12. Juni 2020
Eigentlich wollte ich mich ja während der Durchführung von Geisterspielen weder allzu emotional mit dem Fußball im Allgemeinen und dem VfB im Besonderen beschäftigen und mich schon gar nicht mehr darüber aufregen.
Die Darbietungen des VfB lassen mir jedoch keine andere Wahl, staut sich doch bei weitem mehr Wut auf, als dass man sie in 240 Zeichen auf Twitter herauslassen könnte.
Vor dem Spiel gegen den VfL Osnabrück, mit dem man sich in der 127-jährigen Vereinsgeschichte allenfalls im DFB-Pokal oder mit den Amateuren die Klingen gekreuzt hatte, befand man sich in der äußerst komfortablen Situation, trotz teils verheerender Auftritte, den Aufstieg aus eigener Kraft schaffen zu können. Dies war dem großen Glück zu verdanken, dass der HSV seine 2:0-Pausenführung im Neckarstadion leichtfertig aus der Hand gab und damit dem VfB im Aufstiegsrennen gnädigerweise den Vortritt ließ. Anstatt dieses Geschenk in Ehren zu halten und trotz einer durchwachsenen Saison in die Bundesliga durchzumarschieren, legt die Truppe fünf Spieltage vor Saisonende einen derart leblosen Auftritt hin, nach dem es mir schwerfällt, auch nur einen Spieler zu benennen, den ich auch in der nächsten Saison noch gerne beim VfB sehen würde.
Die Identifikation mit dieser Ansammlung von Möchtegern-Berufsfußballern ist auf ein Minimum gesunken, kein Einziger hat den Mumm, sein Herz in die Hand zu nehmen und einen minderbemittelten und zudem stark ersatzgeschwächten VfL Osnabrück aus dem Stadion zu schießen. Bezeichnend ist, dass Tage nach dem Spiel gerade mal eine vergebene Großchance der Osnabrücker und Philipp Försters Pornobalken im Gedächtnis blieben.
Hieß es zum Ende der Vorrunde noch, das immer volle Stadion erzeuge eine Erwartungshaltung und einen Druck, mit dem unsere jungen Spieler erst lernen müssten umzugehen, zeigt sich im nun leeren Stadion, dass überhaupt kein Leben in dieser Truppe herrscht und es fußballerisch keine Rolle spielt, ob Fans da sind oder nicht!
Tim Walter entließ man, so Mislintat wörtlich, weil „Die eingehende Analyse der Hinrunde ergab, dass wir unsere kurz- und mittelfristigen Zielsetzungen, aufzusteigen und unsere Spieler und Spielidee gemeinsam konsequent weiterzuentwickeln, gefährdet sehen“. Legt man bei Pellegrino Matarazzo dieselben Maßstäbe an, müsste dieser nach einer derart leblosen Vorstellung fünf Spieltage vor Schluss ebenso schon wieder die Koffer packen.
Doch, diese Maßstäbe scheinen für Matarazzo eben nicht zu gelten, bekam er doch jüngst als Belohnung für die nicht minder peinlichen Pleiten bei Wehen-Wiesbaden und Holstein Kiel eine Vertragsverlängerung serviert. Einen restlos überzeugenden Auftritt legte man in dieser Saison weder unter Walter noch unter Matarazzo hin, Matarazzos 21 Punkte aus zwölf Spielen gegen Gegner, gegen die Walter „nur“ 20 Punkte ergattert hatte, dürften auch nicht als Argument herhalten, Matarazzo um so sehr viel fähiger als Walter zu halten.
Vielmehr ist herauszuhören, dass Tim Walter und Sven Mislintat nicht miteinander konnten und die Chemie zwischen Matarazzo und Mislintat so viel besser sei. Ein Schelm, der dabei denkt, beim VfB würde es mehr um persönliche Befindlichkeiten als um den VfB gehen.
Mich stimmt diese Entwicklung schon wieder äußerst bedenklich. Durch die völlig unnötige Vertragsverlängerung mit Pellegrino Matarazzo hat sich der VfB gehörig unter Druck gesetzt und Mislintat hat sein „Schicksal“ mit dem von Matarazzo verknüpft, und das, obwohl doch jeder im „schwierigen Umfeld“ von Stuttgart weiß, dass Matarazzo weder zu halten sein dürfte, wenn der Aufstieg verpasst werden sollte, noch, sollte der VfB schlecht in die neue Saison finden.
Als Außenstehendem fällt es mir schwer auch nur ein Argument für diesen Trainer zu finden, das erklären würde, weshalb eine Vertragsverlängerung jetzt notwendig gewesen ist. Man musste vermutlich keine Angst haben, dass der Trainer abgeworben werden könnte und von taktischen Kniffen ist bislang wenig bis nichts zu sehen – den Eindruck dieser Truppe mal ordentlich in den Arsch treten zu können erweckt er auch nicht und in einem richtungsweisenden Spiel wie gegen Bielefeld sandte er völlig falsche Signale aus, die uns letztlich zwei Punkte kosteten. Es wurde in der Rückrunde kein Spieler besser und ein Junge wie Massimo, der einmal seine Nerven nicht im Griff hatte, spielt danach keine Rolle mehr, obwohl unserem Spiel seine Schnelligkeit nicht schlecht zu Gesicht stehen würde.
Durch die Entlassung von Tim Walter verschwand meine Illusion, einer Entwicklung mit Kontinuität Zeit zu geben, so dass ich relativ schmerzfrei wäre, wenn Matarazzos Zeit beim VfB ein ebenso kurzes Intermezzo bliebe.
Matarazzo hatte mit der Wintervorbereitung und Wintertransferperiode Zeit genug, dem Team ein anderes Gesicht und einen anderen Spirit zu geben, als der, den wir in der Vorrunde hatten. Wenig bis nichts ist passiert. Wir stehen zwar hinten um Nuancen besser, dies aber zu Lasten der Offensive. In der Vorrunde war wenigstens noch Zielstrebigkeit erkennbar, während es jetzt nur noch scheint, als hoffe jeder auf den Zufall. Keine einstudierten Spielzüge, kein Plan, kein Konzept!
Völlig entlarvend ist doch die Aussage von Pascal Stenzel, seines Zeichens Ersatzkapitän vom Ersatzkapitän, das Team habe, weil sie gut ins Spiel fanden, geglaubt, es laufe jetzt von selbst. Beim Stande von 0:0 wohlgemerkt. Dies sagt einiges über die Mentalität dieser Truppe aus, die auch am 30. Spieltag die 2. Liga und ihre Besonderheiten nicht verstanden hat.
So lässt sich auch Badstubers mehr und mehr zur Schau getragene Unzufriedenheit erklären, der der einzige von großem Ehrgeiz getragene Akteur zu sein scheint. An Gomez nagt die Situation zwar auch sichtlich, er aber kann aufgrund seines Alters und der ihm abgegangenen Spritzigkeit auf dem Platz immer weniger Impulse setzen.
Derzeit kann ich es mir nicht vorstellen, dass Matarazzo seinen Vertrag auch nur annähernd erfüllen darf. Da Matarazzo mittlerweile „mein“ 46. (!) Trainer ist, seit ich 1974 erstmals im Neckarstadion war, dauert es ohnehin, bis ich einen Übungsleiter ins Herz schließe und auf ein langfristiges Engagement hoffe. Bei Hannes Wolf, dem ich es zugetraut hätte, unter der Regie von Jan Schindelmeiser etwas aufzubauen, war das zeitweise der Fall, obwohl ich am Ende froh war, dass man sich getrennt hatte. An Tim Walter gefiel mir anfangs seine Aufgeschlossenheit allen gegenüber und dass sich „Hitzlintat“ dem Anschein nach etwas gedacht hatten, ihn zu verpflichten. Dabei sah ich sogar darüber hinweg, dass er ein KSC-Urgestein mit im Gepäck hatte.
Nach dessen Entlassung aber und da man den eingeschlagenen Weg so schnell wieder verlassen hat, sehne ich mich tatsächlich nach einem „richtigen“ Trainer, der sich bereits Meriten erworben hat. Die letzten davon, die mir spontan einfallen, waren Bruno Labbadia und Huub Stevens, jeweils nicht ganz unerfolgreich. Wir sind mittlerweile mehr Ausbildungsverein für Trainer und Sportdirektoren, als für Spieler aus dem Nachwuchsleistungszentrum!
Mir wäre mittlerweile ein Mann wie Felix Magath an der Linie lieber, der als ehemaliger Spielmacher Didavi, wie einst schon Balakov, zu alter Stärke führen und nach leblosen Auftritten mitten in der Nacht trainieren lassen oder die Jungs um den Bärensee scheuchen würde. Klingt zwar ein wenig aktionistisch, würde eine leblose Mannschaft aber womöglich aufrütteln.
Magath hat immer seine Verbundenheit zum VfB und zur Stadt Stuttgart beteuert, ihm würde ich mittlerweile sogar die angedrohte Babypause vor seinem Wechsel zu den Bayern verzeihen. Magath ist nur ein Beispiel und steht für eine Generation von Trainern, die mehr auf ihren gesunden Menschenverstand gehört haben, als Daten der Spieler auszuwerten und anhand derer die Mannschaftsaufstellung auszuwürfeln.
Oft wird ja die These aufgestellt, dass wir mit derartigen Auftritten in der Bundesliga nichts zu suchen hätten. Auf der anderen Seite muss man aufsteigen, um den Rückstand auf längst enteilte Clubs wie Freiburg, Augsburg und Mainz nicht noch größer werden zu lassen und sich in absehbarer Zeit wieder heranpirschen zu können. Da letzten Sommer, wie es den Anschein hat, vernünftig gewirtschaftet wurde und, abgesehen von teuren Altlasten der Reschkerampe, ein Zweitligakader zusammengestellt und von den immensen Transfereinnahmen nur ein Bruchteil ausgegeben worden ist, sollte es dem VfB, trotz Corona, möglich sein, finanziell nachzulegen und sich für die Bundesliga zu verstärken.
Ein zweites Zweitligajahr hätte wohl die Folge, dass uns die wenigen hoffnungsvollen Spieler verlassen würden und uns das Gros an biederen Zweitliga-Kickern erhalten bleiben würde. Aufzusteigen würde immer schwerer werden, ebenso wie den Jungs im NLZ eine Perspektive beim VfB aufzeigen zu können. Düstere Szenarien, auch wenn mir persönlich Vereine und Stadien im Unterhaus mehr entgegenkommen, als die abgehobene Glitzerwelt in der Bundesliga.
Aus VfB-Sicht MUSS man also aufsteigen, komme was wolle. Dass sich das Team auf dem Rasen auch vier Spiele vor Saisonende noch in der Findungsphase befindet, ist dabei eher kontraproduktiv.
Auch wenn der große Hamburger SV letztmals gegen Holstein Kiel ein Ligaspiel gewann, als Uwe Seeler noch ein Tor beisteuerte, hätte ich nie gedacht, dass die Rauten die Vorlage des VfB so leichtfertig verspielen. Da Heidenheim in Hannover als Verlierer vom Platz ging, kann der VfB nun gar als Gewinner des Spieltags bezeichnet werden, wie grotesk ist das denn?
Das Restprogramm vom VfB liest sich mit KSC, Sandhausen, Nürnberg und Darmstadt leicht, zumal der HSV noch in Heidenheim und Heidenheim zudem noch gegen Bielefeld antreten muss. Auf die leichte Schulter nehmen darf man diese Gegner allesamt aber nicht. In der Vorrunde erreichte man sieben Punkte gegen diese vier Vereine, eine Ausbeute, mit der es bei gleichem Verlauf schwer werden dürfte, am Ende unter den ersten zwei zu sein. Auf die Relegation sollte man es nicht ankommen lassen, auch wenn die Abstiegskandidaten der Bundesliga derzeit keine Angst einflößen. Im Normalfall ist dort der Bundesligist haushoher Favorit und setzt sich mehr oder weniger souverän durch, wenn er eben nicht ausgerechnet VfB Stuttgart heißt.
Bitter ist, dass auch das Derby ohne Zuschauer stattfinden wird. Die ganze Fortsetzung des Spielbetriebs fühlt sich schon so falsch an, ein Derby ohne Zuschauer jedoch ganz besonders. Ich hoffe, dass die Jungs mit dem Brustring sich der Bedeutung dieses Aufeinandertreffens bewusst sind und wenigstens einmal von Beginn an keine Zweifel offen lassen, wer hier als Sieger vom Platz gehen wird. Tritt man ähnlich inspirationslos wie zuletzt auf, könnte es ein böses Erwachen geben und sich der VfB doch auf dem dritten Platz wiederfinden. Dann dürfte die Luft, nicht zuletzt für die Verantwortlichen, langsam aber sicher dünn werden.
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24. Dezember 2019
Es ließ sich verheißungsvoll an, mit Thomas Hitzlsperger als Sportvorstand (inzwischen zum CEO der VfB Stuttgart AG ernannt) und Sven Mislintat, dem Diamantenauge, der bislang, analog zu Reschke vornehmlich aus der zweiten Reihe schoss.
Ich erlebte ein Trainingslager in Kitzbühel, in dem die Protagonisten nahbar wie selten und sich für keinen fachmännischen Plausch mit den Fans zu schade waren. Ob Hitzlsperger, Mislintat oder Walter. Alle hatten ein offenes Ohr, ihr Tatendrang den VfB zu einem anderen, als dem der letzten Jahre zu machen, wirkte ansteckend.
Das neu zusammengestellte Team hatte sichtlich Spaß wie lange nicht, Tim Walter war Lehrer, Mentor, Kumpel in einem und wollte jeden Spieler in jedem Training besser machen.
Dass er Badener ist und als Vertrauensperson das Karlsruher Urgestein Rainer Ulrich mitbrachte, war mir, im Gegensatz zu vielen, erst mal scheißegal.
Für mich spielte auch keine Rolle, dass „Hitzlintat“ einen Trainer verpflichteten, der „nur“ von Holstein Kiel kam und davor im Nachwuchsbereich vom Karlsruher SC und von Bayern München arbeitete.
Selbst als er in einem Interview betonte, diese beiden seien „seine“ Vereine, zuckte ich nicht angewidert zusammen, sondern sah es im Profigeschäft als normal an, dass ein Trainer im Laufe seiner Karriere auch düstere Kapitel zu überstehen hat und es grundsätzlich von Charakter zeugt, sich auch gegenüber Ex-Arbeitgebern loyal zu zeigen.
Nach den Erfahrungen der letzten zehn Jahre, stetigem Niedergang, zwei Abstiegen, umrandet von unzähligen ganz unterschiedlichen Übungsleitern an der Linie, legte ich mein Vertrauen in die Hände von „Hitzlintat“ und war überzeugt davon, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun würden, den VfB wieder zu einer sympathischeren und erfolgreicheren Marke zu machen, und den VfB sportlich komplett neu auszurichten.
Nach Jahren der internen Querelen um Wolfgang Dietrich und Michael Reschke, die sich als Prellbock der Krakeeler und die Fans als ahnungslose Vollidioten wahrnahmen, und den Verein brachial führten, hatte man plötzlich das Gefühl, ernst genommen zu werden und zur Politik der kleinen Schritte zurückkehren zu wollen.
Meine Ansprüche waren auf dem Tiefpunkt angekommen, so dass es mir wirklich bereits genügte, ein Team zu sehen, das an einem Strang zieht und ich einer kontinuierlichen Veränderung und später auch Verbesserung alle Zeit der Welt gegeben hätte.
Für mich stand nie im Vordergrund unbedingt mit der Brechstange aufsteigen zu müssen, um sich in der Bundesliga dann daran zu ergötzen, mit 30 Punkten die Klasse zu halten, weil zwei, drei Teams noch schlechter sind. Da ist mir doch mehr an einer nachhaltigen Entwicklung gelegen, die uns auf Sicht konkurrenzfähiger werden lässt.
Da Mislintat schon vor der Saison ankündigte, die Beseitigung der Altlasten im Kader nähme einige Transferperioden in Anspruch und dass der Aufstieg das große Ziel, jedoch kein Muss sei, war ich bis zuletzt tiefenentspannt und davon überzeugt, mit Kadernachjustierungen in der Wintertransferperiode den Dampfer wieder flott zu kriegen, MIT Tim Walter.
Seit gestern haben wir die Gewissheit, dass der Wunsch nach Kontinuität und antizyklischem Handeln ein frommer Wunsch geblieben ist und „Hitzlintat“ bei der ersten steifen Prise umgefallen sind.
Ich finde es sehr schade, habe jedoch immer betont, wie auch immer „Hitzlintat“ entscheiden werden, dass ich den Entschluss mittragen werde. Im Gegensatz zu vielen Krakeelern in den Foren habe ich mir auf die Fahnen geschrieben, die Verantwortlichen „machen zu lassen“ und nicht zusätzlich für Unruhe sorgen zu wollen, auch wenn mein Blog jetzt nicht die ganz große Reichweite besitzt.
Dennoch bin ich der Auffassung, dass es dem VfB nicht gut tut, wenn jeder Depp meint, es besser zu wissen. Da meinen unzählige sog. Fans mit Kommentaren ohne Punkt und Komma und gespickt mit einer Fülle von Rechtschreibfehlern, einem diplomierten Fußballlehrer die Fußball-Welt erklären zu müssen, für mich Satire in Reinkultur!
Ob sich „Hitzlintat“ von dieser vergifteten Atmosphäre beeindrucken und ein stückweit beeinflussen ließen, ist nicht bekannt.
Es ist ja auch nicht von der Hand zu weisen, dass gute Gründe dafür sprachen, an Tim Walter und seinem Fußballsachverstand zu zweifeln. Sein „Walterball“ funktionierte schon seit dem zweiten Saisonspiel nicht mehr, für defensive Stabilität vermochte er 18 Spiele lang nicht zu sorgen und der Umgang mit einigen Spielern, die er rein warf und wieder fallen ließ, zeugten von wenig psychologischem Geschick, zudem war der Torwartwechsel unnötig und machte in ohnehin schon unruhigen Zeiten ein Fass auf.
Zu all dem kam großes Verletzungspech gleich zu Beginn mit zwei Kreuzbandrissen, sowie der längerfristige Ausfall von Daniel Didavi, der zwar nicht ganz so überraschend kam, uns aber dennoch richtig weh tat, fehlendes Spielglück mit etlichen Aluminiumtreffern und schließlich Pech bei der Auslegung des VAR, der willkürlich nicht eingriff (Aue) oder bei Milimeterentscheidungen zur Stelle war.
Dazu kam Tim Walters Art, zu der er schon zu Beginn kund tat, „Wer mich holt, weiß, was er bekommt“. „Hitzlintat“ verteidigten ihn lange und betonten, dass sie einen Trainer wollten, der selbstbewusst ist und dieses Selbstbewusstsein auf das Team überträgt.
Dass zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz ein schmaler Grat herrscht ist bekannt, so dass ihm seine markigen Sprüche schnell um die Ohren flogen. Bezeichnend, dass er vor dem Spiel gegen Schlusslicht Wehen-Wiesbaden meinte, „uns stellt keiner ein Bein“, worauf just die erste Saisonniederlage folgte. Spötter und Kritiker schlugen ihm dies förmlich um die Ohren und wurden vermehrt persönlich, wenn sie Walter als Grinsebacke und scheiß Badenser verhöhnten.
Mit den Nebengeräuschen müssen die Verantwortlichen im heutigen Socialmedia-Zeitalter zwar leben, auch wenn mich das zunehmend bedenklich stimmt.
Auffällig nach den letzten Spielen in Darmstadt und Hannover war, dass die Alten wie Castro, Badstuber und Gomez offene Kritik an Walter übten und ihm die Jüngeren wie Kempf, Sosa und Stenzel zur Seite sprangen.
Gerade den Alten aber würde ich an „Hitzlintats“ Stelle nicht allzu viel Bedeutung beimessen, wären doch wohl alle nicht mehr da, hätten ihre Verträge im Sommer keine Gültigkeit mehr besessen und dürfen doch gerade sie sich angesprochen fühlen, wenn von Altlasten die Rede ist.
Dass ihnen das laufintensive Spiel unter Walter nicht behagt hat und sie sich auf ihre alten Tage eine gemächlichere Gangart gewünscht hätten, läge in der Natur der Sache.
So stehen wir nun also vor dem nächsten Neuanfang. Hitzlspergers Schonzeit ist spätestens seit gestern vorbei. Ab jetzt reicht es nicht mehr, einfach nur sympathisch zu sein, nun muss auch er liefern. Mit dem gestrigen Tag liest sich auch seine Bilanz nach nicht einmal einem Jahr verheerend.
Auch wenn es Wolfgang Dietrich war, der Anfang Februar lieber Reschke als Weinzierl entließ und Hitzlsperger auf den Weg gab, an Weinzierl so lang wie nur möglich festzuhalten, lag es in Hitzlspergers Verantwortung einzuordnen, ob mit Weinzierl der Klassenerhalt geschafft werden kann.
Nach all dem, was man so hörte, wäre dessen Entlassung schon in der Winterpause überfällig gewesen, spätestens aber nach dem desolaten 0:3 in Düsseldorf. Dann aber wurde Hitzlsperger zum Sportvorstand ernannt und wollte es vermeiden, sich sofort den Ruf des Trainer-Killers zu erwerben, ein Zaudern, das uns schließlich die Klasse kostete.
Nach der Runderneuerung des Kaders im Sommer mit einem unverbrauchten, spannenden Trainer, muss der nächste Schuss jetzt sitzen.
Dass Hitzlsperger zunehmend angeschlagen ist, offenbaren nicht nur die Fotos, auf denen vom Sonnyboy früherer Tage nicht mehr viel übrig geblieben ist, sondern auch die Kleinkriege, mit denen er sich auf Twitter verzettelt.
Grundsätzlich finde ich es ja gut, wenn sich der CEO mit der Fanschar abgibt und dem einen oder anderen Gerücht schnell den Wind aus den Segeln nimmt. Wenn aber Meldungen dementiert werden, die sich ein, zwei Tage später als wahr herausstellen, trägt das nicht unbedingt zur weiteren Vertrauensbildung bei.
Wenn wir schon bei Pressemeldungen sind, ein kurzes Wort zum Kommentar der BLÖD-Zeitung, der mir über Whatsapp zugespielt wurde.
Sonst würde ich von dem Verlag wenig bis nichts mitbekommen, da ich in den sozialen Medien Sämtliches davon blockiert habe. Die BLÖD kritisiert zum einen den Zeitpunkt der Entlassung und zum anderen, dass die Wochen davor kein Treueschwur von Hitz & Co. in Richtung Tim Walter kam.
Den Zeitpunkt, so kurz vor Weihnachten, hat man wohl der DFL zuzuschreiben, die drei Tage vor Weihnachten noch kicken lässt. Hätte man mit der Entscheidung oder deren Verkündung bis kurz vor Trainingsbeginn gewartet, wäre dies als Fahrlässigkeit und Verlust wertvoller Zeit ausgelegt worden, außerdem fällt ein Profifußball-Trainer vergleichsweise weich!
Zum Thema Treueschwüre fällt einem doch genau das vor die Füße und wird einem als Lüge (oder im Reschke-Sprech Wahrheitsbeugung) ausgelegt, wenn man sich zum Trainer bekennt und ihm Tage oder Wochen danach den Arschtritt gibt.
Weshalb ich Tim Walter unbedingt gerne weiter als VfB-Trainer gesehen hätte, liegt hauptsächlich im Wunsch nach Kontinuität begründet. Dies auch nicht ausschließlich der Kontinuität wegen, sondern, weil sich beim VfB nach einem Trainerwechsel mitten in der Saison selten etwas nachhaltig verbessert hat. Die Chance, aus der Vergangenheit zu lernen und besser mal den einen oder anderen Spieler als den Trainer auszutauschen, wurde leichtfertig vergeben. Als Folge davon dreht sich das Hamsterrad wieder und die Frage ist lediglich, wer wann als Nächstes aus diesem herausgeschleudert wird.
Ich hoffe, dass uns in den nächsten Tagen noch schlüssige Argumente, die für die Entlassung Walters sprachen, dargelegt werden. Die Statements gestern waren doch recht dünn und rechtfertigen für mich diesen Schritt noch nicht. War Walter wirklich so stur und beratungsresistent, sich nicht helfen lassen zu wollen, oder lagen Hitzlintat bei dessen Auswahl schon so daneben, dass das Verhältnis nicht mehr zu kitten war?
Nun bin ich gespannt, wen wir im Januar im Trainingslager in Marbella auf dem Trainingsplatz erleben werden. Ich hoffe nicht, dass man Nico Willig ein zweites Mal der U19 entzieht.
Er hat kürzlich erst bis 2024 als Jugendtrainer verlängert und ich hoffe, dass das auch als Zeichen verstanden werden soll, dass er Jugend- und nicht Profitrainer ist und das auch bleiben möchte. Ich halte viel von ihm, sehe ihn aber besser im Unterbau aufgehoben, weil dieses Aufgabenfeld nicht minder wichtig und auch hier Kontinuität gefragt ist.
Dass an den Konzepttrainern Markus Anfang und Sandro Schwarz etwas dran sein könnte, hat Hitzlsperger auf Twitter bereits ins Reich der Fabel verwiesen, so dass man gespannt sein darf, welchen Trainertyp „Hitzlintat“ präsentieren werden.
Wir hatten sie doch schon alle in den letzten zehn Jahren: den autoritären Gross, das Greenhorn Keller, den akribischen Bruno, Kumpel Thomas Schneider, Retter Huub, den smarten Armin, den von sich überzeugten Zorniger, den farblosen Kramny, den „Aufstiegsgaranten“ Luhukay, Laptop-Trainer Wolf, den in Sichtweite zum Stadion wohnenden Korkut, den schwierigen Weinzierl bis hin zu Tim Walter, der durchaus einige dieser Eigenschaften in sich vereinte.
Keiner machte es der Meute recht, immer gab es etwas auszusetzen, stets entwickelten die Spieler ein Gefühl, wann sie sich eines nicht genehmen Übungsleiters entledigen konnten.
Letzten Endes sind es die Spieler, die über Wohl und Wehe eines Trainers entscheiden. Tun sie einfach ihren Job, ordnen dem Beruf alles unter, bringen sich bestmöglich ins Gefüge ein, stellen ihr eigenes Ego hintenan und hinterfragen sich Woche für Woche aufs Neue, hätten wir wohl weitaus weniger Probleme.
Nachdem Hitzlintat einmal mehr der Unzufriedenheit von Teilen der Mannschaft nachgaben, anstatt dem Trainer den Rücken zu stärken und Quertreiber auszusortieren, ist das System, für das der Neue stehen soll, zunächst einmal irrelevant. Nun ist ein Trainer gefragt, der den Kader moderieren und die Spieler auf ihren stärksten Positionen einsetzen kann. Das kann durchaus einer der alten Schule sein, womit man den erst im Sommer eingeschlagenen Weg jedoch abrupt verlassen würde.
Der Traum einer Eintrainer-Saison ist ausgeträumt, jetzt ist es mir fast egal, wen sie präsentieren. Fakt ist lediglich, dass Walter offenbar entlassen wurde, weil man den direkten Wiederaufstieg in Gefahr sah, was im Umkehrschluss bedeutet, gelingt dieser auch mit dem neuen Trainer nicht, dass Hitzlsperger, oder zumindest Mislintat, krachend gescheitert wären, was ich bedauern würde, denn, auch ihm hätte ich gerne mehr Zeit eingeräumt, als zum schnellen Erfolg verdammt zu sein.
Beim Betrachten der Liste der arbeitslosen Fußball-Trainer wird es mir eher schlecht, als dass mir DER Mann ins Auge springen würde. Dardai, Herthaner durch und durch wurde wegen seiner Nähe zu Rainer Widmayer auf Twitter ins Gespräch gebracht. Ihn im roten Trainingskittel zu sehen, würde in mir wohl ähnliche Gefühle auslösen wie seinerzeit Winfried Schäfer.
Am ehesten könnte ich von der Liste wohl noch mit Bruno Labbadia leben, der relativ lang beim VfB gearbeitet hat, nur eben etwa ein Jahr zu spät entlassen wurde.
Labbadia war damals zur Weihnachtsfeier beim RWS Berkheim zu Gast und bestach durch seine ehrliche, authentische Art. Außerdem war er es, der es einführte, dass zu Fanfesten bei Trainingslagern die komplette Mannschaft inklusive Trainerstab zu erscheinen hat, vorher „musste“ nur eine Abordnung hin, meist Neuzugänge, angeführt von Spaßvogel Magnin.
Die Spieler dürften zwar beim Namen Labbadia zusammenzucken, hat er doch den Ruf des Casanova, der von Spielerfrauen nicht lassen kann, doch, Shit happens, das haben die Jungs dann eben davon.
Apropos Magnin, dessen Verpflichtung hätte für mich einen gewissen Charme, allerdings steht er aktuell noch beim FC Zürich unter Vertrag. Wie einst als Spieler wandelt er auch als Trainer zwischen Genie und Wahnsinn und würde im Gegensatz zum Mario, das Angebot des Besuchs des Kölner Kellers bestimmt dankend annehmen, um die Pfeifen dort anständig zu vermöbeln.
Stallgeruch ist beim VfB zunächst einmal ja negativ belegt. Wenn man aber sieht, wer hier schon alles an der Erwartungshaltung und dem Umfeld gescheitert ist, ist es bestimmt nicht das Schlechteste, wenn man jemanden bekäme, der weiß, auf was er sich einlässt und nicht jegliche Kritik an ihm überbewertet. Im Schwäbischen wird halt gebruddelt, der Schwabe weiß nun mal alles besser, was für Nichtschwaben oft nur schwer einsehbar ist.
Wie auch immer „Hitzlintat“ entscheiden, es geht um ihre eigene Glaubwürdigkeit. Ist das Anforderungsprofil an einen Trainer dasselbe geblieben wie vor Walter, helfen nur Ergebnisse. Die Erwartungshaltung von außen wird nicht geringer, die Ungeduld ist ein ständiger Begleiter. Diese Lehre habe auch ich gezogen. Zehn Jahre Abwärtstrend sollten am besten nach einer einzigen Sommervorbereitung aus den Ärmeln geschüttelt sein.
Neuer Sportvorstand, neuer Trainer, neues Team, egal, es gibt keine Zeit zur Eingewöhnung und erst recht nicht zur Feinjustierung, wenn man einer Fehleinschätzung unterlegen ist.
Es muss funktionieren, sofort! Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob man sich auf Platz 3 und in Schlagdistanz zu den Aufstiegsplätzen befindet.
Der teuerste Kader der Liga muss gefälligst liefern, allen Widrigkeiten und Gegnern, die etwas dagegen haben, zum Trotz. Herrgottsack, der nächste Bitte!
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6. Oktober 2019
Ob mich am Morgen diesen tristen Freitags bereits eine leise Vorahnung beschlich, man weiß es nicht. Jedenfalls verließ ich morgens kurz nach 6 Uhr leicht unkonzentriert die Wohnung und stürzte mich zunächst die Treppe hinab. Das hatte schmerzhafte Prellungen an verschiedenen Körperteilen zur Folge, weshalb ich es abends nicht weiter als ins Pfiff schaffte.
Zur Wasenzeit fahren weder Bus noch Taxi in Richtung Neckarstadion, so dass der Fußweg zu beschwerlich für mich gewesen wäre. In Anbetracht des Gesundheitszustands war dies sicherlich die vernünftigere Entscheidung, während es auf der anderen Seite extrem schwer verdauliche Kost war, dieses Spiel mit den sogenannten Kneipen-Experten im TV anzusehen.
Als Allesfahrer bin ich es ja überhaupt nicht mehr gewohnt, nicht mit den Jungs im Stadion zu sein, so dass allein das schon ziemlich unerträglich war. Wenn dann noch sog. VfB-Fans den VfB verhöhnen und Volksfesttouristen aus Bayern oder jenseits des Brenners mir erklären wollen, was beim VfB seit Jahren schief läuft, wäre eigentlich die eine oder andere Schelle fällig gewesen, so angefressen war ich. Das nächste Mal gehe ich lieber mit dem Kopf unterm Arm ins Stadion, als mich solchen Dummschwätzern auszusetzen.
Dass es gegen das Schlusslicht Wehen-Wiesbaden ein gefährliches Spiel werden könnte, lag auf der Hand. Auch wenn vieles auf Neuanfang steht, handelt es sich schließlich noch immer um den VfB. Wann hat man zuletzt als großer Favorit gegen den noch größeren Underdog die Gunst der Stunde genutzt? Wann hat man zuletzt von zwei aufeinanderfolgenden Heimspielen nicht mindestens eines in den Sand gesetzt? Es war einfach typisch für den VfB, dass nach Wochen eitel Sonnenschein der Rückschlag gerade in einem Spiel folgt, vor dem viele nur über die Höhe des Sieges diskutiert haben.
Auch ich war guter Hoffnung, dass man nach der über weite Strecken reifen Leistung von Bielefeld den Trend fortsetzen und vielleicht auch endlich mal ein Spiel überzeugend gewinnen könnte. Einige unserer Siege bislang waren doch äußerst glücklich zustande gekommen und der mangelnden Qualität der meisten Zweitligaakteure zuzuschreiben. Spielerisch und vor allem in puncto Chancenverwertung ist noch sehr viel Luft nach oben. So langsam darf man schon auf einen spielerischen Aufwärtstrend hoffen, auch wenn vieles durch die Ergebnisse und die Tabellenführung bislang kaschiert wurde.
Dass die Geduld mit Tim Walter und seinen Aufstellungen bereits bei vielen zu bröckeln scheint, drückte sich am Freitag in zahlreichen Pfiffen aus und findet seine Fortsetzung im Zerriss in den sozialen Medien. Dafür fehlt mir absolut das Verständnis. Das Team während der Spiele auszupfeifen gehört sich nicht und bringt auch nicht mehr Sicherheit, wenn das Nervenkostüm ohnehin schon nicht das beste ist. Eher im Gegenteil, Pfiffe verunsichern die junge Mannschaft zusätzlich, so dass ich vollstes Verständnis dafür habe, dass Mislintat diese nach dem Spiel angeprangert hat.
Mein Vertrauen in die handelnden Personen beim VfB ist derzeit ungebrochen groß, so dass ich auch derartige Rückschläge hinnehme, ohne die Weiterentwicklung in Frage zu stellen. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass dem Neuanfang die nötige Zeit gegeben werden muss und kann mir keinen anderen Trainer beim VfB vorstellen, der auf Anhieb funktionieren würde UND die nötige Rückendeckung hätte.
Auf Letzteres kommt es meiner Meinung nach ganz entscheidend an. „Das schwierige Umfeld“ in Stuttgart hätte doch an jedem etwas auszusetzen, der nicht alle Spiele in der 2. Liga haushoch gewinnt und hatte in den letzten Jahren maßgeblichen Anteil an der stetigen Unruhe.
Läuft es nicht wie geschmiert, läuft der eine oder andere „Blinde“ trotz katastrophaler Leistungen Woche für Woche erneut auf, lässt der Trainer über seine Aufstellungen nicht per TED-Umfrage abstimmen, schießt man sich auf den Übungsleiter ein, gibt ihm gutgemeinte Ratschläge und, wenn er sie nicht befolgt, wünscht man ihn zum Teufel. Befolgt er sie und verliert trotzdem weiter, wünscht man ihn natürlich auch zum Teufel!
So spielte es sich in den letzten Jahren regelmäßig ab, irgendwann fand die Meute Gehör bei den Vereinsoberen und der nächste von der Trainer-Reste-Rampe durfte sich versuchen.
Ich nehme mich hier auch überhaupt nicht aus, jedoch fußte mein Ärger in den letzten Jahren meist darauf, dass zwar die Trainer wechselten, die Protagonisten und Wortführer in der Mannschaft jedoch dieselben blieben und sich kaum einer, schon gar nicht, wenn er während der Saison kam, an die Erbhöfe und damit die Wurzel allen Übels herantraute.
Ein richtig frischer Wind wehte in den letzten Jahren eigentlich lediglich unter Alexander Zorniger, der den Abgang von Ulreich forcierte und vor dem Leitwölfe wie Gentner und Niedermeier nicht mehr sicher waren und, als Schindelmeiser/ Wolf das Zepter übernahmen, das Team radikal verjüngten und ihm einen neuen Spielstil verpassen wollten.
Auch sie scheiterten an den dunklen Mächten im Verein, die Stillstand statt Fortschritt propagierten, was uns schließlich zurück in die 2. Liga katapultierte. Beiden Konstellationen brachte ich großes Vertrauen entgegen und setzte Hoffnungen in sie, weil sie bereit waren, alte Zöpfe abzuschneiden und den VfB zu erneuern.
Zorniger hätte ich zugetraut, die Abwehrschwächen zu beheben, wenn man ihm denn wenigstens noch die Wintervorbereitung und -transferperiode zugestanden hätte. Hannes Wolfs Ende wurde mit der Verpflichtung von Reschke eingeläutet, der den angezählten Gentner just wieder zur unverzichtbaren Größe erklärte und sich herabließ, dem jungen Trainer „Ratschläge“ in puncto der Aufstellungen zu erteilen und dies auch noch der Öffentlichkeit so mitteilte.
Es ist zwar jetzt hypothetisch, aber, ich kann mir nicht vorstellen, dass wir Stand jetzt schlechter dastehen würden, hätte man im einen oder anderen Fall den eingeschlagenen Weg nicht verlassen, sondern Geduld bewiesen.
Daher halte ich überhaupt nichts davon, schon jetzt Walters Verständnis von Fußball in Frage zu stellen, wenn Dusseligkeiten auf dem Platz zu einer Niederlage wie der am Freitag führen. Ich hoffe, der VfB hat aus seiner Vergangenheit endlich mal die richtigen Schlüsse gezogen und zieht bei den ersten Schwierigkeiten nicht schon wieder die Reißleine, weil es vermeintlich der Weg des geringsten Widerstands ist.
Diese Befürchtung habe ich freilich nach gerade mal einer (!) Niederlage nicht. Thomas Hitzlsperger würde sich unglaubwürdig machen, ließe er, der sich Kontinuität auf die Fahne geschrieben hat, sich von der öffentlichen Meinung beeinflussen und werfe jetzt schon alles über den Haufen. Dem Vernehmen nach vertrauen Sven Mislintat und Thomas Hitzlsperger Tim Walter noch uneingeschränkt, und, das ist auch gut so. Die Verantwortlichen haben ohnehin das große Ganze im Blick und beobachten zudem die tägliche Trainingsarbeit.
Wenn Tim Walter sagt, er stelle nach Trainingsleistungen auf, dann sollte man als einer, der die Trainingsarbeit nicht täglich verfolgt, dem Trainer vertrauen, dass er sich bei seinen Aufstellungen schon etwas gedacht hat. Mittlerweile eckt Walter, wie einst Zorniger, schon mit markigen Sprüchen an, woraufhin ihm Arroganz unterstellt und förmlich darauf gewartet wird, dass ihm seine Aussagen um die Ohren fliegen.
Manchmal kommt dies schneller, als man denkt, hatte er doch auf der Pressekonferenz vor dem Wehen- Wiesbaden-Spiel gesagt, „uns stellt keiner ein Bein“. Dass dies auf die wörtliche Bedeutung gemünzt war und er im weiteren Verlauf der PK anklingen lassen hat, wie gefährlich er den Gegner einschätzt, wenn man nicht hellwach ist, uninteressant, Hauptsache mit aus dem Zusammenhang gerissenen Aussagen einen Größenwahn konstruieren, dem Walter gewiss nicht unterliegt.
Walter hat zwar ein gesundes Selbstbewusstsein, was im Leistungssport jedoch bei weitem nicht verwerflich ist. Ähnlich wie einst Zorniger haut er den einen oder anderen Spruch raus, wirkt dabei jedoch etwas eloquenter, so man ihm eigentlich überhaupt nicht böse sein kann, wenn denn nicht schon wieder die Heckenschützen lauern würden, die ihm aus seinen Aussagen einen Strick drehen wollen.
Als VfB-Fans sollten wir nicht in den Chor derer einstimmen, die Unruhe reinbringen wollen. Als Trainer des FC Bayern der zweiten Liga wäre es doch auch unglaubwürdig, Walter mache komplett auf Understatement. Natürlich können und wollen wir jeden Gegner in dieser Liga schlagen, dass es nicht immer klappt und nicht immer die Papierform entscheidend ist, sah man am Freitag.
Was sich an den Spielen und Ergebnissen nur bedingt ablesen lässt, hat Tim Walter bereits geschafft. Es herrschen ein Teamgeist und ein Konkurrenzkampf wie seit vielen Jahren nicht. Fast kein Stammplatz ist in Stein gemeißelt, JEDER muss sich in JEDEM Training anbieten und darf nicht locker lassen, um auch im nächsten Spiel in der Stammelf zu stehen. Man sieht, dass Walter die Jungs erreicht und die Stimmung im Team gut ist, so dass für mich kein Grund besteht, an Walter zu zweifeln.
Dass der sog. Walter-Ball ins Stocken geraten ist, vom brutalen Pressing der ersten Spiele vor allem am Freitag wenig zu sehen war, ist (hoffentlich) nur eine Momentaufnahme. Dazu kommt Verletzungspech, was das weitere Einspielen erschwert. Allein der Freitag brachte zwei weitere Ausfälle mit sich, von denen vor allem der von Daniel Didavi ein langfristiger sein wird.
Ohne Fremdeinwirkung machte der Muskel bei einem Sprint zu, man ist bei Dida geneigt zu sagen, typisch, jetzt wo die Böden glitschiger und die Temperaturen niedriger sind.
Bei Borna Sosas Gehirnerschütterung muss man abwarten, ob er bereits nach der Länderspielpause wieder zur Verfügung stehen wird. Dass damit nicht zu spaßen ist und eine solche auch zu einem längerfristigen Ausfall führen kann, hat man letzte Saison bei Timo Baumgartl gesehen.
Nach dem brutalen und weder vom Schiri noch vom VAR geahndeten Bodycheck von Chato gegen Borna Sosa dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis das Spiel für eine Behandlungspause unterbrochen war. Wenn schon der Schiedsrichter weiter laufen lässt, hätte zumindest der VAR sensibilisiert genug sein müssen, dem Schiri ein Signal zu senden, das Spiel sofort zu unterbrechen. Wenn ein Spieler benommen und nicht ansprechbar zu Boden sinkt, ist Eile geboten, doch, wer weiß, vielleicht war Köln ja schon wieder beim Pausenbrot.
Bei Didavi grenzte es bislang fast an ein Wunder, dass er durch fast ein Viertel der Saison verletzungsfrei gekommen war. Des einen Leid, des anderen Freud. Vielleicht schlägt ja nun endlich die Stunde von Philipp Klement, der, gebeutelt durch kleinere Verletzungen bislang noch nicht an seine phantastische letzte Saison anknüpfen konnte.
Schmerzlich vermisst wird, nachdem er gegen Fürth kaputtgetreten wurde, auch Nicolas Gonzalez. Mit seiner Schnelligkeit wäre er gegen Wehen-Wiesbaden eine wichtige Waffe gewesen.
Obwohl am Freitag nicht einsatzbereit, ist Gonzalez zur Nationalmannschaft abgereist. Für den VfB zwar ärgerlich, dass er nicht zur vollständigen Genesung hier geblieben ist, aus Gonzalez Sicht jedoch verständlich, wurde er doch erstmals für die Albiceleste nominiert und hat damit die große Chance am 9.10. in Dortmund gegen Deutschland aufzulaufen. Ihm wünsche ich, dass er sein Debüt feiern darf und gesund wieder zurück kommt.
Unter anderem wegen Gonzalez Ausfall setzte Walter gegen Wehen-Wiesbaden auf den Ochsensturm Gomez/ Al Ghaddioui, der vor allem in der ersten Hälfte viel zu wenig in Szene gesetzt wurde. Auf den kurzfristigen Ausfall von Holger Badstuber reagierte Walter mit Phillips, dem man die mangelnde Spielpraxis anmerkte. Badstuber fehlte als ruhender Pol und seinem guten Stellungsspiel an allen Ecken und Enden.
Für Insúa rückte zudem Borna Sosa in die Anfangsformation, der bei beiden Gegentoren eine unglückliche Figur abgab. Vielfach kritisiert wird Santiago Ascacíbars Aufstellung auf der Außenbahn. Grundsätzlich mag ich Trainer, die es schaffen, gute Spieler auch dann im Team unterzubringen, wenn ihre angestammte Position anderweitig besetzt ist.
Wenn man aber sieht, welchen Stiefel Karazor auf der Sechs herunterspielt, der, ähnlich wie Gentner in grauer Vorzeit, fast ausschließlich Quer- und Rückpässe spielt, fragt man sich schon, weshalb nicht Mangala oder eben Ascacíbar dessen Platz einnehmen dürfen.
Das Spiel hatte kaum begonnen, da nahm das Unheil schon seinen Lauf. Eben jener Ascacíbar verlor den Ball nahe des gegnerischen Strafraums und dann ging es ganz schnell. Der Ball kam zu Kuhn auf Rechtsaußen, dieser flankte von Borna Sosa völlig unbedrängt, und der Top-Torjäger der Liga, Schäffler, verwertete die Kugel technisch anspruchsvoll zum 0:1.
Kurz darauf bot sich den Kickern aus dem Taunus gar die große Chance zum 0:2, doch, Kobel hielt stark. Dann schlug die Stunde von Al Ghaddioui, der nach Luftloch von Mario Gomez zum Ausgleich traf.
Auch dem kurz darauf folgenden 1:2, abermals durch Schäffler, ging ein Ballverlust in der gegnerischen Hälfte von Ascacíbar, diesmal nach fahrigem Zuspiel von Phillips, voraus. Dann ging es wieder sehr schnell. Eigentlich war der Ball schon geklärt, ehe Borna Sosa ihn noch einmal scharf machte und Schäffler das Geschenk dankend annahm.
Danach agierte der VfB geschockt und reichlich konfus und war mit dem 1:2 zur Pause sogar noch gut bedient. In der zweiten Halbzeit änderte sich das Bild. Der VfB wurde immer druckvoller, führte alle Statistiken haushoch an und traf alleine vier (!) Mal Pfosten und Latte. Vor allem durch die Einwechslungen von Silas und Massimo ging endlich etwas über die Außen. Aufgrund von Pech und Unvermögen wollte der Ball jedoch einfach nicht über die Linie.
Mario Gomez enttäuschte bei seinem ersten Startelfeinsatz seit dem dritten Spieltag auf ganzer Linie. Sah ich es mit ihm, dem bestbezahlten Zweitligakicker aller Zeiten, anfangs noch pragmatisch, dass es für die 2. Liga bei ihm auch mit 34 Jahren schon noch reichen könnte, muss ich diese Annahme mittlerweile revidieren. Es scheint, er habe mit seinem famosen Auftritt gegen Hannover 96 das Pulver für diese Spielzeit schon gänzlich verschossen, nichts geht mehr, beim einstigen Super-Mario. Er muss seinem über die Jahre geschundenen Körper Tribut zollen und ist physisch nicht mehr der Schnellste. Dass er auch geistig nicht mehr der Schnellste ist, sah man bei einigen Aktionen, als ein Schnörkel zu viel den Ballverlust bedeutete. Insgesamt sah sein Auftritt vom Freitag doch sehr bemitleidenswert aus.
Dass eine solch großartige Karriere derart zu Ende geht, hat dieser Spieler eigentlich nicht verdient. Da stellt man sich die Frage, ob er sich selbst einen Gefallen damit getan hat, sich die 2. Liga anzutun und die Schuhe nicht an den Nagel gehängt zu haben. Angesichts seines einen Zweitligisten erdrückenden Gehaltes von kolportierten 4,5 Millionen Euro pro Jahr, hätte ihm der VfB mit Sicherheit keine Steine in den Weg gelegt. Doch, selbst ein Spieler, der in seiner Karriere zig Millionen „verdient“ hat, nimmt offensichtlich noch mit, was nur geht. Vermutlich zählt er schon jetzt die Tage bis zum Saisonende…
Dass die Ungeschlagen-Serie einmal zu Ende gehen musste, war klar, dennoch tut es weh, dass dies nun ausgerechnet gegen das Schlusslicht der Tabelle passiert ist.
Und doch ist noch zu wenig passiert, um jetzt schon alles madig zu machen. Der VfB steht auf einem direkten Aufstiegsplatz und muss aus dieser Niederlage eben die notwendigen Schlüsse ziehen. Spiele, wie das am Freitag, erwarten den VfB in dieser Liga noch en masse. Gegner, die tief stehen und auf unsere Fehler lauern, sehen nun mal das einzig probate Mittel gegen die übermächtigen Schwaben darin, Beton anzurühren. Darauf muss der VfB gefasst sein und darauf muss er mit aller Seriosität reagieren.
Diese fehlte mir in der Anfangsphase, als man es vom Anpfiff weg mit Hacke, Spitze, eins, zwei, drei erledigen wollte und den nötigen Respekt vorm Gegner vermissen ließ. Wenn man dann schon nach wenigen Minuten sämtliche Ordnung fehlt und man nach einfachen Ballverlusten derart blank steht, geht der Schuss schnell nach hinten los.
Hier erwarte ich mir einen schnellen Lerneffekt und mehr Geduld vom Team. Die Qualität wäre vorhanden, Ball und Gegner laufen zu lassen, dadurch den Gegner müde zu spielen und zu gegebener Zeit zuzuschlagen, anstatt schon in der Anfangsphase kopflos nach vorne zu rennen und in hanebüchene Konter zu laufen.
Da das Team jung und lernwillig ist und von einem Trainerstab betreut wird, der die Jungs von Tag zu Tag besser machen möchte und sicher nicht lernresistent ist, bin ich guter Dinge, dass die schmerzliche Niederlage gegen Wehen-Wiesbaden ein Ausrutscher bleiben wird.
Nach der Länderspielpause wartet mit Holstein Kiel das Ex-Team von Tim Walter, welches bestimmt gewillt ist, seinem einstigen Trainer ein Schnippchen zu schlagen. Mit Geduld, Vertrauen in die eigene Stärke, etwas mehr Konzentration und mehr Konsequenz im Abwehrverhalten müsste ein Sieg herausspringen. Dass dieser kein Selbstläufer werden wird, sollte nach dem Schuss vor den Bug zur rechten Zeit vom Freitag auch dem Letzten bewusst sein.
Ich bin guter Dinge, dass Tim Walter die richtigen Schlüsse ziehen wird und die Mannschaft gegen die Störche auch in den ersten 45 Minuten unter Beweis stellt, dass es an diesem Sonntag im heimischen Neckarstadion nur einen Sieger geben kann, nämlich, den VfB Stuttgart. Darauf freue ich mich, dann auch wieder, komme was wolle, live mit mir im Stadion!
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20. September 2019
Das letzte Auswärtsspiel umrahmten wir mit einem Wellness-Wochenende in der Oberpfalz, so dass ich erst jetzt dazu komme, meine Eindrücke abschließend zu Papier zu bringen.
Dabei bin ich immer noch ein wenig berauscht vom Spiel, auch wenn es schon einige Tage zurückliegt. Das liegt nicht nur am ersten Auswärtssieg nach zehn Monaten Durststrecke (der letzte gelang beim 1. FC Nürnberg, also ebenfalls im Freistaat Bayern), sondern auch daran, wie das Team phasenweise aufgetreten ist und welch tolle Einzelspieler wir inzwischen (wieder) haben.
Daraus ein Team, eine Einheit zu formen ist Aufgabe des Trainerstabes um Tim Walter. Diesbezüglich sehe ich uns auf einem sehr guten Weg, gelang es doch schon wiederholt, Siege zu erzwingen und während eines Spiels den Schalter noch einmal umzulegen. Dass dies gelingt, bedingt, dass die Jungs an einem Strang ziehen und füreinander da sind. Dass allein dies gesondert hervorzuheben ist, unterstreicht, was seit der Meisterschaft 2007 schiefgelaufen ist.
Diese Mentalität, gepaart mit Spielfreude und Können, sollte der Schlüssel für den Aufstieg sein, von dem wir freilich auch als jetziger Tabellenführer noch meilenweit entfernt sind.
Die Tabellenführung ist nicht mehr als eine Momentaufnahme, doch, ich möchte es nicht verhehlen, sie tut verdammt gut. Auch wenn die Spiele bislang allesamt holprig waren und in puncto defensiver Stabilität und Chancenverwertung noch ordentlich Luft nach oben ist, reißen mich die Spiele vom Hocker bzw. aus dem Stadionsitz.
Auf dem Platz ist immer etwas los, seit Jahrzehnten habe ich keine so aktive VfB-Mannschaft mehr gesehen, die 90 Minuten lang Vollgas zu geben bereit ist. Schon das ein Verdienst von Tim Walter, aber auch von Sven Mislintat und Thomas Hitzlsperger, die entwicklungsfähige und gute Charaktere geholt haben.
So macht es wieder Spaß, ins Stadion zu gehen, so überlegt man es sich genau, ob man unbedingt die Toilette aufsuchen oder ein Bier holen gehen muss, wenn ständig etwas los ist auf dem Platz und man Einzelkönner auf dem Platz hat, bei denen man Gefahr läuft, just in dem Moment ein Kabinettstückchen zu verpassen.
Gut, das mit dem Bier hatte sich in Regensburg ohnehin erledigt, weil unser Aufeinandertreffen mit dem Jahn zum Hochrisikospiel hochstilisiert wurde. Wohl wegen der Fanfreundschaft von einigen Jahn-Teenies mit denen eines Stuttgarter Vereins von den Golan-Höhen, gab es selbst auf der Haupttribüne lediglich (ungenießbares) Light-Bier.
Im Spiel eins nach dem Schließen des Transferfensters und nach überstandener Verletzung von Orel Mangala, konnte man erstmals von einer Startelf sprechen, die zu weiten Teilen das Gerüst der kommenden Wochen bilden dürfte.
Zur Überraschung vieler ließ Tim Walter „seinen Liebling“ Karazor draußen und vertraute die Position des alleinigen Sechsers Mangala an. Wie Mangala diese Rolle ausfüllte, war in meinen Augen phänomenal. Zweikampfstark, spielintelligent und eine brutale Präsenz ausstrahlend, schwer vorstellbar, dass wir mit ihm abgestiegen wären, wäre Reschke nicht auf beiden Augen blind gewesen. Auch Debütant Förster überraschte mich, sehr antrittsstark und ebenfalls spielintelligent. Dazu solide Spieler wie Kobel, Kempf und Stenzel, ein Badstuber, der immer stärker wird, den Kreativspielern Klement und Didavi und einem Sturm mit Nicolás González und Silas Wamangituka, die unser Spiel mit Schnelligkeit und Spielkunst bereichern. Dieses Team hat viel Potential und wird sich weiter steigern (müssen).
Wären die Jungs in puncto Chancenverwertung kaltschnäuziger, könnten sie dem 100-Tore-Sturm von 1976/77 Konkurrenz machen, so aber lassen sie einen zittern, mehr als einem lieb ist. Aber, was will man meckern, gewonnen ist gewonnen, Ende gut, alles gut!
Einen derart wilden Fußball wie derzeit unter Walter habe ich selten gesehen. Bei jedem Ballverlust herrscht Alarmstufe Rot, weil unsere Gegner fast ausschließlich in diesen ihre Chance sehen. Was dann auffällt, in Regensburg waren wir äußerst nah dran, wie geil die Jungs darauf sind, den Ball zurückzuerobern und wie weit man in solchen Situationen von der Grundformation entfernt ist, wenn ein Insúa plötzlich auf Rechtsaußen herumturnt.
Ein Fußball, in dem immer etwas los ist und in dem jeder, der es lieber gemächlich mag, fehl am Platze ist. Nach Jahren der fußballerischen Körperverletzung am Fan ist das für mich eine Wohltat, auch wenn der Schuss manchmal nach hinten los geht. Da die Truppe ständig aktiv ist, ist die Gefahr gering, dass man sich, auch wenn es mal nicht nach Wunsch läuft, seinem Schicksal ergibt.
Die Startaufstellung von Regensburg könnte, bis auf wenige Wackelkandidaten, jene der nächsten Wochen sein. Die Herren Gomez und Castro, aber auch Karazor und Ascacíbar dürften es schwer haben, es in die Stammformation zu schaffen. Mit dem Auftritt vom Samstag dürfte Insúa nicht mehr über den Platzhalter für den ausgefallenen Borna Sosa hinauskommen, seine Zeit, das sah man deutlich, ist wohl abgelaufen.
Santiago Ascacíbar blieb in Regensburg, und ist es auch gegen Greuther Fürth noch, suspendiert. Es muss einiges vorgefallen sein, wenn der VfB ein Fehlverhalten so drastisch und der Öffentlichkeit mitgeteilt, sanktioniert.
Gerüchten zufolge bastelt Santis Berater gar an einer Rückkehr zu seinem Stammverein Estudiantes de la Plata. Dass Ascacíbar ein Hitzkopf ist, weiß man und liebt es auch ein stückweit. Wenn diese Hitzköpfigkeit jedoch so weit geht, dass man dem Trainer vorschreiben möchte, wo er ihn bitteschön einzusetzen habe und dieser Forderung beim Sportdirektor Nachdruck verleiht, schlägt das dem Fass den Boden aus.
Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass die Zeiten eines Michael Reschke, der dem Vernehmen nach Geldstrafen für manchen Spieler aus eigener Tasche gezahlt und damit die Autorität des Trainers restlos untergraben hat, vorbei sind und neuerdings Trainer, Sportdirektor und Sportvorstand dieselbe Sprache sprechen und sich kein Spieler „hinten rum“ ausheulen darf.
Ich hoffe, dass Ascacíbar verstanden hat und nicht den Weg des geringsten Widerstands geht und flüchtet. Im weiteren Saisonverlauf, vor allem, sollte sich Mangala noch einmal verletzen, wird man sich glücklich schätzen können, auf einen Ascacíbar zurückgreifen zu können. Sollte er allerdings weiterhin beleidigte Leberwurst spielen und schlechte Stimmung verbreiten, muss man ihn abgeben. Unzufriedene Spieler und totes Kapital, immerhin ist Ascacíbar noch einer DER Top-Verdiener, sollte man sich möglichst nicht leisten.
Von der sportlichen Leitung bin ich derzeit wirklich sehr angetan und habe das Gefühl, alles was sie anpacken, hat Hand und Fuß. Die Transfers sitzen, die Außendarstellung ist mit der des letzten Jahres überhaupt nicht mehr zu vergleichen und auch der Trainer ist bis in die Haarspitzen motiviert, seine Jungs von Tag zu Tag besser machen zu wollen. Ich hoffe sehr, dass es in dieser Konstellation noch lange funktioniert und das „schwierige“ Umfeld ruhig bleibt, auch wenn wir nicht jeden Gegner in Grund und Boden spielen.
Jetzt schon Vergleiche zu ziehen, gegen wen alles wir mit dieser Spielweise in der Bundesliga Packungen kriegen würden, empfinde ich als ungerecht der Aufgabe gegenüber. Diese lautet direkter Wiederaufstieg, wofür einer der ersten zwei Plätze in der 2. Bundesliga belegt werden muss. Dieses Ziel haben wir, um das Ziel zu erreichen, sind wir als derzeitiger Tabellenführer auf einem guten Weg.
Die Bundesliga ist noch weit weg, im Fall des Aufstiegs wird der Kader schon deshalb ein völlig anderer sein, weil Verträge auslaufen und Leihspieler wie Stenzel und Kobel zu ihren Stammvereinen zurückkehren (müssen). Es zählt das Hier und Jetzt!
Manch Miesmacher und notorischer Bruddler versteht auch meine gute Meinung zu Tim Walter nicht. Er sei kein Übertrainer, habe noch nichts erreicht und er spiele Harakiri.
Leute, ich behaupte auch nicht, dass Walter ein Übertrainer ist. Ich sehe aber schon allein, dass er es in kurzer Zeit geschafft hat, eine Einheit zu formen und einen Mann, der sein Profil schärft, indem er Spielern, die ausscheren, die Leviten liest, und, wie jüngst in Regensburg, vermeintliche Lieblingsspieler draußen lässt, wenn andere derzeit besser sind.
Ich will einen Trainer, der den VfB lebt, der emotional ist, sich wie ein Kind über Siege freut und ungenießbar ist, wenn man verloren hat. Ich möchte keine Schlaftablette an der Seitenlinie, wie Korkut und Weinzierl es waren und keine ständigen Trainer- und Philosophie-Wechsel wie im letzten Jahrzehnt.
Den „Auch-jetzt-noch-Bruddler“ geht wohl derzeit die allherbstliche Trainerdiskussion ab, weshalb sie dem Braten noch nicht trauen und sie es sich nicht vorstellen können, dass Walter längerfristig bei uns Trainer sein könnte. Sie fordern zwar nicht direkt einen neuerlichen Trainerwechsel, stören sich aber am Personenkult um Tim Walter. Dieser muss sportlichem Erfolg per se ja auch nicht hinderlich sein, man schaue nur mal kurz nach Liverpool!
Ich kann dieses Misstrauen, was einem Misstrauen in Mislintat und Hitzlsperger gleichkommt, nicht nachvollziehen. Wir brauchen Kontinuität, die vielen Trainerwechsel der letzten Jahre haben uns mürbe gemacht, deshalb hoffe ich sehr, dass man am jetzt eingeschlagenen Weg festhält und endlich mal Geduld beweist.
So ruhig und harmonisch es derzeit an der sportlichen Front zugeht, so ungewiss ist es, wie es nach der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 15.12.2019 weitergehen wird.
Die Bewerbungsfrist zum VfB-Präsidenten ist abgelaufen, nun liegt es am Vereinsbeirat aus zehn Bewerbungen, den Mitgliedern die zwei aussichtsreichsten Kandidaten zur Wahl zu stellen, wenn der Vereinsbeirat nicht noch einen elften Kandidaten aus dem Ärmel schüttelt, was ihm gestattet wäre.
Eigentlich ist es mir fast egal, wer Präsident wird, schlimmer als Dietrich kann er (oder sie?) nicht sein. Das Wichtigste am neuen Präsidenten ist mir, dass er sich selbst zurücknimmt und der so verheißungsvoll gestarteten neuen sportlichen Leitung nicht ins Handwerk pfuscht, was im Übrigen auch für Anwärter des neu geschaffenen Postens des Vorstandsvorsitzenden gilt.
Was wir nicht brauchen, ist ein Unternehmer, der an Aufmerksamkeitsdefizit leidet und sich in den Vordergrund stellt, genauso wenig wie einen Ex-Sportler, der sich dazu berufen fühlt, seine Vorstellungen der sportlichen Ausrichtung möglichst schnell auf den VfB zu übertragen. Beides würde Unruhe stiften die weitere Entwicklung gefährden.
Ich hoffe auf ein gutes Händchen des Vereinsbeirates mit der größtmöglichen Transparenz, um verloren gegangenes Vertrauen Stück für Stück zurück erlangen zu können.
Auf die bisher bekannten Kandidaten möchte ich nicht näher eingehen. Dass ich nach dem Spalter keinen Politiker in der Rolle des VfB-Präsidenten sehen möchte, der schon im Vorfeld in politische Lager spalten würde, hatte ich bereits in einem früheren Beitrag ausgeführt. Nur zur Kandidatur von Guido Buchwald ein paar Worte.
Ich finde es ungerecht, wie er bereits im Vorfeld diskreditiert wird und ihm die Fähigkeit abgesprochen wird, VfB-Präsident sein zu können. Gäbe es die AG nicht und wir wären noch eingetragener Verein, wäre Guido für mich der prädestinierteste Kandidat, den man sich vorstellen könnte. Ein Präsident soll repräsentieren, das könnte er von seiner Vita und seinem Auftreten her sicherlich perfekt. In wieweit er die wirtschaftlichen Erfordernisse mitbringt und sich außerhalb des japanischen Marktes im Fußball auskennt, sprich, ob er ein Fußball-Unternehmen führen kann, dies herauszufinden obliegt nun auch dem Vereinsbeirat.
Ihn jedoch im Vorfeld bereits madig zu machen und ihm sämtliche Fähigkeiten abzusprechen, ohne überhaupt zu wissen, wie sein Plan aussehen könnte und wen er unterstützend an seiner Seite hat, finde ich ungerecht. Dass er Interna aus dem Aufsichtsrat ausgeplaudert haben soll, ist für mich noch kein Kriterium, ihn als Präsidenten abzulehnen. Die Ära Dietrich würde ich, von allem was man aus dem Verein so mitbekommt, fast schon als Diktatur bezeichnen, in der selbst der Aufsichtsrat „auf Linie“ getrimmt war, damit ja alle Entscheidungen „einstimmig“ ausfielen. Wenn dann einer ausschert und sich nicht mehr anders zu helfen weiß, zum Wohl des VfB übrigens, ist er für mich eher ein Revoluzzer als einer, dem man nicht mehr über den Weg trauen könnte.
Guido Buchwald ist (m)ein Idol, zweimaliger deutscher Meister mit dem VfB und Weltmeister und hat eine sensationelle Epoche des Vereins, die ich enthusiastisch begleitet habe, entscheidend mitgeprägt. Er hat es sowohl nicht verdient, dass ihn ein Sponsorenvertreter bzw. Vertreter des Anteilseigners als VfB-Idol in aller Öffentlichkeit verunglimpft, als auch, dass man seine Kandidatur nicht mit dem angebrachten Respekt würdigt und einfach mal abwartet, wen der Vereinsbeirat ins Rennen zu schicken gedenkt.
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28. August 2019
Die letzten Jahre haben mich müde gemacht. Seit der Aufsichtsrat Wolfgang Dietrich als alleinigen Präsidentschaftskandidaten, trotz aller Bedenken und gegen den Willen vieler Mitglieder durchgedrückt hat, seit dieser mittels einer Schmierenkampagne im Trump-Style die Ausgliederung durchdrückte, dieser dann unter noch immer nebulös erscheinenden Umständen Jan Schindelmeiser entließ und den von den Bayern weggelobten Michael Reschke präsentierte, dieser wiederum den von Schindelmeiser/ Wolf eingeschlagenen Weg der kleinen Schritte torpedierte, Alt-Star um Alt-Star holte und mit einer Allmacht ausgestattet die Ausgliederungsmillionen verprasste, war es nicht mehr mein VfB.
Die Emotionen gingen flöten, dem Abstieg gewann ich gar noch das Positive ab, „dass jetzt was passieren muss“. Der VfB war nicht nur sportlich in der 2. Liga angekommen, sondern präsentierte sich gespalten wie nie und gab wegen der sich selbst legitimierten Wahrheitsbeugungen nach außen ein Bild des Schreckens ab.
Es gab in Fußball-Deutschland wohl kaum jemanden, VfB-Sympathisanten ausgenommen, der unserem Verein den Abstieg nicht gegönnt hätte.
Wolfgang Dietrichs letzte Patrone, die Entlassung Reschkes und Ernennung des beliebten Thomas Hitzlsperger zum Sportvorstand und damit zum neuen starken Mann konnte den Abstieg nicht mehr verhindern. Der Rest ist Geschichte! Wolfgang Dietrich musste nach der denkwürdigen Mitgliederversammlung seinen Hut nehmen, womit der Weg für einen Neuanfang frei ist.
In diesem befinden wir uns seit gerade einmal zwei Monaten. Thomas Hitzlsperger holte sich Sven Mislintat, das Diamantenauge, an seine Seite, beide wiederum verpflichteten Tim Walter als neuen Chef-Coach.
Nach Jahren des lustlosen Ballgeschiebes wurde ein junger, motivierter Trainer engagiert, der für schnelles Umschaltspiel und Ballbesitzfußball steht. Um alte Zöpfe endgültig abzuschneiden, wurden auslaufende Verträge nicht verlängert und Spieler, die nicht hundertprozentig hinter der neuen Marschroute stehen, abgegeben. Die Mannschaft wurde also runderneuert.
Es blieb ein erfahrenes Gerüst um Mario Gomez, Holger Badstuber, Gonzalo Castro und Daniel Didavi. Um diese Stützen herum wurden einige zweitligaerprobte Spieler geholt, die sich beim VfB den nächsten Schritt erhoffen, sowie Rohdiamanten, die es zu schleifen gilt. In erster Linie wurde der Kader so zusammengestellt, in der 2. Liga eine gute Rolle spielen zu können und nicht, um als verkappter Erstligist eine Ehrenrunde zu drehen.
Der VfB wurde komplett auf links gedreht, man sieht bereits nach zwei Monaten Dinge, die wir über Jahre vermissten. Durch die lockere und zugängliche Atmosphäre, die das neue Triumvirat vorlebt, hat man den Eindruck, JEDER komme gerne zum Training und sei gern Teil dieser Gruppe. Man erlebt einen Teamgeist, von dem wir vor ein paar Monaten noch nicht einmal zu träumen wagten.
Dieser, gepaart mit der Mentalität, die diese Jungs mitbringen, bescherte uns bspw. schon den Lastminute-Sieg gegen den FC St. Pauli und dürfte noch öfter ein Trumpf im Aufstiegskampf werden.
Spielerisch ist schon sehr viel von dem zu sehen, was Tim Walter einfordert. Selbstredend, an der Effektivität und in der einen oder anderen Situation Mut zum Risikopass lässt sich noch feilen, doch, für das was Walter den Jungs abverlangt, sind sie nach zwei Monaten für meine Begriffe schon sehr weit.
Die Bilanz mit dem Weiterkommen im Pokal und zwei Siegen und zwei Unentschieden in der Liga liest sich ordentlich. Daheim gewinnen, auswärts remis, damit steigt man in der Regel auf, wenn man diese Ausbeute bis zum 34. Spieltag hält. Über das WIE lässt sich diskutieren. Gegen Hannover und Heidenheim, jedenfalls bis zum 0:2, hinterließ man einen hervorragenden Eindruck. In Rostock zählte allein das Weiterkommen und kein Schönheitspreis, gegen St. Pauli verdiente man sich den Lastminute-Sieg durch unermüdlichen Einsatz und im Erzgebirge werden noch mehr Teams Punkte liegen lassen.
Die von vielen Seiten aufkommende harsche Kritik am Auftritt in Aue empfinde ich als unfair. Man darf einfach nicht erwarten, dass das Team nach gerade einmal zwei Monaten schon alles in Grund in Boden spielt.
Ich habe es mir eigentlich abgewöhnt, nach Spielen über schwache Schiedsrichterleistungen zu lamentieren. Die Entscheidungen sind so gefallen, Punkt, aus, fertig!
In diesem Fall aber habe ich auch Tage danach noch einen extrem dicken Hals. Dass der einst in den Schiedsrichterskandal verwickelte Referee Zwayer das Foul übersieht, kann passieren.
Dass aber der VAR im Kölner Keller sich nicht einschaltet und Zwayer darauf hinweist, dass er zwingend auf Elfmeter für den VfB zu entscheiden hätte, kann ich in keinster Weise nachvollziehen.
So jedenfalls macht der Videobeweis den Fußball nicht gerechter, wenn wir es nach wie vor mit reiner Willkür zu tun haben und die hochbezahlten Herren nach Lust und Laune entscheiden. Gerade für Walters Spielstil wäre eine Führung im Rücken nämlich Balsam gewesen, hätte Aue doch aufmachen und kommen müssen.
So wird nach dem Spiel der VfB kritisiert, dafür, dass der tödliche Pass in die Schnittstelle nicht kam und man sich am eigenen Ballgeschiebe allzu sehr ergötzt hätte. Dabei kommt es auf die Betrachtungsweise an. Man könnte doch auch die neue Ballsicherheit lobend erwähnen. Dass Risikopässe derzeit Mangelware sind, liegt für mich in den ersten beiden Spielen begründet, als wir nach Ballverlusten recht blank standen und der Gegner zu hochkarätigen Konterchancen kam. Da spielt noch die Angst mit, das Vertrauen holt man sich am besten durch Siege, umso ärgerlicher, dass wir einmal mehr von der Schiedsrichterzunft betrogen wurden.
Einfallslosigkeit im Offensivspiel wirft man Walter also vor, das Festhalten an einzelnen Spielern ebenso und falsche Aufstellungen erst recht.
Ich schrieb schon an anderer Stelle, dass es sich bis Anfang September durchzumogeln und nicht zu viel an Boden zu verlieren gelte. Solang der Transfermarkt geöffnet hat und in alle Richtungen alles passieren kann, könnten sich die einen als Notnagel vorkommen und andere nicht richtig bei der Sache sein, weil sie noch mit einem Wechsel kokettieren. Erst danach herrscht Klarheit, erst danach wird sich eine Stammelf herauskristallisieren, mit der man das Unternehmen Wiederaufstieg angehen kann.
Zudem bricht uns bislang nach jedem Spiel jemand durch Verletzung oder Sperre weg, so dass sämtliche Automatismen kaum jetzt schon greifen können. Daher verstehe ich die unterschwellige Kritik zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht und halte es mit Altmeister Giovanni Trapattoni, „ein Trainer ist nicht ein Idiot“. Nach Korkut und Weinzierl sollten wir dankbar sein, dass wir einen Trainer haben, der für einen erfrischenden Spielstil steht und den Jungs Spielfreude auch vermitteln kann. Gut Ding braucht Weile, gebt Tim Walter (und seinem Trainerteam; durchaus auch Fachleute am Start!) einfach die Zeit, die er braucht und haltet die Füße still.
Dass die ständigen Trainerwechsel in den letzten zehn Jahren den VfB immer weiter zurückwarfen, sollte auch der letzte begriffen haben. Schon deshalb ist die Kritik, die jetzt schon aufkommt, unverständlich, was verspricht man sich dabei? Dass Walter doch endlich auf die Masse hört und seine Aufstellungen per TED-Umfrage bestimmt oder möchte da schon jemand einen neuen Trainer, weil Walter „nur“ ein Jugend-, Amateur- oder Kiel-Trainer ist und Stuttgart für ihn dadurch automatisch eine Nummer zu groß zu sein hat?
Ich habe jahrelang darum gekämpft, Leute, die dem VfB schaden, loszuwerden und konnte mich nicht einmal mehr über Siege freuen, wenn sie denn bestimmten Leuten ihren Posten gesichert haben. Dieses Ziel wurde erreicht.
Mit Thomas Hitzlsperger als dem neuen Gesicht des VfB, ist der VfB dabei, sich ins krasse Gegenteil von dem zu wandeln, was er unter Dietrich/ Reschke war.
Hitzlsperger ist sich nicht zu schade dafür, auf Twitter mit Fans auszutauschen und Gerüchte aus der Welt zu räumen.
Er ist einfach Mensch und ein guter obendrein, was er gestern wieder unter Beweis stellte, als er VfB-Fan Dennis, der seit zwei Jahren unter chronischem Erschöpfungssyndrom leidet, Unterstützung vom VfB zusicherte und somit unterstreicht, dass der VfB mittlerweile auch wieder bereit ist, seiner sozialen Verantwortung gerecht zu werden (Dennis Leidensweg und der Link zur Spendenkampagne hier https://ze.tt/ich-wollte-lieber-krebs-haben-dennis-lebt-mit-dem-chronischen-erschoepfungssyndrom/).
Als VfB-Fan bin ich derzeit wirklich froh und stolz einen wie Hitzlsperger an der Spitze zu haben und hoffe, dass kein neuer Präsident oder Vorstandsvorsitzende ihn in seinem Handeln, Wirken und seiner Authentizität einschränkt.
Ihm zur Seite steht mit Sven Mislintat ein Fachmann, der einen hervorragenden Job macht, was sich darin zeigt, dass er Überraschungscoups schon gelandet hat, von denen man vorher nicht in der Presse las und, dass er durchaus auch Top-Clubs beim einen oder anderen Transfer ausgestochen hat.
Zudem habe ich Mislintat im Trainingslager als lockeren Typen kennengelernt, den ich mir auch in der Kneipe neben mir an der Bar vorstellen könnte. Freundlich, nett, sein Gegenüber ernstnehmend, so machte auch er auf mich den Eindruck ein guter, nicht abgehobener Typ zu sein.
Diesen beiden wünsche ich schon aus Sympathie nur das Beste für ihre Zeit beim VfB. Sie sind sich grün, funken auf einer Wellenlänge und haben sich für den Fußball, für den der VfB in Zukunft stehen soll, Tim Walter als Trainer ausgeguckt.
Wären die oben erwähnten Kritikpunkte an Walter bedrohlich, erreichte er die Mannschaft nicht, stellte sie falsch auf oder ein oder stimmte die Chemie nicht, würden die beiden bestimmt dazwischen grätschen und bestimmte Stellschrauben anders justieren.
Solang sie sich aber angetan von Walters Arbeit und Menschenführung zeigen, kein Blatt zwischen die drei passt, verbietet sich für mich auch Kritik an Walter. Wer Walter kritisiert, kritisiert unser derzeitiges Führungs-Duo gleich mit. Oder anders gesagt, wer Hitzlsperger und Mislintat vertraut, sollte ihnen auch dahingehend vertrauen, Tim Walters Arbeit am besten bewerten zu können.
Ich hoffe sehr auf Kontinuität und darauf, dass der VfB auch einmal stürmischere Zeiten mit ein und demselben Trainer meistert.
Die ständige Unruhe und notorische Unzufriedenheit gehen mir schon wieder dermaßen auf den Sack. Mich haben die letzten Jahre Demut gelehrt. Dazu gehört auch, dass ich uns zunächst mit den Ligakonkurrenten auf Augenhöhe sehe und nicht erwarte, dass wir jeden Gegner in Grund und Boden spielen. Eine Entwicklung und Spielanlage ist zu erkennen, das Klima ist um Welten besser als letzte Saison, Mentalität und Spielfreude sind da, wie lange nicht. Natürlich ist noch nicht alles Gold, was glänzt, aber die guten Ansätze lassen mich hoffen, dass sich auch das noch geben wird.
Wir als Fanszene dürfen uns nicht schon wieder auseinanderdividieren lassen. Wenn ich mitbekomme, dass Walters Aussagen auf der Pressekonferenz nach dem Aue-Spiel als frauenfeindlich betitelt werden, kriege ich den Hass. Er hat einzig und allein SEINE Frau angesprochen, so dass es auch lediglich ihr zustünde, sich über seine Aussagen zu echauffieren.
Schlimm genug, dass die DFL Ermittlungen aufgenommen und eine Stellungnahme von Walter eingefordert hat, wir Fans sollten hinter unserem Trainer stehen, zumal er ja Recht hatte. Aber nein, es wird Walters flapsige Art und der Vergleich, den er gezogen hat, madig gemacht, anstatt gegen die Fußball-Mafia zu rebellieren und Einigkeit im Umfeld zu demonstrieren.
Für mich nimmt das jetzt schon Züge an wie einst bei Alexander Zorniger. Auch er ist gerne mal angeeckt und wurde wegen seiner markigen Sprüche fast schon weg gemobbt. Zunächst von der Presse, weil er nicht deren Liebling war, wegen ausbleibender Ergebnisse schließlich auch von den „Fans“.
Walters Vorteil gegenüber Zorniger ist, dass wir eine Liga tiefer spielen und somit eine extreme Niederlagenserie eher unwahrscheinlich ist. Ansonsten erinnert der Umgang der Presse, allen voran der Kommentar von Thomas Wehrle bei SWR Sport, stark an die Zeit unter Zorniger. Auf der einen Seite werden Typen mit Ecken und Kanten gefordert, sind sie da und sagen mal etwas, wird ihnen jedes Wort im Mund umgedreht und langsam aber beharrlich auf sie eingedroschen.
Dass es ähnliche Züge wie vor vier Jahren annimmt, sollten wir Fans nicht zulassen. Gebt dem Projekt „neuer VfB“ eine Chance und stärkt unseren Machern Hitzlsperger und Mislintat den Rücken, auch, indem man Tim Walter die volle Unterstützung zukommen lässt. Alles andere bringt nur Unruhe und ändert doch nichts.
Mir macht der neue VfB Spaß. Ich möchte eine Entwicklung sehen und bin völlig unvoreingenommen in die Saison gegangen. Gaben „früher“ einbetonierte Erbhöfe auch zu Beginn einer Saison schon Anlass zu Kritik, steht jetzt wirklich alles auf Anfang.
Daher halte ich persönlich mich in nächster Zeit mit Kritik an der sportlichen Entwicklung zurück und lasse die Protagonisten erst einmal machen. Man erkennt Motivation und Freude den VfB besser machen zu wollen, das genügt mir, zumal das Vertrauen ins Korrektiv zu hundert Prozent gegeben ist.
Ich hoffe, der VfB nutzt dieses Mal die Chance, sich völlig neu auszurichten und reißt sich das geschaffene Fundament nicht durch irgendwelche Eitelkeiten gleich wieder ein. Bis zur Präsidentenwahl habe ich keine Bedenken, was danach kommt, werden wir sehen!
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