12. Juli 2010
Spanien ist am Ziel! Der Europameister von 2008 schnappt sich auch den WM-Titel. Obwohl das Finale von Johannesburg auf ganz schwachem Niveau stattfand, sah es mit Spanien den verdienten Sieger. Iniesta nutzte seine Chance in der 116. Minute und schoss die Iberer zum ersten Weltmeisterschaftstitel in ihrer Geschichte.
Der niederländische Trainer Bert van Marwijk stellte nach dem 3:2 gegen Uruguay seine Startformation auf zwei Positionen um: Van der Wiel ersetzte wieder Bouhlarouz und de Jong spielte für de Zeeuw – im Halbfinale war das Duo gelbgesperrt.
Spaniens Coach Vicente del Bosque dagegen brachte im Vergleich zum 1:0 gegen Deutschland die selbe Startelf. Beide Finalmannschaften traten in der identischen taktischen Formation an, nämlich im 4-2-3-1-System.
Das Spiel begann mit einer flotten Anfangsviertelstunde, vor allem von Seiten der Spanier. Die Iberer attackierten die Niederländer schon in deren Hälfte und hätten bei Ramos’ Kopfball in der 5. Minute beinahe schon gejubelt, aber Stekelenburg rettete das zu-Null mit einer Klasse-Parade.
Oranje attackiert, La Roja verliert die Linie
Derart in Schwung bestimmte der Europameister das Geschehen: Xavi, Iniesta und Xabi Alonso zogen auch gegen die Niederländer ihr gefürchtetes Passspiel auf. Im Gegensatz zum Deutschland-Spiel im Halbfinale suchte die Marwijk-Elf allerdings den direkten Zweikampf und fand ihn auch. Dabei übertrieben es die Niederländer mehrfach, van Bommel mähte Iniesta brutal von hinten um (22.), de Jong sprang in Kung-Fu-Manier Xabi Alosno in den Brustkasten (28.). Beide Male strafte der englische Schiedsrichter Howard Webb mit Gelb – und ließ dabei große Milde walten.
Durch die zahlreichen kleineren und größeren Fouls – auch van Persie, Sergio Ramos und Puyol sahen den Gelben Karton – war auf jeden Fall Spaniens Rhythmus arg gestört, so dass nur noch Pedros Distanzschuss aus der 38. Minute für die Spanier zu Buche stand.
Die Niederländer andererseits enttäuschten speziell im Vorwärtsgang. Aus der Defensive schlug das Oranje-Team auf die einzige Spitze van Persie oder Kujt und Robben fast nur lange Bälle, doch diese kamen kaum an. Gefährlich wurde die Marwijck-Elf so nicht, da sie auch die zweiten Bälle seltenst eroberte. Allein in der Nachspielzeit fasste sich Robben ein Herz und schoss vom rechten Strafraumeck aufs kurze Eck, doch Spaniens Keeper Casillas wehrte zur Ecke ab. Am Gesamteindruck, dass die ersten 45 Minuten wenig mit einem WM-Finale gemein hatten, änderte diese Szene aber nichts.
Villa und Robben haben es auf dem Fuß
Auch die zweite Hälfte begann mit schaurigem Fußball. Die Niederlande war rein auf Zerstören aus, und die Spanier offenbarten überraschend viele kleinere Fehler. Doch in der 62. Minute blitzte dann aus dem Nichts die Genialität Sneidjers auf. Der Inter-Profi schickte Robben durch die Gasse steil, der alleine auf Casillas zusteuerte. Der Keeper wartete lange und konnte in höchster Not mit dem Fuß klären.
Danach schleppte sich das Spiel weiter, Spanien ohne Linie, die Niederlande ohne den Ehrgeiz, nach vorne zu spielen. Es blieb ein zerfahrenes Duell, in dem die Defensivreihen dominierten. Allerdings nicht in der 69. Minute, als Heitinga im eigenen Fünfer über den Ball trat und Villa nur noch einschieben musste, doch der spanische Goalgetter traf nur Heitingas Bein. Ein weiterer Aufreger war Sergio Ramos’ Kopfstoß nach einer Ecke, als er mutterseelenallein drüberköpfte (78.).
Apropos Aufreger: Bei einem Zweikampf zwischen Iniesta und van Bommel stieg der Niederländer dem Spanier erst auf den Fuß, dann revanchierte sich Iniesta ohne Ball, doch beide durften ohne Strafen weitermachen. Kurz darauf wäre van Marwijks Plan beinahe aufgegangen, denn nach einem Befreiungschlag verlängerte van Persie in den Lauf von Robben. Der Bayern-Spieler lief Puyol davon, der leicht an Trikot zupfte, doch dann scheiterte der Niederländer wieder am herausstürzenden Casillas (83.).
Verlängerung startet mit Elfmeter-Szene
Kurz nach dem Beginn der Verlängerung stand erneut Schiedsrichter Webb im Fokus, als er Heitingas Attacke gegen Xavi als nicht-elfmeterwürdig beurteilte (92.). Kurioserweise wurde das Spiel nun flotter. Der eingewechselte Fabregas wurde von Iniesta wunderbar freigespielt, doch der Arsenal-Profi scheiterte freistehend an Keeper Stekelenburg (95.). Sekunden später hatte Mathijsen zum Held werden können, doch sein Kopfball ging nach Robbens Ecke knapp drüber (96.).
Iniesta schießt Spanien zum ersten WM-Titel
Im zweiten Abschnitt der Verlängerung musste dann doch der erste bereits verwarnte Niederländer frühzeitig zum Duschen. Heitinga zerrte den durchgebrochenen Iniesta an der Schulter und sah dafür die Ampelkarte (109.). In den verbleibenden Minuten versuchte Spanien die nummerische Überzahl doch noch zu nutzen und wurde spät belohnt: Fabregas sah den frei stehenden Iniesta, der mit einem wuchtigen Schuss aus zehn Metern ins lange Eck die Entscheidung herbeiführte (116.) – die Iberer sind erstmals in ihrer Historie Fußball-Weltmeister.
Die Niederländer dagegen verlieren nach 1974 (1:2 gegen Deutschland) und 1978 (1:3 gegen Argentinien) auch ihr drittes WM-Finale.
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11. Juli 2010
Die deutsche Nationalmannschaft beendet die Weltmeisterschaft in Südafrika auf Rang drei. Nach einem temporeichen Schlagabtausch gegen Uruguay setzte Khedira per Kopf den Schlusspunkt und drehte die Partie, in der die Südamerikaner zwischenzeitlich 2:1 geführt hatten. Thomas Müller und Jansen hatten für die weiteren Treffer einer aufopferungsvoll kämpfenden DFB-Auswahl gesorgt, die wie 2006 die Endrunde als Dritter abschließt.
Bundestrainer Joachim Löw gab im Vergleich zum 0:1 im Halbfinale gegen Spanien wegen dem Ausfall des eigentlich vorgesehenen Wiese (Schleimbeutelentzündung) Bayern-Schlussmann Butt für Stammkeeper Neuer Gelegenheit zu seinem ersten WM-Einsatz überhaupt. Er musste sowohl auf die grippekranken Lahm und Podolski als auch Klose (Rückenbeschwerden) verzichten und tat dies freiwillig in Bezug auf Trochowski (Bank). Aogo, Jansen, Müller nach abgelaufener Gelbsperre sowie Cacau rückten in die Startelf.
Uruguay Coach Oscar Tabarez brachte nach dem 2:3 gegen die Niederlande drei Neue: Kapitän Lugano hatte seine Kniebschwerden auskuriert, Fucile seine Gelb- und Suarez seine Rotsperre abgesessen. Gargano, Victorino und Alvaro Pereira nahmen auf der Bank Platz.
Trotz der vielen Änderungen im Team begann die DFB-Auswahl in Port Elizabeth beherzt und setzte Uruguay unter Druck. Dank Müller zappelte der Ball auch früh im Netz, doch der vermeintliche Torschütze stand zuvor im Abseits. Uruguay antwortete mit zwei Forlan-Freistößen, das deutsche Team behielt aber das Heft mit schnellem Direktspiel in der Hand. Glück hatte Uruguay in der zehnten Minute, als ein Friedrich-Kopfball nach einer Ecke am Querbalken landete.
Die Südamerikaner versuchten über Kampf ins Spiel zu finden, konnten die beiden Torjäger Forlan und Suarez – die bei Mertesacker und Friedrich zunächst gut aufgehoben waren – nicht entscheidend in Szene setzen. Deutschland trat weiter mutig auf, setzte mehr Akzente und wurde nach knapp 20 Minuten belohnt. Torwart Muslera ließ einen Schweinsteiger-Knaller aus 30 Metern nach vorne abprallen, Müller war mit seinem fünften Turniertor zur Stelle.
Die DFB-Elf hatte alles im Griff und ließ Uruguay nicht zur Entfaltung kommen. Die “Celeste” kam aber dennoch in der 28. Minute zum überraschenden Ausgleich. Perez luchste Schweinsteiger den Ball ab, die aufgerückte Abwehr wurde durch den Pass auf Suarez ausgehebelt. Der bediente Cavani – 1:1!
Bei strömendem Regen versuchte das Team von Joachim Löw in der Folge immer wieder über Özil das Spiel in die Spitze zu forcieren – ohne Erfolg. Gegen die bissige Defensive der Südamerikaner fehlten der finale Pass und das Durchsetzungsvermögen in den Zweikämpfen. So kreierte die DFB-Elf kaum Chancen und hatte Glück, dass Cavani nach einem Konter zu Unrecht zurückgepfiffen wurde (39.) und Suarez bei einem schnellen Gegenstoß den Ball frei vor Butt nicht im Tor unterbrachte (43.).
Unverändert ging es in die zweite Halbzeit, auch am Spiel selbst änderte sich wenig. Deutschland hatte ein optisches Übergewicht, fand aber nachwievor gegen die resoluten Uruguayer kein probates Mittel, um zu Torchancen zu kommen. Zu umständlich agierte die DFB-Elf, wie es gehen kann zeigte der Weltmeister von 1930 und 1950. Konnte Butt noch die Doppelchance durch Cavani und Suarez vereiteln, so war er bei Forlans Volley-Aufsetzer nach einer schönen Kombination machtlos (51.). Die Antwort ließ dank eines Fehlers von Muslera nicht lange auf sich warten. Jansen nickte eine weite Flanke Boatengs, die der Torwart unterlaufen hatte, zum 2:2 ins Tor (56.).
Es blieb ein offener Schlagabtausch. Beide Teams hielten das Tempo hoch und suchten die Entscheidung. Özil verdribbelte sich bei einem Konter (58.), Cacau hatte das Visier zu hoch eingestellt (71.) und Kießling scheiterte am gut reagierenden Muslera. Auf der anderen Seite musste Butt bei einem Schuss von Suarez ebenso sein ganzes Können aufbieten wie bei dem Versuch Forlans aus spitzem Winkel (65.).
In der 83. Minute landete der Ball dann doch im Tor – in dem der Tabarez-Elf! Nach einer Ecke brachte Uruguay den Ball nicht aus der Gefahrenzone, Khedira sorgte mit einer Kopfball-Bogenlampe für das 3:2 – die Entscheidung. Forlan setzte in der Nachspielzeit einen Freistoß zwar noch an die Latte, Deutschland ist aber letztlich verdienter WM-Dritter. Die DFB-Elf, die bei der Endrunde zu überzeugen wusste, bestreitet bereits am 11. August ein Freundschaftsspiel in Kopenhagen gegen Dänemark.
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9. Juli 2010
Die Bewässerungsanlage des Rasens hat längst ihren Dienst aufgenommen, das Moses-Mabhida-Stadions von Durban ist schon fast menschenleer. Oben, unter dem Dach der Arena, stehen noch ein paar Spanier und schwenken beglückt ihre rot-gelben Fahnen. Und unten auf der Trainerbank sitzt Per Mertesacker. Eine halbe Ewigkeit sitzt er dort, neben ihm hat Oliver Bierhoff Platz genommen, der Teammanager der Nationalmannschaft, und leistet Beistand. Hin und wieder tauschen sie ein paar Worte aus. Und starren ansonsten ins Leere. Eine Stunde später kommt Per Mertesacker aus der Kabine. Der lange Verteidiger wankt mehr, als dass er geht, eine Wasserflasche hat er in der Hand und nimmt ab und zu einen Schluck. Zwischendrin versucht er Worte für das zu finden, was er nicht begreifen kann: dass Deutschland gegen Spanien mit 0:1 verloren und den Einzug ins Endspiel auch bei dieser Weltmeisterschaft verpasst hat. “Wir sind ans Limit gestoßen”, sagt er, “wir haben es wieder nicht geschafft, im entscheidenden Moment unsere beste Leistung zu zeigen.”
Wie vor vier Jahren in Deutschland ist die DFB-Auswahl auch bei der WM in Südafrika kurz vor dem großen Ziel gescheitert. Dramatisch war sie damals, die 0:2-Niederlage gegen Italien in Dortmund, wo die beiden Gegentreffer erst in den allerletzten Minuten der Verlängerung fielen. Unspektakulär war der Spielverlauf dieses Mal – die Spanier waren von der ersten Minute an das eindeutig bessere Team. Also gibt es hinterher kein verzweifeltes Schluchzen und Weinen – dafür aber ist die Ernüchterung umso größer.
Die Spanier haben ihr Spiel weiter perfektioniert
Die Deutschen hatten geglaubt, sie seien ganz nahe herangerückt an die spanischen Großmeister des Kurzpassspiels, die für den Bundestrainer Joachim Löw das Vorbild sind. Sein Team hatte gegen England und Argentinien überragende Leistungen geboten und gehofft, nun auch dem ganz großen WM-Favoriten auf Augenhöhe begegnen zu können. Dann allerdings mussten die Spieler erkennen, dass Spanien eben doch noch eine Nummer zu groß ist, so wie es auch im EM-Finale 2008 in Wien der Fall gewesen war.
“Wir haben den Abstand verringert”, sagt der Kapitän Philipp Lahm und verweist auf die beiden Torchancen von Mesut Özil vor und Toni Kroos nach der Pause, die beim Stand von 0:0 das Spiel in eine andere Richtung hätten lenken können. Eine Standardsituation benötigten die Spanier danach, um durch den brachialen Kopfball von Carles Puyol zum Siegtreffer zu kommen. “Das macht es besonders bitter”, sagt der Assistenztrainer Hansi Flick.
All das ändert aber nichts daran, dass der Europameister auch diesmal als hochverdienter Sieger das Feld verließ. Deutschland hat seit 2008 große Fortschritte gemacht. Doch sind auch die Spanier nicht stehen geblieben und haben ihre Kunst seither noch weiter perfektioniert. Sie mögen bei der WM bis zum Halbfinale nur das Nötigste getan und nicht geglänzt haben. Dann aber boten sie ihre mit Abstand beste Leistung und erteilten dem Gegner Anschauungsunterricht.
“Der Mut und die Überzeugung haben gefehlt”
Sehr anschaulich beschreibt Miroslav Klose die Spielweise der Spanier, die jeden Gegner vor fast unlösbare Probleme stellt. “Wenn sie im Ballbesitz sind, rennt man vom einen zum nächsten, versucht in die Zweikämpfe zu kommen – und kommt doch fast immer zu spät. Da läuft der Ball hin und her, und man muss dauernd hinterherlaufen, um die Löcher zu schließen”, sagt der Stürmer, “und wenn man dann mal selbst an den Ball kommt, hat man nicht mehr die Kraft und die Frische, um eigene Akzente und Konter zu setzen.”
Die Spanier seien “reifer” gewesen, sagt Mertesacker, sie würden ja auch schon seit Jahren zusammenspielen. “Woher soll das bei uns kommen?” Natürlich hat er recht. Was die deutsche Mannschaft bei dieser WM geleistet hat, ist viel mehr als ihr die meisten zugetraut hatten. Sie ist so schnell gewachsen, dass man glaubte, sie sei auch schon in der Lage, die Spanier zu schlagen.
Die Spieler hatten vor der Partie selbst daran geglaubt – doch dann “haben uns der Mut und die Überzeugung gefehlt”, sagt Lahm. Man müsse “akzeptieren, dass es nicht ewig nach oben geht mit so einer jungen Mannschaft, die erst seit sieben Wochen zusammen ist”, sagt Joachim Löw. Höher als den dritten Platz bei der WM 2006 stuft Oliver Bierhoff schon jetzt die deutschen Leistungen bei dieser WM ein. “Wir hatten hier nicht die Unterstützung, den Schwung aus der Heimat”, sagt der Manager, “die Mannschaft war noch unerfahrener, sie ist jünger und hatte noch weniger Zeit, sich zu finden.” Insofern sei die Leistung “etwas größer als vor vier Jahren”.
Die große Zeit dieser Mannschaft wird noch kommen
Was bleibt ist die Hoffnung auf die Zukunft, auf den nächsten Anlauf beim nächsten Turnier. Die große Zeit dieser Mannschaft werde noch kommen, davon sind alle überzeugt. “Wir haben die Chance, in den nächsten Jahren ganz oben mitzuspielen”, sagt Philipp Lahm, “wenn wir so weitermachen, haben wir eine große Zeit vor uns.” Doch im Moment ist dies nur ein schwacher Trost. Auch der Kapitän weiß: “Man hat nicht bei jeder WM die Möglichkeit, ins Finale zu kommen.”
In der Nacht um drei kehrt der deutsche Tross aus Durban ins Teamhotel nach Pretoria zurück. Wie üblich ist ein reichhaltiges Buffet vorbereitet. Doch diesmal bedient sich fast niemand, und auch auf das Feierabendbier verzichten die meisten Spieler. Sie machen sich schnell auf den Weg in ihre Zimmer, sie wollen allein sein mit sich und ihrer Enttäuschung.
Sie haben auch keine Lust, sich nach der Rückkehr in die Heimat am Brandenburger Tor in Berlin den Fans zu präsentieren, so wie nach den vergangenen beiden Turnieren. Diesmal begeben sich die Spieler auf direktem Wege in den Urlaub. “Es wäre unpassend, sich zwei Tage nach dem Spiel um Platz drei feiern zu lassen”, sagt Lahm.
Eine letzte Pflicht steht in Südafrika noch bevor, das kleine Finale gegen Uruguay am Samstag Abend in Port Elizabeth. Einige Reservisten wie Serdar Tasci und Dennis Aogo werden dann zum Einsatz kommen, als Belohnung für die gute Trainingsarbeit. Mit Anstand und am besten mit einem Sieg wollen sich die Deutschen verabschieden, ehe sie am Sonntagabend in den Flieger steigen, der sie zurück in die Heimat bringt. Wenn in Johannesburg der neue Weltmeister gekürt wird, hat das deutsche Team das Land schon verlassen.
(STZ online)
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8. Juli 2010
Der Traum vom vierten Stern auf der Brust des DFB-Trikots ist ausgeträumt! Deutschland unterlag wie schon beim EM-Finale vor zwei Jahren einer überlegenen spanischen Mannschaft mit 0:1 und muss sich nun mit dem Spiel um Platz drei zufrieden geben. Die “Furia Roja” darf sich dank des ersten WM-Sieges gegen eine deutsche Mannschaft weiter Hoffnungen auf den ersten Titelgewinn der Geschichte machen.
In der Neuauflage des Europameisterschaftsendspiels von 2008 wechselten beide Trainer jeweils einmal. Bundestrainer Joachim Löw brachte Trochowski für Müller, der sich bei der 4:0-Galavorstellung gegen Argentinien seine zweite Gelbe Karte eingefangen hatte und somit gesperrt fehlte.
Vicente del Bosque, der Coach der Spanier, hingegen hatte die Qual der Wahl, entschied sich aber nach dem 1:0-Viertelfinalerfolg über Paraguay, den zuletzt formschwachen Torres auf die Bank zu setzen und Flügelspieler Pedro den Vorzug zu geben. David Villa rückte dadurch ins Sturmzentrum der “Furia Roja”.
Deutschland fand zunächst ganz schlecht in die Partie. Die zuletzt so befreit aufspielenden Löw-Schützlinge standen von Beginn an sehr tief und überließen weite Teile des Feldes den Iberern, die iherseits ihr so gewohntes und gefürchtetes Passspiel aufzogen. Dank ihrer Ballstafetten setzten sich die Spanier rasch in der deutschen Hälfte fest und wären nach einem Traumpass von Pedro fast früh in Führung gegangen. Neuer erwies sich als guter Rückhalt und rettete gegen David Villa (7.). Dass die Iberer nicht nur aus dem Spiel heraus gefährlich sind, zeigten sie in der 14. Minute, als nach einem Eckball Puyol aus fünf Metern unbedrängt über das Tor köpfte.
Auf der Gegenseite gelang dem dreimaligen Weltmeister offensiv zunächst überhaupt nichts. Die seltenen Momente, in denen die deutsche Auswahl den Ball in den eigenen Reihen hatte, fanden aufgrund einer hohen Fehlpassquote ein jähes Ende. Allerdings stand die Defensive der DFB-Auswahl durchaus sicher. Bis auf eine Direktabnahme von Sergio Ramos, die nach 20 Minuten über das Tor rauschte, konnten die feldüberlegenen Spanier Neuer lange Zeit nicht in Bedrängnis bringen.
Chancen waren in dem Match absolut rar. Deutschland war nahezu vollständig in der eigenen Abwehr beschäftigt, während die “Furia Roja” keinen Weg in den gegnerischen Sechzehner fand. Xabi Alonso versuchte es dann eben aus der Distanz, sein 30-Meter-Schuss ging jedoch vorbei (31.). Eine Minute später folgte der erste nennenswerte Torschuss der deutschen Nationalelf. Bei einem Konter über rechts prüfte Trochowski Casillas mit einem tückischen Flachschuss aus 30 Metern.
Erst in der Nachspielzeit der ersten Hälfte wurde es erneut interessant. Zuerst kam Özil nach Zuspiel von Klose bei einem Konter an der Strafraumgrenze im Zweikampf mit Sergio Ramos zu Fall. Der Bremer Spielmacher forderte Elfmeter, den ihm der ungarische Referee Viktor Kassai jedoch verwehrte. Im direkten Gegenzug hielt Neuer gegen Pedros Fernschuss das 0:0 zur Pause fest.
Deutschland wehrt sich tapfer gegen dominante Spanier
Ohne personelle Wechsel ging es nach dem Seitenwechsel weiter, dafür mit einer etwas mutigeren deutschen Mannschaft, die sichtlich darum bemüht war, mehr nach vorne zu machen. Das gefälligere Team blieb aber der Europameister, der sich durch Xabi Alonso (49., 50.) dem gegnerischen Tor näherte. Löw reagierte und brachte den offensiveren Jansen für den bis dato sehr zurückhaltenden Boateng ins Spiel.
Es war dann aber nicht die deutsche Mannschaft, die eine Schippe drauf legte, sondern die Spanier. War Villas angeschnittener Schuss noch relativ harmlos (55.), folgten danach einige Schrecksekunden für die Löw-Elf. Zuerst wehrte Neuer einen fulminanten Pedro-Schuss aus der zweiten Reihe nach vorne ab. Den Abpraller schnappte sich Iniesta, der sich in den Sechzehner hinein dribbelte, um dann zu scharf in die Mitte zu flanken (59.). Nur eine Minute danach forderte Pedro erneut Neuer heraus – auch diesmal behielt der Schalker Schlussmann die Oberhand. Auf der Gegenseite gab Klose per Direktabnahme, die über das Tor sauste, ein Lebenszeichen für Deutschland ab (61.).
Die Iberer dominierten zweifelsohne, allerdings ließen sie ein wenig den Zug zum Tor vermissen. So hatte dann auch die deutsche Mannschaft im zweiten Durchgang bis dahin beste Möglichkeit. Einmal wurde über Podolski schnell gespielt, der von links ans lange Eck zum mittlerweile eingewechselten Kroos flankte. Der Leverkusener hatte freie Bahn, scheiterte jedoch am glänzend reagierenden Casillas (70.).
Kroos vergibt, Puyol nicht
Kurz darauf war es dann passiert! Xavi zwirbelte eine Ecke von links in die Mitte, wo sich Puyol hochschraubte und aus zehn Metern wuchtig ins linke Eck am chancenlosen Neuer ins Tor köpfte (73.). Deutschland musste nun kommen, tat dies auch. Allerdings rannten sich die Löw-Schützlinge meist in der nun tiefer stehenden spanischen Deckung fest. Die Iberer ihrerseits spekulierten auf Konter über ihren schnellen Villa, der jedoch an diesem Abend kaum Akzente setzen konnte und in der Schlussphase schließlich durch Torres ersetzt wurde. Und der Liverpooler hätte die Entscheidung herbeiführen können, wäre Pedro nicht zu eigensinnig gewesen. Der Flügelspieler war bei einer Zwei-gegen-eins-Situation zu ballverliebt und passte nicht zum völlig freistehenden Torres, ehe Kroos die brenzlige Situation klärte (83.).
Das hätte sich rächen können, doch die “Furia Roja” war in den letzten Minuten abgezockter und brachte den knappen Sieg letztlich souverän über die Runden. Spanien kann nun am Sonntag im WM-Finale gegen die Niederlande zum ersten Mal Weltmeister werden und damit nach der gewonnen Europameisterschaft vor zwei Jahren das Double perfekt machen. Doch auch die Holländer werden auf den Titel aus sein und sich sicherlich etwas ausrechnen. Eines ist dabei sicher, auf jeden Fall wird es einen neuen Titelträger geben.
Für Deutschland geht es wie schon bei der Heim-WM vor vier Jahren nun ins Spiel um Platz drei. Am Samstag wartet das Überraschungsteam aus Uruguay auf die Löw-Schützlinge.
(kicker.de)
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7. Juli 2010
Deutschland kämpft gegen Spanien um den Einzug ins WM-Finale und kann sich gleichzeitig für das verlorene EM-Finale 2008 revanchieren. Die Spanier haben das beste Mittelfeld der Welt, ihren Kaiser in der Abwehr und einen Heiligen im Tor.
Manuel Neuer vs. Iker Casillas
Wo Casillas schon ist, will Neuer hin. Casillas gehört zu den drei besten Torhütern des Planeten. Trotzdem stand er schon vor der WM etwas in der Kritik und leistete sich zu Beginn des Turniers einige Unsicherheiten (SPOX-Durchschnitts-Note 3,2). Machte mehr Schlagzeilen wegen seiner Beziehung zur Chefinterviewerin eines spanischen Privatsenders, Sara Carbonero, als wegen sportlicher Heldentaten. Zeigte aber gegen Paraguay mit einem gehaltenen Elfmeter und einer starken Rettungstat kurz vor Schluss gegen Santa Cruz, warum sie ihn in Spanien “San Iker” (Heiliger Iker) nennen. Trotz seiner durchwachsenen WM hat Spanien erst zwei Gegentore kassiert. Ebenso wenige wie die deutsche Mannschaft. Neuer spielt – vom Fehler gegen England abgesehen – ein starkes Turnier und machte auch gegen Argentinien einen sehr sicheren Eindruck.
Per Mertesacker/Arne Friedrich vs. Fernando Torres
Mertesacker kommt pünktlich zum Endspurt in Form und ruft von Spiel zu Spiel bessere Leistungen ab. Gegen Argentinien umsichtig im Stellungsspiel und souverän im Zweikampf. Bei Friedrich hat man sich an diese Eigenschaften in den letzten Wochen ohnehin gewohnt. Erzielte gegen Argentinien im 77. Länderspiel sogar sein erstes Tor. Und wer gegen Argentiniens Traumsturm so gut wie keine Chance zulässt, muss sich auch vor Torres nicht fürchten – zumindest vor dem aktuellen Torres (SPOX-Note 4,6).
El Nino ist nach zwei Meniskusoperationen in diesem Jahr außer Form, ihm fehlen Schnelligkeit, Durchsetzungsvermögen und Abschlussstärke. Alles Attribute, die ihn zum Siegtorschützen des EM-Finals 2008 machten. Trotzdem hielt Trainer Vicente Del Bosque an ihm fest. Könnte im Halbfinale aber zugunsten eines weiteren Mittelfeldspielers geopfert werden. Dann würde David Villa ins Sturmzentrum rücken. Eine ungleich größere Herausforderung für das deutsche Abwehrduo.
P. Lahm/P. Trochowski oder T. Kroos vs. J. Capdevila/D. Villa
Zum zweiten Mal muss Joachim Löw seine Offensive umbauen. Nachdem Miroslav Klose beim abschließenden Gruppenspiel gesperrt fehlte, muss nun der überragende Thomas Müller zuschauen. Als erster Ersatzmann fühlt sich wohl Trochowski, der noch in den Vorbereitungsspielen gegen Malta, Ungarn und Bosnien-Herzegowina in der Startelf stand. Aber: Er fühlt sich auf rechts überhaupt nicht wohl, fiel da schon in der Bundesliga beim HSV durch.
Auch Kroos ist auf links beheimatet und hat auf rechts so gut wie keine Erfahrung. Egal wer aufläuft, das deutsche Spiel wird ohne Müller ein anderes sein. Trochowski und Kroos wollen den Ball lieber in den Fuß als in die Tiefe, im Vergleich zu Müller fehlt es ihnen an Geschwindigkeit und Zug zum Tor.
Das kommt Capdevila (SPOX-Note 3,4) zugute. Der 32-Jährige ist das kleinste Licht im spanischen Starensemble und nicht mehr der Allerschnellste. Noch mehr als in den letzten Spielen wird es auf Lahm ankommen, seinen Vordermann zu unterstützen und so Überzahl zu schaffen. Denn Villa, der als zweite Spitze einen verkappten Linksaußen gibt, lässt Capdevila in der Defensive oft allein. Der Außenverteidiger muss dann von einem Mittelfeldspieler unterstützt werden, was Räume im Zentrum öffnet.
Villa darf sich diesen Luxus erlauben, um Kräfte für sein Offensivspiel zu schonen und bei Ballgewinn als Anspielstation zu dienen. Sobald “el guaje” (der Bursche) Platz hat, ist er kaum noch zu bremsen. Er ist schnell, dribbelstark und sicher im Abschluss. Lahm ist allerdings für seine Stärke im Eins-gegen-eins bekannt und passt auch körperlich hervorragend zu Villa (SPOX-Note 2,6).
Mit seiner wuseligen Art wäre er für Mertesacker und Friedrich im Zentrum schwieriger zu verteidigen. Villa erzielte fünf der sechs spanischen WM-Treffer und schickt sich an, als erster Spieler nach Gerd Müller (1970, 1972) bei zwei aufeinanderfolgenden Welt- und Europameisterschaften Torschützenkönig zu werden. Ist einer von diesen “mehreren Messis”, die Löw bei den Spaniern geortet hat.
Jerome Boateng/Lukas Podolski vs. Sergio Ramos
Zahlenmäßig ein deutliches Mismatch. Ramos (SPOX-Note 3,4) wird wegen seiner Frisur und dem dazugehörigen Stirnband auch Tarzan genannt. Da Spanien – anders als bei der EM 2008 – ohne echte offensive Flügelspieler agiert, dafür aber vier zentrale Mittelfeldspieler aufbietet, ist Ramos auf seiner rechten Seite eine Art Einzelkämpfer. Iniesta, der auf dem Papier auf rechts vorgesehen ist, treibt sich vielmehr im Zentrum vor, hinter und neben Xavi herum.
Also ist es an Ramos, über die Seite Druck nach vorne zu entwickeln. Auch wenn er seine dynamischen, manchmal aber auch blindlings vorgetragenen Vorstöße etwas gezügelt hat, bietet seine nach vorne ausgerichtete Spielweise Lücken, die für Podolski zu gern gesehenen Einladungen werden könnten. In der Defensive ein knallharter und kompromissloser Zweikämpfer. Trägt nicht umsonst den Spitznamen Sergio Rambo. Gehört sicher nicht zu Spaniens Messis. Bei Standards als wuchtiger Kopfballspieler immer gefährlich.
Sollte sich Del Bosque aber doch dazu entscheiden, auf Torres zu verzichten und einen weiteren Mittelfeldspieler zu bringen, würde die Entscheidung wohl zwischen David Silva und Pedro fallen. Beide sind klassische Außenspieler und könnten mit ihrer Dribbelstärke und Geschwindigkeit Druck auf Boateng ausüben. Der offenbarte sowohl gegen Ghana als auch gegen England und Argentinien Schwächen im Eins-gegen-eins.
Bastian Schweinsteiger/Sami Khedira vs. Xavi/Andres Iniesta
Die nächsten Messis der Spanier. Xavi und Iniesta sind Herz und Hirn des FC Barcelona und auch der Nationalmannschaft. Xavi (SPOX-Note 3,0) bestimmt Rhythmus und Geschwindigkeit des Spiels und ist bisher der laufstärkste Spieler der Spanier (52,9 km). Iniesta (SPOX-Note 2,5) ist der Umschaltkasten des spanischen Spiels. Iniestas Ex-Trainer Frank Rijkaard sagte einmal, dass er Pässe wie Bonbons verteilt. Er erhöht das Tempo und leitet den Ball Richtung Tor. So leitete der 26-Jährige auch die Treffer gegen Portugal und Paraguay ein.
Um Spaniens Passkreisel zu stoppen, muss man Xavi und Iniesta so weit wie möglich aus dem Spiel nehmen. Schweinsteiger ist bisher der beste Mittelfeldspieler des Turniers und genauso wie Khedira noch knapp vier Kilometer mehr gelaufen als Xavi. Es ist die Aufgabe des Mittelfeldduos, die Passwege der Spanier zuzustellen und Druck auf die spanischen Strategen auszuüben. Khedira hat seine Rolle im Laufe des Turniers gefunden und seine Vorstöße reduziert. Auch gegen Spanien wird er zuerst in der Defensive gefordert sein, um Schweinsteiger den Rücken freizuhalten, damit dieser seine Fähigkeiten in der Spieleröffnung ausspielen kann.
Mesut Özil vs. Xabi Alonso/Sergi Busquets
Özil war gegen Argentinien nicht ganz so brillant wie gegen England, war für die Albiceleste in vielen Fällen trotzdem zu schnell. Allerdings hatten beide Mannschaften nur einen echten defensiven Mittelfeldspieler auf dem Platz. Gegen Spanien muss sich Özil mit zwei Defensiven auseinandersetzen, wobei Barca-Spieler Busquets (SPOX-Note 3,0) den etwas defensiveren Part ausfüllt. Der 21-Jährige ist eine Mischung aus seinem Kollegen Xavi und seinem Klubtrainer Pep Guardiola. Busquets ist extrem ballsicher, elegant im Aufbauspiel und mit einem guten Gespür für den Raum ausgestattet. Allerdings fehlt ihm im Vergleich zu Özil die Spritzigkeit. Xabi Alonso (SPOX-Note 3,4) ist der Spielmacher von hinten heraus, der sich je nach Bedarf nach vorne schiebt oder zurückfallen lässt. Nur Xavi hat bei der WM mehr Pässe gespielt als der Mittelfeldstratege von Real Madrid. Özil muss gegen Spanien mehr mit nach hinten arbeiten als in den Spielen zuvor, damit Schweinsteiger und Khedira gegen Xavi, Iniesta und Xabi Alonso nicht in Unterzahl geraten.
Miroslav Klose vs. Carles Puyol/Gerard Pique
Während Villa noch auf Müllers Fersen ist, hat Klose den Bomber mit 14 WM-Toren schon eingeholt. Einen Treffer braucht Klose noch, um sich neben Ronaldo zum besten WM-Torschützen aller Zeiten zu machen. Puyol und Pique sind aber das qualitativ beste Verteidigerduo, mit dem es die deutsche Elf bisher zu tun hatte. Die Barca-Verteidiger kennen sich aus dem Verein bestens, sind daher sehr gut abgestimmt und ergänzen sich ideal.
Puyol (SPOX-Note 3,2) ist der robuste Zweikämpfer und Zerstörer. Der Zahn der Zeit hat aber auch am mittlerweile 32-Jährigen genagt. Schon in der abgelaufenen Saison ließ er die gewohnte Souveränität und die nötige Schnelligkeit oft vermissen. Der gleichaltrige Klose ist noch deutlich spritziger.
Pique (SPOX-Note 2,8) ist der elegantere Abwehrspieler. Er kann die meisten Situationen spielerisch lösen und ist extrem abgeklärt. Spielt sehr gute Bälle in der Spieleröffnung, geht auch gerne selbst mit Tempo tief in die gegnerische Hälfte und wird wegen seiner Spielweise in Anlehnung an Franz Beckenbauer auch Piquenbauer genannt. Verschuldete gegen Paraguay durch ungewohnt plumpes Abwehrverhalten aber einen Elfmeter. Auch das lässt Klose vom Rekord träumen.
(spox.com)
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