21. Juli 2018

Über die „deutsche“ WM und den VfB in der Vorbereitung

Seit Sonntag ist die WM Geschichte und wir können uns wieder den wirklich wichtigen Dingen im (Fußball-)Leben zuwenden, dem VfB nämlich. Doch bevor ich einen Ausblick auf den VfB wage, möchte ich noch auf das WM-Turnier und dabei ganz besonders auf das Abschneiden der deutschen Nationalelf zurückblicken.

Noch nie hat mich ein WM-Ausscheiden einer deutschen Nationalmannschaft emotional weniger belastet als dieses Mal. Und das, obwohl es das historisch schlechteste Ergebnis einer deutschen Nationalmannschaft bei einer Fußball-Weltmeisterschaft überhaupt war.

Schon im Vorfeld stießen mir einige Dinge sauer auf. Da war zum einen die Özil-, Gündogan, Erdogan-Affäre. Für mich war es nach dem Treffen der beiden türkischstämmigen deutschen Nationalspieler mit dem türkischen Despoten Erdogan zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt (zwei Tage vor der Nominierung des vorläufigen WM-Kaders) ein Unding, diese beiden ohne jegliche Aufarbeitung des Themas zu nominieren und schließlich auch zur WM mitzunehmen.

Dass es der DFB duldete, dass Özil den Medientag schwänzte und das hochkochende Thema lieber totschwieg, und, fast noch schlimmer, ein Oliver Bierhoff sich am Rande des Saudi Arabien-Spiels hinstellt, und sagt, jetzt sei es aber auch mal gut mit dem Thema, unterstreicht eindrucksvoll, wie weit sich der DFB inzwischen von der Basis entfernt hat.

Dass es mit einem Basta des Nationalelf-Managers nicht getan war, bewiesen die Pfiffe sowohl in Leverkusen als auch später bei der WM.
Ferner kam es im Team offensichtlich nicht gut an, dass langzeitige Rekonvaleszenten, allen voran Manuel Neuer, eine Einsatzgarantie erhielten, und der Weltmeister-Bonus auch noch vier Jahre nach dem Titel wichtiger zu sein schien, als die aktuelle Form.

Der Gewinn des Confed-Cups und der U21-EM 2017 hätten Anlass genug sein müssen, den Arrivierten Feuer unter dem Hintern zu machen, zeigten diese Titel doch, dass das Reservoir aus dem Bundestrainer Löw schöpfen kann, schier unendlich ist. Zudem lockte der Bundestrainer die Spieler vor allem zum Confed-Cup mit falschen Versprechungen, wenn am Ende doch wieder fast ausschließlich die Platzhirsche auf dem Platz stehen.

Leider machte Löw denselben Fehler wie schon einige Weltmeister vor ihm (oder ist es Zufall, dass der Weltmeister seit Jahren fast ausnahmslos in der Vorrunde scheitert?), den Zeitpunkt einer Blutauffrischung zu verpassen und sich nicht rechtzeitig von einstigen Leistungsträgern loszusagen.

Dankbarkeit ist im Fußball-Geschäft nur bis zu einem gewissen Grad angebracht und darf in Ausnahmefällen einem besonders wertvollen Spieler entgegengebracht werden, von dem man überzeugt ist, dass er sich noch fangen und im weiteren Turnierverlauf wichtig werden könnte.

Wenn aber die halbe Mannschaft aus ausgelaugten und formschwachen Ex-Größen besteht und das Leistungsprinzip ad absurdum geführt wird, bekommt man eben schon nach der Vorrunde die Quittung in Form des Ausscheidens präsentiert.

Dass es zwischen Löw und Bierhoff, zwischen die lange kein Blatt Papier passte, nicht mehr stimmt, entlud sich nicht nur an der Auswahl des WM-Quartiers, mit dem keiner so richtig zufrieden war. Als Bierhoff nach der Auftaktniederlage gegen Mexiko einen Reporter harsch mit „das müssen Sie den Trainer fragen“ abkanzelte, dachte ich nur, „Nachtigall, ick hör dir trapsen“.

Hinzu kamen weitere Nebenkriegsschauplätze, die auf den ersten Blick keine große Sache wären, wie das nächtliche Abschalten des WLAN’s im Teamhotel in Vatutinki, weil einige Spieler nachts lieber exzessiv zu zocken schienen, anstatt sich professionell auf den nächsten Arbeitstag vorzubereiten.

Es sagt viel über die heutige Spielergeneration aus, wenn man sich lieber an die Konsole flüchtet, anstatt Probleme beim Schopfe zu packen und Alarm zu schlagen, wenn die Ziele gefährdet sind.

Dabei war es weiß Gott nicht die erste Weltmeisterschaft, bei der es teamintern gekracht hat. Der Unterschied zu heute war jedoch der, dass es früher Typen gab, die entgegensteuerten, wenn sie merkten, dass der Trainer mit der Situation überfordert ist.

Der WM-Titel 1974 zum Beispiel wurde erst möglich, nachdem Franz Beckenbauer nach dem 0:1 gegen die DDR die Macht übernahm und quasi die Mannschaft selber aufstellte und selbst 2014 war es erst ein Weckruf aus der Mannschaft, der das Team zurück in die Spur brachte.

Kapitän Lahm stellte mal wieder seine eigenen Interessen über die der Mannschaft und beharrte darauf, im defensiven Mittelfeld spielen zu dürfen, während es auf den Außenverteidigerpositionen krankte und diese ausschließlich durch Innenverteidiger bekleidet waren.

Löw sah sich an sein Versprechen Lahm gegenüber gebunden und trug den Willen des Kapitäns mit. Nach dem mühevollen und glücklichen 2:1 gegen Algerien entband Lahm Löw von seiner Zusage, nachdem einige Führungsspieler Alarm geschlagen hatten. Fortan stabilisierte sich die deutsche Mannschaft und zeigte ein anderes Gesicht, das Ende der Geschichte ist hinlänglich bekannt.

Diese Führungsspieler der WM 2014 traten in den letzten Jahren nach und nach zurück. Wir haben keinen Podolski mehr, keinen Lahm, keinen Schweinsteiger, keinen Mertesacker und auch keinen Klose mehr. Joachim Löw fehlte bei der WM in Russland ein verlängerter Arm auf dem Feld, es gab keinen einzigen, der sich gegen das Ungemach stemmte und die anderen mitgerissen hätte.

Die Spiele plätscherten dahin, man ergötzte sich an Ballbesitz ohne im Strafraum gefährliche Situationen heraufzubeschwören. Den etatmäßigen Führungs- oder auch Möchtegernführungsspielern fehlte das Standing (Neuer, wegen seiner langen Absenz; Özil, siehe oben), die Form (Hummels, Khedira, Müller) oder sie sind schon vom Naturell her keine Lautsprecher (Kroos).

Die Weltmeister von 2014 erfüllten die Erwartungen nicht, die sie sicher auch an sich selbst gestellt hatten und besaßen zudem noch die Frechheit bspw. einen Plattenhardt im Spiel zu schneiden und Timo Werner zwar extrem viel laufen zu lassen, um ihn dann doch nicht seine Stärken ausspielen zu lassen, indem man stets den Quer- oder Rückpass vorzog, anstatt zielstrebig nach vorne zu spielen.

Es wurde Angsthasenfußball der übelsten Sorte dargeboten, so dass ich wirklich froh darüber war, als das Elend gegen Südkorea sein jähes Ende fand.

Löw ignorierte sämtliche Alarmzeichen im Vorfeld. Nach extrem durchwachsenen Tests gegen Österreich und Saudi-Arabien wiederholte er gebetsmühlenartig, dass er schon öfter bewiesen habe, zu wissen, was zu tun sei und er auch wüsste, wie das Team auf den Punkt topfit zu bekommen sei.

Diese Arroganz erinnerte mich schwer an Armin Veh nach der Meisterschaft mit dem VfB, der später beim HSV antrat und erklärte, „ich muss keinem mehr etwas beweisen“. Das ist genau der falsche Ansatz, ein Trainer muss sich immer wieder mal neu erfinden und die Zeichen der Zeit erkennen, wenn „seine“ Spieler oder sein Spielstil im wahrsten Sinne des Wortes überholt sind.

Den einst erfolgreichen Ballbesitzfußball kann ich vielleicht noch mit einer blutjungen Mannschaft und Spielern, die laufen, laufen und nochmal laufen, spielen lassen. Es geht darum Lücken zu finden und in diese blitzschnell hineinzustoßen und so Überraschungsmomente zu schaffen, was jedoch einer Ü30-Mannschaft nicht gelingt, die auf dem Feld umher trabt, als befände sie sich bei einem Altherrenturnier.

Den Spaniern ging es vier Jahre zuvor ähnlich, schade, dass sie Löw nicht als leuchtendes Beispiel, nämlich, wie es nicht funktioniert, herangezogen hat.

Nach vorne fehlte also die Durchschlagskraft, nach hinten war man anfällig. Manuel Neuer sah sich wohl selten so vielen Eins- gegen Eins-Duellen konfrontiert wie in den drei Vorrundenspielen. Auch dies für mich eine Folge dessen, dass Spieler wie Hummels und Boateng in die Jahre gekommen und Kimmich völlig außer Form sind.

Der VfB und Eintracht Frankfurt haben es vorgemacht, wie hinter die Bayern- und somit fast identische Nationalelf-Abwehrformation zu kommen ist, die Mexikaner und Schweden scheinen dabei genau hingeschaut zu haben.

Dass die Bayern-Spieler nach dem Championsleague-Aus Motivationsprobleme plagten, bekam man zum Saisonende vor Augen geführt. So schön sich unser 4:1 Auswärtssieg vom letzten Spieltag noch immer anfühlt, so irreal kommt er einem noch vor.

Es wäre hypothetisch zu hinterfragen, ob dieser so auch gelungen wäre, hätten die Bayern noch das Championsleague-Finale vor der Brust gehabt oder wäre es in der Meisterschaft noch um etwas gegangen. Als Form- und Stimmungsbarometer der Bayern-Profis und damit dem Gros der Nationalmannschaft hätte man die letzten Spiele der Bayern aber heranziehen und Schlüsse daraus ziehen müssen.

Schien es noch unfassbar und einmalig gewesen zu sein, in welcher Manier Donis die Bayern-Abwehr ein ums andere Mal stehen ließ, wurde es zur Methode, als es den Frankfurter gerade mal eine Woche später im Pokalfinale mit den gleichen Mitteln gelang. Das System, die Bayern zu knacken, bekam den schönen Beinamen „Bruda, schlag den Ball lang“.

Ein langer Ball, ein schneller Stürmer und die nicht (mehr) so schnellen Verteidiger, ob Hummels, Boateng oder Süle, hatten das Nachsehen. Doch dem maß Löw keine Bedeutung zu, was sich schon andeutete, als man sich selbst gegen Österreich und Saudi-Arabien ein ums andere Mal düpieren und die Außenseiter zu ungewöhnlich vielen Torchancen kommen ließ.

Diese Abwehrprobleme setzten sich nahtlos bei der WM fort. Da man durch geschossene Tore zwar Spiele gewinnt, Meisterschaften aber in der Regel aufgrund einer sicheren Abwehr, war es mir schon während des Mexiko-Spiels klar, dass ein Ausscheiden in der Vorrunde im Bereich des Möglichen sein würde.

In all den Jahren stand ich immer zu Jogi Löw, auch wenn viele der Auffassung waren, mit dem Spielermaterial des letzten Jahrzehnts hätte mehr herauskommen müssen als „nur“ ein Weltmeistertitel.

Ich sah dabei das Positive: seit 2006 immer mindestens das Halbfinale erreicht! Unter den letzten Vier ist die Luft dünn, so dass Nuancen über Sieg oder Niederlage entscheiden können, mal ist man der Glücklichere, mal nicht.

Ich sah dabei auch einige Fehler Löws, doch, welcher Mensch macht keine Fehler. Da sich diese Fehler, die für mich in erster Linie am Setzen auf nicht fitte vermeintliche Leistungsträger sind, ständig wiederholten, und nun zum frühen Aus führten, bin ich der Auffassung, dass es ein „Weiter so“ nicht geben darf.

Ob 2008 Ballack oder 2012 Schweinsteiger, stets schleppte man Spieler durch, die nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte waren, womit man de facto mit einem Mann weniger auf dem Platz stand. 2018 wurde dem ganzen die Krone aufgesetzt, indem aus Dankbarkeit oder auch Trotz (Özil!) zu viele formschwache oder nicht fitte Spieler als unverzichtbar erklärt wurden.
Löws große Stärke bestand dagegen in den letzten Jahren darin, das Team immer auf den Punkt fit zu bekommen und eine Mischung aus Spielern zu finden, die als Einheit auftrat und an einem Strang zog. Das hat er dieses Mal nicht geschafft, in erster Linie deshalb, weil das Leistungsprinzip nicht mehr galt. So stellt sich schon die Frage, ob sich Löw in 14 Jahren DFB nicht abgenutzt hat und auch auf der Trainerposition ein Neuanfang her muss.

Der DFB hat zwar völlig ohne Not seinen Vertrag noch vor der WM bis 2022 verlängert und auch Löw beteuerte nach kurzer Bedenkzeit weitermachen zu wollen, doch, ich meine, das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen. Im internen Kreis hat Löw in dieser Woche seine Aufarbeitung präsentiert, die breite Öffentlichkeit möchte man bis zum 24.08. im Unklaren lassen, dann, sage und schreibe gerade einmal 14 Tage vor dem nächsten Pflichtspiel gegen Frankreich in der Nations League.

Vor der WM lag die Ruhe um die Nationalmannschaft und ein gutes WM-Turnier im nationalen Interesse, was sich darin ausdrückte, dass die beiden Erdogan-Huldiger aufs Büßerbänkchen des Bundespräsidenten gebeten wurden, um Schönwetter zu machen.

Dass der Bundespräsident dieses Schmierentheater mitspielte und kurzfristig zur Audienz bat, hat seinem Ansehen eher geschadet und den „Türken“ nicht genutzt. Für mich war es eine armselige Inszenierung, die meine Meinung über die beiden nicht geändert hat. Beides sind erwachsene Menschen, beide sind von hochbezahlten Beraterstäben umgeben, sie hätten sich der Außenwirkung ihrer Wahlkampfwerbung bewusst sein müssen.

Je länger die Öffentlichkeit über die Konsequenzen aus dem WM-Debakel im Unklaren gelassen wird, desto mehr pirschen neunmalkluge „Experten“ hervor. Jüngster Kandidat, Philipp Lahm. Während des WM-Turniers sah ich denselben Philipp Lahm gemütlich am Starnberger See sitzen und wachsweiche Analysen zu den Spielen der Deutschen absondern. Er hat nicht ein einziges Mal Klartext gesprochen, den Finger in die Wunde gelegt und Dinge beim Namen genannt und jetzt auf einmal möchte er erkannt habe, dass Löws Menschenführung nicht mehr zeitgemäß ist?

Lahm hätte Gelegenheiten genug gehabt, sich zu positionieren und Dinge, die im Argen anzusprechen. Hinterher, wenn auch der Letzte von gut 80 Millionen Deutschen mitbekommen hat, dass es im Team nicht stimmte, nachzutreten, ist für mich zum einen lächerlich und zeugt zum anderen von seinem schlechten Charakter, den er seit 2010 immer wieder bewiesen hat.
Lahm scheint seine Auszeit nach dem Karriereende beenden wollen und auf einen (hochdotierten) Posten im Fußball-Business zu drängen.

Rummenigge sprang Lahm zur Seite und schlug ihn gar als DFB-Vizepräsidenten vor, indem er selbst zum Rundumschlag gegen DFB ansetzte und alle dort tätigen Verantwortungsträger als Amateure betitelte. Aber, Rummenigge wäre nicht Rummenigge, würde er mit einem solchen Angriff nicht bezwecken wollen, etwas für seinen FC Bayern herauszuholen.

Zum einen sehe ich das Wort „Amateure“ als Schimpfwort unangebracht, zum anderen kann man ausnahmsweise mal froh darüber sein, dass beim DFB die Interessen der Amateure auch noch berücksichtigt werden und Amateurvertreter die Mehrheit im DFB-Bundestag haben.

Ginge es nach Rummenigge würde die Kommerzialisierung im Fußball noch schneller voranschreiten, die Schere noch schneller auseinander gehen, was die Bayern zwar unter Umständen international konkurrenzfähiger werden ließe, auf der anderen Seite jedoch noch mehr Amateurvereine ihre Existenz kosten würde.

Daher ist es für den deutschen Fußball, den Breitensport und die Nachwuchsförderung eminent wichtig, dass die Amateurvereine ihr Stimmrecht behalten und wenigstens kleinere Erfolge feiern dürfen, wie jüngst die Veränderung der Aufstiegsregelung in den Regionalligen.

Um diese Struktur beizubehalten, braucht es Vertreter der Amateurvereine mit Rückgrat in gehobenen Positionen und keinen Philipp Lahm, der sich dreht wie das Fähnchen im Wind und von seinem Ex-Vorgesetzten ins Amt gelobt wird.

Je länger die Verkündung der Ergebnisse der Ursachenforschung seitens des DFB auf sich warten lässt, desto unwahrscheinlicher werden personelle Konsequenzen auf höchster Ebene. Weder ein Grindel, noch ein Bierhoff und schon gar nicht Joachim Löw dürften zur Disposition stehen, wobei zumindest über Bierhoff diskutiert werden sollte.

Der Tausendsassa wäre mit seinem Jahrhundert-Projekt der DFB-Akademie ohnehin ausgelastet genug, um vom Posten des Nationalmannschafts-Managers zurücktreten zu können. Bierhoff steht wie kein zweiter für die Eventisierung der Nationalelf und würde einem Neuanfang mindestens genauso im Wege stehen wie Jogi Löw. Ein neues Gesicht auf diesem Posten könnte den Fokus zurück auf den Fußball und weg von unsäglichen Hashtags und Claims („Die Mannschaft“) lenken, was ein erster Schritt zurück zur Nahbarkeit des Teams wäre.

Dass Bierhoff, wie auch Grindel der ins selbe Horn blies, hinterher noch gegen Özil nachgetreten hat, obwohl er selbst im Vorfeld der WM sämtliche Konsequenz in dieser Affäre vermissen ließ, rückt ihn zusätzlich in ein schlechtes Licht und erweckt den Anschein, als bezwecke er damit einzig und allein seinen eigenen Allerwertesten zu retten.

Doch, selbstverständlich, drehte sich die Welt auch nach dem deutschen WM-Desaster weiter und die Weltmeisterschaft wurde zu Ende gespielt.
Ein WM-Turnier mit 32 Mannschaften nimmt in der Regel erst ab der KO-Phase Fahrt auf. Die Vorrunde bot meist gähnende Langeweile, Taktiererei und wenig fußballerische Feinkost.

Auch danach wurde es kaum besser, in der Nachbetrachtung fallen mir vielleicht drei mitreißende Spiele während des gesamten Turniers ein. Das Niveau insgesamt und der Leistungsstand einiger Top-Stars der Branche empfand ich als erschreckend. Der Bogen im Fußball ist längst überspannt. Hier ein unbedeutender Cup, dort einer und in den „Pausen“ Reisen über mehrere zehntausend Kilometer, um den Trikotabsatz und die Fernsehpräsenz auf den neuen Märkten in Asien zu steigern.

Die Folge dessen ist, dass viele Spieler 70 bis 80 Spiele in den Knochen haben und ausgelaugt zur WM kommen. So verkommt das Turnier immer mehr zu einem Muster ohne Wert. Die besten Erfolgsaussichten hat dann ein harmonierendes und funktionierendes Kollektiv, in dem sich die Spieler selbst pushen (siehe Pogba) und zu Höchstleistungen antreiben, auch wenn das Fleisch schon extrem schwach ist.

Dass Frankreich nach dem Halbfinalsieg gegen phasenweise fantastisch aufspielende Belgier sich den Weltmeistertitel sichern würde, war zu erwarten. Frankreich, das ich schon vor Turnierbeginn als Weltmeister getippt hatte, hatte nach dem Halbfinale einen Tag länger Zeit zur Regeneration und zudem keine drei Verlängerungen in den Knochen, im Gegensatz zu den Kroaten.

Dass deren Finalsieg jedoch durch eine Schwalbe von Griezmann eingeleitet wurde, stößt mir auch heute noch sauer auf. Das 1:0 in einem Spiel ist nun mal richtungsweisend und beraubte die Kroaten einer einmaligen Chance, auch wenn sie zwischenzeitlich zum Ausgleich gekommen waren.

Wann endlich werden solche Betrüger, wenn eindeutig überführt, nachträglich für eine Reihe von Spielen gesperrt, so dass eine solche Aktion noch lange nachwirkt? Solang sie damit durchkommen und am Ende noch für ihre Abgezocktheit gefeiert werden, wird sich an diesen Zuständen nichts ändern.

Ganz besonders habe ich den Titel natürlich unserem Stuttgarter Jungen, Benjamin Pavard, gegönnt. Ein Wahnsinn, wie seine Karriere innerhalb eines halben Jahres an Fahrt aufgenommen hat. Er wäre glücklich gewesen, als Nummer 23 zur WM mitfahren zu dürfen und wurde Stammspieler. Spätestens durch sein wichtiges Tor gegen Argentinien, Marke Tor des Monats, spielte sich Pavard in die Herzen seiner Landsleute, und er bekam gar einen eigenen Fangesang.

Dass ein Stammspieler einer phasenweise furios aufspielenden französischen Nationalmannschaft Begehrlichkeiten weckt, ist normal, als Weltmeister sowieso.

Sollte an der jüngst veröffentlichten Meldung, dass Pavard spätestens 2019 zu den Bayern wechselt, etwas dran sein, wäre ich enttäuscht. Enttäuscht darüber, dass er den VfB für die dann nicht mehr verhandelbare festgeschriebene Ablösesumme von etwa 35 Millionen Euro verlässt und nicht etwa für deutlich mehr schon in diesem Sommer.

In Zeiten eines überhitzten Transfermarktes und wenn ein Spieler angeblich auch im Fokus absoluter internationaler Top-Clubs wie Barca oder PSG steht, hätte man sich dann doch mehr erhofft, zumal der VfB spätestens seit dem Verbleib von Holger Badstuber auch ohne Pavard gut aufgestellt wäre.

Sollte die Meldung der Tatsache entsprechen, stellen sich mir doch noch einige Fragen. Stimmt die kolportierte Klausel, dass die festgeschriebene Ablösesumme nächsten Sommer Makulatur sein würde, würde sich der VfB für die Championsleague qualifizieren? Was würde dann passieren? Zahlen die Bayern auch dann jeden Preis oder wurde diese Eventualität schon mit verhandelt? Oder wechselt Pavard doch schon in diesem Sommer an die Isar? Was wäre es den Münchnern ein früherer Wechsel und das Vermeiden des Risikos, dass der VfB sich für die Championsleague qualifiziert, wert? Es ist ja nicht so, dass ich auf Platz 4 spekulieren würde. In der letzten Saison fehlten dem VfB aber gerade einmal vier Punkte für das Erreichen der Championsleague, so dass die Hoffnung darauf nicht ganz ins Reich der Träumerei zu verweisen ist, zumindest dann, sollte der Rest der Liga weiterhin so schwächeln.

Sollte sich Pavard wirklich schon während der WM für die Bayern entschieden haben, sind dem VfB ohnehin die Hände gebunden. Dann scheidet ein Verkauf in diesem Sommer zu einem anderen Verein sowieso aus, was einmal mehr vor Augen führen würde, dass Verträge ohne Ausstiegsklauseln Wunschdenken sind und dass die Macht die Spieler und deren Berater besitzen.

Den Wahrheitsgehalt dieser SWR-Meldung kann ich nicht sonderlich gut einschätzen. Bislang stach der SWR in meiner Wahrnehmung nicht dadurch hervor, gut informiert in Sachen Transfers zu sein und Informationen exklusiv gesteckt zu bekommen. Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich Pavard während des Turniers um seinen Vereinswechsel gekümmert und einen Vertrag unterschrieben hat. Vielleicht hat da ja jemand aus der Mercedesstraße eine falsche Lunte gelegt und der SWR ist hereingefallen.

Ich würde mich freuen, würde Benji auch in der kommenden Saison, dann als Weltmeister, für den VfB auflaufen, sähe unsere Abwehr aber auch ohne ihn gut aufgestellt.

Der VfB hat sich, wie ich meine, ordentlich verstärkt und seinen Kader früh wie selten nahezu komplett beisammen gehabt. Von jungen vielversprechenden Talenten wie Borna Sosa, Maffeo und Gonzalez über Marc-Oliver Kempf, einem bundesligaerprobten Spieler vor dem nächsten Schritt bis hin zu Gonzalo Castro, dessen Zeit in Dortmund nicht so glücklich verlief, der meiner Meinung nach jedoch zu einer wichtigen Stütze im VfB-Spiel werden kann.

Dazu gilt es zwei „Rückkehrer“ zu begrüßen, über die ich mich, im Gegensatz zu vielen Hatern, sehr freue.

Zum einen Holger Badstuber, der nie einen Hehl daraus gemacht hat, zu einem Top-Verein, der der VfB nun mal (noch) nicht ist wechseln und international spielen zu wollen. Die ganz großen Adressen hatten kein Interesse, auf Experimente hatte Badstuber offensichtlich keine große Lust. So band er sich für drei Jahre an den VfB, was durchaus als Treuebekenntnis gewertet werden darf, auch wenn man weiß, dass Verträge im Fußball-Business das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt sind.

Nach dem Motto „lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“ entschied sich Badstuber, beim VfB zu bleiben. Ihm blieb natürlich nicht verborgen, dass der VfB in diesem Sommer klotzte statt kleckerte und realisierte, dass, wenn sich der VfB weiter so rasant entwickelt, das internationale Geschäft mit dem VfB keine Utopie sein muss.

Weshalb ich mich über seinen Verbleib so freue ist einfach, dass er für mich ein wichtiger Faktor war, weshalb wir in der letzten Saison so wenige Gegentore gefangen und weshalb sich Timo Baumgartl nach Jahren der Stagnation spürbar weiter entwickelt hat. Zudem ist Badstuber ein Typ, der das sog. Bayern-Gen in sich trägt und lieber gewinnt als verliert. Ergeben sich einige in ihr Schicksal und reden Niederlagen schön, so legt Badstuber den Finger in die Wunde und ist richtig angefressen, wie nach dem 0:3 in Dortmund, der einzigen Niederlage während Korkuts bisheriger Amtszeit. Mit ehrgeizigen Spielern lässt sich etwas gewinnen, deshalb bin ich froh, dass Badstuber dem VfB sein Ja-Wort gegeben hat.

Der zweite Rückkehrer heißt Daniel Didavi. Über ihn freue ich mich ganz besonders, habe ihm den Wechsel nach Wolfsburg aus damaliger Sicht auch nicht krumm genommen, nachzulesen auf meiner Hommage an unseren 10er, nachdem sein Abgang feststand: http://www.frankys-stadionpics.de/blog/?p=4009

Weil ich so überzeugt von ihm und davon bin, dass es keine leeren Phrasen sind, wenn er beteuert VfBler durch und durch zu sein, bin ich mir auch relativ sicher, dass er nach seiner Rückkehr 150% Einsatz bringen und so schnell nicht mit anderen Angeboten kokettieren wird. Er stand nach Jahren unermüdlichen Abstiegskampfes am Scheideweg, fragte sich wohl, ob er sich im Herbst seiner Karriere die Frage gefallen lassen möchte, nicht alles versucht zu haben. Jetzt kommt der Bursche geläutert zurück und weiß zu schätzen, wie Holger Badstuber auch, was er am VfB hat.

Dida ist genau der Spielertyp, den wir letzte Saison so schmerzlich vermisst haben. Er kann ein Spiel lesen, Stürmer in Szene setzen und hat einen begnadeten linken Fuß. 15 Scorerpunkte beim Relegationsteilnehmer Wolfsburg sind aller Ehren wert. Ich drücke ihm (und, ganz uneigennützig natürlich auch uns) fest die Daumen, dass er seine Knieprobleme endgültig überwunden hat und wir noch viele tolle Spiele von ihm sehen. Freue mich schon auf Grassau und bin sehr gespannt, ob er mich noch kennt.

Die Kunst Tayfun Korkuts muss jetzt darin liegen, in den verbleibenden vier Wochen bis zum Beginn der Pflichtspiele die beste erste Elf zu finden.

Als Korkut kam, fand er Traumvoraussetzungen beim VfB vor. Getreu dem Motto „ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert“ konnte er die Arbeit aufnehmen und hatte keinen Erwartungsdruck.

Als einzige Zielvorgabe hatte er den Klassenerhalt zu erfüllen und das, obwohl der VfB bis auf den ersten Spieltag (Platz 16) nie auf einem möglichen Abstiegsplatz stand. Ein Spielsystem oder gar eine Weiterentwicklung des Teams wurde von ihm nicht verlangt, so dass das Zauberwort bis zum rechnerisch feststehenden Klassenerhalt nach dem Bremen-Spiel einzig und allein „Stabilität“ hieß.

Das implizierte, dass Experimente, die das fragile Gebilde ins Wanken hätten bringen können, ebenso verboten waren, wie unerzwungene Startelfwechsel. Mit dieser Marschroute stürmte der VfB auf Platz sieben und verpasste die Europaleague-Qualifikation nur um Haaresbreite.

In der neuen Saison findet Korkut eine neue Situation vor. Er hat einen ordentlichen Kader, bei dem sowohl die Mischung zwischen jung und alt als auch zwischen erfahren und unerfahren zu stimmen scheint.

Korkut ist alleinverantwortlich für die Saisonvorbereitung und muss die Mannschaft auf den Punkt bis zum Pokalspiel am 18. August in Rostock fit bekommen. Weil der VfB einen ausgeglichen Kader hat, den Reschke sicherlich zu großen Teilen in Absprache mit Korkut zusammengestellt hat, wäre Korkut gut beraten, seine Aufstellungen variabler zu gestalten und möglichst alle bei Laune zu halten.

In der Vorsaison hatte Korkut bei allem, was er anfasste, ein glückliches Händchen. Spieler, denen er sein Vertrauen schenkte, dankten es ihm mit Leistung, jene, die außen vor waren, blieben (zumindest nach außen) ruhig und selbst die Trainingsdosierung und -intensität schien optimal gewesen zu sein, spielten doch sonst von Verletzungen schwer gebeutelte Spieler, wie Ginczek und Badstuber, die Rückrunde fast komplett durch.

Ob das Zufall war oder Korkut es einfach kann, wird sich zeigen. Derzeit bin ich sehr optimistisch was den Kader angeht und hoffe, dass Korkut etwas daraus macht.

Reschke hat seine Hausaufgaben weitestgehend gemacht, rastet aber nicht, so dass es mich nicht wundern würde, wenn er noch jemanden aus dem Hut zaubert.

Nachdem Reschke mit den Wintertransfers und Korkut (bisher) goldrichtig gelegen hat und auch die Transferaktivitäten in diesem Sommer in Zeitpunkt und Qualität richtig gut aussehen, stelle ich ihm zumindest für sein zweites Halbjahr beim VfB ein ausgezeichnetes Zeugnis aus, was ich im Winter nie für möglich gehalten hätte. Da Fußball aber Tagesgeschäft ist und sich die Dinge von heute auf morgen auch wieder drehen können, will ich den Tag nicht vor dem Abend loben.

Von mir aus kann es gerne so weiter gehen, wie zum Ende der letzten Saison. Von den Siegen in Leverkusen und München nach gefühlten Ewigkeiten dort, zehre ich stimmungstechnisch noch heute.

Wenn es die Zeit zulässt, melde ich mich zwischen Grassau und Rostock nochmal mit meinen Eindrücken vom Trainingslager im Chiemgau. Bis dahin, lasst es Euch gut gehen!

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18. Juli 2014

WIR SIND WELTMEISTER!

Ich gebe es gerne zu, auch ich war vor der WM 2014 in Brasilien skeptisch und meine Vorfreude hielt sich in Grenzen.

Zum einen waren die letzten Auftritte der deutschen Nationalmannschaft wenig vielversprechend. Teils durch Verletzungen, teils der Experimentierfreudigkeit des Bundestrainers geschuldet erweckten die Aufstellungen manchmal den Eindruck einer mehr oder weniger um sich greifenden Planlosigkeit. Zudem waren in der Saison 2013/14 etliche Leistungsträger verletzt (Neuer, Schweinsteiger, Hummels, Klose, vor allem Khedira, auch Höwedes und einige andere hatten unmittelbar vor dem Turnier noch mit Wehwehchen zu tun) bzw. völlig außer Form (Özil, Götze, …), so dass der Bundestrainer schon am Rande des Chile-Länderspiels im März in Stuttgart, darauf hinwies, dass alles passen müsse, wolle man in Brasilien eine gute Rolle spielen. Es klang mir damals wie ein Alibi in den Ohren, sollte es schief gehen!

Als dann auch noch, im letzten Test vor der WM, der bis dahin überragende Marco Reus verletzungsbedingt seine Turnierteilnahme absagen musste, hatte ich große Bedenken was das Leistungsvermögen der deutschen Elf anging. Befeuert wurde diese Unsicherheit zudem auch noch durch den großen Respekt, den auch ich vor den (ständig wechselnden) Bedingungen in diesem riesigen Land hatte.
Auf dem amerikanischen Kontinent wurde noch nie ein europäisches Team Weltmeister, diese Tatsache kommt nicht von ungefähr. Extrem unterschiedliche klimatische Bedingungen, verschiedene Zeitzonen, lange Reisewege, darauf muss man sich erst einmal einstellen und auch damit zurechtkommen.
Im Nachhinein kann man konstatieren, der DFB hat (wieder einmal) alles richtig gemacht. Das Campo Bahia lag, trotz der obligatorischen Fährüberfahrt, logistisch perfekt, um die Spielorte in der Vorrunde zu erreichen und sich klimatisch nicht zu sehr umstellen zu müssen. Die Wahl des Quartiers, die Unterbringung der Spieler in verschiedenen „Wohngemeinschaften“ war perfekt gewählt. Der DFB-Tross unter Federführung von Oliver Bierhoff schafft es durch solche Entscheidungen, dass es den Spielern nicht langweilig wird, dass sich keine Routine einschleicht und nicht zuletzt, dass sie sich schon „im kleinen“ auf immer neue Reizpunkte einstellen müssen, eine Erfahrung, die bei ständig wechselnden Spielsituationen auch auf dem Platz nur von Vorteil sein kann. Aller Widrigkeiten und Vorgeplänkel zum Trotz beginnt für mich die Zeit der Beurteilung der Mannschaft und der Trainer mit dem ersten Spieltag. Das Funktionsteam verstand es stets, spätestens seit dem Sommermärchen 2006, die Mannschaft auf den Punkt hin zu formen und fit zu bekommen, weshalb ich großes Vertrauen in den DFB habe und mich mit der Überbewertung eines Testspiels gegen Kamerun lieber zurückhalte. Nach dem DFB-Pokal-Finale wurde es langsam ernst. Die beteiligten Spieler hatten zwar noch einige Tage Zeit zum durch schnaufen, wurden jedoch schon mit individuellen Trainingsplänen ausgestattet und darauf getrimmt, von nun an den alleinigen Fokus auf die anstehenden drei Wochen Vorbereitung und das WM-Turnier zu legen.

Dennoch beschleicht mich anfangs stets eine Unsicherheit, dass es auch einmal schief gehen könnte, Garantien gibt es keine, dass jedes Mal zusammen wächst, was auch zusammen gehört. Wir hatten zwar keine Süd- oder Mittelamerikaner in unserer Gruppe, doch auch Portugal, Ghana und die USA zählen nicht unbedingt zur Laufkundschaft bei einer Weltmeisterschaft.
Portugal mit seinen starken Individualisten muss man immer ernst zu nehmen, Ghana bereitete uns bereits 2010 große Probleme und die topmotivierten US-Amerikaner unter Leitung von Jürgen Klinsmann sind schwer auszurechnen und hatten uns im letzten Jahr besiegt, allerdings in einem Test ohne die Spieler der Champions League-Finalisten Bayern und Dortmund.

Der andere Aspekt, weshalb mich vor diesem Turnier (noch) nicht das große WM-Fieber packte, sind die allgemeinen Umstände in diesem Land. Wie immer, wenn die FIFA ein Event ausrichtet, werden die Probleme des Landes einfach ausgeblendet anstatt auf Nachhaltigkeit zu setzen.

Durch die Favelas pflügte die Polizei kurz vor der WM mit eisernem Besen, Obdachlose und Bettler wurden aus den Stadtzentren „entfernt“, die protestierende Masse einfach ignoriert. Die WM drohte einmal mehr eine Veranstaltung für die oberen Zehntausend zu werden, Otto Normal-Brasilianer war außen vor, weil in diesem bitterarmen Land den meisten Leuten die Mittel fehlen, um aktiv daran teilzuhaben. Die FIFA ließ milliardenteure Stadien errichten, teilweise in Regionen, in denen es allenfalls einen Zweitligisten gibt, der das Stadion später (mehr schlecht als recht) nutzen könnte. Nachhaltigkeit sieht anders aus! Zudem lässt sich die FIFA als Bedingung jeder WM-Vergabe Steuerfreiheit für alle Gewinne zusichern, so dass auf den ersten Blick klar wird, wer der große Profiteur dieser Veranstaltung sein würde.

Damit finde ich es äußerst diskussionswürdig, was eine WM (genauso wie die Olympischen Spiele 2016) diesem Land bringen wird. Die bestehenden Probleme werden lediglich vier Wochen lang kaschiert, jedoch nicht, auch nicht zum Teil, gelöst, ein Blick nach Südafrika genügt, um diese These zu unterstreichen.

Natürlich ist mir eine WM in einem fußballbegeisterten Land wie Brasilien tausend Mal lieber als eine WM in Russland oder gar in Katar.

Diese WM-Vergaben der FIFA zeigen auf, dass Geld sprichwörtlich nicht stinkt, und ist es noch so blutverschmiert. Prestigeobjekte, wie die Winterolympiade in Sotschi, die sagenhafte 50 Milliarden Euro gekostet hat oder 2018 die WM steht auch hier eine große Armut von einem Großteil der Bevölkerung entgegen. Da der Westen am Tropf von russischem Öl und vor allem Gas hängt, wird es dem Vernehmen nach (leider) keiner wagen, Putin dieses Prestigeobjekt zu entziehen, hinterfragt gehört auch diese WM-Vergabe. Fraglich ist, wie weit Putin in der Ukraine-Krise noch gehen kann, bis „seine“ WM womöglich doch noch zur Disposition steht.

Noch kritikwürdiger bzw. schon skandalös ist die Vergabe nach Katar 2022. In einem Land, in dem offensichtlich Milch und Honig fließen und Geld keine Rolle spielt, Arbeitssklaven mit einem Hungerlohn abgespeist werden und auf den Baustellen qualvoll sterben, weil an der Grundversorgung gespart wird, sollen die Elite-Kicker bei (Außen-)Temperaturen um die 50° Hochleistungssport betreiben. Auch wenn die Stadien herunter gekühlt werden sollen (eine tolle Idee, Stichworte Erderwärmung und Treibhausgase!), sollte man es ja auch auf dem Trainingsplatz aushalten können und an die Fans denken, die auch dorthin wieder zahlreich anreisen dürften. Eine Ausrichtung im Winter mit erträglicheren Temperaturen wird schwerlich durchzusetzen sein, müsste doch der internationale Kalender, bis hin zu den untersten Spielklassen, verändert werden. Ob es auf eine monatelange Winterpause oder eine Kalenderjahr-Saison hinauslaufen würde, steht noch nicht fest. Ich habe noch immer die Hoffnung, dass Katar die WM auf dem FIFA-Kongress im September noch entzogen werden könnte, wurden doch kurz vor dem Turnier neuerliche Korruptionsvorwürfe bekannt. Ob dies unter Blatter möglich ist, wage ich zu bezweifeln. Der greise Schweizer kündigte ja an, eine weitere Amtszeit in Betracht zu ziehen, obwohl er vor seiner letzten Kandidatur klipp und klar mitteilte, er stünde nur noch für die eine, seine letzte, Amtszeit zur Verfügung. Hatten ihn viele, vor allem die Europäer, damals wohl nur gewählt, weil sein Ende absehbar war, fühlen sie sich jetzt betrogen und bringen den designierten Nachfolger Michel Platini für die Blatter-Nachfolge in Stellung. Fraglich, ob er sich das antun möchte und ob es unter ihm bedeutend besser werden würde. Die europäischen Wettbewerbe sind unter seiner Führung zu einer Zweiklassengesellschaft geworden, wer sich nicht für die Championsleague qualifiziert, ist im Wettbewerb der oberen 32 chancenlos geworden. Das Financial Fairplay und die drohenden Sanktionen, an und für sich eine gute Idee, trifft bisher nur die Kleinen, weil man sich an die Großen und Reichen, von Scheichs und Öloligarchen finanzierte Clubs (noch) nicht herantraut. Trotzdem hoffe ich im Falle eines Falles auf einen starken Gegenkandidaten, denn, darüber sind sich die meisten einig, unter Blatter wird es keine revolutionäre Reformen geben und die FIFA bleibt der korrupte Verband, der er seit Menschengedenken ist.

Obwohl die FIFA bei dieser Weltmeisterschaft mit den Anstoßzeiten dem europäischen Fernsehmarkt Rechnung trug und daher viele Spiele bei sengender Mittagshitze und unerträglicher Schwüle bereits um 13 Uhr Ortszeit angepfiffen wurden, war es mir klar, dass ich mich, zumindest was die Spiele anging, die nach Mitternacht deutscher Zeit begannen, ans Frühstücksfernsehen bzw. die Nachberichterstattungen am Abend halten müsste.

Wegen der WM meinen kompletten Urlaub zu verbrauchen, das war es mir nicht wert. Dank Gleitzeit konnte man den einen oder anderen Arbeitsbeginn nach hinten verlegen, vor allem, wenn es um die Spiele der deutschen Nationalmannschaft ging, den Klassiker Elfenbeinküste-Japan nachts um 03.00 Uhr dagegen musste ich mir nicht antun, selbst wenn er am Wochenende stattfand.

Die Eröffnungszeremonie aber und das Eröffnungsspiel am (ungewohnten) Donnerstagabend ließ ich mir natürlich nicht entgehen.

Wer weiß, wie die Heim-WM für die Brasilianer verlaufen wäre, hätte der Schiedsrichter kein Einsehen mit den Gastgebern gehabt. Neymar, wie es sich herausstellte DER Top-Mann Brasiliens, hätte nach einem Ellenbogenschlag vom Platz gestellt gehört, sorgte danach für den Ausgleich und verwandelte schließlich noch einen von Fred geschundenen Elfmeter zur vielumjubelten Führung. Schon hier hätte Kroatien dem Gastgeber die Grenzen aufzeigen können, was aber nicht im Interesse der FIFA lag, nach Südafrika 2010 erneut einen Gastgeber in der Vorrunde ausscheiden zu sehen.
Gerade in diesem von massiven Unruhen von WM-Gegnern erschütterten Land hätte es fatale Folgen für das Turnier haben können, wenn der Gastgeber früh die Segel hätte streichen müssen und das Interesse der Brasilianer für ihre WM womöglich verflogen wäre.

Einen Tag später nahm das Turnier so richtig an Fahrt auf. Holland zerlegte Welt- und Europameister Spanien nach allen Regeln der Kunst und feierte einen 5:1-Sieg. Seit dem Confederations Cup 2013 und dem 3:0-Finalsieg der Brasilianer gegen die bis dahin so dominanten Spanier legte ich mich fest. Brasilien ist mein absoluter Top-Favorit für das WM-Turnier. Dieser Kantersieg der Holländer aber relativierte den Finalsieg der Brasilianer vom Vorjahr schon wieder. Offensichtlich haben die Spanier den Umbruch verschlafen, hielten zu lang an verdienten Spielern der erfolgreichen Jahre fest. Sie entwickelten sie sich nicht weiter, so dass die anderen Nationen aufholten. Ihr Tici-Taca-Spiel (ich kann es nicht mehr hören…) ist durch die älter gewordenen Spieler zu langsam geworden, so dass es ihnen kaum mehr gelingt, eine Mannschaft damit schwindlig zu spielen und zu zermürben. Nach dieser Vorstellung gegen Holland war es dann keine Überraschung mehr, dass sie auch den starken Chilenen den Vortritt lassen mussten und als Weltmeister bereits nach der Vorrunde draußen waren.

Auch die Engländer, die zum Auftakt gegen Italien den Kürzeren zogen, hatte ich stärker eingeschätzt. Sie hatten ein ähnliches Problem wie die Spanier, einige Platzhirsche sind in die Jahre gekommen und ein Trainer tut sich nun einmal damit schwer Denkmäler zu demontieren, daheim zu lassen oder auf die Ersatzbank zu degradieren. Nicht jedes dieser Probleme „löst“ sich so elegant wie bei uns 2010, als kurz vor dem Turnier Michael Ballack durch das rüde Foul von Kevin-Prince Boateng um seine WM-Teilnahme gebracht wurde. Im Nachhinein sicher nicht der schlechteste Vorfall für Deutschland, mussten doch andere, wie damals bspw. Sami Khedira von heute auf morgen Verantwortung übernehmen.

Nach und nach konnte man sich in den ersten Turniertagen ein Bild von den Kontrahenten machen, die bislang, außer jenes Holland, allesamt keine Furcht einflößten, ehe am fünften Tag ENDLICH die deutsche Nationalmannschaft in den Wettbewerb einstieg. Vor Spielen gegen das kleine Land Portugal mit dem Weltfußballer 2013, Cristiano Ronaldo, beschleicht mich jedes Mal ein mulmiges Gefühl. Einerseits gewannen wir in letzter Zeit immer die Wettbewerbs-Spiele gegen Portugal, weil es Löw verstand die Truppe perfekt einzustellen und man Ronaldo keinen Zentimeter Platz ließ, um seine Stärken auszuspielen. Andererseits hat Portugal ja auch noch andere Hochkaräter in der Mannschaft, so dass es mir schon bewusst war, dass man gegen Portugal durchaus auch zum Auftakt mal verlieren kann, wenn nicht alles passt und nicht jeder voll konzentriert bei der Sache ist. Es war also möglich, was eigentlich nicht passieren durfte. Bei drei Vorrundenspielen würde der Druck immens ansteigen, sollte der Auftakt in den Sand gesetzt werden.

Löw überraschte beim Turnierauftakt mit einer Viererkette, bestückt aus vier gelernten Innen- und damit keinem echten Außenverteidiger. Stattdessen rückte Kapitän Lahm ins Mittelfeld an die Seite von Sami Khedira. Bastian Schweinsteiger, noch nicht richtig fit, musste auf der Bank Platz nehmen. Nach anfänglichen Abstimmungsproblemen und einem kapitalen Schnitzer von Lahm hätte es durchaus schon 0:1 stehen können, ehe die deutsche Elf besser ins Spiel fand. Als Götze im Strafraum darnieder gezogen wurde und Thomas Müller den fälligen Strafstoß verwandelte lagen wir früh in Führung, was uns natürlich in die Karten spielte. Hummels erhöhte nach einer Ecke auf 2:0, ehe Pepe nach angedeutetem Kopfstoß gegen Müller die rote Karte sah und die Weichen für Deutschland endgültig auf Sieg gestellt waren. Müller erhöhte noch vor der Pause auf 3:0, so dass das Spiel gelaufen war. Danach kickte die DFB-Elf kräfteschonend ihren Stiefel herunter und erhöhte gut zehn Minuten vor Schluss, abermals durch Thomas Müller, zum Endstand von 4:0. Einen solchen Auftakt hätten die wenigsten erwartet, besser geht’s eigentlich nicht! Spätestens an diesem Tag merkte man, dass bei dieser WM etwas gehen könne, so dass man schon auf das zweite Spiel gegen Ghana hin fieberte.

Ghana war der erwartet unangenehm zu bespielende Gegner und der Grund dafür, dass man vor der WM kurzfristig noch gegen Kamerun testete. Nach zäher erster Halbzeit mit wenigen klaren Chancen brachte Götze Anfang der zweiten Halbzeit schwarz-rot-gold in Führung. Die Freude darüber währte allerdings nicht lange, denn Ghana schlug zurück. Erst besorgte Ayew den Ausgleich, ehe Gyan nach „Vorlage“ von Lahm die Führung Ghanas erzielte. Mit der Hereinnahme von Klose für die falsche Neun Mario Götze wurde die Brechstange herausgeholt. Es war dann auch eben jener Klose, der gerade mal zwei Minuten nach seiner Einwechslung den vielumjubelten Ausgleich erzielte. Klose stand in der Rückrunde seinem Verein Lazio Rom verletzungsbedingt nur selten zur Verfügung und war von seiner Top-Form meilenweit entfernt. Daher war es bei der Kader-Nominierung schon sehr überraschend, dass Löw auf das Pferd Klose als einzigen echten Stürmer im Kader setzte und auf Leute wie Kevin Volland, Max Kruse, Mario Gomez und erstrecht auf Stefan Kießling verzichtete. In seinem zwanzigsten WM-Spiel bei seiner vierten WM-Teilnahme holte er damit den Brasilianer Ronaldo mit 15 Toren in der ewigen Torjägerliste ein und bewies, dass ihm sein Torriecher auch mit 36 Jahren noch immer nicht abhanden gekommen ist.

Durch das 2:2 der USA gegen Portugal im anderen Gruppenspiel musste es schon mit dem Teufel zugehen, würde die deutsche Elf erstmals überhaupt in der Vorrunde einer WM ausscheiden. Die Konstellation war jetzt die, dass beim abschließenden Gruppenspiel gegen die USA beiden Teams ein Unentschieden zum Weiterkommen reichen würde. Schnell machte in internationalen Fachkreisen die Befürchtung von einer Neuauflage der Schande von Gijón die Runde, zumal die Nationaltrainer Joachim Löw und Jürgen Klinsmann gut befreundet sind. Bevor Deutschland den letzten Schritt ins Achtelfinale zu gehen hatte, verabschiedeten sich bereits Spanien, Italien und England aus dem Turnier, während Teams wie Chile, Kolumbien und Costa Rica beeindruckende Vorstellungen hinlegten und weiter im Turnier bleiben durften.

Dies unterstreicht den nicht zu unterschätzenden „Heimvorteil“ bei dieser WM. Allerdings gab es unter den Europäern auch Positivbeispiele wie die Niederlande, Frankreich und eben Deutschland oder auch die Schweiz, die im Achtelfinale äußerst unglücklich gegen den späteren Finalisten Argentinien aus dem Turnier schied.

Deutschland beendete die Vorrunde mit einem glanzlosen 1:0-Erfolg gegen die USA, einem Ergebnis das beiden Teams zum Weiterkommen reichen sollte. Für das Team von Bundestrainer Jogi Löw zählte von Beginn der WM an nur der Gruppensieg, da der Spielplan es vorsah, dass sie als Gruppensieger in klimatisch angenehmeren Spielorten im Süden des Landes ihre Visitenkarte abgeben könnten.

Das Achtelfinale gegen Algerien weckte schon wieder Erinnerungen an 1982, waren es doch die Algerier, die durch die Schande von Gijón aus dem Turnier gekegelt wurden und damit sicher noch eine Rechnung mit uns offen hatten. Zudem ist Algerien eines der wenigen Länder, gegen die wir eine negative Länderspielbilanz aufweisen. Eines vorneweg: dieses Spiel ging an die Nieren…Die Algerier sind ein Team, wie es uns überhaupt nicht liegt. Ein tief stehendes Team, das es bei gegnerischem Ballbesitz versteht, die Räume eng zu machen. Offensiv biss sich die deutsche Mannschaft die Zähne aus und kam nur zu wenigen Chancen. Bei Ballgewinn aber und den gab es vor allem in der ersten Hälfte durch haarsträubende Fehlpässe unserer Mannschaft zuhauf, schwärmen sie blitzschnell aus und tauchten öfter allein vor Manuel Neuer auf als es uns lieb war. Neuer erfand in diesem Spiel den Libero neu und entschärfte dadurch eine gefährliche Situation nach der anderen. Erst durch die Hereinnahme von Sami Khedira 20 Minuten vor Ende der regulären Spielzeit und der Rückversetzung von Lahm auf die ihm angestammte rechte Abwehrseite konnte man etwas von Sicherheit im deutschen Spiel spüren und unsere Nerven wurden etwas geschont. Nach dem Pfiff, der die reguläre Spielzeit beendete, hatte ich eher den Eindruck, dass wir uns in die Verlängerung gerettet haben als umgekehrt.

Kaum war das Spiel wieder freigegeben war es der eingewechselte André
Schürrle, der das erlösende 1:0 für Deutschland schoss. Dieses Tor sorgte leider auch nicht dafür, dass es die deutsche Mannschaft ruhig über die Zeit bringen konnte. Die Defensivschwächen blieben, so dass bis kurz Schluss weiter gezittert werden musste. In der 119. Minute besorgte Özil das 2:0, so dass der Anschlusstreffer zum 2:1 kurz vor Ende der angezeigten Nachspielzeit nur noch Ergebniskosmetik bedeutete.
Ich gebe es unverhohlen zu, auch ich ließ mich während des Spiels zu Posts hinreißen, in der die Rede von Slapstick und Ähnlichem war, auch ich war teilweise erschrocken über die Fehlpassorgien, die wir vor allem in der ersten Halbzeit über uns ergehen lassen mussten. Trotzdem muss man die Leistung Algeriens, die in der Vorrunde immerhin Russland und Südkorea hinter sich ließen, anerkennen und der gegnerischen Mannschaft Respekt zollen. Die deutsche Nationalmannschaft konnte also den Kopf aus der Schlinge ziehen, was viele „Fans“ nicht davon abhielt, nach dem Spiel den Stab über die Mannschaft zu brechen. Ich persönlich hakte diesen Auftritt direkt nach dem Spiel unter „Mund abwischen, weiter geht‘s“ ab und freute mich auf das Viertelfinale gegen Frankreich. Mehr als weiter zu kommen gab es in diesem Spiel nicht zu erreichen, insofern, alles gut! Per Mertesacker holte einem allzu kritisch nachfragenden Fernsehmenschen gekonnt den Rost herunter und hatte Recht damit. Wann hört endlich diese notorische Nörgelei auf, warum muss man sich rechtfertigen, wenn man bei einer Weltmeisterschaft ins Viertelfinale einzieht.

Dass die Gegner in den K. O.-Runden stärker werden würden, war ja wohl klar. So wartete auf uns danach mit der Équipe tricolore ein wahrlich dicker Brocken. Die Franzosen haben offensichtlich aus dem Desaster 2010 gelernt und hatten in Brasilien wieder ein Team am Start, das auch als solches auftritt. Ein Schelm, der Böses denkt und Franck Riberys (verletzungsbedingter) Ausfall für die WM als Gewinn für die Franzosen einordnet, war doch der kleine Bayern-Kicker einer der Anführer der Revolte gegen Deschamps‘ Vorgänger Domenech in Südafrika.
Im Turnierverlauf benötigt man ja das Quäntchen Glück (des Tüchtigen), gegen Frankreich hatten wir es.

Die durch Mats Hummels erzielte frühe Führung hatte trotz hochkarätiger Chancen der Franzosen bis zum Schluss Bestand. Garant des Erfolgs war dieses Mal nicht unsere hochgelobte Offensive, sondern dieses Mal die Abwehr um die überragenden Manuel Neuer und Mats Hummels. Gegen die Benzema & Co. brachten sie immer noch ein Bein oder eine Hand dazwischen und verhinderten so mehrmals den Einschlag des Spielgerätes in unserem eigenen Kasten. Sinnbildlich noch die Parade von Neuer in der Nachspielzeit, als Benzema aus spitzem Winkel abzog und Neuer wie eine Wand stand und den Ball mit einem Arm abwehrte. Ganz großes Kino!

Besonders für Hummels freut es mich, dass er in der Nationalelf endlich zu einer festen Größe geworden ist und den langjährigen Platzhalter Per Mertesacker (The Big fuckin‘ German), zumindest fürs erste, auf die Ersatzbank verdrängen konnte. Für das Dortmunder Spiel ist er schon lang nicht mehr wegzudenken und absoluter Führungsspieler, nur in der Nationalelf, in der er sein Spiel etwas umstellen muss, konnte er bis zu diesem Turnier nie richtig Fuß fassen.

Im Halbfinale wartete dann Brasilien auf uns. Der Gastgeber musste dabei auf seinen Top-Star Neymar verzichten, der gegen Kolumbien brutal auf die Krankenbahre getreten wurde und mit einem Wirbelbruch ausfiel. Ironie des Schicksals, da er es ja, wie eingangs erwähnt, lediglich dem japanischen Schiedsrichter verdanken konnte, dass er sich überhaupt erst zu einem so wichtigen Spieler für sein Team im Turnierverlauf entwickeln konnte. Er war in den bisherigen Spielen der Gastgeber die prägende Gestalt und der einzige, der Verantwortung übernahm. Außerdem mussten die Brasilianer den Ausfall von Abwehrchef Thiago Silva, der mit Gelbsperre ausfiel, verkraften. So war den Brasilianern die Angst ins Gesicht geschrieben, den Fans wie auch den Spielern, dass ihr Titeltraum nach diesem Spiel ausgeträumt sein könnte.

Ich selbst traute dem Braten noch nicht, auch wenn ich noch nie eine schlechtere brasilianische Mannschaft gesehen hatte als bei dieser WM.

Diese fiel in diesem Jahr weniger durch Sambafußball und Ballstafetten zum Zunge schnalzen auf, als durch rigoroses bekämpfen des Gegners, wodurch sie sich gleich einmal an die Spitze der Foulstatistik katapultierten. Trotzdem weiß man nicht erst seit unseren verlorenen Spielen 2006 und 2010, dass die Luft im Halbfinale enorm dünn wird und jeder jeden schlagen kann. Dieses Spiel würde schwierig werden, da war ich mir ganz sicher. Obwohl die Brasilianer bisher nicht überzeugten, machte das Publikum mächtig Alarm, so dass es darauf aufkam, dass sich die deutsche Nationalmannschaft nicht aus dem Konzept bringen lässt und kühlen Kopf bewahrt. Joachim Löw vertraute im Halbfinale exakt der Formation, die auch gegen Frankreich begann. Wie zu erwarten war, legte Brasilien los wie die Feuerwehr und kam bereits nach zwei Minuten zum ersten Torabschluss. Zwei Minuten später war es dann aber auch schon wieder vorbei mit der brasilianischen Herrlichkeit. Deutschland fand so langsam ins Spiel und nutzte die Räume, die vor allem der immer in der Offensive befindliche eigentliche Außenverteidiger Marcelo Thomas Müller anbot. Nach sieben Minuten hatte Sami Khedira die erste Chance für Deutschland, sein Schuss traf aber nur den Körper von Toni Kroos. Weitere vier Minuten später trat der erneut starke Toni Kroos eine Ecke schulmäßig in den Strafraum, die Thomas Müller völlig ungedeckt nur noch ins Tor einzuschieben brauchte.
Es war sein fünfter Treffer bei diesem Turnier womit er seine Marke von 2010 einstellte. Brasilien schüttelte sich kurz und versuchte sich vom frühen Schock zu erholen, was nur bedingt gelang. Sie verzettelten sich in Einzelaktionen womit Deutschland im Verbund wenige Probleme hatte. Danach begannen sechs denkwürdige Minuten in denen die Brasilianer, wie noch nie in ihrer Länderspielgeschichte, von einer famos aufspielenden deutschen Nationalmannschaft schwindelig gespielt wurden. Klose (damit mit 16 Treffern alleiniger Führender in der ewigen Torschützenliste), 2x Kroos und Sami Khedira erhöhten auf den Halbzeitstand von 0:5 (!).
Zu Beginn der zweiten Halbzeit merkte man den Gastgebern an, dass sie sich auf diese Weise nicht aus dem Turnier schießen lassen wollten und sie kamen zu einigen nennenswerten Torchancen.
Unserer Abwehr fehlte in diesen zehn Minuten nach der Pause die nötige Konzentration, wer möchte es ihnen auch verdenken, angesichts dieses Spielstands. Einzig und allein der erneut überragende Manuel Neuer verhinderte den Anschlusstreffer. In der Folgezeit plätscherte das Spiel seinem Ende entgegen. Lediglich André Schürrle, der nach knapp einer Stunde für Miro Klose gekommen war, schien sich noch etwas vorgenommen zu haben und stellte durch zwei schöne Treffer auf ein denkwürdiges 0:7.

Dass Oscar in der Nachspielzeit noch den Ehrentreffer erzielte störte keinen mehr so richtig. Keinen? Doch, Manuel Neuer war so richtig angefressen, weil er, wie jeder Torwart nun mal, gerne zu null gespielt hätte. So stand am Ende ein 1:7, ein absolut denkwürdiger Abend ging zu Ende. Nie zuvor hat eine brasilianische Nationalmannschaft höher verloren, nie zuvor gab es auch nur annähernd einen solch hohen Halbfinalsieg. Die Brasilianer zerbrachen förmlich an dem immensen Druck als Gastgeber und waren nicht in der Lage ihre Ausfälle gleichwertig zu kompensieren. Deutschland dagegen spielte phasenweise Katz und Maus mit ihnen und ließ nie einen Zweifel daran aufkommen, wer ins Finale gehört.

Deutschland feierte, Brasilien stürzte ins Tal der Tränen. Es wird sicherlich einige Zeit in Anspruch nehmen, bis Fußball-Brasilien wieder aufsteht und diese Demontage komplett verarbeitet hat. Brasilien muss sich im Fußball runderneuern und tut gut daran zu den Besten, also Deutschland, auf- und sich Dinge abzuschauen.

Grundlegendes Problem der Brasilianer war, dass sie von Individualisten abhängig waren während Deutschland auf ein starkes Kollektiv setzen konnte. Wer hätte gedacht, dass Mustafi (den ich, ich gebe es zu, vorher gar nicht gekannt hatte) für Reus nachnominiert wird, wer, dass Hummels anstelle von Mertesacker neben Boateng in der Innenverteidigung seinen Mann steht. Wer hatte Höwedes (da auf ungewohnter Position nicht für wenige DER Mann dieses Turniers) als linken Verteidiger auf der Rechnung und wer sah den alten Mann Miroslav Klose in der Startelf? Wir hatten zeitweise fünf Spieler auf dem Platz, die in der Nationalelf andere Positionen als im Verein bekleideten, auch das war vor und auch während des Turniers ein viel diskutierter Kritikpunkt. Wobei genau das auch die geistige und taktische Flexibilität ausdrückt, die Löw immer wieder eingefordert hat. Der Erfolg gibt einem Trainer immer Recht (3 Euro ins Phrasenschwein), daher hat Löw bis dahin auch alles richtig gemacht. Sein Festhalten an Özil, trotz aller Kritik, dafür die formstarken Podolski und Schürrle weitestgehend auf der Bank. Auch der 37-Millionen-Mann Mario Götze mehr Bankdrücker denn Stammkraft, es gab nicht wenige, die diese Maßnahmen nicht nachvollziehen konnten. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch ein unheimlich gutes Gefühl, mit diesen Top-Leuten in der Hinterhand auf schwierige Spielsituationen reagieren zu können, sind sie doch alle in der Lage ein Spiel alleine entscheiden. Wer als Weltmeister grüßt, hat natürlich auch in der Kaderzusammenzustellung alles richtig gemacht. Da Löw Leute wie Kießling, Kruse, Schmelzer, Ter Stegen, Gomez u.v.a.m. zuhause ließ, dafür aber u. a. Mustafi, Durm, Ginter, Weidenfeller lässt vermuten, dass Löw für sie größtenteils die Rolle als Lückenbüßer vorgesehen hatte. Die zuhause gelassenen Spieler hätten eher auf Einsätze gepocht wie solche, die einfach nur froh waren, dabei zu sein. Harmonie und das vermeiden eines Lagerkollers ordnete Löw damit höher ein als sportliche Qualität. Auch diese Rechnung ging auf, da in den sieben Wochen, in denen das Team zusammen war, so gut wie kein Misston nach außen drang.

Holland zwang im zweiten Halbfinale die Defensiv-Künstler aus Argentinien immerhin in die Verlängerung, unterlag aber dieses Mal, womöglich, weil Van Gaal nicht wieder Krol, den Elfmetertöter aus dem Costa Rica-Spiel, bringen konnte, da die Holländer schon drei Mal gewechselt hatten.

Wie ich es mir gewünscht hatte, zog also Argentinien ins Finale gegen Deutschland ein. Dass es gegen die Gauchos nicht einfach werden würde, schon gar nicht in einem WM-Finale, war mir natürlich klar. Trotzdem stellte ich mir die Holländer, die allerdings den Großteil ihres Pulvers bereits in der Vorrunde verschossen hatten, unberechenbarer vor, weil sie mehrere Spieler in ihren Reihen haben, die ein Spiel entscheiden können.

Argentinien hat in der Offensive außer Messi nicht mehr so viel zu bieten. Angel Di Maria musste verletzt passen, wären also noch Gonzalo Higuain und Lavezzi, die jedoch oft im Schatten von Messi. Die Qualität der Einzelspieler insgesamt ist natürlich hoch, sie spielen schließlich auch fast alle bei internationalen Top-Clubs. Dennoch überlassen die Argentinier gern Messi das Spielgerät, weil er (fast) immer etwas damit anzufangen weiß. Gelingt es also, Messi aus dem Spiel zu nehmen, ihn am Abschluss zu hindern und seine Passwege zuzustellen, hat man schon die halbe Miete, so zumindest meine Denke vor dem zweiten Halbfinale.

Als die Niederlande im Spiel um Platz 3 die Brasilianer leicht und locker mit 3:0 bezwungen hatten, begann ich unseren Kantersieg gegen die Seleção etwas vorsichtiger einzuordnen.
Wich in den Tagen nach dieser Galavorstellung das Grinsen nicht mehr aus meinem Gesicht, merkte ich plötzlich, hoppla, die Brasilianer sind ja wirklich so schlecht, wie sie gegen uns aussahen.

Jetzt also wieder einmal Argentinien im Endspiel, wie schon 1986 und 1990. 1986 in Mexiko unterlagen wir unglücklich und unnötigerweise dank der Genialität des Diego Armando Maradona, 1990 schoss uns Andi Brehme in den Fußball-Olymp durch einen an Rudi Völler verursachten, etwas schmeichelhaften Elfmeter.

Aufgrund der bisherigen Auftritte gingen wir als leichter Favorit ins 64. und letzte Spiel der WM 2014 in Brasilien.

Argentinien biss sich nach etwas wackeliger Vorrunde ins Turnier hinein und fand vor allem seine defensive Stabilität.

In den K.O.-Spielen erzielte Argentinien gerade einmal zwei Tore, kassierte allerdings auch keines. Wenn sie einmal in Führung gehen, ist es unheimlich schwer das Spiel zu drehen, weil sie es geschickt, manche sagen auch unsportlich, machen und jede Spielunterbrechung dazu nutzen, um Zeit zu gewinnen. Mit einer solchen Spielweise gewinnt man natürlich keinen Schönheitspreis, doch der Zweck heiligt nun mal allzu oft die Mittel. Für diese Spielweise haben sie mit dem Ex-Bayer Demichelis, Zabaleta (Man City), Mascherano (Barca) u. a. m. sehr hohe Qualität in ihren Reihen, die es verstehen, wenige gegnerische Torchancen zuzulassen. Deutschland müsste sich also etwas einfallen lassen, um den argentinischen Abwehrriegel zu knacken, ohne hinten allzu anfällig für das schnelle Konterspiel zu sein.

Am Finaltag kam ich frühzeitig aus Schruns vom VfB-Trainingslager zurück, um zu entscheiden, wo ich mir das Spiel anschauen würde und um beizeiten dorthin aufbrechen zu können.

Vor Endspielen schwirren mir jedes Mal komische Gedanken durch den Kopf, ich spiele alle Szenarien durch, die eintreten könnten. Wie kehre ich nach Hause zurück, im Freudentaumel als Weltmeister oder doch eher zu Tode betrübt, weil es wieder nichts mit dem Titel wurde? Auch das ein Grund, mich auf einen frühen Zeitpunkt zu verabreden, um noch das eine oder andere Fachgespräch führen und die Zeit bis zum Anpfiff verkürzen zu können.

Als Location entschied ich mich für das Vereinsheim des TV Zazenhausen, wo man im Freien überdacht, daher wetterunabhängig, schauen konnte, sicher ist sicher! Je näher der Anpfiff rückte, desto feuchter wurden die Hände. Angst hatte ich zwar keine, ich war schon irgendwie siegesgewiss und hatte großes Vertrauen in unsere Truppe, in die „Generation Lahm“, wie sie mein spezieller Freund Béla Réthy in diesen Tagen mal nannte.

Wer weiß es schon, ob Spieler wie Klose (ganz sicher), Mertesacker, Lahm, Schweinsteiger, Podolski, die alle schon 2006 dabei waren, ihre letzte WM spielen würden . Dieses Gefühl der möglicherweise letzten Chance auf diesen größten aller Titel, war den Jungs das ganze Turnier über bewusst und hat sie in gewisser Weise auch beflügelt.

Jeder dieser Spieler hatte in wichtigen Halbfinal- und Finalspielen im Verlauf der Karriere schöne, aber auch bittere Erfahrungen sammeln müssen, so dass davon auszugehen war, dass sie wussten, was zu tun ist. Der 4. Stern musste jetzt einfach her!

Unmittelbar nach dem 7:1 gegen Brasilien wurde der Fokus sofort auf das Finale gerichtet, niemand ließ sich überschwänglich feiern, was darauf hindeutete, dass das Team in diesem Turnier noch nicht fertig war und entschlossen war, diesen letzten Schritt jetzt auch noch erfolgreich zu gehen.

Joachim Löw hat offensichtlich aus dem Italien-Spiel 2012 gelernt und vertraute dieses Mal seinem Team des vorigen Spiels, anstatt sich am Gegner auszurichten und auf ein System umzustellen, das dem Team fremd ist. Hätte auch beinahe geklappt, hätte sich nicht Sami Khedira kurz vor Spielbeginn mit Wadenproblemen abgemeldet. Höchsten Respekt für seine Entscheidung und die Abwägung darüber, was besser für das Team wäre. Er befürchtete möglicherweise nach 15, 20 Minuten ausgewechselt werden zu müssen und wollte Jogi Löw nicht einer Wechselmöglichkeit berauben. Ohnehin sensationell, sein Comeback nach Kreuzbandriss Mitte November 2013. Ich hatte damals bereits geschrieben „unterschätzt mir den Sami nicht“, als ihn Koryphäen wie Lothar Matthäus bereits für die WM abschrieben. Schon zu VfB-Zeiten bewies er ein ums andere Mal, dass er ein sehr gutes Heilfleisch hat. Außerdem kenne ich kaum einen Spieler, der so professionell lebt und es schafft, alles einem Ziel unterzuordnen. Diszipliniert wie kaum ein anderer zog er die Reha durch und durfte in Brasilien nun den Lohn dieser harten Arbeit ernten.

Für Khedira rückte überraschend Christoph Kramer in die Startelf, der sich in den ersten Minuten sehr gut ins deutsche Spiel einfügte, bis er nach einer knappen Viertelstunde rüde weggecheckt wurde und eine Gehirnerschütterung davon getragen hat. Er probierte es zwar noch einmal, es hatte aber leider keinen Wert mehr. Schiedsrichter Rizzoli war es, der die Auswechslung empfahl, nachdem Kramer ihn fragte, ob dies das WM-Finale sei und er das jetzt unbedingt wissen müsse. Nach einer guten halben Stunde war Schluss für ihn, es kam Schürrle, Kroos rückte dafür auf die Doppel-Sechs neben Bastian Schweinsteiger.
Über das Spiel selbst wurde genügend gesprochen und geschrieben, so dass ich nicht auf alle Einzelheiten eingehen muss. Große Torchancen waren in der ersten Halbzeit Mangelware, wenn es allerdings zu welchen kam, waren sie hochkarätig. So schickte Toni Kroos, der ansonsten ein überragendes WM-Turnier spielte, durch eine missglückte Kopfballrückgabe Higuain auf die Reise, der jedoch völlig allein vor Neuer überhastet abschloss und das Tor nicht traf. Diesen Respekt, dass die Gegner schon mit vollen Hosen vor ihm auftauchen, hat sich Neuer im Verlauf des Turniers erarbeitet. Er, der nicht nur im Bälle abwehren Weltklasse verkörperte sondern auch im herauslaufen. Auf der anderen Seite hatte Benedikt Höwedes per Kopfball in der Nachspielzeit der ersten Hälfte eine große Chance, scheiterte jedoch am Pfosten.
In der zweiten Hälfte drehte zunächst Messi auf, war aber im Endeffekt zu eigensinnig, so dass es die deutsche Abwehr immer wieder schaffte, ihn so abzuschirmen, dass er nicht zum Abschluss kam oder am Tor vorbei schoss.
Mit zunehmender Spieldauer gingen beide Teams immer weniger Risiko ein, im Bewusstsein, ein einziger begangener Fehler und der Titel wäre futsch.

So kam es wie es kommen musste, es ging in die Verlängerung. Hier hatte Schürrle die erste Torchance, schoss aber Romero an, auf der anderen Seite konnte Palacio die Kugel nicht kontrollieren und verzog in aussichtsreicher Position. Jerome Boateng, bester Mann auf dem Platz, wäre aber wohl auch hier zur Stelle gewesen.

Als man sich langsam aber sicher auf den Nervenkrimi Elfmeterschießen einstellen musste, fiel doch noch das Tor für uns. Schürrle legte in die Mitte zu Götze, der kurz vor Ende der regulären Spielzeit für Klose gekommen war, dieser stoppte den Ball mit der Brust und überwand Romero mit einem sehenswerten Volleyschuss. Ein Traumtor, DAS Tor, einfach geil! Die 113. Minute, sieben Minuten noch zu absolvieren und wir sind Weltmeister, wenn nichts mehr passiert. Der schier endlos lange ersehnte 4. Stern auf dem Trikot schien Realität zu werden und war nah wie schon lang nicht mehr.

Jogi Löw, dem es viele nicht zutrauten, jemals einen Titel zu gewinnen, fehlten noch sieben Minuten, um als Weltmeistertrainer in die Geschichte einzugehen. Argentinien warf nochmal alles nach vorne, doch Manuel Neuer stand wie ein Fels in der Brandung. Unser Team stemmte sich dagegen, doch noch ein Tor einzufangen. Sinnbild dieses Kampfes war Bastian Schweinsteiger, der mehrmals behandelt werden musste und am Ende wie ein heimgekehrter Kriegsveteran daherkam, gezeichnet von 120 Minuten (erfolgreichem) Kampf.
Richtig brenzlig und nervenaufreibend wurde es nur noch einmal in der zweiten Minute der Nachspielzeit, als es aus vielversprechender Position Freistoß für Argentinien gab. Diesen setzte Messi jedoch über den Kasten, so dass der italienische Schiedsrichter wenige Augenblicke später abpfiff.

Es war vollbracht, WIR SIND WELTMEISTER. 24 Jahre nach dem letzten Triumph von Rom jetzt also der Titel in Rio de Janeiro im altehrwürdigen Maracanã. Welch Freude, welch Erleichterung, welch Stolz in den Gesichtern, was für Bilder von den Fanmeilen und aus den deutschen Großstädten, was für eine Zufriedenheit der Menschen. Fußball verbindet, wildfremde Menschen lagen sich in den Armen und feierten gemeinsam den Titel. Autokorsi im ganzen Land und Millionen Menschen, die die Nacht zum Tag machten. Unbeschreibliche Momente, unbeschreibliche Gefühlswelten, unbeschreiblich die Zufriedenheit, die sich unmittelbar nach einem solchen Triumph in einem breit macht!

Das gesamte Turnier über gesehen ist dieser Titel hochverdient. Nicht nur die Leistungen auf dem Platz. In diesen knapp acht Wochen, in denen der DFB-Tross zusammen war, wuchs die Mannschaft zusammen, es schien fast so, da wären 23 Freunde auf einer netten Freizeit. Von Skandalen oder Skandälchen wurde nichts bekannt, es herrschte (zumindest nach außen) Harmonie pur, und das, obwohl ja auch Kevin Großkreutz dabei war.

Die Mannschaft stellte sich im Umfeld ihres Quartiers ihrer sozialen Verantwortung, war freundlich zu den Menschen, gab bereitwillig Autogramme, stand für Gespräche zur Verfügung, besuchte eine Schule und unterstützte finanziell einige Projekte, etc. Der DFB gab sich alle Mühe ein gutes Bild für unser Land abzugeben.

Nach den Spielen spendeten sie den Gegnern Trost anstatt sie zu verhöhnen oder sich überbordend zu freuen, nachdem sie die Brasilianische Seleção in ihre Einzelteile zerlegt hatten, spielten sie die Partie seriös zu Ende und verhohnepiepelten den Gegner, der schon genug mit sich selbst zu tun hatte, nicht. Deutschland hat es im Laufe des Turniers geschafft, die brasilianischen Anhänger auf ihre Seite zu bekommen, wenn es nicht gerade gegeneinander ging.

Gegen Argentinien war es klar, dass sie uns die Daumen drücken würden, da es ja bekanntlich eine große Rivalität zwischen den Fanlagern beider Länder gibt, aber auch sonst schaffte es die deutsche Mannschaft durch ihr höfliches, respektvolles und freundliches Auftreten die Sympathien der Brasilianer im Sturm zu erobern.

Die Hochachtung und Verneigung der Brasilianer vor den Deutschen geht inzwischen so weit, dass sich die Stimmen mehren, die da sagen, man müsse den deutschen Fußball kopieren, um auf die Erfolgsspur zurückzukehren. Für eine solche Aussage wäre man vor zehn Jahren in Brasilien noch gelyncht worden, heute aber ist tatsächlich etwas dran, weil wir nicht nur den besser organisierten sondern auch den technisch besseren Fußball gezeigt haben. Verkehrte Welt eigentlich.

Ganz besonders freut mich der Titelgewinn für den Trainer Joachim Löw. Ich hoffe, den ganzen Löw-Bashern im Netz hat es jetzt erst einmal die Sprache verschlagen. Natürlich hat er in seiner nunmehr achtjährigen Amtszeit Fehler gemacht, welcher Mensch macht keine? Natürlich hat er 2008 einen verletzten Ballack durchgeschleppt, 2012 einen verletzten Schweinsteiger und auch 2010 wäre mehr drin gewesen.

Aber, wir waren stets unter den besten vier wovon man bspw. nach den verkorksten Europameisterschaften 2000 und 2004 nicht zu träumen wagte. Seit Klinsmann 2004 die Nationalelf übernahm und den DFB bzw. Zuständigkeiten rund um die Nationalmannschaft revolutionär umkrempelte, haben Länderspiele auch bei den Spielern einen komplett anderen Stellenwert als davor. Krankheitsbedingte Absagen von Spielern, die sich um die lästige Länderspiel-Pflicht drückten, um am Wochenende darauf quietsch fidel mit ihren Vereinen unterwegs zu sein, reduzierten sich auf ein Minimum. Jetzt kommen die Spieler wieder gerne zur Nationalmannschaft, ein Stück weit natürlich auch dem schier unerschöpflichen Reservoir an nationalmannschaftstauglichen Alternativen geschuldet. Wer kneift, dessen Stammplatz ist in Gefahr! Und, nicht zu vergessen, es herrscht bei der Nationalelf eine Wohlfühlatmosphäre, die für viele eine willkommene Abwechslung zum Vereinsalltag ist.

Vor allem nach der Euro 2000 wurden die richtigen Schlüsse gezogen, es wurde Bedingung für die Bundesligalizenz, dass man ein Jugendinternat zu unterhalten hat. Die Väter dieser Idee heißen übrigens Gerhard Mayer-Vorfelder und Berti Vogts, so dass sich heute auch diese beiden Weltmeister schimpfen dürfen.

Ginge es nach mir, sollte Löw Bundestrainer bleiben, so lang er möchte, zumindest aber noch in den nächsten vier bis sechs Jahren. Ich behaupte zwar nicht, dass Bundestrainer sonst niemand kann, trotzdem fehlt es mir an realistischen Alternativen. Ein Heynckes oder ein Hitzfeld kämen als kurzfristige Lösungen in Betracht, allerdings haben beide ihren Rücktritt vom Trainerjob verkündet und wollen den Ruhestand genießen. Jürgen Klopp wäre irgendwann einmal mein Favorit, sehr unwahrscheinlich, dass er sein bis 2016 gültiges Arbeitspapier vorher brechen würde. Außerdem kann ich es mir bei diesem Heißsporn nicht vorstellen, dass er seine Power bei etwa zehn Länderspielen im Jahr ausleben kann. Wie kaum ein Anderer braucht er das Adrenalin, am besten mehrere Male die Woche. Mehr Kandidaten fallen mir leider im Moment nicht ein. Einen Ausländer auf den Posten zu hieven, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ein Bundestrainer sollte von unseren Elitekickern anerkannt werden, sollte nicht allzu viel umkrempeln, was funktioniert und möglichst noch allen „wichtigen“ Leuten im Fußball in die Augen schauen können. Klar ist jedoch, würde Löw von sich selbst aus auf dem Höhepunkt der Karriere seinen Posten zur Verfügung stellen wollen, käme man nicht drum herum, einen Nachfolger zu suchen.
Dieses Fehlen einer (aus meiner Sicht) geeigneten Alternative hat für mich nichts mit dem WM-Ausgang zu tun. Das hatte ich vor dem Turnier schon geschrieben, als nicht wenige seinen Kopf forderten.
Ich hoffe, dass Löw zu seiner Vertragsverlängerung steht und die Motivation hat, zu versuchen weitere Früchte seiner Arbeit zu ernten.

Die deutsche Nationalmannschaft wurde unter anderem deshalb Weltmeister, weil man den ausgeglichensten Kader aller Teams hatte. Die lange Saison, die lange Vorbereitung, sieben Turnierspiele, man merkte allen Spielern im Turnier diesen enormen Kräfteverschleiß an. In der deutschen Mannschaft gab es außer Manuel Neuer zwar keinen, der das ganze Turnier über konstant glänzte. Es waren immer wieder andere Spieler, mal Toni Kroos und Sami Khedira, mal Bastian Schweinsteiger, dann Jerome Boateng, die dem jeweiligen Spiel ihren Stempel aufdrückten und Garanten für den Erfolg waren.

Philipp Lahm sah ich gegen Argentinien, vor allem in Phasen, in denen das Spiel zu kippen drohte, bärenstark. Er übernahm Verantwortung, zog die Bälle magisch an und gewann seine entscheidenden Zweikämpfe. Es war durch und durch ein Werk des Teams und, ich muss es leider heute und sonst hoffentlich nie mehr sagen, die Bayern-Spieler hatten maßgeblichen Anteil an unserem Weltmeistertitel. Kleiner Seitenhieb an dieser Stelle, Dante mit eingeschlossen, weil er im Halbfinale zum Tag der offenen Tür lud.

Weltmeister, ich kann es mir nicht oft genug auf der Zunge zergehen lassen. Der Siegtorschütze Mario Götze wird ab sofort in einem Atemzug mit Helmut Rahn, Gerd Müller und Andi Brehme genannt werden und seinen ohnehin schon astronomischen Marktwert weiter gesteigert haben.
Nach dem Spiel und vor der Pokalübergabe wurde Manuel Neuer zu Recht mit dem Goldenen Handschuh zum besten Keeper der WM gekürt, bester Spieler wurde zur allgemeinen Verblüffung Lionel Messi. Er mag, weil möglicherweise der Beste der Welt, der beste Spieler im Turnier aber nicht der beste des Turniers gewesen sein. Gerade für dieses Turnier hätte ich mir eher einen Teamplayer wie zum Beispiel Toni Kroos gewünscht als einen Individualisten zu wählen. Der Sieg Deutschlands zeigt doch, dass das beste Kollektiv gewonnen hat und keines der Teams, das von ihren überragenden Individualisten lebt.

Dies trübte an diesem Abend die Freude natürlich nicht. Nachdem die Argentinier ihre Silbermedaillen in Empfang genommen hatten und die Weltmeister zur Ehrentribüne schritten, um ihre Goldmedaillen abzuholen, kam er, der ganz große Moment, Philipp Lahm nahm von der brasilianischen Staatspräsidentin den Goldpokal in Empfang und streckte ihn in den Nachthimmel von Rio de Janeiro. Angeblich hat er sich vorher bereits darüber den Kopf zerbrochen und es sich lieber noch einmal auf Video angeschaut, wie es einst Lothar Matthäus tat. Verrückt, oder? Mir ist nicht bekannt, dass man diesen Pokal verkehrt herum halten könnte, so wie es Fernando Meira bei unserer Meisterfeier 2007 passiert ist.

Im Stadion brachen natürlich jetzt alle Dämme, als sich die Mannschaft fürs Siegerfoto bereit machte und „das Ding“ danach den über 10.000 im Stadion befindlichen deutschen Fans präsentierte. Welche Freude, welche Glücksmomente die Kicker dem ganzen Land bescherten, war ihnen das Turnier über bewusst. Als letzte Motivationsspritze lässt Jogi Löw in Mannschaftsbesprechungen gerne mal Bilder von den Fanmeilen und der Stimmung in der Heimat einspielen. Die Betonung dieser nun doch liebgewonnenen Truppe lag im Moment des Triumphes auf „Wir sind Weltmeister“, wir, alle zusammen.

Das Wir-Gefühl während Europa- und Weltmeisterschaften ist natürlich gewaltig. Mich befremdet es jedoch immer wieder, wenn ich mit Leuten über Fußball reden soll, die mal so überhaupt keine Ahnung davon haben. Das sind dann die ersten, die motzen, wenn man gegen einen vermeintlich schwachen Gegner wie Algerien „erst“ in der Verlängerung gewinnt oder wenn man in einem Halbfinale ausscheidet. Das sind dann meistens Partypeople, denen urplötzlich der Stecker gezogen wurde und die danach Fußball wieder blöd finden. In Zazenhausen gab es dann noch Spezialisten, die ihren minderjährigen Kindern Böller in die Hand drückten, weil, Feuerwerk gehört doch zum Fußball dazu. ;-)

Gegen Kracher habe ich allerdings eine Aversion, verursachen sie doch böse Knalltraumata, wenn man sich zur falschen Zeit am falschen Ort befindet.

Auch das ist WM, da werden alle zwei oder vier Jahre Leute los gelassen, denen man bei „normalen“ Spielen im Leben nicht begegnen wollte. Daher freue ich mich, dass es in einem Monat wieder mit dem Pokalspiel in Bochum losgeht, wo man dann altbekannte und vor allem „normale Leute“ um sich hat.

Die Mannschaft ließ es in Rio auf der Siegesfeier ordentlich krachen wie es sich gehört und man ja auch über Social Media überliefert bekam, der Montag hier zu Hause fühlte sich wie ein Feiertag an und das nicht nur, weil ich wohlweislich freigenommen hatte.

Am Dienstag schließlich traf die Mannschaft leicht verspätet in Berlin ein, nicht ohne zuvor durch eine Sondergenehmigung die mit Hunderttausenden von Leuten bevölkerte Berliner Fanmeile zu überfliegen und mit den Tragflächen „zu winken“.

Ein großes Spektakel erwartete die Helden in der Hauptstadt, die nach und nach und in der Gruppe ihrer „Wohngemeinschaften“ sich feiern ließen, dabei eigene Choreographien darboten und zum Schluss mit ihrer Lieblings-Schlagersängerin Helene Fischer „Atemlos“ intonierten.
Auch auf der Fanmeile zeigte sich das Team äußerst kreativ und sang Gassenhauer von „Die Nummer Eins der Welt sind wir“, über „Großkreutz, hol den Döner raus“ bis hin zu „So gehn die Gauchos, die Gauchos, die gehn so, so gehn die Deutschen, die Deutschen, die gehn so…“.
Wäre der letztgenannte Song nicht gewesen, vermutlich würden wir uns angesichts des gewonnenen Titels mehr und mehr nach innen einen grinsen, die Jungs sind in Urlaub geflogen und gut ist. Aber nein, plötzlich bricht eine Rassismus-Debatte vom Zaun, wir würden die Argentinier als gebückt und die Deutschen als aufrecht gehend darstellen. Hier wird eine Sache aufgebauscht, die eigentlich gar nicht der Rede wert ist. Teile der deutschen Presse, wie taz.de, faz.de, selbst spon.de sind auf der Suche nach dem Haar in der Suppe fündig geworden, stellen die deutsche Nationalmannschaft in die rechte Ecke und nennen sie respektlos.
Bezeichnend, dass diese Negativkommentare eher im Feuilleton denn im Sportteil zu finden waren. Ein Sport-Journalist, ich unterstelle mal, selbst einer der genannten Blätter, würde nämlich wissen, dass derartige Frotzeleien zum Fußball dazu gehören. Was mussten wir uns alles von den Spaniern oder Italienern anhören, als sie uns in den letzten Jahren rauswarfen. Als Fußballfan steht man da drüber und denkt sich höchstens „man sieht sich immer zwei Mal im Leben“. In jedem Stadion gibt es Spottgesänge gegen den größten Rivalen bzw. den jeweiligen Gegner, wäre ich da immer gleich eingeschnappt, hätte ich viel zu tun.

Dass die Journaille hier übers Ziel hinausgeschossen ist, hat sie zum Teil eingesehen und rudert (in den Sportteilen) zurück. Dennoch frage ich mich, welcher Redakteur da noch mal drüber geschaut und die Veröffentlichungen überhaupt freigegeben hat. Dieser gehört im Grunde sofort von seinen Aufgaben entbunden, denn hier wurde eine Lawine losgetreten, die nur schwerlich wieder zu stoppen ist.

Inzwischen werden unsere Helden aus Argentinien (die Journalisten dort sind auch nicht besser) als „ekelhafte Nazis“ beschimpft. Wo sind wir denn? Wie haben die Argentinier auf Neymars Wirbelbruch reagiert? Und überhaupt, war es nicht Argentinien selbst, das während und nach dem 2. Weltkrieg etlichen „ekelhaften Nazis“, damals den „richtigen“, die Flucht nach Südamerika in ein unbehelligtes Leben ermöglichte? Ich bin kein Fan von „Unrecht mit Unrecht vergelten“, aber, diese Beleidigungen aus Argentinien gehen zu weit.

Wenn jemand für ein offenes Miteinander und Völkerverständigung eintritt ist es doch die deutsche Nationalmannschaft, die gespickt ist von Migrantenkindern aus Polen, Tunesien, Albanien, der Türkei, Ghana. Dieser Mannschaft nationalsozialistische Motive zu unterstellen ist eine Beleidigung und führ ad absurdum wie die Mannschaft während der WM aufgetreten ist. Die Feier auf der Fanmeile war der Abschluss eines riesigen Feiermarathons, da sollte man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Die Journalisten, die ein Problem mit dem Erfolg der deutschen Nationalmannschaft haben, wohl auch mit schwarz-rot-geil haben, denen es ein Dorn im Auge ist, dass in Deutschland überhaupt wieder gefeiert wird, wo doch in grauer Vorzeit Kriege von deutschem Boden ausgegangen sind, die sollen das nächste Mal einfach wegschauen, im Wald spazieren gehen oder mit ihresgleichen über eine bessere Welt philosophieren und uns nicht die Freude am Sieg madig machen wollen.

Die WM an sich war zu schön, um ein solches Bild vom verdienten Sieger zu zeichnen. Die Atmosphäre in den Stadien war stimmungsvoll, die Bilder und Erlebnisberichte, die einen via Facebook vor allem vom Fanclub Nationalmannschaft erreichten vermittelten fast den Eindruck mittendrin zu sein, es fielen so viele Tore wie schon lang nicht mehr und auch die Qualität und Spannung der Spiele war besser als erwartet. Wegen der Mittagshitze hatte man eher damit gerechnet, es würde sehr viel taktiert werden und ein 1:0 wäre schon die halbe Miete zum Erfolg. Das Gegenteil war der Fall, sehr viele Spiele wurden noch gedreht. Einziger richtig großer Wehmutstropfen waren die Schiedsrichterleistungen. Auch hier sollte die FIFA an Reformen denken und es nicht jedem Verband recht machen wollen. Ein Schiedsrichter aus El Salvador oder Gambia hat in heimischen Gefilden weniger Probleme auf Ballhöhe zu sein, als bei einem WM-Turnier. Da sollte die FIFA einfach wegkommen davon, alle Kontinentalverbände zu berücksichtigen und nur die Besten der Welt nominieren.

Wie immer nach einem großen Turnier falle ich erst einmal kurzzeitig in ein kleines Loch, wenn nicht mehr tagtäglich zwei, drei Spiele in der Glotze laufen. Dieses Mal ist es aber doch ein wenig anders. Wir müssen kein vorzeitiges Ausscheiden verkraften, nicht einmal eine Finalniederlage, nein, wir sind es, der Weltmeister und das mindestens vier Jahre lang. Nach 1954, 1974 (mein erstes Turnier, bei dem ich zumindest alle deutschen Spiele geschaut habe) und 1990 (gegen die Emirate live im Meazza dabei, ansonsten jedes Spiel zelebriert und nach dem Finale die ganze Nacht in Stuttgart durchgefeiert!) endlich der vierte Titel. Einer fehlt noch, um Rekordweltmeister Brasilien an der Spitze abzulösen.

Ich bin mir ganz sicher, dass dieser Titel noch nicht das Ende des Weges dieser Fußballer-Generation ist. Unsere hohe Qualität zeigt sich in der Wertschätzung ausländischer Spitzenclubs für deutsche Spieler. Ob Italien, Spanien oder England, die deutschen Spieler sind „in“, wovon natürlich auch die deutsche Nationalmannschaft profitiert. Ein rein deutsches Champions League Finale 2013, Weltmeister 2014, mehr geht fast nicht.

Die deutschen Nationalspieler haben sich nun als letzte in den wohlverdienten Urlaub verabschiedet, die des VfB, Ibisevic (wenn er denn bleibt), Sakai und Gruezo schieden in der Vorrunde aus und nehmen in diesen Tagen den Trainingsbetrieb schon wieder auf.

Damit kommt dann wieder die Zeit, in der ich langsam von WM- auf VfB-Modus zurückschalte und hoffe, dass es mit Armin Veh wieder aufwärts geht, er junge Spieler mehr voranbringt als in den letzten Jahren, so dass wir in absehbarer Zeit mal wieder einen deutschen Nationalspieler stellen können. Am ehesten ist das natürlich Timo Werner zuzutrauen, der, wenn er auf dem Boden bleibt, sicherlich eine große Zukunft vor sich haben dürfte. Einen anderen Youngster sehe ich im Moment nicht, verspreche mir aber einiges von der Wiedereinstellung von Rainer Adrion. Er hat den Blick, den Sachverstand, die Souveränität und kann es auch menschlich mit den Jungs. Im Nachwuchsbereich liegt bei uns einiges im Argen, seit dem hoch geschätzte Fachleute den Verein verlassen haben und Bobic an Stelle von ihnen seinen Freunden Posten verschaffte. Die Jungs im Teenageralter müssen nicht nur im Fußball geschult werden, sondern auch auf ein ordentliches Leben vorbereitet werden. Die Generation, die derzeit aus dem Jugendinternat kommt oder in den letzten Jahren zu unseren Amateuren oder den Profis hochgekommen ist, bei dieser liegt einiges im Argen, was Professionalität, den Umgang mit Geld, das Verhalten in der Gruppe, Freizeitgestaltung u. v. a. m. angeht. Sie brauchen Leitbilder, auch mal jemanden der sie an die Hand nimmt und keine Leute, die sie sich selbst überlassen. Dann nämlich neigen einige dazu, falschen Freunden zu verfallen, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen und ihr vieles Geld zu verprassen, anstatt morgens ausgeruht auf dem Trainingsplatz zu stehen. Gerade im menschlichen und psychologischen verspreche ich mir von Adrion einiges, ich hoffe, er bekommt auch die nötigen Kompetenzen, um gestalten zu können, zurück in die Zukunft quasi.

Jetzt, wo die WM Geschichte ist und irgendwann auch mal der Urlaub von Fredi Bobic beendet sein dürfte, bin ich gespannt, was der VfB noch in Sachen Transfers vor hat. Meiner Meinung nach müsste noch einiges geschehen, sowohl auf der Abgangs- als auch auf der Zugangsseite, um besser aufgestellt zu sein, als in der letzten Saison. Der Trainer wird schon auch etwas ausmachen, gut möglich, dass Veh aus den bestehenden Möglichkeiten mehr herausholt als seine drei Vorgänger der Vorsaison, zumindest, was die Organisation auf dem Platz angeht, dennoch ist der Kader im Zentrum zu üppig, auf den Außen zu dünn besetzt. Fraglich auch die Zukunft von Ibisevic, dem ich wünschen würde, dass er einen Verein findet, der ihm genehm ist, wenn er denn keinen Bock mehr auf Stuttgart hat. Sollte er abgegeben werden, besteht im Sturm noch Handlungsbedarf. Langweilig wird es also sicherlich nicht werden bis zum Saisonstart.

Für den VfB also heißt es, neu anzugreifen und die letzte Saison vergessen zu machen, für die Nationalmannschaft beginnt im Herbst schon die Qualifikation für die Euro 2016 gegen interessante Nationen. Ich freue mich drauf und werde zumindest im Oktober in Warschau am Start sein. Allen noch eine gute Zeit bis zum Pokalspiel und bis bald,

viele Grüße
Franky

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29. Juli 2010

Das Wochenende in Donaueschingen

Gerade am Wochenende, wo wir einen großen Ansturm an Trainingskiebitzen erwartet hatten, machte sich der VfB zur Enttäuschung vieler sehr rar. Am Samstag unternahm das Team eine Radtour, nachmittags stand die obligatorische sportärztliche Untersuchung auf dem Programm. Es stand also überhaupt kein öffentliches Training auf dem Programm.

Uns kam dies nicht einmal ungelegen, hatten wir doch bereits vor längerer Zeit eine Besichtigung mit anschließendem Essen und Umtrunk bei der Fürstenberg-Brauererei gebucht. Die Führung lohnte sich und anschließend wurde man für die Geduld bei abermals großer Hitze mit einem kühlen Fürstenberg belohnt.

Nach dem Essen und Trinken im Fürstenberg Bräustüble gingen einige ins nahegelegene Freibad, ich entschloss mich, mit Geli und Konrad in ein Cafe zu gehen und einen Skat zu dreschen. Nachdem Konrad uns verlassen musste, um die Heimfahrt mit dem Zug anzutreten, zogen wir weiter Richtung Hirschen, wo sich bald weitere Skatspieler fanden, um die Zeit bis zum Spiel um Platz 3, Deutschland gegen Uruguay, zu überbrücken. Bald war uns klar, dass über einen gepflegten Skat nichts ging, schon gar nicht das Spiel um die Goldene Ananas bei der WM. Zu tief saß noch die Enttäuschung über die Niederlage gegen Spanien. So blieben wir im Biergarten sitzen, waren aber aufgrund der nicht überhörbaren Reaktionen der Fußballgucker stets auf der Höhe des Geschehens. Erst ein aufziehendes Gewitter zwang uns, die Runde zu unterbrechen, und so sahen wir uns noch die 2. Hälfte des Spiels an. Schnell stellten wir fest, dass wir die erste Hälfte eines munteren und daher sehenswerten Spieles verpassten, das dank Sami Khediras Kopfballtor zu einem versöhnlichen Abschluss einer für die deutsche Mannschaft tollen WM führte. Kleinere Tumulte gab es im Hirschen selbst, als sich ein Besucher durch kurz aufkommende Schlachtgesänge unsererseits gestört fühlte. Dafür hatten wir natürlich null Verständnis, ging es doch um das emotionsgeladene Fußballspiel und nicht etwa um Springreiten, das in Donaueschingen Tradition hat.

Auch für Sonntag morgen war keine Trainingseinheit angesetzt, stattdessen wechselten einige Profis das Metier und dienten als Fotomodelle für die neue VfB-Kollektion. Für uns, die die ganze Woche Trainingslager eingeplant hatten, war es weniger schlimm, dass am Wochenende fast überhaupt nichts stattgefunden hat. Für viele aber, die keinen Urlaub hatten und über das Wochenende Eindrücke vom Trainingslager sammeln wollten und die 140 Kilometer von Stuttgart absolvierten, war es natürlich enttäuschend.

Sonntag abend dann schließlich stand wieder eine Einheit auf dem Programm. Mit dabei auch erstmals Kuzmanovic, der seinen Urlaub um eine knappe Woche verkürzte, um mit dem VfB wieder voll angreifen und seinen WM-Frust vergessen zu können. Vorbildliche Berufsauffassung nennt man so etwas. Auch Jochen Schneider, der durch den unrühmlichen Abgang von Horst Heldt wieder mehr in den Fokus gerückt ist, war erstmals auf dem Trainingsplatz zu sehen und stellte sich gleich einmal zu unserer Fahne in Position.

Nach einem kurzen Aufwärmprogramm stand ein Trainingsspielchen auf dem Plan, in dem es durchaus hitzig zur Sache ging.

Ja, wo laufen sie denn???

Bei immer noch großer Hitze hatten wir Zuschauer wie immer jede Menge Spaß. Schließlich musste sich nur die Mannschaft schinden und nicht wir. :-)

Kuzmanoiv trainierte zunächst noch individuell, um seinen Trainingsrückstand schnell aufzuholen.

Nach getaner Arbeit merkte man den Jungs die Strapazen an. Viele stöhnen vom härtesten Trainingslager, das sie je mitgemacht haben. Ich kann es nur mit Leogang vor Jahresfrist vergleichen und stellte auch fest, dass bedeutend mehr Zug drin war, als im letzten Jahr. Hoffentlich zahlt es sich aus und hoffentlich ist die Mannschaft auf den Punkt fit. Es gilt in der kommenden Saison, endlich einmal wieder einen besseren Start hinzulegen, nicht dass wir im November die nächste Trainerdiskussion führen müssen.

Dann erblickten wir schließlich noch Erwin Staudt, der sich den Abstecher ins nahegelegene Donaueschingen auch nicht nehmen ließ. Ihm, und auch Jochen Schneider und dem neuen Sportdirektor Fredi Bobic, wünsche ich, dass die neuen Außenbahnspieler, die sich der Trainer wünscht, bald verpflichtet werden können. Es ist doch jedes Jahr das gleiche: der Trainingsbetrieb läuft bereits auf Hochtouren und wir haben noch immer nicht die komplette Mannschaft beisammen. Gerade in dieser Phase, wenn es darum geht, sich einzuspielen und auch menschlich näher zusammen zu rücken, gerade da wäre es wichtig, die Neuen zu integrieren.

Abends dann stand, wie könnte es anders sein, im Hirschen das WM-Finale mit unserem Khalid Boulahrouz an, das die Spanier verdient, aber erst in der Verlängerung, gewannen und somit erstmals Weltmeister wurden. Ein würdiger Weltmeister, aber, wie weiter unten kommentiert, doch mit recht viel Dusel erst so weit gekommen.

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5. Juli 2010

Auf dem Weg zum 4. WM-Titel

Das beste Deutschland aller Zeiten?!

Die größten DFB-Teams hatten immer jeweils ein herausragendes Merkmal. Das aktuelle nicht. Sein Erfolg hat viele Facetten. Ist es jetzt schon besser als Beckenbauer und Co.? Wenn man derzeit über die deutsche Nationalmannschaft nachzudenken beginnt, wird man schnell stutzig und auch ein bisschen verwirrt. Wenn sich der Nebel dann allmählich lichtet und man die beiden letzten Meisterwerke und überhaupt das gesamte WM-Turnier Revue passieren lässt, dann hat man plötzlich sie im Sinn: Gerd Müller und Günter Netzer. Wie sie sich durch die Schweizer Abwehr brillieren, Hacke Müller, Spannstoß Netzer, Tor. Das schönste des Jahres 1972. Es war jenes magische Jahr, das aus den frisch gekürten Europameistern die Mannschaft des Jahrhunderts machte.

Mit Maier, Beckenbauer, Breitner, Overath, Netzer, Müller. Und die zwei Jahre später auch Weltmeister werden sollte. Den schönsten und nebenbei auch erfolgreichsten Fußball aller Zeiten hat Deutschland mit dieser Mannschaft gespielt. Gleichzeitig Welt- und Europameister war eine DFB-Auswahl seither nie mehr. Aber jetzt gibt es tatsächlich eine Gruppe, die der Mystik der 70er-Helden ihren Geist austreiben kann. Oder vielleicht schon ausgetrieben hat. Denn noch nie wurde Deutschland außerhalb seiner Grenzen so viel Respekt und Beifall entgegengebracht. Für das Spektakel waren bisher fast immer andere zuständig, Deutschland beschränkte sich zumeist auf den Gewinn der Titel. Jetzt entbrennt eine hitzige Diskussion, ob diese neue deutsche Nationalmannschaft tatsächlich schon besser sein kann als ihre erfolgreichen Vorgänger, zu denen sicherlich auch die Mannschaften von 1990 und 1996 zu zählen sind. Jede dieser Mannschaften hatte eine besonders herausstechende Eigenschaft. Das Team um Beckenbauer war die spielerisch beste bis zur laufenden WM, die 90er Weltmeister um Lothar Matthäus hatten die größte Dynamik, Berti Vogts’ Europameister die größte Willensstärke. Aber selbst in diesen Paradedisziplinen kann ihnen Joachim Löws Truppe zumindest das Wasser reichen.

Das neue System:

Die Mannschaft hat eine feste Spielidee. Angriff als erste Option, ohne dabei aber die Grundlagen in der Defensivarbeit zu vergessen. Löw hat sich seit zwei Jahren seinen Stamm von Spielern ausgesucht, die nicht unbedingt die Besten der letzten Saison waren, sondern am besten in das Kollektiv und auf den für sie vorgesehenen Platz passen. Dafür gab es reichlich Kritik, selbst von Trainerkollegen aus der Liga, die ja eigentlich wissen sollten, dass Form jederzeit Klasse schlagen kann – sofern ein durchdachter Plan dahinter steckt. Vor zwei Jahren war das 4-4-2 mit Doppel-Sechs das bevorzugte Spielsystem. Über das 4-5-1 ging es fließend in das derzeitige 4-2-3-1 über, das deutlich offensiver ausgerichtet ist. Das ursprüngliche System bleibt als Schablone zurück, die man jederzeit falls nötig über die Mannschaft stülpen könnte. “Eine Rückkehr zum 4-4-2 ist immer eine Option”, sagt Löw. Auch wenn er vom erfolgreichen System derzeit bei der WM wohl ziemlich sicher nicht mehr abrücken wird. Deutschland ist flexibel, kann auf den anstehenden Gegner reagieren und auf bestimmte Spielsituationen.

Das Offensivspiel:

Seit Jürgen Klinsmann pflegt Deutschland einen anderen Stil. Allerdings war das Klinsmann-Credo noch sehr auf überfallartiges Attackieren ausgelegt – so sehr, dass ihn seine eigenen Spieler einige Male zügeln mussten, nicht zu naiv-offensiv in ein Spiel zu gehen. Löw hat schon damals die Hauptarbeit im Hintergrund gemacht und die Dinge im Laufe seiner vierjährigen Amtszeit verfeinert. Vor allem die letzten Monate waren von ganz entscheidender Bedeutung. Deutschland spielt einen präzisen, ausgeklügelten Ball. Ohne große Hektik, dafür mit jeder Menge Variationen und Kreativität. “Fußball ist ein Kopfspiel”, sagt Bayern-Trainer Louis van Gaal. Vom Niederländer scheint sich Löw in der Erschaffung und Umsetzung seiner Idee jede Menge abgeschaut zu haben. In fünf WM-Spielen hat die DFB-Elf jetzt 13 Tore erzielt, dreimal dabei vier in einem Spiel. Lediglich die Mannschaft der 70er Jahre kann der Offensivpower der heutigen Mannschaft noch das Wasser reichen. Sonst gab es in der jüngeren Geschichte keine Mannschaft, die offensiv stärker gewesen wäre.

Die Harmonie im Team:

Nach Michael Ballacks Verletzung entstand schnell ein kaum zu schließendes Machtvakuum innerhalb der Mannschaft. Die Hierarchie, die sich seit mehr als acht Jahren um Ballack herum aufgebaut hatte, krachte in sich zusammen. Die Kapitänsfrage war schnell geklärt, wenn auch mit einigen Nebengeräuschen. Aber schnell war erkennbar, dass diese Mannschaft gar keinen großen Anführer mehr braucht. Ihr reichen die fünf kleinen, “halben” Anführer aus dem Mannschaftsrat, die mehr Demokratie zulassen und mehr auf Augenhöhe mit den vielen jungen Spielern agieren, als es zuvor der Fall war. Die Älteren wurden schon Wochen vor dem Turnier nicht müde, den ausgezeichneten Zusammenhalt und die Chemie innerhalb des Kaders zu loben. Die Mannschaft von 1996 und vielleicht auch die von 1990 hatten einen ähnlichen Teamgeist – angesichts der sehr ungewöhnlichen Freizeitverhältnisse in der Einöde des Velmore Grand Hotels im südafrikanischen Niemandsland aber eine außergewöhnliche Leistung.

Das Trainerteam:

Löw hatte als Chef einige sehr brenzlige Situationen zu überstehen seit der EM 2008. Zuerst der Streit mit Ballack und Frings, die Demission Kuranyis, Ärger mit der Liga, die andauernden Personaldiskussionen und zuletzt die geplatzte vorzeitige Vertragsverlängerung. Aber er hat sich durchgesetzt, ist seinen Weg gegangen. Löw hat enorm dazugelernt in den letzten Jahren, auch im Bezug auf seinen Trainings- und Coaching-Stil. Die Mannschaft scheint auf den Punkt topfit, die Trainingssteuerung der Fitnesscoaches sitzt. Dazu kommen die Analysen von Urs Siegenthaler, der den kommenden Gegner in zahllosen kleinen Häppchen serviert und Löw sich davon in Absprache die wichtigsten Details herauspickt. In der Gesamtheit hatte der DFB nie mehr seiner so genannten Funktionäre und ein größeres Funktionsteam bei einem Endturnier dabei. Die vielen Aufwendungen scheinen sich aber bezahlt zu machen. Zumal auch hier ein Rad ins andere greift.

Die Einzelspieler:

Um es kurz zu machen: Bastian Schweinsteiger ist auf dem besten Weg, der Spieler des Turniers zu werden. Kein anderer leitet seine Mannschaft wie der Münchener, kein Xavi, kein Gerrard, kein Messi, kein Lucio. Dazu kommen in den WM-Neulingen Mesut Özil und Thomas Müller zwei Kandidaten für den besten Nachwuchsspieler des Turniers. Müller dürfte die Wahl bei sieben Scorerpunkten aus fünf Spielen längst gewonnen haben. Eine Umfrage des größten südafrikanischen Sportsenders Supersport sieht derzeit Müller mit großen Vorsprung vor Özil. Danach kommen Ayew (Ghana), Suarez (Uruguay) und dos Santos (Mexiko). Natürlich gab es ähnliche Ehrungen früher noch nicht. Der letzte, der als der wertvollste Spieler einer WM ausgelobt wurde, war Matthäus 1990. Der hatte da noch den jungen Klinsmann als aufstrebenden Star an seiner Seite.

Die Perspektive:

Auf der letzten Pressekonferenz vor dem Auftaktspiel gegen Australien machte Löw ein bisschen den Eindruck, als würde er die Mannschaft quasi schon vorbeugend für kommende Turniere groß reden. Es hörte sich so an, als würde der Bundestrainer über einen Perspektivkader reden, dem ab der EM 2012 ganz sicher die Zukunft gehöre – dann aber wohl eher nicht mehr unter seiner Regie. Jetzt schickt sich der Perspektivkader an, Weltmeister zu werden. Die jüngste DFB-Auswahl seit 76 Jahren steht in der Tat vor einer großen Zukunft. Aber wenn die Chance schon mal da ist… Verglichen mit den anderen großen deutschen Mannschaften wird dieses Team wohl noch einige Jahre mit demselben Stamm zusammenspielen können. Was das Deutschland aus 2010 aber noch von seinen Vorgängern unterscheidet: Dieses Team hat noch nichts gewonnen. Und erst Titel machen aus talentierten Mannschaften große Mannschaften.

(spox.com)

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21. Juni 2010

Paraguay vor dem Einzug ins Achtelfinale

Paraguay hat den Siegeszug der südamerikanischen WM-Teilnehmer fortgesetzt und steht vor seinem vierten Achtelfinal-Einzug. Die Mannschaft der Dortmunder Stürmer Lucas Barrios und Nelson Valdez war der Slowakei beim 2:0 (1:0) in Bloemfontein in allen Belangen überlegen und benötigt nur noch ein Unentschieden gegen Neuseeland, um sicher den Sprung in die nächste Runde zu schaffen. Der kurz vor dem Turnier eingebürgerte Barrios lieferte mit einem Traumpass die Vorlage zum Führungstor durch Enrique Vera (27.). Cristian Riveros (86.) stellte mit einem Schuss von der Strafraumgrenze den Endstand her.

Wieder kein Sieg für den Weltmeister

Weltmeister Italien hat auch das zweite Vorrundenspiel der Gruppe F nicht gewinnen können. Die Azzurri kamen gegen Underdog Neuseeland nicht über ein 1:1 (1:1) hinaus. Vor rund 35.000 Zuschauer im Mbombela-Stadion in Nelspruit brachte Shane Smeltz den krassen Außenseiter früh in Führung (7.). Vincenzo Iaquinta glich per Foulelfmeter zum 1:1 aus (29.), Tommy Smith hatte Daniele De Rossi im Strafraum am Trikot gezogen. Italien und Neuseeland liegen damit mit zwei Punkten auf Platz zwei der Gruppe F, Paraguay liegt mit vier Zählern in Front. Im letzten Spiel trifft Italien auf die Slowakei.

Brasilien zieht ins Achtelfinale ein

Brasilien hat sich durch ein 3:1 (1:0) über die Elfenbeinküste als zweites Team für das WM-Achtelfinale qualifiziert. Die Tore für den fünfmaligen Weltmeister erzielten Luis Fabiano (25./51.) und Elano (62.). Didier Drogba traf für die Ivorer zum Anschluss (79.). Vor 84.490 Zuschauern in der ausverkauften Soccer City in Johannesburg war die Selecao der Elfenbeinküste spielerisch klar überlegen. Dem 2:0 ging allerdings ein klares Handspiel von Fabiano voraus. In der Schlussphase wurde das Spiel hart: Erst musste Elano nach einem Foul von Tiote mit einer Schienbeinverletzung vom Platz getragen werden, später ließ sich Selecao-Spielmacher Kaka zu einer Tätlichkeit hinreißen und musste mit Gelb-Rot vom Platz (88.).

(spox.com)

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