11. April 2016
Es spricht für die Bayern und unterstreicht, wie sehr sich der Rekordmeister seit der Saison 2006/2007 von der Konkurrenz und insbesondere vom VfB entfernt hat, wenn fast jeder Gegner schon vor dem Spiel in die Knie geht und sein vorrangiges Ziel darin besteht, keine Klatsche zu kassieren und mit erhobenem Kopf aus der Partie zu kommen.
Das ist dem VfB gelungen. Wieder einmal hagelte es Lob von allen Seiten, weil die Mannschaft nicht auseinandergefallen war und „nur“ 1:3 verloren hat. Dass die Bayern die Aufgabe zwischen zwei Championsleague-Viertelfinals nicht mit der allerbesten Elf angingen und diese auch noch nahezu mühelos im Schongang erledigte, wird bei der Bewertung dieses Auftritts kurzerhand unter den Tisch fallen gelassen.
Im Vorfeld der Partie war ich schon fast dazu geneigt, die Stimmen zum Spiel bereits vorab zu schreiben, weil sie sich ohnehin wiederholen, wenn es gegen die Bayern geht.
Das letzte Mal, dass nach einer Niederlage gegen die Bayern ein VfBler so richtig angefressen vor die Mikrophone trat, muss zu Zeiten von Mario Gomez, Sami Khedira und Thomas Hitzlsperger gewesen sein. In den letzten Jahren aber wurde es zur Gewohnheit, dass man schon damit zufrieden war, wenn man einigermaßen nett mitspielte und nicht abgeschossen wurde. Wenn so die Maßgaben vor den Spielen lauten, wundert mich überhaupt nichts mehr. Ich dachte immer, man betreibe Leistungssport, um möglichst erfolgreich zu sein, was im Fußball bedeutet, zu punkten, und nicht, um sich für eine B-Note, die es im Fußball nicht gibt, anschließend selbst zu beweihräuchern.
Selbstredend bin ich kein Phantast und habe von dieser Truppe auch null Komma nix gegen die Bayern erwartet. Deren Dominanz ist mir bekannt und wie schwierig es ist, gegen sie zu punkten, ebenfalls.
Jedoch, wer Big-Points wie gegen Hannover, in Ingolstadt, gegen verunsicherte Leverkusener oder jüngst in Darmstadt fahrlässig liegenlässt, muss mit der Absicht ins Spiel gehen, sich diese verlorenen Punkte zurückzuholen, auch wenn der Gegner Bayern München heißt.
Seit der Siegesserie zu Beginn der Rückrunde wähnte sich der VfB bereits wieder in der Komfortzone der Liga, was unsere verwöhnten Diven schnell zum Anlass nahmen, einen Gang herunterzuschalten, anstatt gierig auf weitere Erfolgserlebnisse zu sein. Dadurch geriet man schleichend in die Abwärtsspirale, wobei es jetzt schwer ist, den Schalter nochmal umzulegen.
Auch wenn die Leistung am Samstag noch so diszipliniert und respektabel war, ich habe am Ende weder Beifall geklatscht, noch war ich zufrieden. Wie kann ich als VfB-Fan, der seit den 70er-Jahren unzählige Südklassiker mit einigen wenigen, dafür umso schöneren, VfB-Siegen erlebt hat, jetzt damit zufrieden sein, dass die zwölfte (!) Bundesliganiederlage gegen die Bayern am Stück nicht ganz so deftig ausgefallen ist? Früher war das Süd-Derby ein Spiel, dem man Wochen vorher schon entgegengefiebert hatte und das stets mit offenem Visier ausgetragen wurde. 5:3 lautete in München schon fast das Standardergebnis und doch waren es stets enge und begeisternde Spiele, in denen der VfB meist nicht schlechter, sondern eben unglücklicher war. Mittlerweile ist das Spiel gegen die Bayern, weil die Kräfteverhältnisse so ungleich verteilt sind, lästige Pflichtaufgabe, ich bin jedes Mal nur froh, wenn es vorüber ist.
Die Begegnungen VfB gegen Bayern in der Gegenwart haben den Charakter eines DFB-Pokal-Spiels, wenn die Bayern bei einem ambitionierten Drittligisten antreten müssen. Auch dieser versucht zunächst den Mannschaftsbus vor dem eigenen Tor parken und hofft darauf, dass vorne der liebe Gott hilft. In etwa 99% aller Fälle wird sich dabei die Klasse des Favoriten durchsetzen, hin und wieder schafft es aber auch der Underdog.
Nach einer Woche voller Hiobsbotschaften mit dem (endlich offiziell) verkündeten Abgang von Daniel Didavi und dem Saisonaus von Serey Dié meldeten sich am Spieltag auch noch Alexandru Maxim, Martin Harnik und Kapitän Christian Gentner, jeweils wegen eines grippalen Infekts, krank, so dass der ohnehin ersatzgeschwächte VfB gegen die Bayern weiter improvisieren musste.
Nach Kevin Großkreutz‘ Ausfall bis zum Saisonende trifft uns auch der von Serey Dié bis ins Mark. Ausgerechnet unsere beiden Mentalitätsmonster, die mit ihrer Körpersprache, ihrem Einsatz und ihrer Einstellung ihre Mitspieler mitzureißen vermögen und für mich die wahren Kapitäne dieser Mannschaft sind, werden bis zum Saisonende nicht mehr mithelfen können, die Abstieg zu verhindern. Bei beiden stellt sich die Frage, weshalb man sie in Ingolstadt (Großkreutz) und in Darmstadt (Serey Dié) verletzt weiterspielen ließ und nicht sofort heruntergenommen hat. Sollten sich die Blessuren dadurch verschlimmert haben, wäre es ein zu hoher Preis, den wir für ihren Ausfall jetzt zu bezahlen haben.
Im restlichen Saisonverlauf müssen die anderen für uns die Kohlen aus dem Feuer holen, was mir mangels wirklichen Führungsspielern schon jetzt den Angstschweiß auf die Stirn treibt.
Weil Jürgen Kramny (oder ein Maulwurf?) unter der Woche recht redselig war, war bereits im Vorfeld bekannt, dass Kramny auf einen Fünfer-Abwehrriegel vor dem eigenen Tor setzen würde, der bei eigenen Angriffen in ein 3-4-3 münden sollte.
Daniel Didavi spielte erstmals in seiner Karriere auf der Doppelsechs, zusammen mit Lukas Rupp, so dass Kostic, Werner und Kravets die einzig wirklich offensiv denkenden Akteure auf VfB-Seite waren.
Schon vor dem Spiel kamen nostalgische Gefühle auf, denn, unsere Meisterspieler Timo Hildebrand und Sami Khedira, die es noch wissen, wie man die Bayern schlägt, gaben sich die Ehre. Dann folgte eine schöne Ganzkurvenchoreo für die Beibehaltung des e. V., so dass der äußere Rahmen perfekter nicht sein konnte.
Das Spiel entwickelte sich wie erwartet. Die Bayern kamen auf fast 80% Ballbesitz und spielten Einbahnstraßenfußball in Richtung VfB-Tor, verfingen sich aber immer wieder im engmaschigen Abwehrnetz der Schwaben. Nach Ballgewinn versuchte der VfB über Kostic und Werner schnell umzuschalten, oft fehlte jedoch die Unterstützung aus dem (dünn besetzten) Mittelfeld, zudem wirkt Kravets, auch wegen seiner unorthodoxen Ballbehandlung, noch immer wie ein Fremdkörper im VfB-Spiel.
Der VfB begann dabei konzentriert und diszipliniert und hatte sogar die erste echte Chance des Spiels, was zugleich die einzige VfB-Chance in der ersten Halbzeit bleiben sollte. Nach Kostic-Freistoß scheiterte Didavi denkbar knapp am stark reagierenden Manuel Neuer. Die Münchner schienen von der destruktiven Spielweise des VfB genervt zu sein, was sich vor allem in drei (!) üblen Fouls Arturo Vidals in den ersten gut 20 Minuten entlud.
Beim dritten Foul, das meiner Meinung nach zwingend gelb-rot zur Folge hätte haben müssen, ließ Schiedsrichter Dankert Gnade vor Recht ergehen und nutzte seinen Ermessungsspielraum voll aus. Dankert? Ach ja, genau der gleiche Dankert, der im Hinspiel zwei irreguläre Bayern-Tore anerkannte und dem VfB ein reguläres verweigerte. Großes Kino, DFB!
Zwischen zwei Championsleague-Spielen kann man den Bayern ja schon mal einen zwölften Mann zur Seite stellen, schließlich spielen die Bayern ja für Deutschland und für die 5-Jahres-Wertung, so wohl die Denke des DFB.
Würde in der Liga einheitlich gepfiffen, würde mich dieses sogenannte Fingerspitzengefühl auch nicht aufregen und ich würde es sogar goutieren, aber so hat man eben den Eindruck dieses gelte nur für die Großen, ein VfBler wäre mit Sicherheit, nach gleichem Foul und bereits verwarnt, vom Platz geflogen. Natürlich mache ich die Niederlage nicht an dieser Entscheidung statt, aber, wer weiß, gerade vor dem Championsleague-Spiel bei Benfica Lissabon hätten sich die Bayern zu zehnt vielleicht auch mit einem Punkt begnügt.
Guardiola reagierte umgehend und brachte in der 27. Minute Thomas Müller für Vidal, wodurch nicht nur das Platzverweis-Risiko gebannt war sondern die Bayern offensiv auch variabler wurden. Die Passmaschinerie näherte sich dem VfB-Tor unermüdlich und doch musste ein VfBler her, der schließlich ein Einsehen hatte. Der gebürtige Münchner und als Kapitän auflaufende Georg Niedermeier bugsierte eine Ribéry-Hereingabe so unglücklich aufs Tor, dass Przemyslaw Tytoń das Nachsehen hatte. Einmal Bayer, immer Bayer ist man geneigt zu sagen, wenngleich hinter ihm auch noch Lewandowski gelauert hatte.
Es war das sechste Eigentor des VfB in dieser Saison und damit Allzeitrekord in der Bundesliga-Historie! Glückwunsch, diesen Titel nimmt uns wohl keiner mehr! Ist diese Fülle an Eigentoren einfach nur Pech oder auch Unvermögen? Beides würde ich sagen, wenn man sich die Grobmotoriker in unserer Abwehr so anschaut!
Es war insgesamt ein Spiel mit wenigen Torchancen, weil der VfB durch die dichte Defensivstaffelung Pässe in die Gefahrenzone meist zu verhindern wusste.
Defensiv in Ordnung, aber, der Sinn des Fußballspielens besteht nun mal darin, selbst Tore zu erzielen. Diese Balance zwischen defensiver Stabilität und schnellem Aufrücken, um vorne Nadelstiche zu setzen, bekam der VfB das gesamte Spiel über kaum hin.
Die Bayern verwalteten nach der Führung das Ergebnis und wurden kurz nach dem Seitenwechsel dann doch recht freundlich zum 0:2 eingeladen. Šunjić ließ sich dabei von Alaba düpieren, wobei Tytoń bei dem nicht allzu stramm getretenen Schuss ins kurze Eck, nicht besonders gut aussah, wenngleich ihm wohl etwas die Sicht versperrt war.
Der VfB gab sich nicht auf und kam durch ein kurioses Tor im Sitzen durch Daniel Didavi wie aus dem Nichts zum Anschlusstreffer. Es war die zweite und auch letzte VfB-Chance in einem Spiel, in dem die Bayern relativ relaxed zum Sieg kamen. Didavi machte, nachdem es raus ist, einen gefestigteren Eindruck als zuletzt und kann für den VfB in dieser Form im weiteren Saisonverlauf noch sehr wertvoll sein.
Während die Bayern von der Bank noch Müller, Thiago und Douglas Costa brachten, wechselte Kramny lediglich Borys Tashchy ein. Jener Douglas Costa war es dann auch, der in der Nachspielzeit den Deckel drauf machte, wobei Tytoń, der kurz vorher noch glänzend einen Schuss von Thiago Alcântara an die Latte lenkte, wieder nicht gut aussah.
Wie die meisten seiner Kollegen hat auch Przemyslaw Tytoń in den letzten Wochen stark nachgelassen und bald sein „Niveau“ vom Beginn der Runde wieder erreicht. Es ist zwar nicht die Zeit, durch eine Torwartdiskussion ein neues Fass aufzumachen, aber, er wird sich steigern müssen, möchte er über die Sommerpause hinaus unsere Nummer 1 bleiben. Dass er es kann, hat er ja bereits bewiesen, weiß aber auch mit Mitch Langerak einen Mann hinter sich, der schon mit den Hufen scharrt.
Grund-Tenor nach diesem 1:3 war dieser, dass man ordentlich agiert hätte und eben alles zusammen passen hätte müssen, um den Bayern noch mehr weh zu tun und dass man den Klassenerhalt ja noch immer aus eigener Kraft schaffen könne, was natürlich richtig ist.
Natürlich kann man gegen die Bayern verlieren, man könnte aber auch einmal die Gunst der Stunde nutzen und es wenigstens versuchen, den Bayern (zwischen zwei Champions League Spielen) richtig wehzutun.
In einem für die Tabelle doch wichtigen Spiel und in das man geht, weil man es gewinnen möchte, ist eine Foulstatistik von 8:15 gegen wieselflinke Bayern verheerend und zeugt nicht von jener Galligkeit, mit der man einem auf dem Papier übermächtigen Gegner begegnen muss.
Auch die Passquote aus der Kicker-Statistik liest sich desaströs. Bei 210 gespielten Pässen sollen 86 Fehlpässe dabei gewesen sein, während sich die Bayern bei 802 Pässen gerade einmal 83 Fehlpässe leisteten. Dass die Bayern in diesen Statistiken phänomenale Werte erreichen ist ja bekannt.
Es verlangt auch kein Mensch, dass der VfB annähernd daran herankommt, und dennoch sind nur 59% angekommene Pässe einer Bundesligamannschaft nicht würdig. Da fragt man sich dann schon hinterher, was die eigentlich trainieren, wobei Passsicherheit im Grundrepertoire eines jeden Profifußballers fest verankert sein sollte. Auch daran lässt sich ein Qualitätsproblem festmachen, das in Robin Dutt Überlegungen aufkommen lassen sollte, ob es tatsächlich ratsam wäre, auch nur einen der im Sommer auslaufenden Verträge zu verlängern.
Weitestgehend agierte der VfB wie das Kaninchen vor der Schlange oder eben wie ein Drittligist im DFB-Pokal, womit ich mich, und wenn die Schere noch so weit auseinander gedriftet ist, im Leben nicht abfinden möchte.
Ich bin eher ein Verfechter des Agierens im Fußball und nicht des Verhinderns. Noch gut kann ich mich an die 90er-Jahre erinnern, als mich Teams wie Fortuna Düsseldorf (unter Aleksandar Ristic) und der MSV Duisburg (unter Friedhelm Funkel) mit ihrem destruktiven Fußball zur Weißglut trieben und ich ihnen nichts anderes als den baldigen Abstieg an den Hals wünschte, weil ihre Spielweise mit dem Fußballspiel, wie wir es lieben, so rein gar nichts zu tun hatte.
Daher hätte ich mir etwas mehr Mut gewünscht und einen Mittelweg zwischen der Hinspiel-Taktik von Zorniger, als man blind ins offene Messer rannte, und der vom Rückspiel, wo man sich trotz äußerst prekärer Tabellenlage mit einer nicht zu hoch ausgefallenen Niederlage gegen die Bayern zufrieden gibt und auch noch gegenseitig auf die Schultern klopft.
Gut, die Bayern sind nun Geschichte, richten wir das Augenmerk auf die nächsten Gegner, die da heißen FC Augsburg, Borussia Dortmund, Werder Bremen, FSV Mainz 05 und VfL Wolfsburg.
Was liegt noch drin für den VfB? Ich befürchte, nicht mehr viel. Allein dem Gesetz der Serie nach zu urteilen, verlieren wir in Augsburg. Gegen die Fuggerstädter setzte es zuletzt sechs Niederlagen in Folge und hatte gar drei Mal unmittelbar danach einen Trainerwechsel zur Folge. Ich hatte es vor Wochen bereits geschrieben, sollten sich die zu erwartenden Misserfolge einstellen, dass es mich nicht wundern würde, wenn wir noch einmal einen neuen Trainer auf dem Wasen begrüßen „dürften“.
Nach zuletzt nur einem Sieg aus den letzten acht Spielen und der Tatsache, dass wir ein doch sehr unbequemes Restprogramm vor der Brust haben, ist es mir derzeit viel zu ruhig an der Mercedesstraße. Wird die Lage verkannt, nur weil wir noch immer auf dem 12. Tabellenplatz stehen, also derzeit noch sechs Teams hinter uns lassen? Die Tabellensituation ist trügerisch und könnte sich bereits nächstes Wochenende weitaus dramatischer darstellen als noch heute. Verlören wir in Augsburg, Werder gewänne gegen auswärtsschwache Wolfsburger, Darmstadt schlüge bereits gerettete Ingolstädter und Hoffenheim setzte seinen Aufwärtstrend gegen die Berliner Hertha fort, wäre es auf einen Schlag kuschelig eng im Tabellenkeller und der VfB stünde vor dem Spiel gegen den BVB auf einmal mächtig unter Zugzwang.
Kramny nimmt im Moment eher die Rolle des Mängelverwalters ein, anstatt dass er Dinge anschiebt und das Team weiterentwickelt. Zu durchschaubar seine Aufstellungen und die Ausrichtung der Mannschaft, zu ausrechenbar das Gebilde, kaum Konkurrenzkampf. Von den Jungen, die er einst bei den Amateuren hatte, kommt einzig und allein Borys Tashchy auf Einsatzzeiten, alle anderen sind außen vor, was auch darin begründet sein könnte, dass die Amateure ebenfalls jeden Punkt gegen den Abstieg benötigen.
Ein Federico Barba bekommt überhaupt keine Chance, sich zu beweisen, obwohl er bereits seit der Länderspielpause wieder einsatzbereit wäre und wohl kaum schlechter als Daniel Schwaab, Toni Sunjic oder Georg Niedermeier sein kann. Hier setzt Kramny für mich zu viel auf Altbewährtes oder besser Nichtbewährtes, anstatt auch mal etwas Neues zu probieren. Genauso plätschert momentan auch die Saison dahin.
Es sind nicht nur fehlende Ergebnisse, die uns derzeit um den Verstand bringen, das Auftreten der Mannschaft erinnert fatal an das in den letzten Jahren. Bequem bis zum Geht nicht mehr, kein Mumm, keine Spieler mit Führungsqualitäten, teilweise kollektives Versagen, um sich hinterher glückliche Punkte in Ingolstadt und Darmstadt schön zu trinken, ähm, zu reden.
Mir fällt momentan nicht viel ein, weshalb wir gerade in Augsburg einen anderen VfB erleben sollten. Ich hoffe, der VfB belehrt mich eines Besseren und tritt in Augsburg anders auf als zuletzt, damit es nicht zum Ende der Saison knüppeldick kommt und wir vor einem dritten Neuanfang im Laufe dieser Saison stehen.
Nach Augsburg kommt der BVB ins Neckarstadion, dem man das Weiterkommen in Liverpool nur wünschen kann. Stünden sie im Halbfinale der Europaleague wäre wohl eine Radikal-Rotation von Thomas Tuchel zu erwarten, so dass durchaus Chancen bestünden, wenigstens dann die Gunst der Stunde zu nutzen.
Danach geht es für den VfB nach Bremen, wo man zuletzt in der Meistersaison einen Sieg einfahren konnte. Eventuell haben die Bremer dann schon einen Feuerwehrmann an der Linie und hoffen auf den „Trainer-Effekt“, soll doch Viktor Skripniks Stuhl nach der Heimniederlage gegen den FCA bedenklich wackeln.
Nach den Hinspiel-Ergebnissen im Europapokal ist es nicht gerade wahrscheinlicher geworden, dass der VfB in Bremen doch noch Samstags ran darf. Real müsste gegen die Wölfe das 2:0 wettmachen, während der BVB an der Anfield Road gewinnen oder hoch unentschieden spielen müsste. Tritt einer der Fälle nicht ein, bleibt es beim Montagspiel, das für mich hauptsächlich deshalb eine bodenlose Frechheit darstellt, weil es aus heiterem Himmel kommt und der Rahmenterminkalender für diesen Spieltag Bundesligaspiele nur freitags und samstags aufgeführt hatte.
Bleibt es bei dem Montag-Abend-Spiel, wird es einen Boykott der Fanszene geben, an dem ich mich natürlich auch beteiligen werde. Dieser Boykott wurde zwischen Ultras und den OFC’s einstimmig beschlossen und es wurden „weitere Maßnahmen“ beschlossen, sollte es bei diesem Termin bleiben. Ich hoffe stark, dass sich diese Maßnahmen nicht auf das hochhalten von Bannern im Stadion beschränken, sondern dass es auch Aktionen geben wird, mit denen man den Haupt-Finanzier der Liga treffen kann. Erst wenn dieser durch den Verlust von Abonnenten zu spüren bekommt, dass der hiesige Fernsehmarkt mit dem englischen eben nicht vergleichbar ist, könnte ich mir eine leichte Abkehr der auf dem Tisch liegenden Pläne, den Spielplan weiter zu zerstückeln, vorstellen.
Der VfB würde also in einem möglicherweise vorentscheidenden Spiel um den Klassenerhalt ohne Unterstützung von den Rängen auskommen müssen, was, wie Dutt es formulierte, einem Wettbewerbsnachteil gleichkommen würde.
Auf der anderen Seite aber, so zerrüttet das Verhältnis zwischen Mannschaft und Fans derzeit ist (siehe die Reaktionen nach dem Darmstadt-Spiel), könnte die Mannschaft ganz befreit und ohne kritische Bruddler auf der Tribüne ihren Stiefel herunterspielen und sogar noch einen Vorteil aus dem Fanboykott ziehen.
Nach diesen drei Spielen sollte der VfB möglichst die entscheidenden Schritte zum Klassenerhalt getan haben. Zwar waren die Mainzer zu ähnlichen Zeitpunkten in früheren Jahren meist ein dankbarer Gegner für den VfB, in dieser Saison jedoch könnte es für sie noch um die Champions League Qualifikation gehen, so dass dem VfB vermutlich nichts geschenkt werden dürfte.
Und, zu guter Letzt, geht es noch zum VfL Wolfsburg, wo der VfB vor zehn Jahren letztmals einen Punkt errang, so dass ein erfolgreiches Finale, wie einst in Paderborn, in Wolfsburg sehr unwahrscheinlich sein dürfte.
Jedem Fan war es bei Erscheinen des Spielplans im Juli bereits klar, dass der VfB es unbedingt vermeiden sollte, es auf ein weiteres Herzschlagfinale ankommen zu lassen, nur der Mannschaft offensichtlich nicht, sie hat noch immer die Ruhe weg.
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16. Februar 2016
Ein rundum gelungenes und erfolgreiches Fußball-Wochenende liegt hinter mir.
Bereits am Freitag war ich bei meinen Freunden von St. Pauli zu Gast, als der große Aufstiegs-Favorit Rattenball Leipzig mit Ralf Rangnick auf der Bank mit 1:0 am Millerntor niedergerungen wurde. Dieser Sieg dürfte den Aufstieg der Leipziger zwar auch nicht verhindern, aber, es war trotzdem ein gutes Gefühl, dass ihnen ein wenig in die Suppe gespuckt wurde, auch wenn wir in erster Linie wegen der Atmosphäre im Stadion und der Stadt nach Hamburg reisten und der Gegner zweitrangig war.
Nach langer Nacht auf dem Kiez und kurzer Schlafpause ging es am Samstagmorgen bereits kurz nach 7 Uhr mit dem ICE zurück in Richtung Landeshauptstadt, um rechtzeitig zum Spiel unseres VfB gegen Hertha BSC im Neckarstadion zu sein.
Planmäßige Ankunft wäre 12.35 Uhr gewesen, doch schon vor Hannover zeichnete sich ab, dass dies reines Wunschdenken war. In Hannover hatten wir bereits 45 Minuten Verspätung angesammelt, so dass sich die Deutsche Bahn kurzerhand entschloss, den Zug, der eigentlich direkt bis nach Stuttgart gefahren wäre, in Frankfurt enden zu lassen.
Wäre das alles nicht schon ärgerlich genug gewesen, mussten wir die Fahrt mit einem aus Berlin kommenden ICE fortsetzen, in dem sich hunderte von KSC-Freunden aufhielten und echten Abschaum darstellten. Ich bin ja viel unterwegs und habe trotzdem selten einen von der Anzahl so großen alkoholisierten, niveaulosen, aggressiven und provozierenden Mob durch sämtliche Altersklassen hinweg gesehen, wie ihn diesem Zug. Der durchschnittliche Alkoholpegel dürfte bei etwa drei Promille gelegen haben.
Mit dem DB-Logo auf der Brust schienen manche zu meinen, mit einem Freibrief für schlechtes Benehmen ausgestattet zu sein und dass die „Kollegen“ ihren Dreck ja schon irgendwie beseitigen würden. Wir sind ja auch viel unterwegs und trinken auch „mal“ was, meist jedoch gesitteter und vor allem so, dass wir anderen Reisenden nicht auf den Nerv gehen.
Da der Zug ohnehin ziemlich überfüllt war und wir uns mit diesem niveaulosen Haufen nicht auseinandersetzen wollten, begaben wir uns sofort und ohne erst einen Platz in der 2. Klasse gesucht zu haben, in die 1. Klasse. Nach all den Umständen durfte ein eigenmächtiges Upgrade ja drin gelegen haben.
Außer „Stuttgarter Arschlöcher“ und „Hertha und der KSC“ kennen diese geistigen Tiefflieger auch keine Lieder, diese schmetterten sie allen entgegen, die ihnen begegneten und so „begrüßten“ sie auch unsere schöne Stadt bei der Ankunft. Nur gut, dass sie gleich von der Polizei eingesammelt und zur S1, die direkt zum Neckarpark fährt, gebracht wurden, während wir auf andere Linien ausweichen konnten, um dieses Gesocks endgültig loszuwerden. Einige Straßburger und auch Karlsruher, denen es offensichtlich wichtiger war, gegen den VfB zu pöbeln, als die eigene Mannschaft in Duisburg zu unterstützen, mischten sich noch unters asoziale Berliner Volk, so dass in mir der große Wunsch aufkeimte, die Berliner auf dem Platz gehörig abzuschießen und ihnen somit die Heimreise zu vermiesen.
Gegen 13.45 Uhr erreichten wir schließlich Bad Cannstatt, so dass noch etwas Zeit, wenn auch weniger als geplant, blieb, es erstmals an diesem Tag mit fester Nahrung zu versuchen und mit saurem Radler nachzuspülen.
Kurz darauf ging es auch schon hinein ins Neckarstadion, obwohl sich die Einlasskontrolle einmal mehr hinzog und es zu langen Schlangen kam.
Die meist diskutierte Frage vor dem Spiel gegen den aktuellen Tabellendritten war, ob der VfB an dem Pokal-Aus gegen Borussia Dortmund noch zu knabbern hätte oder dieses so weggesteckt hat, wie Kramny bei der Spieltagspressekonferenz weismachen wollte.
Als leidgeprüfter Fan wird es wohl noch lange dauern, bis man eine solche Siegesserie, wie man sie zuletzt in der Bundesliga hingelegt hat, als selbstverständlich erachtet und dem Braten zu trauen sich traut. Man hat zu große Zweifel und kann es noch nicht so richtig einschätzen, wie stabil das Gebilde schon oder wie fragil es noch ist, so dass das Spiel gegen Hertha einem kleinen Charaktertest gleich kam.
Bei der Aufarbeitung der Pokalniederlage war Kramny zunächst einmal als Psychologe gefragt. Er musste die Fehler, die zum K. O. führten anzusprechen und gleichzeitig die Jungs wieder aufzurichten. Schon an der Aufstellung gegen den BVB ließ sich ablesen, dass das Weiterkommen nicht allerhöchste Priorität besaß, was ich schade fand, denn, welcher Fan nimmt einen Abstecher nach Berlin im Mai nicht gerne mit?
Dass Langerak erstmals in einem Pflichtspiel für den VfB und gegen seine alten Kameraden auflaufen durfte, ist sicherlich als ein Zeichen zu deuten, Mitch zu zeigen, wie wichtig er fürs Team ist, auch wenn er sich derzeit hinten anstellen muss. Sunjic durfte für Schwaab ran, so dass der in der Liga immer besser funktionierende Abwehrverbund gleich auf zwei Positionen gesprengt war.
Die nicht vorhandene Abstimmung machte sich gegen den BVB schon früh beim 0:1 bemerkbar. Daher lässt sich schon ein wenig hineininterpretieren, dass Kramny das Ausscheiden zumindest einkalkuliert hat, als er seine Aufstellung festlegte. Dass er es bewusst provoziert hat, um Kräfte zu sparen und den Kopf frei für die Liga zu haben, soweit möchte ich nicht gehen, es war eher die Gelegenheit, Spielern die momentan keine Chance auf die erste Elf haben, zu signalisieren, dass sie dicht dran sind.
Hertha ist nicht Dortmund, so dass Kramny zwar vor den Berlinern warnte, jedoch auch Mut machte und einen Plan aufstellte, wie man die Berliner knacken kann.
Über den Ausfall des in Frankfurt mit Gelb-Rot des Feldes verwiesenen Daniel Didavi lamentierte Kramny nicht und schob die ganze Verantwortung der Vertretung auch nicht Alexandru Maxim zu. Er wies darauf hin, man könne Dida nicht 1:1 ersetzen und forderte dies im Kollektiv zu tun, womit er automatisch das ganze Team in die Pflicht nahm. Psychologisch sicher nicht ganz so ungeschickt.
Timo Werner, der gegen den BVB noch wegen eines grippalen Infekts passen musste, stand gegen die Hertha wieder zur Verfügung, so dass bis auf die Hereinnahme Maxims, keine Wechsel in der zuletzt in der Bundesliga so erfolgreichen Elf vorgenommen wurden.
Hertha BSC hatte nach dem Pokal-Spiel einen Tag weniger zur Regeneration zur Verfügung, was Pal Dardai im Vorfeld als Wettbewerbsverzerrung anprangerte, wobei die Hertha nach dem Pokal psychologisch im Vorteil war, da ihr Traum vom Finale daheim weiter lebt und sie sicherlich, wenn auch auswärts, die weitaus leichtere Aufgabe zu bewältigen hatten.
Für beide Teams von Nachteil war der vom Pokalspiel sehr ramponierte Rasen, da beide eher die feine Sohle bevorzugen und nicht so gern rustikal zur Sache gehen.
Und dennoch begann das Spiel aus VfB-Sicht gleich mit einem Paukenschlag. Der starke Timo Werner setzte sich auf der rechten Seite durch und passte scharf an Freund und Feind vorbei in Richtung Filip Kostic, welcher etwas überrascht schien und den Ball in Rücklage am Tor vorbei schoss. Gegen einen bekanntermaßen defensivstarken Gegner wäre dieses frühe Tor in der 2. Spielminute Gold wert gewesen.
Im Anschluss neutralisierten sich beide Teams weitestgehend in einem Spiel, das von gegenseitigem Respekt geprägt war. Hertha ließ aufblitzen, weshalb es auf dem 3. Tabellenplatz steht, ball- und kombinationssicher, aus einer guten Ordnung heraus spielend, ließen sie unserer zuletzt so hochgelobten Offensive kaum Räume, in die man hineinstoßen hätte können.
Einzig Maxims nah aufs Tor geschlagene Eckbälle brachten Keeper Jarstein ein ums andere Mal in die Bredouille.
Schiedsrichter Dingert rückte dann in den Mittelpunkt und machte sich unter denjenigen Zuschauern, die es mit dem VfB hielten, keine Freunde. Eine Balleroberung Gentners gegen Lustenberger pfiff er ab, kann man machen, muss man aber auch wiederum nicht unbedingt, Gentner wäre alleine aufs Tor zugelaufen. In der 27. Minute dann der nächste Aufreger, als Timo Werner im Strafraum gefoult wurde, jedoch nicht abhob, sondern sich aufrappelte und weiter spielte und im Anschluss zu dieser Szene wenigstens noch zum Kopfballabschluss kam.
Der rein ergebnisorientierte Fußball-Interessierte mag ihm danach geraten haben, bei Arjen Robben nachzufragen, auf welche Schauspielschule er denn gegangen ist, um das nächste Mal „cleverer“ zu agieren. Wem dagegen Fairness und Gerechtigkeit im Fußball wichtiger ist als das schnöde Ergebnis, sagt einfach „Chapeau“ zu Timo. Eine faire Aktion unseres Youngsters und überhaupt ist es doch nur „foul, wenn der Schiedsrichter pfeift“. Legt er sich und das Spiel läuft weiter, ist der Aufschrei auch groß. Einzig Schiedsrichter stand in der Pflicht, auf den Elfmeterpunkt zu zeigen und darf keine Unterschiede machen, ob einer den sterbenden Schwan mimt oder nicht. So lang Schiedsrichter schäbige Schauspieleinlagen mehr belohnen als faires Verhalten, werden die Robbens dieser (Fußball-)Welt nie aussterben.
Nach dieser Szene wurden die Berliner mutiger und hatten zunächst eine Freistoßchance durch Plattenhardt, der wegen seiner Heimatverbundenheit auch gerne mal zum VfB gewechselt wäre, und danach einen echten Hochkaräter durch Ibišević.
Dieser wurde im richtigen Moment von Cigerci angespielt und lief allein auf Przemysław Tytoń zu, der seinen Schuss artistisch und gerade noch mit dem rechten Fuß abwehren konnte.
Wie wurde der Pole doch anfangs gescholten, selbst ich sah uns zwischenzeitlich nach Ulle schon vom Regen in die Traufe gekommen zu sein (und das will was heißen), da Tytoń regelmäßige unerklärliche Aussetzer an den Tag legte.
Tytoń hat sich enorm stabilisiert und auch schon unter Zorniger erste Spiele für uns gewonnen, man denke bspw. an die Zu-Null-Spiele gegen Ingolstadt und Darmstadt. Jetzt aber, wo er seit Wochen die gleichen Vorderleute vor sich hat, das Team insgesamt besser und vor allem gemeinsam nach hinten arbeitet, ist er ein enorm starker Rückhalt geworden. Durch diese starke Parade zählt auch Tytoń zweifellos zu den Matchwinnern vom Samstag.
Ein Mitch Langerak kann einem dabei mittlerweile fast schon leidtun. Eigentlich als Nummer eins verpflichtet, danach gleich lange verletzt und jetzt im Wartestand, wie schon in den letzten Jahren beim BVB. Das hätte er sich sicher anders vorgestellt. Derzeit gibt es keinen Grund an Tytońs Status als Nummer eins zu rütteln.
Ibišević dagegen, dessen Gehalt der VfB zu großen Teilen weiterhin bezahlt, war somit zunächst das nicht vergönnt, was uns durch Ex-Spieler gefühlt jedes Mal ereilt, nämlich, dass sie gegen den VfB sicher treffen.
Auch Julian Schieber gelang das im Übrigen nicht, der nach einer Stunde eingewechselt wurde. Er wurde, wie nahezu jeder Ex-Spieler, der für seinen neuen Verein gegen den VfB aufläuft, mit einem gellenden Pfeifkonzert „begrüßt“, was ich persönlich immer etwas daneben finde. Von Schieber muss ja nicht nur haften geblieben sein, dass er dem Lockruf des Geldes und der Aussicht Championsleague spielen zu können, folgte, sondern auch seine zwei Tore beim 4:4 beim BVB, einem der unfassbarsten Spiele überhaupt. An diesem Samstag aber hatte seine Einwechslung noch eine ganz andere Note, betrat er doch nach exakt einjähriger Verletzungspause erstmals wieder das Spielfeld, so dass man ihn auch mit warmem und aufmunterndem Applaus hätte empfangen können.
Unmittelbar nach Wiederanpfiff hatte der VfB nach Insúa-Hereingabe eine Chance durch Timo Werner, ehe Cigerci eine gute Kopfball-Chance hatte und auch Ibisevic mit einem harmlosen Flachschuss wieder in Erscheinung trat.
Doch dann schlug die große Stunde von Serey Dié. Erst eroberte er im Mittelfeld selbst den Ball, dieser gelangte über Umwege zu Alexandru Maxim, der scharf abzog, dass Jarstein nur abklatschen konnte. Den Abpraller ließ Kostic für den heranrauschenden Serey Dié passieren, welcher volley und mit dem Außenrist abzog und Jarstein keine Chance ließ. Ein Wahnsinnstor unserer Nummer 26, sein allererstes im VfB-Trikot, womit er seine herausragende Leistung krönte. Er legte einen Weltklasseauftritt hin, sehr passsicher, sehr zweikampfstark, aufopfernd kämpfend und ein wahrer Leader. Serey Dié steht wie einige andere auch sinnbildlich für den Aufschwung. Dutt drückte es so aus, dass das Trainerteam hart an seiner Positionstreue gearbeitet habe, was bedeutet, dass er sich mehr auf sein Kerngeschäft konzentriert und seine Vorstöße dosierter ausfallen. Ganz großes Kino des Ivorers, dem jeder, wirklich jeder, diesen Treffer von Herzen gönnte.
Nach dem brustlösenden Führungstreffer intensivierte die Hertha ihre Offensivbemühungen, kam aber bis auf einen Schuss von Brooks an den Außenpfosten kaum zu nennenswerten Möglichkeiten. Da hatte der VfB das Glück des Tüchtigen, ansonsten hatte unsere Defensive mit den immer besser funktionierenden Schwaab und Niedermeier die Berliner gut im Griff. Der VfB hatte das ganze Spiel über mehr und auch bessere Tormöglichkeiten, so dass die Führung mehr als verdient war.
Und trotzdem sollte es bis 84. Minute dauern, bis der Deckel drauf war. Symptomatisch für den „neuen“ VfB, der mittlerweile dosierter auftritt als noch zu Zorniger-Zeiten und auch mal das Tempo herausnimmt, dass der VfB zu diesem späten Zeitpunkt und mit dem Pokalspiel in den Knochen in den Schlussminuten noch ein Offensiv-Pressing betrieb, das schließlich den Berliner Ballverlust provozierte und woraus das erlösende 2:0 durch Filip Kostic resultierte. Auch Kostic einer der großen Profiteure unter Kramny, weil er wieder losgelassen wurde und seinem Instinkt folgen darf, statt dem Diktat Zornigers zu unterliegen, stur in die Mitte zu ziehen. Da ist er wieder, der Kostic aus den letzten Spielen der Rückrunde.
Ich war ja auch skeptisch, was die Installation Kramnys als Cheftrainer anging, weil ich es ihm zunächst nicht zutraute, diese schwierige Mannschaft in den Griff zu bekommen und weil die Lösung für mich aussah, als wolle man sich seiner womöglich letzten Patrone (noch) nicht berauben und lasse Kramny daher erst mal machen. Die Uhr stand auf fünf vor zwölf, so dass eigentlich keine Zeit für Experimente mehr vorhanden war.
Was Kramny aber seither angepackt hat, wie er sich gibt, wie er es verstanden hat, das Team zusammenzuschweißen, wie er die Mannschaft das spielen lässt, was sie am besten kann und vor allem, wie es ihm die Mannschaft dankt, ich hätte das nicht für möglich gehalten.
Der VfB stellt die beste Rückrundenmannschaft und wies den Tabellendritten Hertha BSC, der seinerzeit zuvor sechs Mal nicht verloren hatte, hochverdient und relativ deutlich in die Schranken. Mit nunmehr fünf Siegen in Folge, der besten Serie seit 2010, noch unter Christian Gross, hat der VfB nun nach 21 Spieltagen bereits 27 Punkte auf dem Konto und nimmt den zehnten Platz ein.
Zwölf Punkte Vorsprung auf einen direkten Abstiegs-, der vor zwei Monaten noch VfB-Stammplatz war, schon sieben Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz, jedoch nur noch fünf Punkte Rückstand auf Platz sieben, der möglicherweise zur Europaleague-Qualifikation berechtigt.
Wohin soll man in der Tabelle also blicken? Ist die Zeit (schon) reif, ein neues Saisonziel auszugeben? Ich finde nicht! Da bin ich bei Jürgen Kramny, von Spiel zu Spiel denken und vor allem erst einmal die 40-Punkte-Marke knacken, ehe man zu spinnen anfängt. Wenn man die Truppe derzeit spielen sieht, kann man es sich zwar schwerlich vorstellen, dass das Team noch dermaßen einbrechen und in Gefahr geraten könnte, aber, der Teufel ist ein Eichhörnchen, wir sind gebrannte Kinder und tun gut daran, von Woche zu Woche weiterzusehen und erst einmal kleine Brötchen zu backen.
Schafft es Kramny jedoch, das Team weiterhin so bei Laune, die Stimmung hoch zu halten, ist noch vieles möglich. Der Teamgeist, auch unter den Reservisten, scheint überragend zu sein, so dass sich die Spieler gegenseitig zu Höchstleistungen pushen und der Lauf durchaus eine Eigendynamik annehmen kann, wie wir sie zuletzt 2007 erlebt haben.
Durch Handauflegen und die Krise weglächeln hat Kramny mit seinem Trainerteam zusammen sicherlich nicht für den Aufschwung gesorgt. Die Grundlagen, die in Belek gelegt wurden, zahlen sich schon jetzt aus, die Team-Building-Maßnahmen dort ebenfalls.
Die Neuzugänge Großkreutz und Kravets passen bislang wie die Faust aufs Auge. Großkreutz ist schon von seiner Siegermentalität und seiner offenen Art her ein Gewinn, dass er wie ein Irrer läuft und kämpft und stets bereit ist, sich völlig auszupowern, und das als Spieler, der schon alles erreicht hat, nötigt den Mitspielern Respekt ab und animiert die Anderen dazu, ebenfalls eine Schippe draufzulegen.
Kravets hingegen ist eine ernsthafte Alternative für Timo Werner, wofür er mir fast zu schade ist. Aber, Timo Werner selbst hat in dieser Saison einen enormen Sprung gemacht und machte auch am Samstag wieder ein starkes Spiel, so dass Timo nicht gerecht werden, ihn für Kravets zu opfern. Kravets wiederum war nun bereits zum dritten Mal in Folge nach seiner Einwechslung an einem Tor beteiligt, wenn auch am Samstag unorthodox und unfreiwillig, so dass Kramny ein Luxusproblem hat, wem er denn sein Vertrauen schenkt. Momentan ist auch Timo Werner sehr wertvoll für sein Team, erläuft Bälle und holt durch seine Schnelligkeit Freistöße heraus. Deshalb würde ich an dieser Formation derzeit nicht rütteln, zumal es ja auch sehr wertvoll für einen Trainer ist, jemanden in der Hinterhand zu haben, der sofort da ist und müde Abwehrreihen vor große Probleme stellen kann.
Nur schade, dass der dritte Neue, Federico Barba, eigentlich ja der Winterkönigstransfer, noch eine ganze Weile verletzt ausfällt.
Was mir an Kramny noch imponiert, ist, dass mir seine Auswechslungen bislang meist plausibel und zum richtigen Zeitpunkt erscheinen, mit Ausnahme vielleicht davon, dass er Didavi nach seiner gelben Karte in Frankfurt hätte schützen und auswechseln können und auch eine Auswechslung Insúas am Samstag Sinn gemacht hätte, spätestens nachdem er Glück hatte, nicht mit Gelb-Rot vom Platz geflogen zu sein. Da vertraut er aber seinen Mannen, dass sie sich im Griff haben und nicht durch eine dumme Aktion das eigene Team schädigen.
Ansonsten aber, Kravets für Werner habe ich thematisiert, aber auch Harnik für Maxim machte Sinn. Nicht nur, weil Maxim müde war, der Wechsel fiel just in eine Phase, in der die Berliner drohten, des Öfteren gefährlich durchs Zentrum nach vorne zu gelangen. Harnik lief diese Räume dann zu und hatte zum Schluss noch die Großchance zum 3:0.
Der letzte Wechsel, Klein für Serey Dié, diente freilich nur noch dazu, dem Mann des Spiels einen gebührenden Abgang zu verschaffen. Holger Laser, unser Stadionsprecher, rief dazu auf für Serey Dié aufzustehen und gut 40.000 VfB-Fans folgten dem Aufruf. Standing Ovations der glückseligen schwäbischen Fangemeinde, die geradezu entzückt ist, vom neuen VfB. Dass die Mannschaft schön spielen kann, erlebten wir unter Alexander Zorniger ja auch zur Genüge, der Unterschied im Hier und Jetzt aber ist, dass wir nicht nur schön spielen sondern auch gewinnen.
Begann man die Saison nach teilweise hervorragenden Leistungen mit vier Niederlagen, schaffte man nun gegen die gleichen Gegner zum Auftakt der Rückserie vier Siege.
Bratwurst-Fredi, der in diversen Kolumnen und auf kleinen unbedeutenden Spartensendern seinen unqualifizierten Senf hinzugeben darf, sprach Kramny jüngst ja die Bundesligatauglichkeit ab. Man darf gespannt sein, was ihm diese Woche dazu einfällt.
Ich möchte Kramny nun auch nicht in die höchsten Sphären heben, um ein erfolgreicher Bundesligatrainer zu sein, gehören viele Jahre Erfahrung auf hohem Niveau und nicht nur ein paar Spiele dazu, aber, jeder Große fing mal klein an, einen sehr guten Auftakt hat er jedenfalls hingelegt.
Was ihn grundlegend von Zorniger unterscheidet ist, dass es für Kramny wohl kein Beinbruch wäre, wenn er irgendwann einmal wieder ins zweite Glied zurückgestuft werden würde, während Zorniger den Eindruck erweckte, nichts ginge ihm schnell genug, dass er alles mit Gewalt einreißen und der neue Schwaben-Mourinho sein wollte. Dabei machte er leider den zweiten vor dem ersten Schritt, so dass die Trennung spätestens dann nicht mehr zu vermeiden war, als er die Mannschaft gänzlich verloren hatte.
Kramny hingegen macht seinen Job ruhig und unaufgeregt, hört auf sein Umfeld und auch auf die Mannschaft, was sie ihm derzeit unwiderstehlich dankt. Hoffen wir, dass es so weiter geht. Nächste Ausfahrt Schalke und ich ertappe mich tatsächlich dabei, darüber enttäuscht zu sein, sollten wir mit leeren Händen vom Pott zurückkehren. So schnell ändern sich die Zeiten.
Nach diesem gigantischen Wochenende verschwand mein Dauergrinsen am Sonntag dann von einem Moment auf den Anderen. Es wurde Gewissheit, was man nach der morgendlichen Einheit schon befürchten musste, nämlich, als Daniel Ginczek, gestützt von Gerhard Wörn, vom Platz humpelte.
Ginni hat sich erneut das Kreuzband gerissen, dieses Mal im anderen Knie. Seit dem 3.10.15 hatte Ginczek wegen eines Bandscheibenvorfalls pausieren müssen und war nach viereinhalb Monaten gerade erst wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen und dann das. Einfach nur unfassbar traurig. Ich hoffe, die Operation und anschließende Reha verlaufen optimal, so dass uns Ginni zum Bundesligastart 2016/2017 wieder zur Verfügung steht. Kopf hoch Ginni, YNWA!
So manch einer schreibt Ginni jetzt schon für immer ab, weil seine Verletzungshistorie badstubersche Züge annehmen würde. Ich sehe da nicht so schwarz, zum einen ist Ginni noch jung und zum anderen hätte man es Daniel Didavi vor zwei Jahren auch nicht mehr zugetraut, so stark zurückzukommen und über einen jetzt doch erfreulich langen Zeitraum beschwerdefrei zu sein.
Der erwähnte Holger Badstuber bleibt der ganz große Pechvogel im deutschen Fußball und zog sich am Wochenende einen Fußbruch zu, der ihn die Euro in Frankreich kosten wird. Bitter für ihn, der einst in der VfB-Jugend gekickt hat und sich in den letzten Jahren mehr in der Reha als auf dem Platz befand. Auch ihm gute Besserung und dass er nach der neuerlichen Reha endlich mal gesund bleiben darf.
Nun freue ich mich auf eine Europapokal-Woche, auch wenn das Championsleague-Achtelfinale so gestückelt wurde und sich über vier Wochen erstreckt. Schalke wünsche ich eine gute Reise in die Ukraine, ein anstrengendes Spiel und eine beschwerliche Reise zurück. Die Trauben am Sonntag hängen zwar hoch in der Turnhalle, aber, dieser Mannschaft ist momentan vieles zuzutrauen, auch ein Sieg im Pott.
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12. November 2015
Nachdem ich ungewohnterweise bei zwei Auswärts-Pflichtspielen in Folge passen musste und dazwischen der SV Darmstadt 98 in die Schranken gewiesen wurde, folgt nach gut zwei Wochen mal wieder eine Einschätzung der Situation von mir.
In Jena nahm der VfB die Umstände des Jahrhundert-Spiels für Jena und den Kampf an und gewann einigermaßen souverän mit 2:0. Mehr als das Weiterkommen gibt es im Pokal nicht zu erreichen, daher durfte man mit dem Auftritt, vor allem in kämpferischer Hinsicht, zufrieden sein.
Da Serey Dié und Christian Gentner weiterhin fehlten und sich in Leverkusen auch noch Lukas Rupp mit Handbruch ins VfB-Lazarett einreihte, gehen dem VfB langsam aber sicher die Sechser aus. In Jena rückten daher Daniel Schwaab und Arianit Ferati ins Zentrum und machten ihre Sache gegen über weite Strecken harmlose Jenenser ordentlich. Mitte der ersten Halbzeit brachte Martin Harnik mit einer sehenswerten Einzelleistung unsere Farben in Führung, die der VfB fortan mehr schlecht als recht verwaltete, vor allem, weil nicht wirklich ein Klassenunterschied erkennbar wurde. Zu fahrig das Spiel, zu viele Ballverluste, zu viele Bälle wurden einfach weggedroschen anstatt gegen einen minderbemittelten Gegner die eine oder andere Situation spielerisch zu lösen. An solchen Verhaltensweisen merkt man dann schon, dass das Selbstvertrauen nach einer Niederlage wie der in Leverkusen im Keller ist. Da Übermut selten gut tut, ist es dann so aber noch besser, als dass man das Zaubern beginnt und durch Leichtsinn Bälle verliert. Dadurch wurde es tatsächlich das von Alexander Zorniger erwartete ekelhafte Spiel, nicht wegen galliger Thüringer, sondern es war auch ekelhaft anzuschauen.
Egal am Ende, es zählte einzig und allein das Weiterkommen und diese Vorgabe hat das Team ohne weiteren personellen Aderlass erfüllt. Ersatzkapitän Martin Harnik stellte zwar eine hitzige Atmosphäre fest, lobte aber auch „Das war mal wieder ein ehrliches Fußballspiel und nicht so steril, wie es heutzutage in der Bundesliga ist, wo man schon mit dem Bus in die Kabine reinfährt.“ Für mich bemerkenswert, dass der eine oder andere Spieler sich durchaus auch darüber Gedanken macht, was uns Fans bewegt. Mich hätte Jena auch sehr gereizt, gerade, weil es „Oldschool“ ist und Pokalspiele bei einem Underdog immer ihren besonderen Reiz haben und eine schöne Abwechslung zum Alltag Bundesliga darstellen.
Am darauffolgenden Sonntag ging die Serie der ekelhaften Spiele gegen den bis dato auswärts noch ungeschlagenen Sensations-Aufsteiger Darmstadt 98 weiter. Die Darmstädter reisten mit Ex-Kickers-Coach Dirk Schuster und dem bei uns nie glücklich gewordenen “Kocka” Rausch an.
Faszinierend zu beobachten, wie er sich in kürzester Zeit zu einem Leistungsträger bei den Lilien aufgeschwungen hat und wie er derzeit aufblüht. Er steht sinnbildlich für eine völlig verfehlte Transferpolitik der Ära Bobic/ Labbadia, die schon damit glücklich waren, „Namen“ zu präsentieren anstatt das Team punktuell und positionsbezogen zu verstärken. Als Rausch zu uns kam, hatte er sich hinten links mit Boka und Molinaro und vorne links mit Ibrahima Traoré zu duellieren und es daher naturgemäß schon schwer, in die Startelf zu kommen. Im ersten Halbjahr noch wurde er regelmäßig eingesetzt, wusste jedoch nicht zu überzeugen und kam danach nur noch sporadisch zu Einsätzen und verschwand zuletzt völlig in der Versenkung (bei den Amateuren). Ihm ging es wohl ähnlich wie zurzeit dem Georg Niedermeier, er beklagte sich damals, wenn auch im kleinen Kreis, darüber, dass immer dieselben spielen und andere links liegen gelassen würden. Ein sensibler Spieler, der das Vertrauen von Trainer und Fans spüren muss, kündigt in einer solchen Situation schnell innerlich, so dass mit ihm nichts mehr anzufangen und ein Abschied für alle Seiten das Beste ist.
Dass Rausch bei uns so wenige Chancen bekam, sich zu beweisen, habe ich nie verstanden, zumal die Truppe damals ja nicht überragend gespielt hat. In Darmstadt sieht man jetzt, wie wertvoll für ein (funktionierendes) Team er sein kann und dass seine Freistöße und Eckbälle von beiden Seiten durchaus eine Waffe sein können. Wie immer, wenn „Ehemalige“ mit ihrem neuen Arbeitgeber im Neckarstadion auflaufen, war natürlich auch dieses Mal zu befürchten, dass Rausch ein Tor gelingt oder er zumindest die Flanke zu einem entscheidenden Treffer schlägt. Dem war zum Glück nicht so. Er kam gerade von einer leichten Verletzung zurück, wirkte übermotiviert, tauchte im Spiel der Lilien eher unter und wurde als erstes ausgewechselt.
Beim VfB kehrten die wiedergenesenen Serey Dié und Christian Gentner ins Mittelfeld zurück, zudem rückte Insúa für Heise wieder in die Stammformation zurück. Zwar hätte der VfB bereits in der ersten Minute durch Didavi in Führung gehen können, danach aber kamen die Lilien auf. Przemysław Tytoń wandelte auch in diesem Spiel mal wieder zwischen Genie und Wahnsinn. Schon in der siebten Spielminute fällte er Sulu im eigenen Strafraum und hatte Glück, dass dieses Foul wegen Abseits keinen Elfmeter zur Folge hatte. In der 33. Minute fehlte die Abstimmung mit seinen Vorderleuten, so dass er ohne Not seinen Strafraum verließ und Rosenthal mit einem angedeuteten Kung-Fu-Tritt foulte, womit er sich die gelbe Karte wegen gefährlichen Spiels einhandelte. Im Stadion, wir saßen direkt gegenüber des Orts des Geschehens, befürchtete ich gar schon rot und fluchte in mich hinein, welchen Teufel ihn bei dieser Situation wohl geritten habe. Der VfB bot insgesamt ein dosierteres Heimspiel und lief auch diesem Gegner nicht ins offene Messer. Die Darmstädter boten wenig Räume an, so dass sich ein Geduldsspiel entwickelte, in dem der VfB auf seine Chance lauerte, auf der Gegenseite aber auch immer auf der Hut sein musste und sich letztlich beim dann überragenden Przemysław Tytoń bedanken durfte, dass am Ende die Null stand.
Das erlösende 1:0 fiel erst gut zwanzig Minuten vor Spielende, als Gentner von rechts ein krummes Ding in Richtung des Darmstädter Tors schlug, welches der Darmstädter Garics nur noch ins eigene Tor bugsieren konnte. Endlich war es da, dieses so eminent wichtige Tor gegen einen unbequem zu bespielenden Gegner. Danach lösten die 98er ihre defensiven Fesseln und kamen zu einigen hochkarätigen Torchancen, die einzig und allein Przemysław Tytoń vereitelte und sich zum Matchwinner aufschwang.
Timo Werner, der mit seiner Schnelligkeit und wiederentdeckten Torgefährlichkeit mehr und mehr zu einer unserer Waffen wird und gegen Darmstadt nimmermüden Einsatz zeigte, belohnte sich und uns schließlich in der Nachspielzeit, als er einen langen Ball erlief, den Darmstädter Torwart umkurvte und zum 2:0 einnetzte. Wieder warf Werner Handküsschen ins Publikum, die dieses Mal nicht einmal mehr Trainer Zorniger erzürnen konnten, denn, das Spiel wurde nicht mehr angepfiffen.
Bitterer Beigeschmack des Sieges über Darmstadt 98 war schließlich noch die Verletzung, die sich Martin Harnik nach Zusammenprall mit dem Darmstädter Schlussmann Mathenia zugezogen hatte und eine frühe Auswechslung zur Folge hatte. Harnik verletzte sich dabei am Außenband und muss voraussichtlich bis zur Winterpause pausieren. Umso wichtiger ist es, dass Robbie Kruse seinen Muskelfaserriss überstanden hat und im Training schon wieder mächtig Gas gibt. Es bleibt zu hoffen, dass er von weiteren Verletzungen verschont bleibt und in den nächsten Wochen zeigt, weshalb man ihn kurz vor Toreschluss noch verpflichtet hat.
Abends nach dem Darmstadt-Spiel dann, wir feierten noch im Cancun, fielen dann die Lose für das Achtelfinale im DFB-Pokal, wobei uns das Losglück hold blieb und uns Eintracht Braunschweig zu Hause bescherte. Kurz vor Weihnachten also noch die große Chance den Traum von einem neuerlichen Finale in Berlin weiter leben zu lassen und mit einem Erfolgserlebnis in die Winterpause zu gehen.
Der VfB stellte in der Tabelle auf „zweistellig“, zehn Punkte, und alle wurden in Spielen eingefahren, in denen der VfB seine Spielweise nach der des Gegners ausrichtete. Zorniger wird zwar immer mangelnde Lernfähigkeit vorgeworfen, dabei bewies er diese gerade in den Heimspielen gegen Ingolstadt und Darmstadt. Es konnte ja kein Zufall sein, dass diese beiden Teams bis zum Auftritt im Neckarstadion auswärts noch ungeschlagen waren. So zog Zorniger seine Schlüsse und tat dem Gegner nicht den Gefallen, Harakiri zu spielen, auch wenn bei beiden Spielen trotzdem das Quäntchen Glück und ein starker Tytoń notwendig waren, um sie letztlich für uns zu entscheiden.
Dieses Glück hat sich das Team aber erarbeitet, indem sie nicht locker ließ, das engmaschige Abwehrbollwerk zu durchbrechen. Auch hier befindet sich das komplette Team in einem Lernprozess, die richtige Balance im Spiel zu finden, um vorne Chancen zu kreieren, ohne hinten allzu viel anzubieten. Diese Tugenden sind es derzeit, die Punkte bringen und (noch) nicht, wenn wir es über den offenen Schlagabtausch versuchen.
Unsere Punkte fuhren wir bisher allesamt gegen Abstiegskandidaten und in Spielen ein, in denen kein Schönheitspreis gewonnen wurde und in denen aber auch keiner zu gewinnen war. Das belegt zwar, mit welchen Mannschaften wir uns derzeit nur noch auf Augenhöhe befinden, da es in dieser Saison aber einzig und allein um den Nichtabstieg gehen wird, sind die Punkte aus den direkten Duellen umso höher zu bewerten und eminent wichtig. Diese „Serie“ gilt es beizubehalten, so dass die bis zur Winterpause noch anstehenden Heimspiele gegen den FC Augsburg und Werder Bremen tunlichst ebenfalls gewonnen werden sollten.
Der Druck gerade in diesen Spielen voll da sein zu müssen, ist zweifellos groß, aber, gegen Ingolstadt und Darmstadt hielt man diesem zu Hause ja stand. Mit dann 16 Punkten plus dem einen oder anderen Bonuspünktchen, aus den anderen drei Spielen hätte der VfB zumindest ein Fundament gelegt, um nach der Winterpause neu angreifen zu können.
Dann haben Zorniger und Dutt ein halbes Jahr Zeit gehabt, sich ein Urteil darüber zu bilden, auf wen man sich verlassen kann und auf wen nicht, wer mit dem Herzen bei der Sache ist und wer nicht, kurz, wer eine Zukunft beim VfB hat und wer nicht. Dass in der Abwehr weiterhin großer Handlungsbedarf besteht, liegt auf der Hand. Man sehnt sich seit Jahren nach einem Abwehrchef Marke Verlaat, Bordon oder Meira, der nicht an jedem Baum wächst. Dafür muss man Geld in die Hand nehmen, notfalls auch auf Kosten eines Leistungsträgers in der Offensive, der im Sommer ohnehin fort wäre. Dabei denke ich nicht einmal zu allererst an Daniel Didavi, bei dem ich noch immer die Hoffnung habe, dass er den Vertrag doch noch verlängert. Einfach, weil er aus unserer Jugend kommt, für mich unser bester Fußballer ist und es mir auch eine Freude ist, ihn nach seiner so langen Leidenszeit wieder auf dem Platz stehen zu sehen. Er wirkt derzeit nicht ganz frei im Kopf, eine baldige Entscheidung, so oder so, könnte bei ihm sämtliche Fesseln lösen.
Nach dem eminent wichtigen Dreier gegen Darmstadt stand auch schon der Auftritt beim Rekordmeister auf der Agenda, DEM Bonus-Spiel in der Saison, für das die Erwartungen seit einigen Jahren in den Keller gerutscht sind. Zu sehr ist die Schere inzwischen auseinander gegangen, nicht nur was das Verhältnis vom VfB zu den Bayern angeht sondern auch, was den Rest der Liga betrifft. In der derzeitigen Verfassung sind die Bayern so gut wie unschlagbar, so dass der VfB dort in der Höhle des Löwen eigentlich nur gewinnen konnte und nichts zu verlieren hatte.
Pep Guardiola machte vor dem Spiel freundlich den Diener und lobte unsere Spielweise und gab gar zu, dass er es kaum glauben könne, wo sich der VfB tabellarisch wiederfindet. Zorniger hingegen gab sich angriffslustig und meinte zu wissen, der VfB könne auch Dinge, die den Bayern wehtun können, was ihm von seinen Kritikern gleich wieder als Größenwahn ausgelegt wurde. Meine Meinung dazu ist die, dass man als Sportler in jedem Wettkampf das Ziel haben sollte, diesen erfolgreich zu gestalten und dass mir forsche Töne weitaus lieber sind, als devot den Schwanz einzuziehen, wie wir es aus der Labbadia-Ära gewohnt waren. Beeindruckt oder zusätzlich aufgewiegelt dürften diese Worte die Bayern ohnehin nicht haben, sind sie doch selbstbewusst genug, sich nur auf sich selbst zu konzentrieren.
Um auf die Bayern zu treffen hätte ich mir durchaus einen besseren Zeitpunkt vorstellen können. Zum einen trotzte die Eintracht aus Frankfurt ihnen in der Vorwoche als erster Bundesligist überhaupt einen Punkt ab, den sie sich mit unansehnlichem Fußball ermauert haben, zum anderen steht im Anschluss an das Aufeinandertreffen eine Länderspielpause an, so dass Guardiola keine Veranlassung hatte, Stammkräfte zu schonen.
Da war sie dann auch schon wieder, die Systemfrage. Sollte man sich ein Beispiel an der Eintracht nehmen und den Mannschaftsbus vor dem eigenen Tor parken oder doch seinem eigenen Stil treu bleiben und sein Heil in der Offensive suchen.
Der VfB entschied sich für Letzteres, weil er selbst zur Erkenntnis kam, nicht so kompakt wie bspw. die Eintracht verteidigen zu können und sich wohl auch nicht der eigenen Stärken berauben wollte. In den ersten zehn Minuten ging das Konzept auch auf, als die Bayern-Verteidiger Rafinha, Boateng und Alaba unter Druck gesetzt und zu schnellen Entscheidungen gezwungen wurden.
In der elften Minute aber bereits offenbarte sich das ganze Dilemma des VfB im Jahre 2015. Bei eigenem Eckball (!) und nach leichtfertigem Ballverlust von Emiliano Insúa setzte sich der Bayern-Express in Gang und stürmte mit fünf Mann, die allesamt schneller als unsere Verteidiger waren, auf das Tor von Tytoń zu, was schließlich das 1:0 durch Robben zur Folge hatte. Die Bayern genossen sichtlich die Räume, die der VfB ihnen bot und freuten sich über einen dankbaren Sparringspartner, nachdem sie sich vor Wochenfrist am Frankfurter Bollwerk noch die Zähne ausgebissen hatten und entsprechend angefressen wegen der destruktiven Spielweise der Eintracht waren. Der VfB spielte ihnen in die Karten, so dass das Unheil früh seinen Lauf nahm.
Um in München überhaupt die Minimalchance zu wahren, etwas Zählbares mitzunehmen, wird wohl so ziemlich jeder Trainer der Welt die Devise ausgeben, hinten so lang wie möglich die Null zu halten und vorne Nadelstiche zu setzen, um womöglich selbst in Führung zu gehen.
Wie man als Bundesligamannschaft derart naiv, um nicht zu sagen dumm, zu Werke gehen kann und einen ohnehin schon übermächtigen Gegner durch einfache Unzulänglichkeiten „stark“ macht, spottet jeder Beschreibung. Nie war der Klassenunterschied zwischen den Bayern und dem VfB ein größerer als am Samstag, was sich auch bei den Marktwerten der Spieler niederschlägt.
Ein Thomas Müller ist dabei teurer als das komplette Team mit dem Brustring. Wie wenn es noch eines Beweises dessen auf dem Platz bedurfte führten die Bayern uns in schonungsloser Offenheit vor Augen, wie bemitleidenswert wir eigentlich sind. Jeder einzelne Bayern-Akteur ist schneller, ballsicherer und spielintelligenter als die, die unsere Farben repräsentieren. Um bei den Bayern zu bestehen bedarf es eigener Ball-Stafetten, um den Gegner auch mal laufen zu lassen und in die Defensive zu zwingen. Nichts davon war zu sehen, wie das Kaninchen vor der Schlange war jeder VfBler nur froh, den Ball schnellstmöglich wieder los zu sein, was zu etlichen leichten Ballverlusten oder Befreiungsschlägen ins Nichts führte und den Bayern in Halbzeit eins gefühlte 90% Ballbesitz bescherte. Es war ein stümperhafter Auftritt, der in der Länderspielpause hoffentlich gänzlich aus den Köpfen verschwindet.
Wie Slalomstangen standen wir den Bayern Spalier, wenn Douglas Costa, Thomas Müller oder Arjen Robben mit hohem Tempo auf unsere Abwehr zuliefen und Chancen im Minutentakt kreierten. Der VfB war offensichtlich nicht in der Lage, diesem Treiben entgegenzuwirken. Es war mal wieder eines jener Spiele, in denen ein Leader im Team schmerzlich vermisst wurde. Unser Kapitän Christian Gentner war so gut wie nicht zu sehen und wenn, dann nicht als einer, der die Ärmel hochkrempeln und sein Team mitreißen würde. Null gelbe Karten bei einer solchen Demütigung sprechen ebenfalls Bände und demonstrieren, wie wenig der VfB sich gewehrt hatte. Auch vor dem Fernseher war diese Vorstellung nur schwer zu ertragen, meine Gedanken waren bei meinen Freunden und Bekannten im Block. Der VfB handelte sich also zur Pause einen eher noch schmeichelhaften 0:4-Rückstand ein und egalisierte dabei seinen Negativrekord aus dem November 1984, als man gegen Schalke 04 schon einmal in der Halbzeit mit 0:4 zurücklag (Endstand 3:4).
In der zweiten Halbzeit stellte Zorniger auf ein etwas defensiver ausgerichtetes 4-4-2 um, um die Niederlage wenigstens noch in erträglichem Rahmen zu halten. Die Bayern schalteten unterdessen in etwa drei Gänge zurück und verwalteten das Ergebnis, nicht ohne zu weiteren Chancen zu kommen. Der VfB, der bereits in der ersten Halbzeit Pech mit einem Lattenkracher von Kostic hatte, erzielte gar das 4:1 durch Timo Werner, welches fälschlicherweise wegen vermeintlichem Abseits aberkannt wurde.
Und überhaupt, das Schiedsrichtergespann! Wie wenn wir durch die gnadenlose Unterlegenheit nicht genug gestraft gewesen wären, hatten die Bayern in Schiri Dankert und seinen Lakaien an der Linie den zwölften Mann in ihren Reihen. Zwei der vier Bayern-Tore waren irregulär, das Tor von Werner wurde aberkannt, obwohl es regulär gewesen wäre. Demnach fuhren wir mit einem gefühlten und achtbaren 2:1 nach Hause, was natürlich ob der Überlegenheit und der Chancenvielfalt der Bayern den Spielverlauf in keinster Weise widergespiegelt hätte und die Bayern wohl zu Vollgasfußball auch in der zweiten Halbzeit inspiriert hätte. Hypothetisch also die „Was-wäre-Wenn-Spielchen“ nach einer solchen Demütigung.
Dennoch bleibt zu hinterfragen, was den DFB geritten hat, ausgerechnet Schiedsrichter Dankert auf diesen Süd-Schlager (der er zumindest einmal war) anzusetzen, wo er doch gerade erst eine interne Sperre absitzen musste, weil er bei Andreasens Hand-Tor in Köln schon Tomaten auf den Augen hatte. Ein wenig mehr Fingerspitzengefühl würde man sich da schon wünschen, aber, die Herren in der Frankfurter Zentrale haben wohl derzeit andere Probleme am Hals.
Einziger Lichtblick einer sonst überforderten Mannschaft war noch Przemysław Tytoń, der stark hielt und ein noch größeres Debakel verhinderte. Langsam aber sicher wird er zu dem Rückhalt, der auch mal ein Spiel gewinnen kann, wie jüngst gegen Ingolstadt und Darmstadt unter Beweis gestellt. Für das hohe Verteidigen ist er freilich nicht der optimale Torwart, da auch er eher ein Verfechter des alten Schlags ist und sich in seinem Kasten nun mal am wohlsten fühlt, den Umständen entsprechend aber macht er seine Sache immer besser. Dennoch ist es äußerst positiv, dass Mitch Langerak langsam aber sicher vor seinem Comeback steht. Spannend die Frage, ob Zorniger ihn sofort rein wirft, wenn er grünes Licht gibt, oder ob er die Vorrunde mit Przemysław Tytoń im Kasten zu Ende spielt. Gerade, wenn nicht alles wie erhofft läuft, kann ein Impuls von außen oft Wunder bewirken.
Aus diesem Grund befürworte ich im Übrigen auch ein Comeback von Georg Niedermeier, der in der laufenden Runde überhaupt keine Rolle spielt und dem selbst ein Spieler wie Adam Hlousek (oder auch Mart Ristl) in der Innenverteidigung vorgezogen wurde. Auch wenn Sunjic und Baumgartl gehörig wackeln ist es Zornigers gutes Recht diesen beiden den Rücken zu stärken und darauf zu hoffen, dass die interne Abstimmung eine bessere wird. Wenn man aber dann noch einen Daniel Schwaab eher als rechten Verteidiger oder defensiven Mittelfeldspieler sieht und Hlousek eben kein gelernter Innenverteidiger ist, sollte der Schorsch meiner Meinung nach schon wenigstens erster Backup sein und die eine oder andere Einsatzminute erhalten. Da würde mich schon brennend interessieren, was intern vorgefallen ist, weil der Schorsch so weit von der Stammelf entfernt ist wie noch nie. Ich habe natürlich auch nicht vergessen, welche Böcke der Schorsch gegen Ende der letzten Saison geschossen hat und dass er des Öfteren, wenn er in den Schlussminuten als Brecher für die Offensive gebracht wurde, eher für Fouls und damit für Ballverluste stand. Aber, er hatte auch schon weitaus verlässlichere Zeiten beim VfB und ist noch in einem Alter, in dem man Fehler abstellen kann. Um mir mein eigenes Urteil über seinen derzeitigen Leistungsstand zu bilden, würde ich ihn gerne noch einmal auf dem Platz sehen, bevor man ihn abgibt.
Auch wenn es so gut wie klar war, dass es in München nichts zu ernten gibt und die Bayern, die schon den BVB, den VfL Wolfsburg und jüngst den FC Arsenal mit 5:1 aus der Arroganz-Arena schossen auch mit uns kurzen Prozess machen würden, kommen nach diesem Debakel wieder die Zorniger-Hater um die Ecke, die diesen Trainer lieber heute als morgen gerne gefeuert sähen und nach einem Konzepttrainer wie bspw. Lucien Favre lechzen.
Dabei zeigt doch der Trend langsam aber sicher nach oben. Nach den ersten fünf punktlosen Spielen gewann der VfB in den darauffolgenden sieben Partien drei, spielte einmal unentschieden, verlor drei Spiele und zog im Pokal ins Achtelfinale ein. Unter die Niederlagen reihte sich zudem jene bei Bayer 04 Leverkusen ein, ein Spiel das man wegen zweimaliger Zwei-Tore-Führung nie und nimmer hätte verlieren dürfen und bei dem man ebenfalls vom Schiedsrichtergespann entscheidend benachteiligt wurde.
Natürlich ist das Defensivverhalten der gesamten Mannschaft nach wie vor grausig und macht große Sorgen. Das derzeitige Verletzungspech tut ein Übriges und birgt die Gefahr, dass Leistungsträger zu früh wieder ran müssen und in den ersten Einsätzen noch keine große Hilfe sind. Serey Dié ist ein solches Beispiel, gegen Darmstadt und bei den Bayern wirkte er übermotiviert, wohl auch, weil die Unterstützung seiner Mittelfeldkollegen fehlt und er dazu neigt überall sein und jedes Loch selbst stopfen zu wollen. Gegen Darmstadt wurde er gelb-rot-gefährdet ausgewechselt, gegen die Bayern war es wohl sein Glück, dass die Bayern schlicht zu schnell waren und der VfB ohnehin nicht in die Zweikämpfe kam. Er steht weiterhin bei vier gelben Karten und handelt sich die Sperre hoffentlich nicht für das nächste Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund ein.
Anlass zur Hoffnung gibt indes, dass, auch der Verletzungsmisere geschuldet, immer mehr Youngster ihre Einsatzzeiten erhalten. Philip Heise entwickelt sich zu einer ernsthaften Alternative für Insúa, Wanitzek und Ristl kamen jüngst zu Einsätzen, während sich der 18-jährige Arianit Ferati längst zu einer festen Größe entwickelt hat und immer und überall rein geschmissen werden kann. Schon beim nächsten Spiel könnte wegen der Offensiv-Ausfälle die Stunde des Ukrainers Boris Tashchy schlagen, der sich bei den Amas für höhere Weihen empfohlen hat und damit auch die neu erfundene Durchlässigkeit von den Amateuren zu den Profis unterstreicht.
Zorniger hält also, derzeit auch notgedrungen, Wort und setzt vermehrt auf den eigenen Nachwuchs. Zu gerne würde er dabei auch auf Joshua Kimmich zurückgreifen, der gegen den VfB im Dress der Bayern eine Galavorstellung hinlegte und jene Reife offenbarte, die man ihm beim VfB vor gut zwei Jahren abgesprochen hatte. Zorniger, der Kimmich bereits in Leipzig unter seinen Fittichen hatte, ließ sich am Samstag gar zu der Aussage hinreißen, er würde am liebsten jeden erschlagen, der an der Entscheidung damals beteiligt war, Kimmich nach Leipzig zu transferieren.
Schlüsselfigur dieser so fatalen Fehlentscheidung war (natürlich) Fredi Bobic. Vor seinem Abgang 2013 vermochte man diesem riesen Talent keine Perspektive aufzuzeigen um wenigstens bei den Amateuren Spielpraxis zu erlangen. Kimmich wollte das letzte U19-Jahr überspringen und gleich im Profibereich Fuß fassen, was Bobic unter Verweis auf die damaligen Platzhalter Rani Khedira und Robin Yalçın nicht zuließ. Eine fatale Fehlentscheidung, wenn man betrachtet, dass Rani Khedira bei Red Bull Leipzig derzeit so gut wie keine Rolle mehr spielt und Robin Yalçın inzwischen bei Çaykur Rizespor in der Türkei spielt, dort jedoch immerhin als Stammkraft.
Thomas Albeck und Frieder Schrof, langjährige Jugend-Koordinatoren, wurden von Bobic quasi weggemobbt, indem er sie immer mehr in ihren Kompetenzen beschnitt und zuerst Marc Kienle und dann auch noch Ralf Becker vor die Nase setzte. Der damalige Präsident Gerd E. Mäuser dachte überhaupt nicht daran, diese One-Man-Show zu beenden und eine Leitlinie vorzugeben, wie man mit langjährigen, erfolgreichen Mitarbeitern umzugehen hat. So griff Ralf Rangnick in Leipzig zu, der beide aus seiner VfB-Zeit gut kannte, mit dem Ziel, dem VfB den Rang in Sachen bester Nachwuchsarbeit abzulaufen.
Da lag es dann natürlich auch auf der Hand bei einem, möglicherweise, Jahrhunderttalent wie Joshua Kimmich zuzugreifen, wenn sich die Möglichkeit bietet. Natürlich lässt sich Bobic jetzt dafür auf die Schulter klopfen, eine Rückkaufoption vereinbart zu haben und kritisiert den VfB dafür, Kimmich letztlich an die Bayern verkauft zu haben. Diese Entwicklung aber hat einzig und allein er zu verantworten. Zum einen war Kimmich faktisch verkauft und ist daher nicht als Leihgeschäft zu betrachten. Zum anderen war der VfB in der Bobic-Ära auch nicht dafür bekannt, sich um verliehene oder abgegebene Spieler besonders zu kümmern. „Aus den Augen, aus dem Sinn“, so entfremdeten sich in den letzten Jahren ja auch Daniel Didavi, Julian Schieber und Raphael Holzhauser, die während der Leihen mehr als Spieler des aufnehmenden Vereins wahrgenommen wurden denn als VfB-Spieler.
Robin Dutt hat, gerade um solche Entwicklungen zukünftig zu vermeiden, den Posten des Team-Managers geschaffen. Günther Schäfer ist dieser Posten wie auf den Leib geschneidert, der u. a. dazu dienen soll, Kontakt zu verliehenen Spielern zu halten, sie über Geschehnisse beim VfB auf dem Laufenden zu halten und auch darüber einzubinden, was der VfB nach der Leihe mit ihnen vor hat. All das gab es zu Bobic‘ Zeiten nicht, wie mir jüngst in St. Gallen Daniel Didavi bestätigte, der erst kurz vor dem Ende seiner Leihe zum 1. FC Nürnberg vom VfB hörte und wohl auch nur deshalb seinen Vertrag verlängerte, weil er zu jenem Zeitpunkt schwer verletzt war.
Dass ausgerechnet jetzt wieder Bobic um die Ecke kommt und den Verkauf Kimmichs an den FC Bayern kritisiert, schlägt dem Fass den Boden aus. Die Fehler wurden 2013 gemacht, jetzt hatte der VfB keine andere Wahl mehr. Wenn der FC Bayern ruft, fehlen einem ohnehin die guten Argumente. Der Spieler hatte mit dem VfB abgeschlossen, also war es utopisch mit ihm zu einer vertraglichen Verständigung zu kommen. Was eine Rückkaufoption wert ist, wenn der Spieler nicht (mehr) möchte, sei dahingestellt.
Bobic sollte einfach mal die Klappe halten und Kommentare über die Geschehnisse beim VfB Fachleuten überlassen. Zorniger und Dutt haben noch einen Berg von Arbeit vor sich, bis die Scherben aufgekehrt sind, die Bobic hinterlassen hat. Da verbietet es sich diesem Schlaumeier von selbst, Öl ins Feuer zu gießen und zu versuchen Unruhe zu schüren.
Meine feste Überzeugung ist nach wie vor, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Ich kann immer nur betonen, dass Dutt und Zorniger auch nicht meine Wunschkandidaten waren und für mich auch keine Heilige sind. Ich sehe uns lediglich am Beginn einer langen Entwicklung und habe keine Lust darauf, schon jetzt wieder alles über den Haufen zu werfen, um erneut bei null anzufangen. Zornigers Auftreten ist das eine oder andere Mal grenzwertig, auch das gebe ich zu. Aber, er ist bis in die Haarspitzen motiviert, den VfB besser zu machen und sicher auch nicht so blauäugig zu denken, dass mit der derzeitigen Gegentorflut irgendein Blumentopf zu gewinnen ist. Er wird weiter an der Stabilität und der Balance zwischen Defensive und Offensive arbeiten, muss aber eben mit dem Spielermaterial auskommen, das ihm zur Verfügung gestellt wird. In vielen Spielen, die wir verloren haben, waren es Nuancen, die zum Erfolg gefehlt haben. Mittlerweile schaffen wir es, Spiele gegen Mitkonkurrenten zu gewinnen, auch wenn es nicht immer schön aussieht. Die Entwicklung ist also da und sollte nicht gestoppt werden, weil viele im Umfeld schon wieder die Geduld und die Nerven verlieren. Es entsteht inzwischen ein Team, mit dem sich die Leute identifizieren können und das seit langem wieder die Massen mobilisiert und auch begeistert. Selbst, sollten uns in naher Zukunft Spieler wie Harnik, Didavi und Kostic verlassen, ist mir nicht bange, dass die Entwicklung weiter in die richtige Richtung geht und wir für die nächsten Jahre gut aufgestellt sein werden.
Was wir brauchen ist endlich mal wieder so etwas wie Kontinuität und nicht alle paar Monate einen neuen Trainer. Die vielen Trainerwechsel der letzten Jahre haben uns schließlich dorthin gebracht, wo wir jetzt stehen, in die Abstiegszone der Bundesliga nämlich.
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21. Oktober 2015
Stehen Bundesligapausen wegen Länderspielabstellungen an, beschleicht mich seit geraumer Zeit ein merkwürdiges Gefühl. Oft wirkt die Mannschaft vor den Pausen so, als käme sie auf dem Zahnfleisch daher und der sportliche Erfolg hält sich ohnehin in Grenzen, so dass man die Pause herbeisehnt und die große Hoffnung hat, die Nationalspieler könnten mit Erfolgserlebnissen zurückkehren und hätten durch den Heimatbesuch den Resetknopf gefunden, während die Daheimgebliebenen trainierten, trainierten, trainierten, um es nach der Pause besser zu machen.
Nach den Pausen folgte die Ernüchterung meist auf dem Fuße, weil sich offensichtlich nichts geändert hat und die Scheiße wieder von vorne los ging.
Ob es sich hierbei nur um ein Gefühl handelt oder es den Tatsachen entspricht, dass der VfB in unschöner Regelmäßigkeit den Re-Start verschläft, hat mich interessiert, so dass ich einmal die Bundesligaspiele seit Anfang 2013 aufgelistet habe, die unmittelbar nach Länderspielen folgten:
12.09.2015 Hertha BSC Berlin-VfB Stuttgart 2:1
04.04.2015 VfL Wolfsburg-VfB Stuttgart 3:1
23.11.2014 VfB Stuttgart-FC Augsburg 0:1
18.10.2015 VfB Stuttgart-Bayer 04 Leverkusen 3:3
13.09.2014 Bayern München-VfB Stuttgart 2:0
08.03.2014 VfB Stuttgart-Eintracht Braunschweig 2:2
22.11.2013 VfB Stuttgart-Bor. M’Gladbach 0:2
20.10.2013 Hamburger SV-VfB Stuttgart 3:3
13.09.2013 Hertha BSC Berlin-VfB Stuttgart 0:1
17.08.2013 VfB Stuttgart-Bayer 04 Leverkusen 0:1
30.03.2013 VfB Stuttgart-Borussia Dortmund 1:2
09.02.2013 VfB Stuttgart-Werder Bremen 1:4
13:25 Tore, 6 Punkte, so die magere Bilanz der letzten zwölf (!) VfB-Auftritte im Anschluss an Länderspiele.
Zufall oder ein weiterer Hinweis darauf, wie es um den Charakter der Truppe und deren professionelle Einstellung bestellt ist? Steck(t)en die Reisestrapazen zu sehr in den Knochen oder meinten unsere Nationalspieler nach Siegen gegen Albanien oder gegen die Malediven das sie schon wieder die Größten wären? Fällt es so schwer, den Schalter umzulegen von einem Länderspiel auf ein „normales“ Bundesligaspiel? Warum hat unsere Truppe diese Probleme, während es vor allem die Spitzenteams mit ungleich mehr Nationalspielern scheinbar mühelos schaffen, sich Spiel für Spiel neu zu fokussieren und zu konzentrieren. Auch wenn Trainer derer Mannschaften ausgiebiger rotieren können als ein VfB-Trainer, zeugt auch diese mentale Stärke von Qualität, die uns schon seit einiger Zeit abgeht.
Da während der Abstellungsperiode weitestgehend „normal“ trainiert wird, darf man auch vom einen oder anderen Nichtberücksichtigten erwarten, dass er während dieser Zeit und in einer übersichtlichen Trainingsgruppe versucht, auf sich aufmerksam zu machen und besonders Gas gibt und sich nicht in sein Schneckenhaus zurückzieht und lamentiert, dass er hier Dienst nach Vorschrift schieben und nicht für sein Heimatland die Knochen hinhalten darf. Mir fällt auf die Schnelle kein Einziger ein, der diese Chance genutzt hätte. Einem Spieler, der vorher Reservist war wurde auch nach den Länderspielen eher noch der Platzhalter vorgesetzt, der quasi gerade erst aus dem Flugzeug gestiegen ist. Dieser Umstand spricht auch nicht für die Trainer und das Vertrauen in die Spieler auf Reservebank oder Tribüne.
Diese Auflistung und der Vorwurf an „die Trainer“ hat freilich nichts mit dem aktuellen Trainerteam zu tun und soll eher einen weiteren Blick in die Vergangenheit und was damals schief lief bedeuten.
Es ist nur dieses Gefühl, das mich zum verfassen dieser Zeilen bewog, dass wir stets schlecht aus Bundesligapausen kamen, das ich hiermit verifizieren konnte. Umso mehr begeistert es mich, dass es der VfB erstmals seit über zwei Jahren schaffte, „das Spiel danach“ für sich zu entscheiden.
Gut, es war „nur“ Ingolstadt, trotzdem bin ich nicht damit einverstanden, diesen Sieg kleinzureden. Der Aufsteiger FC Ingolstadt mit seinem eloquenten Coach Ralph Hasenhüttl spielt bisher eine bemerkenswerte Runde und reiste als beste Auswärtsmannschaft in die Landeshauptstadt. Mit vier Auswärtstoren und nur einem Gegentor erspielten sich die Schanzer sagenhafte zehn Punkte, was als Fingerzeig zu werten ist, wie schwierig es ist, gegen sie überhaupt ein Tor zu erzielen.
Vor und nach dem Spiel erwiesen wir bereits Otto’s Vesperstüble unsere letzte Ehre, das am Sonntag endgültig seine Pforten schloss. Ein Jammer, nach dem Aus der altehrwürdigen Stadiongaststätte fällt eine weitere Institution der Abrissbirne zum Opfer. Dort erreichte mich dann auch eine Stunde vor Anpfiff die Mannschaftsaufstellung.
Zu meiner Enttäuschung lautete diese genau gleich wie zwei Wochen davor an der Autobahnraststätte Kraichgau. Viele waren sich sicher, dass Przemyslaw Tytoń, der auf der Spieltagspressekonferenz von Trainer Alexander Zorniger angezählt wurde, durch Odisseas Vlachodimos ersetzt werden würde. Auch Arianit Ferati und Jan Kliment, die im Kraichgau maßgeblich zum Punktgewinn beitrugen, hätte ich einen Startelfplatz zugetraut. Bewegung in der Startelf hätte ich als positiv gewertet, auch um die Jungs für ihre guten Leistungen in Sinsheim zu belohnen. Aber, der Trainer sieht seine Spieler tagtäglich, sieht wie sie von den Länderspielreisen zurückgekommen sieht und er hat, da wir gewonnen haben, zunächst einmal alles richtig gemacht!
Eine Berufung von Vlachodimos in die Startelf hätte für mich einen gewissen Charme ausgestrahlt. Mit seinen 21 Jahren braucht er mehr Spielpraxis, da Tytońs Position nicht mehr die beste war, wäre es eine günstige Gelegenheit Vlachodimos hineinzuwerfen und sich frei schwimmen zu lassen. Ohne Gewähr natürlich, aber, dann hätte man schnell erkannt, ob er die Chance beim Schopfe packt oder ob er doch noch nicht so weit ist, wie uns das Trainerteam stets weismacht. Vermutlich wäre es auch für Alexander Zorniger die bequemste Lösung gewesen, Tytoń der Meute zum Fraß vorzuwerfen und den Jungen, nach dem viele schreien, ins kalte Wasser zu schmeißen und auf Risiko zu spielen.
Wenn von den vorwiegend Stuttgarter Medien Alexander Zorniger jegliches psychologisches Geschick abgesprochen wird, hat er in der Personalie Tytoń bereits zum zweiten Mal außerordentliches Geschick an den Tag gelegt. Seit seiner öffentlichen Anzählung und seiner Ausbootung fürs Berlin-Spiel blüht Timo Werner auf und jetzt legt Przemyslaw Tytoń sein bestes Spiel hin, nachdem Zorniger ihm nicht mehr bedingungslos den Rücken gestärkt hat. Dies öffentlich wohlgemerkt, was hinter verschlossenen Türen geschieht, wie Zorniger seine Jungs dort einschwört, wissen die Medien wohl genauso wenig wie wir Fans. Ich habe es kürzlich schon einmal geschrieben, bedenklich wird es erst, wenn Zorniger über einen Spieler nicht mehr spricht, so lang er ihn kritisiert, formuliert, was er von ihm verlangt, so lang möchte Zorniger den Spieler weiter bringen und lässt ihn nicht fallen.
Wie bei Werner, so auch bei Tytoń, scheint Zorniger die richtigen Worte gefunden zu haben. Tytoń machte sein bisher bestes Spiel im Dress mit dem Brustring und weiß wohl genau, was die Stunde geschlagen hat.
Für mich war Tytoń bisher zwar auch noch nicht die erhoffte Verstärkung nach Ulreich, schlechter präsentierte er sich aber auch nicht. Er hatte einige sehr unglückliche Aktionen in seinem Spiel, litt aber natürlich auch unter dem schwachen Defensivverhalten der gesamten Mannschaft, so dass ich noch nicht bereit war, den Stab über ihn zu brechen. Den letzten beißen nun mal die Hunde! In puncto Spieleröffnung und Stellungsspiel gefiel er mir in den ersten Spielen gar nicht so schlecht, wie er oft gemacht wurde. Die Pfiffe in Sinsheim waren für mich total daneben. Nur aufgrund von Vlachodimos „Jugend“ und einer Veränderung willens hätte ich für einen Torwartwechsel unterschrieben, in der Hoffnung, Vlachodimos würde an der Aufgabe wachsen und der gesamten Truppe Aufbruchsstimmung vermitteln. Nach Tytońs Leistung gegen Ingolstadt ist der Torwartwechsel aber vorerst vom Tisch und auch das ist gut so.
Das Spiel begann für den VfB denkbar ungünstig. Bereits in der vierten Minute brachte Martin Harnik Hübner im Strafraum zu Fall, indem er ihm ungestüm das Standbein weg zog. Ein ungeschriebenes Fußball-Gesetz besagt, Stürmer haben im eigenen Strafraum nichts zu suchen, was sich in dieser Situation mal wieder bewahrheitete. Nicht auszudenken, wie schwer die Aufgabe geworden wäre, hätten wir nach vier Minuten bereits 0:1 zurückgelegen. Nicht nur, dass sich ein defensiv starker Kontrahent dann komplett hätte zurückziehen können, während der VfB blind und mit dem Mute der Verzweiflung hätte anrennen müssen und dabei noch aufpassen hätte müssen, den entscheidenden Konter zum 0:2 zu vermeiden. Es wäre sicher sehr unangenehmes Spiel geworden.
So aber, Leckie, der äußerst schwach und unplatziert schoss und Tytoń, der auf dem Posten war und den Elfmeter hielt, sei Dank, es blieb beim 0:0. Tytoń hielt uns im Spiel und tankte durch diese Aktion so dringend benötigtes Selbstvertrauen.
Das Spiel selbst hatte relativ wenig mit den bisherigen Heimauftritten in dieser Saison zu tun. Der VfB stellte sich gut auf den Aufsteiger ein und lief den Ingolstädtern nicht ins offene Messer. Wohltuend verhalten, abwartend, kontrolliert ging der VfB das Unternehmen an, kam gegen zweikampfstarke Ingolstädter jedoch kaum zu nennenswerten Torchancen. Die beste noch vergab Timo Werner nach einem klasse Zuspiel von Serey Dié. Auf der Gegenseite verteidigte der VfB ordentlich, so dass auch Ingolstadt nicht zu klaren Einschussmöglichkeiten kam.
Nach knapp einer Stunde Spielzeit fiel er dann, der lang ersehnte und nicht unverdiente Führungstreffer. Florian Klein schlenzte einen Ball vom rechten Strafraumeck in Richtung des Kastens von Özcan, Didavi kam mit der Fußspitze noch dran und vollendete ins Ingolstädter Tor. Kurzer Blick zum Linienrichter, der Treffer zählte. Tosender Jubel von den knapp 45.000 VfBlern, welche Befreiung! Dass der Treffer zu Unrecht anerkannt wurde, belegten später die Fernsehbilder. Schämen musste man sich für diesen Sieg aber trotzdem nicht, gab es doch noch viel krassere Fehlentscheidungen an diesem Wochenende. Solang sich der Milliardensport Fußball nicht dazu durchringen kann, wenigstens dem vierten Offiziellen ein kleines TV-Gerät hinzustellen, um spielentscheidende Szenen schnell aufzulösen, so lang lohnt es sich auch nicht, sich seine Nerven wegen dieses Schwachsinns zu ruinieren.
Und überhaupt, diese Fehlentscheidung reihte sich auch nur nahtlos in die Spielleitung von Guido Winkmann ein. Winkmann, von Beruf Polizeibeamter, der wohl im realen Leben nicht viel zu melden hat, fällt in bald jedem seiner Spiele als kleiner Giftzwerg auf, der weder Widerrede noch Diskussionen duldet und scheinbar unbeirrt seinen Stiefel herunterpfeift. Für mich als Fan hat er eine widerlich arrogante Körpersprache, die bei den Spielern sicherlich nicht viel besser ankommt.
In schlechtester Erinnerung habe ich dabei noch das 1:3 in Mainz 2011, als er zwei klare Elfer für uns nicht gab und stattdessen den Mainzern einen unberechtigten schenkte. Lang ist es her, man sagt, solche Dinge gleichen sich aus, solang diese Pfeifenmänner einem aber lange zehn bis 15 Jahre auf den Sack gehen, wiederholt sich die Geschichte mitunter auch schon mal. So zeigte der Referee den gelben Karton mit Vorliebe VfBlern und ahndete ähnliche Fouls der Schanzer nicht oder zumindest nicht mit gelb und brachte das Publikum dadurch gegen sich auf.
Ihn, den Polizeibeamten, der den wütenden Mob von der Straße ja gewohnt sein sollte, motivierte es sichtlich noch, das ganze Stadion gegen sich aufgebracht zu haben, so dass er seiner unwürdigen Leistung noch die Krone aufsetzte, indem er Serey Dié zu Unrecht des Feldes verwies.
Ob Herr Winkmann vom Niederrhein eine Affinität zu Bayer 04 Leverkusen hat, weiß man natürlich nicht, geholfen hätte er ihnen mit dem Platzverweis jedoch schon, ist Serey Dié doch DER Leader im Team, DAS Kampfschwein und ein Spielertyp, der uns sonst komplett abgeht und in der BayArena gesperrt ist.
Schon nach dem Führungstreffer, erst recht nach dem Platzverweis warf Ingolstadt alles nach vorne und kam zu einigen Abschlüssen, meist jedoch aus ungünstigem Winkel. Stets fanden sie ihren Meister in Przemyslaw Tytoń, der am Sonntag alles hielt, was auf sein Tor kam und den Sieg letztlich festhielt.
Erster Heimsieg in dieser Saison und immerhin sieben Punkte aus den letzten vier Spielen. Der Trend zeigt vorerst nach oben, auch wenn die Aufgaben nicht einfacher werden. Erst in Leverkusen, dann zu Hause gegen Darmstadt und dann bei den Bayern in der Arroganz-Arena. Damit ist ein Heimsieg gegen Darmstadt fast schon wieder Pflicht.
Aber auch in Leverkusen gilt es nicht kampflos das Feld zu räumen. Der VfB wird auch dort seine Chancen bekommen, mehr vielleicht sogar als gegen Ingolstadt. Wir brauchen „nur“ jemanden, der sie reinmacht. Daniel Ginczek wird schwer vermisst, so dass schon manch einer darüber lamentiert, dass wir Vedad Ibisevic zur Berliner Hertha abgegeben haben und zu allem Überfluss auch noch erhebliche Teile seines fürstlichen Honorars (danke, Fredi!) übernehmen. Diese Kritiker sind jetzt erst einmal wieder verstummt, nachdem sich Vedad, just nach überstandener Probezeit, gleich einmal vier Wochen Sonderurlaub genehmigte.
Neben Serey Dié werden wohl auch weiterhin Christian Gentner und Filip Kostic nicht einsatzbereit sein, so dass Zorniger zu Umstellungen gezwungen sein wird. Lukas Rupps Auftritt gegen Ingolstadt fand ich ganz ordentlich, sollte Gentner weiterhin ausfallen, würde ich ganz gerne einmal Carlos Gruezo mit Rupp zusammen sehen, sofern sein Gesundheitszustand einen Einsatz über 90 Minuten zulässt. Da er zuletzt zwei Mal auf der Bank saß, scheint das Vertrauen des Trainers und seine Fitness ja vorhanden zu sein.
Sei es, wie es ist. Dieser Sieg gegen Ingolstadt hat Dutt und Zorniger eine Woche zum verschnaufen gebracht, eine Woche, in der nicht über Nachfolger diskutiert wird, in der nicht vom Verein verlangt wird, wieder einmal alles über den Haufen zu werfen. Man spürt, wie gut das tut und sehnt sich nach weiteren Erfolgserlebnissen, damit diese Diskussionen irgendwann einmal endgültig der Vergangenheit angehören und wir, das gesamte Umfeld, es zulassen, dass der VfB sich runderneuert.
Da bin ich ganz bei Alexander Zorniger, der vor ein paar Wochen fast flehend deutliche Worte fand und in die Mikrophone schrie „Es geht darum, die ganze Scheiße der letzten Jahre zu stoppen“.
Das klappt nicht von jetzt auf gleich, auch nicht morgen und auch nicht übermorgen. Wir müssen uns Stück für Stück entwickeln, von Altlasten befreien, neue Kräfte holen, sich die Spieler an ein neues System gewöhnen lassen, die, denen die (Spiel-)Intelligenz dafür fehlt, abgeben, spielintelligentere Jungs holen und das geht eben aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel nur von Transferperiode zu Transferperiode. So geht es zunächst darum, uns mit noch ein paar Pünktchen mehr in die Winterpause zu retten, um dann mit neuen Kräften den nächsten Schritt zu gehen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Apropos Rom: die führten am gestrigen Dienstag eindrucksvoll vor „Wie schießt man Tore gegen Leverkusen“.
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27. September 2015
Der Heimkomplex setzt sich fort, viertes Heimspiel, vierte Niederlage! Zum vierten Mal mit einem deutlichen Chancen-Plus, aber auch zum vierten Mal den Gegner durch zu naives Abwehrverhalten zum Siegen eingeladen. Wieder einmal weist uns nahezu jede Statistik als bessere Mannschaft aus. Ob Passquote, gewonnene Zweikämpfe oder die Torschussstatistik, es ist schon grotesk, wie es der VfB immer wieder schafft, diese sonst so aussagekräftigen Parameter ad absurdum zu führen.
Dieses Spiel führte uns wieder einmal schmerzhaft vor Augen, dass wir ein riesen Qualitätsproblem in der Abwehr haben. Einzig Insúa hebt das Niveau (defensiv) ein wenig an. Przemyslaw Tytoń ist (noch) keine Verstärkung, was die Nachfolge von Sven Ulreich betrifft, was schon viel über seine bisherigen „Leistungen“ aussagt. Keines der drei gestrigen Gegentore kann man ihm direkt anlasten, dennoch hätte bspw. ein Jens Lehmann die Flanke, die zum 0:1 führte, mühelos herunter gepflückt und das wohl auch jetzt noch im gesetzten Alter und ohne Training. Dass man in solchen Situationen Ulreich aber auch nicht hinterher zu weinen braucht, ist selbstredend klar, dieser klebte ja ähnlich auf der Linie wie Tytoń. Bitter, dass Mitch Langerak weiterhin auf unbestimmte Zeit ausfallen wird und Odisseas Vlachodimos auch nicht der Heilsbringer auf dieser Position ist.
Die Fehlerkette, die zum wohl spielentscheidenden Rückstand führte, ist aber natürlich länger. Der Ball war eine Ewigkeit in der Luft, zudem kennt man die Standards von Raffael zur Genüge, das muss einfach besser (bzw. überhaupt) verteidigt werden und auch Granit Xhaka darf im Leben nicht so frei am Fünfmeter-Raum zum Kopfball kommen.
Die Innenverteidigung mit Toni Sunjic und Timo Baumgartl wirkt schlecht abgestimmt, Sunjic lässt sich mittlerweile auch schon von der allgemeinen Verunsicherung anstecken, Respekt, gerade einmal drei Spiele hat er dafür benötigt. Timo Baumgartl hingegen wird immer mehr zum Bruder Leichtfuß und wirkt mehr und mehr verunsichert. Eigentlich täte ihm eine Pause einmal gut, umso bitterer ist es, dass wir in der Innenverteidigung keine ernsthafte Alternative zu den beiden haben. Daniel Schwaab und Georg Niedermeier scheinen mehr denn je von der Stammelf entfernt zu sein und überhaupt kein Vertrauen zu genießen, allein beim Gedanken an Adam Hlousek als mögliche Alternative bekomme ich schon Panikattacken.
Auch Florian Klein befindet sich derzeit in einem schon länger währenden Tief und wird seiner Rolle als Führungsspieler in keinster Weise gerecht. Schwere Stellungsfehler (wie beim 0:2) gepaart mit fahrigen Abspielen lassen auch ihn zu einem Unsicherheitsfaktor in einer ohnehin schon verunsicherten Truppe werden. Zu Klein haben wir jedoch ebenfalls keine ernsthafte Alternative im Kader, der ihm mal Druck machen könnte. Nominell steht Daniel Schwaab zwar parat, der zwar seit seiner Verpflichtung braver und ruhiger Gehaltsempfänger ist, auf dem Platz aber selten überzeugen konnte und für mich eher Innen- als Außenverteidiger ist.
Auch wenn Defensivarbeit im Offensivbereich beginnt, auch wenn wir außer Serey Dié im Mittelfeld keine weitere Bank haben, die gedankenschnell eine gesunde Balance aus Absicherung nach hinten und Ankurbelung nach vorne verkörpert, steht eine Blutauffrischung in der Viererkette in der Prioritätenliste an oberster Stelle und kann im Normalfall erst im Wintertransferfenster erfolgen. Ob man allerdings bis zum Winter warten möchte und warten kann müssen die Verantwortlichen mit sich ausmachen. Als Fan auf der Tribüne ist es äußerst ärgerlich mitzuerleben, wie einem durch ein solch amateurhaftes Abwehrverhalten ständig die Butter vom Brot gekratzt wird. Was einen dabei fast schon verzweifeln lässt, ist, dass mit diesem Kader wenig Hoffnung auf baldige Besserung besteht. Natürlich liegt es bei der Fülle an Torchancen, die erarbeitet werden, immer auch im Bereich des Möglichen, dass wir mal ein Spiel 4:3 oder 5:4 gewinnen, sehr wahrscheinlich ist das wiederum auch nicht. Im Gegenteil, mit dem neuen Hurra-Stil rennen wir jedem Gegner derzeit ins offene Messer, der sich darauf verlassen kann, dass der VfB seine Chancen fahrlässig liegen lässt und es auf der anderen Seite ob der hohen Verteidigungsstrategie fast zwangsläufig zu Kontersituationen in Überzahl kommt.
Reift in den Verantwortlichen jedoch die Erkenntnis, dass dieser Kader und speziell der Abwehrverbund Bundesligaansprüchen wider Erwarten doch nicht genügt, lohnt sich womöglich ein Blick auf die Liste der arbeitslosen Fußballer, die man auch außerhalb einer Transferperiode auch noch unter Vertrag nehmen könnte.
Prominenteste Namen auf dieser Liste (in Deutschland) und in Bezug auf unseren Problem-Stellen wären Alexander Madlung für die Innenverteidigung und Patrick Ochs für die des Rechtsverteidigers. Beide haben eine ordentliche Vergangenheit, über ihr derzeitiges Leistungsvermögen und wie sie momentan im Saft stehen, weiß man natürlich wenig. Eine Überlegung wert wäre es meiner Ansicht nach schon, diese beiden spätestens zur Bundesligapause einzuladen und sie im Training unter die Lupe zu nehmen. Bei allem Jugendwahn und sich auf die Fahnen geschriebenem Grundsatz, Lücken lieber aus den eigenen Reihen zu schließen, als Leute von außerhalb zu holen, die die Qualität nicht spürbar anheben, steht uns das Wasser schon fast bis zum Hals, so dass man nichts unversucht lassen sollte, um das Abwehrproblem zu beheben.
Eine andere Baustelle ist man offensichtlich noch immer nicht bereit ernsthaft anzugehen. Christian Gentner, der gestern sein 200. Bundesligaspiel für den VfB absolvierte und zur Feier des Tages auch (ins eigene Tor) traf, gehört durch Carlos Gruezo oder Lukas Rupp ersetzt, die beide mehr Dynamik versprühen und auch durch eine größere Spielintelligenz und Handlungsschnelligkeit bestechen. In schwierigen Zeiten wie diesen, in denen mehr und mehr der Trainer hinterfragt wird, darf vor unpopulären Maßnahmen nicht Halt gemacht werden. Unsere ärmste Sau auf dem Platz ist doch derzeit Serey Die, der aber nicht überall sein kann und tatkräftige Unterstützung im defensiven Mittelfeld dringend gebrauchen könnte.
Auch offensiv ist derzeit längst nicht alles Gold was glänzt. Daniel Ginczek reibt sich zwar bewundernswert auf, powert sich aus, ihm fehlt aber seine alte Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. Symptomatisch, wie er aussichtsreich in der 1. Halbzeit ein Luftloch schlug.
Timo Werner hat sein Tor in Hannover und das wiedergekehrte Vertrauen in seine Leistungsstärke sichtlich gut getan, er ist wieder im Kommen und dürfte Martin Harnik fürs erste verdrängt zu haben. Harnik ist ein Schatten seiner selbst, was nicht zuletzt an seiner ungeklärten Vertragssituation liegen dürfte. Es ist ein Teufelskreis derzeit, zum einen wollte er abwarten, wie die Entwicklung des VfB verlaufen würde und ob er sich dann ggf. eine Vertragsverlängerung vorstellen könnte. Zum anderen beschäftigt ihn dies offensichtlich so stark, dass er einen großen Anteil daran hat, dass die Entwicklung nicht wie erwünscht verläuft. Die Zeichen stehen im Moment ganz klar auf Trennung.
Ähnlich auch die Personalie Daniel Didavi. Auch er wollte abwarten, nachdem man ihm einen sofortigen Wechsel zu Bayer Leverkusen verwehrt hatte. Dieser stand kurz vor Schließung des Transferfensters noch zur Debatte, seitdem, namentlich seit dem 1:4 gegen Eintracht Frankfurt ist er für mich auch nur noch ein Schatten seiner selbst. Der für mich beste Fußballer in Reihen des VfB setzt zwar nach wie vor Akzente und reibt sich auch in der Defensivarbeit auf, aber, er trägt den Kopf sichtbar unten, von der Spielfreude der ersten Spiele ist er weit entfernt. Es ist einfach traurig zu sehen, wie sehr die Schere zwischen arm und reich, zwischen einem „normalen“ Bundesligaverein und einem Werksclub und Champions League Dauergast inzwischen auseinander gegangen ist. Der VfB kann sich noch so strecken und seinem besten Spieler drei Millionen Euro Jahresgehalt anbieten, wenn dann aber ein reicher Verein kommt und dem Spieler bis zu acht (!) Millionen Euro anbietet, hast Du als VfB keine Chance und beim Spieler selbst beginnt das große Kopfkino. Ich werde den Eindruck nicht los, dass Dida der Kopf gehörig verdreht wurde und er dadurch nicht mehr voll bei der Sache ist. Ihm unterstelle ich nicht einmal Söldnertum, hat er doch eine hohe Identifikation mit dem VfB. Dennoch werden in ihm Zweifel hoch kommen, ob er nicht eine große Chance verpasst hat, was ihn zusätzlich blockieren könnte.
Auch Filip Kostic war Objekt der Begierde und erscheint mir seither unzufrieden mit der Gesamtsituation zu sein. Die Leichtigkeit ist ihm abhanden gekommen. Zudem verzettelt er sich zu oft in Einzelaktionen, auf die sich die gegnerischen Teams inzwischen eingestellt haben, er war schon wirkungsvoller für das VfB-Spiel wie zuletzt. Zu allem Überfluss zog er sich gestern auch noch einen Muskelfaserriss zu und wird in Sinsheim ausfallen. Ich bin schon wieder am Punkt angelangt, dass ich nach der Niederlagenserie den Ausfall eines gesetzten Spielers auch als Chance begreife für denjenigen, der ins Team rückt, vor allem, weil unser Spiel zunächst schwerer auszurechnen ist und die Mitspieler seines Eigensinns überdrüssig zu sein scheinen.
Wir sind an einem gefährlichen Punkt angelangt. Eigensinn, latente Unzufriedenheit und dadurch immer öfter auch fehlendes Vertrauen zum oder Hadern mit dem Nebenmann. Diesen Tendenzen muss das Trainerteam, evtl. auch unter zu Rate ziehen des Sportpsychologen Laux, schnellstens entgegen wirken. Es wird ja bereits gemunkelt, die Chemie zwischen Mannschaft und Trainer stimme nicht, Nachtigall ick hör dir trapsen. Sollte dem so sein und vor allem, sollte dies nicht nur Bank- oder Tribünenhocker betreffen, wäre das womöglich schon wieder der Anfang vom Ende der Zorniger-Ära. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass die Mannschaft, in wechselnder Besetzung, einen Trainer im Herbst zum Abschuss freigibt.
Dutt und Zorniger müssen hier genau in die Mannschaft hinein horchen und etwaigen Tendenzen in eine solche Richtung vehement entgegenwirken. Der VfB tut gut daran, sich vom eingeschlagenen Weg mit Zorniger nicht abbringen zu lassen und den Teamumbau einhergehend mit dem Systemwechsel konsequent weiterzuverfolgen.
Ein Trainer kann die Torchancen nicht selbst verwerten und er ist auch nicht dafür verantwortlich, wenn hochbezahlte Profifußballer anfängerhafte Fehler machen. Seine Möglichkeiten beschränken sich darauf, die fußballerisch beste, vielleicht zugleich nervenstärkste, Truppe auf den Platz zu schicken. Der VfB muss nun bestrebt sein, sich mit einem blauen Auge und noch drei oder vier Siegen in die Winterpause retten und dann personell nachbessern.
Wir befinden uns doch erst am Anfang des Umbruchs, der zwar Zeit braucht, dessen Preis jedoch auf keinen Fall der Abstieg sein darf. Hier muss die Balance zwischen Aufbauarbeit und Konkurrenzfähigkeit gefunden werden. Behält die Mannschaft die Offensivpower bei, ist mir dabei auch nicht bange. Die große Gefahr ist nur die, dass die Verunsicherung immer größer wird und Versagensängste weiter zunehmen werden, je mehr Niederlagen eingesteckt werden müssen. Würde dies offensichtlich zu Tage treten, würden langsam aber sicher die Mechanismen des Geschäfts greifen, und Rufe nach einem neuen Trainer, der die mentalen Blockaden löst, würden lauter werden.
Ich hoffe nicht, dass dieser Fall eintritt, dann träten wir weiter auf der Stelle und im nächsten Sommer würde das ganze Theater wieder losgehen. Und jährlich grüßt das Murmeltier…
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