2. Februar 2016
Nach dem vielversprechenden Auftakt in Köln, stand am zweiten Rückrundenspieltag das Wiedersehen mit Ex-Trainer Bruno Labbadia sowie Gotoku Sakai an. In der Hinrunde hatte man unverdient und äußerst unglücklich verloren, nachdem Florian Klein des Feldes verwiesen wurde. Die beiden letzten Heimspiele gegen die Rauten entschied man knapp für sich, beide Male in Spielen, in denen eine Niederlage bereits den Abstieg hätte bedeuten können. Ganz so dramatisch stellte sich die Situation relativ früh in der Rückrunde dieses Mal nicht dar und doch war es ein ganz wichtiges Spiel. Mit einem Sieg bestand die Möglichkeit an den HSV heranzurücken und diesen selbst wieder in den Abstiegskampf mit hineinzuziehen.
In der Vorrunde hätte sich der Spielfilm in etwa so abgespielt:
Der VfB mit einer großartigen Leistung und einem mitreißenden Offensivfeuerwerk, spielte den HSV über weite Strecken an die Wand, lediglich am leidigen Thema Chancenverwertung hätte man etwas aussetzen können.
Als nach unermüdlichem Anrennen und Chancen kreieren in der 66. Minute endlich das 1:0 durch ein Eigentor von Aaron Hunt gefallen war, ließ man sich von einem der wenigen Hamburger Angriffe überrumpeln. Nach einer Flanke von links vollstreckte Rudnevs, der sonst nicht einmal ein Scheunentor trifft, per sehenswertem Flugkopfball und mit seinem ersten Saisontreffer zum Ausgleich. Zweikampfmonster Niedermeier, in dieser Situation zaudernd wie ein Kätzchen, kam einen Tick zu spät.
Lediglich vier Zeigerumdrehungen später geschah dann das Unglaubliche. Ilicevic stibitzte Großkreutz den Ball und tunnelt Fehleinkauf Tytoń zum 1:2, welches das Spiel komplett auf den Kopf stellte. Nach kräftezehrendem Spiel auf nassem, tiefem Geläuf hat der VfB am Ende nichts mehr zuzusetzen. Der eingewechselte Kravets setzt einen Ball noch an die Latte, das war’s dann auch schon.
Der VfB erntet Lob, der HSV die Punkte und wusste dabei nicht, wie er mit seinen limitierten Mitteln und fast ohne Torchancen dieses Spiel gewinnen konnte. Zorniger an der Linie raufte sich die Haare, um hinterher in die Mikrofone zu raunzen, dass er nicht wisse, wo er denn noch ansetzen solle, „außer bei der Chancenverwertung“.
Spiele nach diesem Strickmuster gab es zu Beginn der Saison einige. Doch was ist anders geworden seit damals? Wie kommt es, dass wir ein im Grunde gleiches Spiel mit fast gleichem Personal jetzt mit einem neuen Mann an der Seitenlinie auf einmal gewinnen können?
Es mag eine Rolle spielen, dass die Jungs, weil sie sich nicht mehr zu Tode pressen, hinten hinaus mehr Luft und damit auch mehr Konzentration haben. Vielleicht war auch die Wintervorbereitung effektiver, als die im Sommer mit Zorniger, die Mannschaft jedenfalls machte über weite Strecken einen flinken und spritzigen Eindruck.
Kramny macht seine Sache bisher mehr als ordentlich. Er fängt wirklich an, mir zu gefallen. Mit seiner unaufgeregten und pragmatischen Art, ist er fast schon der Gegen-Zorniger. Er lamentiert nicht sondern schafft halt und lässt das spielen, was auch am Ende der Stevens-Ära tolle Spiele und vor allem Punkte brachte. Es genügten einige wenige Kniffe, um den VfB zurück in die Erfolgsspur zu bringen.
Er kommt nicht selbstherrlich rüber, bindet sein Team, einschließlich Führungsspieler, ein, und erarbeitet gemeinsam mit ihnen eine Strategie, wie der VfB im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten auszurichten ist. Er verfolgt dabei nicht Hirngespinste des perfekten Fußballs, sonder macht sich bewusst, dass wir noch immer gerade genug Spieler im Kader haben, die das Fußballspielen nicht erfunden haben.
Im Mittelfeld treten wir eine Spur kompakter auf. Mit Ruppinho an Stelle des verletzten Martin Harnik, setzt er auf einen dritten (eigentlich) zentralen Abräumer und zugleich Antreiber neben Serey Dié und Christian Gentner. Er holte Georg Niedermeier aus der Versenkung zurück, hat in Kevin Großkreutz einen vorbildlichen Fighter dazu bekommen und setzt offensichtlich auf Erfahrung.
Auf der einen Seite erstaunt es mich schon etwas, dass gerade er, als ehemaliger Amas-Trainer, auf keinen „seiner“ Jungs zurückgreift, Schwaab Timo Baumgartl vorzieht und auch Arianit Ferati im Moment überhaupt keine Rolle mehr spielt.
Auf der anderen Seite aber gibt der Erfolg Kramny Recht! Kramny setzt auf Erfahrung, Stabilität und ein harmonisches Miteinander. Offensichtlich schätzt er die Lage so ein, dass die Youngsters mit der derzeitigen prekären Situation mental überfordert sind und man ihnen keinen Gefallen täte, sie weiter zu verheizen. Timo Baumgartl ist so ein Beispiel, obwohl eigentlich schnell und technisch nicht schlecht, war er zum Schluss ein Sicherheitsrisiko, so dass es nachvollziehbar dass ihm derzeit der erfahrene Georg Niedermeier vorgezogen wird.
Und, was man nicht vernachlässigen darf und womit wir wieder beim ersten Abschnitt dieses Textes wären. Kramny hat das notwendige Glück zurückgebracht. Der Fußball ist zwar einfach und manchmal trotzdem nicht erklärbar. Tytoń bekam dieses Gegentor dieses Mal eben nicht durch die Hosenträger und hat sich in den letzten Monaten zum absoluten Leistungsträger und sicheren Rückhalt entwickelt. Selbst jetzt, wo Mitch Langerak einsatzbereit wäre, ist ein Torwartwechsel kein Thema mehr. Kramny hatte nicht nur das Glück, dass Tytoń den VfB im Spiel gehalten hat, er bewies auch noch ein glückliches Händchen bei seinen Einwechslungen. Für mich kamen sie zwar spät, zum Glück jedoch nicht zu spät.
Schon nach der vergebenen Großchance von Timo Werner kurz nach dem Seitenwechsel, sagte ich, dass Kramny ihn im Grunde auswechseln und gegen Kravets, der mir in Belek schon gut gefiel, ersetzen müsste.
Wer in einem Spiel so leichtfertig mit seinen Chancen umgeht, könnte an einem schlechten Tag noch zwei Stunden weiter spielen, ohne ins Tor zu treffen. Ich möchte damit nicht den Stab über Timo Werner brechen. Nach seiner Ausbootung fürs Hertha-Spiel nahm Werner eine positive Entwicklung, an guten Tagen ist er mit seiner Schnelligkeit eine echte Waffe, Samstag jedoch war nicht sein Tag.
Es dauerte noch bis zur 78. Minute, es stand inzwischen 1:1, ehe Kravets zu seinem Heimdebüt kam. Der Ukrainer hat bekanntlich das Ziel, sich über Einsätze beim VfB für eine Kader-Nominierung zur Euro 2016 in Frankreich zu empfehlen. Ein schwieriges Unterfangen, da Timo Werner im Moment kaum aus der Mannschaft wegzudenken ist und auch Daniel Ginczek in absehbarer Zeit zurückkehren dürfte.
So bedarf es schon besonderer Eigenwerbung, um diesen Widrigkeiten zu trotzen und sich in die Mannschaft zu kämpfen. Bereits seine erste Aktion hat mir imponiert. Wenn mich etwas genervt hat bei diesem Kick, war es dieses Klein-Klein-Spiel und dass bei diesem rutschigen Boden keiner (außer bei Standard Didavi) einmal aus der Distanz abgezogen hat. Kravets tat es fast mit seinem ersten Ballkontakt und zwang den guten Adler im HSV-Tor mit einem scharfen 20-Meter-Schuss zu einer Parade.
So zeigte Kravets schon in seiner ersten Szene, dass er Zug zum Tor besitzt. Das Tor wollte aber auch nach seiner Einwechslung nicht fallen. Ein 1:1 wäre psychologisch eine Katastrophe gewesen. Wenn man den Gegner über die komplette Spieldauer beherrscht, sich ein enormes Chancenplus herausspielt, in allen Belangen besser ist, sollte sich das auch im Ergebnis niederschlagen, vor allem, wenn man sich im Existenzkampf am Tabellenende befindet. Kramny sah es wohl nicht anders und setzte in der 88. Minute noch einen Akzent von der Bank aus, Alexandru Maxim kam für Daniel Didavi aufs Feld.
Der Rest ist Geschichte! Erster Ballkontakt Maxim, kurz den Kopf gehoben und Kravets dort erspäht, wo sich ein Mittelstürmer befinden muss, eine gefühlvolle Flanke und ein Kopfball wie ein Strich. Was für ein geiles Tor, was für eine Technik von Kravets, der dem Ball noch enormes Tempo mitgab. Ich hörte am Samstag vermehrt Stimmen, ein solches Tor hätten wir seit Gomez‘-Zeiten nicht mehr gesehen, dem kann ich bei näherem Betrachten nur beipflichten. Sollte dieser Kurzeinsatz Aufschluss darüber geben, was der Ukrainer drauf hat, werden wir noch viel Freude an ihm haben.
Dieses 2:1 setzte den Schlusspunkt unter ein begeisterndes Spiel im strömenden Regen. Die Stimmung auf den Rängen und auch auf dem Rasen war überragend und macht Lust auf mehr. Wie stabil der Aufschwung ist, wird sich zeigen, ich traue dem Braten jedenfalls noch nicht. Dennoch gilt es nun Punkt um Punkt mitzunehmen, um möglichst früh die 40-Punkte-Marke anzupeilen. Die letzten Auftritte stimmen mich schon weitaus optimistischer als ich noch im November war. Die Mannschaft lebt, vor allem scheint die Stimmung mittlerweile hervorragend zu sein, sicherlich nicht nur Kramnys Verdienst, der gemeinsame Abschuss seines Vorgängers schweißte sie wohl zusätzlich zusammen.
Im Februar nun haben wir plötzlich wahre Luxusprobleme und einen schon lang nicht mehr dagewesenen Konkurrenzkampf im Kader. Nicht nur im Tor beharken sich zwei überdurchschnittliche Kandidaten. Auch im Mittelfeld, aus dem es gegen den HSV sage und schreibe drei Spieler in die Sportschau-Elf-des-Tages schafften, nämlich Serey Die, Daniel Didavi und Lukas Rupp, gibt es spätestens dann ein Hauen und Stechen, wenn Martin Harnik sich für die Startelf fitmeldet, vielleicht schon fürs Frankfurt-Spiel. Zu den Dreien gesellen sich noch der ohnehin nie in Frage gestellte Kapitän Christian Gentner sowie Filip Kostic, der mehr und mehr an seine Form der letzten Spiele der Vorsaison herankommt.
Wen möchte man da also für Harnik opfern? Seinen Platzhalter Lukas Rupp vielleicht? Nein, Ruppinho, den nicht einmal „Jubel-Verletzungen“ aus der Bahn werfen, ist mittlerweile einer der Köpfe des Teams geworden.
Der andere, gegen den HSV mal wieder überragend, ist Serey Dié. Was er im strömenden Regen und auf tiefem Geläuf abspulte, unermüdlich Bälle eroberte, angetrieben und eigene Angriffe initiiert hat, war schon phänomenal.
Auch im Sturm ist die Luft für Harnik mittlerweile dünn geworden. Timo Werner sollte weiterhin seine Einsatzzeiten bekommen, ist Kravets tatsächlich das Tier, als das er sich im Samstag dargestellt hat, wird er in die erste Elf drängen und, spätestens Anfang März, sollte auch Ginni wieder ein Thema sein.
Daher wird sich Harnik zunächst einmal hintenanstellen und ähnlich zünden müssen wie Kravets am Samstag, möchte er in absehbarer Zeit seinen Stammplatz zurückerobern. Legt er weiter die Schludrigkeit bei der Ballbehandlung und im Abschluss an den Tag wie in der Vorrunde, dürfte er es schwer haben.
Bliebe noch die Abwehr, die nach wie vor die größte Bau- und Schwachstelle im Team. Wenn Kramny in der Innenverteidigung (freiwillig) auf Schwaab und Niedermeier setzt, weiß man als Beobachter was die Stunde geschlagen haben muss. Mit dieser Besetzung kann es allenfalls um Schadensbegrenzung gehen, darum, im eigenen Strafraum die Lufthoheit zu besitzen und die Bälle wegzudreschen, nicht aber um mindestens genauso wichtige Eigenschaften wie Antizipation und Spieleröffnung. Dass Schwaab sowohl Sunjic als auch Timo Baumgartl vorgezogen wurden, sagt viel darüber aus, welche Wertschätzung diese beiden bei Trainer Kramny haben müssen und ist wohl als Indiz zu werten, dass der Nebenmann des gestern verpflichteten Italieners Federico Barba eher Niedermeier als Baumgartl heißen dürfte.
Barba war zuletzt Reservist in Empoli und ist mit seinen 22 Jahren auch nicht der erfahrene Mann, den man sich gewünscht hätte. Bevor ich ihn nicht spielen gesehen habe, kann ich mir kein Urteil über ihn erlauben. Im heute kurzfristig anberaumten und mit 0:2 verloren gegangenem Test gegen die SG Sonnenhof-Großaspach gab er unter Ausschluss der Öffentlichkeit sein Debüt im VfB-Dress, wobei er sich gleich verletzte. „Verhärtung in der linken Wade“, so die offizielle Sprachregelung. Ich kann nicht sagen, wieso, aber nach dieser Meldung habe ich Barba schon mal für die halbe Rückrunde abgeschrieben, weil die Erstdiagnosen unserer Vereinsärzte zuletzt stets danebenlagen und sich die Verletzungsdauer stets als ungewöhnlich lang erwiesen hat. Sollte dies so eintreten, wäre das natürlich extrem ärgerlich, auch wenn man dann die Kaufpflicht nicht wahrnehmen müsste, weil diese an zehn Einsätze gekoppelt ist.
Großkreutz hat auf der Rechtsverteidigerposition Florian Klein ausgestochen und wird diese Rolle wohl bis auf weiteres ausfüllen. Nach Lukas Rupp hatte er erneut die zweitbeste Laufleistung und gute Zweikampfwerte zu verzeichnen. Macht er so weiter, fußballerisch und von seiner Einstellung zum Profisport her, werden wir noch sehr viel Freude an ihm haben.
Die ersten beiden Spiele der Rückrunde machen Lust auf mehr. Schon jetzt freue ich mich auf Frankfurt, das oft ein gutes Pflaster für uns war und DIE Gelegenheit ist, in der Tabelle weiter in Richtung obere Tabellenhälfte zu klettern. Nicht nur, dass wir die Frankfurter mit einem Sieg überflügeln könnten, auch die Gelegenheit Armin Veh eins auszuwischen sollte den Brustringträgern Flügel verleihen.
Aufgrund der Vorkommnisse beim Spiel gegen Darmstadt 98 werden wir auf einen leeren Frankfurter Fanblock treffen. Da der Block 40 der Eintracht-Fans gesperrt ist, werden sie sich wohl auf der Gegengerade niederlassen und somit noch näher an die VfB-Anhänger heranrücken. Ob da einer diese Kollektivstrafe zu Ende gedacht hat? Ich glaube es nicht.
Und dann war da gestern noch der sogenannte Deadline-Day. Immer wieder verwundert es einen, wie ein Pleiteverein wie der HSV bspw. Drmic von Mönchengladbach loseisen konnte und sich auch noch fast Sanogo von den Young Boys Bern geangelt hätte. Ähnlich wie bei der Posse um Kevin Großkreutz im Sommer, erreichten den HSV die Unterlagen einige Minuten zu spät, so dass der Wechsel platzte. Nichtsdestotrotz, Kühne scheint einmal mehr die Schatulle weit geöffnet zu haben.
Einen solchen Gönner hat der VfB nicht zu verzeichnen, so dass nach der Verpflichtung von Großkreutz und der Leihe von Kravets, allenfalls noch eine weitere Leihe möglich war. Dies wurde kurz vor Ultimo dann bekanntlich Barba, ich bin gespannt auf den Jungen und hoffe auf eine schnelle Integration, auf und neben dem Platz.
Doch, nicht nur Zugänge hatten wir zu verzeichnen, auch Abgänge und dabei zum Glück keinen unserer Leistungsträger. Die Vereinslegende Adam Hlousek, in dem Zorniger schon den nächsten Weltklasseinnenverteidiger gesehen hatte, verließ uns in Richtung Legia Warschau, obwohl er die Woche zuvor noch eine herzzerreißende Liebeserklärung in Richtung VfB und uns Fans abgegeben hat. Dass diese innige Liebe eher einseitig war, zeigte sich dann zum Glück in diesen Tagen. Damit fand Robin Dutt für einen weiteren Einkauf der Kategorie „What the fuck“ aus der Bobic-Ära einen Abnehmer, Chapeau!
Völlig überraschend wurde dann gestern noch kurz vor Schließung des Transferfensters die Bayer-Leihgabe Robbie Kruse an seinen Stammverein „zurückgegeben“. Kruse wurde im Sommer, wohl überstürzt, geholt als Reaktion auf den Ibisevic-Abgang. Ausgiebig gescoutet scheint er nicht geworden zu sein, es war wohl eher ein Transfer aus der Rubrik „nicht schnell genug auf dem Baum gewesen“. Einen Spieler, der in den letzten eineinhalb Jahren gerade einmal zu drei Kurzeinsätzen für Bayer kam und zudem in einem erbärmlichen körperlichen Zustand an den Neckar kam, hätte man sicherlich nicht genommen, wenn genügend Zeit gewesen wäre, dass er sich vorstellen und vorspielen hätte können.
Einen solchen Hänfling habe ich selten auf einem Fußballplatz gesehen. Von einem schwäbischen Bundesligisten, der seiner Fürsorgepflicht nachkommt, hätte ich es fast schon erwartet, dass man ihm jeden Tag eine Schüssel Spätzle mit Soß verabreicht und ihn so Stück für Stück aufpäppelt. Sei’s drum, unter dieses Missverständnis wurde nach fünf Kurzeinsätzen der Schlussstrich gezogen.
Dann war da noch am Deadline-Day der Wechsel unseres Ex-Kapitäns Serdar Tasci zu den Bayern. Durch die russisch-türkischen politischen Spannungen und der Ankündigung Putins, weder Vertragsverlängerungen mit türkischen Spielern zuzulassen noch weitere Türken ins Land zu lassen, erklärte sich Tasci, trotz seines deutschen Passes, schon Ende letzten Jahres solidarisch und kündigte seinen baldigen Abschied an.
Fast zwangsläufig brachte man ihn dann auch mit dem VfB in Verbindung, der ja händeringend auf der Suche nach einem Innenverteidiger ist bzw. war. Aussagen Tascis, wonach er sich eine Rückkehr zum VfB gut vorstellen könne, befeuerte die Gerüchteküche zusätzlich, so dass die ersten Nostalgiker bereits auf den Plan gerufen wurden und den VfB für verrückt erklärten, würde er sich nicht um den gebürtigen Esslinger bemühen.
Dass Tascis Liebe zum VfB schnell wieder erkalten würde, wenn ihm Dutt erklären müsste, dass er allenfalls noch die Hälfte seines früheren Gehalts für ihn bezahlen könnte, damit müssen sich die selbsternannten Fifa-Manager ja nicht auseinandersetzen.
Fakt ist, dass eine Rückkehr Tascis überhaupt nur möglich gewesen wäre, wenn er auf viel Geld verzichtet hätte, welcher Profi macht das schon. Schalke buhlte außerdem mit um Tascis Dienste, so dass königsblau um einiges wahrscheinlicher gewesen wäre, als eine Rückkehr zum VfB, ganz unabhängig davon, ob er sportlich überhaupt ein Gewinn geworden wäre.
Ich bin nicht traurig darüber, dass dieser Wechsel nie ernsthaft ein Thema war und habe daher auch keinen Schmerz, dass er schließlich bei den Bayern gelandet ist.
Im Gegenteil, unverhofft kommt selten oft. Ohne die Verletzungen Boatengs und kurzfristig noch von Martinez wäre Tasci auch bei den Bayern nie ein Thema gewesen.
Selbst in dieser Konstellation jetzt ist Tasci mehr Notnagel als einer mit der Chance auf einen Stammplatz im Münchner Starensemble. Vielleicht tue ich ihm ja unrecht, weil ich ihn seit seinem Abgang nicht mehr spielen gesehen habe. In Anbetracht seiner damaligen Schnelligkeitsdefizite und seines damaligen Leistungsstands müsste sich bei den Bayern schon auch Badstuber noch verletzen, was ja leider nicht einmal so abwegig ist. Den Posten neben dem einzigen etatmäßigen Innenverteidiger können immer „fachfremde“ Mannen wie Xabi Alonso, Alaba oder auch Kimmich bekleiden, so dass für Tasci meist nur die Bank bleiben dürfte.
Somit hat er für die verbleibenden 15 Bundesligaspiele, plus Pokal, plus Champions League, einen Vertrag als Standby-Profi unterschrieben, fürstlich dotiert und mit der Chance sich ein, zwei oder drei Titel auf seine nächsten Autogrammkarten schreiben zu dürfen. Besser konnte es für ihn kaum laufen, zumal Kumpel Ulle sicher dafür sorgen wird, dass sie auf der Bank nebeneinander sitzen dürfen. Dieses Standing traue selbst ich Ulle zu, es sich in den letzten Monaten erarbeitet zu haben. Ich gönne es Serdar, dass er zumindest raus aus Russland ist, wo er sich zuletzt weder wohl noch sicher gefühlt hatte und hege überhaupt keinen Groll, dass er „ausgerechnet“ zu den Bayern gewechselt ist.
Anders als einige Trolls im Netz, die ihn schon jetzt als geldgeilen Söldner beschimpfen, weil er nicht zum geliebten VfB zurückgekommen ist und auch weil der VfB in dieser Personalie nicht in Konkurrenz zu den Bayern getreten ist.
Dieselben Trolle sind es dann wohl auch, die Cacaus Rückkehr zum VfB II bejubeln und ihn schon wieder auf dem Sprungbrett zu den Profis wähnen.
Cacaus Zeit in der Bundesliga ist jedoch schon lang abgelaufen. Mich wundert es immer wieder, wie schnell der Fan vergisst.
Schon vergessen, wie seine Leistungen förmlich explodiert sind, als der VfB drauf und dran war, ihm keinen Vertrag mehr zu geben? Wie er um Wertschätzung flehte, um einen hoch dotierten, weil letzter großer, Vertrag kämpfte?
Wie er seit seiner Vertragsunterschrift mehr und mehr abbaute und zum Schluss fast nur noch verletzt war? Er stieg zu einem der Top-Verdiener im Verein auf und brachte so gut wie keine Gegenleistung mehr?
Selbst als dieser Vertrag endlich ausgelaufen war, heulten noch viele herum, weil man ihn nicht noch einmal verlängerte.
Wie für Tasci, so gilt auch für Cacau: man küsst das Wappen „seines“ Vereins, solang dieser ordentlich, wenn nicht überbezahlt. Sobald man aber dem Leistungsabfall und Alter entsprechend das Gehalt gravierend nach unten anpassen möchte, ist es vorbei mit der großen Liebe.
Deshalb zog Cacau gen Japan, wurde dort allerdings nicht glücklich. Seither hält er sich mehr oder weniger regelmäßig bei unseren Amateuren fit und unterschrieb folgerichtig jetzt einen Vertrag bei den Amas. Das aber sicherlich auch nicht nur, weil er den VfB außerordentlich liebt, sondern weil er keine in Frage kommende Alternative gefunden hatte.
Einige sollten sich von der Romantik im Profifußball wirklich mal verabschieden.
Nicht dass man mich falsch versteht. Ich bin selbst Cacau-Fan und kann nichts Schlechtes über ihn sagen. Es ist ja nicht so, dass er nach der Vertragsverlängerung mit Absicht schlecht gespielt hätte oder für seine Verletzungen etwas konnte. Selbst die Wertschätzungs-Debatte damals konnte ich nachvollziehen, wenn Cacau als Teil der Meistermannschaft von 2007 gerade mal ein Drittel oder die Hälfte dessen überwiesen bekam, was man Marica und Pogrebnjak in den Rachen schmiss.
Aber, die Zeit lässt sich halt nicht zurückdrehen. Ich finde es schön, dass er jetzt für die Amas aufläuft, vielleicht verhilft er ihnen zu einem Schub, vielleicht auch zu endlich besseren Zuschauerzahlen. Nur, Cacau jetzt dafür zu preisen, dass er wieder nach Hause gekommen ist und Tasci ist der Söldner, weil er zu den Bayern wechselte, darüber kann ich schmunzeln und würde mit einem Augenzwinkern glatt behaupten, hätte Cacau ein Angebot der Bayern vorliegen gehabt, würde er heute seinen Spind an der Säbener Straße einräumen.
Und dann ist da dieser Tage auch noch Fredi Bobic, der für Sky den Deadline-Day kommentierte. Dabei trat er abermals gegen den VfB nach. Zorniger ist weg, also, neue Zielscheibe, Kramny. Die Stuttgarter Nachrichten zitieren den Einzelhandelskaufmann aus dem Hallschlag wie folgt“ „Ich halte ihn für einen guten Trainer, aber ich habe ihn jetzt in der Bundesliga nicht für den Trainer gehalten.“ Was seine Persönlichkeit und die Weiterentwicklung des Fußballs angehe, müsse Kramny noch ein bisschen mehr bringen. „Das wird die Frage sein – wird er diesen nächsten Schritt machen können?“
Da können wir doch nur hoffen, dass sich Kramny in Bobic‘ Fehleinschätzungen der letzten Jahre einreiht und als Bundesligatrainer durchstartet. Bobic lässt keine Gelegenheit aus, seinen früheren Arbeitgeber zu diskreditieren. Ich hoffe, man verfolgt in der Branche seinen zur Schau getragenen schlechten Charakter mit Stinkstiefelmentalität ganz genau und hält weiter sämtliche Türen für ihn geschlossen.
Eine Legende demontiert sich mehr und mehr selbst. Leuchteten vor Jahren noch meine Augen, als ich Bobic hörte und an das magische Dreieck dachte, ist mittlerweile nur noch Verachtung übrig geblieben für die beleidigte Leber-, ähm, Bratwurst.
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31. August 2013
Auch zwei Tage nach dem Europa League Aus gegen den HNK Rijeka bin ich noch ein wenig fassungslos über die Art und Weise, wie man das internationale Geschäft her geschenkt hat. Dass wir uns in der Nachspielzeit nach verlorenem Zweikampf von Traoré einen Konter einfangen, das noch nach eigenem Eckball, darf einfach nicht passieren. In der Verlängerung, denke ich, hätten wir uns durchgesetzt, da die Kroaten sichtlich platt waren.
Schon das 0:1 war eine pure Slapstick-Einlage von Ulreich und Röcker, als Ulreich offensichtlich zu spät rief, dass er herauskommt und Röcker, der beim Mann stand, über den Haufen rannte. Derzeit kann der VfB einfach nicht so viele Tore schießen wie man hinten leicht her gibt. Diese Fehler werden im Profifußball bestraft und müssen umgehend abgestellt werden.
Das Aus in der Europa League nehme ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge hin. Lachend deshalb, da es meiner Meinung nach dem Team mit dem neuen Trainer Thomas Schneider gut tun wird, diese Dreifachbelastung nicht zu haben und unter der Woche konzentriert arbeiten zu können. Wie schon des Öfteren von mir kritisiert, hat es Labbadia in der Vorbereitung versäumt, Automatismen einzustudieren und sich DIE Stamm-Elf herauskristallisieren zu lassen. Für Schneider beginnt jetzt quasi die Vorbereitung aufs Neue, allerdings mit dem Manko, dass er schon gewaltig unter Druck steht, Ergebnisse liefern zu müssen. Nochmals danke für (fast) nichts an dieser Stelle, Bruno!
Thomas Schneider wird einiges ausprobieren müssen, bis er das Team so aufgestellt sieht, dass es funktioniert. Ratsam wäre dafür sicherlich noch das eine oder andere lockere Testspiel unter der Woche anzusetzen, um diesen Prozess zu beschleunigen und der Mannschaft die Gelegenheit zu geben, sich den aufgestauten Frust von der Seele ballern zu können. Zeit dafür wäre ja jetzt vorhanden.
Nach schier endlos langen Monaten, in denen William Kvist in der Versenkung verschwunden ist, brachte ihn Schneider von Beginn an. Einen charakterlich einwandfreien Spieler wie Kvist in diesem „Stil“ abzuservieren, was sich Labbadia dabei gedacht hat, ist für mich auch im Nachhinein noch eine Frechheit. Ich finde, er hat ein gutes Spiel gemacht und wird unserem Spiel sicherlich wieder etwas mehr Stabilität verleihen.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt des Ausscheidens ist, dass wir von nun an wohl öfter zur klassischen Bundesligazeit Samstags um 15.30 Uhr ran dürfen und Sonntagspiele für uns (hoffentlich) nur dann angesetzt werden, wenn wir auf einen Europaleague-Teilnehmer treffen.
Das weinende Auge bzgl. des Ausscheidens betrifft den Wegfall der immer wieder tollen Reisen, wie zuletzt nach Rijeka. Jetzt, da es klar ist, dass es unser letztes internationales Spiel in dieser Saison war, bin ich sehr froh, mich noch kurzfristig dafür zu entschieden haben.
Ferner bedauere ich unser Ausscheiden, weil ich Thomas Schneider zum Einstand ein baldiges Erfolgsgeheimnis gewünscht hatte, das dem gesamten Team Elan und Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben hätte geben können.
Und, zu guter Letzt steht jetzt zu befürchten, dass Deutschland in der UEFA-5-Jahres-Wertung ein schlechtes Jahr hinlegen könnte. Der VfB hätte bei der Auslosung in Topf 1 gelegen und sicherlich einfachere Gruppen erwischt wie Eintracht Frankfurt und der SC Freiburg. Abgesehen davon, dass es nach den bisherigen Saisoneindrücken gut möglich ist, dass sich beide in der zweiten Tabellenhälfte wiederfinden könnten, sind diese beiden Teams natürlich auch nicht gerade Aushängeschilder des deutschen Fußballs. Der VfB derzeit natürlich auch nicht, aber wir haben uns ja auch nicht sportlich qualifiziert sondern sind in den Wettbewerb geschlupft wie einst Alemannia Aachen und Union Berlin, durch die vom DFB auferlegte Lucky-Loser-Regelung, um den DFB Pokal aufzuwerten.
So bleibt für die 5-Jahres-Wertung auf der einen Seite zu hoffen, dass unsere vier Champions League Teilnehmer die Kohlen aus dem Feuer holen werden. Auf der anderen Seite gönne ich es Vereinen wie dem FC Schalke auch wiederum nicht, die hochverschuldet immer neue Transfers im zweistelligen Millionenbereich stemmen und Gehälter zahlen, bei denen es „normalen“ Vereinen schwindlig wird, dass sich diese Clubs durch die Gelddruckmaschine Championsleague auch noch sanieren dürfen. Denen würde ich eher einmal einen Neuanfang in Liga 2 wünschen!
Wenn wir schon einmal bei Schalke sind, wo ein gewisser Horst Heldt sein Unwesen treibt: Nicht einmal 24 Stunden nach dem bitteren Aus gegen Rijeka erreichte uns die nächste Hiobsbotschaft. Unser Kapitän Serdar Tasci verlässt den VfB nach 14 Jahren in Richtung Spartak Moskau. Im ersten Moment war diese Meldung für mich ein Schock! Bei näherem Hinsehen und nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, sehe ich das nüchterner und pragmatisch. Tasci war einer der letzten Spieler, der mit einem Vertrag aus der Ära Heldt ausgestattet war. Sein Jahressalär betrug geschätzt 3,5 Millionen Euro pro Jahr, welches man jetzt einspart und sich somit etwas Luft im Etat verschafft. Die Ablösesumme soll zwischen drei und vier Millionen betragen, was mir ebenfalls auf den ersten Blick wenig erscheint. In den letzten Jahren liebäugelte Tasci ja immer wieder mit einem Wechsel ins Ausland, damals noch waren Summen im Bereich von 12-13 Millionen im Gespräch. Tasci war jedoch immer einer, der wusste, was er am VfB hat und sich dann immer für den VfB und gegen einen internationalen Club der zweiten Garde entschieden hat, was sein gutes Recht war. Er wartete stets auf ein Angebot eines absoluten Top-Clubs, das leider nie kam. Leider darum, weil es eine Win-Win-Situation gewesen wäre. Tasci hätte ich eine Karriere wie die von Sami Khedira gegönnt, der VfB wäre fürstlich entschädigt worden und hätte die Summe reinvestieren können. Aus unterschiedlichsten Gründen war Tasci nie zur rechten Zeit am rechten Ort. In seinen besten Jahren betonte er stets, das Ausland könne warten, er wolle sein gewohntes Umfeld nicht aufgeben, der VfB sei sein Verein. Dann kam die für ihn so unglücklich gelaufene WM 2010 in Südafrika, als er lediglich im Spiel um Platz 3 gegen Uruguay in der Nachspielzeit ran durfte. Danach begann der schleichende Niedergang vom VfB mit Abstiegskampf und einer Übergangssaison nach der nächsten, wo es ihm dann unmöglich war, sich in den Blickpunkt zu spielen und auch er mit seinen Leistungen nie mehr an vergangene Zeiten anknüpfen konnte. Zudem hatte er immer wieder mit Blessuren zu kämpfen, weshalb er es pro Bundesligasaison in den letzten Jahren auf ca. 27 Spiele im Schnitt brachte. Wenn man in Betracht zieht, dass es nach jeder Verletzung einige Zeit braucht, bis man wieder der Alte ist, bis man seinen (Stamm-)Platz wieder eingenommen hat, bis das Zusammenspiel mit dem Nebenmann wieder funktioniert, hatten wir noch einige Spiele mehr an seiner Verletzungsanfälligkeit zu leiden als während seiner bloßen Abstinenz.
Daher sehe ich den Weggang, auch zum jetzigen Zeitpunkt, als legitim an. Er wird sich nach seiner Karriere sicherlich nicht vorwerfen lassen wollen, nicht alles versucht zu haben. Ob jetzt Spartak Moskau der richtige Verein für ihn ist und ob der Wechsel nicht schon etwas mit Torschlusspanik (trotz seiner erst 26 Jahre) zu tun hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Da der Vertrag im Sommer 2014 ausläuft, gab es im Grunde nur zwei Alternativen. Entweder Tasci verlängert zu deutlich reduzierten Bezügen oder er verlässt den Verein noch in der jetzigen Wechselperiode. Ob ihm der Abgang durch die Unstimmigkeiten in Bezug auf die Art der Behandlung seiner Verletzung, leichter fiel als das sonst der Fall gewesen wäre, ist reine Spekulation.
Im Sinne eines guten Umgangs miteinander und seiner unbestrittenen Verdienste um den Verein hoffe ich, dass es alleine seine Entscheidung war und ihn nicht der VfB dazu gedrängt hat, um überhaupt noch etwas für ihn einzunehmen.
Dies hätte Tasci, der 14 Jahre für den VfB die Knochen hingehalten hat, nicht verdient. Ich wünsche Serdar alles Gute! In die VfB-Geschichtsbücher hat er sich durch den Gewinn der Meisterschaft 2007 für immer eingetragen und wird somit auch immer ein Teil des VfB bleiben.
Der Titel dieses Werks mag wenig sentimental klingen, ist aber durchaus ernst gemeint. Das Lebbe geht weiter, hat schon Stepi, der gestern 65 wurde, so treffend formuliert und so ist es auch. Der VfB wird den Betrieb nicht einstellen, denn schon am Sonntag wartet das nächste Spiel. Ich hoffe, dass der VfB die Summe, die man jetzt eingenommen hat, noch vor dem Ende der Transferperiode am kommenden Montag reinvestieren kann. Jedoch bitte nicht in einen Panikkauf von der Resterampe, sondern in jemanden, der uns wirklich sofort weiter hilft und seine Bundesligatauglichkeit möglichst auch schon unter Beweis gestellt hat. Tasci hinterlässt eine Lücke in der Innenverteidigung, zudem hat Röcker noch erhebliche Probleme, sich an das Bundesliganiveau anzupassen, so dass Handlungsbedarf besteht. Umso bittere, dass man im Sommer Patrick Bauer und einige Zeit davor schon Ermin Bicakcic abgegeben hat, beide könnten uns sicherlich in dieser Situation weiter helfen. Stattdessen ist man offensichtlich an Vilson, einem 24-jährigen Brasilianer aus der zweiten brasilianischen Liga interessiert. Mit 24 Jahren wird er, so steht zu befürchten, kein bislang unentdecktes Talent sein. Dazu die Sprachbarriere, wo es doch gerade in der Innenverteidigung wichtig ist, sich gut zu verständigen. Hier bin ich skeptisch, denke aber, die Verantwortlichen werden wissen, was sie tun. Sollte er tatsächlich kommen, mache ich mir ein eigenes Bild und mosere nicht im Vorfeld schon rum, bevor er das erste Mal das Trikot mit dem roten Brustring übergestreift hat.
Alle Jungs, die auf dem Platz stehen und auch der neue Trainer Thomas Schneider benötigen jetzt die volle Unterstützung von uns Fans. Rijeka war ja schon ein guter Anfang in diese Richtung, wobei bei diesem Spiel fast ausschließlich (leidensfähigere) Dauerkarteninhaber im Stadion waren. Es wird sehr schwer werden am Sonntag, Hoffenheim hat leider wieder zur alten Stärke zurückgefunden. Ich könnte immer noch vor Wut schreien, dass der BVB dieses Projekt nicht in die zweite Liga befördert hat. Daher müssen wir uns auch morgen wieder mit dieser Plage beschäftigen. Die einzige Niederlage bislang gegen Hopps Spielzeug setzte es in der Vorsaison, damals blamabel und chancenlos.
Für morgen bin ich optimistischer auch wenn ich mir der Schwere der Aufgabe bewusst bin. Das 5:1 in Hamburg sollte Warnung genug sein, auch wenn der HSV derzeit auch nicht gerade ein tolles Bild abgibt. Beim Spiel gegen Rijeka war ein Aufwärtstrend zu erkennen, eine bessere Spielanlage, mehr Engagement als bisher, es gilt im Grunde „nur“ die angesprochenen individuellen Böcke tunlichst zu vermeiden und endlich einmal wieder zu null zu spielen, dann ist morgen der erste Heimsieg drin.
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11. April 2012
Endlich mal wieder ein neues Stadion! Die Vorfreude war groß, die Ernüchterung vor Ort um so größer. Wie die meisten anderen neuen Stadien auch, erinnerte der Bau eher an ein Einkaufszentrum denn an einen Fußballtempel. Auch die Atmosphäre im Inneren ist doch sehr ausbaufähig. Die gut 3.000 VfBler machten bei weitem mehr Alarm als die Heimfans. Bei einem Verein, der erstmals im Oberhaus spielt, ist das aber wohl normal, muss die Fankultur erst noch wachsen. Noch ist zu viel Eventpublikum vorhanden, das zu Zweiligazeiten entweder nictht im Stadion war oder nach München gefahren ist.
Aber, letztenendes ist mir das auch egal, weil wir ja ausschließlich gekommen sind, um unseren VfB zu unterstützen. Und dieser tat das, was die letzten Wochen Programm ist: Mit Vollgas Richtung Europa League stürmen. Aller Anfang ist schwer, so auch der gestern, als wir, wie schon gegen Mainz, durch einen frühen Elfmeter in Rückstand gerieten. Diese Hallowachpille tat dem VfB erneut gut. Es brauchte ein wenig, um gegen die kampfstarken Augsburger ins Spiel zu kommen, mit Tascis Ausgleich nach Hajnal-Ecke aber zeigte der VfB wieder eine gnadenlose Effektivität, die uns auch schon in den letzten Wochen auszeichnete. Als Harnik dann zehn Minuten später unsere Farben in Führung schoss, war den Augsburgern der Zahn weitestgehend gezogen. Sie setzten den VfB zwar weiter unter Druck, waren im Abschluss aber meist zu harmlos, um die Wende herbeizuführen. Kampf und Aggressivät alleine reichen im Frühjahr 2012 eben nicht, um dem VfB den Schneid abzukaufen. Mit zunehmender Spieldauer mussten die bayerischen Schwaben ihrem Anfangstempo Tribut zollen und dem VfB gelang es, sie weiter vom eigenen Kasten fernzuhalten. In der Schlussphase traf dann noch unser Torgarant der letzten Wochen, Vedad Ibisevic, nach glänzendem Zuspiel vom wiedererstarkten Christian Gentner, zur Entscheidung: 1:3. Gentner ist sicherlich erster Anwärter auf den Platz neben Kvist auf der Doppelsechs gegen Bremen, wo Kuzmanovic gelbgesperrt fehlen wird.
Im Kampf um Platz fünf hat sich der VfB jetzt eine glänzende Ausgangsposition erarbeitet, die es am kommenden Freitag gegen Werder Bremen zu untermauern gilt. Mit Leistungen wie zuletzt muss dem VfB vor niemandem in der Liga mehr bange sein, auch wenn der Sieg gestern weniger mit spielerischer Leichtigkeit, sondern eher durch dagegen halten und Effektivität errungen wurde. Bremen ist zu Hause ja einer unserer Lieblingsgegner und sollte auch am Freitag keine unüberwindbare Hürde darstellen. Das gestrige 2:2 in Unterzahl gegen Mönchengladbach ist schwer einzuschätzen, haben doch auch die Gladbacher gerade nicht ihre stärkste Phase. Insgesamt sehe ich unseren nächsten Gegner auf dem absteigenden Ast und daher machbar. Bilder davon und ein Kurzbericht folgen am nächsten Samstag.
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22. April 2011
Was hatte ich Bedenken vor dem Spiel bei den heimstarken Kölnern. Einem Team, das unter dem Kölner Urgestein Frank Schäfer wieder zu einer echten Einheit geworden war. In dem ein Lukas Podolski zum Kapitän ernannt wurde und seitdem (endlich) auch im Verein sein Potential ausschöpft. Das sich vor Wochenfrist beim ärgsten Rivalen nach der 0:4-Hinspiel-Heimpleite auch auswärts mit 1:5 abschlachten ließ. Das unter der Woche sichtlich mit den Füßen scharrte, um diese Schmach baldmöglichst ausmerzen zu können. Diese Kölner sollten also gegen unsern gegen Kaiserslautern noch auseinander gefallenes Team, die Möglichkeit zur baldigen Wiedergutmachung und zur Versöhnung mit den Fans erhalten. Es gab eigentlich vor dem Spiel wenig, was für den VfB sprach. Die Kölner hatten zuletzt sieben (!) Heimspiele in Folge für sich entscheiden können, der VfB wiederum konnte in dieser Saison nur selten überzeugen. In der Rückrunde unter Bruno Labbadia entwickelte sich der VfB zwar zum emsig Punkte sammelnden Eichhörnchen. Doch, wenn man ehrlich ist, hätte jedes Spiel, in dem Punkte eingefahren wurden, auch ganz anders laufen können. Den Begriff Glück möchte ich an dieser Stelle gar nicht so sehr überstrapazieren, nachdem wir in der Vorrunde durch viel Pech und/ oder Schiedsrichterfehlentscheidungen erst in diese missliche Lage gerieten. Daher sehe ich dieses Glück in der Rückrunde viel eher als ausgleichende Gerechtigkeit und auch, wie Labbadia immer betont, die Belohnung für den immensen Aufwand an, der betrieben wird. Dass wir die nötigen Punkte zum Klassenerhalt nicht mit Glanz und Gloria einfahren würden, dürfte jedem klar sein, dem der VfB am Herzen liegt. In dieser Saison dürfen wir keine gehobene Spielkultur einfordern. Dazu sind in den vergangenen Transferperioden zu viele Fehler gemacht worden. Es wurden Leistungsträger und Identifikationsfiguren abgegeben und selten Neue geholt, die in deren Fußstapfen treten konnten, geholt. Zudem wirken sich die vielen Trainerwechsel negativ aus. Jeder Trainer durfte, im Rahmen der kaum vorhandenen Möglichkeiten, seine Wunschspieler holen. Diese Trainer sind schon lang Geschichte, die Spieler, die sie holten, aber noch vertraglich gebunden. Die Zusammensetzung des Kaders in dieser Saison passt vorne und hinten nicht. Wir haben lauter Indianer und keine Häuptlinge, die Spieler passen weder charakterlich noch von der Spielweise her zusammen. Das sind die wahren Gründe für den Absturz. Hier muss in der Sommerpause der Hebel angesetzt werden und ein Umbruch her. Ich wünsche mir hierzu von der Vereinsführung und vom Management „Eier“, diesen radikal einzuleiten. Nach dem Klassenerhalt, darf es einfach nicht wieder heißen „Ende gut, alles gut“. Die Saison muss knallhart analysiert werden und man muss sich von dem ein oder anderen Spieler trennen, der den VfB nicht weiter bringt, auch wenn der ein oder andere unter Wert abgegeben werden muss. Der VfB muss wieder eine unverwechselbare Identität bekommen und seiner Philosophie ein Ausbildungsverein zu sein, folgen. Es muss wieder ein Kollektiv entstehen, wo der eine für den anderen bereit ist, durchs Feuer zu gehen.
Als wir am vergangenen Samstag die Fahrt nach Köln antraten, spielten wir fast jedes Horrorszenario durch, das an diesem Spieltag eintreten könnte. Siegesgewiss waren wir jedoch nicht. Auch wenn Köln in den letzten Jahren stets ein gutes Pflaster für den VfB war, die Gesamtsituation ist doch in dieser Saison eine ganz andere. Wir fuhren als Außenseiter nach Köln und rechneten mit dem schlimmsten. Wie bereits in der letzten Saison bestellte ich unsere Eintrittskarten beim 1. FC Köln direkt. Der VfB bekam für sein Auswärtskontingent lediglich Stehplatzkarten sowie Sitzplätze über dem Stehblock. Diese Sitzplätze sind zum einen recht teuer, für das, dass man den Fanblock kaum sieht und hinter dem Fangnetz sitzt. Zum anderen saß ich dort schon einmal hinter einer total zerkratzten Plexiglasscheibe, die der natürliche Feind eines jeden Fotografen ist. Die Plätze auf der Gegengerade waren nur unwesentlich teurer und boten beste Sicht, auf den Platz und zu unseren Fans. Weiterer Pluspunkt, wir „belasteten“ unser Auswärtskontingent nicht. In unserem Block dürften je zur Hälfte FC- und VfB-Fans gewesen sein, gute Stimmung war also garantiert. Ich muss auch betonen, dass es eine sehr freundschaftliche Atmosphäre war, kein Gestänkere, nicht einmal, als wir uns bei „Steht auf, wenn ihr Schwaben seid“ erhoben.
Das Rhein-Energie-Stadion in Köln gehört zu meinen absoluten Lieblingsstadien. Die Stimmung dort, die enthusiastischen Fans, das Kölner Vereinslied mit der rotweißen Schalparade, allgemein ein wenig Karnevals-Flair, die Cheerleaders beim Einlaufen. All das sauge ich auf, bevor die Protagonisten den Platz betreten.
Als die Mannschaftsaufstellung verlesen wurde, keimte bei mir zum ersten Mal Hoffnung auf Besserung auf. Tamas Hajnal stand in der Anfangsformation, der Winterneuzugang, der in den vergangenen Spielen schmerzlich vermisst wurde. Erwartungsgemäß durfte auch Cacau als alleinige Spitze ran, der den gelbgesperrten Pavel Pogrebnjak gut vertrat. Da ich einen stürmischen 1. FC Köln erwartete war mir wichtig, dass der VfB ruhig und sachlich beginnt und die Kölner vom eigenen Tor weit weg hält. Dies gelang in der ersten Halbzeit überraschend gut. Diese plätscherte so dahin mit wenig zwingenden Aktionen auf beiden Seiten. Die Kölner machten einen überraschend leblosen Eindruck und boten über weite Strecken Sommerfußball. Der VfB hatte auch schon in der ersten Halbzeit mehr vom Spiel und mehr Möglichkeiten als der FC. Mehr und mehr gewannen wir den Eindruck, dass dort tatsächlich etwas zu holen sein könnte, ein Tor musste eben her.
Kurz nach dem Seitenwechsel parierte Rensing einen Kopfball von Okazaki glänzend. Der Japaner war erneut ein Aktivposten, muss auf sein erstes Tor aber weiter warten. Wenig später trabte Christian Träsch über den halben Platz, wurde nicht angegriffen und fasste sich schließlich ein Herz. Dessen Gewaltschuss schlug im Kölner Tor ein und versetzte die VfB-Ecke in einen kollektiven Freudentaumeln Schätzungsweise 6.000 VfB-Fans waren mit von der Partie und machten das Auswärts- zeitweise zu einem Heimspiel. Als zwei Minuten später Harnik die Kopfballverlängerung von Tasci ins Tor spitzelte gab es kein Halten mehr. Ein geschenkter Handelfmeter durch Kuzmanovic brachte schließlich das 0:3 und damit die Vorentscheidung. Der VfB ließ zwar die Gastgeber noch einmal hoffen, als sie Novakovic den Anschluss zum 1:3 ermöglichten, wirklich in Gefahr geriet der so lebenswichtige Dreier nicht mehr. Der VfB bot eine insgesamt gute und couragierte Leistung, auch dank den neu ins Team gekommenen Hajnal und Cacau.
Was ich schon vor Monaten predigte scheint sich ins Bewusstsein des Teams eingebrannt zu haben. Wenn einem zu Hause die Mittel fehlen, einen Gegner auszuspielen, muss man sich die Punkte auswärts holen. In der Vorrunde gelang kein einziger Auswärtssieg, in der Rückrunde nun schon derer vier. Jedoch sehe ich dies auch nicht als den einzigen Grund an, weshalb es zu Hause derzeit schlechter läuft. Die Baustelle ist nach wie vor ein riesen Manko. Die Gästefans hört man fast in jedem Spiel besser als die eigenen, zumindest ist das bei unseren Plätzen auf der Haupttribüne Seite so. So verschärft sich der altbekannte Umstand noch, dass das Stuttgarter Publikum besonders kritisch ist. Kann in einem geschlossenen Rund, in dem die Fangesänge durchs Stadion hallen, das Geraune und Gebruddle der Eventfans einigermaßen kompensiert werden, funktioniert das in der Baustelle überhaupt nicht.
Auswärts jedoch stehen die eigenen Fans wie ein Mann hinter dem Team und supporten im Normalfall über die gesamte Spieldauer hinweg. Zu Hause verteilen sich die „wahren Fans“ über sämtliche Bereiche im Stadion. Ich bin guter Hoffnung, dass die mit Beginn der neuen Saison wieder besser wird und unser Stadion wieder zu einer Festung wird. Noch zwei Heimspiele, dann haben wir das Gröbste überstanden.
Jetzt steht aber wieder mal ein Heimspiel an, am Ostersamstag gegen den Hamburger SV. Dieser hat noch eine Minimalchance auf einen Europa League Platz und möchte diese nutzen. Allerdings bestimmen derzeit eher die Vorstandsquerelen als die Kicker die Schlagzeilen. Wenigstens einigte man sich jetzt mit dem Veh-Nachfolger Michael Oenning auf eine weitere Zusammenarbeit über das Saisonende hinaus. Der HSV wird ebenfalls von großen Verletzungsproblemen geplagt. Zudem ist es fraglich, ob sich die Spieler auf das Sportliche konzentrieren können, wenn die Medien für die nächste Saison immense Gehaltseinsparungen kolportieren. Der ein oder andere Großverdiener wird sich sicherlich hinterfragen, ob es für ihn noch Sinn macht, sich den Hintern aufzureißen, um als Dank im Sommer den Laufpass zu bekommen. So stehen die Vorzeichen für den VfB nicht einmal schlecht, wenn es gelingt noch einmal so aggressiv aufzutreten und konzentriert auf die Chance zu warten. Wenn es gelingt die Hamburger vehement zu bearbeiten, könnten diese bei den sommerlichen Temperaturen schnell die Lust verlieren. Für Bruno Labbadia ist es eine Reise in die Vergangenheit. Vor fast genau einem Jahr wurde er beim HSV entlassen und hinterließ einige verbrannte Erde. Der ein oder andere Spieler ist nicht sehr gut auf ihn zu sprechen. Einen Nachteil für uns sehe ich darin aber nicht, eher könnte es sein, dass der ein oder andere Hamburger etwas übermotiviert daher kommt. Dafür kennt Bruno die Hanseaten in und auswendig und weiß hoffentlich, wie man ihnen den Zahn zieht.
Nach meiner Rechnung fehlen uns noch höchstens vier Punkte zum Klassenerhalt, der VfB täte gut daran, die ersten drei davon bereits am Samstag einzufahren. Auf ein frohes Osterfest!
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13. Februar 2011
Hatte man nach dem ersten Auswärtssieg in der letzten Woche wieder eine leise Hoffnung, dass es nun doch aufwärts gehen würde mit dem VfB, so wurde diese gestern gegen den Club auf fürchterliche Weise wieder zerstört. Dass der Club sich in den letzten Jahren zum Angstgegner vom VfB aufgeschwungen hat, dass es sicher auch nicht einfacher werden würde als gegen die Freiburger im letzten Heimspiel, das war mir schon vor dem Spiel klar. Trotzdem war ich gestern vor dem Spiel guter Hoffnung, dass es dem VfB erstmals in der Saison gelingen würde, zwei Mal nacheinander zu siegen. Der Auftritt in der 2. Halbzeit in Mönchengladbach, als es erstmals in dieser Spielzeit gelang, einen Rückstand noch in einen Sieg umzumünzen, machte Mut. Vor allem in Person von Tamas Hajnal, der Spielkultur einbrachte und seine neuen Kollegen ein ums andere Mal gekonnt in Szene setzte. So ein Spielertyp würde auch helfen können, die kompakten Nürnberger zu Fehlern zu zwingen und Räume für die Stürmer zu schaffen. So meine Hoffnung vor dem Spiel.
Als wir das Neckarstadion betraten, merkte man vielen Fans die Vorfreude auf das Spiel bei den vorfrühlinghaften Temperaturen. Die VfB-Fans empfingen die Mannschaft mit einem farbenfrohen Fahnenmeer und signalisierten der Mannschaft, dass sie sich einmal mehr der Unterstützung der Kurve sicher sein konnten.
Schon vor dem Anpfiff überraschte mich die Mannschaftsaufstellung von unserem Trainer Bruno Labbadia. Dass unser Kapitän Delpierre zurückkehren würde, davon war auszugehen. Dass aber nicht Didavi sondern Elson in der Startformation stand, damit war nicht zu rechnen. Ein Elson der lange nicht gut genug war und lange nicht in System passte, der, nach der Verpflichtung von Hajnal faktisch noch mehr aufs Abstellgleis geschoben wurde, ausgerechnet dieser Elson durfte von Beginn an ran. Und das beim Startelfdebut von Hajnal. Erst war beim VfB überhaupt kein Platz für einen Spielmacher, und nun standen auf einmal zwei 10er auf dem Platz. Elson spielte im linken Mittelfeld, auf einer Linie mit Hajnal zentral und Träsch rechts. Kuzmanovic stand als einziger Sechser auf dem Platz, Pogrebnjak und Harnik bildeten das Sturmduo. Überraschend nicht im Kader stand unsere japanische Stürmerhoffnung Shinji Okazaki. Sein Ex-Verein Shimizu S-Pulse verweigere die Spielberechtigung, da er auch dort noch ein gültiges Arbeitspapier habe, und die FIFA habe über diesen Fall zu entscheiden. Ich bin sehr gespannt, wie dieser Fall ausgeht. Nicht dass wir für den ablösefreien Spieler am Ende noch eine Transferentschädigung bezahlen müssen. Da es sich noch um ein schwebendes Verfahren handelt, halte ich mich mit einer Bewertung und eventuellen Schuldzuweisungen zurück. Jaaaa, der VfB!
Der VfB begann eigentlich ganz gefällig, ohne aber richtig gefährlich vor Raphael Schäfers Gehäuse aufzutauchen. Gleich die erste vernünftige Kombination der Franken führte dann aber auf der anderen Seite zum 0:1. Dieses Tor war ein Spiegelbild des VfB in der Saison 2010/11. Es ging viel zu einfach für die Nürnberger, ausgehend von einem Einwurf, dann ein dilettantischer Abwehrversuch von Molinaro zu einem ungedeckten Clubberer, der den Ball ins von Ulreich aus gesehen linke Eck einnetzte. Ich bin mir nicht sicher, ob der Ball haltbar war, stark geschossen war er jedenfalls nicht. Möglicherweise war Ulreich die Sicht etwas versperrt. Aus meiner Perspektive sah es aber so aus, als sei er zu langsam in Richtung Ball abgetaucht. Wie so oft in letzter Zeit führte also gleich der erste Schuss aufs Tor zum 0:1. Dieser Treffer löste für kurze Zeit eine richtige Schockstarre im weiten Rund aus. Die Hoffnungen, die noch vor dem Spiel vorhanden waren, waren bereits nach gut 10 Minuten einer brutalen Ernüchterung gewichen.
Auch den VfBlern auf dem Platz merkte man die Verunsicherung von Minute zu Minute mehr an. Der VfB versuchte zwar das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen, hatte mehr Ballbesitz als die Nürnberger, kam aber kaum einmal gefährlich vor das Nürnberger Tor. Hinten war der VfB anfällig, so dass man schon fast von Auflösungserscheinungen sprechen konnte. Bezeichnend dafür das 0:2 durch unsere Leihgabe Julian Schieber. Weder Elson noch Molinaro hinderten Chandler am Flanken, in der Mitte genügte ein Hüpfer von Julian Schieber, um die Lufthoheit gegen Serdar Tasci zu erlangen. Tasci stand völlig neben sich, auch beim 3. Tor erweckte er den Eindruck, dass er das Leihgeschäft Schiebers nach Nürnberg nicht mitbekommen hat und ihn noch als Mannschaftskameraden wähnte. Tasci, der eigentlich in den letzten Wochen aufsteigende Tendenz zeigte, war gestern unterirdisch schlecht. Es war wieder einmal eine Länderspielwoche, in der er wohl mehr darüber lamentierte, nicht in den Kreis der Auserwählten berufen worden zu sein, als seine volle Konzentration auf seine derzeitige Hauptaufgabe, den Abstiegskampf mit dem VfB, zu lenken. Tasci, der ja an einer ausgeprägten Selbstüberschätzung “leidet”, sollte sich, bevor er überhaupt über das Thema Nationalmannschaft nachdenkt, erst einmal wieder dem kleinen Einmaleins auf dem Fußballplatz widmen und sich verdammt nochmal konzentrieren. Gestern war es eine unterirdische Leistung von ihm, genauo wie von Molinaro und Kuzmanovic, die auf ihren Positionen hoffnungslos überfordert waren.
Kurz vor der Pause gelang dem VfB durch ein Glückstor von Patrick Funk der Anschluss, wodurch wieder ein wenig Hoffnung aufkeimte. Diese war aber bereits in der 51. Minute wieder verflogen, als Schieber Tasci problemlos davon lief und dieser punktgenau Chandler bediente. Julian Schieber verkniff sich ganz gentlemanlike einen überschwänglichen Torjubel, da sein Herz doch für den VfB schlägt. Tragisch ist aber trotzdem, dass er mit seiner hervorragenden Leistungen den VfB dem Abgrund wieder ein Stück näher gebracht hat.
Die VfB-Abwehr war spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Selbstbedienungsladen geworden. Danach brach die Moral vom VfB komplett, die Nürnberger konnten noch das 1:4 erzielen und hätten auch noch deutlich höher gewinnen können. Doch auch ein 1:4 gegen Nürnberg ist ein Debakel sondersgleichen. Einmal mehr zeigte sich, dass der Kader zu schwach ist, um eine bessere Rolle in der Liga zu spielen als die derzeitige.
Sowohl ein Fredi Bobic, als auch ein Erwin Staudt hatten uns für die Wintertransferperiode Transfers in Aussicht gestellt, die uns weiter bringen würden. Nichts ist geschehen. Ein Japaner, dem die Spielberechtigung fehlt, der sich in einer völlig neuen Welt erst einmal akklimatisieren muss, dazu im Sturm, wo im derzeitigen Kader noch am wenigstens der Schuh drückt. Dazu noch Tamas Hajnal, der obligatorische Last-Second-Transfer, ein Spieler, der in Dortmund ins 3. oder 4. Glied gedrängt worden ist, dem ein gewisser Toni Da Silva den Rang abgelaufen hat für eine Position, die wir eigentlich nicht im Angebot haben. Diese Personalpolitik verstehe wer will. Dass die größte Problemzone die Abwehr bildet, wurde gestern einmal mehr offenkundig. Dass ein Kuzmanovic, der sich analog zu Tasci stets zu höherem berufen fühlt, auch gestern wieder total überfordert war, dass dieser Spieler, der immer wieder mal mit angeblichen Angeboten aus der Serie A kokettiert, dem die Fans nach eigener Aussage sch…egal sind, nicht mit der Schubkarre über den Brenner gefahren wurde, habe ich auch nicht verstanden. Trotz eines Überangebots im defensiven Mittelfeld fehlt es uns dort an Qualität. Ein Typ Marke Van Bommel oder Jermaine Jones, selbst ein Christian Tiffert hätte uns gut getan, getan wurde nichts. Schon nach den verpassten Chancen während der Sommertransferperiode war klar, dass man mit diesem Kader irgendwie in den Winter kommen muss. Jetzt haben wir den Salat und müssen durch bis zum Bitteren Ende, das, und die Gefahr ist seit gestern präsent wie nie, den Abstieg in die 2. Liga bedeuten kann.
Langsam schwindet bei mir die Hoffnung auf ein gutes Ende auf den Nullpunkt. Der VfB hat einfach Baustellen in allen Manschaftsteilen. Der Torwart gefällt zwar durch einige Paraden, strahlt aber insgesamt zu wenig Sicherheit aus, die man im Abstiegskampf braucht. Die gesamte Viererabwehrkette leistet sich zu viele Unkonzentriertheiten und wirkt nicht abgestimmt. Bei Funk wechseln Licht und Schatten. Ihm kann man Fehler noch am ehesten verzeihen, da er ein Greenhorn ist und erst seine erste Bundesligasaison spielt. Dennoch kräht nach Degen, Celozzi oder Boulahrouz als Alternative derzeit kein Hahn.
Was auf der anderen Seite aber Molinaro seit seiner festen Verpflichtung abliefert ist eine Frechheit. Klar profitierte er in der letzten Saison noch von Hleb, mit dem er gut harmonierte. Aber auch in der Rückwärtsbewegung war er in der letzten Saison um Klassen besser, als das was er jetzt abruft. Gestern einfach unterirdisch. Auch die Innenverteidigung taumelt in dieser Saison von einer Verlegenheit in die nächste, egal ob die Protagonisten Tasci, Delpierre, Niedermeier oder Boulahrouz hießen. Zum defensiven Mittelfeld habe ich mich weiter oben schon ausführlich geäußert. Auf den Außenbahnen haben wir jetzt nach den Ausfällen von Boka und Gebhart fast ein Vakuum und eigentlich keine antrittschnellen Spieler mehr, die notwendig wären. Auch hier hätte eine Verstärkung frischen Wind bringen können. Wie Hajnal eingebaut wird, muss sich erst noch zeigen.
Dass wir fußballerisch im Vergleich zur Vorsaison entscheidend an Qualität verloren haben, ist augenscheinlich. Dazu ist kein Häuptling vorhanden, der das Heft des Handelns in die Hand nimmt und die Kameraden mitreißt. Die Spiele plätschern oft leidenschaftslos vor sich hin. Eigentlich müssten Profis ja mit den Hufen scharren, wenn sie nach einer Woche Training herausgelassen werden. Beim VfB ist davon nichts zu spüren. Die ersten Halbzeiten werden regelmäßig verschlafen. Kein Spielwitz, kein Esprit, gestern wieder bis auf Ausnahmen wie Pogrebnjak und Träsch auch kein Kampf und zu wenig Laufbereitschaft. Jeder ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass er der Mannschaft wirklich helfen könnte. Was hier noch helfen kann? Ich weiß es nicht, vielleicht sollten die Verantwortlichen die Dienste eines Psychologen in Anspruch nehmen, der Blockaden lösen könnte, die auch nach zweimaligem Trainerwechsel noch vorhanden sind.
Apropos Trainerwechsel: noch immer bin ich überzeugt davon, dass die Misere nicht solche Ausmaße angenommen hätte, hätte man an Christian Gross festgehalten. Für mich ist er nach wie vor der beste VfB-Trainer seit langem gewesen. Ausnahmsweise muss ich hier dem ungeliebten W. S. aus KA Recht geben, der kürzlich im Dritten angeprangert hatte, dass ein erfahrener Trainer wie Gross dem Managernovizen Bobic erklären musste, wie er die Mannschaft aus der damaligen Krise zu bringen gedenkt. Und, dass spätestens nach dem zweiten Trainerwechsel auch der Manager hinterfragt gehört. Für mich jedenfalls hat er die Probezeit nicht bestanden und ist, aufgrund verfrühter Trainerentlassung und verfehlter Personalpolitik einer der Hauptschuldigen der derzeitigen Talfahrt.
Trotz oder vielleicht auch gerade wegen der schweren Zeit werden wir den VfB auch am Donnerstag in Lissabon und am Sonntag in Leverkusen lautstark unterstützen. Eines ist klar, nach den Ergebnissen vom Wochenende ist in Leverkusen ein Sieg Pflicht. Nach der gestrigen “Leistung” eigentlich unvorstellbar aber auch nicht unmöglich, hat Leverkusen doch auch so seine Probleme zu Hause. Allerdings sollten es unsere Jungs tunlichst vermeiden, die Pillendreher ähnlich zum Toreschießen einzuladen, wie die Nürnberger gestern. Es ist eine konzentrierte und couragierte Leistung notwendig, dann kann das Unmögliche möglich gemacht werden.
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