11. November 2013
Bilder vom Spiel in Freiburg sind jetzt online. Rückblickend war es ein super Sonntagsausflug, obwohl anfangs das Schlimmste zu befürchten war. Nicht nur sportlich, wo der VfB ja im Pokal schon bewiesen hat, dass er auch dazu imstande ist, in Freiburg zu verlieren und wir nach dem Debakel von Dortmund ohnehin nicht einordnen konnten, wo wir stehen. Eine Niederlage lag also im Bereich des Vorstellbaren. Als kurz vor High Noon noch der Pannenbus von Braunschweig am Treffpunkt in Esslingen-Berkheim vorfuhr, lag es allerdings auch im Bereich des Vorstellbaren, die mögliche Niederlage überhaupt nicht live erleben zu können. Trotz vorheriger Beteuerungen seitens des Busunternehmers, uns diesen Bus, dessen (von uns angezeigte) Mängel auf kein DIN A4-Papier passen, nicht mehr zumuten zu wollen, fuhr dieser also wieder vor, als wäre Braunschweig nur ein böser Traum gewesen. Lapidare Begründung: „der einzige Bus mit Winterreifen“. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. . Mir kann jedenfalls keiner erzählen, dass ein auf Personenbeförderung spezialisiertes Unternehmen zu dieser Jahreszeit noch durchweg mit Sommerreifen unterwegs ist. Egal, uns blieb ja nichts anderes übrig, als dieses Vehikel erneut zu besteigen. Wie in letzter Zeit immer, wenn es nach Freiburg geht, fuhren wir nicht die viel frequentierte Strecke über die A8 und A5 nach Freiburg sondern über die A81 und dann über die B31 durchs Höllental. Dies mag bei Wochentag-Spielen eine gute Wahl sein, weshalb wir das auch an einem Sonntag und bei diesen Wetterprognosen machten, verstand ich nicht unbedingt. Wie prognostiziert schneite es im Schwarzwald unaufhörlich, so dass wir einige Zeit mehr krochen denn fuhren und uns die Fahrbahn durch einen Schneepflug bahnen ließen. Zeitweise machte ich mir ernsthafte Sorgen, ob es noch etwas werden würde mit einem Treffen mit Freunden im Biergarten am Stadion oder ob wir abermals auf den letzten Drücker ankommen würden.
Schlagartig aber hatten wir wieder freie Fahrt und der Schneefall ging auch wieder mehr und mehr in Regen über, je näher wir Freiburg kamen. So kamen wir doch noch knapp zwei Stunden vor Spielbeginn an, so dass genug Zeit für das eine oder andere Ganter-Bier und einen netten Plausch mit Freunden war. Wie in Dortmund der Biergarten am Stadion Rote Erde gehört es für mich in Freiburg zum Ritual in den neben dem Stadion gelegenen Biergarten zu gehen und mich auf das Spiel einzustimmen. Aufgrund des strömenden Regens im Breisgau wurden Zelte und Heizstrahler aufgestellt, so dass wir gemütlich überdacht und im Warmen sitzen konnten. Auch wenn die ach so große Rivalität immer groß aufgebauscht wird, dort sitzen Freund und „Feind“ friedlich nebeneinander und prosten sich zu. Es ist ja klar, dass es die eine oder andere Frotzelei gibt, richtig Ärger habe ich dort aber noch nie erlebt.
Ca. 20 Minuten vor Spielbeginn, früh wie selten in letzter Zeit, nahm ich meinen Platz auf der Osttribüne ein. Ich bestellte Karten der teuersten Gäste-Kategorie, weil der Stehblock eine wahre Zumutung ist und die „günstigeren“ Sitzplätze über dem Stehblock kaum billiger waren. Sollte Freiburg in der nächsten Saison noch erstklassig sein, werde ich noch einen Block weiter einrücken und vom Freiburger Kontingent eine Karte nehmen, sofern das über Freunde mit badischer Postleitzahl wirklich hinhaut. Vorteil dabei: eine noch bessere Sicht auf unseren Block und Vollbier.
Bevor es losging und nachdem wir das Badener Lied nieder gepfiffen hatten, gab es eine schöne Choreo im VfB-Block, Thema Heimat & Liebe, mit weiß-roten Brustring- und gelb-schwarzen Rösslefahnen.
Vor dem Spiel hatte ich wirklich Bedenken, wie die 1:6-Klatsche von Dortmund nachwirken würde und dass wir uns, nach einer Niederlage, im Abstiegskampf wiederfinden könnten. Nach den Samstag-Ergebnissen wurde dieses Spiel richtungsweisend wie selten. Mit einem Sieg kann man den Anschluss an die Plätze 5 und 6 einigermaßen aufrecht erhalten, bei einem Remis träte man weiter auf der Stelle und bei einer Niederlage würde uns Freiburg unten mit rein ziehen, der Abstand betrüge dann nur noch zwei Punkte. Ob sich die Mannschaft der Wichtigkeit der Aufgabe bewusst sein würde, war mir nicht so klar. Zu oft versuchen wir es mit Schönspielerei und Hacke, Spitze, eins, zwei, drei. Dass dies bei tiefem und rutschigem Geläuf nicht das probateste Mittel ist, war mir klar. Würde die Mannschaft aber diese Umstände annehmen, würde sie sich dem Kampf der Freiburger entgegen stemmen und sprichwörtlich Gras fressen? Zu oft wurde ich in letzter Zeit enttäuscht, so dass mein Vertrauen ins Team nicht das Größte war.
Der SC Freiburg hat zwar das internationale Gastspiel in Estoril unter der Woche auf dem Spielplan gehabt, eine große Rolle in puncto Müdigkeit dürfte dieses kaum gespielt haben, tritt Streich in Europa ja in schöner Regelmäßigkeit mit einer besseren Reserve und Jugend-Truppe an. Der 5-Jahres-Wertung erweisen die Südbadener damit zwar einen Bärendienst, was sie nicht weiter zu jucken scheint, da sie in absehbarer Zeit wohl sowieso nicht mehr international mitspielen dürfen. Ich bin zwar jetzt kein Freiburg-Insider, denke aber als Außenstehender, dass es dieser Truppe auch nicht geschadet hätte, international mit der ersten und bestmöglichen Garde anzutreten, zumal ja ein großer personeller Umbruch im Sommer stattfand. So hätte sich eher ein Team einspielen können, als bei übertriebener Rotation, und die Chance auf ein Erfolgserlebnis und damit gesteigertes Selbstvertrauen wäre weitaus größer gewesen.
Der VfB trat im Vergleich zum Dortmund-Spiel mit Niedermeier für Sakai und Rausch für Boka an. Durchaus logische Wechsel, auch wenn der von Boka verletzungsbedingt erfolgte. Die ersten beiden Chancen im Spiel hatte Freiburg, ehe der VfB durch einen Doppelschlag durch Ibisevic und Timo Werner die Weichen früh auf Sieg stellten. Nach dem 1:0 fragten wir schon, ob das jetzt ein gutes Omen wäre, nach den verspielten frühen Führungen der letzten Wochen. Als dann allerdings gut eine Minute später schon das 2:0 folgte, war ich fürs erste beruhigt und sah das Spiel in die richtige Richtung laufen. Von nun an kontrollierte der VfB weitestgehend souverän das Spiel und ließ Ball und Gegner laufen. Je länger aber die Partie lief, desto mehr kehrte wieder der alte Schlendrian ein. Durch unkonzentrierte Abspiele, unnötige Ballverluste ließen wir einen am Boden liegenden Gegner plötzlich wieder ins Spiel zurück zu finden anstatt aufs Spiel den Deckel drauf zu machen.
Von den Rängen kam auf Freiburger Seite fast nichts mehr. Außer dem allseits bekannten „Stuttgarter Arschlöcher“ und plumpen Versuchen, den Schiedsrichter zum einen oder anderen Elfmeterpfiff zu bewegen war auf der anderen Seite nichts zu hören. Im VfB-Block dagegen Dauersupport pur. Apropos Elfmetersituationen: Haggui spielte klar den Ball, Leitner und Niedermeier sprang der Ball jeweils aus kurzer Distanz an die Hand. Es ist sicherlich nicht weg zu diskutieren, dass solche Elfer auch schon gegeben wurden, andererseits wäre es auch schade gewesen, wenn dem Spiel durch solche Zufallsprodukte noch eine (unverdiente) Wende gegeben worden wäre. Freiburg allerdings hätte sich auch nicht beklagen dürfen, wenn Felix Klaus nach einer knappen halben Stunde schon wegen rohen Spiels des Feldes verwiesen worden wäre. So gesehen, und nach dem zurückgenommenen Elfmeterpfiff von Dortmund mehr als ausgleichende Gerechtigkeit.
Im Laufe der zweiten Halbzeit dann machte sich Sven Ulreich, unsere Nummer Eins, vor der Freiburger Fankurve keine neuen Freunde, als er nach einer vermeintlichen Berührung eines Freiburgers theatralisch zu Boden sank. Was einen baumlangen Kerl dazu treibt, eine solch alberne Schauspieleinlage abzuliefern (und Ähnliches ein paar Minuten später noch zu wiederholen), verstehe ich nicht. Die Jungs hatten es gestern doch überhaupt nicht nötig, durch solch unlautere Mittel einen Platzverweis zu provozieren. Und selbst wenn, solche Schauspieleinlagen verurteile ich, bei eigenen Spielern wie bei Gegnern. Das soll ein Spieler mal in England machen, der ist für immer und ewig unten durch beim Publikum und wird verhöhnt von Nord nach Süd. Ein solch unfaires Gebaren ist mir auch bei Ibisevic seit längerem ein Dorn im Auge, ich hoffe, dass dieses „Verhalten“ auch ein Thema ist, das das Trainerteam mal anspricht.
Kurz durfte Freiburg dann noch an einer Aufholjagd schnuppern, als der kurz zuvor eingewechselte Hanke zum 1:2 traf. Doch, keine 5 Minuten später, erkämpfte sich unser Youngster Timo Werner an der Mittellinie den Ball, dribbelte durch zwei Freiburger hindurch und stand plötzlich frei vor Baumann. Obwohl sowohl Maxim als auch Ibisevic mitgelaufen waren und frei standen, machte Werner die Kiste eiskalt selbst. Wehe dem, er hätte diese Chance versemmelt, dann hätte er sich wohl von Ibisevic etwas anhören dürfen. So aber zeugte die Aktion von Selbstvertrauen und einer Sicherheit, die für einen 17-jährigen schon fast unheimlich ist. Mit dem 1:3 entschied er nicht nur die Partie sondern schwang sich auch zum jüngsten Bundesliga-Doppeltorschützen aller Zeiten auf. Dieser Junge macht einfach Spaß. Hoffentlich gelingt es, ihn langfristig zu binden und mit einer festgeschriebenen Ablöse zu versehen, die entweder niemand zu zahlen bereit ist oder uns auf einen Schlag finanziell in andere Sphären bringen kann. Gut zu wissen, dass sein Berater Karl-Heinz Förster dem VfB wohlgesonnen ist, und ihn hoffentlich nicht zu früh vom VfB weg transferieren möchte. Zunächst ist sowieso das Wichtigste, dass der Junge in seinem gewohnten Umfeld die Schule gut zu Ende bringt und weiterhin behutsam aufgebaut wird.
So steuerten wir also einem letztendlich ungefährdeten Auswärtssieg entgegen, wie eingangs erwähnt, immens wichtig. Dieser Sieg gegen einen äußerst verunsicherten Gegner ist ebenso schwer einzuordnen wie das Debakel bei einem in Galaform spielenden BVB. Die Wahrheit dürfte irgendwo dazwischen liegen. Der VfB hat nach wie vor Probleme auf den Außenverteidigerpositionen, wobei mir gestern Rausch und Schwaab deutlich besser gefallen haben als Boka und Sakai in Dortmund. Dazu ist für mich derzeit Kvist kaum noch vermittelbar, zu statisch und defensiv orientiert sein Spiel, ansonsten sehe ich uns gar nicht so schlecht aufgestellt. Wohin die Reise geht wird sich wohl schon gegen Gladbach nach der Länderspielpause zeigen. Der VfB muss dringend seine Heimschwäche ablegen, vielleicht kommen dafür die bislang auswärts weitestgehend erfolglosen Gladbacher gerade recht.
Gleich nach dem Spiel ging es dann mit dem Bus zurück in die Heimat. Dieses Mal Gott sei Dank ohne Panne, gegen 23.30 Uhr erreichten wir ES-Berkheim, in Anbetracht des Sonntag-Abend-Spiels noch eine akzeptable Zeit, auch wenn ich heute wieder arbeiten musste.
Beim nächsten Spiel gegen Gladbach werde ich leider nicht im Neckarstadion sein. Es wird damit das einzige Spiel, ob daheim oder auswärts, das ich in der Vorrunde verpassen werde. Mich zieht es mit ein paar Kumpels nach Glasgow und Edinburgh. Auslöser der Buchung war eigentlich das Motörhead-Konzert, welches inzwischen leider aufgrund einer Erkrankung des Frontman Lemmy abgesagt wurde. Leider sind die Terminierungen auf der Insel auch nicht immer fangerecht, schon gar nicht, wenn man gerne hoppen würde. In allen Ligen wurden sämtliche Spiele auf den Samstag terminiert, so dass wir uns lediglich die Partie Celtic-Aberdeen anschauen können. So werden wir eben wohl sonntags noch das Stadion und den Stadionpub der Hearts besuchen und einfach eine gute Zeit haben. Ihr, die gegen Gladbach im Stadion seid, schreit einfach für mich mit und bringet an Sieg hoim.
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9. März 2013
Letztes Wochenende, zum 80. unseres Ehrenpräsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder wurde ich kurz sentimental. Was war das noch für ein Präsident? Einer, der uns gleich zu Beginn seiner Amtszeit den Wiederaufstieg beschert hat. Der VfB wurde damals bester Aufsteiger aller Zeiten und auf Anhieb Vierter mit den jungen Wilden 1 um Karl-Heinz Förster und Hansi Müller. Der VfB hielt sich über Jahre in der Spitzengruppe der Liga, obwohl man Abgänge von Leistungsträgern wie Hansi Müller oder Dieter Hoeneß zu verschmerzen hatte. Man schaffte es aber, diese zu kompensieren, weil MV gute Kontakte landein, landaus hatte, bspw. einen Asgeir Sigurvinsson an den Neckar lockte, dem bei den großen Bayern der Durchbruch verwehrt blieb. Zudem profitierte man vom damals noch starken, wenn auch immer im Hintergrund wahrgenommenen, zweiten Stuttgarter Profiverein, dem SV Stuttgarter Kickers, denen man in den 70ern Walter Kelsch, später dann Jürgen Klinsmann und Guido Buchwald und in den 90ern noch Fredi Bobic abluchsen konnte. Der VfB fuhr Erfolge ein, feierte Finalteilnahmen und hielt sich konstant in den Top-Five, auch wenn es hier und da mal eine oder zwei Saisons zur Konsolidierung gab. MV gelang es immer wieder mal einen Weltstar wie Carlos Dunga zu uns zu locken und verpflichtete unser magisches Dreieck, Bobic kam von den Kickers. Giovane Elber wurde bei den Grasshoppers Zürich entdeckt und Krassimir Balakov wurde von Sporting Lissabon losgeeist. Klar sagte man ihm nach, den Verein nach Gutsherrenart zu führen, er hörte sich alle Meinungen an, die Entscheidungen fällte er jedoch Höchstselbst, nicht selten nach seinem Bauchgefühl. Er hinterließ Schulden in beträchtlicher Höhe, was den VfB Anfang der 2000er in Existenzängste trieb. Daher war sicherlich nicht alles Gold was glänzte und als Folge dessen wurden ja die Kontrollmechanismen im Verein verschärft, so dass so etwas ohne Durchwinken der Gremien heute nicht mehr möglich ist.
Warum ich trotzdem sentimental werde, wenn ich an die Zeit zurück denke und mit heute vergleiche? MV als Präsident hatte Charisma, hatte zudem in Ligaverband und FIFA hohen Einfluss, war stets präsent und immer darauf aus, ja keinen Manager größer zu werden zu lassen, als er selbst es war. Er hatte den höchsten Posten im Verein inne und das kehrte er nach außen. Bei ihm kam es nicht vor, dass der Verein von einer Blamage in die nächste geschlittert wäre und er untergetaucht wäre oder immer seinen Manager vorgeschickt hätte. Es mag sicher auch daran gelegen haben, dass MV für die Pressevertreter ein interessanter Interview-Partner war, dem nicht selten aus einer Laune heraus eine Exklusivnachricht entlockt werden konnte. MV war interessant und hatte immer etwas zu sagen. Dadurch war auch der VfB in aller Munde und eine Marke. Und, der VfB stand jahrzehntelang für attraktiven Offensivfußball!
Ein Mäuser jedoch, Präsident von Hundts Gnaden, duckt sich stets weg und hält sei Gosch, manchmal sicher auch besser so, tritt er doch gerne vom einen Fettnäpfchen ins Nächste. Durch sein jähzorniges Naturell vergrault er langjährige Mitarbeiter und sieht tatenlos zu, wie einer nach dem anderen das sinkende Schiff verlässt und zur Konkurrenz wechselt. Er predigt gebetsmühlenartig den Stuttgarter Weg, von dem er wohl exklusiv überzeugt ist. Die Realität sieht anders aus. Unseren jungen Spielern werden stets „erfahrene“ Durchschnittskicker von Reservebänken anderer Vereine vor die Nase gesetzt, ein präsidiales Eingreifen und Einflussnahme in die sportliche Leitung scheint tabu zu sein. Die sportliche Leitung wird den Medien zum Fraß vorgeworfen, Mäuser selbst hält sich vornehm im Hintergrund und tut Nichts.
Man geilt sich vielmehr daran auf, dass der VfB neben den Bayern als einziger Verein noch in allen drei Wettbewerben vertreten ist, dass dieser Umstand einzig und allein einem unglaublichen Losglück zuzuschreiben ist, vergisst man gerne. Man nimmt die Misere einfach hin, ohne einmal Eier zu zeigen und auf den Tisch zu hauen. Dass die Bilanz auf dem Papier besser aussieht als sie wirklich ist, wird genauso totgeschwiegen, wie dass man eine Trainerdiskussion auch nur im Ansatz zulässt. Ich sehne mich ja ebenso nach Kontinuität, jedoch nicht auf Teufel komm raus. Weshalb man noch unbedingt im Januar den Vertrag mit Bruno Labbadia um zwei Jahre verlängern musste, wobei der Verein ja ursprünglich sogar an drei Jahre dachte, ist mir ein Rätsel. Ist das unser Anspruch mit blutleeren Auftritten im Mittelmaß herum zu dümpeln, immer auch mit einem Bein in der zweiten Liga? Kann es im Interesse des Vereins liegen, alles nur noch schönzureden und die Kritiker einfach zu ignorieren? Sind es nicht Alarmzeichen genug, dass zu einem Samstag-Nachmittag-Spiel gegen Werder Bremen, das eigentlich immer für Spektakel steht, nur noch 40.000 Zuschauer kommen? Die Zuschauerresonanz im Europa- und DFB-Pokal möchte ich gar nicht überbewerten. Bei diesen Anstoßzeiten ist es für viele zeitlich einfach nicht machbar, die exorbitant gestiegenen Eintrittspreise tun ihr übriges. An der Preisschraube ist der VfB ja offensichtlich nicht bereit zu drehen, in vfb-direkt wird ständig darauf hingewiesen, wie hochwertig der Wettbewerb sei und dass die Preise angemessen wären. Die Quittung dafür sind eben halbe Geisterspiele im weiten Rund des Neckarstadions. Apropos vfb-direkt, auch eine Idee von Herrn Mäuser. Dieses Medium könnte sich der VfB sparen, liest man doch höchstens in 1% der Fragen und Antworten überhaupt etwas neues, erfolgen die Antworten selbstherrlich und mit Textbausteinen, die man schon hundertmal gelesen hat. Was ich aus diesem Medium lediglich herauslesen kann: „immer sind die Anderen schuld“. Wenn Lady Ländle peinlich ist, sind es verkaufte Werbezeiten, auf die der VfB keinen Einfluss hat, ist die Qualität der Trikots schlecht oder sind sie zu teuer, wird Puma der schwarze Peter zugeschoben, schmeckt die Stadionwurst nicht oder ist sie zu kalt, wird man an den Caterer verwiesen, funktioniert der Tageskartenverkauf nicht oder muss man bis lang nach Spielbeginn in der Schlange stehen, ist man selber schuld, weil man die Karte nicht im Vorverkauf erworben hat. Auch die Kritik an der ohne Abstimmung mit den Fans vorgenommenen und auf Teufel komm raus durchgeführten Wahl zur Stadionhymne wird einfach ignoriert bzw. zurückgewiesen. Dies könnte ich noch ewig so weiter führen, als Fan fühle ich mich von dieser Plattform eher verarscht, als dass sie einen Mehrwert brächte. Aber, man liest halt doch mit und regt sich jedes Mal aufs Neue auf.
In Sachen Viagogo wird auf konkrete Fragen schon überhaupt nicht eingegangen, sondern lediglich auf die Stellungnahme von Mäuser verwiesen, die er zu Beginn der Partnerschaft tätigte. Es wird auch immer stets betont, dass man die ursprünglich geplante Fassung noch geändert hatte, als der Fanausschuss intervenierte. Dann heißt es so schön „in Absprache mit dem Fanausschuss“, obwohl dieser strikt gegen diese Form von Legalisierung des Schwarzmarkts war.
Der Dialog mit dem Fanausschuss stand kürzlich kurz vor dem Aus, weil sich der Verein nicht an Absprachen hielt und seine Vorhaben sowieso umsetzt, man hat dann eben darüber gesprochen. Einflussmöglichkeiten sehen anders aus. Noch unter Erwin Staudt fanden die Fans weitaus mehr Gehör als jetzt unter Mäuser, mit dem eine konstruktive Zusammenarbeit offensichtlich nicht möglich ist.
Zum Wohle des Vereins kann es eigentlich nur eines geben, Mäuser Raus! Eine Abwahl eines VfB-Präsidenten während der Amtszeit wäre, soviel ich weiß, ein Novum in der fast 120-jährigen Geschichte vom VfB. Möglicherweise ist die Chance dazu bei der nächsten Mitgliederversammlung so groß wie nie, wird es doch auch in der Wappenfrage zu einer Abstimmung kommen. Dieser Tagesordnungspunkt wird viele Leute aus der Kurve mobilisieren die Mitgliederversammlung zu besuchen, wo sonst überwiegend alte Schergen und der Freundeskreis anwesend sind, die den Vorstand brav entlasten und alles ab nicken, was im letzten Geschäftsjahr so schief gelaufen ist. Es muss eine Palastrevolution her, um den Verein wieder nach vorne zu bringen. Auch ein Dieter Hundt, mittlerweile weit jenseits der 70, sollte abdanken und jüngeren den Vortritt lassen.
Der Fisch stinkt gewaltig vom Kopf, trotzdem kann man auch die sportliche Leitung nicht unbehelligt lassen. Es ist klar, dafür hat auch jeder Verständnis, dass nach wie vor ein Sparkurs eingehalten werden muss und somit die Hände ein Stück weit gebunden sind. Trotzdem wird mir zu sehr schwarzgemalt. Wir sind immer noch der VfB, haben noch immer die stärkste zweite Mannschaft in Deutschland, haben ein tolles Stadion, ein begeisterungsfähiges Umfeld, ein riesiges Einzugsgebiet und sind in einer der stärksten Wirtschaftsregionen Europas beheimatet. Das sind Pfunde, mit denen wir nach wie vor wuchern können, darin stecken Potentiale, die geweckt werden wollen.
Wenn man aber einen Trainager Bobaddia hat, ich fasse die Herren hier der Einfachheit halber zusammen, da sie sowieso dieselbe Sprache sprechen, der stets nur am jammern ist und alles schon im Vorfeld madig macht, dann wecke ich natürlich auch kein Interesse und muss mich über leere Ränge im Stadion nicht wundern Mit Aussagen wie „die Europa League wird von den Fans in Stuttgart nicht angenommen“, im Vorfeld eines Spiels, gebe ich doch denen, die nicht kommen wollen, schon im Vorfeld ein Alibi. Ich kann mich an Plakataktionen von früher erinnern, Verein für Begeisterung, wo einfach Lust geweckt wurde und ein Stück weit auch an die Ehre eines Fans appelliert wurde, den Verein zu unterstützen. Es wird jeder noch so kleine Gegner groß geredet, Demut, Lernprozess, „wir sind noch nicht so weit“, „brutal harter Wettbewerb“, „steiniger Weg“, „hohe Erwartungshaltung“, etc. pp. Kurz, es wird permanent gejammert, unser VfB wird kleingeredet, es werden schon im Vorfeld Alibis gesucht und auch gefunden. Wenn Bobaddia so auch mit den Spielern redet, wundern mich die ängstlichen, blutleeren Auftritte überhaupt nicht. Es wundert mich dann auch nicht, dass keiner auf dem Platz steht, der die Anderen mitreißt, wenn man mal 0:1 hinten liegt und es mit einem „brutal schweren Gegner“ zu tun hat, der womöglich noch „in einer anderen Liga spielt“. Bobaddia wird nicht müde zu wiederholen, dass ein einziges unvorhergesehenes Ereignis genügt, um das fragile Gebilde einstürzen zu lassen, sprich dass sich die Mannschaft danach abschlachten lässt. Ich denke „mit unvorhergesehenem Ereignis“ meint Bobaddia auch die individuellen Fehler, die die Jungs in unschöner Regelmäßigkeit auf den Platz bringen. Wenn man hinten anfällig ist und vorne das Tor nicht trifft, hat man ein richtiges Problem, so vor allem in den letzten Spielen, wo auch unser Torjäger Vedad Ibisevic Ladehemmung hatte. Umso weniger ist für mich nachzuvollziehen, dass der Fußball von Bobaddia darauf ausgelegt zu sein scheint, sich nach eigener Führung ins Schneckenhaus zurückzuziehen und den Gegner, der in diesem Moment ja am Boden liegt, kommen zu lassen und stark zu machen, anstatt selbstbewusst nach vorne zu spielen und nachzulegen. Das, was Bobaddia derzeit spielen lässt, ist Angsthasenfußball unterster Schublade, der mittlerweile nicht nur nicht zum anschauen ist, sondern dazu noch keine Punkte einbringt. Der VfB ist die schlechteste Rückrundenmannschaft und steht mittlerweile auch in der Europa League vor dem Aus. Es sieht jeder ein, dass wir keinen Kader besitzen wie die Bayern oder der BVB. Dass aber, gerade angesichts der hohen Belastungen und Formschwäche einiger Spieler, nur immer die gleichen 12,13 Feldspieler zum Einsatz kommen und Auswechslungen erst erfolgen, wenn das eintrat, was lange Zeit absehbar war, dafür fehlt mir jegliches Verständnis.
In Sachen Aufstellung und Ein-/ Auswechslungen komme ich auf Bruno Labbadia zurück. Er vertraut offensichtlich nach wie vor dem Gros der Tribünenhocker nicht, geschweige denn unseren Jungs von der Zweiten, die schon Profiluft schnuppern durften. Und wenn endlich ein Martin Harnik, der meilenweit von der Form der Vorsaison entfernt ist, wie gegen Rom, durch Alexandru Maxim ersetzt wird, kommt auch noch Pech hinzu, da er durch eine rüde Attacke mit Nasenbeinbruch und Gehirnerschütterung ausgewechselt werden musste. Ein William Kvist ist momentan noch schwerer vermittelbar. Was er in der Rückrunde oder wie auch am Donnerstag gegen Lazio schon Gegentore verschuldete geht auf keine Kuhhaut. Dazu ist er, ganz Labbadias Liebling, ein Sicherheits- oder besser Rückpasskönig par excellance. Nicht selten kommt es beim VfB vor, dass, zehn Sekunden nach eigenem Eckball, der Ball zu Sven Ulreich zurück gespielt wird. Kvist macht das Spiel langsam und ist zudem völlig von der Rolle und offensichtlich ohne jegliches Selbstvertrauen, so dass er schon fast zwanghaft den Sicherheitsrückpass einer offensiven Aktion vorzieht. Wenn ein Trainerteam an sich selbst den Anspruch stellt, die Spieler von Tag zu Tag besser machen zu wollen, haben sie bei Kvist etwas falsch gemacht, er ist nur noch ein Schatten seiner Darbietungen aus der Vorsaison. Hatte man jahrelang ein Überangebot an talentierten und spielstarken Sechsern ist Kvist nun fast alternativlos, was meine Hoffnungen auf Besserung in der Spielweise doch dämpft. Den einzigen im Kader, den ich mir noch vorstellen könnte, ist Rani Khedira. Doch der ist jung und gleichzeitig unerfahren und wird so den Sprung in unser ach so funktionierendes Team sicherlich nicht allzu früh schaffen.
Wenn sich in einer Mannschaft die Unkonzentriertheiten und Slapstickeinlagen häufen, wenn die Laufbereitschaft zu wünschen übrig lässt, keiner dem anderen hilft, die Ordnung auf dem Platz nicht stimmt und der Gegner Spiel für Spiel zum Tore schießen eingeladen wird, stellt sich automatisch die Trainerfrage. Man fragt sich, erreicht der Trainer das Team noch? Spielt die Mannschaft gegen den Trainer? Ist es der Fußball, den der Trainer verlangt, wenn er offensichtlich nicht oder erst sehr spät korrigierend eingreift? Warum wechselt Labbadia nicht auch einmal schon nach 20 Minuten aus, wenn er von außen feststellt, dass ein Spieler bei der Mannschaftsbesprechung nicht zugehört hat und sein eigenes Ding macht? Da er diesbezüglich überhaupt keine Anstalten macht, unterstelle ich mal, dass das, was derzeit auf den Rasen gebracht wird, Fußball a` la Labbadia ist und dieser uns auch in der Zukunft drohen wird, wenn Labbadia am Ruder bleibt. Und dann braucht sich nun mal niemand zu beschweren, dass sich viele das nicht antun zu wollen und diese Zeit lieber der Familie widmen oder sich den weiten, beschwerlichen Anreiseweg ersparen. Und, nein, ich rede hier nicht von Erfolgsfans! Die meisten Fans akzeptieren ja die Tatsache, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander driftet, sie akzeptieren, dass man nicht mehr zu den Top-Vier gehört und wohl auch so schnell nicht Stammgast in der Champions League sein wird. Doch, die Leute, die ihr Geld in Stadion tragen, welches wiederum den Millionären auf dem Rasen zufließt, erwarten eine Gegenleistung in Form von Identifikation, Kampfgeist, Willenskraft. Diese Attribute vermisst man derzeit völlig, man hat eher den Eindruck, das Team ergebe sich in sein Schicksal und außer Phrasen a` la Bobaddia bekommt man nichts zu hören. All dies macht wenig Hoffnung auf Besserung. Auch die traditionell starke Rückrunde, die oftmals Probleme kaschiert hatte, scheint in dieser Saison auszubleiben. Somit taumeln wir weiter durch die Liga und können uns mittlerweile daran ergötzen, dass Augsburg gestern gegen Nürnberg keine Punkte geholt hat. Der VfB wird noch zwei bis drei Siege benötigen, um mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben. Momentan kann ich mir jedoch nicht vorstellen, gegen wen diese gelingen sollen. Mit Leistungen wie zuletzt, gewinnt man in dieser „brutal ausgeglichenen Liga“ kein Spiel! Es muss jetzt ein Befreiungsschlag her wie er in der letzten Saison beim 5:0 gegen Hertha gelang, von mir aus auch wieder begünstigt durch eine frühe rote Karte.
Die größte Möglichkeit, außer dem Nichtabstieg, diese verkorkste Saison noch zu retten, wäre das Pokalfinale in Berlin. Das Losglück blieb uns hold und bescherte uns abermals ein Heimspiel. Allerdings, mittlerweile habe ich höchsten Respekt, wenn ich an die Breisgau-Brasilianer denke. Klasse, was Christian Streich dort innerhalb eines Jahres aus der Truppe gemacht hat und welche Begeisterung er vorlebt. Er ist wie Labbadia ein Typ Trainer, der vor Ehrfurcht erstarrt angesichts der großen Namen, mit denen er es in der Bundesliga zu tun hat. Im Gegensatz zu Labbadia aber wandelt er diese Ehrfurcht in positive Energie um und kitzelt aus seinen Jungs, die er zum Großteil von Kindestagen an kennt, die paar Prozent mehr heraus, die nötig sind und den Unterschied ausmachen. Während Labbadia griesgrämig nur die Last sieht, versprüht Streich Lust, es den großen zu zeigen. So wird das Halbfinale sicherlich kein Selbstläufer. Noch haben wir fünf Wochen Zeit um in eine bessere Phase zu kommen und Selbstvertrauen zu tanken. Was mich in diesem Zusammenhang aber schon wieder tierisch nervt, ist, dass von fast allen vom VfB angesichts der Chance auf den Finaleinzug hervorgehoben wird, dass wir dann ziemlich sicher auch in der nächsten Saison international dabei wären, und keiner auf die Idee kommt, den Pokal dann auch gewinnen zu wollen. Minimalistendenken eben!
Morgen geht es gegen den wiedererstarkten HSV der jüngst im Westfalenstadion zu Dortmund mit 4:1 gewonnen hat. Danach geht’s zum starken Aufsteiger nach Frankfurt, dann Dortmund zu Hause und Hannover auswärts. Angesichts dieser Aufgaben wird mir eigentlich angst und bange. Hier bin ich wieder beim Einstiegsthema und würde mir jemanden wünschen, der jetzt wachrüttelt und vom allgemeinen Kuschel- und Streichelkurs abrückt und die Protagonisten an den Ernst der Lage erinnert und nicht erst aufwacht und in Aktionismus verfällt, wenn es fast schon wieder zu spät ist.
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