26. August 2012

Verpatzter Auftakt

Der VfB hat den Saisonauftakt 2012/2013 vermasselt. Eigentlich begann der Tag ja wieder super! Aufgrund des Europa League Playoff Rückspiels bei Dynamo Moskau bereits am kommenden Dienstag, konnte die Auftaktbegegnung gegen Wolfsburg nach zähem Ringen doch noch von Sonntag auf Samstag vorverlegt werden. Das allerdings zur ungewohnten Anstoßzeit um 20.45 Uhr, so spät hatte in 49 Jahren Bundesliga noch nie zuvor eine Begegnung begonnen. Schon traditionell fand vor dem ersten Heimspiel auch in diesem Jahr die Karawane Cannstatt statt, die wie immer ein farbenfrohes und lautstarkes Spektakel bot und der sich immer mehr Brustringträger anschließen.

Der VfB schien für den Auftakt gut gerüstet. Dem lockeren Aufgalopp in Babelsberg gegen den SV Falkensee-Finkenkrug im DFB-Pokal folgte die Geduldsprobe im Hinspiel gegen Moskau, die der VfB letztendlich mit Bravour bestand.

Dass es gegen den VfL Wolfsburg ein schweres Spiel werden würde, war mir von vornherein klar. Der VfL kalkuliert diese Saison mit einem 90 Millionenetat und startet erneut einen Großangriff auf die Champions League Plätze. Dagegen kommt der VfB mit seinem 40 Millionenetat ziemlich bescheiden daher. Anders als in den Jahren zuvor wirken die Wolfsburger Einkäufe auch nicht planlos sondern sehr wohl bedacht. So fällt es auch nicht ins Gewicht, dass ein Helmes mit Kreuzbandriss ein halbes Jahr lang ausfällt, wenn man dafür einen Olic und einen Dost aufbieten kann. Auch die im letzten Jahr löchrige Innenverteidigung wurde mit Pogatetz, Naldo und dem zuletzt verliehenen Kjaer gut verstärkt. Hinter den Spitzen wirbelt der geläuterte Diego wie in besten Zeiten. In den letzten Jahren war es immer von Vorteil schon früh auf die Wölfe zu treffen, da diese naturgemäß einige Zeit brauchten, um sich einzuspielen, präsentierte Felix Magath doch während des geöffneten Transferfensters fast täglich neue Spieler. Nicht so in diesem Jahr, die Mannschaft wirkt homogen und eingespielt und ist wohl, so schwer es fällt dies auszusprechen, eine andere Hausnummer als der VfB.

Trotzdem war die Niederlage unnötig und sehr ärgerlich. Die Wolfsburger waren zwar fast die gesamte Spieldauer über reifer und zielstrebiger in ihren Aktionen als der VfB. Wenn man aber zwei Minuten vor Spielende beim Stand von 0:0 einen zumindest diskussionswürdigen Elfmeter zugesprochen bekommt, muss man dieses Geschenk einfach annehmen. Entgegen des ungeschriebenen Fußballgesetzes, dass der gefoulte Spieler den Elfer nicht selbst schießen sollte, trat Ibisevic an und vergab kläglich. Dass er dann noch den Nachschuss fast in Slapstickmanier in den Nachthimmel setzte, ist eigentlich unfassbar. Leider stand unser etatmäßiger Strafstoßschütze Kuzmanovic nicht auf dem Platz. Dennoch liegt es mir fern, den Stab über Ibisevic zu brechen, er ist und bleibt einer unserer wichtigsten Spieler und ein Stück weit auch Lebensversicherung. Bitter war eben, dass sich der VfB unmittelbar nach dem vergebenen Elfer auskontern ließ, Boka zu spät raus rückte, um die Flanke zu verhindern und Tasci und Maza Dost aus den Augen verloren und ungehindert einköpfen ließen.

Die Gründe für die Niederlage liegen woanders. Der VfB hat einfach keinen Diego in der Mittelfeldzentrale, der das Spiel schnell machen und Situationen antizipieren kann. Hajnal hat schon bessere Zeiten erlebt und Kvist ist eben ein Spieler, der den sicheren Rückpass bevorzugt und das Spiel gestern zu sehr verlangsamt hat. Gerade gegen einen gut gestaffelten Gegner wünscht man sich schnörkelloses, schnelles Spiel nach vorne, anstatt ihm jedes Mal zu gestatten, sich neu zu formieren. Auch die Standardsituationen, meist von Diego getreten, waren klar besser als die kläglichen Hereingaben, oft von Traore, die Benaglio fast ausnahmslos problemlos herunter pflücken konnte. So gehörte die erste Halbzeit den Gästen und der VfB war mit dem torlosen Remis zur Pause gut bedient. Mit der Hereinnahme von Torun und später auch Cacau wurde der VfB nach der Pause gefährlicher und zielstrebiger, doch richtig zwingend wurde es auch im zweiten Durchgang selten.

So gesehen war der Sieg der Wölfe nicht unverdient und aufgrund der finanziellen Möglichkeiten auch logisch.

Der VfB hat jetzt zunächst einmal den schweren Gang nach Moskau vor sich, wo es gilt, die Europa League perfekt zu machen. Ich bin mir sicher, dass dies auch gelingen wird, hilfreich wäre natürlich ein frühes Auswärtstor, um einen einigermaßen ruhigen Abend zu erleben.

Danach geht es am kommenden Sonntag zum Triple-Vize-Meister nach München. Da droht dann der komplette Fehlstart, da auch die Bayern entscheidend aufgerüstet haben und es auf jeden Fall vermeiden möchten, erneut der Musik hinterher zu laufen.

Selbst im Falle einer Niederlage dort, ist es auch dann noch nicht an der Zeit schwarz zu malen und alles in Frage zu stellen. Insgesamt ist der VfB nach wie vor, im Rahmen seiner Möglichkeiten, auf einem guten Weg. Man muss hier einfach den Realitäten ins Auge sehen, dass in der Liga die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander klafft und es einfach, wie 2007, alles passen müsste, um in die Phalanx der finanzkräftigeren Vereine einzubrechen. Von den finanziellen Möglichkeiten her war der sechste Platz in der Vorsaison schon fast das Optimum, was zu erreichen war. Die Krösusse Bayern und Dortmund sind uns meilenweit enteilt, die Werksklubs Gazprom Schalke, SAP Hoffenheim, VW Wolfsburg und Bayer Leverkusen haben weitaus bessere finanzielle Möglichkeiten. Bor. M’Gladbach hat sich nach dem Reus-Verkauf gut verstärkt. Hier bleibt es abzuwarten, welchen Knacks das mögliche Champions League Aus mit sich bringt und ob der Neidfaktor im Kader irgendwann eine Rolle spielen wird oder ob es Favre und Eberl schaffen, das Team bei Laune zu halten. Es ist ja auch nicht gerade unproblematisch, wenn teure Leute kommen und plötzlich das Doppelte verdienen wie arrivierte Kräfte, namentlich z. B. Hanke, Herrmann oder Stranzl. Sollten diese nicht sofort einschlagen und dem Team auf Anhieb weiter helfen, entsteht ein nicht zu unterschätzendes Konfliktpotential. Wir beim VfB sind diesbezüglich ja „gebrannte Kinder“.

Jeden dieser genannten Vereine in der Tabelle hinter sich zu lassen wäre ein Erfolg. Bei diesem Bemühen hat der VfB meines Erachtens in Hannover 96 und Werder Bremen zwei Konkurrenten auf Augenhöhe, für alle anderen Teams wird es weitestgehend darum gehen, die Klasse zu erhalten.

Daher sind meine Erwartungen in die neue Saison nicht überbordend hoch. Ich bin da eher Realist und kann mich mit den Tatsachen abfinden und in gewisser Weise auch anfreunden. Der VfB hat seit dem Fastabstieg 2011 einen Schritt nach vorn gemacht. Die Kaderkosten wurden auf ein vernünftiges Maß herunter geschraubt, die (verschwenderische) Ära Heldt gehört endgültig der Vergangenheit an. Der VfB kehrt zurück zu den Wurzeln, setzt ein größeres Augenmerk auf den eigenen Nachwuchs, anstatt die zweite Reihe mit mittelmäßigen Großverdienern von außen aufzublähen. Auch wenn es viele nicht mehr hören können, stehen wir wohl wieder vor einer Übergangssaison, allerdings mit besseren Voraussetzungen als zuletzt, da das Team weitestgehend eingespielt ist und wenige Neuzugänge integriert werden müssen. Sakai wird hoffentlich bald zurückkehren und den als Ergänzungsspieler ausgeliehenen Hoogland ersetzen, ansonsten wird das Team der letzten Rückrunde das Gerüst bilden. Der in der Offensive flexibel einsetzbare Torun macht den Platzhaltern Druck und auch Cacau wirkt motiviert und drängt wieder ins Team.

Bange machen gilt also ebenso wenig wie zu hohe Erwartungen, die man mit diesen Möglichkeiten nicht oder nur bei optimalem Verlauf erfüllen kann.

Für den VfB geht es nun darum den totalen Fehlstart zu vermeiden und, wenn es in München nicht klappen sollte, das Spiel gegen Fortuna Düsseldorf zum eigentlichen Saisonbeginn auszurufen. Dazu muss man jetzt am Dienstag in Moskau die gute Ausgangsposition nutzen und die Europa League Teilnahme klar machen, was uns hoffentlich wieder schöne, unvergessliche Reisen mit dem VfB bescheren würde. Und, dann ist da ja auch noch der DFB-Pokal, bekanntlich der kürzeste Weg nach Europa, für den wir mit dem Heimspiel gegen den FC St. Pauli eine machbare Aufgabe zugelost bekamen. Vielleicht schaffen wir es in diesem Wettbewerb ja mal wieder, den Bayern, wenigstens bis zum Finale, aus dem Weg zu gehen.

VN:F [1.9.7_1111]
Rating: 8.9/10 (9 votes cast)
VN:F [1.9.7_1111]
Rating: +3 (from 3 votes)
1. November 2010

“Gastfreundschaft” à la Wolfsburg und die sich zuspitzende Krise des VfB

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , , , , – Franky @ 10:49

Trotz der in dieser Saison meist desolaten Auftritte der Brustringträger, entschlossen wir uns, auch zum Spiel nach Wolfsburg zu fahren. Der Fanclub setzte leider keinen Bus ein, so dass wir uns am Samstag morgen gegen 7 Uhr ins Auto setzten und los brausten. 525 Kilometer lagen vor uns. Wir hofften natürlich gut durchzukommen, bauten aber natürlich ob der Entfernung einen zeitlichen Puffer ein, um auch einen größeren Stau mit Ruhe und Gelassenheit über uns ergehen lassen zu können. Es kam aber Gott sei Dank nicht so. Trotz einiger kleinen und einer größeren Kaffeepause erreichten wir bereits gegen 13 Uhr den kostenlosen Parkplatz nahe der Volkswagenarena.

Das Stadion wurde dem VfL Wolfsburg von der Volkswagen AG und der Wolfsburg AG quasi geschenkt, keinen müden Cent mussten die Wölfe dafür locker machen. Wie es möglich ist, die 50+1-Regelung zu untergraben, der VfL Wolfsburg ist das beste Beispiel. Sie gelten, wie auch Bayer 04 Leverkusen als Präzedenzfall, da sie in den jeweiligen Konzern integriert sind, was das ganze nach Auffassung der DFL “legal” macht. So wird es dem Retortenverein ermöglicht, teure Spieler wie Diego zu verpflichten oder Wahnsinns-Angebote für einen Dzeko abzulehnen. Mit Gerechtigkeit hat dies wenig zu tun, müssen sich doch andere Vereine einen solchen Geldsegen hart erwirtschaften. Es kommt ja in Mode, mit solchen Modellen den schnellen Erfolg kaufen zu wollen, siehe Hoffenheim, siehe auch Red Bull Leipzig, die in einigen Jahren wohl als weiterer Kandidat für die internationen Plätze in der Bundesliga in Frage kommen werden. Gute Nacht Fußball-Deutschland! Wirkliche Traditionsvereine verschwinden immer mehr von der Bildfläche, Retortenvereine ohne Fankultur, für die Fußball mehr Event als Sport ist, stampfen aus dem Boden. Ihnen werden ohne eigenes Zutun Arenen hingestellt und aus dem Einzugsgebiet Fans abgeworben. Auf diejenigen, die inzwischen von Eintracht Braunschweig zu Wolfsburg abwandert sind, kann Braunschweig sicher ebenso verzichten, wie wir auf diejenigen, die zu Hopps Dorfverein gehen. Dennoch machen solche Vereine auf Dauer den Fußball kaputt und verderben den Spielermarkt, indem Preise und Gehälter gezahlt werden, die sich ein normal wirtschaftender Verein nicht mehr leisten kann.

Wenn man sieht, wie Volkswagen in dieses “Projekt” Kohle buttert, dürfte eigentlich ein jeder Fan eines anderen Vereins, sich keinen VW kaufen. Man unterstützt doch nicht gerne die Konkurrenz. ;-)

Nachdem ich mein Tagwerk, was das Autofahren angeht, vollbracht hatte, Anita fährt ja traditionell zurück :-) , lechzte ich nach meinem ersten Bier. Also gingen wir in Richtung des Stadions. Die ersten beiden Krombacher-Stände waren noch nicht einsatzbereit, sie schickten uns in den Gästebereich, wo das Bier schon fließen würde, was sich auch bewahrheitete. Nach einer mehr schlechten als rechten Krakauer und einem Bier wollten wir zurück laufen, Richtung Parkplatz, wo wir also her kamen, um das Treiben rund ums Stadion zu beobachten. Wir hatten ja noch viel Zeit und wollten nicht die ganze Zeit an einem Fleck verbringen. Diese Rechnung hatten wir aber ohne die Wolfsburger Polizei gemacht.

Wie die Brecher standen sie da und ließen uns nicht mehr zurück, da wir ja offensichtlich VfB-Fans wären. Auch unser Einwand, dass unser Auto dort stehen würde, wir von dort auch hergekommen sind, fruchtete nicht, keine Chance. Freiheitsberaubung erster Güte also.

Jeder, der rüber wollte in Richtung der Haupttribüne, wurde gleich abgefangen und es wurde denjenigen der Zutritt verwehrt.

So wuchs natürlich bei einigen VfBlern schon vor dem Spiel der Unmut. Sind sie jetzt abgehoben die Wolfsburger? Bekommt ihnen die Höhenluft nicht? Wir sind doch nicht in Karlsruh oder Frankfurt, wo totale Fantrennung angebracht wäre, sondern nur in dem Retortenstädtchen Wolfsburg, die im wahrsten Sinne des Wortes, was Fußballtradition angeht, noch sehr grün hinter den Ohren sind. Es herrschte absolutes Unverständnis darüber.

Normal reden konnte man mit den Gören auch nicht. Als wir fragten, was das soll, deutete eine sofort auf den Schriftzug “POLIZEI”, nach dem Motto, dies wäre Begründung genug. Als wir dann einwarfen, früher wäre es hier auch noch nicht so gewesen, kam der Brüller, der die anwesenden VfBler zu Lachkrämpfen hinriss: “Damals gab es auch die Wolfsburger Ultraszene noch nicht”. Zunächst einmal warf das eher die Frage auf, ob sie ihre eigenen Leute nicht im Griff haben, ganz abgesehen davon, dass wir keine Ultras gesehen haben. Das Gros der Wolfsburger, die wir gesehen hatten, waren Familien mit Kindern und mehr oder weniger Gebrechliche, welche Ultras also? Vielleicht die?

oder etwa die?

Doch die?

Oder? Einen hab ich noch! Die?

Mir schlottern noch beim Hochladen die Knie. Ernsthaft, wir haben wirklich im Umfeld des Spiels keinen bösartigen Mob oder Vergleichbares bemerkt, auch nicht, als wir nach dem Spiel zum Parkplatz zurück liefen. Da war dann, ohne Blocksperre, der Weg sofort wieder für uns frei. Reine Polizeiwillkür also, die mit einem Rechtsstaat nichts zu tun hat. Als (Auswärts-)Fan gilt man immer mehr als Mensch zweiter Klasse, der seine Grundrechte mit Betreten des Stadiongeländes abgibt. Dass die in anderen Städten, wo es hin und wieder kracht, vorkommt, ist teilweise noch nachzuvollziehen, in Wolfsburg aber mutet es doch sehr lächerlich an. Die nehmen sich dort wichtiger als sie sind!!!

So verbrachten wir also die rund 2 Stunden bis zum Spielbeginn, in dem Bereich, in dem wir Bleiberecht hatten.

Wir tranken noch das ein oder andere Bier und trafen jede Menge Bekannte. Auch die Fanclubs CKB08 aus Berlin, mit denen wir nach dem Babelsberg-Spiel noch schön feierten sowie der Rote Brustring Hamburg, die nach dem HSV-Spiel wieder eine Barkassenfahrt veranstalten, zu der ich uns wieder angemeldet habe, trafen ein. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie die VfB-Fans aus allen Teilen der Republik unserem VfB die Treue halten.

Noch ein schnelles (Voll-)Bier draußen, drinnen gabs nur Krombacher alkoholfrei. Gegen 15 Uhr gingen wir dann hinein, die Einlasskontrollen waren teils auch übertrieben, wie wir mitbekommen haben, wir selbst hatten aber Glück und waren schnell drinnen.

Wie in vielen anderen Stadien auch im Gästeblock, kam man sich vor wie in einem Käfig. Eisengestänge drumrum und zum Bereich der Wolfsburger sogar ein Stromzaun. Wenn die Fans in einen Käfig gesperrt werden, braucht sich auch niemand zu wundern, wenn sich manche aufführen wie Tiere. So etwas, wie allgemein das Vorgehen gegen Gästefans, schürt natürlich die Aggressionen. Vor 20 Jahren hätte ich das Ganze auch nicht so ruhig über mich ergehen lassen…

Wir hatten unsere Plätze links neben dem Stehbereich und waren etwas sichtbehindert durch das Eisengestänge, zwei Pfosten und dem Fangnetz, was das Fotografieren erschwerte.

So langsam fieberte man dann schon dem Anpfiff entgegen. Der VfB war stark ersatzgeschwächt zu erwarten, da sich nach dem Pokalspiel in Chemnitz Niedermeier, Boka, Pogrebnjak und Marica verletzt abmeldeten und nicht einmal im Kader standen. Einer, mit dem ich nicht rechnete, war jedoch dabei: Christian Gentner. Dessen Verletzung gewann ich allerdings Positives ab, so dass sich die Begeisterung in Grenzen hielt, dass er doch dabei war. Auf ihn habe ich mich in den letzten Wochen und Monaten eingeschossen, da er weit hinter den Erwartungen zurückbleibt. Er wirkt auf dem Platz wie ein Spaziergänger, dazu noch einer, der das Spiel verschleppt, anstatt mal (gedanken-)schnell weiter zu spielen. Er wirkt, also ob ihm die ganze Situation, in der der VfB steckt, scheißegal wäre. Er zählt zu den Topverdienern beim VfB, hat bei seinem “ablösefreien” Wechsel sicherlich ein enormes Handgeld eingesackt und kann wieder bei Muttern zu Mittag essen. Er hat’s also geschafft… Dennoch hatte ich dann ein wenig Hoffnung, dass er vielleicht gegen seinen Ex-Verein zu der Form aufläuft, die ihn einst zum Nationalspieler werden ließ.

Beim Verlesen der Wolfsburger Aufstellung rief bei mir der Name Diego Unmut hervor.

Eigentlich mag ich den Spieler aufgrund seiner Spielintelligenz, Technik, Schussstärke, Eleganz, etc. Aber er ist eben auch immer wieder für einen Ausraster gut. So hätte er für seine Tätlichkeit im Spiel gegen Leverkusen an Vidal nachträglich gesperrt werden MÜSSEN. Diese fand hinter dem Rücken des Schiedsrichters statt. Weshalb das Verfahren eingestellt wurde, erschließt sich mir nicht. Bezeichnend, dass gerade Diego beide Tore vorbereitete. Auch Kjaer hätte bei seinem Bodycheck im letzten Spiel gegen Nürnberg vom Platz gestellt werden müssen. So konnte eben Wolfsburg das Spiel durch Mitwirkung des DFB in Bestbesetzung angehen. Es soll mir keiner erzählen, der DFB, zusammen mit seinen Schiedsrichtern, beeinflusse nicht den Ausgang der Meisterschaft in erheblichem Maße, wenn man sich vor Augen führt, wie wir schon benachteiligt wurden in dieser Saison.

Der VfB begann in den ersten 3, 4 Minuten ganz ordentlich und war bemüht nach vorne zu spielen. Doch bereits die erste Ecke der Wölfe (Diego auf Kjaer; da war doch was…) führte zum Rückstand. Ärgerlich, denn die Zuteilung bei Standards dürfte auch Azubi Keller vorher besprochen haben.

So war es natürlich von Beginn an schwer, in diesem Spiele den sanften Aufwärtstrend zu bestätigen, zumal die Wolfsburger enorme Qualität in ihren Reihen haben. Hätten die Wolfsburger ihre Chancen konsequenter genutzt, hätten wir dort auch böse unter die Räder kommen können. Der VfB war einmal mehr zu schwach, um die Wölfe ernsthaft in Gefahr bringen zu können. Es offenbaren sich technische Mängel, die einer Bundesligamannschaft einfach unwürdig sind. Kaum einmal ein sauberes Zuspiel, so dass der angespielte erst einmal zu tun hat, das Zuspiel zu verarbeiten. Dazu immer noch zu wenig Laufbereitschaft und Kampf, so dass null Überraschungsmomente erzeugt werden. Dem VfB im Jahr 2010 fehlt es eindeutig an Qualität. Ein Träsch alleine reicht nicht! Unsere linke Seite mit Molinaro und Gentner brachten einmal mehr kaum einen vernünftigen Angriff zustande. Gentner, in der Vorbereitung noch in der Innenverteidigung eingesetzt, versagte danach auf der Position des Doppelsechsers, durfte dieses Mal im linken Mittelfeld ran, wo er aber auch überfordert war. Sein Spiel ist einfach zu behäbig, dazu hat er keinen linken Fuß, um auch nur eine vernünftige Flanke schlagen zu können. Auch Keller hat das erkannt und ließ zur zweiten Halbzeit Gentner und Gebhart die Seiten tauschen, was aber leider auch nicht für mehr Durchschlagskraft sorgte. Das Spiel plätscherte so dahin, ohne eine Phase, in der man wirklich den Eindruck hatte, die Wende zum Guten könnte eintreten. So kam es wie es kommen musste. Zunächst hatte der VfB ncoh Glück, dass Boulahrouz kein Eigentor unterlief, im Anschluss daran aber köpfte Dzeko eine Diego-Ecke nahezu ungehindert ein.

Wie die Wende noch herbeigeführt werden kann? Ich habe kein Rezept. Der VfB hat es im Sommer versäumt, mit Qualität nachzulegen. Bis zur Winterpause müssen wir mit diesem Kader leben und dabei hoffen, dass nicht schon alles verspielt wird. Die Wirkund des Trainerwechsels, mit dem ich nach wie vor überhaupt nicht einverstanden bin, droht zu verpuffen. Kommenden Sonntag eine Niederlage gegen die angeschlagenen Werderaner und wir haben die nächste Trainerdiskussion. Keller wieder ins zweite Glied zu versetzen dürfte ein Leichtes sein, dann wäre einer gefragt, der sich im Abstiegskampf auskennt und nicht nur Phrasen drischt, sondern gefragte Tugenden auch auf dem Platz umsetzen läßt. Es ist allzu traurig, was die Herren vom Vorstand und vom Aufsichtsrat aus unserem VfB, vor drei Jahren noch Meister, gemacht haben. Keine Ahnung, keine Planung, kein Konzept: Vorstand raus! Es muss einfach Fußballsachverstand einkehren. Ein Staudt mit seiner Aussage vor der Saison vom Übergangsjahr ist nicht tragbar. Ein Übergangsjahr kann es in einer so engen Bundesliga nicht geben. Es ist eben so, man kämpft entweder um die internationalen Plätze oder gegen den Abstieg. Für letzteres haben sich die Herren wohl entschieden und dieser Schuss scheint nach hinten loszugehen. Es rächt sich die Sparpolitik, getrieben von der Motivation, die letzte Rate für den Stadionumbau etwas früher tilgen zu können. Sparen an sich ist ja nichts verwerfliches. Auch Dortmund oder Mainz haben ihren Kader nicht teuer verstärkt. Es fehlt an Sachverstand und an einem vernünftigen Scouting, wenn man einen teuren Gentner zurück holt, der seine Lieblingsposition als Doppel-Sechser hat, zu einem Zeitpunkt, wo sowohl Hitzlsperger, Lanig, Khedira, Träsch und Kuzmanovic da waren. Hier lasse ich mir als Backup eine Billiglösung à la Bah gefallen, aber doch nicht einen hochbezahlten Gentner, den man aufgrund seines Marktwertes nicht unbedingt auf der Bank versauern lassen möchte. Dass Degen in Liverpool kaum gespielt hatte, wusste man. Hier ist sicher auch Pech im Spiel, dass er kurz nach seiner Verpflichtung am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankte. Einen Audel zu holen barg ebenfalls ein Risiko, da er als sehr verletzungsanfällig gilt. Bei ihm muss man abwarten, ob die Verletzung, erlitten im Pokalspiel in Babelsberg, einfach nur Pech war oder ob wir uns erneut einen Dauer-Reha-Patienten heranzüchten. Rudy zu verscherbeln und als Ersatz einen Camoranesi zu präsentieren, dafür fehlt mir auch das Verständnis. Bei Juve war er zuletzt nur noch Ergänzungsspieler und erhielt dort keinen neuen Vertrag mehr. Nach seinem Platzverweis gegen Leverkusen fand er sich in Wolfsburg auch bei uns auf der Bank wieder.  Diese Verpflichtung kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, war man doch gerade dran, das Gehaltsniveau zu senken! Von den Neuzugängen konnte bis auf Harnik noch kein einziger nachweisen, dass er es wert ist, den Brustring zu tragen.

Warum schafft es der VfB jedes Jahr aufs Neue nicht, zum Trainingsauftakt einen vollständigen Kader zu präsentieren, der sich in der Sommerpause einspielen kann. Wenn es sich dann herausstellt, dass man an der ein oder anderen Stelle zu dünn besetzt ist, kann man bis zum 31.8. nachbessern. Der VfB aber legt sein Handeln darauf aus, dass bis Ende der Transferperiode die Preise fallen, merkt aber nicht, dass dann fast nur noch Ramsch übrig ist, der bisher noch nirgends untergekommen ist. Wann lernt der VfB endlich aus diesem Fehlverhalten? Das mangelnde Scouting ist sicher einer der Hauptgründe des Niedergangs. Ein anderer ist die selbstherrliche Art des Vorstands, die keinen Kontrapart neben sich dulden und konstruktive Kritik nicht annehmen. Gross wäre ein Trainer gewesen, mit dem man etwas Kontinuität hätte hereinbringen können, allerdings hätte man dann einen Manager holen müssen, der mit ihm auf einer Wellenlänge funkt und nicht von vornherein auf Distanz zu ihm geht. Wer es jetzt noch richten soll, sollte auch Keller mit dem Spielermaterial scheitern, ich weiß es nicht. Die Situation jedenfalls ist sehr beängstigend.

Der Unmut der treuen Fans wächst inzwischen auch, das war deutlich zu spüren, als die Mannschaft nach dem vergeigten Spiel in die Kurve kam. Die Trainerentlassung stößt vielen, wie mir, noch immer auf, dazu kommt, dass kaum mehr Identifikation mit der Mannschaft vorhanden ist. Wer mit so wenig Esprit spielt und kein Aufbäumen an den Tag legt, dem kann die Situation nicht so ernst sein, wie es bei uns Fans der Fall ist. Wer nach dem Spiel Gentner gesehen hat, wie er mit Josue gelacht und rumgeflachst hat, der kann erahnen, wie wenig nahe ihm der Ernst der Lage geht.

Die Spieler machen ihr Ding, kommen artig in die Kurve und lachen hinterher die Fans noch aus, die ihnen wegen jedem Gurkenkick hinterher reisen. Und sollte dieses Rumgegurke am Ende im zweiten Abstieg nach 1975 münden, sind 90% weg und deren Nachfolger müssen den Karren wieder aus dem Dreck ziehen. In der Fanszene aber rumort es. Die “Aufwachen”-Rufe waren sicher ein sanfter Versuch des Wachrüttelns. Dass ein solches Rumoren auch in Eskalation münden kann, hat man letztes Jahr rund um das Bochum-Spiel gesehen. Hoffen wir, dass es nicht so weit kommt und die Mannschaft schnellstens in die Spur findet.

Am Donnerstag geht es bereits weiter in Getafe in der Europa League. Dort sind wir Tabellenführer und könnten mit einem Sieg bereits die Weichen für die nächste Runde stellen. Ich hoffe, dass der VfB mit der bestmöglichen Mannschaft antritt und das Spiel nicht herschenkt wegen der anstehenden Aufgabe gegen Bremen. Das wäre ein weiterer Affront gegen die mitreisenden Fans. Ich werde dort sein und hoffe auf ein gutes Spiel mit Leidenschaft vom VfB. Von dem leblosen Gekicke der letzten Wochen habe ich ehrlich gesagt die Nase voll. Bilder davon folgen am Freitag.

Bis dahin, eine schöne Woche und Grüße

Franky

VN:F [1.9.7_1111]
Rating: 0.0/10 (0 votes cast)
VN:F [1.9.7_1111]
Rating: +1 (from 1 vote)