13. April 2014

Pech oder einfach „nur“ Unvermögen?

Category: Frankys Blogs — Tags: , , , , , , – Franky @ 18:08

In letzter Zeit habe ich mich mit dem Schreiben und vor allem dem allzu heftigen Kritisieren im Blog zurückgehalten und mich diesbezüglich auf Facebook beschränkt. Teilweise schlicht aus Zeitgründen, aber auch, weil ich #Zusammenhalten verinnerlicht habe und überzeugt davon bin, dass draufhauen zu diesem Saisonzeitpunkt nichts mehr bringt. Die Schlüsse aus der Fehlentwicklung der letzten Jahre und die Konsequenzen daraus werden nach Saisonende im Vorblick auf die neue Saison, in welcher Liga auch immer, gezogen werden. Dass „wir nicht weitermachen können wie bisher“ hat Präsident Wahler ja schon verlauten lassen. Spätestens seit der Verein mit dem längst überfälligen Trainerwechsel die letzte Patrone gezogen hat, liegt die Zukunft des Vereins in den Händen der Spieler, die es auf dem Platz richten müssen.
Seit meinem letzten Kommentar auf dieser Seite gab es nach aufopferungsvollem Kampf und einer 2:0-Führung das 2:3 gegen Borussia Dortmund. Die hätten lieber mal ihre Leistungsträger geschont, dann wären sie im darauffolgenden Championsleague-Spiel in Madrid wohl nicht so unter die Räder gekommen. Auch der Dreifach-Torschütze Marco Reus, der sich die Unverschämtheit leistete, den VfB-Fans die herausgestreckte Zunge zu zeigen, hätte sich lieber den einen oder anderen Treffer für die Königlichen aufgehoben als uns ins Tal der Tränen zu schießen. Dieses Spiel lief sehr unglücklich für uns. Kirch hätte mit Gelb-Rot vom Platz gehört, ebenso wie Lewandowski, dem eine Zweikampfführung ohne Ellenbogeneinsatz fremd ist und der zu allem Überfluss noch einen Elfmeter geschunden hat, was die Rote Karte für Georg Niedermeier zur Folge hatte. Der VfB, zu diesem Zeitpunkt gegen den gewohnt laufstarken BVB bereits ausgepowert, hatte in Unterzahl leider nichts mehr entgegenzusetzen. Dennoch war das Spiel einmal mehr ein Hoffnungsschimmer, dass durchaus Qualität in der Truppe vorhanden ist. Stevens zog zudem Konsequenzen aus dem blutleeren Auftritt in Nürnberg und brachte erstmals Didavi und Gruezo in der Anfangsformation.
Danach folgte der überlebenswichtige Heimsieg gegen den SC Freiburg. Wie schon gegen den HSV stach unser Joker Alexandru Maxim nach toller Vorarbeit von Traore. Ulle machte ein starkes Spiel und hielt uns in der Schlussviertelstunde die Führung, ehe Martin Harnik den Deckel drauf setzte. Wieder bildeten Gruezo und Gentner die Doppelsechs, während Didavi auf der zentralen Offensivposition die Fäden zog. Viele hatten Dida ja schon abgeschrieben, umso mehr freut es mich, wie er sich wieder herangekämpft hat und wie gut er dem VfB-Spiel tut. Gruezo die Überraschung der letzten Spiele schlechthin. Sehr abgeklärt für sein Alter und technisch beschlagen füllt er die Position aus, wie schon lang niemand mehr beim VfB. Er versteht es dem Spiel Struktur zu verleihen und macht intuitiv das richtige, ob er einen Angriff einleiten oder wann er Tempo herausnehmen muss.
So war es logisch, dass diese beiden auch im Borussia-Park in Mönchengladbach zum Stammpersonal gehörten. Auch wenn ich was Stadien angeht eher ein Nostalgiker bin und den alten Stadien, die oft inmitten von Wohngebieten und mit vielen Bier- und Wurstbuden umgeben waren, nachtrauere, fahre ich immer wieder gerne in den Borussia-Park. Auf den Anfahrtswegen und in der Stadt findet keine übertriebene Fantrennung statt, die Polizei hält sich wohltuend im Hintergrund und auch die Ordnerschaft vermittelte eher einen kooperativen Eindruck. In dieser Hinsicht bilde ich es mir ein, vielleicht ist es ja auch so, dass bei Fußballvereinen, die mehr oder weniger zum Inventar der Liga gehören, wozu ich auch Gladbach, Lautern, Köln, etc. zähle, also solche, die über jahrzehntelange Bundesligaerfahrung verfügen, mit viel mehr Routine, auch mit mehr Gelassenheit, im Umgang mit den gegnerischen Fans zu Werke gehen als die Emporkömmlinge der Liga wie bspw. Mainz, Augsburg, Wolfsburg, Hoffenheim u. v. a. m. wo man nie den Eindruck hat, als Gast wirklich willkommen zu sein. In Gladbach davon keine Spur. Der Einlass war relaxed, man konnte mit den Ordnern flachsen, meine Kamera hat sie auch nicht die Bohne interessiert. Gestern war ich früh wie selten am und im Stadion, da ich nach dem Ausflug ins Düsseldorfer Nachtleben am Freitag mein Gepäck im RWS-Bus verstauen musste und daher bereits die Ankunft der Busse erwartete, um nicht Gefahr zu laufen, einmal mehr bei einem schönen Pils zu „verhocken“. Innen im Stadion traf man natürlich jede Menge Freunde und Bekannte, so dass die Zeit bis zum Anpfiff regelrecht verflog. Da eine Choreo angekündigt war ging ich rechtzeitig hinein und suchte mir einen guten Platz um diese bestmöglich in Szene setzen zu können.
Die Aufstellung bekam ich wie gewohnt per Whatsapp-Nachricht vom VfB-Tweet übermittelt. Überraschung, Überraschung, der Mann mit der vermeintlichen Stammplatzgarantie, Vedad Ibisevic, musste auf der Bank Platz nehmen und Timo Werner den Vortritt lassen. Stevens ist endlich mal wieder ein Trainer, der vor „großen Namen“ nicht Halt macht, sich aber auch nicht in die Karten blicken lässt. Den Medienvertretern jedenfalls hat er am Freitag noch Glauben gemacht, eine Herausnahme unserer Nummer 9 wäre kein Thema. Umso überraschter, aber auch positiv erfreut, war ich, als ich diesen Wechsel zur Kenntnis nahm, fiel Ibisevic doch auch nach Ablauf seiner Sperre mehr durch unfaire Einlagen und lustlosem Gekicke auf, als dadurch, der Mannschaft unbedingt aus dieser misslichen (Tabellen-)Lage heraus helfen zu wollen. Es scheint so, als hätten wir seit längerer Zeit mal wieder einen Übungsleiter, bei dem das Leistungsprinzip gilt. Ein (richtiges) Signal sicherlich für jeden einzelnen, dass er es sich nicht leisten kann nachzulassen, möchte er auch im nächsten Spiel in der Stammelf stehen. Ein solch konsequenter Mann an der Seitenlinie, finde ich, tut uns gut und weshalb sollte er, nach hoffentlich erfolgreich absolviertem Abstiegskampf, nicht auch in der nächsten Saison unser Trainer bleiben, wenn er denn möchte. Dazu müsste die Vereinsführung den Mut haben, diesen kauzigen und sicherlich nicht einfachen Typen, der den Herren auch nicht immer nach dem Mund reden wird, weiter zu beschäftigen und eine (konstruktive) Streitkultur wieder einkehren zu lassen. Sie müsste also endlich einmal über ihren eigenen Schatten springen. Dass er den vom Verein kolportierten Jugendstil nicht mittragen würde halte ich für eine Mär. Gestern standen mit Werner und Gruezo gleich zwei Youngster in der Anfangsformation, würde das Reservoir des Vereins mehr hergeben, bekämen sicherlich noch andere ihre Chancen. Wer sich in letzter Zeit aber die Auftritte unserer zweiten Mannschaft angeschaut hat, sieht eigentlich so gut wie keinen, dem man den Sprung in naher Zukunft zutrauen könnte. Vielleicht kommt als nächster Marco Rojas, der mit viel Vorschusslorbeeren als Kiwi-Messi angekündigte Neuseeländer, noch zum Zug, der derzeit wie zuvor Daniel Didavi bei den Amateuren Spielpraxis erlangt. Auf Teufel komm raus junge reinzuwerfen, nicht weil sie gut, sondern nur weil sie jung sind, bringt in unserer Lage nichts und damit tut man ihnen auch keinen Gefallen. Dafür fehlen uns die gefestigten Führungsspieler, an die sich anlehnen und von denen sie lernen könnten.
Außer Werner für Ibisevic kehrte Niedermeier nach Rot-Sperre für Sakai in die Startformation zurück. Der VfB-Block bot ein wunderschönes Bild, waren doch sehr viele dem Aufruf „Alle in Rot nach Gladbach“ gefolgt. Gut 4.000 VfBler machten von Beginn an gute Stimmung und wirkten bis in die Haarspitzen motiviert. Kurz vor dem Einlauf der Mannschaften fiel der Startschuss für die Fahnen-Choreo mit dem Motto „Kampf bis zum Schluss“. So ein beeindruckendes Bild musst Du auswärts erst einmal abgeben, Gänsehautatmosphäre also bereits bevor das Spielgerät rollte. Zum Fotografieren hatte ich einen tollen Platz, direkt am Zaun zur Gegengerade, so dass ich durch den Zaun in die Gladbacher Kurve fotografieren konnte und auf der anderen Seite auch unseren Block gut im Blick hatte. Nach einer kurzen Abtastphase, in der sich die Gladbacher mühten, unser Abwehr-Bollwerk zu knacken, jedoch nicht durchkamen, stand es plötzlich 1:0 für den VfB. Der VfB vorne sehr variabel und für die Gladbacher schwer auszurechnen, da Gruezo die Bälle klug verteilte und Didavi, Harnik, Traore und Werner ständig die Positionen tauschten, ging nach missglücktem Versuch von Werner schließlich durch Didavi in Führung. Es war Didavis erstes Bundesligator seit ziemlich genau zwei Jahren. Noch hat er keine Luft für 90 Minuten, dennoch zeigt er schon ín seinen ersten Spielen nach schier endlos langer Reha wie wertvoll er für den VfB sein kann. Mit Stevens haben wir endlich wieder einen Trainer, der erkennt, wie er den einen oder anderen Spieler einsetzen muss, damit seine Stärken zum tragen kommen, Labbadia jedenfalls konnte mit Didavi nichts anfangen, weshalb er ja auch damals nach Nürnberg verliehen wurde. Ich verfolge Didavi schon länger, war bei seinem allerersten Spiel bei unseren Amateuren gegen Eintracht Braunschweig dabei, als er wie Phönix aus der Asche kam und zwei Tore zum 4:0-Sieg beisteuerte. Sein starker linker Fuß kann eine Waffe für uns werden, hoffentlich bleibt er gesund, dann bin ich mir sicher, werden wir noch viel Freude an ihm haben.
Unmittelbar vor dem Führungstreffer gab es eine schön anzuschauende Pyro-Einlage unserer Ultras. Wer weiß, vielleicht wirkte diese „Show“ ja motivierend auf die Jungs oder lenkte die Gladbacher ein wenig ab. Ich sehe solche Zündeleinlagen durchaus mit gemischten Gefühlen. Ich schaue es mir unheimlich gern an, halte auch mit der Kamera drauf, was das Zeug hält, weil es einfach geile Bilder gibt. Auf der anderen Seite bin ich überzeugt davon, dass ein teilweiser Fanausschluss bei uns nur noch eine Frage der Zeit ist, die DFL greift nach solchen „Vorfällen“ momentan gnadenlos durch und will mit aller Gewalt demonstrieren, wer Herr im Haus ist und wer die Hosen an hat. Ist ein wenig ein Katz- und Mausspiel, bei dem die Vereine und die Fans im Grunde nur verlieren können. Trotzdem verstehe ich die Ultras, die nicht bereit sind, jedes Verbot zu tolerieren und zu akzeptieren, da rund um den Fußball und besonders was das Fußballfan-Dasein angeht in den letzten Jahren viel an Freiheit verloren gegangen ist. Der Fußball und das Drumherum verlieren mehr und mehr seinen originären Charakter hin zum Event. Der Fan in der Kurve ist allenfalls noch Beiwerk, das Hauptevent findet in den Fresslogen auf den Haupttribünen statt, sind es doch die, die das meiste Geld bringen und die, mit denen man geschäftliche Kontakte knüpft, wovon man irgendwann in diesem Leben noch profitieren könnte. Nur gut, dass auch für die Großkopferten in den Logen das Fahnenmeer in der Kurve, die Gesänge, ab und zu eine beeindruckende Kurvenchoreographie und die Stimmung dazugehören und sie dies nicht missen möchten, sonst würde die Kommerzialisierung noch fatalere Ausmaße annehmen. Daher stimme ich in vielem mit der Intension der Ultras überein und bin auch froh, dass es sie gibt. Auf der anderen Seite habe ich eben vorhin den liberalen Umgang der Ordner in Gladbach gerühmt. Es steht zu befürchten, dass es im Spiel 1 nach einer Pyroshow an gleicher Stelle Restriktionen geben wird, sei es Choreo- und Fahnenverbot, seien es verschärftere Eingangskontrollen und/ oder Ausschank von nur noch alkoholfreiem Bier. Steht so etwas zu befürchten mache ich mir Gedanken darüber in einen neutralen Bereich zu gehen, um mich diesen Restriktionen (immer öfter auch Schikanen) nicht aussetzen zu müssen.
Der VfB war nach der Führung klar die bessere Mannschaft und ließ wenig bis nichts zu. Und wenn, war Sven Ulreich zur Stelle, der seit dem Dortmund-Spiel stark aufsteigende Tendenz zeigt in einer Mannschaft, die von Spiel zu Spiel stabiler wirkt, von negativen Ausrutschern wie in Nürnberg einmal abgesehen. Nach vorne setzte das Team immer wieder Nadelstiche und hätte die Führung ausbauen müssen. Vor allem unmittelbar vor der Pause, als Didavi und Werner das Tor einfach machen mussten.
Nach dem Wechsel übernahmen die Gladbacher mehr und mehr die Initiative, wechselten offensiv, ohne jedoch zu klaren Chancen zu kommen. Sie bissen beim VfB über weite Strecken auf Granit, was sich in Verzweiflungsschüssen zeigte, die meist das Tor weit verfehlten. Der VfB verfiel leider mit zunehmender Spieldauer in alte Verhaltensmuster und tat zu wenig für die Offensive. Dennoch hatten wir in der 87. Minute den erlösenden Torschrei auf den Lippen, als Traores Freistoß an die Latte prallte. Und dann kam es, wie man es als leidenserprobter Fan kommen sah, Boka zu weit weg von Kruse, der ungehindert flanken konnte, den Kopf von Arango traf und dieser mit seinem allerersten Kopfballtor den von den Gladbacher viel umjubelten Ausgleich erzielte. Niedermeier, gefühlt einen Kopf größer als Arango, hinderte ihn ebenso wenig dran wie Schwaab, der nur zuschaute. Eine Verkettung von eigenen Fehlern also mal wieder, so dass es mir schwer fällt von Pech zu reden. Diese Unkonzentriertheiten in der Schlussphase haben uns mittlerweile etwa 30 Punkte gekostet. Hier rächt sich das so hochgelobte Trainingslager in Südafrika, wo dem Anschein nach mehr Wert auf die Termine als DFL-Botschafter denn auf Schwerpunkte auf dem Trainingsplatz gelegt wurde. Wenn man da mal nicht für 200.000 Euro die Bundesligazugehörigkeit verkauft hat…
Auch wenn uns momentan nur noch Dreier so richtig weiter helfen, hätte ich vor dem Spiel für den einen Punkt unterschrieben. Nach diesem Spielverlauf ist es jedoch einmal mehr eine gefühlte Niederlage, die richtig weh tat. In Anbetracht der Ergebnisse der Konkurrenz hätten wir uns, zusammen mit Hannover und Freiburg, fürs erste von den letzten drei Plätzen absetzen können. Jetzt aber heißt es (mal wieder) Mund abwischen und Schalke schlagen. In den verbleibenden Heimspielen muss einfach gewonnen werden, um nicht von den Ergebnissen der Konkurrenz abhängig sein und in München den Rechenschieber rausholen zu müssen. Die Leistungen zuletzt, die Stimmung rund um den VfB, der Zusammenhalt unter uns Fans, die Initiative „Jetzt weiß-rot” der Stuttgarter Medien, ein erneut volles Haus gegen Schalke 04 am ersten Frühlingsfestwochenende, vieles, das mir Mut macht für die letzten Heimspiele. Unter Stevens scheinen die Jungs auch die chronische Heimschwäche ad acta gelegt zu haben und vor allem die Angst vor dem Heimsieg. Eine unglückliche Niederlage gegen den BVB sowie zwei so wichtige Heimsiege gegen Hamburg und Freiburg sind eine Bilanz, die Hoffnung macht. Zudem haben wir gegen die auf dem Papier stärkeren Schalker und Wolfsburger, die beide noch um die Championsleague-Qualifikation spielen, gute Erinnerungen was „Endspiele“ betrifft. Gegen Schalke gelang der so wichtige Sieg 2001, der uns aller Abstiegsängste entledigte und den Schalkern zum Titel „Meister der Herzen“ verhalf. Gegen Wolfsburg erreichten wir 2003 mit einem 2:0-Sieg und durch Schützenhilfe von Energie Cottbus in Dortmund erstmals die Champions League. Auch 2012, als Wolfsburg zum letzen Heimspiel im Neckarstadion seine Visitenkarte abgab, gewannen wir mit 3:2 (nach 0:2!) an einem großartigen Tag mit beeindruckender Choreographie in der Cannstatter Kurve.
Dazwischen geht es noch zu Hannover 96, gegen die wir zuletzt 2006 auswärts gewannen. Ich drücke Hannover die Daumen, dass sie am Donnerstag in Frankfurt den Auswärtssieg feiern und den Abstiegsplätzen damit endgültig entrücken können. Möglicherweise wäre dann die Konstellation bei unserem Auftritt im Niedersachsenstadion schon so, dass sie völlig entspannt antreten und wir die Situation möglicherweise ausnutzen können. Aber, auch dort wird das Spiel 90 + x Minuten dauern. Höchste Zeit, dass unsere Jungs das verinnerlichen und noch gieriger werden, eine Führung auch mal beizeiten auszubauen, um unsere und auch die eigenen Nerven zu beruhigen.

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4. Februar 2011

Ende oder Wende?

Wenn am morgigen Samstag der 18. auf den 17. trifft, von der DFL erstaunlicherweise zum Spiel der Woche gekürt, sollte auch dem Letzten klar geworden sein, was die Stunde geschlagen hat. Von nun an geht es nur noch ums nackte (sportliche) Überleben. Wer nach den Achtungserfolgen zum Auftakt gegen den Zweiten Mainz und gegen den Tabellenführer Dortmund geglaubt hatte, der Aufstieg in sicherere Tabellengefilde würde ein Selbstläufer werden, der wurde spätestens nach dem schwachen Spiel gegen den SC Freiburg eines Besseren belehrt.

Die Tabelle lügt nicht. Der VfB gehört in der Saison 2010/2011 tatsächlich dort hin, wo er steht, nämlich auf den vorletzten Tabellenplatz, lediglich durch das deutlich bessere Torverhältnis getrennt vom Schlußlicht, unserem morgigen Gegner Borussia Mönchengladbach. Allein 14 Tore davon machte der VfB im Hinspiel gut, dem sagenhaften 7:0. Dieses Spiel war natürlich Balsam auf die Seelen eines VfB-Fans, stand man doch nach den ersten drei Saisonspielen gänzlich ohne Punkte da. Leider war dieses Spiel nur Augenwischerei, verlor man doch bereits drei Tage später in Nürnberg wieder. Dort waren wir aufgrund eines Staus noch nicht einmal im Stadion, als unsere Leihgabe Julian Schieber bereits das 1:0 markierte.

Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison, dass nach erfolgreichen Spielen der eine oder andere meint, sich zurücklehnen und mit halber Kraft spielen zu können. Nach jedem Spiel hört man die selben Attituden, dass die Qualität ja viel zu hoch wäre, als dass man ernsthaft absteigen könnte. So gelang es dem VfB in dieser Saison noch überhaupt nicht, zwei Spiele in Folge zu gewinnen, weil nach jedem Sieg der nächste Rückschlag folgte. Als Fan ist man da am verzweifeln.  Seit Bruno Labbadia VfB-Trainer ist, habe ich zwar schon den Eindruck, dass mehr Zug drin ist und die Spannung hoch gehalten wird. So gab es wenigstens im Pokalspiel gegen die Bayern und den Bundesligaspielen gegen Mainz und in Dortmund keinen Grund, sich übermangelnde Einsatzbereitschaft zu beklagen. Dass es im spielerischen Bereich hapert, ist, denke ich, ist normal, wenn man auf einem Abstiegsplatz steht und sich die Unsicherheit in die Köpfe gefräst hat. Gegen Freiburg allerdings hatte man schon den Eindruck, dass der alte Schlendrian wieder einzieht. Um einen kompakt stehenden Gegner wie den SC Freiburg ausspielen zu können, brauchts eine bedingungslose Laufbereitschaft, um Überraschungsmomente schaffen zu können. Vor allem in der ersten Halbzeit war davon nichts zu sehen. Da hat die Mannschaft wahrlich gespielt wie ein Absteiger. Die zweite Halbzeit wurde mir von den Verantwortlichen schon wieder zu gut gesehen. Ich fand sie zwar besser als die erste, aber dazu gehörte wahrlich nicht viel. Freiburg hatte keine große Mühe die frühe Führung über die Zeit zu schaukeln, da dem VfB über weite Strecken die Mittel fehlten, den badischen Abwehrriegel zu knacken. Mir wurde auch zu viel auf Martin Harnik herumgehackt, der kurz vor Schluß das leere Tor verfehlte. Zum einen ist er einer der wenigen Spieler, an denen es in dieser Saison wenig bis nichts auszusetzen gibt, zum anderen hätte uns ein Unentschieden auch nicht wesentlich weiter gebracht. Auch ein Punkt wäre zu wenig gewesen. Ein Übriges hat sich wieder der Schiedsrichter geleistet, als er einen Handelfmeter nicht gab. Diese Fehlentscheidung ließ uns immerhin auf Platz 10 bei www.wahretabelle.de klettern.

So ist und bleibt der VfB in dieser Saison eine Wundertüte und ich weiß wirklich nicht, was ich vom morgigen Spiel gegen einen sicher bissigen Gegner erwarten soll. Die Mönchengladbacher haben in der Winterpause ordentlich nachgebessert und sind mit zwei Auswärtssiegen und einer Heimpleite gegen Bayer Leverkusen gut in die Rückrunde gestartet. Die Borussia hat in dieser Saison jämmerliche drei Pünktchen zu Hause geholt und noch kein Heimspiel gewonnen. Dies deutet eigentlich darauf hin, dass die Borussen selbst das Spiel nicht machen können und die Initiative gern dem Gegner überlassen. Auswärts haben sie dann mehr Räume zum kontern. Ich hoffe, der VfB tut ihnen nicht den Gefallen das Spiel weitestgehend in die Gladbacher Hälfte zu verlagern, um sich dann auskontern zu lassen. Da der VfB noch keinen Auswärtssieg, Gladbach noch keinen Heimsieg hat, wäre ein Unentschieden, das keinem weiter hilft, ein logisches Ergebnis. Ich hoffe nicht, dass es so kommt, sondern dass WIR die Negativserie beenden. Das Szenario einer eventuellen Niederlage möchte ich schon gar nicht erst beleuchten und mich im Falle eines Falles erst nächste Woche damit beschäftigen.Um die Liga zu halten muss langsam mal auswärts gewonnen werden. Das nächste Heimspiel gegen den Club wird sicher ähnlich schwierig wie gegen Freiburg.

Natürlich freue ich mich auf den morgigen Tag und das Spiel im Borussia Park. Die Borussen sind für mich schon seit Kindheitstagen ein sympathischer Verein. In den 70er-Jahren hatte der Verein mit der Raute natürlich noch einen größeren Klang, als man regelmäßig tolle Europapokalschlachten im Fernsehen sah. Unvergessen ist auch 1978 das 12:0 gegen Borussia Dortmund mit ihrem jungen Trainer Otto Rehagel, das dennoch nicht zur Deutschen Meisterschaft reichte. Auch in den 80ern noch mit Trainer Jupp Heynckes war mit den Gladbachern immer zu rechnen. Nach einem Zwischenhoch Mitte der 90er-Jahre, als mit dem DFB-Pokal der bislang letzte Titel geholt wurde,  kam der erste Abstieg 1999. Seitdem kämpft die Borussia in jeder Saison mehr oder weniger gegen den Abstieg. Ich finde das große Fanpotenzial bemerkenswert, nicht nur regional, auch in ganz Deutschland trifft man Gladbach-Fans an, die regelmäßig zu Heim- und Auswärtsspielen fahren. Ich würde mich ja freuen, wenn wir beide die Klasse halten könnten, da auch die Borussia zweifellos in die Bundesliga gehört.

In dieser Woche hatte ich das Vergnügen mit meinem Blogger-Kollegen Daniel von www.buechsenwurf.de ein gegenseitiges Intervicw zu führen. Meine Antworten auf seine Fragen findet Ihr unter www.buechsenwurf.de/aktuelles.php, seine Antworten auf meine Fragen hier:

1. Wann und wie bist Du Borussia-Fan geworden?

Das muss wohl durch meinen Vater passiert sein, der häufiger am Bökelberg zugast war und sich im Gegensatz zu mir noch an bessere Fohlenzeiten erinnern kann.

2. Was macht für Dich den Mythos Borussia aus?

Die Borussia ist für mich ein besonderer Verein, ein Verein mit Geschichte, mit überregionalem Interesse. Ein Team das anders war und ist. Borussia ist immer für Ausreißer – positiv wie negativ – gut. Langweilig wird es nie. Die Fans halte ich ebenfalls für überdurchschnittlich, bin aber realistisch genug, um offen zu zugeben, dass an die Fans von Eintracht Frankfurt niemand ran zu kommen scheint.

3.  Was hatte die berühmte Fohlen-Elf in den 70ern, was dem derzeitigen Team fehlt?

Schwer zu sagen, da ich damals nicht dabei war. In den 70 prägte die Borussia ein ganz neues Fußballniveau. Es waren schlichtweg die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Es scheint alles gepasst zu haben. Heute scheint es so, als würde Mitspieler X die Energie des Spielers Y aufsaugen – mit anderen Worten: Spielt Marx einen überragenden Pass, vergeigt es eben Arango …

4.  Wie hast Du den letzten Titel der Borussia, den Pokalsieg 1995, erlebt?

Ich war live am TV dabei und habe meinen Kindheitsidolen Effenberg, Dahlin, Herrlich, Klinkert und dem ganzen Team voller Begeisterung die Daumen gedrückt. Und das, obwohl ich damals nicht wusste, dass der Gewinn des DFB-Pokales ein Team für den UEFA-CUP qualifizierte.

5.  Fiel Dir der Umzug vom Bökelberg in den Borussia Park genauso schwer wie mir? Ich persönlich finde, dass etwas an Flair verloren gegangen ist.

Aus flairtechnischer Sicht war der Umzug eine Verschlechterung, was jedoch nicht an den Fans lag. Auf dem Berg stand man eng an eng, kannte sich und war unter seines Gleichen. Im Park sind viele Nörgler in der Kurve – das gab es am Bökelberg nicht. Aus finanzieller Sicht war der Umzug überfällig. Es liegt nun an den Fans, das was den Berg ausgemacht hat, in den Park zu tragen. Persönlich denke ich, dass Erinnerungen immer schöner wirken als das Hier und Jetzt.

6.   Wie erlebst Du das Pendeln zwischen erster und zweiter Liga in den letzten Jahren. Was meinst Du, wäre notwendig, um Mönchengladbach wieder langfristig in der Bundesliga zu etablieren.

Kontinuität und Besonnenheit. Das hektische Trainer- und Personalkarussel drehte sich in der Vergangenheit viel zu flott. Die Mannschaft ist gut in Schuss und ich glaube an den Klassenerhalt. Leider gibt es zu viele Nebenkriegsschauplätze, die in schlechten Zeiten auf sich aufmerksam machen und der Mannschaft schaden: Effenberg, Netzer usw.

7.  Wie hast Du Borussias höchste Auswärtsniederlage in der Bundesliga überhaupt, das 0:7 im Hinspiel, eingeordnet?

Eine Katastrophe sonder gleichen. Ich habe so etwas zuvor noch nie erlebt. Die Mannschaft hätte ebenso gut in der Kabine bleiben können. Trotzdem war ich noch immer dem Rausch aus dem Leverkusenspiel erlegen und habe das Spiel als einmaligen Ausrutscher eingeordnet.

8.   Welche Reaktion erwartest Du am Samstag von Deinem Team oder ist das Hinspiel im Vorfeld des Spiels kein Thema?

Das ist eine gute Frage, das Hinspiel wird sicherlich in den Köpfen der Spieler sein. Ich erwarte nur, dass man sich gegen eine Niederlage und gegen das Schicksal stemmt, der Rest kommt von allein.

9.  Welche Meinung hast Du zu Eurem Winterneuzugang, dem Ex-VfBler Martin Stranzl? Kann er im Abstiegskampf weiterhelfen. Macht seine Verpflichtung Sinn für Borussia? Was hältst Du von Eurem Trainer Michael Frontzeck, einst Deutscher Meister mit dem VfB. War es richtig, an ihm festzuhalten, als er in der Vorrunde ziemlich am Pranger stand?

Stranzl scheint sehr erfahren zu sein, was man auf dem Platz und im Training gemerkt hat. Bisher hat er mich nicht enttäuscht. Zu Frontzeck hatte ich weiter oben bereits einiges gesagt. Ich mag seine besonnene Art, stets ruhig und korrekt. Er ist ein Ruhepol in der heutigen Medienlandschaft.

10. Dein Tipp für Samstag?

Der erste Heimsieg ist fälltig. 3:1 für die Borussia, wobei wir zuerst ein Tor fangen werden.

(Daniel: www.buechsenwurf.de)

Ich gebe die Blumen gerne zurück. Wir hatten einen tollen Kontakt und ich wünsche Daniel mit seiner Borussia Alles Gute, nur nicht unbedingt für morgen. ;-) Ich hoffe, wir begegnen uns auch nächste Saison wieder in Liga 1. Für heute soll es das gewesen sein. Ich wünsche beiden Parteien für morgen, auf den Rängen und auf dem Spielfeld, ein allseits faires Spiel und eine tolle Stimmung sowie dem Schiedsrichter den richtigen Durchblick.

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