21. November 2010
Heute geht es gegen das Schlusslicht der Liga, den einst so ruhmreichen 1. FC Köln. Bei den Kölnern war diese Woche mächtig Feuer unterm Dach, erst das 0:4 zu Hause gegen den Erzrivalen Mönchengladbach, was sich für die FC-Fans wohl in etwa so anfühlen dürfte, wie für uns, wenn wir den KSC vergeigen würden, also eine Form von “No Go”. Eine Niederlage im Derby ist schon schlimm genug, aber dann bitte nicht in dieser Art und Weise!
Dann stand noch die Jahreshauptversammlung an, in dem die Mehrheit der Mitglieder dem Vorstand die Entlastung verweigerte und der Manager Michael Meier sich böse Schimpftiraden anhören durfte. Es war also eine Woche in Köln, wo auch der letzte Spieler in Köln mitbekommen haben dürfte, worum es geht. Uns dürfte also sicher erst einmal eine hochmotivierte und unter wahnsinnigem Druck stehende Kölner Mannschaft erwarten. Sie werden auch durchaus mit breiter Brust kommen, wenn man sich vor Augen führt, dass der VfB seit 1996 keinen Hemsieg mehr gegen die Geißböcke eingefahren hat und die letzten Auftritte in der Mercedes Benz-Arena allesamt verloren wurden.
Doch aus VfB-Sicht dürfen diese Umstände natürlich keine Rolle spielen. Ein Heimsieg muss her, egal wie! Umso mehr, als dass ja vor Wochenfrist in Kaiserslautern der schon sichere Sieg leichtfertig verschenkt wurde. Beim VfB scheint sich jetzt langsam doch eine Formation herauszukristallisieren, die in der Liga etwas reißen kann. Für die, die nach Verletzungen jetzt nach und nach zurück kommen, mag es zunächst hart sein, aber derzeit gibt es eigentlich keinen Grund an der Stammformation zu rütteln.
So pläidere ich weiterhin für
- Sven Ulreich (sowieso außer Frage derzeit)
- Patrick Funk (hatte in Kaiserslautern gegen Rivic zwar nicht seinen besten Tag, vor allem wegen seiner Schnelligkeitsdefizite, beißt sich aber in ein Spiel rein und ist konzentrierter bei der Sache, als z. B. Boulahrouz, dessen Einwechslung der Anfang vom Ende in Lautern bedeutete. Celozzi ist wieder einsatzfähg, hat aber noch nie so überzeugt, als dass Keller für ihn die Mannschaft ändern müsste. Degen steht auch wieder zur Verfügung und zeigte in Kaiserslautern vor allem in Sachen schnelle Vorstöße gute Ansätze. Ist der auch konditionell wieder für 90 Minuten bereit, sehe ich ihn vor Celozzi.
- Matthieu Delpierre und Georg Niedermeier stellen sich von selbst auf, da Tasci und Boulahrouz ausfallen.
- Cristian Molinaro, mit ansteigender Form und gutem Zusammenspiel mit Boka auf der linken Seite
- Mittelfeldzentrale mit den Christians Träsch und Gentner. Träsch sowieso über jeden Zweifel erhaben, Gentner ebenfalls mit ansteigender Formkurve. Das Zusammenspiel und die Abstimmung mit Träschi funktioniert weitaus besser als zuvor mit Kuzmanovic. Diesen 8-Millionen-Mann sehe ich daher bis auf weiteres auf der Ersatzbank, ebenso wie Mamadou Bah.
- Arthur Boka hat sich erst einmal auf dem linken Flügel festgespielt und beweist neuerdings sogar Torjägerqualitäten. Technisch anspruchsvoller Lupfer gegen Lautern zum 0:1. Für ihn freut es mich besonders, dass er sich in die Mannschaft gespielt hat. Schon im Sommer, als verzweifelt Außenbahnspieler gesucht wurden, plädierte ich für ihn aus zweierlei Gründen. Offensiv gefällt er mir besser als defensiv, schon von daher ein Versuch wert, zum anderen ist er ein zu teurer Mann für die Ersatzbank. Dort sollten optimalerweise wirklich Leute aus der zweiten Reihe sitzen und keine hochdotierten Nationalspieler. Wenn Arthur die Leistungen festigt, wird es für Didavi und Audel schwer in die erste Elf zu kommen.
- Timo Gebhart hat sich auch unter Jens Keller fest in der Mannschaft etabliert und derzeit die Nase vorn vor einem (alternden) Weltmeister Mauro Camoranesi.
- Bliebe noch Elson, der, wie Jens Keller sagte, auf einer sehr speziellen Position spielt. Man könnte auch sagen, er spielt auf einer Position, die es bei uns nicht gibt, nämlich der des klassischen Zehners. Leider ist Elson kein Außenbahnspieler, wenn käme er allenfalls noch auf einer Position der Doppel-Sechs in Betracht, wo wir aber fast schon traditionell ein Überangebot haben. So wird sich an seiner Situation auf Sicht leider nichts ändern. Mir persönlich tut es Leid. Ich sehe ihn gerne spielen und empfinde ihn als einen der sympathischsten VfB-Profis überhaupt, einer der wirklich nach jedem Training noch minutenlang zu den Fans geht und sich nicht sofort verpisst. Bei ihm hat man auch nicht den Eindruck, dass es ihm lästig wäre, er ist einfach ein netter Kerl. Daher wünsche ich mir, dass er, nach dem Intermezzo bei Hannover 96 und seiner langwierigen Knieverletzung wieder Fuß fasst und als Einwechselfspieler noch das ein oder andere Mal helfen kann. Er ist jedenfalls einer, der das Auge für den tödlichen Pass hat, auch mal aus 25 Metern abzieht und brauchbare Standards schlägt. Sicher ist er der technisch versierteste Spieler, den wir haben.
- Im Sturm haben derzeit Ciprian Marica und Cacau die Nase vorn. Pogrebnjak ist momentan ganz außen vor, Martin Harnik war zuletzt verletzt und bewies zumindest schon einige Male als Joker, dass er einen Riecher hat. In den letzten beiden Spielen war Marica an sechs der neun Tore direkt beteiligt. Nicht zum ersten Mal hofft man bei ihm, dass er endlich explodiert und eine solche Form auf Dauer halten kann. Cacau ist noch immer nicht der Cacau, der ihn zum Nationalspieler gemacht hat. Er ist überall, will zu viel und im entscheidenden Moment fehlt ihm dann die Konzentration. Sein Anspruch ist es, aufgrund seiner Gehaltserhöhung und WM-Teilnahme Führungsspieler zu sein, momentan trägt er an dieser Last schwer. Zuallererst sollte ein Führungsanspruch über Leistung angemeldet werden. Ich hoffe, er knüpft bald an seine Leistungen der vergangenen Rückrunde an, möglichst schon heute. Im letzten Spiel in Köln, beim 1:5, erlegte Cacau mit seinen vier Treffern den Geißbock fast im Alleingang.
Insgesamt betrachtet bin ich also für heute durchaus zuversichtlich, dass es mit dem vierten Heimsieg unter Keller etwas wird. Wichtig wird sein nicht in Rückstand zu geraten und die Offensive der Kölner in Schach zu halten. Da Podolski viel über links kommt, wird es an Funk oder Celozzi liegen, diesen einbremsen zu müssen. In der Mitte gilt es ein Augenmerk auf den wieder erstarkten Novakovic zu haben. Auch Lanig dürfte gegen die Ex-Kollegen besonders motiviert sein. Ihn darf man vor allem bei Standards nicht aus den Augen verlieren. Dennoch hat der VfB mehr Klasse in den Reihen als die Kölner. Dem VfB dürfte der Trainerwechsel der Kölner von Soldo zu Schäfer eher entgegen kommen, da sich die Kölner nicht mehr so einigeln wie noch unter Soldo und der VfB daher mehr Räume haben dürfte als noch in der letzten Saison.
Ich bin zuversichtlich, dass wir heute Grund zum Feiern haben werden. An eine Niederlage möchte ich gar nicht denken, dann wären wir punktgleich mit den Kölnern und hätten vor den Gladbachern, die in diesem Fall die rote Laterne übernehmen würden gerade einen Punkt Vorsprung. Und das vor den nächsten schweren Spielen in Hamburg, gegen Hoffenheim, in Hannover und gegen die Bayern. Das Spiel heute ist also das vermeintlich leichteste der noch anstehenden Bundesligaaufgaben in 2010 und daher immens wichtig. Mit einem Sieg würde das Selbstvertrauen weiter wachsen und wir könnten mit etwas Druck nach Hamburg reisen. Diese schwächeln ja ebenfalls.
Bilder vom heutigen Spiel folgen bereits heute abend, die aus Hamburg dann Sonntag-Nacht oder Montag früh. Bis dahin, drückt die Daumen heute, viele Grüße, Franky!
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9. November 2010
Der VfB gibt Gas und hat wieder Spaß
Natürlich hat sich Jens Keller das so erhofft, und natürlich hat der Trainer des VfB Stuttgart daran geglaubt, dass der Fußball-Bundesligist ein starkes Spiel abliefert. Doch das Werder Bremen es seiner Mannschaft so einfach machen würde, hat sich Keller wohl kaum vorstellen können. Am Ende stand jedoch ein begeisterndes 6:0 (3:0) – und vor allem die neu gewonnene Überzeugung, die Wende zum Guten nun endgültig erzwingen und erspielen zu können. Der Begriff Nachhaltigkeit machte im Stuttgarter Lager nach dem Erfolg jedenfalls die Runde. Doch in dieser Situation steckte der VfB nach Europacuppartien schon öfter: das Selbstvertrauen aus den internationalen Vorstellungen sollte sich auch national auswirken. Doch meist war der positive Effekt nach einem Spiel schon wieder vorbei. Nun hat der VfB jedoch nicht nur ein brauchbares Ergebnis nachgeschoben, sondern richtig aufgetrumpt.
Trotz einer Reihe von personellen Veränderungen im Vergleich zum erfolgreichen Europa-League-Spiel beim FC Getafe nahm der VfB den kompletten Schwung aus Spanien mit in die Partie in der Mercedes-Benz-Arena. Auf fünf Positionen veränderte Keller seine Anfangself. Teils verletzungsbedingt wie im Fall von Serdar Tasci, teils aus Kalkül wie im Fall von Zdravko Kuzmanovic, der zunächst auf der Bank saß. Für den Serben rückte Christian Gentner in die Mannschaft – und der bildete gemeinsam mit Christian Träsch das zentrale Mittelfeld der Gastgeber. Eine Variante, die der VfB bisher noch nicht ausprobiert hatte, die aber funktionierte. Gentner übernahm den eher defensiven Part und Träsch trieb das Spiel nach vorne an. Der Schlüssel zum Sieg war jedoch Kellers Plan, die Bremer Defensive schon früh unter Druck zu setzen.
Immer wieder störten gleich mehrere Stuttgarter den Spielaufbau der Gäste, immer wieder schaltete das VfB-Team nach der Balleroberung rasend schnell um, und immer wieder stießen sie in die Lücke in der Bremer Abwehr. So überzeugten die Gastgeber auf der einen Seite durch ihr Engagement und ihre Aggressivität, aber ebenso durch ihre Spielfreude. Als Paradebeispiel stand dafür Timo Gebhart. Der 21-jährige Mittelfeldmann war im ersten Abschnitt an der Enstehung aller drei Tore beteiligt. Einmal schloss Ciprian Marica erfolgreich ab (10.), zweimal Cacau (31./45.). Eine weitere Riesenchance von Christian Gentner vereitelte der Werder-Torhüter Tim Wiese mit einem Reflex (28.). Aber vielleicht wäre die Begegnung auch ganz anders gelaufen, wenn Torsten Frings beim Ausführen eines Elfmeters nicht einen Anglug von Schwäche erlitten hätte. Der Bremer Routinier schoss so erbärmlich, dass der VfB-Schlussmann Sven Ulreich den Ball sogar sicher fangen konnte (24.). Zuvor hatte Ulreich im Strafraum Aaron Hunt auflaufen lassen, so dass der Schiedsrichter Kinhöfer auf Strafstoß entschied. Nach der Pause erklärte der VfB den Ballbesitz vorübergehend zum verzichtbaren Luxus und überließ dem Team von Trainer Thomas Schaaf die Initiative.
Doch Werder wusste damit nichts anzufangen, und der VfB holte nur kurz Luft, um dann wieder seinem Tagesmotto nachzukommen: wir geben Gas und haben wieder Spaß. Selbst ein verschossener Foulelfmeter von Cacau (61.) wirkte sich nicht negativ aus. Die Stuttgarter bevorzugten es, ihre Treffer herauszuspielen. Und wie. Christian Gentner erhöhte auf 4:0 (68.), ehe Georg Niedermeier (73.) und Arthur Boka (86.) den Kantersieg perfekt machten. Nur ein VfB-Profi wollte sich dann nicht uneingeschränkt freuen. Cacau haderte nach seiner Auswechslung gegen Martin Harnik. Der Nationalstürmer schimpfte schon auf dem Platz, als er das Täfelchen mit der Rückennummer 18 sah – und konnte sich auch auf der Bank erst einmal nicht beruhigen.
Stuttgart
Ulreich – Funk, Niedermeier, Delpierre, Molinaro – Träsch, Gentner – Gebhart (81. Camoranesi), Boka – Cacau (66. Harnik) – Marica (78. Kuzmanovic).
Bremen
Wiese – Wesley, Mertesacker, Prödl, Silvestre – Frings (63. Arnautovic) – Marin, Jensen – Hunt (49. Balogun) – Pizarro, Wagner (73. Hugo Almeida).
Schiedsrichter
Kinhöfer (Herne).
Zuschauer
39.500.
Tore
1:0 Marica (10.), 2:0 Cacau (31.), 3:0 Cacau (45.), 4:0 Gentner (68.), 5:0 Niedermeier (73.), 6:0 Boka (86.).
Besondere Vorkommnisse
Ulreich (VfB Stuttgart) hält Foulelfmeter von Frings (23.), Cacau (VfB Stuttgart) scheitert mit Foulelfmeter an Wiese (61.).
(STZ online 7.11.10)
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26. September 2010
Einfallslos, mutlos und chancenlos hat sich der VfB Stuttgart vor heimischen Publikum gegen Bayer Leverkusen präsentiert. Folgerichtig haben die Leverkusener das Spiel mit 1:4 (0:2) für sich entschieden. Durch diese Niederlage rutschten die Stuttgarter auf den letzten Tabellenplatz und blicken schweren Wochen entgegen.
Spielverlauf:
Von Beginn an dominierten die Gäste aus Leverkusen das Geschehen vor 38.300 Zuschauern in der Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena. In den ersten 15 Minuten konnte sich die Werkself keine nennenswerten Torchancen erarbeiten. Doch in der 19. Minute schlugen die Leverkusener den VfB mit ihren eigenen Stärken. Haben die Roten vier ihrer elf Saisontore mit dem Kopf erzielt und sorgten damit für einen Ligaspitzenwert, köpfte erst Leverkusens Abwehrhüne Sami Hyypiä in der 19.Minute ein nach einem Freistoß von Tranquillo Barnetta. Und nur zwei Minuten später schlugen die Gäste erneut zu: Michal Kadlec flankt erneut von der linken Seite auf Mannschaftskollegen Arutro Vidal, der den Ball ebenfalls mit dem Kopf zum 2:0 im Tor unterbringt.
Wer dachte, dass es nun nicht mehr schlimmer für den VfB kommen könnte, irrte. Erst verfehlt Barnetta aus 16 Metern das Gehäuse von VfB-Torhüter Sven Ulreich nur knapp (26.Minute) und in der 31. Minute foulte Mauro Camoranesi den einschussbereiten Barnetta kurz vor der Strafraumgrenze. Schiedsrichter Florian Meyer blieb nichts anderes übrig und zeigte dem Italiener die Rote Karte.
Camoranesi mit schwacher Leistung
Camoranesi verabschiedete somit mit einer äußert schwachen Leistung. Nie konnte der 33-Jährige seinen jungen Mannschaftskollegen den nötigen Halt geben und leitete mit einem Foul bereits die Führung der Gäste ein. Den anschließenden Freistoß von Eren Derdiyok parierte VfB-Torhüter Sven Ulreich stark. Mit zwei Toren Rückstand und einem Spieler weniger auf dem Feld tauchten die Stuttgarter in Person von Martin Harnik in der ersten Halbzeit doch noch vor dem Leverkusener Tor auf. Der Österreicher schoss allerdings aus zehn Metern weit vorbei (37.).
Pfeifkonzert zur Halbzeit
Danach machten VfB-Anhänger zur Halbzeit ihrem Unmut Luft und verabschiedeten ihre Mannschaft mit einem Pfeifkonzert in die Kabine. Dies schien Eindruck bei den Akteuren hinterlassen zu haben. Die Stuttgarter kamen deutlich engagierter aus der Kabine und verkürzten in der 53. Minute per Freistoß durch Zdravko Kuzmanovic auf 1:2. Das Aufbäumen der Stuttgarter blieb allerdings nur von kurzer Dauer. Zwar setzten die Gastgeber auf eine Karte, vernachlässigten ihre Defensivarbeit und versuchten Druck aufzubauen, doch zu ideenlos und ungenau präsentierten sie sich in ihren Angriffsbemühungen. Darüber hinaus nutzten die Leverkusener die entstandenen Lücken in der VfB-Defensive aus und kamen zu hochkarätigen Chancen.
Eine davon nutzte Hanno Balitsch in der 69. Minute zum 3:1, nachdem er nur eine Minute zuvor noch völlig freistehend an Sven Ulreich gescheitert war. Ein Treffer von Pawel Pogrebnjak sorgte noch einmal für einen kurzen Hoffnungsschimmer. Allerdings erkannte Schiedsrichter Meyer den Treffer wegen eines vorangegangen Handspiels nicht an (78.). Und so machte Bayer Stürmer Sidney Sam schließlich mit seinem Treffer zum 4:1 zwei Minuten vor Spielende die Blamage der Stuttgarter perfekt. Leverkusen feierte seinen zwöften Auswärtserflog in Stuttgart in der Bundesligageschichte. Nirgends hat die Werkself öfter gewonnen.
Entscheidende Szene:
Als Mauro Camoranesi in der 31. Minute aufgrund seiner Notbremse die Rote Karte sah, dürften nur noch die mutigsten VfB-Anhänger auf einen erfolgreichen Nachmittag gehofft haben. An dieser Situation wurde aber auch deutlich, dass sich selbst ein Routinier wie Camoranesi nicht als Führungsspieler in einer völlig verunsicherten Stuttgarter Mannschaft erweist.
Beste Spieler:
Bei einer schwachen Leistung wurde ein Spieler zur Stütze, der in den ersten Saisonspielen auch nicht immer als der sicherste galt: Torhüter Sven Ulreich. Doch gegen Leverkusen verhinderte das VfB-Eigengewächs zunächst in der ersten Halbzeit in mehreren Situationen einen höheren Rückstand und sorgte somit dafür, dass die Roten zu Beginn der ersten Halbzeit noch einmal kurz auf einen Punktgewinn hoffen konnte. Und auch in Halbzeit entschärfte er einige Chancen der Leverkusener.
Kommentar:
Der VfB Stuttgart ist erst aufgewacht als schon alles verloren war. In der gesamten ersten Halbzeit konnte die Mannschaft von Christian Gross keine ernsthaften Torchancen erspielen. Das Aufbäumen in der zweiten Halbzeit, der auch der Anschlusstreffer von Kuzmanovic fiel, war nur von kurzer Dauer. Das Stuttgarter Angriffspiel blieb ideenlos und zu ungenau. Das Spiel machte außerdem deutlich, dass dem VfB eine Führungspersönlichkeit auf dem Spielfeld fehlt. Mit Mauro Camoranesi verabschiedete, derjenige Spieler bereits nach 31. Minuten vom Platz, der in diese Rolle hätte schlüpfen können. Der VfB scheint schweren Zeiten entgegen zu gehen.
VfB Stuttgart:
Ulreich – Träsch, Delpierre, Tasci, Boka – Camoranesi, Kuzmanovic, Gentner, Harnik – Pogrebnjak, Cacau.
Bayer 04 Leverkusen:
Adler – Schwaab, M. Friedrich, Hyypiä, Kadlec – Renato Augusto, Reinartz, Vidal, Barnetta, Balitsch – Derdiyok.
Schiedsrichter:
Florian Meyer (Burgdorf).
Zuschauer:
38.300
Tore:
0:1 Hyypiä (19.), 0:2 Vidal (21.), 1;2 Kuzmanovic (53.), 1:3 Balitsch (69.), 1:4 Sam (88.)
(STZ online 25.9.2010)
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20. September 2010
Der VfB Stuttgart hat sich in weniger als zwei Tagen aus der Krise geschossen: Nur 41 Stunden nach dem Europa- League-Erfolg gegen Bern (3:0) feierten die Schwaben am Samstag beim eindrucksvollen 7:0 (2:0) gegen Borussia Mönchengladbach auch ihren ersten Saisonsieg in der Fußball-Bundesliga. Pawel Pogrebnjak schoss für den wie aufgedreht und mit völlig neuem Selbstvertrauen spielenden VfB gleich drei Tore (2., 54. und 60. Minute). Die weiteren Treffer erzielten Georg Niedermeier (21.), Zdravko Kuzmanovic (64.), Matthieu Delpierre (72.) und Ciprian Marica (80.). Für die erschreckend schwachen Gladbacher war es nach dem 0:4 gegen Eintracht Frankfurt das zweite Debakel in Serie. Spiele gegen Stuttgart sind zudem so etwas wie eine aussichtslose Angelegenheit für sie: In den vergangenen 15 Jahren gewannen sie nur eines davon. Der VfB siegte zum fünften Mal in seiner Bundesliga-Historie mit 7:0, zuletzt war ihm das am 23. Februar 1991 gegen Dortmund gelungen.
Dazu feierte Kapitän Delpierre nach viermonatiger Verletzungspause (Knie-Operation) sein von Christian Gross “sehnlich erwartetes” Comeback. Seine Wunschformation im Abwehrzentrum konnte der VfB- Trainer aber schon wieder nicht aufbieten, da Serdar Tasci kurzfristig mit Adduktoren-Problemen ausfiel. Ansonsten änderte Gross im Vergleich zum Bern-Spiel nichts. Der Faktor Stabilität war ihm bei seiner Aufstellung wichtiger, als mögliche frische Kräfte einzubauen. Dieser Plan ging von Anfang an auf. Stuttgart spielte mit enorm viel Schwung und einer positiven Körpersprache – das Spiel gegen Bern hatte nicht etwa Kräfte gekostet, sondern neue freigesetzt. Schon in der zweiten Minute traf Pogrebnjak per Abstauber zum 1:0. Gerade, als das hohe Anfangstempo etwas abzunehmen drohte, erhöhte Niedermeier per Kopf nach einem Eckball von Mauro Camoranesi auf 2:0. Vor 39 500 Zuschauern spielten die Gastgeber zum ersten Mal in dieser Saison genau den druckvollen Fußball, den ihr Trainer immer predigt.
Die starken Außenverteidiger Arthur Boka und Christian Träsch trieben das Spiel nach vorn, wo der agile Camoranesi und der junge Daniel Didavi die spielerischen Akzente setzen und Cacau sowie Pogrebnjak permanent in Bewegung waren. Der Russe hätte die VfB- Führung schon in der 25. und 35. Minute ausbauen können. Die völlig indisponierten Gladbacher liefen in dieser Partie nur hinterher. Daran änderte nicht einmal etwas, dass Thorben Marx nach überstandener Oberschenkelzerrung wieder dabei war, Trainer Michael Frontzeck seine Spieler zur Pause schon nach wenigen Minuten aufs Feld zurückschickte und die Stuttgarter sich für die zweite Halbzeit eigentlich vorgenommen hatten, Kräfte zu schonen. Doch dann machte der VfB einfach da weiter, wo er vorher aufgehört hatte. Pogrebnjak, Kuzmanovic, Delpierre und der eingewechselte Marica trafen, wie sie wollten, während die Borussia nicht eine nennenswerte Torchance besaß. “Der VfB ist wieder da”, sangen die versöhnten Stuttgarter Fans dazu.
(STZ 18.9.2010)
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4. Mai 2010
Das Spiel ist längst vorbei, als Jens Lehmann noch einmal eine Entscheidung treffen muss. Als Letzter wird er verabschiedet, auf den Tribünen haben sich die Leute von ihren Plätzen erhoben, er steht im strömenden Regen und fragt sich: “Soll ich jetzt vor Rührung weinen oder lieber lachen?”
Lehmann entscheidet sich für Letzteres und nimmt versonnen lächelnd die rauschenden Ovationen des Stuttgarter Anhangs entgegen. Nur zwei seiner 23 Profijahre hat Lehmann beim VfB verbracht – trotzdem wird er stärker in Erinnerung bleiben als mancher Profi, der seine ganze Karriere in Stuttgart gespielt hat. Wegen seiner Eskapaden und seines Eigensinns, die den Verein, die Fans und auch die eigenen Mitspieler bisweilen an den Rand der Verzweiflung gebracht haben; und nicht zuletzt wegen seiner Klasse und seiner Persönlichkeit, die ihn zu einem großen Torhüter und ungewöhnlichen Menschen gemacht haben.
“Eigenständigkeit und Eigenwilligkeit zeichnen ihn aus, er ist ein sehr sensibler Mensch, der sich seine eigene Gedankenwelt aufgebaut hat”, sagt der VfB-Trainer Christian Gross und trauert dem 40-Jährigen, der nach dem letzten Saisonspiel in Hoffenheim seine Karriere beenden wird, schon jetzt hinterher: “Wir verlieren eine große Persönlichkeit und einen topseriösen und hochprofessionellen Torhüter.” Gross mag schwierige Charaktere und Querdenker – nach den Vorkommnissen beim Hinspiel in Mainz, als Lehmann aus dem Stadion geflüchtet war, setzte sich der Trainer vehement für den Torhüter ein.
Nun wird auch Lehmann die Zeit beim VfB in guter Erinnerung behalten. Herzlich dankte er “den lieben Schwaben” für die zumeist freundliche Unterstützung, die Verabschiedung am Samstag sei “ein unglaubliches Erlebnis” gewesen. Und so kann sich der Torhüter gut vorstellen, ein mögliches Abschiedsspiel in Stuttgart auszutragen, auch wenn das Stadion erst in einem Jahr fertig sein wird. “Bis dahin”, sagt er, “werden mich die Leute sicher nicht vergessen haben.”
(STZ 3.5.10)
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