15. April 2011
Knapp eine Woche ist vergangen, seit dem brutal ernüchternden 2:4 gegen den 1. FC Kaiserslautern. Langsam finde ich meine Worte wieder, es muss ja schließlich auch weiter gehen! Wie optimistisch sind wir doch die paar Schritte vom SSC ins Neckarstadion gegangen, optimistisch nach den Ergebnissen der Konkurrenz, dass sich der VfB ein kleines Polster auf die Abstiegsplätze verschaffen könnte. Es war DIE Chance bis auf Platz 13 vorzudringen. Nach zuvor fünf nicht verlorenen Spielen in Folge, war der Glaube an den Befreiungsschlag vorhanden. Was sich dann aber in den 90 Minuten auf dem grünen Rasen abspielte, spottet jeder Beschreibung.
Der VfB geriet nach einer durchwachsenen Anfangsphase früh in Rückstand, weil Boulahrouz gegen Lakic nicht engagiert genug ins Kopfballduell ging und sich wie ein Leichtgewicht im „Luftkampf“ wegdrücken ließ. Dass ein früher Rückstand Gift sein würde, war mir schon vor dem Spiel klar. Diesen galt es eigentlich unter allen Umständen zu vermeiden. Trotzdem kam der VfB durch einen glücklichen, wenn auch berechtigten Strafstoß zurück ins Spiel. Kuzmanovic besorgte den Ausgleich und hatte wenig später einen Geistesblitz, als er mit dem Außenrist einen Zuckerpass Molinaro in den Lauf spielte, dieser bis an die Grundlinie durchlief und scharf in die Mitte passte, wo Pogrebnjak den Ball mit all seiner körperlichen Wucht einnetzen konnte. Plötzlich führte der VfB 2:1 und alles schien auf einmal für die Schwaben zu sprechen.
Was den Jungs dann in den Pausentee getan wurde, würde mich interessieren. Anstatt selbst- und siegesbewusst aus der Kabine zu kommen und auf das dritte Tor zu spielen, versteckte sich jeder so gut er konnte und überließ den Pfälzern, bei denen übrigens ein gewisser Christian Tiffert glänzend Regie führte, komplett die Initiative. So kam es wie es kommen musste. Mitte der zweiten Halbzeit setzte der Lauterer Trainer Marco Kurz, in Stuttgart auch kein Unbekannter, alles auf eine Karte und brachte in Jimmy Hoffer einen weiteren Stürmer. Dass der schnell ist und auf Kontersituationen am Rande der Abseitslinie lauert, sollte sich auch bis ins Stuttgarter Team herumgesprochen haben. Hat es sich aber wohl nicht, wenn man sich das 2:2 ansieht, als ein langer Ball von Tiffert in den Lauf von Hoffer genügte, die VfB-Abwehr zu überspielen. Ulreich kam heraus und wurde von Hoffer überlobbt. Alte Torwartweisheit, „wenn er raus kommt, muss er ihn haben“. Was dann folgte war eine Demütigung fürs Schwaben-Herz. Nach einem Eckball von Tiffert kam abermals Lakic mit Anlauf und köpfte mit Wucht in die Mitte des Tores. Weder Harnik, der bei Standards für ihn eingeteilt war, noch Ulreich waren hier Herr der Lage. Ausgerechnet Lakic, dem seine ersten Tore in der Rückrunde gelangen, der schon von den eigenen Fans angefeindet wurde, nachdem er sich in der Winterpause mit dem Trikot seines künftigen Arbeitgebers, des VfL Wolfsburg, ablichten ließ. Das 2:4 schließlich, das ein katastrophaler Fehlpass von Träsch begünstigte, war für mich nicht mehr spielentscheidend.
Der VfB ließ sich also von einem eigentlich im Vergleich minderbemittelten Gegner, einem direkten Konkurrenten im Abstiegskampf, abschlachten. Die Pfälzer, die außer Kampf- und Teamgeist nicht viel in die Waagschale werfen können, haben dem VfB die Grenzen aufgezeigt.
Erschreckend schwach war abermals ohne Hajnal die Zentrale. Kuzmanovic tat sich in der ersten Halbzeit zwar als Lenker des Spiels hervor, tauchte in der zweiten aber genau so ab, wie der Rest der Mannschaft. Die Einwechslungen von Boka, Cacau und Gebhart verpufften wirkungslos. Gentner, der eigentliche Vertreter von Hajnal auf der 10er-Position war über weite Strecken überhaupt nicht zu sehen. Mich beschleicht mehr und mehr das Gefühl, dass er im Vertrag eine Stammplatzgarantie stehen hat. Anders kann es nicht sein, dass ein solch formschwacher Spieler Woche für Woche mit dazu beitragen darf, den VfB dem Abgrund Stück für Stück näher zu bringen. Wie schon vor Wochenfrist vorgeschlagen, hätte ich auf dieser Position lieber Didavi als Gentner gesehen. Auch die Einwechslung von Cacau, der an einer weichen Leiste laboriert und offensichtlich weder fit noch in Form ist, konnte ich nicht nachvollziehen. Er fand auch überhaupt nicht ins Spiel, hatte keine nennenswerte Aktion, außer vielleicht eine, als er, sinnbildlich für die Gesamtsituation beim Jagen nach dem Ball über seine eigenen Beine flog.
Schipplock, immerhin der Siegtorschütze in St. Pauli und drei Tage vor dem Spiel zweifacher Torschütze für unsere zweite Mannschaft in der 3. Liga gegen Wehen-Wiesbaden, stand auch parat und wäre wahrscheinlich mit mehr Selbstvertrauen ins Spiel gekommen, als Cacau, dem man auch die fehlende Spielpraxis anmerkt. So war ich also auch mit den Entscheidungen der sportlichen Leitung nicht einverstanden. Am Samstag nach dem Spiel hatten wir schon geunkt, eigentlich wäre es mal wieder an der Zeit für einen Trainerwechsel. J Jedoch im Ernst, diese letzte Patrone haben wir verschossen. Die Misere mache ich jetzt wirklich nicht am Trainer fest, der ja am allerwenigsten für den zusammengewürfelten Haufen an verschiedenen Spielertypen und Charakteren kann. Allerdings bin ich auch nicht davon überzeugt, dass Labbadia der richtige für diese Mission ist.
Jetzt gilt es für die letzten fünf Spiele die Kräfte zu bündeln und darum, dass wir Fans und das Team zusammenstehen. Es wird schwer genug. Morgen in Köln, die zuletzt sieben (!) Heimsiege in Folge eingefahren haben, muss ein Sieg her. Fragt mich nicht wie, aber er muss einfach gelingen. Die Kölner ließen sich am vergangenen Wochenende beim Lokalrivalen Mönchengladbach mit 1:5 abschlachten und brennen auf Wiedergutmachung vor eigenem Publikum. Die werden sicherlich mit gefletschten Zähnen den Rasen betreten und darauf hoffen, uns überrennen zu können. Hier wird sicherlich aus VfB-Sicht wichtig sein erst einmal Ruhe zu bewahren und kein frühes Gegentor zu kassieren. Sonst könnte es ein bitterböser Nachmittag für uns werden.
Die personelle Situation beim VfB spitzt sich langsam aber sicher zu. Zwar signalisiert Hajnal, dass er in Köln wieder in die Anfangsformation rücken kann. Doch Pogrebnjak fehlt gelbgesperrt und Gebhart mit doppeltem Bänderriss für den Rest der Saison. Wir haben kaum einen Spieler im Kader, den kein Wehwehchen plagt und der einen topfitten Eindruck macht. Außer vielleicht Gentner, der geschickt jedem Körperkontakt ausweicht und sich damit keiner großen Verletzungsgefahr aussetzt.
Cacau soll morgen von Anfang an spielen, in Erinnerung an seinen letzten Auftritt in Köln, als ihm beim 1:5 in der letzten Saison vier Tore gelangen, erhofft man sich dadurch die Wiedergeburt des „alten Cacau“. Seit der VfB ihm gesteigerte Wertschätzung entgegen brachte und seine Bezüge mit den Top-Verdienern im Verein anglich, scheint er einen zentnerschweren Rucksack mit sich rumzuschleppen und die Leichtigkeit verloren zu haben. Diese Bemerkung bezieht sich allerdings auf die erste Saisonhälfte, als er zu viel wollte und ihm nichts gelang und er dann aus diesem Fahrwasser nicht mehr heraus kam. Cacaus Rückrunde ist nicht zu bewerten, da er seit dem Trainingslager an Verletzungen laboriert und seither auch fast nur zu Kurzeinsätzen gekommen ist.
Harnik wird im rechten Mittelfeld benötigt, so bleibt Schipplock die einzige Alternative auf der Bank für den Sturm. Marica ist laut den Verantwortlichen weiterhin kein Thema. In dieser Situation wäre ich für eine Begnadigung von Marica gewesen, der mit seiner Schnelligkeit gerade auswärts für Gefahr sorgen könnte. Allerdings erfährt man ja auch nicht genau, was genau vorgefallen ist, dass er so außen vor ist, wie im Moment. Ein wenig mehr Ehrlichkeit und Klartext würde den Clubverantwortlichen gut zu Gesicht stehen. So kann nur über die wahren Gründe spekuliert werden. Man munkelt, er hätte in der Wintertransferperiode ein lukratives Angebot aus der Türkei gehabt, durfte nicht wechseln und ging dann in die Offensive. Wäre es so, hätte ich kein Verständnis für die Vereinsführung, hat man doch immer betont, Spieler die nicht voll und ganz mitziehen und mit dem Herzen bei der Sache sind, gehen könnten. Ist also Marica der Stinkstiefel, der im Kader sein Unwesen trieb? Wir, die zahlenden Fans, werden es wohl nie erfahren….
Angesichts der angesprochenen Probleme und des fehlenden spielerischen und menschlichen Verständnisses der Jungs untereinander fehlt mir mittlerweile der Glaube an eine Serie zum Saisonende. Die Mannschaft stellt derzeit ein sehr fragiles Gebilde dar. Es ist kein System zu erkennen, keiner möchte den Ball haben und der, der den Ball hat, hat teilweise vier Gegenspieler um sich, ohne dass sich ein Mitspieler hin bequemt, um ihm zu helfen. Diese Situation habe ich insbesondere beim bemitleidenswerten Pavel Pogrebnjak gegen Kaiserslautern mehrfach beobachtet. Hier geht es also um Laufarbeit, auch um das Antizipieren, Eigenschaften, die man bei Profis voraussetzen müsste, die derzeit nicht von unseren Kickern nicht abrufbar sind. Es sind im Spiel in allen Mannschaftsteilen Unsicherheiten zu sehen, die einem Angst machen. Die Mannschaft hat sich im Vergleich zur Vorrunde, als wir gegen Fußballgrößen wie Molde, Bratislava, Babelsberg und Chemnitz nur mit Mühe und Not gewonnen haben, null komma null weiter entwickelt. Der einzige Unterschied zwischen Vor- und Rückrunde ist der, dass das Glück zurückgekehrt ist und es die Schiedsrichter besser mit uns meinen. Keiner der 18 Punkte in der Rückrunde wurde geholt, weil wir die bessere Mannschaft waren, bei jedem dieser 18 Punkte war mehr oder weniger Glück dabei. Daher beschleicht mich das ungute Gefühl, dass es irgendwann einmal aufgebraucht ist. Ich hoffe, Kaiserslautern war nicht der Anfang einer Serie von Spielen, in denen es zu unseren Ungunsten läuft. Ich möchte den Teufel nicht an die Wand malen. Aber dieser Mannschaft, die in ihrem Innersten keine ist, nehme ich nicht ab, dass sie alles dafür tut, den Abstieg zu vermeiden. Ich glaube nicht, dass vom Stamm mehr als 2, 3 Spieler auch in der 2. Liga die Kickstiefel für den VfB schnüren würden. Sollten Gehaltskürzungen dann unumgänglich sein, werden sogar die 2, 3 Spieler in meinen Augen fraglich sein, So weit sind wir Gott sei Dank noch nicht. Noch haben die Spieler (mindestens) fünf Gelegenheiten zu zeigen, dass sie es wert sind, den Brustring zu tragen und auch sich selbst den Makel eines Abstiegs zu ersparen.
Morgen folgt also in Köln der nächste Akt. Ich freue mich sehr auf das Stadion und die Stimmung dort, die hoffentlich nur vor dem Spiel karnevalistische Züge hat. Wir werden dort übernachten und abends noch (hoffentlich in Hochstimmung) ein wenig die Kölner Altstadt unsicher machen. Der VfB wird wieder von etwa 4.500-5.000 Fans unterstützt werden, uns gar nicht mitgezählt, weil wir beim FC direkt die Karten bestellt haben. Ich hoffe auf ein Team, das gewillt ist, nach der derben Heimpleite gegen die Pfälzer, eine Trotzreaktion zu zeigen und bis zum Umfallen kämpft. Nur so werden wir eine Chance haben, dort zu bestehen. Die Kölner werden durch ihre Heimserie vor Selbstvertrauen nur so strotzen und angeführt von einem in den letzten Wochen und Monaten überragenden Podolski darauf brennen, letzte Zweifel an ihrem Klassenerhalt zu zerstreuen. Für uns ist es die Chance, die Kölner noch ein wenig mit unten rein zu ziehen. Sollten wir morgen nicht gewinnen, ist meine Hoffnung auf einen Nichtabstiegsplatz wohl auf dem Nullpunkt. Ich glaube zwar nicht unbedingt daran, dass Gladbach und St. Pauli (oder folgt da jetzt eine Trotzreaktion nach Stanis angekündigtem Abschied?) noch an uns vorbei ziehen, mehr als der Relegationsplatz dürfte dann aber kaum drin sein, wenn man sich das Restprogramm von uns undvon Wolfsburg anschaut. Dann liefe es womöglich vier Jahre nach dem Sieg in Bochum, der das Tor zur Meisterschaft entscheidend weit aufstieß, an gleicher Stätte auf ein Relegationsspiel um die Existenz hinaus. Ironie des Schicksals!
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15. Februar 2011
Es ist mittlerweile 5 nach 12!
Nach dem Debakel gegen Nürnberg gilt es jetzt, alle Kräfte zu bündeln und Wiedergutmachung zu betreiben. Es kann einfach nicht sein, dass eine Mannschaft sich dermaßen leb- und emotionslos, ohne Biss und ohne Konzentration, ohne Kampf- und Laufbereitschaft, präsentiert wie am letzten Samstag. Dem Verein und den Fans sind es die Millionarios schuldig, alles aus sich herauszuholen und alles dem gemeinsamen Erfolg unterzuordnen. Wenn der von Bruno Labbadia eingeführte 8-Stundentag nicht ausreicht, um das Bewusstsein zu schärfen, muss eben ein 10- oder 12-Stundentag her. Dieser könnte in etwa so aussehen.
8 Uhr: gemeinsames Frühstück
9 Uhr: Taktik- und Mentalschulung
10-12 Uhr Training
12.30 Uhr gemeinsames Mittagessen
13.15 Uhr Besuch eines beliebigen Unternehmens, um einen Blick in die normale Welt zu erhaschen.
16 Uhr bis 18 Uhr Training
Danach Talkrunde mit den Trainingsgästen, um zu erfahren, wie sehr die derzeitige Situation den Menschen an die Nieren geht und was die Fans an Geld- und Zeitaufwand auf sich nehmen, um so einen Dreck wie gegen Nürnberg vorgesetzt zu bekommen.
Dazu könnte den einen Tag ein Mentaltrainer versuchen die Blockaden zu lösen, an einem anderen könnten Zeitzeugen zu Wort kommen, die den Abstieg 1975 hautnah erlebt hatten und über die Wirkung dieses Desasters auf eine ganze Region dozieren könnten.
Mir würde noch einiges mehr einfallen. Egal was sie gedenken zu tun, bitte nicht alles einfach so dahin plätschern lassen und meinen, es würde sich von selbst alles zum besseren wenden. Diese Mannschaft braucht Anführer, die die Richtung vorgeben und zwar von außen. Innerhalb der Mannschaft ist keiner der das Heft in die Hand nehmen kann, das wurde uns am Samstag deutlich vor Augen geführt.
Aufgrund einer völlig verfehlten Personalpolitik in den letzten Jahren mit verschiedensten Trainertypen, die verschiedenste Spieler wollten, haben wir mittlerweile ein Sammelsurium an Durchschnittskickern, man könnte auch sagen Egoisten, die weder menschlich noch sportlich zusammen passen oder miteinander harmonieren. Für den Trainer ist es die große Kunst, aus diesem Geflecht ein, den Umständen entsprechendes, einigermaßen funktionierendes Gebilde zu schaffen, nämlich eine Mannschaft, die miteinander und nicht gegeneinander spielt und für eine gemeinsame Sache, nämlich den Klassenerhalt mit dem VfB, eintritt. Da aus dem Kreis der Spieler kaum einer heraus sticht, der unentbehrlich wäre, mir fällt eigentlich zur Zeit nur Christian Träsch ein, lagen meine größten Hoffnungen auf Besserung in dieser Saison während der Transferperioden.
Im Sommer wurde, wie in den letzten Jahren, egal ob die Manager Heldt oder Bobic heißen, gezaudert bis zum Schluss, um schließlich irgendwelche Auslaufmodelle oder Invaliden an den Neckar zu lotsen. Nach den Auftritten im Juli und August gegen Fußballgiganten wie Molde, Babelsberg und Bratislava und jeweils mühsamem Weiterkommen, dachte ich, es wäre Warnung genug, dass im Kader noch einmal nachgebessert werden muss. Jedoch, anstatt sich mit dem HSV zu einigen und Petric für etwa 8 Millionen zu verpflichten, einen Spieler, der nachweislich den Unterschied in einer Mannschaft ausmachen kann, zaudert man erneut und legt dem HSV ein inakzeptables Angebot vor, so dass sich diese verarscht fühlen und nicht einmal in die Verhandlungen einzusteigen bereit sind. Hier wurde schon eine große Chance vertan, die Saison in bessere Bahnen zu lenken. Christian Gross, der ständig gemahnt hatte, wegen des Stadionumbaus würde zu wenig in die Mannschaft investiert, sah sich bestätigt. Ich denke, das dürfte der letzte Auslöser gewesen sein, weshalb Gross die Lust verlor. Er wollte eben nicht sehenden Auges in den Abgrund stürzen.
Dann nahm die Saison den Lauf, den man erwarten musste. Gross musste gehen, es wurde keinen Deut besser. Keller kam und ging. Labbadia kam und unterlag zum Auftakt haushoch gegen die Bayern. Das Ergebnis fiel wohl nur nicht zweistellig aus, weil die Bayern irgendwann die Lust aufs Toreschiessen verloren. Es folgten Fanproteste vor der Haupttribüne wie fast vor Jahresfrist. Erwin Staudt, ja, den gibt’s auch noch, verkündetete, in der Winterpause werde alles getan, um den VfB wieder in ruhigere Fahrwasser zu bringen und auch personell nachgebessert.
Also, begründeten sich meine Hoffnungen erneut auf die Wechselperiode. Ich konnte den 1.1.11 kaum erwarten, so gespannt war ich, wer denn da in der Warteschlange alles stehen würde. Zeit genug hatten die Oberen ja, war es doch schon lang klar, dass der Kader in der Zusammenstellung nicht passt und zu schwach ist.
Unsere Abwehr, ein Hühnerhaufen sonders gleichen. Ich persönlich hätte mich sogar auch mit einem erfahrenen Torwart anfreunden können, da ich es Sven Ulreich mittlerweile nicht mehr zutraue in dieser schwierigen Situation ein sicherer Rückhalt zu sein. Dazu ist unsere komplette Innenverteidigung austauschbar derzeit. Delpierre und Tasci stellten sich am Samstag auch an, als hätten sie noch nie miteinander gespielt. Es fehlt an der Klasse, am blinden Verständnis, am Antizipieren von Situationen, an Konzentration, an Technik etc. Aber auch Niedermeier und Boulahrouz bekleckerten sich bei ihren Einsätzen nicht mit Ruhm. Also hätte ich mir einen gestandenen Innenverteidiger vorstellen können, von mir aus aus der 2. Liga. Als Manndecker sind die Aufgaben im Spiel begrenzt und mit ein bisschen Hirn, sprich Spielintelligenz und Konzentration, kann man schnell in die Aufgabe hineinwachsen, auch wenn man aus der unteren Etage kommt.
Im defensiven Mittelfeld hat sich Bah leider im Trainingslager verletzt, der offensichtlich für einen Stammplatz vorgesehen gewesen wäre. So hätte ich mir dafür auch einen kompromisslosen Abräumer Marke Van Bommel, Jones oder Bajramovic (in seinen besseren Zeiten) gewünscht neben Träsch. Kuzmanovic fällt mehr durch sinnloses Armheben als durch durchdachte Aktionen auf dem Platz auf, ist zu langsam und lässt sich allzu leicht überspielen.
Gentner scheint zwar eine Stammplatzgarantie zu besitzen, überzeugte bislang aber auch noch nicht. Er ist offensichtlich der Typ Spieler, der in einer funktionierenden Mannschaft glänzen kann, in der derzeitigen Situation leider aber auch nur ein Mitläufer.
Auf den Außenbahnen hätten wir meiner Meinung nach auch noch jemand schnelles, trickreiches gebrauchen können. Dass es Camoranesi nicht war, hat die sportliche Leitung erkannt und ihn wieder ziehen lassen.
Stattdessen wurden Okazaki und Hajnal geholt. Ob sie uns noch entscheidend weiterhelfen wird sich noch zeigen. Im Fall des Japaners zeichnet sich ja eine Hängepartie wegen der Spielberechtigung ab, auf deren Ausgang ich sehr gespannt bin. Glaubt man den Ausführungen des abgebenden Vereins, hat der VfB Anfängerfehler gemacht und damit gegen die FIFA-Statuten verstoßen.
Nicht nur deshalb halte ich Fredi Bobic auf dem Posten des Managers mittlerweile für eine Fehlbesetzung. Anfangs fand ich es gut, als er kam, weil ich ihn mochte, schon als Spieler. Weil er einer ist, dem der VfB am Herzen liegt wie ich dachte. Weil er seine Meinung auch gegen Widerstände verteidigt, wie ich dachte. Weil er somit auch unserer selbstherrlichen Vereinsführung die Stirn bieten könnte, wie ich dachte. Leider hat sich nichts von alledem erfüllt. Bobic ist wieder einmal nur einer, der vor den Karren der Vereinsführung gespannt wurde und Öffentlichkeitsarbeit betreiben darf. Die Geschicke des Vereins werden weiterhin maßgeblich von Hundt und Ruf gelenkt, so dass für die Selbstverwirklichung eines Managers nach wie vor kein Raum bleibt.
Ich wiederhole mich hier sicherlich: bei der Managerauswahl hätte Christian Gross mit eingebunden werden müssen und die Auswahl auf jemanden fallen müssen, mit dem Gross konnte. Bobic erweckte von Beginn an den Eindruck, nicht sonderlich große Stücke auf Christian Gross zu halten und schmiss ihn bei der nächst besten Gelegenheit raus. Über Gross kann von seiten des Vereins noch so viel schmutzige Wäsche gewaschen werden. Ich bin noch immer überzeugt davon, dass er, wenn er die notwendigen Rahmenbedingungen bekommen hätte, beim VfB ähnlich erfolgreich gewesen wäre wie mit dem FC Basel. Für mich der beste VfB-Trainer seit Jahren. Es kann nicht angehen, dass sich einzelne Spieler beim Manager oder Präsidenten über den Trainer ausweinen können und dort sogar noch Gehör finden. Dass ein Trainer streng ist, dass ein Trainer nicht ständig mit jedem redet und jeden verhätschelt, liegt im Naturell eines Individuums. Der Trainer, der unseren Herren Profis genehm ist, muss sicher erst noch gebacken werden.
Summa summarum hat Bobic für mich als Manager versagt, in Sachen Trainerentlassung und –auswahl und in Sachen Transferpolitik sowieso. Er scheint ähnlich plan- und konzeptlos zu sein wie unsere Vereinsführung schon seit Jahren.
Es müssen Veränderungen im Verein her auf allen Ebenen. Nachdem er jahrelang ein Feindbild für mich war, würde ich mittlerweile freuen, wenn z. B. ein Ralf Rangnick für den Verein gewonnen werden könnte, als Sportdirektor oder Trainer sei dahin gestellt, der dem Verein wieder ein Konzept gibt, vom Jugendbereich, über unsere Zweite bis zur (noch) Bundesligamannschaft. Noch wäre er zu haben und wäre u. U. auch dazu bereit, schon alleine wegen der Nähe zu seiner Heimat Backnang. Natürlich müssten unsere Oberen hier Kompetenzen abtreten und ihm den Personenstab zur Seite stellen, den er meint, für einen vernünftigen Aufbau zu benötigen. Voraussetzung ist natürlich, dass Rangnick dem VfB inzwischen verziehen hat, wie er seinerzeit vom Hof gejagt wurde und, dass der VfB ausnahmsweise einmal nicht zu spät dran ist.
Nach dem Spiel gegen den Club fällt es mir schwer, noch an den Verbleib in der Liga zu glauben. Dennoch werden wir weiterhin alles für den VfB geben und ihn unterstützen, auswärts und daheim. Es muss in die Köpfe der Spieler, welche Katastrophe sie anrichten, wenn sie die Dinge weiter so geschehen lassen wie bisher. Ich denke, sechs Siege sollten mindestens her, um sicher nicht abzusteigen. Möge die Mannschaft gegen Leverkusen damit beginnen.
Für das Spiel in Lissabon erhoffe ich mir ein Team, das sich nicht blamiert. Dass das Hauptaugenmerk auf dem Nichtabstieg liegt, ist logisch. Trotzdem fahren etwa 1.200 Fans mit, mich eingeschlossen, die es verdient haben, für die Unterstützung eine Gegenleistung zu bekommen. Sollte irgendjemand in der Vereinsführung oder im Trainerstab vorhaben, den Kick abzuschenken, dann soll er lieber gleich die Fans auszahlen und sie bitten, lieber daheim zu bleiben. Das wäre immer noch ehrlicher als die Aussagen von Armin Veh damals in Sevilla: „wärd Ihr halt daheim geblieben“.
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16. November 2010
Der VfB ist und bleibt ein Rätsel. Nach dem 6:0 gegen Bremen versuchte der VfB mit der gleichen Startaufstellung auch in Kaiserslautern sein Glück. Und, es schien gerade so weiter zu gehen. Als kurz nach der Pause Christian Gentner per Foulelfmeter das 0:3 markierte, waren die Pfälzer mausetot und niemand setzte auch nur noch einen Pfifferling auf die Kurz-Truppe. Doch der VfB präsentierte sich einmal mehr in Geberlaune und musste am Ende noch froh sein, wenigstens einen Punkt heimgebracht zu haben.
Auf das Spiel in Kaiserslautern freute ich mich schon lang. Das Stadion und die Fans gehören einfach in die Bundesliga. Nach dem Abstieg 2006 fand sich Kaiserslautern ja zeitweise fast in der Regional- bzw. Dritten Liga wieder, ehe Stefan Kuntz als Vorstandsvorsitzender die Wende zum Besseren schaffte. Meine letzten beiden Spiele auf dem Betze waren 2006 bei der WM Italien-Australien, mit dem noch gut in Erinnerung bleibenden Skandal-Elfer in der 95. Minute, sowie in der 2. Liga beim Spiel gegen St. Pauli. Tags darauf spielte der VfB in Mannheim gegen Hoffenheim, so dass wir in der Pfalz übernachteten und die beiden Spiele verbanden. Schon in der 2. Liga herrschte Erstliga-Atmosphäre, 40.000 Zuschauer, die den 4:1-Sieg frenetisch feierten. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hoffte ich, dass die Lauterer bald einmal wieder aus der Bundesliga grüßen würden.
Karten bestellte ich dieses Mal nicht über den Fanclub sondern direkt beim 1. FCK. Im Gästebereich war ich schon allzu oft ganz oben gelandet und sah mehr vom Dachgestänge als vom Spiel. Dieses Mal wollte ich näher dabei sein und bestellte Karten auf der Gegengerade, mit der positiven Begleiterscheinung, keinen Fangzaun vor der Nase zu haben. In unserem Bereich im Stadion war gemischtes Publikum, sowohl VfB- als auch FCK-Fans. Teilweise auch Dauerkarteninhaber, die sichtlich angesäuert waren, ob der massig eingefallenen VfB-Invasion. Der VfB selbst hat ja 5.300 Gästekarten verkauft, rechnet man diese hinzu, die beim FCK als Käufer auftraten, waren es sicherlich 7.000 Schwaben. Dass es nicht zum Betze-Sturm gereicht hat und wir am Ende keinen Grund zum feiern haben, ja darüber können wir uns bei der Mannschaft beklagen.
Die Stimmung der Lauterer Fans war sehr gereizt. Sie ärgerten sich nicht nur über die vielen Schwaben in ihrer Nähe, auch über die eigene Mannschaft und die Aufstellung ihres Trainers, des gebürtigen Stuttgarters Marco Kurz. Schon zu Beginn war also Schwarzmalen angesagt und nach dem 0:1 und dem 0:2 fühlten sie diese schon früh bestätigt. Es war ganz geckig, die Gefühlsschwankungen dieser Fans hautnah mitzubekommen. Auf dem Betze wird eben Fußball gelebt, mit all den Freuden und auch dem Leiden, was bei einem Traditionsverein dazu gehört. Als Fan fand ich das ganz wohltuend, und weitaus emotionaler als noch vor 2 Wochen in Wolfsburg. Vor dem Spiel gab es dann noch eine schöne Choreographie der Lauterer Fans zu Ehren des verstorbenen Ehrenspielführers Fritz Walter, dessen Name das Stadion auf dem Betzenberg seit exakt 25 Jahren trägt.
Nach wie vor bin ich von Jens Keller nicht überzeugt. Zu tief sitzt noch immer die Verärgerung, zu der er mit seiner ersten Pressekonferenz als Cheftrainer Anlass gab. Auch wenn immer mehr Details über Christian Gross` Arbeit und sein Zerwürfnis mit den meisten im Verein ans Tageslicht kommen und ein leichter Aufwärtstrend zu erkennen ist, bin ich noch immer der Meinung, Christian Gross hätte die Wende (auch?) geschafft. Allerdings nicht unter diesen Voraussetzungen. Möchte man einen Trainer, der nachweislich Ahnung vom Fußball hat und Erfolge nachzuweisen hat, nicht nur kurzfristige, sondern auch nachhaltig, muss man vertrauensvoll miteinander zusammen arbeiten und den Trainer Mosaiksteinchen zusammen fügen lassen, die er für nötig hält. Dass Gross nach der Bobic-Anstellung als Manager, mit dem er offensichtlich nicht gut kann und dem geplatzten Petric-Transfer resigniert hat, kann ich mir durchaus vorstellen und kann es ihm auch nicht verdenken.
Angeblich hat der VfB-Vorstand Christian Gross schon lange Zeit vor seiner Verpflichtung auf dem Radar gehabt und ihn beobachtet. Daher ist es mir noch immer unbegreiflich, dass beide Seiten zum Schluss so weit auseinander lagen. Wer einen Christian Gross holt, sollte wissen was er tut. Beim VfB wissen sie aber leider nicht, was sie tun.
Dass Gross nicht mit jungen Leuten zurecht kommt und sie daher allesamt fort geschickt hat und auch statt Ulreich lieber einen gestandenen Keeper gehabt hätte, ist jedenfalls nicht darauf zurückzuführen, dass es Gross mit jungen entwicklungsfähigen Profis nicht kann. Es liegt viel mehr an der Qualität dieser Jungs, von denen Gross nicht überzeugt war. Ein Gegenbeispiel ist doch Timo Gebhart, der auch ein junger, längst nicht fertiger, Spieler ist, den Gross gefördert hatte bis zum geht nicht mehr. In Basel hat Gross Spieler wie Rakitic, Petric, Derdiyok, Streller und viele andere mehr an den Profifußball heran und in die weite Welt hinaus geführt. Der Vorstand hätte Gross vertrauen und seine Einschätzungen ernst nehmen müssen. Jetzt werden ihm auch noch der Abgang von Rudy und die Ausleihe von Schieber in die Schuhe geschoben. Der VfB tut gerade so, als wären vor Rudy keine Talente gegangen, weil ihnen der Weg nach oben durch teure Söldner verbaut wurde.
Auch die Mär, die leider auch von der schreibenden Zunft sehr unterstützt wird, Jens Keller hätte, im Gegensatz zu Gross, Christian Träsch wieder ins Mittelfeld beordert, ist Quatsch. In der letzten Saison spielte Träsch ausschließlich im defensiven Mittelfeld und auch Gross war nicht verborgen geblieben, dass er dort am wertvollsten ist. Die Maßnahme, ihn als Außenverteidiger zurückzuziehen, war aus der Not geboren. Degen krank, Celozzi verletzt, Boulahrouz, verletzt und formschwach. Tasci, der die Rolle auch schon ausgefüllt hatte, musste, wenn er fit war, als Innenverteidiger ran, da Delpierre lange ausfiel und Niedermeier teils unterirdisch auftragt. Auch hier war Boulahrouz keine wirkliche Alternative. Patrick Funks Defizite in puncto Schnelligkeit traten in Kaiserslautern deutlich zu tage. So blieb Gross fast nichts anderes übrig, als Träsch als Außenverteidiger aufzubieten. Dazu kommt, dass, hätte er Träsch neben Kuzmanovic oder Gentner im defensiven Mittelfeld spielen lassen, ein hochbezahlter Akteur auf der Bank hätte Platz nehmen müssen, da beide nicht gerade für die Außenbahnen prädestiniert sind. So war es eine Frage der Zeit, bis Celozzi oder Degen zurückgekommen wären und Träsch wäre zurück ins Mittelfeld versetzt worden. Von VfB-Seite her wird mir da zu viel schmutzige Wäsche gewaschen, teilweise sogar noch von den Spielern, die sich am ehesten schämen sollten.
Dass Träsch jetzt wieder im Mittelfeld fungiert, tut unserem Spiel gut. Es ist deutlich mehr Zug drin. Er harmoniert auch besser mit Christian Gentner, als Gentner es mit Kuzmanovic tat, der leider gerade verletzt ist, es aber schwer haben wird, zurück in die Stammformation zu kommen. Die Zentrale scheint erstmal besetzt zu sein, auf den Außen tummeln sich hoffentlich bald auch wieder Didavi und Audel, dazu haben wir Gebhart und Camoranesi, da dürfte dann weder für einen Gentner noch für einen Kuzmanovic Platz sein.
Eine gute Maßnahme von Keller finde ich jedoch, Boka im linken Mittelfeld zu bringen. Sonst hieß es immer Boka oder Molinaro, jetzt spielen beide. Diese Maßnahme finde ich aus zweierlei Gründen gelungen: Erstens hat Boka seine Stärken sowieso mehr in der Offensive und ist hinten eher schludrig, zum anderen wäre er ein viel zu teurer Bankdrücker.
Sonst hat sich mit Keller ja nicht grundlegend viel geändert. Die Bilanz liest sich zwar nicht schlecht bis hier hin, wir sind aber längst noch nicht aus dem Schneider. Die Tabellensituation ist nach wie vor äußerst bedrohlich und mit 11 Punkten aus 12 Spielen die eines Abstiegskandidaten. Es ist wieder etwas mehr Bewegung drin und die Stürmer verbreiten wieder so etwas wie Torgefahr. Der Kader mag reichen, um in gesichertere Gefilden vordringen zu können, mehr als Bundesligadurchschnitt ist das aber auch nicht, was die Herren vom Vorstand uns mit den Einnahmen aus der Meisterschaft und zwei Championsleague-Teilnahmen zusammengekauft und auch verkauft bzw. verhökert haben.
In Kaiserslautern war es einmal mehr katastrophal mit ansehen zu müssen, wie die Mannschaft aufgrund kleinster Widrigkeiten auseinander gebrochen ist. Haarsträubende Stellungsfehler in der Defensive, die zu Gegentoren führten. Dazu ein Torwart, der einfach noch viel lernen muss. In Kaiserslautern merkte man den Fans die Vorfreude auf Ulreich in der Westkurve richtiggehend an. Sie versuchten von Beginn der 2. Halbzeit an, Ulreich nervös zu machen, was ihnen wohl auch gelang. Seine Präsenz bei Standards, seine Strafraumbeherrschung sind einfach noch immer nicht bundesligatauglich. Klar, wir waren jetzt zwei Jahre von Jens Lehmann verwöhnt. Stand er im Tor, musste man sich quasi bei keinem Eckball oder Freistoß aus dem Halbfeld fürchten. Er pflückte die Dinger runter und warf sich ins Getümmel. In mehr als 90% aller Fälle bekommt der Torwart den Freistoß, sollte es mal schief gehen. Dieser Mut fehlt Sven Ulreich noch. Ich war auch froh, dass man ihm die Chance geben wollte, zumal er mich in den Spielen, als er Lehmann vertrat, positiv überraschte. Spätestens ab dem Trainingslager setzte diesbezüglich bei mir ein Umdenken ein und ich hätte mir einen erfahreneren oder eben besseren Keeper für den VfB gewünscht oder zumindest, dass Ulreich seine Nerven in den Griff bekommt. Diesbezüglich habe ich öfter den Eindruck, dass er von zwei Möglichkeiten entweder überhastet die falsche trifft oder manchmal auch zu lange überlegt. Und das in Situationen, die ein Torhüter meiner Meinung nach intuitiv lösen können sollte. Die löchrige Abwehr jedoch macht es ihm auch nicht leicht, mehr Sicherheit zu bekommen und bringt ihn von einer Verlegenheit zur nächsten.
In Kaiserslautern nahm das Unheil seinen Lauf, als Keller Patrick Funk durch Khalid Boulahrouz ersetzte. Funk nach diesem Auftritt in Frage zu stellen, fand ich durchaus berechtigt, da alle bis dahin gefährlichen Lauterer Angriffe über seine Seite liefen und ihm gegen Rivic die Schnelligkeit fehlte. Dafür aber Boulahrouz einzuwechseln, gerade erst wieder von einer Verletzung genesen, dazu ein Unsicherheitsfaktor in den meisten Spielen, bei denen er auf dem Platz stand, verstand ich von Anfang nicht.
Dass dann eben dieser Boulahrouz mit Georg Niedermeier am 1:3 schuld war und sich Boula kurz danach mit Muskelfaserriss wieder verabschiedete, bestätigte mich in meinem anfänglichen Unverständnis über diese Maßnahme. Boulahrouz ist eben kein Außenverteidiger, der Druck erzeugen kann, was wichtig gewesen wäre, um selbst weiter Nadelstiche in der Offensive zu setzen. So war diese Einwechslung mit der Weckruf für die Lauterer, da es sich der VfB defensiv bequem machen wollte. Für Boula kam dann Degen erstmals nach Pfeifferschem Drüsenfieber zum Einsatz, er zeigte wenigstens gute Ansätze nach vorne.
Der Hauptgrund an der furiosen Aufholjagd der Roten Teufel lag darin, dass der VfB meinte, das Ergebnis verwalten zu können. Ein folgenreicher Trugschluss und nicht nachvollziehbar, da der VfB ja noch immer nach seiner Form und dem verloren gegangenen Selbstbewusstsein sucht. Unermüdlicher Antreiber der Lauterer war ausgerechnet Christian Tiffert, der sichtlich gereift wirkt und vor allem durch gute und scharf getretene Standards auffiel. Allerdings hätte er auch durch sein überhartes Einsteigen gegen Christian Träsch vom Platz fliegen können. Hätte der Schiedsrichter Babak Rafati in der ein oder anderen Situation energischer durchgegriffen und härtere persönliche Strafen verhängt, wäre das Unheil vielleicht auch ausgeblieben. So aber ließ sich der VfB den Schneid abkaufen und das Spiel wurde hektisch, was natürlich eher den Pfälzern zugute kam. Am Ende feierten die FCK-Fans und wir schlichen aus dem Stadion wie begossene Pudel.
Der Abmarsch aus dem Stadion und die Rückfahrt mit dem Bus zu unserem Auto verlief friedlich. Logisch, dass die ein oder andere spitze Bemerkung wegen des verspielten Vorsprungs kam, aber da muss man als VfB-Fan halt durch. Insgesamt war alles friedlich, wie man es in Kaiserslautern normalerweise auch gewohnt ist. Nach dem Spiel ist die Verbissenheit und Rivalität vergessen und man kann sich normal übers Spiel, unsere Vereine und die Bundesliga unterhalten. So muss es sein.
Für uns war natürlich der eine Punkt weder Fisch noch Fleich und am Ende eher demoralisierend als aufbauend. Nächsten Sonntag müssen wir gegen den 1. FC Köln ran, dem das Wasser auch bis zum Hals steht. Aufgrund des 0:4-Derby-Debakels zu Hause gegen Gladbach und der in dieser Woche stattfindenden Jahreshauptversammlung, bei der in der höchsten Führungsriege mit rollenden Köpfen gerechnet wird, werden wir auf einen Gegner treffen, der Flagge zeigen muss. Als Schlusslicht ist für Köln “verlieren verboten”, daher rechne ich mit einem Spiel der Kölner nach der alten Soldo-Weisheit “Safety First”, also einem Riegel, den es erst einmal zu überwinden gilt. Dazu müssen sie aber selbst versuchen, über Konter zum Erfolg zu kommen, ein Unentschieden würde ihnen auch nicht sehr weiter helfen. Mit Podolski und Novakovic haben sie zumindest in der Offensive Leute, auf die man aufpassen muss. Könnte ein gefährliches Spiel werden, bei dem ein frühes Tor natürlich hilfreich wäre. Aber, bitte auf der richtigen Seite, sonst kann es ein ganz ungemütlicher Nachmittag werden.
Nach dem Spiel fuhren wir dann direkt vom P&R-Platz Kaiserslautern-Ost nach Kandel ins Schalander, wo die Murgtalschwaben ihre Jahresfahrt mit dem Bus unterbrachen und wir viele Bekannte begrüßen konnten. Dort gab es dann reichhaltig und gut zu essen. Kleiner Wermutstropfen: Die Bierversorgung ließ etwas zu wünschen übrig. Die einzige Bedienung, die für die gut 40 „Mann“ im 1. Stock zuständig war, mühte sich nach Kräften. Der Durst nach dem an diesem Tag erlebten wäre aber größer gewesen, so dass dem Schalander einiges an Umsatz entging, was sie hätten machen können.
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18. Oktober 2010
Und der Linienrichter hebt die Fahne
Die Fernsehkameras müssen ausbleiben, als Florian Meyer und seine Assistenten, die Herren Glindemann und Frank, weit nach dem Schlusspfiff Asche auf ihr Haupt streuen. Jeder habe gesehen, dass man beim 2:2 des VfB auf Schalke eine folgenschwere Fehlentscheidung getroffen habe, erklärt das Schiedsrichtergespann im kleinen Kreis, es bleibe nichts anderes übrig, als sich zu entschuldigen. Fredi Bobic fällt es jedoch sichtbar schwer, sich damit zu begnügen. “Es bringt uns nichts mehr, wenn sich die Schiedsrichter ständig entschuldigen, das geht mir auf den Keks. Uns fehlen die Punkte”, faucht der Manager des VfB. Bereits zum dritten Mal in dieser Saison ist den Stuttgartern ein glasklares Tor aberkannt worden. In Nürnberg (1:2) zählte der Kopfballtreffer von Pavel Pogrebnjak nicht, gegen Eintracht Frankfurt (1:2) durfte Cacau nur kurz über den vermeintlichen Ausgleich in der Schlussminute jubeln – beide Male wegen eines angeblichen Foulspiels, das keines war.
Im Abseits soll nun Serdar Tasci vor dem Treffer von Cacau gestanden haben. Tat er aber nicht, was für den VfB erneut sehr bitter war, da es vor der Pause die 2:0-Führung bedeutet hätte. “Für so etwas brauche ich nicht einmal eine Zeitlupe, das habe ich in realer Geschwindigkeit erkannt, dass das nie und nimmer abseits war”, sagt Bobic. In allen drei Fällen waren es die Linienrichter, die verhängnisvollerweise ins Spiel eingriffen. Sönke Glindemann hieß auf Schalke der Mann, der an der Seitenlinie stand – und der auch in der zweiten Hälfte seine Fahne hob, als Christoph Metzelder im Luftkampf mit Tasci “wie vom Blitz getroffen” (Bobic) zu Boden ging. Elfmeter, so signalisierte er seinem Chef, “obwohl Metzelder klar im Abseits stand”, wie Bobic meint.
“Wir werden permanent benachteiligt”
Die Schlussfolgerung des VfB-Managers: “Der Linienrichter hat versucht, uns das Genick zu brechen.” Eine derartige Häufung solch spielentscheidender Fehler seitens der Schiedsrichter, die den VfB bis zu sechs Punkte gekostet haben, will Bobic in seiner Karriere noch nie erlebt haben. “Das ist ja Wahnsinn, so langsam habe ich den Eindruck, die Assistenten leiten das Spiel”, sagt er und will künftig nicht mehr tatenlos zuschauen. Er wolle zwar keinen ganz großen Aufschrei, “aber ich will den Finger immer wieder in die Wunde legen. Denn es ist nun einmal eine Tatsache, dass wir permanent benachteiligt werden.” Gezielte Nadelstiche in Richtung der Schiedsrichter will Bobic setzen, auf dass sie in Zukunft im Zweifel für den VfB entscheiden.
Und es dürfte ihn bestärken, dass sich auch der Schalker Trainer Felix Magath vor dem Spiel gegen seinen Exclub öffentlich vehement über die Schiedsrichter beschwert hatte – und sich prompt über eine aus seiner Sicht sehr wohlwollende Regelauslegung freuen durfte. Eine andere Idee von Fredi Bobic, grobe Schiedsrichterfehler künftig zu vermeiden, dürfte hingegen schwer umsetzbar sein: “Vielleicht stellen wir ja einen Antrag, künftig ohne Linienrichter zu spielen.”
(STZ 18.10.2010)
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29. Juli 2010
Nachmittags trafen wir uns alle am Hotel Hirschen, wo inzwischen der Rest unseres Stammtisches eingetroffen war. Das Hallo war natürlich riesig, lag das letzte Bundesligaspiel doch schon etwa zwei Monate zurück. Da man mit der beim Einchecken erhaltenen Kurkarte kostenlos Bahn fahren kann, entschloss sich die Gruppe, den Weg nach Waldshut-Tiengen mit dem Zug zurück zu legen. Ich war aufgrund der großen Hitze lange am überlegen, ob ich nicht doch lieber aufs klimatisierte Auto zurückgreife. Der Gemeinschaft wegen gaben wir uns dann aber doch einen Ruck und stiegen ins selbe Boot ein. Wir parkten unser Auto direkt am Bahnhof, um abends schneller weg kommen zu können und trafen uns mit den anderen am Bahnhof.
Einen ersten Schreckmoment bereitete uns Anita, die kopfüber die Treppe zur Bahnhofsunterführung hinunter stürzte und den Donaueschinger Boden küsste. Gott sei Dank ging der Sturz glimpflich aus und sie zog sich lediglich eine Knieprellung zu, hatte aber natürlich für den Rest des Tages mit den Schmerzen zu kämpfen.
Auf der Bahnfahrt selbst folge dann die nächste Überraschung: unsere Kurkarte ist nur für die Region Südschwarzwald gültig, wozu zwar Waldshut-Tiengen, nicht aber unser erstes Ziel Singen, wo wir umsteigen mußten, zählt. Daher mußten wir im Zug noch Baden-Württemberg-Tickets lösen. Obwohl wir 16 Leute waren und jedes Ticket für fünf Personen gültig ist, lösten wir nur drei dieser Tickets, in der Hoffnung, dass die Bahnbediensteten nicht bis 16 zählen können, was sich dann auch als richtig erwies.
Schließlich erreichten wir den Bahnhof von Tiengen relativ pünktlich und pilgerten gemütlich ca. einen Kilometer bis zum Stadion oder besser Sportplatz. Carle und Ule unterdessen fuhren weiter bis Waldshut, wo wir in einem Sportgeschäft Karten hinterlegen ließen. Die Reservierung lag zwar dort vor, leider haben sie aber dennoch unsere Karten herausgeben, so dass erstens der Weg dorthin umsonst war und zweitens wir auf einmal ohne Tickets da standen. Den Weg hätten sich die beiden also sparen können. So rief die Dame aus dem Sportgeschäft einen Ordner auf dem Stadiongelände an, der uns die Tickets, natürlich zum günstigeren Vorverkaufspreis, besorgte und am Stadion aushändigte.
Unser erster Weg führte uns nach langer Anreise bei drückend schwüler Hitze in den Biergarten der Stadiongaststätte. Bald darauf trafen hier auch Klenky und unser neuer Fanbetreuer Christian Schmidt ein. In gemütlicher Runde aßen wir dort hervorragend und tranken endlich ein kühles Bier.
Trotz des gemütlichen Beisammenseins und dem immer besser schmeckenden Bier gingen wir pünktlich herrüber zum Stadion, um uns einen guten Platz zu suchen und abzuchecken, wo wir die Fahne positionieren können. 2.300 Zuschauer fanden sich zu dem Kick ein, darunter auch einige hartgesottene Grasshoppers-Fan, die sogar einen “abgesperrten” Fanblock erhielten, durch den wir aber durchspazieren konnten. Darin war sicherlich Potential für Ärger vorhanden, ihresgleichen suchten sie im Stadion am Langenstein aber vergebens.
Für die Schweizer war dieses Spiel schon eine Art Generalprobe für den Saisonauftakt, für den VfB ein Test inmitten eines intensiven Trainingslagers. Beim VfB fehlten noch sämtliche WM-Fahrer sowie der verletzte Kapitän Delpierre und der angeschlagene Christian Träsch. Durch diese Umstände erwarteten wir natürlich kein Feuerwerk vom VfB.
Das Spiel begann recht flott mit Chancen auf beiden Seiten. Sven Ulreich stand öfter im Brennpunkt, als ihm vielleicht lieb war. Er machte seine Sache aber recht gut und vereitelte einige Chancen von auf ihn zustürmenden Grasshoppers.
Auch der VfB hatte die ein oder andere Chance, die beste vergab Martin Harnik nach knapp einer halben Stunde. Besser machte es Pavel Pogrebnjak, der in der 36. Minute nach einer Ecke per Hacke die Führung erzielte. Diese hat bis zur Pause Bestand.
Ein Eklat erfolgte dann in der Halbzeitpause. Durch die große Hitze und dem nicht vorhandenen erfrischenden Wind war der Flüssigkeitsverlust nicht nur bei den Spielern sondern auch bei den anwesenden Schlachtenbummlern groß. Das erfrischende Nass vor Augen erfolgte aber zum Unmut der Anwesenden nicht die unverzügliche Verteilung, stattdessen wurde erst einmal diskutiert. Leute, so können wir nicht arbeiten!
Als die Wechsel von Schwarz und Walch (61.) anstanden und durch die Umstellungen kurzzeitig Unordnung im VfB-Spiel aufkam, drehten die Grasshoppers das Spiel. Das Team vom Ex-Lauterer Sforza ging durch Tore in 60. und 63. Minute plötzlich mit 2:1 in Führung. Danach merkte man dem VfB an, dass er diesen Kick nicht verlieren wollte. Gerade auch Ex-Trainer Gross, auch wenn sein Engagement bei den Grasshoppers schon viele Jahre zurück liegt, wollte sich diese Schmach ersparen. So drückte der VfB trotz der schweren Beine noch einmal aufs Tempo und kam durch Didavi nach 71 Minuten zum verdienten Ausgleich.
Bei uns war die Stimmung wie fast immer sehr gut. Der Biernachschub war inzwischen gut organisiert und das Spiel plätscherte dem Ende entgegen. So viel Flüssigkeit, wie wir an diesem Tag verloren, konnten wir nur schwer wieder aufnehmen, wir taten aber unser bestes.
Am Ende erreichte der VfB einen Achtungserfolg. 2:2 mit den intensiven Trainingseinheiten in den Knochen gegen ein Spitzenteam der Schweizer Liga, deren Start unmittelbar bevor steht. Mir jedenfalls war da nicht zu meckern zumute.
Bereits kurz nach dem Abpfiff begaben wir uns auf den Rückweg zum Bahnhof, da wir den Zug unter keinen Umständen verpassen durften. Auch auf dem Rückweg hatten wir das Glück, dass die Schaffner sich nicht die Mühe machten, unsere Gruppe abzuzählen. In Singen hatten wir dann noch etwa eine halbe Stunde Aufenthalt. Die Schnaken dort freuten sich schon auf uns, so verstochen wurde ich schon lange nicht mehr. Bis heute sind diese Andenken an meinen Beinen gut sichtbar. Spätestens an dieser Stelle fragte ich mich, ob es nicht doch besser gewesen wäre, mit dem Auto zu fahren…
Den Abend ausklingen ließen wir dann noch im Irish Pub in Donaueschingen, einem der wenigen Lokale, wo wir auch nach 23 Uhr noch zu trinken bekamen.
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