herausforderungen stellen sollte. Die Bodenseeregion ist im Hochsommer ohnehin stark frequentiert, hinzu kam der Beginn der Bregenzer Festspiele, so dass es an freien (und bezahlbaren) Quartieren mangelte. Eines war für uns aber von Anfang an klar: unser „Basislager“ wollten wir in Österreich aufschlagen und täglich die knapp 40 Kilometer zum Trainingsgelände pendeln. Sowohl die Hotels und Pensionen als auch die Lebenshaltungskosten für Essen und Trinken sind in Österreich, auch direkt an der Grenze, mit den unsrigen vergleichbar und somit absolut im Rahmen. Unsere Wahlheimat schlugen wir in Hohenems auf und überquerten daher in sechs Tagen unzählige Male die österreichisch-schweizerische Grenze. Im Nachhinein betrachtet kann man konstatieren, alles richtig gemacht zu haben, auch wenn unser Quartier nur bis Freitag frei hatte und wir für die letzten beiden Nächte bei Bekannten ziemlich in der Mitte zwischen Hohenems und St. Gallen unterkamen.
Das Trainingslager selbst war eines, wie man es schon in früheren Jahren kennen- und lieben gelernt hatte. Klein aber fein, überschaubar, kein Massenauflauf à la Zillertal. Etwa 30 Voyeure wohnten den Trainingseinheiten bei, einige bekannte Gesichter, die auch immer dabei sind und einige Schweizer oder rund um den Bodensee ansässige, die die Gelegenheit nutzten, ihren Herzensverein einmal hautnah zu erleben. Hautnah ist auch das Stichwort, man ist nah dran wie sonst eigentlich nie, hört die Kommandos der Trainer, schaut in die geplagten Gesichter der Spieler und ist in ständigem Kontakt und Austausch mit den Journalisten, Fotografen, vfb-tv und anderen VfB-Angestellten, dem Team ums Team quasi. So gefällt es mir sehr gut, es war die ganze Woche über eine sehr entspannte und angenehme Atmosphäre.
Da bekommt man natürlich auch Einblicke, wie die Stimmung im Team ist, wie alle mitziehen, ob sich der eine oder andere vor den Übungen drückt, etc. pp. Gerade letzteres habe ich in diesem Jahr kaum erlebt. Anders als Feldherr Veh, der die Arbeit auch gerne mal seinen Assistenten überließ, hat Alexander Zorniger seine Augen einfach überall und verfolgt jede Übung selbst mit und unterbricht, wenn ihm etwas nicht gefällt oder lobt, wenn er Fortschritte erkennt.
Auch wenn noch kein Pflichtspiel gespielt ist, bin ich nach wie vor sehr angetan davon, mit welchem Engagement und mit welchem vorgelebten Enthusiasmus Zorniger Tag für Tag den Platz betritt. Er ist Fußballlehrer im wahrsten Sinne des Wortes, lehrt „seinen“ Fußball und hat die Ambition jeden seiner Spieler besser machen zu wollen. Dazu bedarf es seiner Philosophie und eines Planes, den er stringent verfolgt. Auch die Symbiose mit Robin Dutt gefällt mir in diesem Sommer sehr gut. Die beiden sprechen eine Sprache und sind vor allem ehrlich zueinander und auch zu den Spielern. Im Gegensatz zu früheren Zeiten wissen diejenigen, mit denen man nicht mehr plant, ganz genau, woran sie sind, so dass auch keiner mehr auf die Idee kommt, bequem seinen Vertrag auszusitzen.
Der nächste auf dem Absprung dürfte Mo Abdellaoue sein, dessen Zeit beim VfB unglücklicher nicht hätte verlaufen können. Mir tut der Junge wirklich leid. So schlecht fand ich den Einkauf damals gar nicht, vor allem zu Europa League Zeiten der 96er hat er mir sehr gut gefallen. Nur, was ich von Anfang an kritisierte, war, dass, bei dem damals praktizierten System mit einer Sturmspitze, die Ibisevic hieß, der Königstransfer Abdellaoue zu teuer war, um „nur“ den Backup für Ibisevic zu geben. Zudem weiß man, dass Mo ein sensibler Spieler ist, dem die Wertschätzung gegenüber seiner Person wichtig ist, so dass er sich recht schnell in sein Schneckenhaus zurückzog, wenn man das von außen überhaupt beurteilen kann. Er hat also innerlich bereits gekündigt, bevor er richtig angekommen war und hatte zudem mit langwierigen Verletzungen zu kämpfen. Ich hoffe, dass auch dieses Missverständnis bald mit einer Lösung beendet wird, mit der beide Seiten gut leben können.
Dutt bewältigt seinen Job bisher mit einer wohltuenden Unaufgeregtheit und lamentiert nicht wegen der begrenzten Möglichkeiten. Er hat genau gewusst, auf was er sich hier einlässt und nimmt die Situation an wie sie ist. Ich habe derzeit ein sehr gutes Gefühl, dass uns das Duo Dutt/ Zorniger kurzfristig in ruhigere Fahrwasser und mittel- bis langfristig wieder dorthin führen wird, wo wir nach unserem eigenen Selbstverständnis hingehören, nämlich, zumindest heran an die Europa League Plätze. Bis sämtliche Veränderungen greifen, bis der Kader nach deren Vorstellungen umgestaltet ist, auch bis es einmal wieder gelingt Leistungsträgern ein Bleiben schmackhaft zu machen, werden sicherlich Jahre vergehen. Aber, so lang man erkennt, dass an bestimmten Stellschrauben gedreht wird, solang Bewegung im Laden ist, werden die Fans die Arbeit anerkennen und nicht ungeduldig werden. Da bin ich mir ziemlich sicher. Sehr hilfreich wäre dafür natürlich ein guter Start in Pokal und Liga, um erst überhaupt keine Unruhe aufkommen zu lassen.
Höhepunkt der Tage von St. Gallen war zweifellos der Fan-Abend im Mannschaftshotel Säntispark in Abtwil. Seit Bruno Labbadia in Längenfeld ist es gute Tradition, dass uns nicht mehr „nur“ die Neuzugänge und ein, zwei alte Hasen beehren, sondern die komplette Mannschaft einschließlich Trainer- und Betreuerstab zum Fanfest erscheinen.
Wie unser Fanbetreuer Peter Reichert treffend formulierte, waren an diesem Abend bald mehr Spieler als Fans anwesend, was uns die Gelegenheit zu langen und tiefgreifenden Gesprächen gab. Zu uns gesellten sich Lukas Rupp, Daniel „Ginni“ Ginczek und Daniel „Dida“ Didavi, wobei vor allem letztere beide in unmittelbarer Nähe zu mir saßen und ich sie nach Belieben „löchern“ konnte. Beide waren super drauf und sehr freundlich und betonten immer wieder, wie toll die Stimmung in den letzten Spielen war und wie gerne sie diese in die neue Saison hinüber retten würden.
Wir wollten natürlich von Ginni wissen, wie es sich anfühlt ein solch entscheidendes Tor wie das in Paderborn zu erzielen oder von Dida, wie die Chancen stehen, seinen Vertrag doch noch zu verlängern. Ebenso hat mich interessiert, nachdem beide von den Neuerungen und der Bewegung im Verein so schwärmten, was sie zu Günne Schäfer als neuem Mannschaftsbetreuer sagen. Günne tut einfach gut, auch uns Fans. Unglaublich mit welcher Offenheit und ständig guter Laune er in seiner neuen Aufgabe aufgeht. Eine seiner Aufgaben soll ja zukünftig sein, den Kontakt zu verliehenen Spielern zu halten, sie über Geschehnisse im Verein auf dem Laufenden zu halten und ihnen vor allem nicht vorzuenthalten, was der VfB nach der Rückkehr mit ihnen vor hat. Daher fragte ich Dida, wie es bei ihm gelaufen ist, als er nach Nürnberg verliehen war. Und siehe da, mein Eindruck, dass sich verliehene Spieler eher entfremden und als Teil des neuen Vereins sehen, täuschte mich nicht, von daher ist auch die Installation des Teammanagers eine Neuerung, die absolut zu begrüßen ist, zumal Günne wie kaum ein Zweiter in Vergessenheit geratene Werte vermitteln und die Jungs mitreißen kann.
Ginni schmierte ich noch ein wenig Honig ums Maul, indem ich ihm sagte, dass er mir erstmals so richtig beim 5:1-Sieg des FC St. Pauli gegen den bereits feststehenden Aufsteiger Eintracht Braunschweig auffiel, als ich am Millerntor war und seinen Werdegang seitdem aufmerksam verfolgte. Dass ich, trotz vieler Unkenrufe, seine Verpflichtung mit Kreuzbandriss immer verteidigt habe und ihm einen ähnlichen Werdegang wie den von Max Kruse zutraute. Legt Ginni eine verletzungsfreie Saison hin, ist er für mich ein heißer Kandidat für Jogis Kader zur Euro 2016.
Auch die Meinung der beiden zu Chima Onyeike, dem zurückgekehrten Athletiktrainer, wollte ich wissen. Ich muss sagen, wir haben uns sehr gefreut, als wir ihn überraschend auf einmal wieder auf dem Trainingsplatz gesehen haben, weil der Mann einfach etwas hergibt und den Jungs auch etwas vormachen kann. Auch die Spieler sehen ihn positiv, da er deren Belastbarkeit als Ex-Profi noch besser einschätzen kann als „Papa“.
Über dieses und noch viel mehr konnten wir uns an diesem tollen Abend in ungezwungener Atmosphäre unterhalten. Fast ein bisschen schade, dass unsere beiden Mädels am Tisch kaum Worte fanden und ich es so als unhöflich empfunden hätte, den Tisch zu wechseln, um noch mit anderen ins Gespräch zu kommen.
Diese Gelegenheit kam dann vermeintlich, als sich die Spieler nach etwa zwei Stunden wieder verabschiedeten. Auf „unsere“ lasse ich ja sowieso nichts kommen, unheimlich nett bspw. wie Dida mich am Folgetag am Trainingsplatz und sogar gestern auf der Tribüne beim Amas-Spiel begrüßte, aber, auch bei Anderen kam die gute Kinderstube zum Vorschein, als sich zum Beispiel Kevin Stöger und Arianit Ferati von allen Anwesenden per Handschlag verabschiedeten.
Ich wollte mich eigentlich noch mit André Trulsen unterhalten. Nach einem Training ließ ich mich mit ihm ablichten und erzählte kurz, dass ich auch gerne mal bei St. Pauli bin und dort einige Freunde habe, woraufhin er ihnen schöne Grüße ausrichten ließ. Diese Unterhaltung hätte ich gerne noch vertieft und sah die Chance gekommen, als ich ihn noch von hinten an einem Tisch mit Fans sitzen sah. Also, kurz einen lockeren Opener überlegt und ihn von der Seite mit „darf ich kurz stören? Ja! Haben Sie sich beim VfB schon gut eingelebt?“ angesprochen. „Er“ entgegnete daraufhin in breitestem schwäbisch: „Ja, ich bin ja schließlich auch schon acht Jahre da“. Dumm gelaufen, hatte ich doch tatsächlich den Busfahrer erwischt, der André Trulsen von hinten ähnelte, wie mir, zu meiner Ehrenrettung, ein Bekannter bestätigte, der dem selben Irrtum erlegen war. Zwar trotzdem peinlich, aber eine Anekdote mehr, an die man sich noch lang erinnern wird.
Das Highlight des Abends aus emotionaler Sichtweise war aber der Heiratsantrag, den Raffael seiner Jule vor versammelter Mannschaft machte. Das hatte etwas, den eigentlichen Stars für einen Moment die Show zu stehlen und sich von den Spielern feiern zu lassen. Robin Dutt ließ sich dabei nicht lumpen und ließ den frisch Verlobten eine Flasche Sekt hinstellen. Fans und Mannschaft intonierten noch ein lautstarkes 1893, hey, hey, ehe man sich wieder den fruchtbaren Gesprächen zuwandte.
Auf dem Heimweg nahmen wir dann noch das Spiel in Konstanz gegen den FC Winterthur mit. Es war das Heimspiel unserer Konstanzer VfB-Freunde auf deren Empfehlung hin wir im Constanzer Wirtshaus landeten, welches sehr schön am Rhein gelegen ist, aber auch einen Blick auf den Bodensee bietet. Dort lässt es sich in schönem Ambiente und zu moderaten Preisen gut trinken und speisen, weil es so schön war, ließen wir dort den Abend dann auch, mit drei Winterthurern im Schlepptau, ausklingen. Das Spiel war phasenweise schon ganz gefällig, die Akzente setzten in der ersten Halbzeit Daniel Didavi mit zwei blitzsauberen Toren sowie in der zweiten Filip Kostic.
Auch wenn weder dieser Test noch der in Bern überbewertet werden darf, so zeigen sich schon so langsam Konturen des neuen VfB-Spiels. Ein echter Kracher steht uns heute bevor, wenn es gegen den englischen Vizemeister Manchester City geht. Der Scheich-Club, der Jahr für Jahr das Ziel des Financial Fairplay verfehlt und dafür auch bereits von der UEFA mit 60 Millionen Euro Strafe zur Kasse gebeten wurde, tritt mit einer ganzen Armada von Topstars in Stuttgart an und wird ein echter Prüfstein werden. Was ein solcher Test wert ist und ob er überhaupt einen Wert hat, werden wir dann in Kiel sehen. Es besteht schon die große Gefahr, ein Debakel zu erleben, fängt doch bereits in einer Woche der englische Ligabetrieb an, so dass die Engländer dieses Spiel sicher sehr ernst nehmen werden.
Auf der anderen Seite ist aber natürlich auch eine Überraschung möglich, welche die Erwartungen ins Unermessliche steigen lassen würde. Man könnte also meinen, dass wir heute nur verlieren können. Das Spiel wird sicher Erkenntnisse darüber aufzeigen, wo wir stehen, was bereits sehr gut funktioniert und wo wir uns noch verbessern müssen. Das erkennt man am allerbesten, wenn man sich mit den Besten misst und nicht, wenn man sich vermeintliches Kanonenfutter zum Test einlädt.
Dass dieser wohl einmaligen Gelegenheit, sich mit einem internationalen Top-Team zu messen, das Opening zum Opfer gefallen ist, ist zwar bedauerlich, für mich jedoch nachvollziehbar. Würde, wie im Vorjahr, das Opening vor dem Test stattfinden, wären unsere Jungs den Tag über zu sehr abgelenkt, um hinterher noch ein vernünftiges Spiel hinlegen zu können. Dann lieber diese Generalprobe nutzen, den Tag mit den gleichen Abläufen verbringen, wie man es bei einem Pflichtspiel tun würde, und die volle Konzentration diesem hochkarätigen Gegner widmen. Ich freue mich sehr drauf, endlich wieder ins Neckarstadion zu pilgern und in einer Woche beim Pflichtspielauftakt in Kiel dabei zu sein.
Mein Optimismus und mein Vertrauen in „den neuen VfB“ ist also groß. Dutt und Zorniger wissen genau, was noch getan werden muss. Auch wenn sich Dutt im Bemühen um einen erfahrenen Innenverteidiger Absage um Absage einhandelt, er bleibt am Ball und wird uns noch jemanden präsentieren.
Ich hoffe sehr, dass wir einen vernünftigen Start hinlegen und Zorniger in Ruhe arbeiten kann. Im Umfeld höre ich sehr viel Skepsis, da sich SO viel ja gar nicht verändert habe und wir vor allem in der Defensive noch immer sehr wackelig sind.
Ich selbst sehe dieses (Defensiv-)Gebilde zwar auch als noch fragil an, setze aber darauf, dass die neuen Automatismen nach und greifen und wir uns stetig verbessern und vor allem in der neuen Saison mit dem Abstieg nichts zu tun haben werden.
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