7. März 2017
Der VfB Stuttgart bleibt auch nach dem 23. Spieltag der 2. Fußball-Bundesliga unangefochtener Tabellenführer und hielt den Vorsprung auf den Relegationsplatz dank des Patzers der Hannoveraner in Ostfrankreich bei sechs Punkten.
Für uns ständige Begleiter des Brustrings hieß es montags erstmals auswärts ran zu müssen und dies auch noch fast von einem Ende der Republik zum anderen. Wie war das einst mit der angedachten 300km-Regel, liebe DFL? Das Stadion erreichten wir sehr frühzeitig, so dass noch genügend Zeit blieb, ein Bierchen mit Freunden und Bekannten, die nach und nach eintrafen, zu trinken und die Ereignisse der vergangenen Woche zu diskutieren.
Eigentlich wollte ich das Thema nach meinem letzten sehr ausführlichen Statement für beendet erklären und, wie es allen gut tun würde, nur noch nach vorne blicken. Da es jedoch offensichtlich sehr viele gibt, die sich mit der unter sorgfältiger Abwägung aller Möglichkeiten von der Vereinsführung getroffenen Entscheidung nicht abfinden wollen, noch einmal ein paar Worte von mir dazu.
Wie bereits dargelegt, ist die getroffene Entscheidung richtig, weil es um die Glaubwürdigkeit des Vereins geht. Um die Glaubwürdigkeit der Eltern, die ihre Sprösslinge im VfB-Jugendinternat unterbringen, um die Glaubwürdigkeit gegenüber Sponsoren, die eine Menge Geld in die Jugendarbeit investieren und es geht um die Glaubwürdigkeit der Mannschaft gegenüber. Diese spürt, seit Hannes Wolf das Sagen hat, dass sich Leistung lohnt und es jeder selbst in der Hand hat, sich ins Team zu spielen und sie bekommt auf der anderen Seite auch zu spüren, dass diese Chance verwirkt, wer nicht mitzieht und sich nicht professionell genug verhält.
Da kann einer noch so auf Schönwetter mit den Fans machen, indem er alle paar Wochen mal so richtig einen raushaut, entscheidend ist aber auf dem Platz und wie man sich innerhalb der Gruppe gibt. In diesen Punkten hatte Großkreutz zu seiner Zeit beim VfB große Defizite und legte zudem nicht den Lebensstil eines Profis hin.
Wenn jetzt welche meinen, eine Online-Petition an den Start bringen zu müssen, deren Ziel es ist, dass der VfB eine Rolle rückwärts vollzieht, diejenigen können den VfB nicht lieben und können kein Interesse daran haben, dass weiterhin in aller Ruhe gearbeitet und alles dem Ziel Aufstieg untergeordnet werden kann.
Vereinsübergreifend wird für diese schwachsinnige Petition die Werbetrommel gerührt und sich damit gerühmt, dass schon 40.000 Leute diese unterzeichnet hätten. Nicht einmal ein Bruchteil derer, die hier unterschrieben haben, haben ein Interesse am VfB und haben geschweige denn Einblick in Großkreutz‘ Großtaten während seiner Stuttgarter Zeit und könnten diese beurteilen.
Den VfBlern, die die Petition unterzeichnet haben, kann man die Frage stellen, was sie damit bezwecken wollen, was ihnen an der derzeitigen Vereinspolitik nicht passt. Man muss nicht jede Personalentscheidung gut finden, das tue ich auch nicht, und doch sollte man sich eben mit dieser Tatsache abfinden und der Vereinsführung, die in dieser Konstellation bislang sehr viel richtig macht, vertrauen.
Zudem lautet die offizielle Sprachregelung, dass man sich im gegenseitigen Einvernehmen getrennt habe. Gibt es irgendwelche Indizien, dass Großkreutz und sein Berater selbst diese Petition gutheißen? Oder kann es nicht sein, dass von Kevin Großkreutz durch diese Entscheidung eine Menge Ballast abgefallen ist und er die avisierte Pause vom Profifußball dringend benötigt? Wie man ihn auf der Pressekonferenz gesehen hat, würde einen auch das nicht wundern.
So steht möglicherweise also eine Petition im Raum, die medienwirksam ist und auf die die Medien auch dankend anspringen, die jedoch weder dem „Betroffenen“ Kevin Großkreutz noch dem VfB dienen, sondern nur das eine schafft, nämlich das, was die Medien am liebsten haben, Unruhe zu schüren. Daher handelt es sich hierbei für mich um Wichtigtuerei und unnötig wie ein Kropf, wird uns aber dennoch nicht vom Weg zum Aufstieg abbringen.
Hannes Wolf hatte auf der Spieltagspressekonferenz bereits erfreut festgestellt, dass das Team trotz der Negativschlagzeilen unter der Woche eine gute Vorbereitung auf das Braunschweig-Spiel hingelegt hat, was auf dem Platz auch eindrucksvoll unterstrichen wurde.
Der VfB, bei dem Tor-Vorlagengeber Özcan für den zuletzt überspielt wirkenden Asano mit einem Startelfeinsatz belohnt wurde und Jean Zimmer, wie schon gegen seinen Ex-Club Kaiserslautern hinten rechts verteidigte, kam hellwach aus der Kabine und erzielte bereits nach 131 Sekunden die Führung durch Mané.
Ein erster Paukenschlag in diesem „Sechs-Punkte-Spiel“, der eigentlich für Sicherheit sorgen sollte. In den ersten 20 Minuten machte es der VfB auch geschickt und hätte beinahe durch Timo Baumgartl, zwei Tage nach seinem 21. Geburtstag, nachgelegt.
Danach kamen die Niedersachsen auf dem bei Dauerregen schwer bespielbaren Untergrund besser auf und drängten den VfB zunehmend in die Defensive. Chancen aus dem Spiel heraus ließ der VfB wenige zu, dafür legte dann Insúa nach einer guten halben Stunde im Strafraum bei seinem Gegenspieler Hand an, was dieser zu einer theatralischen Flugeinlage nutzte und den Schiedsrichter dazu veranlasste, Elfmeter zu pfeifen.
Diesen von Boland getretenen Strafstoß parierte Mitch Langerak glänzend. Zehn Minuten später zeigte der schwache Schiedsrichter Brand aus Bamberg erneut auf den Punkt, dieses Mal gegen Kamiński, der dafür zudem die gelb-rote Karte vor die Nase gehalten bekam. Reichel, mit einem schlimmen Fehlpass Ausgangspunkt des 0.1, fasste sich diesmal ein Herz und traf zum Ausgleich.
Der Schiedsrichter ließ während des gesamten Spiels jegliche einheitliche Linie vermissen und pfiff gefühlt konsequent gegen den VfB. Eine einseitige kleinlich geführte Regelauslegung bei sehr schwierigen Wetter- und Platzverhältnissen kann ein Team schon mal zermürben. Nicht so den VfB 2017!
Über beide Elfer kann man streiten, wenn er die gibt, müsste Baumgartl auch einen bekommen, falsche Abseits- und Einwurfentscheidungen gegen den VfB, nicht geahndete taktische Fouls, Bolands fast schon rotwürdiges Einsteigen gegen Gentner nicht geahndet und vieles mehr.
Mehr als eine Halbzeit musste der VfB also dank des Pfeifenmannes zu zehnt überstehen und nahm den Kampf an. Wie bereits in Heidenheim kämpfte Wolfs Rudel wie die Löwen und verdiente sich so diesen einen Punkt. Neben Langerak verdiente sich vor allem der nimmermüde und wegen seines Nasenbeinbruches mit Maske spielende Simon Terodde Bestnoten. Bei ihm darf ein Kevin Großkreutz gerne nachfragen, aus welchem Holz echte Typen geschnitzt sind.
Solche kämpferisch starken Vorstellungen wie zuletzt bekommt man nur auf den Platz, wenn es in der Mannschaft stimmt und wenn da ein Trainer ist, der das Team optimal einstellt.
Die Begeisterung, mit der Wolf auf den Pressekonferenzen Spielsituationen und mögliche Konstellation erklärt, vermag er offensichtlich auch der Mannschaft zu vermitteln. Klug war es auch, wie Wolf auf die veränderte Ausgangslage reagierte, indem er bereits in der Pause doppelt wechselte und später, trotz Unterzahl auch noch Daniel Ginczek ins Rennen schickte, um womöglich doch noch den Lucky Punch zu schaffen, anstatt sich ängstlich hinten reinzustellen und um den Knockout zu betteln.
Vor noch nicht allzu langer Zeit, wohl auch in der Vorrunde, hätte der VfB einem solchen Druck nicht standgehalten und ich hätte Haus und Hof verwetten können, dass es noch eine Niederlage setzt.
So aber warf man alles hinein, ging über die Schmerzgrenze und stand am Ende als moralischer Sieger da. Seit der Einführung der Drei-Punkte-Regel sind für mich Punkteteilungen nicht Fisch und nicht Fleisch.
So kann ich mich nicht erinnern, nach einem Unentschieden jemals so zufrieden und auch stolz auf die Mannschaft gewesen zu sein, wie gestern. Dieser Punkt war eher für den VfB ein gewonnener wie für die Braunschweiger, die aufpassen müssen, den Anschluss nicht völlig zu verlieren.
Braunschweig kam nach den Punktverlusten zu Hause gegen St. Pauli und Aue auch gegen zehn VfBler nicht über ein Unentschieden hinaus, was auf dem Papier ebenfalls kein Ruhmesblatt ist.
Für den VfB geht es bereits am Freitag zu Hause gegen den VfL Bochum weiter. Die Bochumer sind eine Wundertüte und schwer ausrechenbar. Gewinnen in Nürnberg, verlieren zu Hause aber gegen Fortuna Düsseldorf. Bei Union und Hannover 96 verloren sie jeweils knapp mit 1:2. Im Hinspiel, dem allerersten von Hannes Wolf, musste der VfB am Ende froh über das 1:1 sein. So verbietet es sich von selbst, die Aufgabe auf die leichte Schulter zu nehmen, auch das könnte ein, wie es Hannes Wolf immer so nett formuliert, fieses Spiel, in dem der Mannschaft alles abverlangt wird, werden.
Der Kader gibt mittlerweile einige interessante Alternativen her, so dass ich über die Sperre von Marcin Kamiński nicht einmal besonders traurig bin. Ob Benjamin Pavard oder Jérôme Onguéné, ich denke, man muss kein Prophet sein, um im Nebenmann von Timo Baumgartl einen Franzosen zu suchen. Der VfB muss gegen Bochum bereits zum zweiten Mal in dieser Saison nach einem Montag-Spiel gleich Freitagabend wieder ran. In wieweit dies üblich ist im Unterhaus weiß ich nicht. Ich hoffe, das stellt sich nicht als Nachteil heraus, denn, das gestrige Kampfspiel auf schwierigem Geläuf könnte dann noch in den Knochen stecken.
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8. Februar 2017
Nicht wenige hatten gehörigen Bammel vor dem Spiel gegen Fortuna Düsseldorf. Nicht, weil die zuletzt fünf Mal in Folge sieglosen Rheinländer Angst und Schrecken verbreiten würden, sondern, weil die Konkurrenz dem VfB die Tabellenführung auf dem Silbertablett serviert hat und der VfB selbst dazu neigt, solche Angebote dankend abzulehnen.
Ich selbst wollte mir das nicht einreden, es musste einfach klappen, mit dem Sprung an die Tabellenspitze. Die Vergangenheit zählt nicht mehr, außerdem stand auf der Gegenseite ja auch „nur“ Düsseldorf und nicht Leverkusen oder Schalke. Vor dem Spiel bei den Würzburger Kickers wäre die Chance als Herbstmeister zu überwintern zwar auch gegeben gewesen, doch, auch dies war eine andere Situation. Ein von Verletzungen gebeutelter Kader, mit dem Nackenschlag der Heimniederlage gegen Hannover 96 im Gepäck und dem Urlaub vor Augen hatte giftigen Unterfranken nichts entgegen zu setzen.
Randnotiz dazu: ich hatte nach dem Spiel geschrieben, es sei unklug gewesen, die Spieler direkt im Anschluss an das Spiel in den Urlaub zu schicken, und nicht noch eine Trainingswoche mit Option auf Verkürzung bei entsprechender Leistung anzusetzen. In Lagos habe ich mit Jochen Röttgermann darüber sprechen können, woraufhin er doch tatsächlich bestätigte, dass sie intern auch darüber diskutiert hätten, dass dies wohl ein Fehler gewesen war!
Ein weiterer Aspekt, nicht in der Vergangenheit zu kramen und darauf zu hoffen, dass das Team aus solch verpassten Chancen gelernt hat, ist, dass der VfB im Trainingslager in Lagos hervorragend gearbeitet und den Grundstein für eine erfolgreiche Rückrunde gelegt hat. In St. Pauli lag spielerisch zwar noch einiges Argen, aber, wenigstens hat man die Mentalität gezeigt, die es in der 2. Liga braucht und man hat den Kampf angenommen. Zudem konnte man sich zum Transferschluss hin noch einmal verstärken und sendete damit unmissverständliche Signale an den Rest der Liga und auch an die Mannschaft, dass in dieser Saison einzig und allein der Aufstieg zählt.
Dass beim VfB von den Neuzugängen gegen die Fortuna einzig Brekalo im Kader stehen würde, war zu erwarten. Als Offensivspieler ist er leichter in das Mannschaftsgefüge zu integrieren wie Innenverteidiger Onguéné, der erst noch das Spielsystem kennenlernen muss oder Ofosi, der am Samstag noch das Spiel um Platz drei beim Afrika-Cup in Gabun absolvierte und erst noch vorgestellt werden muss.
Für die Startformation war Brekalo noch kein Thema, in diese rückten im Gegensatz zum St. Pauli-Spiel Anto Grgić und Carlos Mané anstelle von Zimmer und Zimmermann. Brekalo kam eine halbe Stunde vor Schluss, als das Spiel so gut wie entschieden war und gab ein durchwachsenes Debüt ab. Seine Schnelligkeit stach zwar sofort ins Auge, sonst aber wirkte er sehr eigensinnig und bisweilen leichtsinnig, was in einem Dribbling an der eigenen Strafraumgrenze mündete. Für einen jungen Spieler, der mit wenig Spielpraxis ankam und starke Konkurrenz beim Zweitligisten vorfand, durchaus verständlich, dass er auf sich aufmerksam machen möchte. Doch, Eigen- und Leichtsinn ist sicher nicht das, was Wolf von ihm sehen möchte, so dass er Brekalo dieses noch austreiben wird.
Und doch verdeutlicht auch diese Verpflichtung, dass man dem von Wolf favorisierten Hochgeschwindigkeitsfußball immer näher kommen möchte und auch näher kommt. Es ist schon jetzt eine Augenweide, wenn Julian Green, Takuma Asano und Carlos Mané Tempo aufnehmen und die gegnerischen Abwehrreihen förmlich überrennen. So ist es auch kein Zufall, dass der VfB DER Frühstarter der Liga ist und das Spiel einmal mehr nach zwanzig Minuten (so gut wie) für sich entschied. Beide Tore fielen zwar nach Flanken aus dem Halbfeld und doch waren die Highlights des Spiels die wahnsinnig schnell vorgetragenen Konterangriffe, die den Rheinländern den letzten Mut raubten, etwas weiter aufzurücken. Vor allem Asano bestach mit seiner beeindruckenden Schnelligkeit, leider fehlte ihm die letzte Konzentration beim Abschluss, er hatte drei Hochkaräter auf dem Fuß.
Auch Anto Grgić wusste auf der Sechs zu gefallen und fiel durch seine Eleganz und Spielübersicht positiv auf. Dabei erinnerte er mich an den jungen Murat Yakin, den ich seinerzeit gerne spielen sah. Frappierend in diesem Spiel aber auch, dass nicht alle im Team diesen Tempofußball mitgehen können. Dabei tat sich besonders Kapitän Gentner hervor, der in der einen oder anderen Situation nicht richtig antizipierte und nicht gedankenschnell genug war, um auf die Ideen seiner Mitspieler einzugehen.
Bei ihm fallen diese Defizite mehr ins Gewicht als bei Defensivspielern, da er kraft seiner Position ins Offensivspiel eingebunden sein müsste. Sollten Schindelmeiser und Wolf die Erneuerung unseres VfB weiterhin in einem solchen Tempo vorantreiben, könnte auch seine Wachablösung schneller Realität werden, als man heute noch denkt.
Dank des Blitzstarts mit den Toren von Terodde (Kopfball, abermals nach Flanke von Insúa, 12. Saisontreffer) und Green (Direktabnahme nach Grgić-Flanke bei seinem Heimdebüt) grüßt der VfB nun von der Tabellenspitze. Einzig die Chancenverwertung war zu bemängeln, mit ein bisschen mehr Galligkeit vor dem gegnerischen Tor wäre ein Kantersieg locker drin gewesen. Die Düsseldorfer kamen während des gesamten Spiels gerade einmal zu einer nennenswerten Torchance und wirkten meist heillos überfordert.
Der VfB ließ einmal mehr die Gelegenheit liegen, etwas fürs Torverhältnis zu tun und sich auch diesbezüglich vom Rest der Liga abzuheben. Zwar ist man geneigt zu sagen, dass es auch nicht so schlecht ist, sich die Tore für Sandhausen aufgehoben zu haben, doch, da wartet ein gänzlich anderes Spiel auf den VfB gegen eine äußerst unangenehm zu bespielende Mannschaft.
Sandhausen nimmt derzeit Tabellenplatz sechs ein, hat respektable 30 Punkte auf dem Konto und ein Torverhältnis von +11 (der VfB, +12). Zudem ist Sandhausen seit vier Ligaspielen ohne Gegentor, das letzte musste man Anfang Dezember beim Auswärtssieg in Nürnberg (1:3) hinnehmen. Diese Zahlen und auch das Hinspiel, als man nach vermeintlich sicherer 0:2-Führung hinten hinaus noch gehörig ins Wackeln geriet und den Sieg nur mit Glück über die Zeit schaukelte, verdeutlichen, dass es fatal wäre, die Nordbadener zu unterschätzen im Sinne von „es ist ja nur Sandhausen“.
Nach den 38.200 Zuschauern, die den Heimsieg gegen Düsseldorf sehen wollten und konnten, hoffe ich auf eine ungleich größere Kulisse am Sonntag. Diese Anstoßzeit mag dem Familienmenschen auch nicht ganz gelegen kommen, ist aber noch um einiges machbarer als der Montag-Abend-Termin, wo gerade die vielen auswärtigen VfBler teils zwei Tage Urlaub benötigen würden, um ins Neckarstadion zu können. So hoffe ich auf weit über 50.000 Zuschauer, die Tabellenführung sollte zusätzlich locken, und darauf, dass unsere Frühstarter den Sandhäusern, ehe sie sich auf den äußeren Rahmen so richtig eingestellt haben, ein, zwei Kisten einschenken und die Weichen frühzeitig auf Sieg gestellt werden.
Noch ist es viel zu früh, den Rückrundenstart und die Tabellenführung überzubewerten und eine Tendenz für den weiteren Saisonverlauf abzuleiten. Ebenso ist es zu früh, Gewinner und Verlierer im Kader auszumachen, vor allem bzgl. denjenigen, die in den bisherigen zwei Rückrundenspielen noch überhaupt nicht zum Einsatz kamen, wie bspw. Berkay Özcan und Alexandru Maxim. Die Kunst von Hannes Wolf muss es sein, gerade nach der Verpflichtung der Winterneuzugänge, seinen gesamten Kader bei Laune zu halten und allen einzuimpfen, dass sie wichtig und Teil des Teams sind und das Pendel bei entsprechenden Trainingsleistungen jederzeit auch wieder zu ihren Gunsten ausschlagen kann. Mit den Spielern, mit denen man definitiv nicht mehr plant, hat man Tacheles geredet, die Chance aller anderer wird kommen, spätestens, wenn man mit Verletzungen oder Sperren zu tun hat.
Der VfB hatte lange keinen so ausgeglichenen Kader und keinen so erbarmungslosen Konkurrenzkampf mehr, wie derzeit. Dass hier immer auch wieder welche durchs Raster fallen und zwischenzeitlich außen vor sind, ist normal. Umso größer ist der Ansporn derer, die derzeit die Nase vorn haben, diese vorn zu behalten und durch Leistung zu überzeugen und im Team zu bleiben, so wie am Montag gegen Düsseldorf demonstriert. Ich habe in der jüngeren Vergangenheit selten einen derart dominanten VfB gesehen, der von Position eins bis elf besser besetzt war als der Gegner. Selbst vermeintliche Startelf-Wackelkandidaten wie Marcin Kamiński bestachen durch sauberes Passspiel, Konzentration und Achtsamkeit, so dass sich wohl auch Onguéné zunächst einmal hinten anstellen muss.
Der erste Sieg gegen Fortuna Düsseldorf seit 25 Jahren, bei allerdings auch nur drei Jahren gemeinsamer Ligazugehörigkeit während dieser Zeit, geriet nie ernsthaft in Gefahr. Dass man in der zweiten Hälfte, nach drei vergebenen Großchancen in den ersten fünf Minuten, einen Gang zurückschaltete und nicht mehr ganz den Zugriff auf die Partie hatte, wie noch in Halbzeit eins, hat den Protagonisten selbst nicht gefallen, so dass wir Fans uns mit überbordender Kritik zurückhalten sollten. Wir tun gut daran, den handelnden Personen, die derzeit sehr viel richtig machen, zu vertrauen. Man sollte bei all unserer augenscheinlicher Qualität nicht erwarten, dass wir jeden Gegner haushoch aus dem Stadion schießen und uns in erster Linie darüber freuen, wenn die drei Punkte unter Dach und Fach gebracht worden sind.
Ich halte es mit Hannes Wolf und sehe uns am Anfang eines langen Weges. Daher bin ich zufrieden damit, peu à peu Fortschritte zu sehen, vor allem dann, wenn sie sich auch noch in den Ergebnissen niederschlagen und wir Tabellenführer sind.
Schon jetzt kommen wir Wolfs Ideal, Hochgeschwindigkeitsfußball spielen zu lassen, immer näher. Die Mannschaftsteile arbeiten besser zusammen als in der Vorrunde, auch die Offensivkünstler waren sich gegen Düsseldorf nicht zu schade, in der eigenen Hälfte Bälle zu erobern.
Derzeit sehe ich sehr viel, was mich positiv stimmt. Daher bin ich sehr zuversichtlich, dass wir im Mai nicht „nur“ den Aufstieg feiern werden, sondern auch das Fundament einer Mannschaft steht, die uns auch in der Bundesliga mehr Freude machen wird, als wir sie in den letzten Jahren des Herumdümpelns hatten.
Bis dahin fließt jedoch noch viel Wasser den Neckar hinunter, nächstes Etappenziel, Heimsieg gegen Sandhausen, Sonntag, 13.30 Uhr. Alle ins Neckarstadion, die Kulisse wird (außer der spielerischen Klasse) unser großes Plus sein!
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10. November 2016
Die 2. Liga bockt, die 2. Liga rockt. Die Fans rennen dem VfB die Bude ein, was den VfB im europäischen Vergleich auf Platz 16 der Zuschauerrangliste hievt und wodurch mit Newcastle United europaweit nur ein Zweitligist einen knapp höheren Zuschauerschnitt aufweist.
So fanden sich auch gegen den vergleichsweise unattraktiven Gegner Arminia Bielefeld 55.160 Zuschauer im Neckarstadion ein und tauschten zur familienunfreundlichen Anstoßzeit, Sonntag, 13.30 Uhr, die Aussicht auf den Sonntagsbraten gegen das Gemeinschaftserlebnis Fußball.
Eigentlich ist es unfassbar, welchen Zuspruch der VfB auch in der 2. Liga genießt. Für einen Allesfahrer wie mich, war es sowieso klar, weiterhin dabei zu bleiben und dass ich der Abwechslung, was Gegner und Stadien angeht, zunächst einmal viel Positives abgewinne.
Dass aber plötzlich wieder Leute ins Stadion kommen, die der VfB in den letzten Jahren Stück für Stück verloren hat, das hätte ich nicht erwartet. Würde man sie in die Kategorie „Erfolgsfans“ stecken, täte man ihnen ganz sicher unrecht. Es sind vielmehr solche, die, auch wenn sie nicht ins Stadion gehen, mit dem Herzen dabei sind, jene, die bei Kampagnen wie der „Zusammenhalten“-Aktion, als erste wieder auf der Matte standen, um dann doch wieder maßlos enttäuscht zu werden.
Solche „alte Bekannte“ sehe ich derzeit vermehrt wieder und das freudestrahlend, wie am Sonntag, nach einem wahrlich nicht berauschenden Spiel. Gut, für Siege gibt es keinen Ersatz, schon deshalb macht die 2. Liga bedeutend mehr Spaß als die Bundesliga zuletzt.
Lang vor dem Abstieg habe ich mich ja schon mehr vor einem weiteren Herumdümpeln in der Bundesliga, als vor dem Abstieg gefürchtet und fühle mich jetzt bestätigt, wenn ich verfolge, wie bemitleidenswert der HSV zum Beispiel durch die Bundesliga stümpert.
Hätten wir mit Glück die Klasse gehalten, würde Robin Dutt wohl weiterhin sein Unwesen treiben und Jürgen Kramny möglicherweise noch Trainer sein. Man hätte aus Dankbarkeit Verträge im Überfluss verlängert, so dass der Abstieg weiterhin nur eine Frage der Zeit gewesen wäre.
Jetzt hat der VfB auf einmal glänzende Perspektiven. Er ist personell runderneuert, von der einen oder anderen „Altlast“ einmal abgesehen, hat einen jungen, erfolgshungrigen Trainer und einen neuen Sportdirektor, dem man bislang ein hervorragendes Zwischenzeugnis ausstellen kann. Nach Jahren der rasanten Talfahrt ist so etwas wie ein Plan zu erkennen, an dem sich jeder orientieren kann und muss.
Während es zuletzt ein „In den Tag hinein leben“ war, wird neuerdings auch an morgen und an übermorgen gedacht, was durch die Verpflichtung von Pavard, Asano und Mané und der daraus folgenden Trennung von Jos Luhukay deutlich wurde.
So sind wir auf der einen Seite Zeugen einer spannenden Entwicklung, während wir auf der anderen, ganz nebenbei, auch in der Liga in die Spur gefunden haben. Diese Kombination ist es, die die Leute zum VfB strömen und optimistisch wie lange nicht in die Zukunft blicken lässt.
Bielefeld fuhr nach der Entlassung vom Ex-Großaspacher Trainer Rüdiger Rehm unter Interims-Coach Carsten Rump zuletzt zwei Siege in Folge ein und war deshalb mit neuem Selbstvertrauen ausgestattet.
Wolf stimmte in die allgemeinen Lobhudeleien nach dem Derbysieg nicht ein, sondern sandte Mahnungen an sein Team, dass ihm vieles nicht gefallen habe. Dass er, gerade bei dieser Truppe, mit viel Lob sparen und die Spannung jederzeit hoch halten sollte, hat er spätestens nach dem 0:5 in Dresden, dem das 4:0 gegen Fürth vorausging, leidvoll erkennen müssen.
Maxim, der nach seiner Einwechslung ordentlich Schwung brachte und schließlich mit dem 1:3 für die Entscheidung sorgte, nahm er in die Pflicht, „sich nicht über einzelne Szenen zu definieren“, sondern dass er das ganze Spiel tragen müsse. Maxim ist noch immer weit davon entfernt, legitimer Didavi-Nachfolger der letztjährigen Nummer 10 auch auf dem Platz zu sein, vielleicht bekommt ihn mit Wolf ja endlich einer seiner unzähligen Trainer beim VfB dort hin.
Außerdem ließ Wolf sich, nachdem er gegen die Ost-Franzosen Marcin Kamiński aus dem Hut zauberte, nicht auf ein, DAS, Innenverteidiger-Duo festlegen. Er stellte dabei die (berechtigte) Gegenfrage, was er denn dann den anderen erzählen solle, wenn sie Woche für Woche im Training Gas geben und sich aufdrängen. Daher darf sich niemand (!?) im Team seines Stammplatzes zu sicher sein, mit dem positiven Nebeneffekt, für die Gegner schwerer ausrechenbar zu sein.
So lautete gegen Bielefeld das Innenverteidiger-Duo erstmals in der Liga Baumgartl/ Kamiński. In Grassau beim Trainingslager deutete sich dieses Paar schon an, jedoch machte Baumgartls Verletzung zu Saisonbeginn diesen Planspielen von Ex-Trainer Luhukay einen Strich durch die Rechnung. Da er nicht sonderlich risikofreudig war, brachte er daher zunächst das andere Paar, das sich in Grassau eingespielt hatte, Sama/ Šunjić, so dass in erster Linie deshalb Kamiński zunächst einmal völlig außen vor war.
Kamiński bot, wie vor Wochenfrist auch schon, eigentlich eine solide Partie, die durch seinen kapitalen Aussetzer vor dem Ausgleich geschmälert wurde. Ein Facebook-User meinte gar, Šunjić im Kamiński-Kostüm erkannt zu haben, was die besagte Szene wohl treffend charakterisiert.
Da es für den Derbysieg, auch wenn man ob der bei vielen seither herrschenden Euphorie anderes vermuten könnte, auch nur drei Punkte gab, galt es diesen Auswärtsdreier durch einen Heimsieg nun zu vergolden.
Dies gelang, wenn auch nicht besonders eindrucksvoll. Die Bielefelder waren sehr gut eingestellt und machten dem VfB das Leben schwer, indem sie eine gute Raumaufteilung an den Tag legten und den VfB nicht zur Entfaltung kommen ließen. Im Gegenteil, im ersten Abschnitt übernahmen eher die Arminen die Initiative, wenngleich sie nicht in wirklich gefährliche Abschlusssituationen kamen.
Der VfB war in diesem Spiel lange zu passiv und machte sich durch nicht erzwungene Fehlpässe und Ballverluste das Leben selbst schwer. Zwar ging man nach einem katastrophalen Torwartfehler von Hesl (HSV-Schule) durch Simon Terodde in Führung und mit diesem Ergebnis auch in die Halbzeitpause, doch, zur allgemeinen Sicherheit trug dieser Treffer auch nicht bei.
Wolf wollte nach dem Wechsel für Stabilität sorgen und brachte Klein auf der Sechs anstelle des an diesem Tag schwachen Berkay Özcan. Der VfB trat zwar zu Beginn des zweiten Abschnitts offensiv mehr in Erscheinung, musste aber dennoch nach einer guten Stunde Spielzeit den nicht unverdienten Ausgleich der Ostwestfalen durch Voglsammer hinnehmen. Beinahe kam es gar noch schlimmer, als die Bielefelder nur den Pfosten trafen.
Danach war den Bielefeldern der Zahn gezogen und ihnen ging sprichwörtlich die Puste aus. Terodde köpfte, wie schon vor Wochenfrist in Ost-Frankreich nach Insúa-Flanke, die Führung und ließ in der Folgezeit zwei Hochkaräter liegen, ehe er in der Nachspielzeit mit dem 3:1 für den Schlusspunkt sorgte und zur allgemeinen Beruhigung beitrug. So bekleckerte sich der VfB zwar nicht mit Ruhm, fuhr aber dennoch den so wichtigen Arbeitssieg ein.
Mit nunmehr drei Liga-Siegen in Folge sind wir so etwas wie die Mannschaft der Stunde, drei Siege hintereinander gab es zuletzt am Ende der Saison 2014/2015. Personell kann Wolf in Bälde komplett aus dem Vollen schöpfen, vor allem dann, wenn Daniel Ginczek eine Option über 90 Minuten darstellt.
Nach dem Spiel war Wolf in erster Linie mit dem Ergebnis zufrieden, bemängelte jedoch fehlende Intensität und „fehlendes schnelles Denken“. Gerade bei letzterem trifft er DEN wunden Punkt überhaupt beim VfB. Noch immer hat man bei einigen den Eindruck, dass sie die Kugel (alibimäßig) nur schnell wieder losbekommen wollen, noch immer bevorzugen vermeintliche Taktgeber im Mittelfeld eher den Rück- als den Steilpass auf unsere schnellen Spitzen. Was das Umschaltspiel betrifft, bringt Wolf aus Dortmund sicherlich eine andere Idealvorstellung mit, als das, was er beim VfB vorgefunden hat.
Hat man Spieler wie Carlos Mané und Takuma Asano in seinen Reihen, die mit ihrer trickreichen Spielweise und ihrer Schnelligkeit mehr und mehr zu einer Waffe erwachsen, ist man eigentlich schön blöd, dieses Potential brach liegen zu lassen und nicht so oft es geht einzusetzen.
Ich freue mich schon jetzt auf das Trainingslager in Lagos, bei dem Wolf erstmals die Gelegenheit hat, seine Mannschaft auf eine Halbserie vorzubereiten und sie seinem Ideal, in körperlicher und in spielerischer Hinsicht, näher zu bringen.
Durch jene drei Siege in Folge hat sich der VfB im Kampf um den Aufstieg in eine glänzende Ausgangsposition gebracht. An Braunschweig hat man sich bis auf einen Punkt herangepirscht, auf Platz drei ein Polster von drei Punkten (real zwei, wenn man das Torverhältnis zugrunde legt) gelegt. Diese Position gilt es bis zur Winterpause zu festigen. Es warten bis Weihnachten durchweg starke und unbequeme Gegner auf den VfB, so dass sich ein Nachlassen von selbst verbietet.
Zunächst muss der VfB nach der Länderspielpause zum derzeit schwächelnden Aufstiegsaspiranten Union Berlin reisen. Nach dem unglücklichen Aus erst im Elfmeterschießen im DFB-Pokal beim BVB hat „Eisern Union“ in der Liga etwas den Faden verloren und zuletzt zwei Mal in Folge verloren.
Den Unionern dürfte die Länderspielpause daher sehr gelegen kommen, um sich vor dem großen Duell gegen den VfB neu zu sortieren.
Das seit dieser Saison von Jens Keller gecoachte Team hat zu Hause, ausgenommen die Heimniederlage zuletzt gegen Fortuna Düsseldorf, nicht verloren, und unter anderem Hannover 96 geschlagen. Zudem sollten beim VfB die Alarmglocken schon deshalb schrillen, weil man in den letzten Jahren nach Länderspielpausen meist schwer zurück in die Spur fand und nach der letzten gar 0:5 in Dresden verlor. In der Alten Försterei erwartet die Brustringträger zudem ein ähnlich enthusiastisches Publikum wie in Dresden, so dass die Vorzeichen bedenklich ähnlich sind.
Für mich steht mit dem Abstecher nach Köpenick ein absolutes Highlight der Saison auf dem Programm, eines, wegen dem sich der Abstieg allein schon „gelohnt“ hat. Ein geiles Stadion, eine sensationelle Atmosphäre im Stadion und eine Fanszene, die mit dem Verein in den letzten Jahren wahrlich durch dick und dünn gegangen ist und Dienste weit über das „normale“ Fan-Dasein für den Verein geleistet hat.
Nach dem Spiel sind wir dann schlauer, ob der VfB diese Reifeprüfung bestanden und ob er von Dresden tatsächlich schon etwas gelernt hat.
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