25. August 2016
Die erste Pokalrunde 2016/2017 hatte uns mit dem FC Homburg einen wahren Leckerbissen serviert. Im Homburger Waldstadion, in dem scheinbar die Zeit in den 80er-Jahren stehen geblieben war, durften wir den perfekten Fußball-Tag erleben.
Anders als bei den Aufeinandertreffen in der Vorsaison, als uns in Kiel und auch in Jena (wo ich leider nicht sein konnte) böser Hass des Underdogs entgegen schlug, hatte man in Homburg jederzeit den Eindruck herzlich willkommen zu sein.
Das fing schon damit an, dass die Wege zum Stadion von Heim- und Gästefans nicht hermetisch voneinander getrennt waren und setzte sich bei den Einlasskontrollen fort, die zügig und respektvoll vonstattengingen.
Bereits im Vorfeld hatte ich mit der Fanbetreuung des FC Homburg netten Mailkontakt, als ich wissen wollte, da in der Stadionordnung nichts darüber zu lesen war, welche Kameras denn erlaubt seien und mich in diesem Zuge auch gleich informierte, meine Erfahrungen aus Kiel ließen grüßen, ob es denn in meinem Block im „neutralen“ Bereich auf der Haupttribüne Probleme geben könnte, wenn man dort in gegnerischer Fankleidung einlaufe.
Dem sei nicht so, Kameras kein Problem und auch in dem als Familienblock deklarierten Block nicht. Der Fanbetreuer wies darauf hin, dass man in den letzten Jahren bereits mit Schalkern und Gladbachern im Pokal Fußballfeste gefeiert habe und es nie zu nennenswerten Problemen gekommen wäre.
Genau so entpuppte sich die Situation dann auch. Gemischtes Publikum und überraschend viele Familien, in denen das Oberhaupt den Saarländern die Daumen drückte und die im Schlepptau anwesenden Kids ein VfB-Trikot übergestreift hatten. Es war dabei so, wie ich es mir eigentlich im Pokal vorstelle. Dass man als Fan des Underdogs zwar auf eine Sensation hofft, sich jedoch in erster Linie daran erfreut, einmal den großen Fußball bei sich zu haben und ein Fußballfest erleben zu dürfen und das Ganze nicht ganz so verbissen wie im Ligaalltag sieht. Schließlich begegnen wir uns auch nicht auf Augenhöhe, sondern es liegen zwei Ligen dazwischen. Unsere Amateure werden in der Liga ihre Visitenkarte im Waldstadion abgeben, das Derby gegen den 1. FC Saarbrücken die Gemüter erhitzen.
Mit Fotografenkollege Soke (www.soke2.de) hatte ich beim FCH direkt das Ticket bestellt, um einen guten Blick auf unsere Kurve und auch den Fanblock der Homburger, der auf der Gegengerade seine Heimat hat, zu haben. Diese Wahl war nahezu perfekt, sollte doch vor allem im Gästeblock an diesem Nachmittag einiges geboten sein.
Das Ambiente war einfach nur zum Wohlfühlen! Direkt vor dem Stadion genügend Bierstände und Gastronomie, um sich auf den Kick einzustimmen, im Stadion dann eben alles Oldschool. Eine alte Tribüne, noch eine Laufbahn, überwiegend Stehplätze, günstiges Bier, die Stadionwurst noch vom Holzkohlegrill (!), nostalgisch anmutende Flutlichtmasten und alles eben ursprünglicher als das, was man in den oberen Ligen vorgesetzt bekommt.
Als Allesfahrer habe ich die Schnauze voll von den neuwertigen geleckten Multifunktionsarenen, auf der grünen Wiese gebaut, bei denen verquere Sicherheitskonzepte über allem stehen und die sich nur noch in der Farbe unterscheiden. Homburg, das war wie Fußball in den 80ern, wie er früher einmal war, wie ich ihn lieben gelernt habe.
Zu Bundesligazeiten war ich schon einmal dort. Ja, für die Jüngeren unter uns, der FC Homburg spielte als damals eigentlich ewiger Zweitligist auch drei Jahre in der Eliteklasse. Besonders erinnert man sich dabei an ihren Trikotsponsor „London“, einen Kondom-Hersteller, den der prüde DFB zunächst nicht zugelassen hatte und nach einem Gerichtsurteil schließlich doch klein beigeben musste. Wie es mit Werbung so ist, spricht man darüber, ist sie erfolgreich, so auch in diesem Fall, „London“ war sprichwörtlich in aller Munde.
Mit dem FC Homburg traf der VfB durchaus auf einen Angstgegner. In zuvor fünf Pflichtspielen im Waldstadion verlor der VfB vier Mal und schaffte einmal ein Remis. Doch diese Statistik durfte an diesem Spätnachmittag keine Rolle spielen, waren doch die meisten der Brustringträger zu jener Zeit noch nicht einmal auf der Welt.
Der VfB, bei dem Maxim abermals auf der Bank Platz nehmen musste, ließ von Beginn an keinen Zweifel aufkommen, wer hier der Zweitligist und wer der Regionalligist ist. Dominante Spielführung, hinten wenig anbrennen gelassen und zwei Aluminiumtreffer vor der Halbzeit bedeuteten zwar noch ein mageres 0:0 zur Pause, doch, ernsthaft Sorgen machte man sich im Stadion nicht, dass dieser Auftritt in die Hose gehen könnte. Und trotzdem war es einmal mehr augenscheinlich, dass dem VfB die Durchschlagskraft fehlt und die derzeitige „Offensivstärke“ nicht einmal einen Regionalligisten ernsthaft zu gefährden in der Lage ist.
Als Gentner und Özcan kurz nach der Pause per Doppelschlag auf 0:2 stellten, war der Käs gegessen, das 0:3 durch Tashchy kurz vor Schluss gehört auch noch zur Chronistenpflicht, mehr aber auch nicht. Eine Spielanalyse erspare ich mir, weil dieser Pflichtsieg keinerlei Aufschlüsse für die nächsten Aufgaben gibt. Er ändert nichts daran, dass personell noch einiges passieren muss, um ernsthafter Aufstiegskandidat zu sein. Und, dieser Sieg lässt auch die nächste Aufgabe in Sandhausen nicht leichter erscheinen, weil es morgen ein viel unbequemeres Spiel werden wird. Einzig durch die Dorfclub-Atmosphäre wird Sandhausen mit Homburg vergleichbar sein, vielleicht auch noch, dass es wieder in ein Wald-, wenn auch ins Hardtwald-Stadion geht.
Wer vor Wochen darüber gejammert hatte, dass der VfB zunächst Montags gegen St. Pauli und Freitags dann schon in Düsseldorf antreten musste, darf sich dieses Mal freuen und die drei Punkte schon mal für sich verbuchen. War es damals für viele ein Wettbewerbsnachteil und ein Alibi für die Brustringträger, womit sich die Niederlage in Düsseldorf schon im Voraus erklären ließ, haben wir nun diesen Vorteil auf unserer Seite. Während der VfB seit Samstagabend bereits in die Vorbereitung fürs Sandhausen-Spiel einsteigen konnte, musste Sandhausen am Montag-Abend noch seine Pokalhürde beim SC Paderborn meistern.
Sandhausen dürfte für den VfB eine schwierige Aufgabe und eine Prüfung werden, in wie weit er bereits in der 2. Liga angekommen ist. Spielerisch ist ohnehin noch viel Luft nach oben, aber auch mental muss man die Liga erst einmal annehmen. Ging es vor Monaten noch in Fußballtempel wie das Westfalenstadion und war einem die Aufmerksamkeit von ganz Fußball-Deutschland gewiss, „reist“ man nun ins beschauliche Sandhausen, das der Busfahrer wohl erst einmal auf der Landkarte suchen muss.
Auch wenn davon auszugehen ist, dass zwei Drittel des Stadions in weiß-rot gehüllt sein werden, muss es die Truppe verinnerlichen, dass dort Fußball gearbeitet wird und mit Schönspielerei kein Blumentopf zu gewinnen sein dürfte. Der VfB muss über den Kampf zum Spiel finden und nicht umgekehrt, sonst hat man schon verloren. Man muss endlich ohnehin vom eigenen Selbstverständnis abkommen, eine spielerisch starke Mannschaft zu sein, wenn man sieht, welche fußballerischen Mängel in dieser Truppe stecken. Dies würde nämlich bedingen, dass man dazu in der Lage ist den Ball in den eigenen Reihen zu halten, den Gegner mit Ballbesitzfußball zu zermürben und geduldig auf die sich bietenden Lücken zu warten. Beim VfB aber ist meist schon nach dem zweiten Pass Schluss mit Ballbesitz, weil ein Ball zu ungenau gespielt wurde, dem Pass das Timing fehlt oder einer der Brustringträger den Ball nicht stoppen konnte.
Da der VfB die Pokalhürde Homburg weitestgehend unspektakulär aber auch ungefährdet nahm, rückten am Rande des Spiels zwei Themen in den Vordergrund. Die abermalige Nichtnominierung Alexandru Maxims in die Startelf und die reichhaltigen Pyro-Einlagen der VfB-Anhänger.
Zur Causa Maxim fällt mir spontan der Bestseller von Heinrich Böll „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ ein. In dem 1974 erschienenen Werk erzählt Böll von einer unbescholtenen Frau, die aufgrund von Sensationsjournalismus und falscher Berichterstattung in die Isolation getrieben wird und schließlich den verantwortlichen Journalisten erschoss. Böll wollte mit dieser Geschichte auf die Macht der Massenmedien verweisen und bewies durchaus Weitblick, weil diese, wie man heute weiß, vor nichts zurückschrecken und fleißig Lügen und Halbwahrheiten verbreiten und Meinung bilden.
Die Sozialen Medien tun ihr Übriges. Auch wenn der Vergleich weit hergeholt ist, finde ich die momentane Entwicklung sehr bedenklich. Was in den sozialen Medien Stimmung gemacht und gehetzt wird, jeder und jeglicher Bildungsschicht angehörig, sich dazu genötigt fühlt, Protagonisten unseres LieblingsSPIELS infundiert zu kritisieren und vor zu beleidigen, sind das zwar die Geister, die durch das Hypen der Sportart gerufen wurden, die aber doch für mich inzwischen bedenkliche Ausmaße angenommen haben, so dass ich mir schon fast und allen Ernstes, die Zeiten ohne Internet zurückwünsche.
Was der VfB jetzt am meisten braucht, sind Vertrauen und Ruhe. Vertrauen, dass die Verantwortlichen wissen, was zu tun ist, Ruhe und Geduld des Umfeldes, dass sie den Verein langsam wieder aus der Talsohle herausführen.
Natürlich ist es nicht einfach, diesem Verein nach all den Jahren Vertrauen entgegen zu bringen. Vor allem der Aufsichtsrat ist nach wie vor die Wurzel allen Übels.
Der Aufsichtsrat hat Dutt nicht gebremst, als es noch möglich und auch realistisch gewesen wäre, den Abstieg zu verhindern. Er hat die Dinge untätig ins Verderben laufen lassen, sich aus der Verantwortung gestohlen und alles auf die Karte Dutt gesetzt, um ihn dann in einer Nacht- und Nebel-Aktion zu entlassen, ohne einen Plan B in der Tasche zu haben.
Das ist der Hauptgrund für die Situation, wie wir sie jetzt vorfinden, nämlich die, dass wir auch nach dem zweiten Spieltag noch keine (endgültige) Mannschaft haben.
Zudem präsentierte der Aufsichtsrat letzte Woche den (einzigen) Präsidentschaftskandidaten Wolfgang Dietrich, der den VfB-Mitgliedern zur Wahl vorgesetzt wird nach dem Motto „friss oder stirb“. Dietrich mag die notwendigen Anforderungen mitbringen, doch, ob durch seine Vergangenheit bei der Quattrex AG Interessenskonflikte wegen Engagements bei anderen Vereinen bestehen und vor allem, ob er als ehemaliger S21-Sprecher nicht mehr polarisiert als eint, wird sich zeigen. Sehr unglücklich für mich, diese Entscheidung des Aufsichtsrats, auch hier wieder nicht dem Wunsch der Mitglieder nach mehr als nur einem Kandidaten entsprochen zu haben. Positiv zu bewerten ist für mich lediglich, dass er das Amt ehrenamtlich ausführen würde.
Vom neuen Präsidenten erwarte ich mir einen, der nach innen den Finger in die Wunde legt und nach außen hin den Verein gut repräsentiert. Ob man dies von einem Präsidenten von Aufsichtsrats Gnaden erwarten kann, bezweifle ich. So ist nach seiner Wahl zu befürchten, dass sich wieder einmal nichts ändern wird und das Verhältnis zwischen Vereinsführung und Mitgliedern eher noch verschlechtern wird.
Dass man der Vereinsführung kein Vertrauen mehr entgegenbringen kann, ist also logisch. Dass man aber jetzt schon die Arbeit von Jan Schindelmeiser und Jos Luhukay in Frage stellt, finde ich einfach nur beschämend. Es geht schon wieder so los wie vor einem Jahr, als Alexander Zorniger sehr schnell lautstark kritisiert wurde und von den Medien nach und nach raus geschrieben wurde. Der Schuldige war gefunden, die Spieler fein raus.
Und jetzt heißt es bereits „der Nächste bitte“. Schindelmeiser wird vorgeworfen, dass er nichts mache und womöglich nach wie vor an seinen Porsche herum schraube, als endlich weitere Neuzugänge, und dann auch noch welche, die uns sofort weiterbringen, zu präsentieren.
Ich sage bereits seit geraumer Zeit, dass ich vor dem 01.09. dazu überhaupt nichts mehr sagen möchte. Keiner derer, die jetzt meinen laut drauf hauen und die Geduld verlieren zu müssen, weiß, wie schwer es Schindelmeiser hat, überhaupt fähige Leute für das „Projekt VfB in der 2. Liga“ zu begeistern und sie dann noch zu vernünftigen Konditionen von ihren Vereinen loseisen zu können. Keiner weiß, wie die Drähte glühen, an welchen Details und Unwägbarkeiten mancher Transfer möglicherweise noch hängt.
Solang der Transfermarkt noch geöffnet ist, habe ich Vertrauen in Schindelmeiser, dass er seinen Worten Taten folgen lässt, nämlich denen, dass der Kader in der derzeitigen Zusammenstellung keinen Anlass zu Aufstiegshoffnungen bietet und man nachbessern wolle.
Bis zum Transferschluss hat Schindelmeiser noch ein paar Tage Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen, danach kann man resümieren, ob sich die Geduld ausgezahlt hat. Sollte keiner mehr kommen oder es nur ein vertragsloser Fußballer werden, wie der immer wieder gehandelte Kevin Kuranyi, den man dann auch schon früher hätte holen können, dann würde ich auch nervös werden, vorher aber noch nicht.
Auch Jos Luhukay steht bereits in der Kritik, weil er es sich in Homburg zum wiederholten Mal erlaubt hat, den Fanliebling Alexandru Maxim auf die Bank zu setzen und statt seiner das Greenhorn Berkay Özcan aufgestellt hatte.
Zunächst einmal täte uns ein wenig mehr Vertrauen in die Arbeit eines Trainers gut zu Gesicht stehen. Luhukay ist für mich nach wie vor der geeignetste Mann für das Projekt Wiederaufstieg, wenn nicht er, wer dann, weiß, wie Aufstieg geht? „Ein Trainer ist nicht ein Idiot“ pflegte Giovanni Trapattoni zu sagen, also, vertrauen wir doch den Trainingseindrücken des Fachmanns, der tagtäglich mit Maxim zu tun hat. In den bisherigen drei Pflichtspielen hat der VfB genau jene zwei gewonnen, in denen Maxim von der Bank kam und das eine verloren, in dem er von Beginn an spielte.
Über allen Einzelschicksalen muss das Team stehen und der Trainer sollte so aufstellen, wie er denkt, dass es für das Team und schließlich den Teamerfolg am besten ist. So war es zumindest früher. Heutzutage, wo schon bei jedem Training fünf Kamerateams und etliche Schreiberlinge zugegen sind, wird jede Geste kommentiert, in jedes Einzelgespräch etwas hinein interpretiert. Der Böse ist in den sozialen Medien schon gefunden. Nicht wenige verbinden das Schicksal Luhukays mit seinem Umgang mit Maxim. Jetzt, wo Didavi weg ist und Maxim sich die „10“ geangelt hat, leiten viele eine automatische Startelfberechtigung für Maxim ab, die es natürlich nicht geben kann.
Luhukay betont stets, Maxim wisse, was er von ihm erwarte und wie es um seine Position bestellt sei, dann sollen die Herren Briem/ Maxim die Situation auch akzeptieren und sich nicht über die Medien ausweinen. Jenem Herbert Briem, der beim VfB nach wie vor ein und aus geht, seinen Schützling aber über das Gesamtkonstrukt hebt, würde ich, schon allein um die Autorität des Trainers zu stärken, Hausverbot erteilen, damit endlich mal Ruhe ist.
Diese meine Sichtweise ist ausschließlich auf mein Vertrauen in die Arbeit des Trainers bezogen. Ich mag Maxim nämlich schon auch, seine gelegentlichen Geniestreiche zum Beispiel, aber, auch ich sehe, dass er es in dreieinhalb Jahren VfB nie geschafft hat, Konstanz in seine Leistungen zu bringen und er stets dann am stärksten war, wenn er von der Bank kam.
Dabei ist Maxim fast ein Sinnbild der letzten VfB-Jahre! Auch Maxim war stets und zu schnell mit sich und seinen Leistungen zufrieden. Nach einer Top-Leistung ließ er sich lieber wochenlang feiern, anstatt eine eigene Gier zu entwickeln, diese Woche für Woche auf den Rasen zu zaubern und sich stetig zu verbessern.
Özcan kommt mir dabei in der Diskussion um Maxim zu kurz. Es ist doch ein Versprechen an die Zukunft, wenn der VfB momentan dabei ist, mit Sama und Özcan gleich zwei Eigengewächse in die Profimannschaft zu integrieren. Nach dem Abschneiden der U-Teams und dem Abstieg der Amateure ist es zwar klar, dass jung nicht automatisch mit gut gleichzusetzen ist, aber, ich sehe es erst einmal positiv, dass Luhukay Potential in den Jungs sieht und sie auch fördert. Alle Welt schreit nach mehr jungen Spielern und, spielt dann einer, wird noch lauter gejammert, weil er einem Arrivierten den Platz weg nimmt.
Daher ist es für Schindelmeiser eine zusätzliche Bürde, bei den Transfers das richtige Näschen zu haben und nur Spieler zu holen, die uns entscheidend weiter bringen für Positionen, für die der Kader keine Alternativen bietet.
Viele rufen ja noch immer nach dem gestandenen Innenverteidiger, der uns seit Jahren abgeht. Gerade den würde ich, Stand jetzt, nicht mehr holen, um Leuten wie Stephen Sama und Timo Baumgartl nicht schon wieder jemanden vor die Nase zu setzen.
Da Tobias Werner bis jetzt ganz gut eingeschlagen hat, ist für mich die größte derzeit noch offene Baustelle die Außenbahn rechts. Im zentralen Mittelfeld, in dem eine Planstelle ja seit Jahren von Gentner blockiert ist, ist zumindest so lange Hosogai ausfällt, eine Stelle vakant. Da hoffe ich für Sandhausen auf das Debüt von Anto Grgic und bin gespannt, wie er sich macht.
Insgesamt ist es also für die sportlich Verantwortlichen ein Vabanquespiel, ihrer Überzeugung zu folgen, nicht in Aktionismus zu verfallen und das Team peu à peu zu verbessern, Rückschläge, wie zuletzt in Düsseldorf, einkalkuliert. Wenn das Umfeld den getroffenen Entscheidungen kein Vertrauen entgegen bringt, jegliche Maßnahme hinterfragt und kritisiert wird, ist es leider zu befürchten, dass die nächste Trainerdiskussion bereits schon wieder vor der Tür steht, es sei denn, was ich nicht glaube, der VfB würde von nun an alles in Grund und Boden spielen.
Die Erfahrungen mit Zorniger aus dem Vorjahr lassen dabei grüßen. Auch bei ihm fing das Bashing in den sozialen Medien an, auch unter ihm heulten sich unzufriedene Protagonisten bei den Medien aus, auch für sie waren die Stuttgarter Blätter dankbare Empfänger ihrer „Leidensgeschichte“, wodurch permanente Unruhe herrschte und Zorniger irgendwann der Meute zum Fraß vorgeworfen wurde.
Ich hoffe es inständig, Luhukay bekommt mehr Zeit als Zorniger, die Missstände in Team und Verein anzupacken und nicht, dass man ihn auch alsbald wieder vom Hof jagt.
Das zweite große Thema nach dem Pokalspiel war die Zündelei im VfB-Block. Ich muss es zugeben, dass ich schon ein Faible pro Pyro habe und, als Stadionfotograf ganz besonders, die Einlagen genossen und gefeiert habe.
Würden Pyroshows immer so ablaufen wie am Samstag, kaum jemand hätte einen Anlass, sich darüber aufzuregen. Dass die Brennstäbe heiß sind, dass es zu bösen Verbrennungen kommen kann, ist zwar nicht von der Hand zu weisen. Aber, die Fackeln werden in der Regel direkt im Ultras-Block gezündet. Wer sich dort hin stellt, begibt sich wissentlich in eine gewisse Gefahr, wer Pyro ächtet, soll sich in Gottes Namen woanders hinstellen, ein Block ist schließlich groß genug. In Homburg „arbeiteten“ Feuerwehr und Ultras Hand in Hand. Abgebrannte Fackeln wurden den Feuerwehrleuten in die Hand gegeben, es wurde nichts geworfen, kein Böller gezündet. In diesem Rahmen für mich absolut in Ordnung.
Auch wenn der Schiedsrichter offensichtlich mit Spielabbruch gedroht hat, hat für einen solchen meiner Meinung nach kein Grund vorgelegen. Der Wind stand günstig, die Rauchschwaden verzogen sich nicht aufs Feld und beeinträchtigten somit auch nicht die Sicht auf dem Spielfeld. Für mich war es einfach nur schön anzusehen!
Es spielt aber natürlich auch keine Rolle, wie ich dazu stehe. Da es leider auch genügend Idioten in den Fanblöcken gibt, die Pyro als Waffen benutzen und gegnerische Fans damit beschießen, wird es in Deutschland wohl nie zu einer Legalisierung kommen, womit ich allerdings auch gut leben kann.
Nichtsdestotrotz werden wir Pyro-affinen Geister auch in Zukunft die eine oder andere Pyroshow geboten bekommen. Verbote reizen ohnehin mehr, so dass es den Ultras weiterhin ein Vergnügen sein wird, hie und da die Obrigkeit zu überlisten und Material ins Stadion hineinzuschmuggeln.
Es ist nun mal Fakt, dass uns der moderne Fußball immer mehr von seiner Ursprünglichkeit nimmt, seien es die Anstoßzeiten, seien es die explodierenden Gehälter, seien es Repressalien gegen Stadiongänger bis hin zu Kollektivstrafen für ganze Fanszenen. So ist es für mich nicht verwunderlich, dass die Ultras das was sie unter Fankultur verstehen, am Leben erhalten und auch mal in farbenfroher Art und Weise auf sich aufmerksam machen möchten.
Heuchlerisch finde ich in diesem Zusammenhang das Rumgeheule einiger Fans über die zu erwartende Geldstrafe für die Pyro-Aktionen, die sich im Bereich von 15.000 Euro bewegen dürfte. Natürlich, für einen Normalsterblichen ist das sehr viel Geld, aber, ein Profiverein bezahlt das aus der Portokasse, wenn er nicht ohnehin schon Rücklagen für den Fall der Fälle gebildet hat.
Solang ein solcher Betrag einem durchschnittlichen Fußballer wie Christian Gentner, bricht man sein Jahresgehalt herunter, alle drei Tage in den Allerwertesten geblasen werden und solang der VfB-Tross auch als Zweitligist noch Woche für Woche in 5*-Luxushotels absteigt, mache ich mir über diese außerordentlichen Ausgaben keine Gedanken und erstrecht keine Sorgen darüber, dass dies auch nur irgendeinen Transfer beeinträchtigen könnte.
Jetzt gilt es aber nach vorne zu schauen, auf das Heimspiel in Sandhausen und dann auf die letzten Tage und Stunden des Sommertransfermarktes.
Nach wie vor hoffe ich, dass sich in beide Richtungen noch etwas bewegt und ein Spieler wie Florian Klein endlich den Club findet, der seinen Ansprüchen genügt. Nach seine Aussagen zu den Fans und zum Verein und seinem halbherzigen Treuebekenntnis, nachdem er wider Erwarten doch zum VfB zurückkehren „musste“, kann ich es kaum noch ertragen, diesen Spieler unser Trikot beschmutzen zu sehen.
Ich hoffe, man findet hier noch eine Lösung oder setzt ihn notfalls auf die Tribüne. Mit Großkreutz, Zimmer und Zimmermann haben wir auf der rechten Abwehrseite genügend Alternativen, für die offensive Außenbahn kommt hoffentlich noch jemand, so dass man dort nicht mehr mit Außenverteidigern improvisieren muss.
Nächste Woche dann ziehe auch ich meine Transferbilanz, vorher bleibe ich jedoch tiefenentspannt und hoffe auf ein geiles Spiel morgen in der Provinz.
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9. Februar 2016
Seit ich meinen Blog mit Leben erfülle und meine Sicht der Dinge darstelle, ist eine regelmäßige Konstante, dass sich der Blog fast von selbst schreibt, weil sich die Abläufe beim VfB einfach ständig wiederholen. Waren es in den letzten Jahren fast ausschließlich negative Dinge, wie ständig wiederkehrende Abwehrschnitzer und die gebetsmühlenartigen Erklärungsversuche danach, so könnte ich nach dem Auswärtssieg bei der Eintracht auch wieder „nur“ den Blog der Vorwoche nach dem Spiel gegen den HSV herauskramen und die Zeit auf Spätsommer/ Herbst 2015 zurückdrehen.
Auch dieses Spiel wäre wohl eines jener gewesen, in denen der VfB zwar die bessere Mannschaft war, sich aber durch eigene Dumm- bzw. Ungeschicklichkeiten um den verdienten Lohn gebracht hätte.
Hätten die ersten Chancen der Eintracht zum Rückstand geführt, hätte Sippel nach Großkreutz‘ Schubser gegen Meier und/ oder bei Gentners Handspiel auf den Elfmeterpunkt gezeigt, hätte Alex Meier ins anstatt aufs Tor geköpft, wäre Großkreutz‘ Sense gegen Zambrano mit rot und nicht nur mit gelb geahndet worden und hätte die Eintracht die Überzahl nach Didavis Platzverweis konsequent ausgenutzt anstatt sich kurze Zeit später einen Elfmeter und die Hinausstellung von Zambrano einzuhandeln. Hätte, hätte, Fahrradkette! Das Spiel lief zu unseren Gunsten, weil einfach, auch wie bereits in der Vorwoche beschrieben, mit Kramny das Glück zurückgekehrt ist.
Es ist natürlich hypothetisch, darüber zu philosophieren, wie der VfB auf den einen oder anderen Rückschlag reagiert hätte. Ich hatte weder vor noch während des Spiels irgendwelche Bedenken, dass wir dort nicht als Sieger vom Platz gehen würden. Der VfB präsentiert sich seit Wochen schon selbstsicher und wirkt weitaus gefestigter als noch zu Zeiten Zornigers. Als Indiz dafür kann man heranziehen, wie die Mannschaft mit dem Rückstand in Köln umgegangen ist und dass sie sich auch vom Hamburger Ausgleich nicht vom eigenen Weg hat abbringen lassen. Daher hätte ich es ihr auch in Frankfurt, zumindest nach einem Rückstand, zugetraut, unbeeindruckt weiter zu spielen, und die drei Punkte mitzunehmen.
Frankfurt ist schon immer eines der geileren Auswärtsspiele gewesen. Waren es Anfang der 1990er-Jahre stets Spitzenspiele, in denen wir uns zu Zeiten der Yeboahs und Beins so manche derbe Klatsche abholten, sind es mittlerweile meistens Alles-Oder-Nichts-Spiele im Tabellenkeller zweier Mannschaften, die offensiv deutlich besser besetzt sind als defensiv, so dass auch mal ein 4:5 „passieren“ kann wie in der Vorsaison. Zumeist hat dabei der VfB das bessere Ende für sich, ausgenommen das 2:1 für die Eintracht mit Thomas Schneider als Trainer, wo man einen 1:0-Führung, damals traditionell, in den Schlussminuten noch verspielte.
So bewerte ich auch nach dem vierten Sieg in Folge die Serie noch nicht über. Einzig der Sieg gegen Wolfsburg war ein deutliches Ausrufezeichen und kam unerwartet, auch wenn sich dieser schon wieder relativiert, wenn man sieht, wie die Wolfsburger im Mittelfeld der Tabelle herumdümpeln und mit dem VfL der Vorsaison außer dem VW-Emblem auf der Brust nichts mehr gemein haben. Danach folgten drei Siege gegen Vereine, die uns traditionell liegen, zumindest in dieser Konstellation, nämlich Köln und Frankfurt auswärts sowie der HSV zu Hause.
Ans Eingemachte geht es daher eher am Samstag gegen Hertha BSC Berlin, ein Team gegen das wir historisch eine Negativbilanz vorweisen, die uns weniger liegen und die in dieser Saison besonders schwer zu bespielen sind und nicht von ungefähr den dritten Platz inne haben.
Da wird dann auch der inzwischen wieder zu einer festen Größe mutierte Georg Niedermeier beweisen müssen, dass er von Kramny zurecht aus der Versenkung gekramt wurde, wenn es gegen den alten Teamkollegen Vedad Ibisevic geht. Da ist ein Duell mit Haken und Ösen zu erwarten, auf das man sich schon jetzt freuen darf.
Zunächst aber gilt es Frankfurt aufzuarbeiten. Der Block der Frankfurter Ultras musste nach dem DFB-Urteil wegen der Vorkommnisse beim Darmstadt-Spiel leer bleiben. Ich persönlich finde diese Kollektivstrafen zum kotzen, weil es sich die Obrigkeit damit vor allem sehr einfach macht, in dem sie nicht wie in unserem Rechtssystem eigentlich üblich, die Täter ermittelt, sondern alle über einen Kamm schert und „unschuldige“ Dauerkarteninhaber mit abgeurteilt werden.
Dass dabei auch noch jenes verloren geht, was den Fußball so besonders ausmacht, nämlich die Stimmung auf den Rängen, ist ein weiterer Aspekt, der zu hinterfragen ist. Gerade in Frankfurt, einem der stimmungsvollsten Stadien in Deutschland, ging mir das am Samstag brutal ab. Da solche Kollektivbestrafungen inzwischen Schule machen und man den Sport mehr und mehr zum Klatschpappen-Familienevent verändern zu wollen scheint, müssen die Fanszenen zusammen stehen und mit aller Kraft verhindern, dass uns unser liebstes Kind in seiner ursprünglichen Form genommen wird. Es ist ja jetzt schon grenzwertig, was uns abverlangt wird, seien es die hohen Eintrittspreise, alkoholfreies Bier in den Stadien, rauchfreie Arenen und eine synthetisch hergestellte Stadionwurst eines Caterers vom anderen Ende der Republik.
Wenn jetzt noch versucht wird, englische Verhältnisse einzuführen, wo es keine Stehplätze mehr gibt und wo man auf den Sitzplätzen nicht einmal mehr während des Spiels aufstehen darf, wenn vorsorglich einfach mal alle Auswärtsfans ausgesperrt werden, damit die Ordnungskräfte einen ruhigen Nachmittag verleben können, werden sie eines Tages ihr blaues Wunder erleben. Denn, auch der Event-Fan geht wegen der Atmosphäre ins Stadion und nicht lediglich, um seine Familie zu bespaßen und 22 Millionären zuzusehen, wie sie einem Ball hinterher jagen.
Dass diese Strafmaßnahme auch noch total ins Leere ging und die Frankfurter Ultras dann eben schräg über dem Gästeblock ihre neue vorübergehende Heimat fanden, spottet jeder Beschreibung. Für viele VfBler im Block war das eine sehr befremdliche Situation, wusste man ja nicht, ob die Frankfurter auf Krawall gebürstet waren oder einfach „nur“ ihr Team supporten und das Spiel anschauen wollten. Die paar Ordnungskräfte im Pufferblock hätten eine Frankfurter Invasion mutmaßlich jedenfalls nicht aufhalten können. Die VfB-Fans zeigten sich indes mit den Hessen solidarisch und hoben Banner „gegen Kollektivstrafen“ hoch.
Knapp 4.000 Stuttgarter machten sich auf den Weg ins Waldstadion und supporteten das ganze Spiel über sensationell gut. Wir saßen Haupttribüne Seite und hörten die Unseren lauter als die paar hundert Frankfurter im Oberrang.
Der VfB hat scheinbar seine Formation gefunden und trat auch in Frankfurt mit der gleichen Aufstellung an wie schon in den vorigen beiden siegreichen Spielen, also mit dem Innenverteidiger-Duo Schwaab-Niedermeier und mit Martin Harnik auf der Bank, der erstmals nach seiner Verletzung wieder einsatzbereit gewesen wäre.
Der VfB verschlief die Anfangsphase und hätte bereits in der 1. (!) Minute zurückliegen können, als Huszti Tytoń zu einer ersten Parade zwang. Nach dieser ersten Schrecksekunde aber versuchte sich der VfB mit eigenen Ballstafetten Sicherheit zu erlangen. Vor allem der agile Kostic war es immer wieder, der auf der linken Seite seine Schnelligkeit ausspielte, was jedoch defensiv dazu führte, dass Insúa oft auf sich allein gestellt war und die Frankfurter dadurch über ihre rechte Seite gefährlich werden konnten. So auch in der 27. Minute, als eine Flanke den Kopf von Meier traf, und dieser kläglich vergab, wenngleich er von Großkreutz leicht geschubst wurde.
Das sollte sich rächen! Im direkten Gegenzug spielte der seit Wochen sensationell gut aufspielende Lukas Rupp seinen Kapitän Christian Gentner frei, welcher vor dem Tor nicht lange fackelte und zum 0:1 einschob. Bereits das zweite Tor nach Köln, das Rupp Gentner schulbuchmäßig auflegte.
Das war der Türöffner für einen furiosen Auswärtsauftritt, auch wenn es, wie eingangs erwähnt, in der 38. Minute Elfmeter für die Hausherren hätte geben müssen. Kurz vor dem Seitenwechsel aber erhöhte der VfB gar auf 0:2. Kostic schlug eine Ecke auf Georg Niedermeier, der überlegt mit dem Kopf in die Mitte ablegte und dabei Hradecky im Frankfurter Tor aus dem Spiel nahm und Didavi in der Mitte artistisch abstauben konnte. Auch das ist eine unter Kramny neue und lang nicht mehr gesehene Qualität, dass wir plötzlich aus Eckbällen Kapital schlagen.
Die Eintracht kam durch den 0:2-Halbzeitstand noch etwas offensiver aus den Katakomben und erzielte in der 52. Minute den Anschlusstreffer, als Meier einen Tytoń-Abpraller abstaubte.
In dieser Drangphase klärte der stark verbesserte Gentner einen Meier-Schuss auf der Linie, so dass die Führung zu diesem Zeitpunkt am seidenen Faden hing.
Doch, wie schon in den letzten Spielen hatte der VfB die passende Antwort parat und schlug zum richtigen Zeitpunkt zurück, indem Niedermeier mit einem wuchtigen Kopfball nach Gentner-Flanke zum 1:3 traf.
Vom Schorsch war es, vor allem offensiv, der bisher beste Auftritt nach seiner Reaktivierung mit einem Tor und einer Vorlage. Defensiv dagegen hat er noch viel Luft nach oben, da aber inzwischen im Kollektiv viel besser verteidigt wird wie noch vor dem Jahreswechsel, fallen die Schwächen der Einzelnen nicht mehr ganz so gravierend ins Gewicht.
Dennoch sollte sich der VfB alle Zeit der Welt lassen und den weiteren Verlauf der Runde abwarten, ehe man über Vertragsverlängerungen mit Spielern wie Niedermeier, Schwaab oder auch Harnik nachdenkt, die nach wie vor und trotz des Zwischenhochs namentlich mit für die schlechten letzten Jahre stehen.
Das Spiel war auch nach dem 1:3 nicht gegessen, weil sich Didavi kurz nach dem Tor die gelb-rote Karte einhandelte und Meier nur aufs anstatt ins Tor traf.
Eingetütet war der Sieg dann aber zehn Minuten später. Kravets, inzwischen für Timo Werner im Spiel, stürmte in den Strafraum und wurde von Zambrano umgestoßen, was Elfmeter und Gelb-Rot für Zambrano nach sich zog. Kostic verwandelte seinen ersten Bundesliga-Elfer eiskalt und stellte auf 1:4, was die endgültige Entscheidung war, knapp eine Viertelstunde vor dem Schlusspfiff.
Wieder also Kravets, der Siegtorschütze vom HSV-Spiel, der kurz nach dem Elfmeter mit artistischem Einsatz noch die Latte traf, wieder war es Kravets, der in relativ kurzer Zeit nachhaltig auf sich aufmerksam machen konnte und bei dem man sich jetzt schon fast wünscht, ihn auch mal in der Startformation zu sehen. Er macht bereits jetzt großen Druck auf Timo Werner, dessen Chancenverwertung auch in Frankfurt wieder eine Katastrophe war.
Das 2:4 durch Huszti in der Schlussminute hatte nur noch statistischen Wert. Der vierte Sieg in Folge war eingefahren, der Anschluss ans Mittelfeld hergestellt. Seit 2010 unter Christian Gross gewann der VfB nicht mehr seine ersten drei Rückrundenspiele, seit Dezember 2013 war der VfB, abgesehen vom ersten Spieltag der Saison 2014/2015, nicht mehr besser platziert als auf jenem zwölften Platz, den wir nun inne haben. Innerhalb weniger Wochen schaffte es der VfB zehn Punkte Vorsprung auf die direkten Abstiegsplätze und fünf Punkte auf den Relegationsplatz zu legen, alle Achtung!
Auch wenn noch kein Team mit 24 Punkten die Klasse gehalten hat, fällt es schwer in Anbetracht der nun aufkeimenden Euphorie weiterhin einzig und allein den Nichtabstieg im Blick zu haben.
Ich mühe mich diesbezüglich nach Kräften und freue mich gerade nur, dass wir alles in der eigenen Hand haben und unsere zum Klassenverbleib noch notwendigen Punkte in einigen Sechs-Punkte-Spielen gegen die direkten Konkurrenten holen können und auch holen werden. Vor allem die schon bald anstehenden Heimspiele gegen Hannover 96 und den Dorfverein von der Autobahnraststätte habe ich dabei Blick, die gewonnen werden müssen, um die Schlusslichter auf Distanz zu halten und selbst der 40-Punkte-Marke ganz nah zu kommen.
Was derzeit beim Dorfverein abgeht, ist kaum zu fassen. Die Qualität der Mannschaft ist auf dem Papier vorhanden und dennoch kacken sie Woche für Woche ab. Es wäre zu schön, wenn in dieser Saison das wahr werden würde, was der BVB vor einigen Jahren fahrlässig herschenkte, nämlich der Abstieg dieses Retortenclubs. Mich erinnert Stevens‘ Mission gerade die 90er-Jahre, als wir Guido Buchwald absandten, um den KSC in die 2. Liga zu führen, was er auch eindrucksvoll schaffte. Huub Stevens feilt an einem ähnlichen Denkmal, zumindest noch, fraglich ist, wie lang man ihn noch lässt.
Was den VfB angeht, schiele ich nicht auf die Europapokalplätze sondern einzig und allein auf die magische 40-Punkte-Marke. Sollte die erreicht sein, dann können wir noch immer schauen, wie viel Saison noch übrig ist und welcher Tabellenplatz noch in Reichweite liegt. Es ist momentan schon ein erhebendes Gefühl ruhig schlafen und sich entspannt jegliches Bundesligaspiel anschauen zu können, ohne ständig in Was-Wäre-Wenn-Szenarien denken zu müssen, damit bin ich voll und ganz zufrieden.
Wie fragil oder wie stabil das Gebilde noch oder mittlerweile ist, darüber Aufschluss geben werden womöglich schon die nächsten zehn Tage mit den Spielen gegen den BVB, gegen Hertha BSC und bei Schalke 04. Ringen wir auch diesen deutlich besser platzierten Teams wenigstens einen großen Kampf ab oder sind sie weiterhin eine Nummer zu groß?
Sehr positiv stimmt mich derzeit, dass es Kramny innerhalb kürzester Zeit geschafft zu haben scheint, aus einem zerstrittenen Haufen ein eingeschworenes Team zu formen.
Großartig, welche Bilder wir mittlerweile auf Instagram, Facebook & Co. zu sehen bekommen. Bilder von Mannschaftsabenden, Bilder mit Federico Barba in der Mitte und dem Titel „Integration“, Siegerbilder nach den Spielen aus der Kabine, und in Frankfurt, sogar der leider langzeitverletzte Federico Barba mittendrin.
Könnten solche Bilder noch gestellt sein, war ich am Samstag von einem selbst aufgenommenen Bild begeistert und fast zu Tränen gerührt. Nämlich, als Alexandru Maxim in der 85. Minute für Filip Kostic eingewechselt wurde und wie ein Honigkuchenpferd strahlte. Kein Groll darüber, „nur“ Ersatz gewesen zu sein, sondern offensichtlich die Freude darüber Mitglied eines tollen Teams zu sein. Diese Szene hat mich schwer beeindruckt und macht mir Hoffnung, dass hier etwas am wachsen ist und uns nicht nur gute Stimmung vorgegaukelt wird. Da Didavi am Samstag gegen die Berliner Hertha gesperrt ist, gönne ich Maxim diesen Einsatz von Herzen und hoffe, dass er ähnlich effektiv auftritt wie Daniel Didavi.
Vorher aber steht noch das Pokalspiel gegen den BVB auf dem Programm. Als uns die Los-Fee diesen Kracher vor die Nase setzte, rechnete ich mit nichts anderem als dem blamablen Ausscheiden aus dem Pokal und einem Millionenpublikum vor den Fernsehern, das sich von der Unfähigkeit der VfB-Akteure ein Bild machen könnte.
Nun aber, nach den jüngsten Erfolgen und vor allem dem Wie, wie sie errungen wurden, rechnet man sich urplötzlich etwas aus. Auf dem Papier ist natürlich der BVB, der laut Watzke in jeder anderen Liga Europas Tabellenführer wäre, haushoher Favorit. Aber, in einem Spiel ist vieles möglich. Der BVB dürfte angesichts der zuletzt gezeigten Auftritte gewarnt sein und vor allem vor unserer Offensive großen Respekt haben. Kramny kündigte einige Änderungen in der Startelf an, ich hoffe, dass sich diese nicht negativ auf die Ordnung und die Kompaktheit auswirken werden.
Der VfB rechnet mit 50.000 Zuschauern und kann froh und dankbar darüber sein, dass sich der Saisonverlauf in den letzten Spielen zum Positiven gewandelt hat.
Die ausgerufenen Eintrittspreise waren von Anfang ein großes Thema. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe musste man ohnehin mit dem Schlimmsten rechnen, hat sich der VfB in den letzten Jahren ja zu Hause kaum mit Ruhm bekleckert. Uninspirierte Auftritte und Heimniederlagen en masse, da ist es schon frech z. B. für meinen Dauerkartenplatz, der im Schnitt etwa 25,50 € kostet für dieses Spiel 61,50 € zu verlangen. Natürlich sind Rabattaktionen für Dauerkarteninhaber und Mitglieder verboten oder müssten, wenn sie denn gewährt werden würden, auch an den Dortmunder Anhang weitergegeben werden. Aber, für ein Spiel unter der Woche, am Faschingsdienstag, mit Live-Übertragung im Free-TV und als Abstiegskandidat in der Bundesliga Preise der Top-Spiel-Kategorie auszurufen ist für mich eine Frechheit. Der „normale“ VfB-Fan geht ja ohnehin nur wegen dem VfB ins Stadion und schert sich dabei einen Dreck, wer der Gegner ist.
Die Initiative „Kein Zwanni – Fußball muss bezahlbar sein“ hatte bereits angekündigt, dass die Dortmunder Anhängerschaft die ersten zwanzig Minuten geschlossen im Innenraum verfolgen würde, auch auf VfB-Fanseite stieß diese Preispolitik auf großes Unverständnis.
Neue Nahrung erhielt diese Diskussion gestern, als der BVB öffentlich erklärte, schriftlich beim VfB wegen der Preise Beschwerde eingereicht zu haben, obwohl Präsident Wahler stets weismachen wollte, die Preise wären gemeinsam mit dem BVB festgelegt worden. Eine glatte Lüge also, sollte dies den Tatsachen entsprechen!
Nach dem Vorpreschen der Dortmunder gab der VfB eine Erklärung heraus, die den Vorwurf der Lüge nicht entkräftet hat. Man begründete lediglich die Preispolitik, u. a. indem man erklärte, auf die Preiszuschläge, die der BVB noch aufschlägt, keinen Einfluss zu haben.
Im Kern aber ist es mehr ein Herausreden als eine stichhaltige Erklärung. Wenn der VfB erklärt „Die Preise für das Spiel wurden dem BVB vor dem Start des Vorverkaufs mitgeteilt, erst mehrere Tage nach dem Beginn des Vorverkaufs erfolgte eine Reaktion durch den BVB.“ stellt sich mir trotzdem die Frage nach dem ganz genauen Zeitablauf und welche Fristen in der Kommunikation bei Bundesligavereinen üblich sind. Erfährt man keine Reaktion, kann man ja auch durchaus einmal den Telefonhörer schwingen und nachfragen, ob die Information denn angekommen ist und wie sie aufgenommen wurde.
Dass der BVB erst gestern mit dieser längst fälligen Erklärung herauskam ist natürlich auch zu hinterfragen. Möglicherweise haben sie sich ja doch auch mit dem Geldsegen angefreundet. Durch den angekündigten 20-minütigen Stimmungsboykott bekam die Angelegenheit jedoch weitere Brisanz, so dass sich der BVB nun doch noch genötigt sah, diese Dinge klarzustellen.
Für mich bleibt auf jeden Fall ein Gschmäckle hängen und die immer wieder kehrende Frage vor der Abstimmung zur Ausgliederung, welches Vertrauen man dieser Vereinsführung noch entgegenbringen kann.
Jetzt, nachdem es wohl offenkundig ist, dass wir vom VfB an der Nase herum geführt wurden, fände ich es gut, wenn sich die VfB-Fans mit „Kein Zwanni – Fußball muss bezahlbar sein“ solidarisieren und im Innenraum gegen die Vereinsführung protestieren würden.
Die Initiative ist doch an und für sich eine gute und vertritt die Interessen eines jeden Fußball-Fans. Von der Spitze sind wir zwar weit entfernt, sollten wir aber eines Tages mal wieder im Konzert der Großen mitspielen, hätte wir mit denselben Problemen zu kämpfen, nämlich denen, dass für jedes Spiel, zu dem wir fahren, Top-Zuschläge aufgerufen werden.
Auch ich war drauf und dran, dieses Spiel zu boykottieren, bringe es aber dann doch nicht übers Herz, dass „mein“ VfB spielt und ich mir das Spiel im Fernseher anschaue. Gemütlicher wäre es sicherlich, vor allem in Anbetracht der Wetterprognosen und des zu erwartenden späten Heimkommens, aber, live ist eben doch live, so dass ich uns jetzt doch noch kurzfristig Stehplatzkarten organisiert habe.
Unter den erwarteten 50.000 Zuschauern werden etwa 10.000 BVB-Sympathisanten sein. Ich hoffe, es bleibt trotz der Vorkommnisse beim Bundesligaspiel im Westfalenstadion einigermaßen ruhig, die Atmosphäre, vor allem zwischen den Ultras-Lagern ist seitdem ja gehörig aufgeheizt.
Ich freue mich auf ein offenes Spiel auf durchaus hohem Niveau. Die Berliner Hertha hat am Samstag gezeigt, wie man der Borussia den Spaß am Spiel nehmen kann. Sie überließen dem BVB zwar den Ball, durch konsequentes bissiges Verteidigen raubten sie ihnen aber nach und nach die Lust am Spiel und hätten am Ende gar selbst noch siegen können.
Gut möglich, dass Mitch Langerak gegen seine Ex-Kollegen morgen sein Debüt im Profiteam vom VfB geben darf. Er dürfte dann, wie auch Kevin Großkreutz, ganz besonders motiviert sein, wenn es gegen den ehemaligen Herzensclub geht. Beiden wünsche ich eine große Leistung und dass sie, wie der Rest des Teams, nicht übermütig zu Werke gehen und sich schnell unnötige Karten einfangen.
Es ist ein guter Tag Geschichte zu schreiben und nach den einigermaßen „normalen“ Siegen ein wirkliches Ausrufezeichen zu setzen. Die Vorzeichen stehen gut, der VfB befindet sich in Hochform, ist mit dem nötigen Selbstvertrauen ausgestattet und gibt sich doch nach den Siegen wohltuend demütig, im Wissen darum, dass sich auch weitere Erfolge nur einstellen werden, wenn konsequent und konzentriert weiter gearbeitet und keinen Fingerbreit nachgelassen wird. Mit einer solchen Einstellung soll es schon Teams gegeben haben, die Berge versetzt haben, warum sollte es dem VfB mit uns Fans im Rücken nicht gelingen. Der Traum von Berlin lebt, lasst ihn auch nach dem heutigen Spiel noch weiterleben, packen wir es an, ihr für uns, wir für euch!
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30. Oktober 2014
Nach der überragenden Aufholjagd gegen Leverkusen und dem Wissen darüber, doch noch Torgefährlichkeit und Esprit entwickeln zu können und dabei sogar auch noch Buden zu machen, ging es eine Woche später ins Frankfurter Waldstadion.
Das Waldstadion ist eines dieser Stadien, das durch die Umbauten zur WM 2006 in ein reines Fußballstadion um einiges schöner geworden ist. Dort fahre ich immer gern hin, genügend Gastronomie drum herum und kurze Wege vom Busparkplatz zum Gästebereich.
Nach einigen kleineren und größeren Scharmützeln mit den Frankfurtern in der Vergangenheit, könnte man annehmen, das Spiel würde zum Hochsicherheitsspiel erklärt und die beiden Fanlager würden strikt getrennt werden. Nichts von alledem: kaum aus dem Busparkplatz raus, schon kreuzen sich die Wege zwischen Eintrachtlern und VfBlern. Selbst der Gästebereich im Stadion ist nicht strikt von den Frankfurter Fans in unserer Kurve und denen auf der Gegengerade getrennt. Ganz zu schweigen von den Imbiss- und Getränkebuden direkt vor dem Stadioneingang, wo sich die Fans gemeinsam auf das Spiel einstimmen.
Wie jedes Mal, wenn ich auswärts fahre, sind zwar meine sämtlichen Antennen ausgefahren, Ärger hatte ich in Frankfurt aber schon lange nicht mehr. Früher gab es das eine oder andere Spiel, als Frankfurter „Fans“ den Schwaben im Wald auflauerten und man am besten zusah, dass man Land gewinnt, diese Zeiten aber sind schon lange vorbei. Genauso im Übrigen wie jene aus den 80er-Jahren, als eine intensive Fanfreundschaft mit der Eintracht gelebt und gepflegt wurde. Spätestens aber 1992, als wir der Eintracht die sicher geglaubte Meisterschale in der 86. Minute des letzten Spieltags noch entrissen haben, spätestens seit dem war es vorbei mit der Freundschafts-Herrlichkeit.
Wir lagen mit dem Bus einmal mehr super in der Zeit, so dass es noch ein paar Kaltgetränke am Bus reichte, bevor wir uns in Richtung Stadion begaben. Schnell die Einlasskontrollen passiert, wie erwartet ohne Probleme. Frankfurt ist eines der ganz wenigen Stadien, das in seiner Stadionordnung überhaupt keine Restriktion bezüglich der Fotoausrüstung aufgeführt hat, so dass hier mit keinen dummen Fragen und kritischen Blicken zu rechnen war. Da diese Prozedur so schnell vonstattenging, reichte es noch ein „Schnelles“, während immer mehr Bekannte auftauchten und man sich über das zu erwartende Spiel austauschen konnte. Tenor war, Leverkusen muss Auftrieb geben, Frankfurt ein gutes Pflaster, Veh kennt die Eintracht, also, was sollte eigentlich schief gehen?
Mein Präsident vom Fanclub machte es möglich, Oberrang, Reihe 1, Platz 1, wie von mir gewünscht. So konnte ich direkt auf unseren Block fotografieren, diesen zwar von hinten, habe aber natürlich niemanden vor mir und somit freien Blick auf Block und Spielfeld. In manch einem Stadion bin ich mit dieser Denke zwar schon hereingefallen und saß direkt hinter einer fetten zerkratzten Plexiglasscheibe, in Frankfurt wusste ich aber, dass es dort keine gibt. Platz 1 auch immer gut, zumindest, wenn die Nummern aufsteigend und nicht absteigend in den Block gehen. Meinem Präsi, der sich immerhin um die Belange von weit über 900 Mitgliedern kümmern muss, gehe ich mit diesen Extrawünschen zwar das eine oder andere Mal auf den Sack, andererseits, wenn ich mir schon eine teure Karte leiste, sollte diese auch einen Mehrwert mit sich bringen, sonst könnte ich gleich in den Stehbereich gehen.
Wie jedes Mal, wenn ich die Stufen hinaufsteige und sich vor mir das Stadioninnere mit seinen voll besetzten Tribünen entfaltet, setzt das besondere Kribbeln ein, das ein Couch-Fußballfan einfach überhaupt nicht nachempfinden kann. Besonders geil ist es dann, wenn, wie am Samstag ein zahlenmäßig beachtlicher Auswärts-Mob aufgeboten wird. Gut 4.000 Schwaben fanden den Weg nach Frankfurt. Natürlich ist die Begegnung mit der Eintracht immer auch ein Spiel, wo Leute hinfahren, die sonst eher selten auswärts anzutreffen sind. Für einen Trip in die Mainmetropole spricht die Stadt, reine Männer-Ausflügler zieht es meist in die weltberühmte Kaiserstraße – die Entfernung und dass man in Frankfurt generell gut Party machen kann, tun ihr Übriges.
Bei solchen Spielen ist die Anzahl derer dann, denen die Tour wichtiger als das Spiel ist, natürlich extrem hoch. So kann es schon mal vorkommen, dass man über die eine oder andere Alkoholleiche stolpert und Leute den Stadionsitz dazu nutzen, Schlaf nachzuholen. Das sind Begleiterscheinungen, die man so hinnehmen muss. Mir ist es eigentlich in all den Jahren noch nie passiert, dass ich von einem Spiel nichts mehr mitbekam, aber, so hat eben jeder seine eigenen Prioritäten.
Zur besten Fußball-Zeit, Samstag 15:30 Uhr, ging es hinein ins Spiel. Der VfB im Vergleich zum Leverkusen-Spiel gleich auf vier Positionen verändert. Bei Vedad Ibisevic wurde ein sich anbahnender Ermüdungsbruch im Fuß festgestellt, weshalb ihm absolutes Sportverbot auferlegt wurde. Heutzutage gibt es Verletzungen, die es zu meiner aktiven Zeit einfach noch nicht gab. Da hat man gespielt, bis eben etwas „gefatzt“ ist. Aber, sei’s drum, gute Besserung, Vedad. Er wird voraussichtlich bis Jahresende ausfallen, so dass es nun gilt diesen „schweren Verlust“ zu kompensieren. Ich bin mir relativ sicher, dass es uns gelingen wird, einen Ersatz aufzubieten, der mehr als das eine Tor zustande bringen wird, mit dem Ibisevic im Kalenderjahr 2014 „glänzte“.
Zudem steigen von nun an die Chancen, dass wir auch tatsächlich zu elft spielen. Vedad gab doch in diesem Jahr vorne nur noch den Alleinunterhalter, hat so gut wie nicht am Spiel teilgenommen und fiel nur dadurch auf, dass er die ohnehin wenigen Angriffe jäh beendete, in dem er sich entweder fallen ließ oder selbst foulte. Durch sein ständiges Lamentieren und Reklamieren ist er bei den Schiedsrichtern unten durch und immer für eine Karte oder sogar eine Tätlichkeit gut. So gesehen, denke ich, schwächt uns diese Verletzung nicht wirklich. Die einzige Frage, die sich in dem Zusammenhang stellt, ist höchstens die, wie man sich einen Ermüdungsbruch zuziehen kann, wenn man weitestgehend herumsteht. Das wiederum fällt in das Fachgebiet der Ärzte, die ihm diese Pause verordneten.
Für mich sieht es eher wie eine Schutzsperre aus, man zieht ihn eben aus dem Verkehr. Sollte an der oft kolportierten vertraglich zugesicherten Stammplatzgarantie etwas dran sein, wäre dies zumindest eine Möglichkeit, den Weg für eine andere Spielphilosophie freizumachen. Der klassische Mittelstürmer hat langsam ausgedient, bei der WM war es so zu beobachten, unser Ex-Manager aber hat noch schnell den Vertrag, zu verbesserten Konditionen versteht sich, verlängert. Das versteht außer ihm wohl keiner!
Auch Leitner musste verletzt passen, zudem blieben Werner und Rüdiger zunächst einmal auf der Bank. Stattdessen rückte Harnik an Stelle von Ibisevic in die Sturmspitze, Maxim und Kostic, die gegen Leverkusen frischen Schwung brachten, rückten ebenso ins Team wie Sakai, der noch gegen Leverkusen nach seinen Länderspielstrapazen auf der Bank Platz nehmen musste.
Die größte Überraschung aber war, dass Sercan Sararer in der Startformation stand. Jener Sararer, der vor der Saison zusammen mit Raphael Holzhauser zu den Amateuren verbannt wurde, weil Armin Veh mit einem kleineren Kreis von Spielern arbeiten wollte. Jener Sararer, der in der letzten Saison kein einziges Spiel von Beginn an bestreiten durfte kam wie Phönix aus der Asche und veranstaltete einen ordentlichen Wirbel.
Sein gutes Spiel überraschte mich nicht. Schon beim Trainingslager im Zillertal hatte ich den Eindruck, es könnte seine Saison werden. Zwar war schon damals festzustellen, dass er (noch) nicht Vehs erste Wahl war, doch, jedes Mal, wenn er eingewechselt wurde, probierte er einiges und bestach durch seine Technik und auch den Willen noch etwas im Spiel zu bewegen. Daher dachte ich eigentlich, erst recht nach der Leihe von Marco Rojas zu Fürth, dass er erster Backup für Martin Harnik auf rechts werden könnte. Ich fand es äußerst schade, dass er, zu dem Zeitpunkt als Harnik schwächelte und auf der Bank saß, schon zu den Amas degradiert war, wer weiß, vielleicht wäre schon da seine Zeit gekommen. So aber fand ich es sehr mutig von Veh, ihn zurückzuholen und ihn auf Anhieb auch ins kalte Wasser zu werfen.
Das gefällt mir an Armin Veh, es kann sich keiner sicher fühlen und auf der anderen Seite bekommt jeder eine Chance, der sich aufdrängt. So entstehen automatisch Anreize, Gas zu geben und sich nicht auf vergangenen Lorbeeren auszuruhen.
Waren die Formationen in den letzten Jahren eher als starr zu bezeichnen, überrascht uns (und die Gegner) Veh im Herbst 2014 Woche für Woche aufs Neue. Ich bin mir nach wie vor sicher, dass es Armin Veh in seiner zweiten Amtsperiode schaffen wird, dem VfB seinen Stempel aufzudrücken und er uns aus der Talsohle herausführen wird.
Wer gedacht hatte, eine emotionale Steigerung zu Leverkusen wäre nicht möglich, wurde am Samstag eines Besseren belehrt. 1:0, 1:1, 1:2, 1:3, 2:3, 3:3, 4:3, 4:4, 4:5!!!!! Ein Wahnsinn, der den knapp 50.000 in einem denkwürdigen Spiel geboten wurde. Selbst ich als vergleichsweise alter Hase kann mich an ein solches Spiel mit diesen ständigen Führungswechseln nicht erinnern. Ein Gefühlschaos sondersgleichen. Zuversicht, Ernüchterung, Jubel, Jubel, Jubel, Erleichterung, leichtes Schlucken, wieder Ernüchterung, Entsetzen, Hoffnung bis schließlich zum kollektiven Ausflippen beim Siegtreffer sowie beim Schlusspfiff. Doch, von Anfang an:
Der VfB kam sehr gut ins Spiel, überbrückte das Mittelfeld variabel, durch die permanenten Positionswechsel von Kostic, Maxim und Sararer spielte der VfB die Frankfurter schon zu Beginn schwindelig.
Schnell kam der VfB zu seinen ersten Chancen, war aber im Abschluss (noch) zu fahrig. Dann kam es, wie so oft in den letzten Jahren. Erste Ecke der Eintracht, erster Torschuss und schon lagen wir zurück. Klein verlängerte die Ecke unglücklich an den langen Pfosten, wo Seferovic erst die Latte traf und schließlich Madlung zum 1:0 abstauben konnte. Der VfB aber, gestählt von der Aufholjagd gegen Leverkusen, ließ sich nicht beirren und übernahm sofort wieder das Kommando.
Sararer und Kostic hatten gute Einschussgelegenheiten, ehe Harnik in der 34. Minute endlich den Bann brach. Etwas glücklich und mit „Bande“ von Romeu stark abseitsverdächtig angespielt, schob er die Kugel an Wiedwald vorbei in die Maschen. Ich gebe es zu, komisch sah das schon aus, da sich selbst die Schiedsrichterkoryphäen Merk und Fandel nicht einig darüber sind, ob es abseits war oder nicht, braucht man schon einmal dem Schiri keinen Vorwurf machen und wir brauchen uns ob des Tores nicht zu entschuldigen.
Der vielumjubelte Ausgleich war da, das Ergebnis auf null gestellt, was mir die vermeintliche Gelegenheit eröffnete, beruhigt die Toilette aufzusuchen. Denkste, kaum hatte ich mit der natürlichen Bierentsorgung begonnen, brandete erneut Jubel auf. Da die Akustik in einem Stadion nicht immer Rückschlüsse zulässt, auf welcher Seite das Tor gefallen war, wartete ich zunächst einmal ab, ob die Frankfurter Torhymne abgespielt werden würde, ehe ich mir sicher sein konnte, ob wir führen.
Das wäre mir aber spätestens dann klar gewesen, als ein mir nicht bekannter VfBler hereinkam und mich fast umriss vor lauter Freude, zum Glück war ich in diesem Moment schon so gut wie fertig!
Danach brachte der VfB die Führung relativ locker in die Halbzeit, so dass die Halbzeitanalyse am Bierstand zwar zufrieden ausfiel, wir uns aber alle einig waren, dass das Spiel eigentlich schon entschieden sein müsste und wir tunlichst den vermeintlichen Todesstoß mit einem 3:1 setzen müssten. Gesagt, getan! Gute fünf Minuten nach Wiederbeginn, der VfB stürmte nun in Richtung VfB-Block, erzielte Gentner mit einem tollen Schlenzer nach Doppelpass mit Maxim das 3:1. Ein wunderschönes Tor meines „speziellen Freundes“, das Ding war durch, zumal Sararer in der 56. Minute das 1:4 auf dem Fuß hatte. Der VfB zelebrierte den Fußball wie schon lang nicht mehr, was sollte da noch schief gehen.
Einiges! Eine Minute später kam Frankfurt zum Anschlusstreffer, acht Minuten später führte die Eintracht 4:3. Vor dem 3:3 wollte Veh noch auf den Halbzeitwechsel der Eintracht, als Aigner gekommen war, reagieren und Rüdiger zur Stabilisation einwechseln. Zu spät, just dieser Aigner ließ unsere „Abwehr“ wie Slalomstangen stehen und markierte das 3:3.
Da auch noch Kirschbaum patzte und Madlungs Kopfball unter seinem Körper hindurchrutschte, war das Unfassbare eingetreten. Binnen acht Minuten einen Zweitorevorsprung verspielt, wo gibt’s denn sowas?
Die Eintracht obenauf, wir VfB-Fans verstanden die Welt nicht mehr. Zum Glück stand am Samstag eine Mannschaft auf dem Platz, die das Siegergen eingeimpft hatte und sich dagegen stemmte, sich die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Nach schönem Pass von Schorsch Niedermeier in den Lauf des eingewechselten Timo Werner, vollendete dieser gekonnt zum 4:4. Auch hier sah der Torwart nach meinem dafürhalten nicht gut aus. Sei’s drum, pari, was die Torwartfehler anging. Aber auch noch das 5:4 ging auf die Kappe des Trapp-Vertreters Wiedwald, als er eine Freistoßflanke von Kostic direkt vor die Füße von Gentner abklatschte und dieser zum 4:5 abstaubte.
Doppeltorschütze Gentner, der schon beim legendären 4:4 in Dortmund das letzte Tor erzielte. Spiele, die sich zu solchen ohne taktische Zwänge entwickelt haben, scheinen ihm also besonders zu liegen.
Sechs Minuten plus Nachspielzeit mussten noch überstanden werden, um den hochverdienten Sieg auch tatsächlich feiern zu können. Die rote Karte für Seferovic nahm ich im Stadion ehrlich gesagt überhaupt nicht richtig wahr, doch auch zu zehnt wäre der Eintracht in der 91. Minute fast noch das 5:5 geglückt. Hlousek stoppte Aigner in letzter Sekunde rüde, ich denke, über einen Elfmeterpfiff hätten wir uns nicht beklagen dürfen.
Nach fünf Minuten Nachspielzeit war endlich Schluss, der VfB durfte seinen ersten Auswärtssieg seit dem November 2013 feiern. Sicherlich hochverdient, auch wenn man natürlich über die haarsträubenden Fehler in der Defensive reden muss.
Auch Kirschbaum hatte, um es milde auszudrücken, nicht seinen besten Tag. Im Gesamtpaket, von der Ausstrahlung, dem Antizipieren und deinem fußballerischen Können gefällt er mir besser als Sven Ulreich, dessen Zeit als potentieller Stammtorhüter bei uns hoffentlich vorbei ist. Als Lückenbüßer, als Backup, lasse ich mir Ulle ja noch gefallen, sich als unumstrittene Nummer 1 zu etablieren, dafür hatte er jedoch lang genug Zeit gehabt und diese Chance leider nicht genutzt. Allein eine Ikone und bei vielen Fans beliebt zu sein, genügt eben nicht. Auch die Kastanien, die er für uns schon aus dem Feuer holte, zählen heute nichts mehr. Es zählt das hier und heute und da muss man ganz klar sagen, dass Ulle schlechter und ein Nervenbündel geworden ist. Lieber habe ich einen Typen, wie es Jens Lehmann einer war, im Kasten, der zwar nicht Everybody‘s Darling war, bei dem man sich aber nie sorgen musste, zumindest in sportlicher Hinsicht nicht.
Es war klar, als Veh kam, dass er unbequeme Entscheidungen treffen muss, möchte er den Bock umstoßen. Nur durch Handauflegen kann keine Besserung eintreten, es müssen schließlich vier schlechte Jahre aufgearbeitet werden, wobei man automatisch zu den Protagonisten kommt, die nahezu die ganzen vier Jahre mitgemacht haben.
Veh macht das meiner Meinung nach gut und sollte weiter das Vertrauen des Vereins und von den Fans genießen. Wenn ich teilweise schon wieder lese, Veh hätte Ulle herausgenommen, weil er nicht mit ihm kann, platzt mir die Hutschnur. Hinterhergeschoben wird dann noch ein „hoffentlich ist Veh bald weg, damit Ulle wieder im Tor steht“. Eine solch negative Stimmungsmache schadet nur und ist nicht zielorientiert und zudem realitätsfern. Wir wollen doch alle nur das Eine, dass es dem Patienten VfB wieder besser geht. Veh hat Ulle nicht zur Nummer 2 degradiert, weil er ihn nicht leiden kann, sondern, weil er für sein Spiel einen schneller denkenden und fußballerisch besseren Torhüter benötigt.
Ob Kirschbaum auf Dauer das Zeug zur Nummer 1 hat, wird sich erweisen. Wenn nicht, muss eben der nächste ran, Vlachodimos oder ein ganz neuer Mann. Ulles Artenschutz durch den Filz Bobic/ Schwab gehört der Vergangenheit an. Veh hat erkannt, dass sich Ulle nicht weiterentwickelt hat und kaum noch Steigerungspotential besitzt, daher kann ich es mir nicht vorstellen, dass Veh zurückrudert, nur weil Kirsche womöglich auch nicht besser ist.
Am Samstag hatte ich den Eindruck, dass auch Kirsche nervlich nicht der gefestigtste ist, so dass zu befürchten ist, dass wir in ein Torwartproblem hinein schlittern, wenn er seine Nerven nicht in den Griff bekommt.
Spätestens dann aber gehört die Arbeit von Andreas Menger hinterfragt, der uns im Sommer, schon damals auf die Unsicherheit Ulreichs angesprochen, sagte, zum Zeitpunkt des Weggangs von Leno wäre Ulle der bessere Torhüter gewesen. Ich hoffe, Kirsche gewinnt uns am Samstag gegen Wolfsburg das Spiel, damit diese Diskussion beendet ist, bevor sie richtig begonnen hat.
Insgesamt machen mir die letzten beiden Auftritte mehr Mut als dass sie mir Angst einflößen würden. Der VfB hat gezeigt, dass er in der Lage ist, Tore zu schießen, an der Defensivarbeit muss eben weiter mit Hochdruck gefeilt werden.
Gut, dass der VfB offensichtlich an Carlos Zambrano dran ist, ein gestandener Verteidiger mit guter Technik, der dazwischenhaut und sich nichts gefallen lässt.
Mir würde er gefallen, ob mit oder ohne Antonio Rüdiger würde man sehen. Sollte wirklich halb Europa an ihm interessiert sein und der Preis stimmen, muss ein Verein wie der VfB verkaufen, alles andere wäre fahrlässig und den Mitgliedern nicht vermittelbar, wenn auf der Mitgliederversammlung das nächste Millionendefizit publiziert wird.
Gegen Wolfsburg dürfte Armin Veh wieder auf eine stabilere Grundordnung zurückgreifen. Leitner wird wohl wieder einsatzfähig sein, Gruezo ist auch immer eine Option. Spätestens seit Samstag aber versuche ich mir Prognosen, was die Startaufstellung angeht, zu verkneifen. Veh tüftelt sicherlich schon jetzt daran und wird Fans und Gegner wieder mit der einen oder anderen Personalie überraschen.
Langsam aber sicher trägt die Arbeit von Veh Früchte, unser Spiel wird variabler und ist auch schon wieder besser anzuschauen. Zudem scheinen Trainer und Team mehr und mehr zueinander zu finden. Durch die eine oder andere Personalentscheidung hat sich Veh bestimmt nicht nur Freunde gemacht, aber es hat ihm Respekt eingebracht.
Wenn dieser Trainer dann bei einem Halbzeitstand von 0:3 gegen den Championsleague-Teilnehmer Leverkusen die richtigen Worte findet, den am Boden liegenden Jungs Mut macht, dass hier noch etwas geht und das dann tatsächlich auch klappt, ist im Zusammenwachsen von Trainer und Team schon immens viel gewonnen. Die Mannschaft merkt, dass der Trainer einen Plan hat, die Richtung vorgibt und die Mannschaft nicht im Regen stehen lässt sondern an sie glaubt. Wenn sich dann auch Erfolgserlebnisse einstellen, wird ihm die Mannschaft bedingungslos folgen, solang er authentisch bleibt, nicht gekünstelt rüberkommt oder sich verbiegen lässt. Noch ist er relativ kurz wieder hier, zu früh also, um ihn in den Himmel zu loben und die schlechten Jahre für beendet zu erklären, aber, ich sehe uns auf einem guten Weg.
Das alles macht mir Mut, diese Saison, die allein der tabellarischen Konsolidierung gilt, gut und ohne größere Abstiegsangst zu überstehen. Mehr erwarten ohnehin nur Phantasten.
Es ist doch tatsächlich so, dass ich es schon kaum erwarten kann, bis es am Samstag weiter geht, eine Vorfreude, die es bei mir vor Heimspielen schon einige Zeit nicht mehr gegeben hat.
Natürlich bin ich nicht so blauäugig und würde erwarten, dass wir die Wolfsburger an die Wand spielen. Die Wolfsburger sind für mich heißer Championsleague-Aspirant und haben eine qualitativ herausragende Mannschaft. So bin ich mir im Klaren darüber, dass schon alles optimal laufen müsste, wollen wir gegen die Wölfe punkten. Aber, die Tendenz zeigt nach oben, klappt es am Samstag nicht, gewinnen wir eben in Bremen, wo die Trauben nicht ganz so hoch hängen dürften, und das trotz Trainerwechsel und trotz der Tatsache, dass wir in Bremen seit 2006 (unter Armin Veh!) nicht mehr gewannen.
Aber, auch das Spiel gegen die Wölfe muss erst einmal gespielt werden. Lassen sich die Fehler in der Defensive minimieren, ohne, dass die Angriffslust und –klasse vorne leidet, liegt eine Überraschung im Bereich des Möglichen. Ich freue mich drauf und hoffe, dass der Fußball der letzten drei Halbzeiten, viele Leute mobilisiert, ins Stadion zu kommen. Die Aktion, dass Gentner/ Kirschbaum im Milaneo sowie Maxim/ Werner im Fancenter Tickets verkauft haben, fand ich übrigens einen klugen Schachzug. So haben es sich Leute, die sonst womöglich ferngeblieben wären, doch überlegt, ins Stadion zu kommen. Die Mannschaft braucht jede Unterstützung, der Verein das Geld, und nicht zuletzt, auch mir als Fan macht es mehr Spaß, wenn die Hütte voll ist.
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3. März 2014
Gestern bin ich seit langem mal wieder mit einem gewissen Optimismus zu einem Spiel gefahren. Nicht weil ich plötzlich von unserer Truppe und der sportlichen Leitung überzeugt wäre, aber, das Spiel gegen Hertha war zumindest in kämpferischer Hinsicht ein Fortschritt und außerdem gaben die Hessen schon des Öfteren unseren Aufbaugegner. Das emotionale Europaleague-Aus der Eintracht, das schwere Donnerstag-Spiel in den Knochen, taten ein Übriges. Und, ein klein wenig Fußballsachverstand darf man den Verantwortlichen ja schon auch unterstellen, was die Hoffnung nährte, dass sie nicht ohne Grund, trotz dieser unvergleichlichen Negativserie, an Bobic und Schneider festhielten.
So war Frankfurt für mich ein Schlüsselspiel, das wir unter keinen Umständen verlieren durften. Personell konnte Schneider auf den wiedergenesenen Kapitän Gentner und den nach Gelb-/Rot-Sperre zurückgekehrten Moritz Leitner zurückgreifen. Zudem stand Cacau erstmals nach 1 ½ Jahren wieder in der Anfangself. Nach druckvollem Beginn der Eintracht fand der VfB nach zwanzig Minuten zunehmend zu mehr Sicherheit und versuchte das Mittelfeld durch schnelles Konterspiel zu überbrücken, was uns nach einer guten halben Stunde das 0:1 durch Martin Harnik einbrachte. Groß war natürlich der Jubel und die Erleichterung, dennoch traute man dem Braten nicht so recht, zumal ernsthafte Torabschlüsse beim VfB weiterhin eine Seltenheit sind. Zu oft kommt der letzte Pass nicht an oder wird ein entscheidender Zweikampf verloren. Die Fehlpassquote und Zweikampfbilanz sprachen auch in diesem Spiel wieder eindeutig für den Gegner.
In der zweiten Halbzeit ließ sich der VfB mehr und mehr hinten rein drängen, ohne groß in Gefahr zu geraten, weil man noch weitestgehend gut stand und war im Sturm fast nicht mehr vorhanden. Glück hatten wir, als Aytekin nach vermeintlichem Foul von Cacau schon auf Elfmeter entschied, sein Assistent an der Linie aber intervenierte und er diesen schließlich (mutig) zurücknahm. Nicht einmal solche Umstände, die uns in die Karten spielen und den Gegner demotivieren könnten, vermögen wir in dieser Zeit auszunutzen. Trotz allem muss Alexandru Maxim in der 78. Minute das 2:0 machen und der Fisch wäre geputzt gewesen. Boka hat sich mit einer klasse Willensleistung gegen Zambrano den Ball erkämpft und passte mustergültig auf den mitgelaufenen Rumänen, doch diesem versprang der Ball, so dass er aus drei Metern den Ball nicht etwa im leeren Tor unterbrachte sondern meterweit vorbei schoss. Haste Scheiße am Fuß, hast scheiße am Fuß könnte man sagen, ich sage, es sind diese (späten) unsäglichen Konzentrationsmängel, die uns vermutlich die Liga kosten werden. So kam es, wie ich es befürchtet hatte und wie es im Grunde kommen musste. Nach einem erneut katastrophalen Abschlag von Ulreich, der wie ein Bumerang zurück kommt, hebt Rüdiger das Abseits auf und sage und schreibe drei Frankfurter haben freie Bahn. Frankfurts Joker Rosenthal war es schließlich, der zum Ausgleich vollendete. Ein Tor, wie ich es in der Bundesliga noch überhaupt nicht gesehen habe, so ein dilettantisches Abwehrverhalten, auch das wird uns letztenendes das Genick brechen. In der 90. Minute schließlich ließ sich unser selbst ernannter Führungsspieler Georg Niedermeier mit einem Beinschuss im Strafraum düpieren, so dass Alex Meier leichtes Spiel hatte und den Frankfurter Siegtreffer markieren durfte.
Der VfB stellt mit mittlerweile 49 Gegentoren nach dem HSV die zweitschlechteste Abwehr, auch wenn diese den Namen eigentlich nicht verdient hätte. 2,13 Gegentore pro Spiel, so viele kannst Du vorne gar nicht schießen, schon gar nicht, wenn man es kaum schafft Überraschungsmomente zu schaffen und niemand den Mut hat auch mal aus der zweiten Reihe abzuziehen.
So war die achte Niederlage in Folge und die elfte aus den letzten zehn Spielen besiegelt. Mal wieder schlichen die Spieler wie begossene Pudel in die Kurve um sich regungslos die immer lauter werdenden Schimpftiraden der treuen Fans anzuhören. Einige, wie Traore, der schon die Tage zählt, bis er uns verlassen darf, drehten gleich wieder ab, andere ließen sich noch auf das eine oder andere Gespräch ein.
Schneider trottete, die Hände in den Taschen vergraben, hinterher und scheint mit seinem Latein am Ende zu sein.
Klar kann er die Dinger, wie die hundertprozentige von Maxim, nicht selbst versenken. Auch klar, dass er einem gestandenen Spieler wie Ulreich nicht noch erklären müssen sollte, wie man Abstöße schlägt und dass er zu seiner Zeit noch anders zu Werke gegangen ist, als es Niedermeier beim 2:1 tat.
Dennoch wirft das bisherige Wirken Schneiders Fragen auf. Weshalb darf Sakai Woche für Woche seine Bundesligauntauglichkeit unter Beweis stellen? Unbedrängte Fehlpässe, gepaart mit katastrophalem Stellungsspiel, in dieser Verfassung hat er auf dem Platz nichts zu suchen. Kein Zufall schließlich, dass der entscheidende Treffer über Sakais Seite fiel. Das weiß inzwischen jeder Gegner, wo wir besonders leicht zu knacken sind.
Weshalb verhindert ein Gentner die Einwechslung von Haggui? Wer hat das Sagen? Kann es nicht doch sein, wie man immer wieder hört, dass die Mannschaft Schneider nicht ernst nimmt?
Auch die Wechsel erfolgten zu spät. Erfahrene Trainer nutzen diese auch einmal als eine Art „Auszeit“, um dem Gegner den Schwung in einer Drangphase zu nehmen, nicht so Schneider. Er hat ein Gottvertrauen und hofft, es werde schon irgendwie gutgehen.
Ich kann nur immer wieder betonen, dass es mir um Schneider Leid täte, wenn er als schwächstes Glied der Kette seinen Spind räumen müsste. Sein Talent, ein guter Trainer zu werden, möchte ich ihm nicht absprechen, sicherlich sammelt er derzeit Erfahrungen fürs weitere „Trainer-Leben“, ob er jedoch in der Lage ist, den Bock umzustoßen, ich glaube es nicht. Das Grundübel ist die Mannschaft, in sich zerstritten, eine profihafte Einstellung (auf und außerhalb des Platzes) vermissen lassend, die es nicht schafft, wenigstens als Zweckgemeinschaft zu funktionieren und sich neunzig und nicht nur achtzig Minuten zu konzentrieren. (Mindestens) einer pennt immer, was zu der Flut von Gegentoren führt und die uns verzweifeln lässt.
Bobic, der diese nicht harmonierende Truppe zusammengestellt hat, wird als der Totengräber des VfB in die Geschichte eingehen. Anscheinend gibt es auf der Geschäftsstelle keine Streitkultur mehr, seit Bobic auf den meisten Posten „seine“ Leute installiert hat. So hat er sich den Status als Alleinherrscher erarbeitet bzw. an sich gerissen, und es scheint, dass ihm der Erhalt dieses Status‘ mehr wert ist als das Wohl des VfB. Spieler, die unbequeme Wahrheiten aussprachen wurden nach und nach aussortiert, zuletzt William Kvist, der in der jetzigen Situation eine Stütze sein könnte.
So kämen wir bei einem Trainerwechsel wohl eher vom Regen in die Traufe. Leute wie Stanislawski und Fink würden in Bobic‘ Beuteschema passen, sind es doch eher stille Vertreter der Zunft und würden den Job mit Kusshand übernehmen. Alte Weggenossen wie Balakow und Soldo, die als Duo im Gespräch sind, würden ihm ebenso ähnlich sehen, sind es doch Freunde vergangener Tage, denen man zu gern einen gut dotierten Posten verschaffen würde.
Im Gegensatz dazu würde sich ein Bobic sicherlich nicht den von mir favorisierten Gross (den er ja selbst entlassen hat) ins Haus holen, abgesehen davon, dass es sich Gross sicher auch nicht antun würde, noch einmal unter Bobic zu arbeiten. Wenn Gross, dann als starker Mann und anstelle von Bobic.
Auch Stevens oder Schaaf, die für ihre knorrige Art bekannt sind, wären Alphatiere, die sich von Bobic nicht sagen lassen würden, wie der Hase hier zu laufen hat. Aufgrund ihrer großen Erfahrung wäre es ihnen zwar zuzutrauen, den Karren wieder flott zu bekommen, jedoch, wie es scheint, ist Bobic sein Machterhalt wichtiger als der Klassenerhalt.
Morgen also sollen Aufsichtsrat und Vorstand entscheiden, ob es tatsächlich mit Schneider weiter gehen und er gegen Braunschweig die neunte Niederlage in Folge anpeilen darf. Ich hoffe, man sieht den Tatsachen ins Auge und erkennt dass die Zusammenarbeit Mannschaft – Trainer vermutlich irreparabel beschädigt ist. Dann muss gehandelt werden und zwar sofort.
Mir ist es auch klar, dass es ein schmaler Grat ist, auf dem gewandelt wird. Verlässt man den eingeschlagenen Weg mit einem jungen unerfahrenen Trainer, der das Konzept mit trägt, vermehrt auf den eigenen Nachwuchs zu setzen? Holt man einen Trainer-Fuchs wie z. B. Stevens, der sicherlich eher auf erfahrene Kräfte setzen würde, als auf unsere Grünschnäbel? Nimmt man den Abstieg bewusst in Kauf, weil keine andere Lösung den Erfolg garantieren würde? Oder setzt man noch einmal alle Hebel in Bewegung, um es wenigstens versucht zu haben? Je länger man wartet, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Unheil noch abgewendet werden kann. Langsam aber sicher laufen uns die Spiele davon. Diesbezüglich kann man es fast bedauerlich finden, dass der SC Freiburg und der Hamburger SV sich ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckern und (noch) hinter uns stehen. Hätten die etwas konstanter gepunktet und uns auf den vorletzten Platz verdrängt, wäre sicherlich schon die Reißleine gezogen worden.
Will man weiterhin bedingungslos an Schneider festhalten, notfalls mit ihm in die zweite Liga gehen, dann sollen die Vereinsoberen doch gleich einmal ein schlüssiges Konzept vorlegen. Bislang hört man nur von Horrorszenarien, die einen den Untergang vom VfB befürchten lassen im Falle des Worst Case. Stand jetzt dürfte so gut wie kein Spieler feststehen, der bereit ist, auch im Unterhaus die Stiefel für den VfB zu schnüren, ganz abgesehen davon, ob wir sie überhaupt noch sehen wollten. Geschweige denn kann sich noch niemand vorstellen, mit welchem Budget man dieses Abenteuer angehen müsste, in welchen Bereichen es Einschnitte geben müsste, ob wir die Raten fürs Stadion und fürs Nachwuchszentrum noch stemmen könnten, und, und, und. Würde es uns einmal jemand erklären, dass auch im Falle des Abstiegs nicht aller Tage Abend wäre, vielleicht kann man sich die zweite Liga dann auch schon mal schön reden. Vielleicht wäre es wert abzusteigen, schon allein, um nächste Saison keinen einzigen Spieler von der derzeitigen Zweckgemeinschaft mehr sehen und ertragen zu müssen. Ganz ehrlich, in dieser Truppe habe ich keinen Lieblingsspieler mehr, das gab es in meiner Zeit als VfB-Fan eigentlich noch nie. An die Spieltermine müsste man sich gewöhnen und reichlich Urlaub opfern, dafür gäbe es aber mal wieder jede Menge neuer Stadien und neue Eindrücke. Wir würden einige Auswärts- zu Heimspielen machen, wobei dann zu hoffen wäre, dass bis dahin der Heimkomplex abgelegt werden konnte. Vielleicht gelänge es, wie nach dem Abstieg 1975, eine spielstarke Mannschaft mit jungen Spielern, überwiegend aus der Region, zusammenzustellen, der es wieder Spaß macht, zuzuschauen, mit der man sich ein Stück weit identifizieren kann, die vor hat, den VfB wieder dorthin zu bringen, wo er hingehört, nämlich in die Bundesliga. Bei den Fans würde sich die Spreu vom Weizen trennen und die Dauerkarte (vermutlich) günstiger werden. Ich als Fan würde den Kopf nicht in den Sand stecken und wäre auch im Unterhaus so oft es geht dabei.
Seit gestern habe ich mich fast schon mit dem Abstieg abgefunden und kann mir derzeit nicht einmal vorstellen, wie wir Braunschweig schlagen wollen. Die stellen sich zu elft hinten rein, der VfB findet keine Lösungen dieses Abwehrbollwerk zu knacken und ein oder zwei Abwehrfehler fabrizieren wir sowieso jedes Mal.
Entweder es geschieht etwas, das noch einmal eine Aufbruchsstimmung entfachen könnte oder wir gehen sang- und klanglos (r)unter. Die Hoffnungen mit der derzeitigen Konstellation habe ich gestern endgültig zu Grabe getragen.
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