4. Januar 2016

Jahresrückblick 2015: Juli bis September

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Trikotlaunch im Robert-Schlienz-Stadion

Die Saisonvorbereitung begann mit großem Tam-Tam am 29.06. im Robert-Schlienz-Stadion. Der offizielle Trikot-Launch lockte knapp 4.000 Neugierige auf den Wasen an einem brütend warmen Tag. Das Geheimnis um die neuen Trikots, die nach mehr als 40 Jahren endlich wieder den traditionellen durchgängigen Brustring aufweisen, wurde endlich gelüftet, und man muss durchaus sagen, dass alle drei Trikots wirklich gut gelungen sind. Das Training glich einem Showtraining mit der Vorstellung einiger Neuen, die Nationalspieler freilich, die bis weit in den Juni hinein Länderspiele zu absolvieren hatten, fehlten noch.

Schon vorher stand die mit Spannung erwartete Pressekonferenz mit Alexander Zorniger an, der sich erstmals über seine anstehende Trainertätigkeit beim VfB äußerte. Er machte einen äußerst motivierten Eindruck und ihm war anzumerken, dass er mit Elan und Vorfreude an diese schwierige Aufgabe herangeht, um den VfB mittel- und langfristig aus der Talsohle herauszuholen.

Fürs Tor rief er einen offenen Konkurrenzkampf aus, und klärte auf, während der Vorbereitung zwei Systeme einstudieren zu wollen, er lobte die vorhandene Offensivabteilung und versprach in der so anfälligen Defensive die Hebel ansetzen zu wollen. Er freue sich, nicht nur weil er in der Heimat sei, sondern auch, weil er bei uns den Fußball umsetzen dürfe, für den er stehe. Personell halte man weiterhin die Augen offen, wer den VfB noch verlassen soll und auch wer dazukommen und uns sofort weiterhelfen könnte.

Zu- und Abgänge

Robin Dutt kritisierte ja bereits nach Saisonende die Kaderzusammenstellung und kündigte große Veränderungen an, bereitete die Öffentlichkeit aber auch darauf vor, dass einige Spieler da wären, „für die es keinen Markt gäbe“, so dass der Kaderumbau durchaus einige Transferperioden in Anspruch nehmen könnte.

Neben Kimmich und Ulreich, die ich bereits thematisiert habe, verließen den VfB etliche weitere Spieler während der Sommertransferperiode, die ich ohne die Chronologie des Zu- bzw. Abgangsdatums an dieser Stelle kommentiere, soweit es etwas zu kommentieren gibt.

Mohammed Abdellaoue: wechselte zurück in seine norwegische Heimat zu Vålerenga Oslo.

Er wer der Königstransfer von Fredi Bobic zur Saison 2013/2014, immerhin 3,5 Millionen Euro legte man auf den Tisch des Hauses von Hannover 96. Dafür machte er in zwei Jahren 12 Bundesligaspiele und gerade mal fünf von Anfang an, bei denen ihm ein (!) Tor gelang. Für mich bedauerlich, wie es mit ihm, der zum Schluss zu allem Überfluss auch noch mit einigen schwereren Verletzungen zu kämpfen hatte, gelaufen ist. Mo steht ein wenig für eine völlig verkorkste Transferpolitik von Fredi Bobic, der Spieler holte, weil sie zu haben waren und nicht, weil der VfB gerade eine Planstelle freigehabt hätte. Zu jener Zeit war Ibisevic unumstrittener Stamm-Mittelstürmer und Abdellaoue sollte sein Backup sein. Abgesehen davon, dass Labbadia damals ohnehin nur mit einer Spitze agieren ließ, wären sich die Spielertypen auch zu ähnlich gewesen, um beide zusammen zu bringen. Wer sich schon zu 96-Zeiten mit Abdellaoue beschäftigt hat, weiß, dass er ein sensibler Spieler ist und Vertrauen spüren muss, welches beim VfB nie vorhanden war. Man überließ ihn sich selbst, woran er schließlich verkümmerte. Ich hatte mir damals mehr von ihm erhofft, hatte er doch glänzende Zeiten zusammen mit Didier Ya Konan zu Hannoverschen Europaleague-Zeiten.

Karim Haggui: wechselte in die 2. Liga zu Fortuna Düsseldorf

Kam zur gleichen Zeit wie Abdellaoue von Hannover 96 und kam, wie Abdellaoue auch, bei den Profis nur in seiner ersten von zwei Spielzeiten überhaupt zu Einsätzen. „Stolze“ neun Einsätze hat er vorzuweisen, gerade vier davon von Anfang an. Für einen Backup ohnehin zu teuer gewesen, seinerzeit hätte man auch Benedikt Röcker fördern können, dem man einen Profivertrag gab, weil man offensichtlich von seiner Entwicklungsfähigkeit überzeugt war, um ihn kurze Zeit später abzuschieben.

Vedad Ibisevic: War lange die Lebensversicherung des VfB und schoss in 86 Spielen 33 Tore im Brustringtrikot, sein letztes datierte allerdings vom Januar 2014. Spätestens seit seiner Tätlichkeit gegen Augsburg mitten im Abstiegskampf und durch seine lustlose und foule Gangart auf dem Platz war er bei großen Teil der Fans und wohl auch der Mannschaft unten durch. Trotzdem verlängerte Bobic kurz vor seiner Entlassung seinen ohnehin fürstlich dotierten Vertrag zu verbesserten Bezügen, was der Spieler indes nicht dankte. Kurz vor Schließung des Transferfensters wurde er zur Berliner Hertha verliehen, der VfB zahlt nach Medienberichten dennoch jährlich weiterhin 1,4 Millionen Euro seines Gehalts und das noch bis zum Vertragsende 2017. Ein Geschäft, das man zu diesen Konditionen nicht hätte eingehen dürfen, hat man doch in Ginczek nur einen (verletzungsanfälligen) Stoßstürmer im Kader, außerdem machte Ibisevic während der Sommervorbereitung einen guten Eindruck und wirkte nicht so, als wäre er der Stinkstiefel den man unbedingt loswerden müsste. Wie man weiß, grüßt die Hertha zur Winterpause von einem Champions-League-Platz, woran Ibisevic einen nicht unerheblichen Anteil hat.

Thorsten Kirschbaum: wechselte zum 1. FC Nürnberg und sollte dort Raphael Schäfer beerben. Ähnlich wie bei seinen Chancen beim VfB ein Unsicherheitsfaktor, so dass inzwischen Schäfer wieder die Nummer 1 beim Club ist.

Tim Leibold: ging auch zum Club. Ihm traute man den Schritt nicht zu, obwohl die linke Außenverteidigerposition beim VfB schon lang eine Problemzone ist. Spielt beim Club eine gute Rolle und hat großen Anteil daran, dass die Franken inzwischen auf dem Relegationsplatz zur Bundesliga stehen.

Moritz Leitner: war für zwei Jahre vom BVB an den Neckar verliehen und unterstrich, weshalb ihn u. a. Rainer Adrion aus dem Kader für die U21-EM strich. Charakterlich eine Null, er denkt, Wunder was, was er sei, dabei kann er gerade mal kicken und würde sonst wohl ein Dasein in der Gosse fristen. Unfreundlich, unverschämt, hochnäsig, arrogant, frech und auf dem Platz eine Diva und kein Kämpfer. Also geradezu prädestiniert für den Abstiegskampf. ;-)
Auch an dieser Stelle wieder ein Vorwurf an Bobic, der dieses Problemkind überhaupt zu uns lotste. Es spricht ja nichts dagegen, problembehaftete Mannen zu holen, dann aber muss man das Ziel haben, den Spieler auf den richtigen Weg zu bringen und sich um ihn mehr als um andere Spieler kümmern und den Spieler auch in der Freizeit genau im Auge behalten. Leitner hat beim VfB nie den Abstiegskampf angenommen, war nur groß im Party-Bilder posten und hat den Ernst des Profifußballer-Lebens noch immer nicht begriffen. Die Quittung: mittlerweile spielt er bei den BVB-Amateuren in der Regionalliga.

Konstantin Rausch: ging zum Aufsteiger Darmstadt 98, und überzeugte dort von Beginn an mit seinen Flügelläufen und seinen gefährlichen Standards. Kam mit Haggui und Abdellaoue 2013 zum VfB und kam in seiner ersten Saison auf 21 Spiele, zuletzt jedoch nur noch auf vier und die alle als Einwechselspieler.
Ähnlich wie Abdellaoue zählt auch Rausch zu den Spielern, die ein harmonisches Umfeld und Vertrauen brauchen, um ihre Leistung zu bringen. Das war beim VfB nie gegeben. Obwohl Sakai auf links Woche für Woche unter Beweis stellte, dass die Bundesliga eine Nummer zu groß für ihn ist, bekam Rausch kaum einmal eine Chance. Weder hinten, noch links offensiv, auch nicht zu Zeiten, an denen eher defensiv gedacht wurde und auch noch Kostic außen vor war. Ich fand es immer schade, weil ich ein Faible habe für Spieler, die Standards gut treten und auch mal aus dem Spiel heraus abziehen können. Rausch kündigte ob der Umstünde früh innerlich und vergrub sich in sein Schneckenhaus. Er beklagte sich einmal nach einem Training, dass immer nur dieselben spielen würden…

Oriol Romeu: nach Leihe zurück zu Chelsea, von wo er gleich zum FC Southampton weitergereicht wurde. Begann vielversprechend, auch wenn er gleich zu Beginn in Co-Produktion mit Ulreich das Pokal-Aus in Bochum zu verantworten hatte. Danach jedoch keiner, der den Abstiegskampf bedingungslos angenommen hatte. Das ist das Problem bei Leihspielern, die wissen, dass sie ohnehin nach der Saison wieder weg sind, die ganz große Identifikation mit dem Verein fehlt, außerdem hätte ein Abstieg für sie persönlich keinerlei Konsequenzen.

Antonio Rüdiger: wechselte, zunächst auf Leihbasis, zum AS Rom

Rüdiger verkündete bereits kurz nach Saisonende, dass er von einer Ausstiegsklausel Gebrauch machen wolle, da er sich zu Höherem berufen fühle, als ständig mit dem VfB gegen den Abstieg zu spielen. Lang stand als Ablösesumme 18 Millionen Euro im Raum, Vereine wie der VfL Wolfsburg, Manchester United und der FC Chelsea würden Schlange stehen. Während der Vereinssuche trennte sich Rüdiger von seinem Berater Uli Ferber und wechselte zu seinem Halbbruder Sahr Senesie. Dieses Gangsta-Rap-Duo sollte nun binnen kürzester Zeit mit unseriösen Handgeldforderungen die Branche vergraulen, so dass ein potentieller Interessent nach dem Anderen Abstand von deren Geschäftsgebaren nahm. Dem VfB indes blockierte diese Hängepartie die weiteren Planungen, zum einen wusste man nicht sicher, ob der Spieler tatsächlich geht und man Ersatz für ihn holen muss, zum anderen war unsicher, ob man mit Einnahmen aus einem Rüdiger-Deal planen kann oder nicht. Newcastle wäre angeblich zwischenzeitlich bereit gewesen, 18 Millionen Euro für Rüdiger zu bezahlen, denen sagte Senesie jedoch ab, weil sie nicht Champions League spielen.
Just, als der VfB nach Klarheit und damit Planungssicherheit verlangte und Rüdiger, der lange für die Vereinssuche freigestellt war, und Rüdiger Mitte Juli dann doch zum Training gebeten hatte, meldete sich dieser ab und entschloss sich zu einer Knie-OP.
Dadurch verschlechterte sich die Handlungsposition des VfB schlagartig, weil für einen verletzten Rüdiger nicht mehr so viel an Ablöse zu generieren war wie für einen fitten.
An dieser Stelle hätte der VfB eigentlich sagen müssen, „bis hierher und nicht weiter“, du bleibst. Aber, man kennt ja den Wortlaut der Ausstiegsklausel nicht, ob ein Mindestbetrag festgeschrieben war oder ob der Transfer bis zu einem gewissen Datum über die Bühne gegangen sein musste.
Für mich war dieses Gefeilsche sowieso merkwürdig, da i. d. R. eine Ausstiegsklausel einen festgeschriebenen Betrag beinhaltet.
Es schien so, dass es für beide Seiten kein Zurück mehr geben würde, so dass Rüdiger schließlich zunächst an den AS Rom verliehen wurde, weil dieser aufgrund von Financial-Fairplay-Verstößen während dieser Transferperiode keine Spieler einkaufen durfte. Dadurch hatte Dutt plötzlich statt der erhofften 18 Millionen ein Trinkgeld von 4 Millionen Euro zu Verfügung und konnte erst Mitte/ Ende August auf Nachfolgersuche gehen.

Gotoku Sakai: wechselte zum HSV und damit zurück zu Labbadia, unter dem er seine beste Zeit beim VfB hatte. Bei ihm schien es mir so zu sein wie mit den Papageien, Japaner am besten paarweise zu „halten“ oder überhaupt nicht. Seit Shinji Okazaki den VfB verließ, war mit Sakai nichts mehr anzufangen. Umso schlimmer, dass er dennoch fast jede Woche ran durfte und Gegentor um Gegentor mit verschuldete. Er hatte bärenstarke Zeiten beim VfB, mir noch am besten in Erinnerung das 5:1 in Bukarest. Anfangs dachte man ja gar über eine Einbürgerung nach, damit er für Jogis Jungs spielberechtigt wäre, weil Sakai beidfüßig ist und beide Außenbahnen, damals, gleich gut beackern konnte. Leider hat er stark nachgelassen, so dass es das Beste für beide Seiten war, einen Schussstrich darunter zu ziehen.

Sercan Sararer: wechselte zu Fortuna Düsseldorf. Auch so ein Problemkind, welches Bobic sich da geangelt hatte. Kam in zwei Spielzeiten auf insgesamt 13 Einsätze ohne Tor und „verstärkte“ ansonsten weitestgehend die Reserve. Machte nur einmal auf sich aufmerksam, als er mit Tempo 282 die Autobahn entlang schoss und Bilder dieser Fahrt auf Instagram postete.

Kevin Stöger: ging zum SC Paderborn. Nach seiner zweijährigen Leihe nach Kaiserslautern mit großen Hoffnungen zurückgekehrt, beim VfB den nächsten Schritt gehen zu können. Diese zerschlugen sich schnell, als sich abzeichnete, dass der VfB seine in der Schlussphase der vorigen Saison überragende Offensive komplett halten konnte und Stögers Einsatzchancen damit unvermindert schlecht gewesen wären.

Dutt hatte somit alle Hände damit zu tun, sich von Missverständnissen und Wechselwilligen zu trennen und doch gibt der Kader noch einige mehr her, die es loszuwerden gilt, allen voran Daniel Schwaab und Adam Hlousek, deren Niveau eben genau das hergibt, wo wir uns tabellarisch in den letzten Jahren bewegen. Nach Ulreich hätte man auch in der Gilde der sogenannten Führungsspieler ausmisten können, wenn nicht müssen. Herren wie Martin Harnik (im Sommer hätte man noch eine Ablöse generieren können), Georg Niedermeier und Christian Gentner stehen sinnbildlich für den Niedergang der letzten Jahre. Sie sind es, die die Politik in der „Mannschaft“ durch ihr Mitwirken im Mannschaftsrat maßgeblich mitbestimmen, sie sind es auch, die am Ende für einen Trainer den Daumen heben oder senken. Ob ein neuer Trainer, der sie in ihrer Wohlfühlatmosphäre zu stören droht oder neue Konkurrenten um die Stammplätze, sie koch(t)en stets ihr eigenes Süppchen anstatt integrativ zu wirken und sich um einen guten Mannschaftsgeist zu kümmern. Es mag jeder für sich ein netter Kerl sein, um den es auch ein Stück weit schade wäre, ihn in einem anderen Dress zu sehen und doch liegt hier die Wurzel unseres Übels begraben. Ein kompletter Neuanfang dürfte erst möglich sein, wenn auch diese Zöpfe abgeschnitten sind.

Bei den Neuzugängen gab es logischerweise ein großes Kommen:

Przemyslaw Tytoń: kam vom PSV Eindhoven, der ihn in der letzten Saison zum FC Elche nach Spanien verliehen hatte.

Mitch Langerak: wurde vom BVB geholt. Er war dort langjähriger Ersatzkeeper hinter Roman Weidenfeller und wusste stets zu überzeugen, wenn er gebraucht wurde. Nachdem der BVB Roman Bürki vom SC Freiburg holte, sah er dort keine Perspektiven mehr und erhofft sich beim VfB die Nummer 1, die er schon mal auf dem Trikot trägt.

Philipp Heise: kommt aus der 2. Liga vom 1. FC Heidenheim und wurde als erster Neuzugang vorgestellt. Typ Perspektivspieler und noch nicht für die erste Elf vorgesehen.

Emiliano Insúa: wurde von Rayo Vallecano verpflichtet und soll die Probleme auf der linken Außenverteidigerposition beheben. Er spielte schon bei namhaften Vereinen wie dem FC Liverpool, Galatasaray Istanbul und Athletico Madrid, setzte sich aber bisher nirgends konstant durch.

Jan Kliment: kam als Perspektivspieler und mit der Empfehlung des Torschützenkönigs der U21 EM in seinem Heimatland Tschechien, wofür ihm allerdings ein 3er-Pack in einem einzigen Spiel gegen Serbien genügte.

Robbie Kruse: kam kurz vor Transferschluss als Leihgabe von Bayer Leverkusen und wohl als Reaktion auf den Ibisevic-Abgang. In den letzten anderthalb Jahren kam Kruse bei Bayer aufgrund verschiedenster Verletzungen gerade einmal zu vier Kurzeinsätzen.

Lukas Rupp: kam vom Absteiger SC Paderborn, für den er in der Bundesligasaison 31 Spiele mit einem ordentlichen Notenschnitt bestritt. Bei ihm wunderte es mich, dass seine KSC-Vergangenheit kaum thematisiert wurde, hatten doch viele, die irgendwann einmal deren hässliches Trikot überstreift haben, hier große Akzeptanzprobleme. Ich finde es gut, dass man ihm das nicht nachträgt.

Toni Sunjic: kam kurzfristig und kurz vor Transferschluss aus Krasnodar (Russland) als Reaktion auf den Rüdiger-Abgang. Abgesehen davon, dass wir auch im Falle des Bleibens einen gestandenen Innenverteidiger gebraucht hätten und ein Sunjic daher zu wenig ist, war es von vornherein fraglich, ob er einen immerhin deutschen Nationalspieler adäquat ersetzen würde können. Der VfB ist Sunjic‘ sechster Verein innerhalb von fünf Jahren, dass dieser sorgfältig gescoutet wurde, wie Dutt ja für „seine“ Einkäufe versprach, man kann so seine Zweifel haben.

Benjamin Uphoff: war bereits mal von Club zum VfB ausgeliehen und kam jetzt zurück, zunächst einmal mit der Perspektive bei den Amateuren Spielpraxis sammeln zu können.

Dazu kommen mit Arianit Ferati, Mart Ristl, Borys Tashchy und Marvin Wanitzek Spieler aus der eigenen Jugend bzw. von den Amateuren, die herangeführt werden und ihre Einsätze bekommen sollen.

Einige Herren scheinen die Aussage Dutts und Zornigers fehlinterpretiert zu haben, dass jeder, der nicht gerne für den VfB spielen würde, vorstellig werden dürfe und man nach einer Lösung streben würde, mit der alle Seiten leben könnten. Dies bedingt zunächst einmal, dass der VfB eine adäquate Ablöse generieren kann und auch, dass der Abgang nicht zur Unzeit erfolgt, in der man kaum mehr reagieren kann. So geschehen, bei Didavi und Kostic, um die es in den letzten Tagen und Stunden des offenen Transferfensters noch einmal hektisch geworden war.

Über weite Strecken der Vorrunde hatte man bei beiden den Eindruck, dass ihnen mit riesen Summen der Kopf verdreht wurde und sie nur halbherzig bei der Sache wären. Vielleicht ist es auch nur die Unklarheit über ihre Zukunft, ich hoffe, der VfB nutzt jede noch so kleine Chance, diesen beiden ein Bleiben doch schmackhaft zu machen. Dutt versprach schließlich, dass es das Ziel sein müsse, Leistungsträger zu halten. Bei dieser Aussage müsste ihm schon auch klar gewesen sein, dass sie diese Wertschätzung auf dem Gehaltszettel spüren wollen und es mit einer Maultaschensuppe täglich im 1893 nicht getan sein wird.

Trainingslager im Zillertal

Kurz nach dem Trainingsauftakt machte sich der VfB auf ins Zillertal, wo der VfB zum zweiten Mal in Folge in Hippach-Mayrhofen gastierte. Der Zeitraum 01. bis 06.07.2015 war ungünstig gelegen, um eine vernünftige Vorbereitung hinzulegen. So kurz nach dem Trainingsstart fehlten noch viele Nationalspieler, es war von vornherein klar, dass dort in erster Linie im konditionellen Bereich gearbeitet werden würde. Der frühe Termin kam daher zustande, weil zillertal.at seine Werbepartnerschaft mit dem VfB nutzen und möglichst viele Fans ins Zillertal locken möchte und daher bereits im März nach Klarheit verlangte.

Deshalb kam nur ein Termin in Frage, der sowohl als Erst- als auch als Zweitligist möglich gewesen wäre. Auch für mich war der Termin ungünstig. Wie bereits im Vorjahr, als das Trainingslager im Zillertal Anfang August stattfand und ich in den ersten Tagen eines Monats stets schlecht freimachen kann, schafften wir es gerade mal auf ein verlängertes Wochenende in die schöne Bergwelt Österreichs. Trainingseinheiten bekam ich in dieser kurzen Zeit relativ wenig mit, stand doch ganz klar im Vordergrund, mich mit den vielen Freunden und Bekannten, die vor Ort waren, zu beschäftigen und Party zu machen. Die Hitze tat ihr Übriges, dass wir uns lieber im Schatten der Stadionwirtschaft als auf der sonnendurchfluteten Tribüne aufhielten. Zwischen zwei Einheiten fuhren wir, um endlich einmal durchatmen zu können, auf den Hintertux-Gletscher und gingen auf 3.250 Meter Höhe im Schnee spazieren.

In unsere Tage im Zillertal fiel die Hiobsbotschaft, dass sich Mitch Langerak, der zuvor im Training einen starken Eindruck gemacht und in den ich große Hoffnungen als Ulreich-Nachfolger gesetzt, hatte, wegen einer Muskelzerrung pausieren müsse. Aus dieser wurde erst ein Muskelbündelriss, als dessen Folge sich wohl eine Zyste im Knie bildete, die Ende August operativ entfernt werden musste. Sein Comeback ließ damit immer länger auf sich warten, besser, wir warten heute noch darauf.

6:3 Sieg gegen Viktoria Pilsen

Vor unserer Abreise sahen wir uns noch den Test gegen Viktoria Pilsen an, der am Sonntag um 18.30 Uhr angepfiffen wurde und den der VfB mit 6:3 für sich entschied. Der VfB vorne hui, hinten pfui, was uns ja auch durch den Rest des Jahres begleiten sollte, aber, es waren vielversprechende Ansätze da, es sah seit langem mal wieder nach Fußball aus. Vor allem das Tempo, das an den Tag gelegt wurde, war man beim VfB schon nicht mehr gewohnt. So verpasste ich erst einmal das 1:0 durch Kiesewetter bereits in der 3. Spielminute. Beim VfB der letzten Jahre konnte man als Fan gemächlich in die Partie finden, weil einfach Schlafwagenfußball dargeboten wurde, daher erst einmal gewöhnungsbedürftig der neue Vollgasfußball. Und das bei hochsommerlichen Temperaturen auch am Abend noch. Knapp 10 Minuten vor dem Ende machten wir uns beim Stande von 6:2 auf den 400km langen Heimweg, da wir Montags wieder ins Geschäft mussten, und verpassten damit nicht nur ein Tor sondern auch noch eine Pyroeinlage von VfBlern von außerhalb des Stadions. Die Heimfahrt war im wahrsten Sinne des Wortes heiß. Gegen 0.00 Uhr legten wir am Rasthof Augsburg, wo wir ebenfalls auf dem Heimweg befindliche Bekannte trafen und mit ihnen noch einen Kaffee tranken, eine Rast ein. Das Außenthermometer zeigte um Mitternacht noch 29° an, in unserer Wohnung sollten uns 37° erwarten. Abartig, dieser Sommer 2015.

4:1-Niederlage bei den Young Boys Bern

Eine besondere Ehre wurde dem VfB knapp eine Woche später zuteil, als er zur Saisoneröffnung der Young Boys Bern ins Stade de Suisse geladen wurde. Dort, wo man schon Gegner bei der Stadioneinweihung zehn Jahre vorher war und an gleicher Stätte, wo 2010 das so denkwürdige Europaleague Spiel stattgefunden hatte. Da mein obligatorischer Besuch beim Schlagermove in Hamburg kurzfristig abgesagt werden musste, entschloss ich mich kurzerhand mit Freunden zu diesem Test zu fahren. Mit reichlich Proviant fester und flüssiger Natur an Bord starteten wir zu viert und nahmen kurzfristig noch an der Strecke in der Schweiz einen alten Kumpel eines Mitfahrers mit an Bord. Zu fünft erreichten wir also die Schweizer Hauptstadt, stellten das Auto am nahe des Stadions gelegenen Ibis-Hotel ab und checkten dort ein. Schnell sind wir einigen Bekannten über den Weg gelaufen, so dass sich das zusammentelefonieren erübrigte und wir ins Getümmel stürzen konnten. Hatten wir bei der Europaleague das totale Schneechaos in Bern erlebt, setzte uns nun das andere Extrem zu, brütende Hitze. Wegen der „günstigen“ Preise in der Schweiz, versorgten wir uns zwischenzeitlich mit Dosenbier aus dem Supermarkt, das 0,4-Bier auf der Fanmeile vor dem Stadion kostete 5,50€, wovon wir uns schon auch ein paar gönnten. Es war einiges los vor dem Spiel, so dass ich eigentlich einen guten Besuch erwartete, zumal ja eine Woche vor dem Schweizer Ligastart der letzte Härtetest anstand. Die Ernüchterung folgt dann drinnen. Zunächst einmal fanden, wie schon beim letzten Aufeinandertreffen, für die paar Stuttgarter Hansels bemerkenswert strenge Einlasskontrollen statt, die sich hinzogen, bis man durch die engen Metalltore ins Innere gelangt war. Zeit bis zum Anpfiff war noch vorhanden, so dass wir uns erst einmal um Biernachschub kümmerten. Den Gedanken, eine Stadionwurst zu konsumieren, verwarf ich wieder, nachdem ich den Preis von 7,50€ gesehen hatte. Als wir ins Stadion hinausgingen machte sich erst einmal Enttäuschung breit. Drei Tribünen waren komplett gesperrt, lediglich die Haupttribüne und der Gästeblock waren geöffnet. 6.084 Zuschauer bei einer Saisoneröffnung, darunter etwa 100 VfB-Fans, das ist eben die Schweiz und sagt viel über den Stellenwert des (hiesigen) Fußballs aus.
Durch die Verletzungen von Timo Baumgartl und Toni Rüdiger hatte der VfB Probleme für beide Halbzeiten zwei Innenverteidiger-Duos aufzubieten. In der ersten Halbzeit bildeten dies Schwaab und Sama, in der zweiten dann Ristl und Niedermeier, beides also eher Notlösungen und damit kein echter Wettkampftest. Zudem standen, was man in der Liga wohl auch eher selten bis gar nicht zu sehen bekommen dürfte, Didavi und Maxim von Beginn an gemeinsam auf dem Platz. Jener Maxim war es dann auch, der den VfB bereits in der 5. Minute nach schöner Ablage von Ginczek in Führung brachte. Das war’s dann aber auch schon mit der VfB-Herrlichkeit. Bereits drei Minuten später der Ausgleich, nach 16 Minuten der Rückstand. Es war da schon zu erkennen, auch wenn noch nicht die allererste Elf auf dem Platz stand, dass das Tore schießen gegen den VfB zu einfach ist und oft ein einfacher Pass in die Gasse genügt, um den Abwehrverbund komplett auszuhebeln. Am Ende stand ein 4:1 und eine Partie zum Vergessen aus VfB-Fan-Sicht. Umso schöner noch der anschließende Abend mit einigen Freunden und Bekannten in launiger Runde im alten Tramdepot direkt am Bärengraben gelegen. Wegen der Unwichtigkeit des Spiels und den Leuten, die wir getroffen und kennengelernt haben, war es ein klasse Ausflug, der die lange Sommerpause auch schon wieder ein wenig kürzer werden ließ.

Trainingslager in St. Gallen

Eine gute Woche später trat der VfB die Reise zum zweiten Trainingslager nach St. Gallen an. Dieses wurde erst mit einem Vorlauf von knapp zwei Wochen bekanntgegeben. Der Termin kam mir schon mehr entgegen wie der des Zillertals, zumal man i. d. R. Anfang des Jahres, wenn man die Urlaubsplanung abgeben soll, ein Trainingslager zeitlich eher Mitte bis Ende Juli ansiedelt, zumindest wenn man optimistisch von einem weiteren Jahr Bundesliga ausgeht.

Dass es erneut in die Schweiz gehen sollte und dann auch noch nach St. Gallen, das noch teurer als Bern sein soll, schmeckte uns dagegen nicht so sehr. So waren wir uns recht schnell einig, dass, wenn wir es machen, Quartier in Österreich aufgeschlagen wird und wir täglich die knapp 45 Kilometer pendeln, um unsere Abende in Österreich verbringen zu können.

Wegen Ferien, Hochsommer, der ohnehin immer stark frequentierten Bodenseeregion und zu allem Überfluss noch der in diesem Zeitraum stattfindenden Bregenzer Festspiele taten wir uns schwer, überhaupt ein bezahlbares Quartier zu finden und hatten Glück, dass Freunde auf der Rückfahrt aus dem Zillertal ein wahres Schnäppchen auftaten, mitten in Hohenems, mit tollem Biergarten und hervorragender Küche. Wenigstens drei Nächte kamen wir dort unter, für den Rest war auch dieses Domizil ausgebucht.
So hatten wir dann, ursprünglich nur als Notlösung gedacht, noch die Möglichkeit bei Bekannten unterzukommen, die genau zwischen Hohenems und St. Gallen wohnen, was wir nach vergeblicher Zimmersuche vor Ort gerne angenommen haben, und das trotz Anitas Katzenallergie. ;-) .
Auch dadurch wurden es tolle Tage, an denen wir auch abseits der Trainingseinheiten viel gesehen und viel gemeinsam unternommen hatten. Nebenbei benötigten wir außer der Autobahnvignette so gut wie keine Schweizer Franken, es sei denn, wir hatten mal das Auto direkt am Trainingsplatz geparkt. Dort waren nämlich, obwohl massig Platz vorhanden, für zwei Stunden drei Franken (oder Euro) Parkgebühr fällig.
Nach den überlaufenen Trainingslagern in den letzten beiden Jahren im Zillertal, war es in St. Gallen endlich mal wieder klein und überschaubar. Es war fast nur der harte Kern da, der sich jedes Trainingslager gibt, von ein paar Urlaubern, die regelmäßig vorbeischauten, einmal abgesehen.
In St. Gallen fiel mir Zorniger das erste Mal an zu gefallen. Es hat einfach was, so nah dabei zu sein und die eine oder andere Anweisung mitzubekommen. Zorniger machte einen sehr akribischen Eindruck und überließ nichts dem Zufall. Anders als Feldherr Veh, der dem Treiben auf dem Trainingsplatz meist mit verschränkten Armen beiwohnte und seine Assistenten „machen ließ“, legte Zorniger bei allem selbst Hand an. Sei es beim Hütchen aufstellen oder sei es auch seine Spieler selbst zu stellen, wenn sie sich nicht nach seinen Vorstellungen bewegten. Es waren alles in allem tolle Tage, abgesehen auch vom auch dort wieder heißen Wetter und einer zwischenzeitlichen Mückenplage.

Den Höhepunkt schlechthin bildete der Fan-Abend im Mannschaftshotel Säntispark, in das uns der VfB eingeladen hatte. Nach einem kalt-warmen Buffet und einigen Kaltgetränken kam die ganze Mannschaft einschließlich des kompletten Staff und verteilte sich an die Tische. Da die Anzahl der Fans auch an diesem Abend überschaubar war, gesellten sich an unseren Tisch mit Lukas Rupp, Daniel Didavi und Daniel Ginczek gleich drei Spieler, die wir knapp zwei Stunden lang nach Belieben löchern durften. Interessante Sichtweisen traten zutage, vor allem, was das Verhältnis zu den Fans angeht. Da kam sehr deutlich heraus, dass sie unbedingt die gute Stimmung der letzten Spiele in die neue Saison hinüberretten wollten und Angst hatten, dass diese bei Misserfolg wieder kippen könnte. Didavi machte damals noch nicht den Eindruck, dass er unbedingt wegwolle, obwohl schon seinerzeit von einem möglichen Wechsel zu Bayer Leverkusen berichtet wurde. Ich hatte den Eindruck, dass er sich die Entwicklung ganz genau anschauen wolle und sich entsprechend auch ein Bleiben hätte vorstellen können. Wir schnitten unterschiedlichste Themen an, Privates, die Rückkehr von Fitmacher Chima Onyeike, Didas Leihe nach Nürnberg, Ginnis Zeit bei St. Pauli, Rupps Abstieg mit Paderborn und seine Ziele mit dem VfB, welche Gefühle Ginni bei seinem Tor in Paderborn übermannten, etc. pp. Die Spieler nahmen sich Zeit, waren freundlich und geduldig und sehr angenehme Gesprächspartner.

Einen Fauxpas leistete ich mir dann zum Schluss noch, als die Spieler uns schon wieder verlassen hatten. Einige „Betreuer“ in VfB-Outfit saßen noch an einem Tisch zusammen, als ich mich einem von hinten näherte und ihn fragte, ob ich kurz stören darf. Als er mir dies gestattete, fragte ich ihn, wie er sich bereits beim VfB eingelebt habe, im sicheren Gefühl, André Trulsen angesprochen zu haben, mit dem ich gerne kurz über seine Zeit bei St. Pauli geplaudert hätte, da ich dorthin ja auch eine gewisse Affinität habe.

Er drehte sich um und erwiderte in breitestem schwäbisch: „Ja klar, i ben jo au scho acht Johr do“. Hatte ich doch glatt den Busfahrer erwischt. Ein peinlicher Moment und doch lustig, aber, bei weitem nicht der Höhepunkt des Abends. Den lieferten unsere Freunde aus der Ostschwiiz, indem Raffael vor versammelter Mannschaft seiner Jule einen Heiratsantrag machte, der natürlich angenommen wurde. Standing Ovations von der Mannschaft und eine Flasche Sekt von Robin Dutt waren die Folge, bewegende Momente in stilvollem Ambiente, ganz großes Kino, ihr beiden.

VfB-FC Winterthur 4:1 (in Konstanz)

Auf dem Rückweg vom Trainingslager legte der VfB noch einen Zwischenstopp in Konstanz ein, wo man auf den FC Winterthur traf. Wir taten es dem Tross gleich und fuhren schon frühzeitig los. Dort hatte nämlich ein anderer Freund Heimspiel und empfahl uns ein super Lokal mit zivilen Preisen, direkt am Rhein gelegen, das Constanzer Wirtshaus. Es war nicht nur wegen der Location die perfekte Logistik, sonder auch deshalb weil wir unweit davon unser Auto kostengünstig parken und von der Nähe des Lokals aus mit dem Bus zum Bodenseestadion fahren konnten. Wir verabredeten uns noch mit Freunden in dem Lokal, so dass wir zwei große Tische im Außenbereich belegten und das Trainingslager Revue passieren ließen und uns auf das anstehende Spiel einstimmen konnten. Der VfB legte einen ordentlichen Auftritt hin und gewann 4:1, vor allem Didavi bestach mit den ersten beiden Toren. Das Spiel gegen den Ball funktionierte schon recht ordentlich, auch wenn mir schon in der Testphase Zweifel aufkamen, ob sie das über 90 Minuten und über eine gesamte Halbserie hinweg schaffen durchzuziehen. In kleiner Gruppe und mit ein paar Winterthurern „Ultras“ im Schlepptau ging es zurück ins Brauhaus, wo wir das Trainingslager ausklingen ließen und gegen Mitternacht dann die Heimfahrt nach Stuttgart antraten.

Paukenschlag gegen Manchester City

Nach dem Aufeinandertreffen mit dem Schweizer Zweitligisten folgte am darauffolgenden Wochenende ein echter Härtetest gegen das Starensemble von Manchester City. Für die Engländer, deren Premier League Saison eine Woche später begann, war es somit wie für den VfB vor dem Pokalspiel in Kiel die Generalprobe, bei der man nicht annehmen sollte, dass sich das englische Spitzenteam unbedingt abschlachten lassen wollte. Sie traten nicht in ihrer allerbesten Aufstellung an, brachten aber dennoch ein mit Stars gespicktes Team auf den Rasen des Neckarstadions. Natürlich sind die Begleitumstände andere als bei einem normalen Punktspiel, zum Beispiel die strapaziöse An- und Abreise am Spieltag. Und doch war es nicht zu erwarten, dass der VfB sie so herspielen und mit einem 4:0-Vorsprung in die Halbzeit gehen würde.

Der VfB spielte wie aus einem Guss, das schnelle Anlaufen der Gegner schon weit in der eigenen Spielhälfte behagte Man City überhaupt nicht. Unsere Abwehr ließ erstaunlich wenig anbrennen, Adam Hlousek wurde gar zur Entdeckung in der Innenverteidigung neben Timo Baumgartl. Dass dies nur ein Strohfeuer war und in die Kategorie „auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn“ eingeordnet werden sollte, weiß man heute.

Die späten Anschlusstreffer von Manchester City zum 4:2 änderten am guten Gesamteindruck nichts mehr. Der VfB schien gerüstet für die anstehenden Aufgaben.

Pokalhürde Kiel gemeistert

Den ersten Pflichtspielauftritt hatte der VfB bei den Störchen von Holstein Kiel zu bestreiten. Losglück geht anders, war es doch die weiteste denkbare Reise, die man uns zuloste. Schön indes war aber, dass wir aus dem Brutofen Stuttgart in das 10-15 Grad kühlere Kiel reisen durften. Da es ein Abendspiel wurde, gestaltete sich die Anfahrt mit der Deutschen Bahn recht stressfrei – erst gegen halb elf Uhr stiegen wir in den Zug, der nach einem Umstieg in Mannheim eigentlich direkt nach Kiel hätte fahren sollen. Eigentlich, denn, die Pläne der Bahn gerieten an diesem Tag sowieso schon aus den Fugen, so dass es wohl darauf dann auch nicht mehr ankam und man den Zug kurzerhand in Neumünster stoppte und wir auf einen Regionalexpress wechseln mussten. Ca. 2 ½ Stunden vor Spielbeginn erreichten wir dennoch Kiel, fuhren schnell mit dem Taxi unsere Hotels an, checkten ein und machten uns danach umgehend auf den Weg, wieder per Taxi, in Richtung Stadion, wo wir schon mit einigen anderen vom Fanclub verabredet waren und auch sonst viele bekannte Gesichter sahen.

Ich hatte kurzfristig noch eine Sitzplatzkarte ergattern können, deren Übergabe ich am Stadion organisieren musste und musste meinen Stehplatz dafür an jemand anderes übergeben, so dass ich die gesellige Runde beim Griechen frühzeitig verlassen musste.

Die Kartenproblematik für Kiel (wie später für Jena anscheinend auch) war grotesk. Lange Zeit über herrschte totale Kartenarmut auf dem Markt, nur Suchende, kaum jemand, der welche abzugeben hatte. Daher griff ich bei der Sitzplatzkarte auch sofort zu, im Wissen, meinen Stehplatz locker loszubekommen. Doch just in dem Moment, Dienstag oder Mittwoch vor dem Spiel, als ich meinen Stehplatz angeboten hatte, hagelte es Angebote, hier vier Karten, dort acht Karten. Unglaublich! Was war geschehen? Der VfB hatte offensichtlich den Kartenbestellern keinerlei Zu- oder Absage zukommen lassen, so dass viele Leute im Ungewissen waren. Diejenigen, die das Spiel auf jeden Fall machen wollten, deckten sich anderweitig ein und hatten plötzlich doppelt Karten. Andere hakten das Spiel bereits ab und hatten plötzlich Karten drei Tage vor dem Spiel die Karten im Briefkasten. In dieser Kürze der Zeit lässt sich natürlich ein Trip nach Kiel kaum mehr planen, zumindest dann nicht, wenn man diese lange Strecke nicht mit dem PKW zurücklegen möchte. Hier muss das Ticketing dringend seine Abläufe überdenken. Wie gesagt, für Jena unter der Woche war es nicht anders. Leute, die dieses Spiel bereits abgehakt hatten, mussten sehen, ob sie noch kurzfristig Urlaub nehmen können und wie sie dorthin kommen. Da reglementiert ist, welches Kontingent der jeweilige Gastverein bekommt und man ja weiß, wie viele Karten man mindestens bekommt, kann man doch ohne Weiteres diejenigen abziehen, die ihre festen Kontingente bekommen, wie CC, Auswärtsdauerkarten, Fanclubs und an die Differenz zum Kontingent, das man sicher bekommt, schon einmal Zusagen verschicken. Sollten dann mehr Karten zur Verfügung stehen, kann man die immer noch zum Verkauf einstellen, würde damit aber nur eine kleine Gruppe vor Probleme stellen und nicht Hunderte bis Tausende von VfBlern.

Ich hatte also einen schönen Platz auf der Gegentribüne mit einer super Sicht auf die anschließende Pyro-Show im VfB-Block. Vor dem Spiel traf ich am Bierstand noch Philipp, den Leadsänger von „Die Fraktion“, der mir einen Gastbeitrag für das Buch „Das sind die Fans – und ihre Geschichten“ geschrieben und mit dem ich während dieser Zeit einen netten Kontakt hatte. Ich stellte mich kurz vor und hielt mit ihm einen kurzen Smalltalk, wollte ihm und seinen Begleitern aber auch nicht auf den Sack gehen, zumal ich nach der langen Zugfahrt schon etwas angegast war, daher verabschiedete ich mich auch schon wieder.

Für die erste Pokalrunde hätte man sich leichtere Aufgaben wünschen können, als eine Profimannschaft aus der dritten Liga, die bereits zwei Ligaspiele hinter sich hat und in der Relegation zur 2. Liga nur knapp an den Münchner Löwen gescheitert war. In einem Pokalspiel, vor allem in einem in dieser Konstellation, zählt nur der Sieg, egal wie er zustande kommt. Daher war ich letzten Endes zufrieden, auch wenn man sich nicht mit Ruhm bekleckert hatte und zunächst einem Rückstand hinterherlaufen musste. Der VfB tat sich sehr schwer, kam aber durch Tore von Didavi und Ginczek, wie einst in Paderborn also, mit einem glanzlosen 2:1 weiter. Wenn etwas bedenklich war, dann das, dass selbst ein 3.-Ligist gegen den VfB zu einer Vielzahl von Torchancen kam. Dass der VfB sich mit dem 2:1 zufriedengab und nicht konsequent auf ein 3:1 ging, rächte sich beinahe noch in der Nachspielzeit, da hatten wir wirklich nochmal Glück.

Nach dem Spiel wurde auf strikte Fantrennung großen Wert gelegt, so dass ich nicht, wie ich gekommen war, hinausdurfte sondern wie eine Handvoll anderer VfBler durch den Innenraum am VfB-Block vorbei geleitet wurde, was einige Bekannte dazu animierte, Lieder auf mich anzustimmen. Eine lustige Begebenheit am Rande.

Wir sammelten uns indes wieder und fuhren mit dem Taxi zurück in Richtung unserer Hotels, wo es unweit davon, einige nette Kneipen gab und wo sich auch die anderen VfBler sammelten, die nicht gleich wieder zurück oder nach Hamburg weiter fuhren.
Auf dem Weg vom Stadion zu unserem Treffpunkt wurde ich noch recht übel von Kielern angepöbelt, was aber die in großer Präsenz anwesende Obrigkeit umgehend unterband.

Freunde von uns, die mit dem Sonderbus in die Stadt fahren wollten, kamen noch in die Situation, dass Kieler „Ultras“ deren Bus stürmen wollten und sich die Männer (Frauen und Kinder waren auch dabei) dagegen stemmen mussten. Da fragt man sich wirklich, was diese Idioten geritten hat. Sollen doch froh sein über ihr Spiel des Jahres und den Tag feiern anstatt hier eine kindische Show abzuziehen. In der Stadt hatten wir dann noch großen Spaß. Am nächsten Tag dann, nach einer sehr schönen Hafenrundfahrt, ging es zurück ins heiße Stuttgart.

Auftaktniederlage gegen Köln

Eine Woche später stand dann das mit Spannung erwartete erste Spiel um Bundesligapunkte an gegen den 1. FC Köln. Seit 1996 wartet man gegen den Geißbock auf einen Heimsieg, auch heuer sollte nichts daraus werden. Vor dem Spiel freilich, wie traditionell vor jedem ersten Heimspiel einer Saison, fand die Karawane Cannstatt statt, mit der Tausende von Fans vom Cannstatter Bahnhof zum Neckarstadion zogen und sich auf die Saison gemeinsam einstimmten. Ein Pflicht-Event für jeden Fan und jedes Jahr größer und imposanter werdend, fantastisch.

Das Spiel selbst, Sonntagabend und damit das letzte Spiel an diesem Spieltag, begann zwar mit einem Pfostenschuss für die Gäste, danach aber trafen Didavi und Gentner ebenfalls nur Aluminium, so dass es nach 11 Minuten schon 2:1 hätte stehen können. Im selben Tempo ging es weiter. Der VfB nun klar Chef im Ring zwang die Kölner durch konsequentes Anlaufen weit in deren Hälfte immer wieder zu Ballverlusten, einzig die Chancenverwertung war zu bemängeln. Wir bekamen ein mitreißendes Heimspiel zu sehen, wie schon lange nicht mehr und gerieten doch in der 75. Minute in Rückstand, als Tytoń Modeste völlig unnötig im Strafraum von den Beinen holte. Eine sehr ungestüme Aktion des Polen, die Zweifel aufkommen ließ, ob wir uns auf der Position verbessert haben oder nicht doch vom Regen in die Traufe gekommen sind. Als zwei Minuten später unser gesamter Defensivverbund durch einen einzigen Pass ausgehebelt wurde und das 0:2 folgte, war die Partie fast gelaufen. Didavi stellte zwar noch per Elfer den Anschluss her, doch der endgültige Knockout folgte in der Nachspielzeit.

Unsere Vorfreude auf die neue Spielzeit wurde also mal wieder im Keim erstickt. Wir sind zwar vorne sehr gut besetzt und kreieren Torchancen im Minutentakt, beim Abschluss fehlt es aber an der Konzentration, was einige schon an der kraftraubenden Spielweise festmachen. Aber, bei einem Torschussverhältnis von 28:9 und einem Chancenverhältnis von 11:5 muss auch so mehr herausspringen als nur ein Elfmetertor. Wieder einmal wurde also der Saisonstart in den Sand gesetzt, wieder einmal steht man bereits vor dem zweiten Saisonspiel gehörig unter Druck.

Gerhard Mayer-Vorfelder ist tot

Dann erreichte die VfB-Familie die Nachricht über den Tod von Ehrenpräsident Gerhard Mayer-Vorfelder. Mich hat diese Nachricht sehr bestürzt, da ich immer wieder Begegnungen mit MV hatte, seit ich ein Kind war. Durch die Beamtenlaufbahn meines Vaters im Finanzministerium und seinem Mitwirken in diversen Betriebsfußballmannschaften der verschiedener Ministerien, kam man immer wieder in privatem Rahmen zusammen und hatte immer wieder einmal auch die Gelegenheit mit MV über den VfB zu sprechen. Sein früherer Fahrer Fuchs versorgte mich in den 70er- und frühen 80er-Jahren stets mit Autogrammkarten, unterschriebenen Mannschaftspostern und sonstigen Devotionalien. Aus Dankbarkeit und weil ich wusste, welch Fußballverrückter MV war, beteiligte ich mich nie an den obligatorischen „Vorfelder-Raus-Rufen“, die während seiner Amtszeit regelmäßig durchs Neckarstadion hallten. MV hatte große Verdienste um den VfB. Zwei deutsche Meisterschaften, zwei Europapokalendspiele, ein Pokalsieg, eine weitere Pokalfinalteilnahme und nicht zuletzt der Bundesligaaufstieg fielen in seine Amtszeit. Meist verstand er es, rechtzeitig, von mir aus auch „auf Gutsherrenart“, Negativentwicklungen entgegen zu steuern. Er hatte ein feines Gespür, wann etwas auseinanderzubrechen drohte und ihn zum einschreiten zwang.

Er war stets nah dran an der Mannschaft und deren Führungsspielern und wusste dadurch, wie es um die Stimmung und deren Zusammenhalt bestellt war. Wer arbeitet, macht Fehler, so auch MV. Die Vertragsverlängerung Balakovs und vor allem der Passus, dass sich der Vertrag zu gleichen Konditionen endlos verlängert, waren einer, die Entlassung Jogi Löws und Installation seines Nachfolgers Winfried Schäfer ein anderer. Letzterer führte bei mir, wie bei vielen anderen, zur Rückgabe meiner Mitgliedschaft und dazu, dass ich zunächst keine Dauerkarte mehr genommen hatte. Dieses Hassobjekt aus Baden im roten Trainingsanzug war für mich unerträglich, damals zweifelte auch ich an MV’s weiterer Zurechnungsfähigkeit.

Unfair war trotzdem, wie man ihn 2000 mit Schimpf und Schande aus dem Amt drängte und welche Vorwürfe man ihm im Nachhinein machte. Auch damals gab es schließlich Kontrollorgane im Verein, die hätten einschreiten müssen, wenn sie mit seinem Tun nicht einverstanden waren.
Sein langjähriges Wirken als Ligaausschussvorsitzender war sicherlich nicht zum Nachteil des VfB. Schiedsrichterfehlentscheidungen und auch –ansetzungen wurden auf dem kleinen Dienstweg diskutiert und manchmal auch verhindert. Mit MV an der Spitze war der VfB wer, mittlerweile treibt doch jeder nur noch Hugoles mit uns.

MV verstand es auch Weltstars für den VfB zu gewinnen, wie seinerzeit Carlos Dunga. MV’s Aura und Redegewandtheit, dazu seine herzliche, kumpelhafte Art, wurde von vielen geschätzt.

Auch international hatte er hochrangige Posten inne. Er war Mitglied im FIFA-Exekutivkomitee, er war DFB-Präsident. Die Früchte, die die Nationalelf derzeit erntet, hatte u. a. MV gesät, als er nach der Katastrophen-EM 2000 ein Nachwuchsprogramm auf den Weg brachte, welches u. a. die Nachwuchsleistungszentren beinhaltete, die jeder Proficlub heute betreiben muss.

MV liebte den Fußball und er tat viel für den Fußball und das obwohl seine Politikertätigkeit ihm auch nicht gerade wenig (Zeit) abverlangte. Ich hatte zuletzt vor einigen Jahren in der Villa Reitzenstein auf einem Empfang die Gelegenheit mit ihm zu sprechen. Als ich ihm sagte, morgen in aller Hergottsfrüh fahre ich nach Berlin zum VfB, nahm er mich in den Arm und meinte nur „Du Verrückter“.

Für mich ging in der Woche der größte VfB-Präsident, den wir hatten. Vom jetzigen bin ich mehr und mehr enttäuscht, weil er eben Dinge, die zu tun sind vor sich herschiebt und Entscheidungen nicht oder zu spät trifft. MV war da ein anderes Kaliber!

Kleins Fauxpas

Die nächste Auswärtsfahrt indes sollte uns nach Kiel erneut in den hohen Norden führen, dieses Mal nach Hamburg. Der RWS Berkheim bot dafür eine Übernachtungsfahrt an, ein seltenes Vergnügen und zuletzt beim Pokalfinale 2013 praktiziert. Gegen Mitternacht, freitagnachts, traten wir die Fahrt an, um in den frühen Morgenstunden in Hamburg einzutreffen und den ganzen Tag zur Verfügung zu haben. Da die Zimmer so früh noch nicht bezugsfertig waren, machten wir erst einmal Frühschoppen am nahegelegenen Bahnhof HH-Ohlsdorf, der es in sich hatte.

Irgendwann war ich so verpeilt, dass ich mich auf dem Weg zum Anleger der Barkasse, die der VfB-Fanclub „Roter Brustring Hamburg“ wieder gechartert hatte, verfahren habe und die Barkasse dadurch verpasste.

Also, stärkte ich mich erst einmal mit Kaffee und fuhr dann zum Kiez, um Bekannte zu treffen, Facebook sei Dank wusste ich ja, wo sie sich aufhielten. Wenig später machten wir uns dann auch schon gemeinsam auf den Weg zum Stadion.

Es traf sich gut, dass ich sehr frühzeitig bei den Imbissbuden nahe dem Gästeeingang war, da ich einer Bekannten noch ein Ticket übergeben und mir mein eigenes auch noch organisieren musste. Ein Businsasse hatte die Möglichkeit, über einen Geschäftskontakt auf die Gegentribüne zu gehen, wollte selbst aber nicht dort hin. Ich bin da schon eher offen, wusste aber natürlich nicht, wo genau sich die Plätze befinden würden und ob sie mir in Sachen Knipserei einen Mehrwert brächten. Jedenfalls entschloss ich mich, mir das anzuschauen, notfalls hätte man sich immer noch in den VfB-Bereich hineinschleusen lassen können.

Besonders toll waren die Plätze leider nicht, sie befanden sich im Oberrang, so dass ich nicht besonders gut in den VfB-Block fotografieren konnte. Zudem war es sehr befremdlich, das Stadion mit einer HSV-Dauerkarte zu betreten und inmitten von Rauten-Fans zu sitzen, die teilweise nicht sehr freundlich zu den vereinzelt um mich herum befindlichen VfBlern gewesen sind. Komisch war außerdem noch, dass wir dem „Topspiel der Woche“ beiwohnten, in dem die beiden größten (sich rettenden) Loser-Teams der letzten beiden Jahre aufeinandertrafen. Der VfB schaffte dies immerhin noch in der regulären Zeit, während der HSV beide Male nachsitzen musste.

Am vorletzten Spieltag der Vorsaison konnte man den HSV ja nach Belieben dominieren und fügte Bruno Labbadia eine schmerzhafte Niederlage zu, dies sollte, vor allem nach der unnötigen Niederlage vor Wochenfrist gegen Köln am besten erneut gelingen.

Das Spiel begann, wie in allen Stadien der ersten beiden Ligen, mit einer Gedenkminute für Gerhard Mayer-Vorfelder. Obwohl es für die Hamburger gegen den VfB, Mayer-Vorfelders Herzensverein, ging, nutzten die Hamburger erfreulicherweise diese Plattform nicht, uns eins auszuwischen, sondern schwiegen respektvoll, was ich als sehr pietätvoll empfand.

Der VfB, der nach Kiel und Köln noch immer auf Serey Dié verzichten musste, begann erneut stark und setzte den Dino früh unter Druck, was durch zwei Ginczek-Tore in einer völlig verdienten 2:1-Pausenführung mündete. Da waren wir inmitten der frustrierten HSV-Fans natürlich noch obenauf. „Pünktlich“ zum 2:1 in der 42. Minute trafen dann auch das CC und noch einige VfBler mehr ein, die durch eine Autobahn-Vollsperrung 80km vor Hamburg aufgehalten wurden.

Unsere Mienen sollten sich in der zweiten Halbzeit schon schnell verdunkeln, nachdem sich Florian Klein in der 52. und 53. Minute zwei dumme gelbe Karten einfing und mit Gelb-Rot vom Platz musste. Dem HSV fiel zwar danach lang nichts ein, was den VfB in Bedrängnis bringen konnte, aber, je mehr sich das Spiel dem Schlusspfiff näherte, schwanden dem VfB die Kräfte. So handelte man sich kurz hintereinander drei weitere gelbe Karten ein und traute sich danach nicht mehr, in einen Zweikampf zu gehen. Dadurch bekam der HSV Oberwasser und erzielte das glückliche 2:2, bei dem Tytoń wieder nicht gut aussah. Als VfBler weiß man, wie es endet, so dass wir uns den Jubel der Rauten nicht mehr geben wollten und uns nach dem Ausgleich zum VfB-Block aufmachten, und die letzten Minuten dort verfolgten. Der Siegtreffer durch Djourou schmerzte dadurch zwar nicht minder, man konnte aber wenigstens mit Gleichgesinnten lamentieren, und musste sich nicht die Häme der Hamburger gefallen müssen.

Zweites Spiel, zweite Niederlage, den tollen Abend auf dem Kiez ließen wir uns trotzdem nicht nehmen.

Debakel gegen Eintracht Frankfurt

Am dritten Spieltag ging es gegen die Frankfurter Eintracht mit Ex-Trainer Armin Veh. Zu gern hätte man Veh, der uns in der letzten Saison so schändlich im Stich gelassen hatte, ein Schnippchen geschlagen und ihn dem Rücktritt bei der Eintracht ein Stück näher gebracht.
Es kam leider anders. Wieder mit 15:6 Torschüssen klar die tonangebende Mannschaft gewesen, wieder den Gegner, der nur auf unsere Fehler wartete, zum Kontern eingeladen, wieder unglaubliche Gegentore bekommen und vorne unfassbare Chancen vergeben. So Harnik, wie einst Gomez in Wien, aus zwei Metern Torentfernung weit über den Kasten. Die Entscheidung für Frankfurt fiel durch einen Elfmeter, nachdem Tytoń wegen einer Notbremse vom Platz flog und durch Vlachodimos ersetzt wurde. Das einzige VfB-Tor beim 1:4 durch Didavi fiel zudem noch aus einer Abseitsposition heraus.

Nach diesem Spiel machte sich erstmals Sprachlosigkeit breit. Null Punkte, 4:10 Tore, so schlecht war noch kein neuer VfB-Trainer gestartet. Zorniger selbst machte auch schon einen ratlosen Eindruck und gab an, defensiv einige Dinge ändern zu wollen, ohne jedoch seine Grundidee überdenken zu wollen. Georg Niedermeier spielte weiterhin keine Rolle, stattdessen trieb Hlousek in der Innenverteidigung sein Unwesen, die Eintracht brachte er mit einem Eigentor in Führung. In Berlin, beim nächsten Spiel steht allerdings Neuzugang Sunjic erstmals zur Verfügung.
Dass Zorniger schon leichte Zweifel an Tytoń beschlichen und er von Vlachodimos erstrecht nichts zu halten schien, so könnte man Zornigers Aussage nach Tytońs Platzverweis verstehen, man müsse auf der Torwartposition noch etwas machen. Dutt hingegen widersprach und nahm Vlachodimos stattdessen in die Pflicht.

Der negative Höhepunkt des Tages fand indes vor dem Spiel statt. Auch der VfB ehrte seinen Ehrenpräsidenten in „seinem“ Stadion mit einer Schweigeminute, was der Frankfurter Block komplett ignorierte und stattdessen weiter supportete. Unterste Schublade, dabei haben die Hessen mal wieder ihre hässliche Fratze nach außen gekehrt. Pfui!

Nächster Rückschlag in Berlin

Am 4. Spieltag, nach der Länderspielpause, führte uns der Weg in die Hauptstadt zur Berliner Hertha, die sich kurz vor Transferschluss noch Vedad Ibisevic geangelt hatte und wo zu befürchten war, dass er gleich gegen seine alten Kameraden treffen würde. Dieses Mal ging es mit dem ICE und einer Übernachtung los, wo ich mir am nächsten Morgen die Zeit bis zur Rückfahrt mit einer Bootsfahrt auf der Spree vertrieben hatte.
Dem VfB merkte man inzwischen an, dass die drei Auftaktniederlagen Spuren hinterlassen hatten. Die Jungs agierten abwartender, überließen dem Gegner dadurch aber eben auch automatisch den Ball, wodurch bereits in der Anfangsviertelstunde der Rückstand resultierte. Durch einen Einwurf auf der linken Seite ließen sich Kostic und Hlousek wie Schuljungen düpieren, so dass der Ball mühelos in die Mitte gepasst werden konnte und von Haraguchi unter Vlachodimos hinweg eingenetzt werden konnte. Vlachodimos, mit nunmehr 21 Jahren über den Talentstatus hinweg, hätte die große Chance gehabt, auf sich aufmerksam zu machen, was ihm leider nicht gelang. Auch er agierte glücklos, so dass es klar war, dass im nächsten Spiel, nach abgelaufener Sperre, wieder Tytoń zwischen den Posten stehen würde.

Der Rückstand weckte den VfB auf. Nunmehr, als fast nichts mehr zu verlieren war, wurden die Aktionen zielstrebiger. Eine Freistoßflanke von Didavi verwertete Sunjic in seinem ersten Spiel mit dem Brustring zum Ausgleich. Ein vielversprechender Auftakt für ihn. Doch, Sunjic war es auch, der den Ball kurz vor dem Pausenpfiff zu kurz aus dem Strafraum heraus köpfte, vor die Füße von Lustenberger, und dieser den Ball volley in die Maschen drosch. Ein Sonntagsschuss, wie er Lustenberger in seinem Leben wohl noch nie gelang und auch nie wieder gelingen wird. Dieser Nackenschlag saß. In der zweiten Halbzeit vermissten wir beim VfB Mut und Zielstrebigkeit, man rieb sich in Zweikämpfen auf und kam kaum mehr zu größeren Chancen.

Vor allem Kostic schmeckte die Gesamtsituation wohl nicht besonders. Seit das Transferfenster geschlossen und klar war, dass er bleiben muss und nicht zu Schalke wechseln darf, wirkt er reichlich genervt und wurde schließlich Gelb-Rot-gefährdet ausgewechselt. Der VfB kam in der Schlussphase kaum mehr zu vielversprechenden Chancen, weil die Berliner geschickt verteidigten und auch die letzte Überzeugung fehlte. Insgesamt wäre auch bei diesem Spiel sicher mehr drin gewesen, wenn man die wenigen Chancen besser genutzt hätte und wenn man den Gegner nicht ständig so einfach zum Tore schießen einladen würde.

Der Erfolg gibt einem Recht, bei Misserfolg hauen sie dir die großen Töne um die Ohren. Diese Erfahrung musste Trainer Zorniger nun mehr und mehr machen. Ob Mehmets Scholl „Laptop-Trainer-Kritik“, die Sport1-Spieltagsanalyse, in der mehr und mehr die Naivität und die für das vorgegebene System fehlenden Spieler kritisiert werden, oder auch sonstige Nebenkriegsschauplätze.

Nach Transferschluss sickerte durch, Robin Dutt habe im Sommer eine Verpflichtung von Julian Weigl abgelehnt, der lieber zum VfB als zum BVB wechseln wollte. Wenn man den Jungen bei Dortmund jetzt so sieht, eigentlich unfassbar. Dabei glaube ich wirklich, dass sich Weigl bei uns nicht so durchgesetzt hätte wie er es jetzt beim BVB schaffte. Bei Dortmund scheint es mehr nach Leistung zu gehen, so dass Weigl nach guten Trainingsleistungen eben auch einen Sven Bender auf die Bank zu verdrängen vermag.

Bei uns dagegen gibt’s den Mann mit der Stammplatzgarantie, Christian Gentner und daneben den zweiten Unantastbaren Serey Dié, so dass Weigl bei uns wohl zwischen Bank und Tribüne gependelt wäre.

Weiteres Thema in der Woche war die Nichtnominierung Timo Werners fürs Berlin-Spiel. Zornigers „Kindermädchen“-Aussage wurde von vielen als anmaßend empfunden, so dass schnell Transfergerüchte um Timo Werner hochkochten und thematisiert wurde, dass man Werner bereits im Sommer wie Sauerbier in England angeboten habe. Ich empfand es als nicht allzu dramatisch, einem Spieler einen Denkzettel zu verpassen. Wie man danach sah, hat dieser Werner ja auch nicht geschadet. Ob Zorniger es selbst einsah, übers Ziel hinausgeschossen zu sein und mit der Nominierung Werners für die erste Elf gegen Schalke zurückruderte, oder ob tatsächlich der Plan dahintersteckte, den Jungen auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, sei dahingestellt. Im weiteren Verlauf der Vorrunde hat Werner jedenfalls den nächsten Schritt gemacht und ist aus der ersten Elf derzeit kaum mehr wegzudenken.

Unverdiente Niederlage gegen Schalke

Jenes Spiel gegen Schalke war erneut ein Spiegelbild der bisherigen Heimspiele. Eine unfassbar schlechte Chancenverwertung in einem an und für sich Riesenspiel. Bei 19:7 Torchancen (26:10 Torschüsse) 0:1 zu verlieren, das muss einem erst mal einer nachmachen. Schalke weiß bis heute nicht, wie sie dieses Spiel gewinnen konnten, dabei ist es ganz einfach! Vorne die Chancen nicht genützt und hinten ließ sich Florian Klein von Leroy Sané wie ein ABC-Schütze ausspielen, und fertig war die Niederlage.

Grotesk, nach Jahren der spielerischen Armut, wird im Neckarstadion Spektakel und Vollgas-Fußball geboten. Dass gegen Ende die Kräfte fehlen, noch einmal zuzulegen, könnte man verschmerzen, wenn davor die Chancen besser genutzt worden wären. Auch nach dieser dritten Heimniederlage in Folge verließen wir das Neckarstadion begeistert und ich war mir sicher, dass Zorniger der richtige Mann wäre und der Schalter schon noch rechtzeitig umgelegt werden könnte. Ich sah es seinerzeit so, dass wir uns Spiel für Spiel verbessern würden und sich der Erfolg langfristig in den Ergebnissen niederschlagen würde. Schließlich ist Zorniger Übungsleiter durch und durch, der sich nie ausruhen dürfte und ständig an Verbesserungen zu feilen gewillt ist.

Gegen Schalke scheiterte man in erster Linie an eigenem Unvermögen und einem überragenden Schalker Schlussmann Fährmann. An der kraftraubenden Spielweise wollte man die Niederlagenserie freilich noch nicht festmachen, Zorniger bezeichnete sie erstmals als alternativlos und meinte, er wüsste nicht, wo, außer bei der Chancenverwertung, er ansetzen sollte. Dutt indes beschwor gar den Fußball-Gott “Vielleicht haben da irgendwelche höheren Mächte ihre Finger im Spiel”. Ratlosigkeit allerorten und wohl das erste Schlusslicht in der Bundesliga-Historie, das nur Applaus und Anerkennung für seine Darbietungen erntet und für den die Fans nach Spielende noch Standing Ovations übrig haben.

Dragan Holcer ist tot

Und plötzlich ereilte uns die Nachricht über der Tod des früheren VfB-Liberos Dragan Holcer, der im Alter von 70 Jahren einer schweren Krankheit erlag. Holcer war für mich einer der Helden meiner Kindheit. Er kam nach dem Bundesligaabstieg 1975 schon als erfahrener Spieler zum VfB, hatte großes taktisches Spielverständnis und die Gabe junge Mitspieler zu führen. An dessen Seite reifte bspw. ein Karl-Heinz Förster zum Weltklasse-Vorstopper, so dass Holcer maßgeblichen Anteil daran hatte, dass der VfB nach zwei Jahren den Wiederaufstieg schaffte und sich fortan in der Spitzengruppe der Bundesliga festbiss. Ruhe in Frieden, Dragan Holcer.

Erster Saisonsieg in Hannover

Lang war nicht Zeit, sich über die wahnwitzige Niederlage gegen Schalke zu grämen. Schon mittwochs ging es in Hannover weiter. Für mich bedeutete es mal wieder, zwei Tage Urlaub für das zweifelhafte Vergnügen zu opfern, unter der Woche in die Messestadt an der Leine zu fahren. Wir machten uns zu dritt bereits am frühen Morgen mit dem ICE auf in Richtung Norden, und vertrieben uns die Zeit in der Stadt und fuhren nach dem Spiel mit dem RWS-Bus durch die Nacht zurück in die Heimat. Mein Ticket fürs Spiel hatte ich erneut bei Hannover 96 direkt bestellt und saß Haupttribüne, Reihe 1, direkt hinter dem Bänkchen, auf dem Zeugwart Meusch, Günne Schäfer und Torwarttrainer Menger u. a. Platz nahmen. Ein genialer Platz, den ich mir in der nächsten Saison, sollten beide erstklassig bleiben, unbedingt wieder sichern muss.

Der VfB begann, wie schon in Berlin, verhalten und hatte zunächst Glück, dass ein vermeintliches Abseitstor von Andreasen nicht gegeben wurde. Wenig später handelte man sich aber dann doch den Rückstand ein, den der VfB prompt durch Gentner ausgleichen konnte. Weitere zwei Minuten später war es Timo Werner, der nach 24 erfolglosen Spielen endlich mal wieder traf.

Schon Gentners Tor hatte er vorbereitet, das zweite selbst erzielt, dadurch schwang sich Werner zum Matchwinner auf. Danach gab er zu, sich zwischenzeitlich psychologische Hilfe von Philipp Laux geholt und dabei gelernt zu haben, das Positive aus den vergebenen Chancen zu sehen, nämlich, dass er sich die Chancen überhaupt erarbeitet. Wenn es so einfach ist, na denn. Jedenfalls ist Werner seit seiner Ausbootung in Berlin auf dem aufsteigenden Ast, was mich persönlich sehr freut. Wenn er seine Schnelligkeit weiter ausspielen kann und dabei ruhiger am Ball wird, haben wir mit ihm eine richtige Waffe in unseren Reihen.

Der VfB verzeichnete auch in Hannover ein klares Chancenplus, war aber einmal mehr zu inkonsequent im Nutzen der Möglichkeiten, so dass das Spiel bis zum Schluss auf Messers Schneide stand. Erst als der eingewechselte Maxim in der Nachspielzeit das 1:3 erzielte, war der Fisch geputzt und Steine purzelten tonnenweise von den VfB-Herzen. Erster Sieg im sechsten Spiel, ganz wichtig und dazu noch der schöne Begleitumstand, dass man einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf in die Schranken weisen und in der Tabelle überholen konnte.

Die Stimmung stieg spürbar nach dem ersten Saisondreier und dennoch gab es keine Zeit, sich darauf auszuruhen, wartete doch sodann gleich die nächste schwere Aufgabe, zu Hause gegen Mönchengladbach. Die Gladbacher hatten einen genauso mauen Start in die Saison hingelegt wie der VfB und nach der fünften Niederlage in Folge den Rücktritt von Trainer Lucien Favre zu verkraften. Interimstrainer Andre Schubert gewann dann unter der Woche sein erstes Spiel, so dass die Borussen weiterhin im Gleichschritt mit dem VfB in der Tabelle unterwegs sind.

Traditionell ging es schon sehr früh aufs Volksfest, um sich den Kick schon einmal schön zu trinken und darauf einzustimmen.

Erneut eine Torschussstatistik von 23:9, erneut 1:3 verloren. Die Gladbacher wollten zunächst eigentlich nichts von uns und lagen doch bereits nach 20 Minuten durch zwei Nachlässigkeiten im eigenen Strafraum mit 0:2 hinten. Ginczek verkürzte per Elfmeter auf 1:2, was Signal eines beispielslosen Sturmlaufs war. Maxim und Werner verpassten den Ausgleich aus kürzester Distanz, Didavi scheiterte an der Latte, hochkarätige Chancen gab es zuhauf, stattdessen setzten die Gladbacher in der Nachspielzeit nach Fehler von Insúa den Deckel drauf.

Man konnte es wieder einmal nicht fassen, dass man ein solches Spiel verlieren kann. In der Tabelle fiel man wieder auf den vorletzten Platz zurück, während die Gladbacher offensichtlich den Turnaround geschafft haben und ihre Aufholjagd fortsetzten.

Die Kritik an Zorniger indes wird lauter. Immer mehr offenbart sich, dass er keinen Plan B zu haben scheint, das Team defensiver auszurichten und sich über Sicherheit Selbstvertrauen zurückzuholen. Er scheint einzig und allein, darauf zu bauen, dass die Chancenverwertung schon irgendwann mal besser werden wird. Hoffentlich nicht erst dann, wenn es zu spät ist.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch noch eine ähnliche Denke, vor allem wenn man eben sieht, wie die Chancen vergeben wurden. Wenn man aus kürzester Distanz das Tor nicht trifft und wenn man es trifft nach Fährmann gegen Schalke auch Sommer für Gladbach ein überragendes Spiel gemacht, was soll der Trainer da noch ändern? Zorniger selbst sagte „”Es ist eine schwierige Situation, weil ich nicht weiß, wo ich ansetzen soll”.
Und doch stellte sich immer mehr die Frage, ob der VfB für dieses System des hohen Verteidigens und des ständigen Jagens des Gegners die richtigen Spieler hat. Wird der Ball erobert geht es wie die Feuerwehr nach vorn und die Jungs kommen so oft zum Abschluss wie schon lange nicht mehr.

Das große Problem ist aber das naive Abwehrverhalten bei Ballverlust, wo Christian Gentner und Serey Die stets schnell überspielt oder überlaufen werden und es nicht schaffen, für Sicherheit zu sorgen. Auch die Außenverteidiger kleben auf der Linie und schaffen es nicht, Gegenangriffe zu unterbinden.

Robin Dutt sagt zwar auch zu diesem Zeitpunkt noch, „der Trainer ist nicht das Problem sondern die Lösung“, einen sonstigen Lösungsansatz hat er jedoch auch nicht in petto. Je mehr Niederlagen das Team erleidet, desto unruhiger dürfte es wieder werden auf dem Cannstatter Wasen. Für Sinsheim, wo der VfB zum nächsten Bundesligaspiel gastiert, gilt jedenfalls: „Verlieren verboten“, ansonsten dürfte es immer schwieriger werden, an Zorniger festzuhalten. Der Ton in den Medien wird jedenfalls schon rauer, ist Zorniger ja auch keiner, der einen Kuschelkurs fahren würde, im Gegenteil, von Woche zu Woche wird er dünnhäutiger.

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31. Dezember 2010

2:4 in Bern: Der VfB versinkt im Schneechaos

Fredi Bobic sieht aus wie ein begossener Pudel. Leise rieselt der Schnee, leise und unaufhörlich. Bobic wird nass. “Da kann man nichts machen. Die Zeiten sind eben ungemütlich”, sagt der Manager des VfB Stuttgart. Zuvor hatte er miterleben müssen, wie seine Elf bei Young Boys Bern mit 2:4 verlor. “Die Jungs haben sich selbst um den Lohn gebracht”, sagt Bobic. Dabei war das Ergebnis an diesem Abend aber sowieso Nebensache.

Denn wohl nur ganz selten in der Vereinsgeschichte hat ein internationales Pflichtspiel stattgefunden, das so bedeutungslos war wie jenes am Mittwochabend. Erstens war schon vor dem Anpfiff klar, dass der VfB in der Europa League überwintern würde und auch in der nächsten Runde im Februar noch im Rennen ist. Und zweitens gilt die Konzentration ohnehin dem Abstiegskampf in der Bundesliga, wo die Lage vor dem baden-würrtembergischen Derby am Samstag gegen Hoffenheim bedrohlich ist. “Das wird eine heiße Kiste”, sagt Bobic, “wir brauchen die Punkte unbedingt.”

Wenn die Partie in Bern angesichts dessen einen Sinn hatte, dann den, dass einige Reservisten die Gelegenheit erhielten, auf sich aufmerksam zu machen – speziell Zdravko Kuzmanovic, Pawel Pogrebnjak und Mauro Camoranesi. Die äußeren Umstände machten den Auftritt zwar zu einem Muster ohne große Aussagekraft. Das Fazit lautet aber dennoch, dass der zweikampfschwache Camoranesi trotz einiger gelungener Aktionen seine Chance nicht nutzte. Dagegen bemühten sich Kuzmanovic und Pogrebnjak zumindest.

Die Gewinner waren jedoch die Spieler, die der Trainer Jens Keller zur Schonung für Hoffenheim zu Hause gelassen hatte, etwa Cacau, Matthieu Delpierre und Christian Träsch. Sie saßen im Trockenen. Vor dem Fernseher dürften sie sich an einen alten Schlager von Roy Black erinnert gefühlt haben: “Ganz in Weiß”. Starker Schneefall sorgte dafür, dass der Schiedsrichter Alon Yefet die Partie mit einer halbstündigen Verspätung anpfiff. Der Platz musste erst geräumt werden. Zudem steckten viele Fans noch im Stau.

Neben den Spielern in der Heimat gab es beim VfB aber auch noch einen Gewinner: Michael Meusch, den Zeugwart. In weiser Voraussicht hatte er Petroleum eingepackt. Damit bestrich er die Sohlen der Kickstiefel – und verhinderte, dass der Schnee haften blieb. So waren die Spieler wenigstens einigermaßen standfest.

Gutes Sitzfleisch brauchten sie später auch. Denn wegen des Wintereinbruchs konnte die Chartermaschine des Clubs nach der Partie nicht wie geplant in Bern starten. Eine weitere Hotelübernachtung hatte der VfB nicht gebucht. So musste er schließlich mit dem Mannschaftsbus zurück nach Stuttgart fahren. Unterwegs konnten sich die Profis dann auch über ihren Auftritt unterhalten. Es hatte schlecht begonnen für den VfB, mit einem Lattentreffer für Bern durch Lulic (2.). Aber in der Folge hatten beide Mannschaften unter den Verhältnissen auf dem eigentlich unbespielbaren Platz zu leiden. Willkommen zum Schneewalzer von Bern. Nach 30 Minuten kamen die Räumfahrzeuge wieder zum Einsatz. Einige Helfer kehrten den Schnee von den Linien. Sogar Marc Ziegler griff zum Besen. Von der Haupttribüne aus war die Gegentribüne nicht zu erkennen. Bei minus drei Grad gingen zwischendurch auch noch ein paar Dachlawinen ab.

Solche Bilder sah man bei einem VfB-Spiel noch nie. Nicht neu waren dagegen die Abwehschwächen. Davon profitierte David Degen, der die Young Boys in Führung brachte (35.). Nach der Pause steigerte sich der VfB jedoch. Pogrebnjak erzielte den Ausgleich (48.). Dann schlug der eingewechselte Sven Schipplock zu. 93 Sekunden war er auf dem Feld, als er einen Pass von Camoranesi zum 2:1 nutzte. Aber es reichte nicht. In vier Minuten schossen Sutter (78.) und Mayuka (81., 82.) auch die Young Boys in der Europa League weiter. “Da haben wir geschlafen”, sagt Bobic. Es war also wie zuletzt in der Bundesliga. Der VfB war bedient, aber es könnte noch schlimmer kommen. Denn bei einer Niederlage am Samstag gegen Hoffenheim würde Fredi Bobic erneut wie ein begossener Pudel dastehen – ganz unabhängig vom Wetter übrigens.

Bern:

Wölfi – Sutter, Nef, Affolter, Jemal – Pascal Doubai (67. Marco Schneuwly), Spycher – David Degen, Costanzo (56. Christian Schneuwly), Lulic (73. Regazzoni) – Mayuka.

VfB Stuttgart:

Ziegler – Philipp Degen (69. Funk), Bicakcic, Niedermeier, Molinaro – Bah – Kuzmanovic, Camoranesi – Elson – Pogrebnjak (66. Schipplock), Harnik (74. Didavi).

Schiedsrichter:

Yefet (Israel).

Zuschauer:

18.627.

Tore:
1:0 Degen (35.), 1:1 Pogrebnjak (48.), 1:2 Schipplock (68.), 2:2 Sutter (78.), 3:2 Mayuka (81.), 4:2 Mayuka (82.).

(STZ online 2.12.2010)

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