13. Dezember 2011

Auf dem Stuttgarter Weg!

Nach dem ernüchternden 1:2 gegen die Bayern ist die Zeit reif für ein erstes Fazit der Vorrunde 2011/2012. Der VfB sammelte immerhin bis dato 10 Punkte mehr als vor Jahresfrist und macht insgesamt einen stabileren Eindruck. Dennoch sind wir weit davon entfernt, höhere Ansprüche als nacktes Mittelmaß anmelden zu können. Der VfB, und damit vor allem Bruno Labbadia und Fredi Bobic, hat nach wie vor an der jahrelangen Misswirtschaft von Horst Heldt zu knabbern, da er noch immer hochbezahlte Durchschnittskicker in seinen Reihen hat, die ihr Geld nicht wert sind. Damals wie heute wurden die Transfers vom mächtigen Aufsichtsrat abgenickt, der sich heute gerne diesbezüglich aus der Verantwortung stiehlt. Mitglied damals im übrigen unter anderem unser jetziger Präsident Gerd E. Mäuser.

Die Transfers, die der VfB seit Januar 2011 tätigte, erfolgten mit Augenmaß und erwiesen sich als Treffer. Ob es im letzten Winter Hajnal und Okazaki oder im Sommer Kvist und Maza waren, allesamt konnten den VfB verstärken, wenn auch nicht auf höchstem Niveau. Dieses kann aber nach der letzten Saison auch nicht erwartet werden. Vielmehr gilt es den Weg der wirtschaftlichen Konsolidierung konsequent fortzusetzen und sich von Spielern zu trennen, die jenseits der 3 Millionen Jahresgehalt liegen. Solche Gehälter sind der Wahnsinn, vor allem, wenn Zusatzeinnahmen wie aus der Champions League fehlen. Erst wenn diese Posten aus dem Haushalt verschwunden sind, lässt sich die Arbeit von Bobic, und hoffentlich dann auch noch Bruno Labbadia, richtig beurteilen. Momentan bleibt Bobic nichts anderes übrig, als die Scherben seines Vorgängers aufzukehren. Positiv sehe ich jetzt schon die Umstruktierungen im Jugend- und Amateurbereich sowie einige Spieler unserer zweiten Mannschaft mit Profiverträgen auszustatten. Noch gerner würde ich es allerdings sehen, wenn die Jungs, als Anerkennung ihrer teils überragenden Leistungen in der 3. Liga, mehr bei den Profis reinschnuppern dürften und wenn sie mehr Einsatzzeiten bekommen würden. Diesbezüglich hege ich große Hoffnungen auf die nächste Saison.

Im Sommer laufen einige hochdotierte Verträge von Spielern wie Boka, Delpierre, Boulahrouz und Pogrebnjak aus. All dies sind Spieler, die zwischen 2,5 und 3,5 Millionen Euro jährlich einstreichen und allenfalls Bundesligadurchschnitt darstellen. Ich verstehe die Spieler, wenn sie sagen, dass sie gerne beim VfB bleiben würden. Wo sonst bekommen sie die Taschen so voll gestopft und müssen so wenig Gegenleistung bringen wie beim VfB. Von den genannten Kandidaten würde ich allenfalls den Vertrag von Khalid Boulahrouz eventuell verlängert haben. Allerdings nur, wenn er dazu bereit ist, gravierende Gehaltseinbußen in Kauf zu nehmen und am Ende nicht mehr als 2 Millionen im Jahr verdient. Er ist ein Vollprofi und ein Typ, der meiner Meinung nach unserer Mannschaft gut tut. Die anderen genannten, wie auch Celozzi, dessen Vertrag ebenfalls ausläuft, sind nur Mitläufer, die für die erste Elf zu schwach und als Reservisten zu teuer sind. Auch Kuzmanovic, der immer wieder mit Angeboten aus der Serie A kokettiert, würde ich keine Steine in den Weg legen, wenn wir annähernd die 8 Millionen Euro wieder bekommen könnten, die man seinerzeit in ihn investiert hat.

Diese Saison gilt es anständig zu Ende zu spielen, ohne in Abstiegsgefahr zu geraten. Oberste Prämisse ist daher, so früh wie möglich die magische 40-Punkte-Grenze anzupeilen, um danach die Planungen für die Saison 2012/2013 forcieren und vielleicht auch schon das ein oder andere „Greenhorn“ einzubauen oder zumindest zu mehr Einsatzzeiten zu verhelfen. Je früher man die Jungs heranführt, desto motivierter werden sie an sich arbeiten und nicht, wie Bernd Leno, die Geduld verlieren. Ich bin überzeugt, der ein oder andere wird an den Aufgaben wachsen, andere fallen vielleicht auch durchs Raster oder erweisen sich als „noch nicht so weit“. Dann allerdings besteht immer noch die Möglichkeit von außen nachzubessern und/ oder den ein oder anderen zu verleihen, um ihm woanders Spielpraxis zu verschaffen.

Diese Saison ist einmal mehr eine Übergangssaison, in der man als eingefleischter Fan schon froh ist, wenn der Abstand nach unten gewahrt bleibt. Fußballerische Feuerwerke sind kaum zu erwarten und zu bestaunen, eher schon fußballerische Magerkost. Was mir nicht gefällt, ist, dass die Mannschaft wirkt, als spule sie stur ihr Programm ab. Es ist kaum Leidenschaft zu erkennen, keine Spielfreude und keine Inspiration. Der VfB steht defensiv stabiler als in der Vorsaison, Impulse nach vorne bleiben aber auch in dieser Saison Mangelware. Auf Hajnal, unseren einzigen Ideengeber in der Offensive, haben sich die Gegner offenbar gut eingestellt. Wenn er keinen guten Tag erwischt hat, krankt unser Offensivspiel und viel ist auf Zufall aufgebaut. Ob er einfach eine schlechte Phase hat oder seinen Zenit bereits überschritten hat, dazu möchte ich mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht festlegen. Er wäre aber auch nicht der erste Leih-Spieler, der, wenn er einen festen Vertrag in der Tasche hat, nachlässt. Ich bin sehr gespannt, ob Kevin Stöger aus unserer zweiten Mannschaft, bald in seine Fußstapfen treten kann. Momentan ist er leider verletzt, von dem was ich aber im Trainingslager und in den Testspielen vor der Saison gesehen habe, war ich sehr angetan.

Da der VfB derzeit meist nur mit einer echten Spitze antritt, geht nach vorne fast nichts, erst recht nicht, wenn Hajnal aus dem Spiel genommen wurde. Ob Pogrebnjak (in Bremen), Cacau (gegen Köln) oder Schieber (gegen die Bayern), jeweils lief das Spiel an der alleinigen Spitze vorbei. Ich hoffe, dass Labbadia dieses Problem auch erkannt hat, und in Wolfsburg, beim letzten Bundesliga-Spiel des Jahres, anders aufstellt. Das Bremen-Spiel sollte eigentlich eine Lehre sein. Auch damals traf man auf einen angeschlagenen Gegner, den man schon mit der Aufstellung aufforderte, die Initiative zu übernehmen, was dieser dann auch dankend annahm. Ich wünschte mir eher, die Wolfsburger offensiv zu überraschen, um deren wackelige Abwehr zu beschäftigen. Die Wölfe stehen zwar zurecht da unten, wenn man sie aber spielen lässt, sind auch die gefährlich. Vor allem die Ex-VfBler werden top motiviert sein und für einen guten Jahresabschluss sorgen wollen. Auch ein Felix Magath steht zunehmend unter Druck, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Konzernzentrale weiterhin Millionen verbrennen und einen Kader von knapp 40 Spielern klaglos finanzieren möchte. In der Winterpause wird beim VfL wieder das große Stühlerücken anstehen und Magath auf Shopping-Tour gehen. Dass er einige Neuzugänge präsentieren wird, davon ist auszugehen, ob er aber andererseits aber Abnehmer für seine Resterampe findet, darf bezweifelt werden. Welcher Spieler lässt sich schon gerne abschieben, wenn er einen hochdotierten Vertrag beim VW-Werksclub besitzt. Dies wird allenfalls über hohe Abfindungszahlungen gehen, viel Vergnügen, VW. Einer dieser Restrampe ist Patrick Helmes. Dieser wird ja immer wieder mit dem VfB in Verbindung gebracht und wäre vielleicht auch schon als Gomez-Nachfolger gekommen, hätte er sich in jener Sommerpause nicht bei einem Freizeitkick das Kreuzband gerissen. Dass der aber finanzierbar ist, bezweifle ich. In Wolfsburg soll sein Jahressalär bei 4 Millionen Euro liegen. Sollte er auf die Hälfte verzichten wollen oder Wolfsburg die Hälfte seines Gehaltes übernehmen, würde ich Helmes gerne beim VfB sehen. Er ist, denke ich, ein charakterlich einwandfreier Junge, der immer seine Tore gemacht hat, wenn er sich wohlgefühlt hat. Magath, der seinen Kader in Feldherrenmanier führt, zählt sicherlich nicht zu seinen Lieblingstrainern. Wenn man aber Helmes holt, muss man sich auch im klaren sein, dass er ein Stürmer ist, der vorne auf seine Chancen lauert und nicht unbedingt zu den Arbeitstieren oder Laufwundern zählt. Diese Verpflichtung müsste also mit einer Systemänderung einhergehen. Schieber und Helmes zusammen könnte ich mir sehr gut vorstellen. Ob Cacau wieder zu alter Stärke findet, muss man abwarten. Er ist in dieser Saison ein Schatten seiner selbst und steckt mit seiner daraus resultierenden schlechten Laune wohl einige seiner Mitspieler an. Im Fußball zählen einfach die Verdienste aus der Vergangenheit nicht viel und vor allem nicht ewig. Daher darf er für sich auch keine Sonderrechte oder eine Andersbehandlung einfordern und muss sich in das Team einordnen. Nur zusammen geht es. Momentan wirkt er unzufrieden und egoistisch auf dem Platz und nicht wie ein Teamplayer. Die Unzufriedenheit seiner Mitspieler darüber merkt man immer mehr, wo wir wieder bei der mangelnden Spielfreude wären. Wie soll die aufkommen, wenn sich einzelne Spieler nicht grün untereinander sind. Ich hoffe sehr, dass die Jungs sich jetzt vollends zusammenreißen und noch für einen guten Jahresabschluss sorgen, mit einem guten Spiel in Wolfsburg und einem Weiterkommen im Pokal gegen den HSV.

Der VfB hat durch das fertige Stadion jetzt eigentlich die besten Voraussetzungen wieder durchzustarten. Das Stuttgarter Publikum hat es gelernt kleinere Brötchen zu backen und nimmt den „Stuttgarter Weg“ auch an. Allerdings ist man auch anspruchsvoll genug, sich nicht alles bieten zu lassen. Wenn erkennbar ist, dass ein zerstrittener Haufen auf dem Platz steht, der sich nicht gegenseitig hilft, der nicht füreinander läuft, der sich auch nicht konzentriert und lustlos spazieren läuft, werden die Spieler ausgepfiffen und dem VfB laufen die Zuschauer weg. Andererseits wird auch nicht erwartet, dass der VfB gleich wieder um die Meisterschaft mitspielt. Der eingeschlagene Weg der Konsolidierung ist wichtig und richtig und braucht Zeit. Was wir Fans aber unbedingt sehen möchten, ist ein VfB, der mit Leidenschaft zu Werke geht und sich gegen drohende Niederlagen stemmt. Im derzeitigen Kader sind jedoch viele Spieler, denen man es nicht abnimmt, dass ihnen das Wohl und Wehe des Vereins am Herzen liegt. Hier trägt hoffentlich im nächsten Sommer Bobics neues Scouting-System Früchte, das ein größeres Augenmerk auch auf den Charakter eines potentiellen Neuzugangs legen soll. Den VfB-Fans muss wieder ein Team präsentiert werden, dem man abnimmt, den Brustring mit Stolz zu tragen. Vom derzeitigen Stamm wurden lediglich Ulreich, Tasci, Gentner und Schieber vom VfB ausgebildet, womit automatisch eine höhere Identifikation gegeben ist. Für meinen Geschmack sind das zu wenige. Seit den Abgängen von Gomez, Khedira und zuletzt Träsch hat man niemanden mehr, der zur Identifikationsfigur taugt. Tasci ist zu zurückhaltend, auch in der Kapitänsfrage und Schieber fängt erst jetzt an Fuß zu fassen. Ihm traue ich eine starke Entwicklung zu und freue mich auch, dass er endlich wieder angreifen kann. Da er aber fast ein halbes Jahr verletzt war, wird es möglicherweise weit in die Rückrunde reichen, bis er seine alte Form wieder erreicht hat.

Ich traue dem VfB in der Rückrunde mit dem derzeitigen Kader wenig zu. Ob noch Bewegung rein kommt, wird der Januar zeigen. Nach zuletzt nur einem Sieg aus den letzten sieben Spielen, dieser gegen Augsburg auch wenig überzeugend, treten wir auf der Stelle. Die nächsten Gegner, Wolfsburg zum Abschluss der Vorrunde, danach in Schalke, gegen Gladbach und in Leverkusen haben es in sich. Wenn man da nicht auf der Hut ist, kann man auch ganz schnell nach unten durchgereicht sein und wieder unter enormem Druck stehen. Auch schon deshalb sollte der VfB am Samstag in Wolfsburg alles daran setzen, einmal NICHT die erste Halbzeit zu verschlafen und die Unsicherheit des Gegners auszunutzen. Danach das Weiterkommen im Pokal und einem frohen Weihnachtsfest steht nichts mehr im Wege. Bilder und vielleicht auch einen Bericht vom Wolfsburg-Spiel folgen zeitnah. Bis dahin, viele Grüße, Franky.

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